VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 1 Grundlagen der Physik V: Festkörperphysik Vorlesungsgliederung WS 2010 1. Kristallbindungen 2. Kristallstruktur 3. Strukturanalyse und Reziprokes Gitter 4. Gitterschwingungen/Phononen 5. Thermische Eigenschaften von Festkörpern 6. Freies Elektronengas 7. Bandstruktur 8. Halbleiter 9. Optische Eigenschaften von Festkörpern 10. Magnetismus Literatur: 1. H. Ibach, H. Lüth, Festkörperphysik, 7. Auflage, Springer Verlag, Berlin 2008 2. Charles Kittel, Einführung in die Festkörperphysik, 14. Auflage, Oldenbourg Verlag, München 2005 3. N.W.Ashcroft, D.N.Mermin, Festkörperphysik, Oldenbourg Verlag VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 2 1. Kristallbindungen 2. Kristallstruktur Die Bravais Gitter Ein Bravais-Gitter (August Bravais 1850) ist eine unendliche Anordnung von Punkten, die durch einen Satz diskreter Translationen erzeugt wird: R n1a1 n2a2 n3a3 ni sind ganze Zahlen und die ai sind Vektoren, die die Einheitszelle des Gitters aufspannen und daher in drei verschiedenen Ebenen liegen. Im kubischen Gitter stehen die Einheitsvektoren senkrecht aufeinander. Im Dreidimensionalen gibt es insgesamt 14 Bravais-Gitter, die in 7 Gittersysteme unterteilt werden können: Gittersysteme Bravais-Gitter primitiv (P) basiszentriert (C) volumenzentriert (I) flächenzentriert (F) triklin abc 120° P C P C monoklin abc = 90° I orthorhombisch abc = P tetragonal a=bc = I F VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 3 P rhomboedrisch (trigonal) a=b=c P hexagonal a=bc P (sc) I (bcc) F (fcc) kubisch a=b=c Tabelle 2.1 Kristalle kommen nur in Form von Braivais-Gittern vor, deren Gitterpunkte mit einem oder mehreren Atomen besetzt sind. Sind mehrere Atome pro Gitterpunkt vorhanden, so spricht man von einer Basis. Das Diamantgitter beispielsweise ist ein fcc-Gitter mit zweiatomarer Basis. Die Basiskoordinaten sind (000)a und (1/4 1/4 1/4)a. Das Diamantgitter besteht also aus zwei ineinander verschachtelten fcc-Gittern, die um 1/4 der Raumdiagonalen der kubischen Einheitszelle gegeneinander verschoben sind. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik Wichtige Kristallstrukturen i) Natriumchlorid-Struktur (Kochsalzstruktur) Typ: kubisch flächenzentriert (fcc) Basis: Na: 0 0 0 Cl: 1/2 1/2 1/2 Koordination: 6 Beispiele: NaCl AgBr MgO MnO KCl PbS PbTe Ionenkristallstruktur mit vergleichbar großen Ionen ii) Cäsiumchlorid-Struktur (Kochsalzstruktur) Typ: kubisch volumenzentriert (bcc) Basis: Cs: 0 0 0 Cl: 1/2 1/2 1/2 Koordination: 8 Beispiele: CsCl CsBr CsI viele intermetallische Verbindungen Ionenkristallstruktur und Metallstruktur mit unterschiedlich großen Ionen/Atomen iii) Dichteste Kugelpackung regelmäßige Anordnung starrer Kugeln mit dichtestem Volumenfüllgrad. Zwei Lösungen mit identischem Füllgrad von 0.74. Jede Kugel der ersten Ebene ist von 6 Kugeln umgeben, die sich alle berühren (Atompositionen A). Kugeln der zweiten Ebene füllen drei der sechs äquivalenten Zwischenräume der ersten Ebene aus (Pos. B). Die dritte Ebene kann entweder über den Pos. A angeordnet sein, oder über den in der zweiten Ebene nicht benützten Zwischenräumen C. Die Stapelfolge AB,AB,.. ergibt die hexagonal dichteste Kugelpackung (hcp), die Stapelfolge ABC, ABC, ... die fcc-Struktur entlang der <111>-Richtung. a)Ionenkristallstruktur mit vergleichbar großen Ionen 4 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik iii a) hcp-Struktur (Abb. links) hexagonales Gitter mit Basis: 000 2/3 1/3 1/2 Stapelfolge entlang der c-Achse: AB, AB, ... Miller indices für hcp: (hkil); i = -h-k iii b) fcc-Gitter (Abb. rechts) Stapelfolge entlang der <111>-Achse ABC, ABC, ... iv) Diamant-Struktur fcc-Gitter mit zweiatomarer Basis: 000 1/4 1/4 1/4 covalente sp3-Bindungen; tetraedrische Koordination mit 4 NN, 12 NNN Volumenfüllung: 0.34 Beispiele: C (diamond) Si Ge -Sn 5 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik v) kub. Zinkblende-Struktur fcc-Gitter mit zweiatomarer Basis: Zn: 000 S: 1/4 1/4 1/4 covalente sp3-Bindungen + ionischer Bindungsanteil; tetraedrische Koordination mit 4 NN, 12 NNN Volumenfüllung: 0.34 Beispiele: ZnS GaAs InP InSb v) hex. Zinkblende-Struktur (Wurtzite) hcp-Gitter mit zweiatomarer covalente sp3-Bindungen + ionischer Bindungsanteil; tetraedrische Koordination mit 4 NN, 12 NNN Beispiele: ZnO SiC CdS CdSe GaN 6 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 7 3. Strukturanalyse und Reziprokes Gitter Der Abstand zweier Streuzentren ist ein Gittervektor R. Der Wellenvektor der einfallenden Welle sei k, der der gestreuten k' (mit k = 2/ n̂ und mit n̂ = k/k). Für konstruktive Interferenz muß für den Gangunterschied gelten: R( n̂ - n̂ ') = m. Daraus folgt: R(k - k') = 2m bzw.als äquivalente Bedingung: eiR(k - k') = 1 Das ist die Definitionsgleichung für die reziproken Gittervektoren. Konstruktive Interferenz wird also immer dann erreicht, wenn k - k' = G und G ein reziproker Gittervektor ist. Auswahlregeln und Kristallographie Auswahlregeln aufgrund des Strukturfaktors für kubische Kristalle. (h,k,l): Millerindizes der jeweiligen Kristallebene. Abkürzung Bravais-Gitter erlaubte Reflexe verbotene Reflexe Simple cubic sc alle h, k, l keine Body-centered cubic bcc h + k + l gerade h + k + l ungerade Face-centered cubic fcc h, k, l alle ungerade oder alle gerade h, k, l gemischt gerade/ungerade Diamant fcc; Basis (000), alle ungerade, oder (1/4 1/4 1/4) gerade & h+k+l = 4n Hexagonal dichteste Kugelpackung hcp l gerade, h + 2k ≠ 3n gemischt, oder gerade & h+k+l ≠ 4n h + 2k = 3n für ungerade l Aus der Bedingung für Bragg-Reflexe kann man in kubischen Systemen den Netzebenenabstand d aus der Gitterkonstante a und den Miller-Indizes der Ebene wie folgt bestimmen: In Kombination mit der Bragg-Bedingung ergibt sich dann: VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik A A: Kristallgitter eines Si-Kristalls im Transmissions-Elektronenmikroskopiebild (TEM). Der einfallende Elektronenstrahl senkrecht zur Bildebene ist entlang der [110]-Richtung. Wegen der Auswahlregeln für Diamant werden nur die {111}-Netzebenen abgebildet. B: Beugungsbild einer Si/Ge-Heterostruktur im TEM mit Bezeichnung der Beugungsreflexe (Miller-Indizes der entsprechenden Netzebenen). Wegen der um 4.2% unterschiedlichen Gitterkonstanten von Si und Ge kommt es zu einer Aufspaltung der jeweiligen Reflexe. Die größere Gitterkonstante von Ge führt zu kleineren Beugungswinkeln bei den Ge-Reflexen. Brillouin Zone Konstruktion der Brillouin-Zone für ein zweidimensionales quadratisches (a) und ein hexagonales (b) Gitter 8 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik Die erste Brillouin-Zone des fccGitters ist ein Oktaeder mit abgeschnittenen Ecken. Dadurch ergibt sich eine Oberfläche aus Sechsecken und Quadraten. Die Hauptsymmetrierichtungen sind mit = <100>, = <110> und = <111> bezeichnet. entsprich dem Zonenzentrum (000), der -Punkt der Zonengrenze in den <100>Richtungen, der -Punkt der Zonengrenze in den <110>Richtungen und der L-Punkt der Zonengrenze in den <111>Richtungen. 