Konstruktiver Holzschutz - Holzbau

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Konstruktiver Holzschutz –
über den Sinn des Vordaches
„Bauen ist der hinhaltende Kampf gegen die
Erosion. Richtiges Planen und Konstruieren
bedeutet, diesen Kampf geordnet zu führen.“
(Univ.Prof. H. Gamerith).
Autor:
Architekt Dipl.-Ing.
Dr. Herwig Ronacher,
Hermagor, Österreich
Der Text entstammt zum
Teil dem Buch des Autors
„Architektur und Zeitgeist.
Irrwege des Bauens unserer
Zeit – Auswege für das neue
Jahrtausend.“
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Der größte Feind des
Bauwerkes ist das Wasser.
Daher versuchte man in
der Bautradition penibel,
Niederschlagswasser auf
schnellstem Weg vom Bauwerk abzuleiten. Ein möglichst geschlossenes, mehr
oder weniger steil geneigtes
Dach – je nach Konstruktionsart des Dachstuhles –
mit ausreichend Überstand
über die Außenwände war
der beste Garant dafür.
Notwendige Bauwerksvorsprünge wie Balkone oder
Erker blieben ebenfalls
möglichst geschützt hinter
dem Vordach.
Da unsere Bautradition
bis ins 18. Jahrhundert im
ländlichen Bereich eine
Baugeschichte des Holzbaues ist und der Schutz
vor dem Wasser für den
lebendigen Baustoff Holz
besonders wichtig ist, wurde
dieser konstruktive Bautenschutz sowohl bei der Großform als auch im Detail
besonders kultiviert.
Die bewährten Produkte
traditionellen Bauens sind
lebendige Zeugen des
konstruktiven Holzschutzes.
Bauten, welche außerhalb
dieser Kenntnis errichtet
wurden, sind längst zerstört
und können nicht mehr als
Beispiele falscher Bauweisen
herangezogen werden.
Die Suche nach dem
„Mythos der Reinheit“ in der
„modernen Architektur“,
Tempel in Nara (Japan,
11. Jhdt.): größtes erhaltenes
Holzgebäude der Welt (zirka
50 x 70 m) mit 10 m breit
ausladendem Vordach
(Foto: Eisfeld)
wie es Peter Blake kritisch
nannte (gemeint damit ist
die Abschaffung traditioneller Bauelemente, wie Rahmen, Dachrinnen, Dachvorsprünge und dgl.), kann
für den modernen Holzbau
gefährlich werden.
Das seit einiger Zeit als
modern bzw. fortschrittlich
angesehene Haus zeichnet
sich aber vielfach gerade
durch das Überwinden dieser traditionellen Elemente
aus – man könnte auch von
Negieren sprechen.
Und dies obwohl zwischenzeitlich wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen,
welche die Problematik
strukturloserer und vordachloser hoher Gebäude
hinsichtlich der Schlagregenbeanspruchung klar
aufzeigen. Kennt man die
entsprechenden Schaubilder, welche von Schadensgutachtern stammen, steigt
einerseits das Maß der
Bewunderung für die traditionelle Baukunst, gleichzeitig verstärken sich die
Vorbehalte gegenüber der
Entwicklung des aktuellen
Baugeschehens.
Offensichtlich ist eines
der meist übersehenen Probleme, die – zugegebenermaßen das logische Denken
eines jeden Menschen verletzende – Tatsache, dass
die Schlagregenbeanspruchung mit der Höhe eines
Gebäudes zunimmt und
zwar sogar exponentiell.
Das bedeutet aber, dass das
von vielen Vertretern glatter,
moderner Formen immer wieder vorgebrachte Argument –
Vordach sei ab der Höhe eines
Gebäudes von mehreren
Geschoßen vollkommen nutzlos, weil es in keinem Verhältnis mehr zur Höhe der zu
schützenden Fassade stünde –
grundsätzlich falsch ist.
Erstaunlicherweise ist das
Gegenteil richtig: Umso
höher ein Gebäude, desto
größer wird die Beanspruchung durch Schlagregen,
desto wirkungsvoller ist es,
die Fassade und deren
hochtechnische Bauteile
wie Fenster zu schützen und
desto wirksamer ist – in
dem am stärksten betroffenen Bereich – das Vordach!
An dieser Stelle wird die
Enge des Horizontes heutiger Technikgläubigkeit in
der Architektur klar, deren
Analogie zum einäugigen
Wissenschaftsdenken unübersehbar ist.
Zugegeben, das hier
abgedruckte Schaubild ist
relativ neu und wohl erst
durch die ständig steigende
Zahl an Bauschäden mit all
den Rechtsstreitigkeiten auf
der Suche nach Ursachen
für den vermehrten Auftritt
von Algen- und Pilzbefall
der Fassaden entstanden.
Aber ist es nicht eigenartig,
dass Fakten, die mit dem
normalen Hausverstand so
verständlich zu erklären
sind, erst nach fahrlässiger
Zerstörung von Volksvermögen und in weltweiter
Verbreitung durch die
mühsame wissenschaftliche
Arbeit von Schadensgutachtern zum Thema
gemacht werden.
