Arcus aortae duplex – ein doppelter Aortenbogen als Ursache eines postnatalen Stridors Einführung Stabilisierung der respiratorischen Situation. ! Bei der Fragestellung nach pathologischen Engstellen des Ösophagus gehört das Ösophagogramm zur Routinediagnostik. In der postnatalen Diagnostik können diese Engstellen oft auf anatomische Anomalien zurückgeführt werden. Der folgende seltene Fall soll zeigen, dass sich hinter einem postnatalen Stridor mit Dyspnoe sowie Dysphagie ein doppelter Aortenbogen verbergen kann. Da in den meisten Fällen eine zeitnahe operative Intervention notwendig wird, ist die frühe Diagnose entscheidend. Fallbeschreibung ! Das Neugeborene fiel postnatal durch Dyspnoe mit inspiratorischem, später auch zunehmendem exspiratorischem Stridor auf. Sonografische Untersuchung, Röntgen-Thorax und Rhino-Pharyngo-Laryngo-Tracheoskopie waren ohne wegweisenden Befund. Zusätzlich kam es in den ersten Tagen zu einer Atemwegsinfektion mit deutlicher respiratorischer Verschlechterung und konsekutiver Azidose. Eine intermittierende CPAP-Beatmung wurde erforderlich. Die Untersuchung im Schlaflabor zeigte zahlreiche obstruktive Apnoephasen. Am 12. Lebenstag erfolgte ein Ösophagogramm, das oberhalb des Herzens eine deutliche Einengung des Ösophagus von dorsal ▶ Abb. 1). Als Differenzialdiagnozeigte (● se dieser Einengung kam eine A. lusoria und ein gedoppelter Aortenbogen in Betracht. Zur weiteren Abklärung wurde eine kontrastmittelgestützte MR-Angiografie durchgeführt. Hier zeigte sich ein komplett geschlossener doppelter Aortenbogen mit einem dominierenden linken Anteil. Der Abgang der A. subclavia dextra und der A. carotis communis dextra erfolgte aus dem rechten, der Abgang der A. carotis communis sinistra und der A. subclavia sinistra aus dem linken ▶ Abb. 2, 3). Durch die GefäßBogenteil (● schlinge kam es zu einer hochgradigen Einengung der unteren Trachea und des Ösophagus. Es erfolgte eine komplikationslose Durchtrennung des rechten, kleineren Bogenteils mit postoperativer Diskussion ! Der Aortenbogen entsteht während der Embryogenese aus der linken vierten Kiemenbogenarterie. Aus dem linken ventralen Anteil entwickelt sich die Aorta ascendens und der Truncus brachiocephalicus, aus dem linken dorsalen Anteil die Aorta descendens. Aus der rechten vierten Kiemenbogenarterie entwickelt sich unter Rückbildung zusammen mit der rechten siebten Segmentarterie die A. subclavia dextra (Schulze S, Kurzlehrbuch Embryologie, 2006, 94). Bleibt diese Rückbildung aus, kommt es zur Persistenz zweier Aortenbögen, dem Arcus aortae duplex. Dieser formt sich in der weiteren Entwicklung zu einem Gefäßring um die Trachea und den Ösophagus, der zur Einengung der beiden Strukturen führen kann (Umegaki T et al. J Anesth 2010; 24: 117 – 120). Die Hals- und Kopfarterien entspringen hierbei überwiegend aus dem jeweils ipsilateralen Aortenbo- genanteil. Der Arcus aortae duplex macht 1% aller kongenitalen Vitien aus. Fehlbildungen dieser Art sind selten mit anderen Fehlbildungen wie der Fallot’schen Tetralogie, einer Transposition der großen Arterien, einem Ventrikelseptumdefekt oder dem persistierenden Ductus arteriosus assoziiert (Alsenaidi et al. Pediatrics 2006; 118: e1336–e1341). Als Leitsymptome gelten Stridor und Dyspnoe sowie im späteren Verlauf die Dysphagie (Koletzko B. Kinderheilkunde und Jugendmedizin, 2004, 356). Als diagnostisches Verfahren der Wahl kommen das Ösophagogramm sowie die Magnetresonanztomografie zum Einsatz. Differenzialdiagnostisch ist eine A. lusoria in Erwägung zu ziehen. Hierbei handelt es sich um eine rechte A. subclavia, die aus der Aorta descendens entspringt. Dies kann ebenfalls zu einer Einengung des Ösophagus und der Trachea führen (Apitz J. Pädiatrische Kardiologie 2002, 275; Ma et al. Chin Med J 2007; 120: 1408 – 1412). Abb. 2 Komplett geschlossener doppelter Aortenbogen Abb. 1 (Pfeil) Dorsale Einengung des Ösophagus Abb. 3 Der Abgang der A. subclavia dextra und der A. carotis communis dextra erfolgt aus dem rechten, der Abgang der A. carotis communis sinistra und der A. subclavia sinistra aus dem linken Bogenteil. Pabst C et al. Arcus aortae duplex… Fortschr Röntgenstr 2011; 183: 561 – 562 ∙ DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1273277 561 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Der interessante Fall Der interessante Fall Take-Home-Point ! Bei einem postnatalen Stridor sollte differenzialdiagnostisch ein doppelter Aortenbogen in Betracht gezogen werden. C. Pabst, J. H. Figiel, M. Rominger, Marburg Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 562 Egger L et al. Unklarer Halstumor bei… Fortschr Röntgenstr 2011; 183: 562 – 564 ∙ DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1273312