4. Gitterschwingungen/Phononen Phononendispersion und Zustandsdichte (DOS) von Silizium. Man beachte die flache Dispersion der TA-Phononen. (S. Wei, M. Y. Chou, Phys. Rev. B 50, 2221 (1994)) 9 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 5. Thermische Eigenschaften von Festkörpern Experimentelle Wärmeleitfähigkeit in (W/cmK) für einkristalline Materialien mit geringer Defektdichte. Gezeigt sind die temperaturabhängigen Verläufe der Wärmeleitfähigkeit von Diamant, Si, Ge, GaAs und Cu. Bei Zimmertemperatur ist Diamant mit 20 W/cmK der mit Abstand beste Wärmeleiter. Diamant erreicht auch den höchsten Absolutwert, der bei etwa 80K erreicht wird. Bei den Isolatoren/Halbleitern steigt die Wärmeleitfähigkeit bei tiefen Temperaturen T³ an und fällt bei hohen Temperaturen 1/T ab. Im Anstiegsteil dominiert der Beitrag der Wärmekapazität, im Hochtemperaturbereich die durch Umklappprozesse immer kleiner werdende mittlere freie Weglänge der Phononen. Bei Metallen kommt der elektronische Beitrag dazu, der bei hohen Temperaturen dominiert. 6. Freies Elektronengas 7. Bandstruktur Bandstruktur von Diamant in der ersten Brillouin-Zone im Bild fast freier Elektronen. Die Werte in eckigen Klammern geben die Reziproken Gittervektoren in Einheiten von 2/a an. 10 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 11 Bandstruktur von Ge berechnet mit (a) der tight-binding-Methode, (b) einer Pseudopotential-Methode und (c) im Modell fast freier Elektronen (noch ohne Bandaufspaltung). Si Bandstruktur berechnet mit zwei unterschiedlichen Pseudopotential-Ansätzen. Man erkennt die Parabeln der freien Elektronennäherung und die globale Bandlücke. Si ist ein indirekter Halbleiter: Das Maximum des Valenzbandes ist am -Punkt, das Minimum des Leitungsbandes in der Nähe des (sechsfach entarteten) X-Punktes. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 12 8. Halbleiter Bandstruktur der wichtigsten Halbleiter Bandstrukturen von Ge, Si und GaAs. Die Bandlücke EG separiert die nach unten gekrümmten Valenzbänder von den nach oben gekrümmten Leitungsbändern. GaAs ist ein direkter Halbleiter, Si und Ge sind indirekte Halbleiter. Die drei wichtigsten Halbleiter sind Si, Ge und GaAs, die im Diamant- bzw. ZinkblendeGitter kristallisieren. Die Valenzbänder sind dabei in allen drei Fällen sehr ähnlich und bestehen aus drei nach unten gekrümmten Bändern unterschiedlicher Krümmung. Alle Valenzbandmaxima liegen am -Punkt bei k=0. Die Leitungsbänder sind nur qualitativ ähnlich und zeigen insbesondere unterschiedliche Lagen der jeweiligen Minima im k-Raum: Si hat sechs Leitungsband-Minima in den sechs äquivalenten <100>-Richtungen nahe der BZGrenze (X-Punkt). Ge hat die Leitungsbandminima am L-Punkt, d.h. auf der Zonengrenze in den acht äquivalenten <111>-Richtungen. GaAs hat ein Leitungsbandminium bei k=0, also am -Punkt. Nur im GaAs liegen demnach Valenzbandmaximum und Leitungsbandminimum an der gleichen Stelle im k-Raum. Man spricht von einem direkten Halbleiter, weil optische Übergänge vom Valenzbandmaximum zum Leitungsbandminimum unter Einhalten von Energie- und Impulserhaltung möglich sind. Bei Si und Ge ist das nicht der Fall: Man spricht von indirekten Halbleitern, bei denen ein zusätzliches Teilchen (z. B. eine quantisierte Gitterschwingung = Phonon) zur Impulserhaltung bei optischen Übergängen benötigt wird. Dadurch wird die optische Übergangsrate um vier bis sechs Größenordnungen reduziert. Indirekte Halbleiter sind daher für lichtemittierende Bauelemente nicht geeignet. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik Typische Details von Halbleiterbandstrukturen. Die entarteten Leitungsbänder von Si und Ge sind in der BZ von Diamant gezeichnet, um die Richtungen zuzuordnen. Für InSb ist die NichtParabolizität des Leitungsbandes gezeigt. Die Entartung der Valenzbänder am -Punkt gilt für alle Gruppe-IV und alle III-VHalbleiter. Charakteristische Parameter von Halbleitern 13 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 14 Wasserstoffähnliche (flache) Störstellen Bringt man Atome substitutionell (anstelle eines Gitteratoms) in ein Halbleiterkristallgitter ein, so bilden sich Störstellen mit definierten Energieniveaus aus. Besonders wichtig sind sogenannte flache (seichte) Störstellen, deren energetische Lage knapp unterhalb bzw. oberhalb des Leitungs- bzw. Valenzbandes liegen (flach!). Erstere heißen Donatoren, letztere Akzeptoren.. Typische Vertreter in einem Si-Kristall sind Elemente aus der Gruppe V [Donatoren: P, As, (Sb)] bzw. III [Akzeptoren: B, (Al, Ga)] des Periodensystems. Sie haben entweder ein Elektron + Proton mehr (Donatoren) bzw. weniger (Akzeptoren) als das Gruppe IV-Element Si (gilt auch für Ge). Da sich die Atomhülle der genannten Elemente nur um ein Elektron unterscheiden, werden die Dotieratome versuchen, sich in die kovalente Bindung der benachbarten Si-Atome einzubringen. Dabei bleibt entweder ein ungebundenes Valenzelektron übrig (Donatoren), oder aber es fehlt eines (Akzeptoren). Die Donatoren geben dieses überschüssige Valenzelektron mit geringer Bindungsenergie leicht an das Leitungsband ab, während die Akzeptoren leicht ein Elektron aus dem Valenzband aufnehmen, um eine Si-ähnliche Valenzelektronenkonfiguration zu erhalten. Die Bindungsenergien der Donatoren und Akzeptoren erhält man aus der einfachen Überlegung, daß das Elektron/Protonpaar, das ein Donator über die Si-Konfiguration hinaus enthält, sich ähnlich wie ein im Halbleiter auf einem Gitterplatz fixiertes Wasserstoffatom verhält. Dabei ist gegenüber dem freien Wasserstoffatom die effektive Elektronenmasse im Halbleiter und die Abschirmung der Coulombpotentiale durch die Elektronen zu berücksichtigen. Man erhält dann für die Bindungszustände des Donators das modifizierte WasserstoffTermschema: m * / me 1 ; Ry ist die Rydbergenergie: 1 Ry= 13,6 eV; ist die n2 Dielektrizitätskonstante des Halbleiters; m*/me ist die effektive Masse bezogen auf die freie Elektronenmasse. Setzt man typische Halbleiterwerte für m*/me 0.1 und 10 ein, so erhält man für das Grundniveau (n=1): En 13,6 meV. En 2 Ry Dieser Wert für die Bindungsenergie eines Donators (bezogen aufs Leitungsband) ist sehr viel kleiner als die Bandlücke (Eg 1 eV) und immer noch kleiner als die thermische Energie bei Zimmertemperatur: kbT = 26 meV bei 300K. Flache, wasserstoffähnliche Donatoren geben ihr überschüssiges Elektron daher sehr leicht ans Leitungsband ab, wo es frei beweglich ist. Das überschüssige Proton bleibt dagegen an den Donatorkern gebunden und bleibt ortsfest an der Stelle des Donators im Kristallgitter. Alle Überlegungen gelten entsprechend für Akzeptoren, die durch Aufnahme eines Elektrons aus dem Valenzband ein freies Loch erzeugen und selbst eine negative, ortsfeste Ladung binden. Das Akzeptorniveau ist auf das Valenzband bezogen. Flache Störstellen spielen eine zentrale Rolle bei allen Halbleiterbauelementen. Sie erst erlauben es, den Ladungsträgertyp eines Halbleiters einzustellen und so z. B. p/n-Übergänge für Gleichrichterdioden, Solarzellen und Bipolartransistoren herzustellen. Neben flachen Störstellen gibt es auch tiefe Störstellen, deren Bindungsenergie etwa der halben Bandlückenenergie entsprechen. Sie spielen für die Trägerstatistik keine wesentliche Rolle, beeinflussen aber die Generation und Rekombination von Elektron/Lochpaaren. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 15 Störstellen in Si, Ge und GaAs. Angegeben sind jeweils die Bindungsenergien in eV Flache Störstellen befinden sich in der Nähe der Bandkanten, tiefe Störstellen in der Nähe der Bandmitte. Bei letzteren ist jeweils angegeben, ob sie sich wie Donatoren (D) oder Akzeptoren (A) verhalten. Trägerstatistik 8.1 Intrinsische Halbleiter Im undotierten(intrinsischen Halbleiter) erhält man für die Zahl der Elektronen im Leitungsband: n Ec max n( E )dE mit n(E) = N(E)·F(E); N(E) ist die o.a. Zustandsdichte, F(E) ist die Ec Bestzungswahrscheinlichkeit eines Zustandes. Elektronen sind Fermionen (d.h., sie dürfen nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen). Für Fermionen gilt die Fermi-DiracVerteilung: F (E) 1 mit der Fermi-Energie (= chemisches Potential) EF. Die Fermi-Energie 1 e ist ein statistischer Parameter, deren Lage sich aus der Randbedingung der Ladungsneutralität ergibt. ( E EF ) / k BT VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 16 In den meisten Fällen kann F(E) durch die Boltzmann-Gleichung genähert werden: e ( E E F ) / k BT F (E) ( E F E ) / k BT 1 e für : ( E EF ) 3k BT für : ( E EF ) 3k BT Fermiverteilung als Funktion von (E-EF) für verschiedene Temperaturen. Bei T=0 wird die Fermiverteilung zur Sprungfunktion: Alle Zustände unterhalb EF sind besetzt, alle oberhalb unbesetzt. Mit zunehmender Temperatur verschmiert die Fermiverteilung so, daß die Flächen beidseits EF gleich sind. F(E) = 1/2 für E=EF gilt für alle Temperaturen. Mit N ( E ) 4 ( 2me* 3 / 2 ) E h2 und F ( E ) e ( E EF ) / kBT erhält man für die Elektronendichte im Leitungsband: 2me*k BT n n( E )dE 2 2 h EC 3/ 2 e( EC EF ) / kBT NC e ( EC EF ) / kBT , 2me*k BT mit der effektiven Leitungsbandzustandsdichte: N C : 2 h2 3/ 2 . Völlig analog erhält man für die Löcherdichte p durch Integration über das Valenzband: 2mh*k BT p p( E )dE 2 2 h Ev 3/ 2 e( EF Ev ) / kBT NV e( EF Ev ) / kBT 2mh* k BT mit der effektiven Valenzbandzustandsdichte NV : 2 h2 3/ 2 . Aus der Neutralitätsbedingung n = p := ni ergibt sich Lage der Fermi-Energie. Setzt man n = p und löst nach EF auf, so ergibt sich: E F : Ei Ec Ev k BT NV Ec Ev 3k BT mh* ln ln * , 2 2 NC 2 4 me D.h., die Fermi-Energie im intrinsischen Halbleiter Ei liegt nahe der Mitte der Bandlücke, korrigiert um einen logarithmischen Term, der die unterschiedlichen Zustandsdichten von Valenz und Leitungsband berücksichtigt. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 17 Die intrinsische Ladungsträgerdichte ni ergibt sich dann aus dem Massenwirkungsgesetz, das auch bei dotierten Halbleitern gültig bleibt: n p ni2 . Eingesetzt: n p ni2 NC NV e Eg / kBT , wobei die Bandlücke Eg := Ec - Ev verwendet wurde. Für ni ergibt sich dann als (temperaturabhängige) charakteristische Materialgröße eines undotierten Halbleiters: ni NC NV e Eg / 2 kBT . Schematische Darstellung der Trägerstatistik in einem Halbleiter mit Bandlücke Eg. Aufgetragen sind von links nach rechts die Bandkanten, die Zustandsdichten, die Fermi-Verteilung und das Produkt N(E)F(E) für Valenzband und Leitungsband. Die Dichte der Elektronen und Löcher (schraffierte Flächen im Bild ganz rechts) sind wegen der Ladungsneutralität gleich. Daraus ergibt sich die Lage der Fermienergie nahe der Bandlücken-Mitte. Ladungsträger werden wegen des exponentiellen Abfalls der Fermi-Verteilung nur in einem ganz kleinen Energiebereich oberhalb der Leitungsbandkante und unterhalb der Valenzbandkante besetzt. Si Eg (eV) ni (cm-3) NV (cm-3) NC (cm-3) 1.1 1.451010 1.041019 2.81019 7.01018 4.71017 Ge 2.21013 GaAs 1.79106 Charakteristische Kenngrößen wichtiger undotierter Halbleiter