Wahrscheinlich konnte
vor der Analyse von Niederschlagswassermengen an
Fassaden niemand ahnen,
dass es möglich ist, dass an
hohen Fassaden das Wasser
aufwärts rinnt und dadurch
oben die maximalen Wassermassen auftreten – somit in
eine Fließrichtung für die in
Blockbau mit sukzessiven
Auskragungen zum Schutz des
Bauwerkes (Foto: Ronacher)
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Holzschutz
der Regel planlich kein
konstruktiver Bautenschutz
eingeplant wird.
Aber was wird die Antwort sein, wenn eine ausreichend große Zahl an
Verfechtern der glatten
Containerarchitektur diese
Fakten realisiert haben werden? Man wird die Häuser
wohl noch dichter bauen.
Nach der bauphysikalisch
als notwendig erachteten
Abdichtung von innen werden die Häuser eben auch
von außen zugeschweißt,
die Glas- und Blechhüllen
noch glatter, aufwendiger,
hochtechnischer, unökologischer. Und mit Friedrich
Schiller könnte man ergänzen: „Es ist der Fluch der
bösen Tat, dass Sie fortwährend Böses muss gebären!“
Das Hochrüsten unserer
Gebäude, welches wir mit
aufwendigen, umweltfeindlichen und teilweise sogar
giftigen Materialien vollziehen müssen, gleicht schon
jetzt dem Einkleiden von
Gebäuden mit Regenmänteln. Der Unterschied zu
uns Menschen ist allerdings
der, dass wir Regenmäntel
aus Plastik nur bei Regen
tragen müssen, während wir
unsere modernen Gebäude
dazu verurteilen, über das
ganze Jahr, bei Tag und
Nacht mit einer Kunststoff-,
Metall- oder Glashülle dazustehen – oder mit einer Holzhülle, deren Lebensdauer
mutwillig beschränkt wird.
Derzeit steht die Putzindustrie vor dem Dilemma
zunehmender Algen- und
Pilzbildung – vor allem an
hochgedämmten Fassaden.
Einen vermeintlichen Ausweg bietet die Industrie
durch Beimengen von
Fungiziden und Algiziden.
Die Antwort einer BiozidExpertin im Rahmen einer
Baufachtagung über mikrobielle und tierische Fassadenschäden auf die Frage, ob
Algizide, Fungizide und an-
derwärtige biozide Putzzusätze nicht umweltbelastend
und vor allem gesundheitsgefährdend für den Menschen seien, ist entlarvend
und schockieren: „Da kann
ich sie beruhigen, diese Gifte
sind nicht stark. Die meisten
Stoffe sind seit Jahren in der
Kosmetikindustrie erprobt!“
Heißt das, dass den
Oberflächen unserer Häuser locker zumutbar ist, was
unsere Häute seit Jahrzehnten aushielten, oder ist
es eine zusätzliche Erklärung für die Zunahme an
Hautallergien?
Die Putzindustrie versucht also das Problem
durch das Beimengen von
„Stoffen“ zu lösen, die
Holzindustrie geht Gott sei
dank zurück zur Natur –
was gut ist.
Wir sind uns heute darüber im Klaren, dass der
Weg vom chemischen Holzschutz wegführen muss.
Aber wir müssen akzeptieren, dass der Weg zurück zur
Natur die Kenntnis der Naturgesetze bedingt und, dass
unsere Bauwerke, vor allem
wenn sie unter ökologischen
Bedingungen errichtet
werden, Schutz benötigen,
sollen sie Bestand haben.
Das technische Wissen
der Bautradition ist zu
nutzen, aber dem stehen
oftmals Dogmen der „zeitgemäßen“ Architektursprache entgegen.
BEISPIELE AUS DER
PRAXIS
Beispiel: Hotel Thermenhof
Bad Waltersdorf, Steiermark (Foto: Ronacher)
1. Sockelausbildung
Übergang massiver
Sockel zu Holzsäule in
der Fassade
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freistehende Säulen vor
Erdgeschoß-Zone mit
Sockelausbildung
Beispiel: Hauptschule
St. Jakob, Kärnten
(Foto: Ronacher)
2. Holzbalkondetail
Schräges Abdeckbrett
und Hochkantausbildung
des unteren Querholmes
ermöglicht Abrinnen des
Niederschlagwassers.
Beispiel: Wohnhaus Dominici, Steiermark (Foto:
Ronacher)
4. Vordach
Weit ausladendes Vordach
in zwei Geschoßen
Beispiel: Österreichische
Bundesforste AG – Purkersdorf, Niederösterreich
(Foto: ÖBF)
5. Konstruktiver Holzschutz im Brückenbau
durch Überdachung
und Glasgeländer
Beispiel: Fußgängerbrücke am Pressegger See,
Kärnten (Foto: Ronacher)
3. Ortgang
Schräges Ortgangbrett
aus Lärchenholz mit
Blechabdeckung und deutlicher Tropfkante verhin-
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dert rasche Verwitterung.
Beispiel: Architekturbüro
Ronacher, Kärnten
(Foto: Ronacher)
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