bzgl. der Ladungsträgerstatistik bei 300K 8.2 Extrinsische Halbleiter Das Vorhandensein von Dotieratomen ändert die Besetzung der Bänder grundlegend: Ladungsträger können thermisch nicht nur über die relativ große Bandlücke (typisch: 1eV VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 18 gegen kBT= 26 meV bei 300K) angeregt, wie beim intrinsischen Halbleiter. Zusätzlich können Elektronen aus den bzw. in die flachen Störstellen (ED EA kBT) angeregt werden. Für Donatoren erhält man dann die Neutralitätsbedingung: n N D p , wobei ND+ die Dichte der positiv geladenen, ortsfesten Donatorrümpfe ist. ND+ ergibt sich aus der Wahrscheinlichkeit, daß ein Donatoratom nicht mit einem Elektron besetzt ist zu: 1 , mit der Grundzustandsentartung gD = 2 für Donatoren N D N D 1 ( ED EF ) / k BT 1 (1 / g D ) e und der Gesamtdichte von Donatoren ND. Entsprechend gibt sich für Akzeptoren die Wahrscheinlichkeit, daß sie mit einem Elektron (aus dem Valenzband, das dort ein Loch hinterläßt) besetzt sind: 1 , mit gA = 4 und der Gesamtdichte für Akzeptoren NA. N A N A ( E A EF ) / kBT 1 (1 / g A ) e Ausgeschrieben für Donatoren ergibt sich daraus die Neutralitätsbedingung: 1 N C e ( EC EF ) / kBT N D NV e ( EF EV ) / kBT ; ( EF ED ) / k BT 1 2 e der Term für ND+ wurde dabei auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und n bzw. p wurden durch die statistischen Ausdrücke für die freien Ladungsträgerdichten (wie im intrinsischen Halbleiter) ersetzt. Diese Neutralitätsbedingung für einen Halbleiter mit einer Donatordichte ND ist eine implizite Gleichung zur Bestimmung der Fermi-Energie, die numerisch gelöst werden muß. Eine graphische Lösung findet sich in der übernächsten Abbildung: Schematische Darstellung der Trägerstatistik in einem n-dotierten Halbleiter mit Bandlücke Eg und Donatorniveau ND. Aufgetragen sind von links nach rechts die Bandkanten, die Zustandsdichten, die Fermi-Verteilung und das Produkt N(E)F(E) für Valenzband und Leitungsband. Die Dichte der Elektronen und Löcher (schraffierte Flächen im Bild ganz rechts) ist zugunsten der Elektronen erhöht. Die ionisierten Donatoren ND+ sorgen weiterhin für Ladungsneutralität. Die Fermi-Energie ist in Richtung Donatorniveau verschoben. Ist EF < ED - 3kBT, so sind alle Donatoren ionisiert. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik Graphische Lösung der Neutralitätsbedingung. Die drei Terme der Neutralitätsbedingung sind in einem Halblogarithmischen Diagramm dargestellt. Die Lage der Fermi-Energie ergibt sich als Schnittpunkt der fetten Linie (positive Ladungen: p + ND+) und der Geraden für die freien Elektronen (n). Mit zunehmender Dotierung nähert sich EF immer mehr dem Doantorniveau ND. Für Dotierung > NC liegt das FermiNiveau im Leitungsband: Der Halbleiter wird metallisch. Mit zunehmender Temperatur nimmt die intrinsische Ladungsträgerkonzentration ni exponentiell zu, d.h., die untere Spitze des Dreiecks, das die n- und p-Geraden bilden, steigt an. Bei hinreichend hoher Temperatur gibt es keinen Schnittpunkt mehr mit der von den ionisierten Donatohren gebildeten Geraden ND: jeder Halbleiter wird bei hinreichend hohen Temperaturen intrinsisch. Elektronendichte in einem dotierten Halbleiter als Funktion der Temperatur. Im extrinsischen Bereich ist die Ladungsträgerdichte durch die Dichte der Dotieratome gegeben und weitgehend unabhängig von der Temperatur. In diesem bereich können Halbleiterbauelemente betrieben werden. Bei höheren Temperaturen wird der Halbleiter intrinsisch, d.h., die Trägerdichte steigt exponentiell an. Bei niedrigen Temperaturen frieren die Ladungsträger in die Dotierzustände aus. Bei T = 0 wird der halbleiter zum Isolator. 19 VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik 20 Verschiebung der FermiEnergie als Funktion der Temperatur (in K) für verschiedene n- und pDotierkonzentrationen. Mit zunehmender Temperatur bewegt sich EF auf das intrinsische Fermi-Niveau Ei zu und zwar umso eher, je kleiner die Dotierkonzentration ist. T (K) 8.3 p/n-Übergang Beim p/n-Übergang wird ein Stück einkristallinen Halbleiters inhomogen mit Donatoren und Akzeptoren dotiert. Im idealen Fall wird ein abrupter Übergang von einem p- auf eine ndotierten Bereich erzeugt, wobei der jeweilige Dotierbereich selbst homogen dotiert ist. Man spricht dann von einem abrupten p/n-Übergang. Näherungsweise läßt sich so ein Übergang durch Ionenimplantation oder durch dotierte Epitaxie verwirklichen. p/n-Übergänge spielen eine grundlegende Rolle bei fast allen Halbleiterbauelementen. Klassische Gleichrichterdioden Solarzellen und Bipolartransistoren beruhen vollständig auf p/n-Übergängen, MOS-Transistoren benutzen p/n-Übergänge zur lateralen und vertikalen Isolation. Die wesentliche Eigenschaft des p/n-Übergangs ist seine lichtlineare und unsymmetrische Strom-Spannungskennlinie, die mit Ohmschem Verhalten nichts mehr zu tun hat. Die ideale Kennlinie einer p/n-Diode sperrt in einer Richtung (sehr kleiner Strom unabhängig von der angelegten Sperrspannung) und leitet exponentiell ansteigend mit der angelegten Spannung in Durchlaßrichtung. Ohne äußere Spannung, also im Gleichgewicht, muß das Fermi-Niveau überall im Halbleiter gleich sein. Da EF im n-dotierten Bereich auf der Donatorseite, im p-Bereich auf der Akzeptorseite der Bandlücke liegt, kommt es zu einer Bandverbiegung (im Ortsraum!) die mit einem el. Potential verbunden ist. Nach dem Gaußschen Satz (Poisson-Gleichung in 1D) ist die zweite Ableitung des Potentials mit einer Ladung verbunden, die sich im Halbleiter in der Umgebung des p/n-Übergangs ausbildet. Diese Ladung rührt von den ortsfesten geladenen Donatoren her, die in der Umgebung des p/n-Übergangs nicht durch freie Ladungen kompensiert sind. Man sprich von einer Raumladungszone (bzgl. der Dotieratome) bzw. von einer Verarmungszone (bzgl. der freien Ladungsträger). Zugrunde liegt einfach die Ladungsverteilung über die Fermiverteilung bei einer vorliegenden Bandverbiegung durch abrupten Wechsel der Dotierung von p nach n. VO 322.213 F. Schäffler, Grundlagen der Physik V (Festkörperphysik) JKU, Inst. Halbleiter/Festkörperphysik Ladungsverteilung, el. Feld-, Potentialund Bandverlauf im Bereich eines abrupten p/n-Übergangs bei x=0. Dazu nimmt man an, daß alle Donatoren und Akzeptoren geladen sind (sehr gute Näherung für nicht zu hohe Dotierungen) und daß die Verarmungszone freier Ladungsträger durch die Bandverbiegung auf jeder Seite abrupt einsetzt. Dies führt zum gezeigten Verlauf der dargestellten Größen. Das resultierende Potential Vbi entspricht der Fläche unter der E-Feld-Kurve und ist etwas kleiner als die Bandlücke. Erzeugt man durch optische Absorption e/h-Paare, so werden diese im el. Feld des p/nÜbergangs getrennt und führen zu einem Strom: Der p/n-Übergang wird zur Solarzelle. Legt man eine äußere Spannung V an, so wird aus Vbi Vbi – V, wobei V >0 ist, wenn die pos. Spannung an der p-Seite anliegt. Für V>0 (Durchlaßrichtung) wird die Bandverbiegung – und damit die Weite der Raumladungszone W - reduziert, in Sperrichtung entsprechend erhöht. Dies führt zur gleichrichtenden StromSpannungs-Kennlinie des p/n-Übergangs mit konstantem (kleinen) Sperrstrom und exponentiell ansteigendem Durchlaßstrom. 21