NDR Info – Das Forum (06.03.2017) Make the Netherlands great again

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NDR Info – Das Forum (06.03.2017)
Make the Netherlands great again –
Die Niederlande vor der Parlamentswahl
Feature von Ludger Kaczmierczak,, ARD-Studio Den Haag
--------------------------------------------------------------------------------Es gibt sie überall in den Niederlanden – in jeder Stadt, in jedem Alter, in jeder
Gehaltsgruppe: die „zwevenden kiezer“ – die „schwebenden Wähler“. Sie sind
noch unentschiedenen - wissen nicht, welcher Partei sie am 15. März ihre
Stimme geben sollen.
OT 1
Übersetzer 1:
Die etablierten Parteien haben uns so hängen lassen, dass ich es satt habe. Ich
bin wirklich nicht immer einer Meinung mit Geert Wilders, aber ich wüsste
nicht, wen ich sonst wählen sollte.
Übersetzer 2:
Ich gehöre ein bisschen zu den schwebenden Wählern, aber ich tendiere zu
linksliberal, zu D66.
Übersetzer 3:
Ich schwanke noch zwischen der PVV (sprich: Pe-Fe-Fe) von Wilders und der
VVD (sprich: Fe-Fe-De) von Rutte. Aber klar: Wenn ich Wilders wähle, bringt
das natürlich nichts, weil keiner mit ihm zusammen regieren möchte.
Radikal rechts oder eher rechtskonservativ? Extrem-Links oder doch lieber
linksliberal? Christdemokratisch oder christlich fundamental? In allen
politischen Lagern bieten sich mindestens zwei oder drei, wenn nicht gar mehr
Parteien an. Insgesamt werben 28 Gruppierungen um die Gunst der Wähler.
Diese Vielfalt habe Tradition in den Niederlanden, sagt der Historiker Koen
Vossen, mache es den Wählern aber nicht leicht, sich zu entscheiden.
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OT 2 Koen Vossen
Was typisch holländisch ist, ist diese große Zersplitterung. Es gibt ganz viele
Parteien, auch neue Parteien, die eine Chance haben, um auch ins Parlament zu
kommen. Ja, das wird ganz schwierig sein.
In den Meinungsumfragen liegt die rechtspopulistische Partei für die Freiheit
von Geert Wilders seit Monaten vorne. Der Vorsprung auf die derzeit
regierenden Konservativ-Liberalen von Premier Mark Rutte schmilzt zwar von
Woche zu Woche dahin, aber die PVV hat weiterhin gute Chancen, stärkste
politische Kraft im Land zu werden. Wohl auch, weil sie längst nicht mehr nur
die Partei des kleines Mannes, der sozial Schwachen und der frustrierten
Wutbürger ist. Was die Wilders-Anhänger verbindet, so der Soziologe Matthijs
Rooduijn, seien dieselben Ängste und Sorgen.
OT 3 Matthijs Rooduijn
Übersetzer 1:
Das hat vor allem mit ihren Meinungen zu bestimmten Themen zu tun. Das sind
Menschen, die sich Sorgen machen um die Zuwanderung, über den Islam und
die Sicherheit im Land. Menschen, die finden, dass die politische Elite ihnen
nicht mehr zuhört und die Angst vor einer Erweiterung der EU haben. Das sind
die PVV-Wähler.
Das Programm der Partij voor de Vrijheid umfasst elf Wahlversprechen. Sie
passen genau auf eine DIN-A4-Seite – überschrieben mit einer Botschaft, die
stark an Donald Trumps Slogan „America first“ erinnert: „Die Niederlande
gehören wieder uns“, lautet die Parole der PVV. Für Wilders eine Kampfansage
an den Islam, den er für eine Ideologie, nicht für eine Religion hält.
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OT 4 Geert Wilders
Übersetzer 2:
Wir laufen in den Niederlanden Gefahr, unser Land zu verlieren. Die Menschen
wollen nicht, dass Frauen sich nicht mehr alleine auf die Straße trauen. Sie
wollen nicht, dass an den Schulen nur noch Halal-Speisen serviert werden. Aber
wir tun nichts dagegen. Wir verlieren die Kontrolle darüber, ob wir noch einen
Weihnachtsbaum aufstellen oder Ostereier suchen dürfen. Das ist nicht mehr
unser Land. Zu unserem Land gehören unsere Traditionen, unsere Kultur. Und
der Islam gehört nicht zu den Niederlanden.
Wilders will die Grenzen dicht machen, keine Muslime mehr ins Land lassen
und alle Moscheen und Islamschulen schließen. Er ist für einen Nexit – den
Austritt seines Landes aus der EU, für Steuerentlastungen und niedrigere
Mieten. Die Krankenversicherung soll kostenlos und das Renteneintrittsalter von
67 auf 65 gesenkt werden. Das alles umzusetzen, koste keinen Cent, meint
Wilders. Mit diesem Themen-Mix, so der Historiker und Populismus-Experte
Koen Vossen, fische er nicht nur rechts, sondern auch links der politischen
Mitte.
OT 5 Koen Vossen – ohne VO
Wo findet man die meisten Wähler? Fast in jedem Land – auch in Deutschland?
Die findet man sozialökonomisch ein bisschen mehr an der linken, aber sozialkulturell, also in Sachen, wie Immigration, multikulturelle Gesellschaft, Law
and Order auch, mehr an der rechten Seite, mehr an der konservativen Seite.
Die meisten PVV-Anhänger teilen längst nicht alle politischen Standpunkte des
Parteichefs. Was ihnen aber gefällt, ist, dass Wilders dem politischen
Establishment die Leviten liest – respektlos und mit großem rhetorischen
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Geschick. Er teilt das Land auf – in die guten niederländischen Bürger auf der
einen und die böse politische Elite auf der anderen Seite.
OT 6 Wilders
Übersetzer 2:
Die Elite hat den Bezug zur Wirklichkeit verloren. Wir müssen unser Land
zurückerobern – vor allem von der Elite, die nicht begreift, wie es in den
Wohnzimmern aussieht.
Als die Amerikaner Donald Trump zum neuen Präsidenten wählen, kann auch
Geert Wilders zunächst davon profitieren. Seine sowieso schon starken
Umfragewerte klettern im Nu auf ein Rekordhoch. Doch das Chaos in den
Vereinigten Staaten und die Unberechenbarkeit des neuen starken Mannes im
Weißen Haus scheinen auch die Stimmung der Wähler in den Niederlanden zu
beeinflussen.
OT 7
Übersetzer 1:
Ich glaube nicht, dass Wilders gewinnen wird. Wir sind ja durch die USA
gewarnt. Wenn das hier auch passiert, haben wir noch so einen blonden Racker.
Ich denke, dass jeder das im Hinterkopf haben wird. Ich hoffe es.
Übersetzer 3:
Bei früheren Wahlen war es auch immer so, dass im letzten Moment jeder
dachte: Nein, ich tu es lieber nicht. Ich rechne also damit, dass die aktuellen
Umfragewerte nicht dem Endergebnis entsprechen.
Doch selbst im Falle eines Wahlsiegs, wird Geert Wilders bei der
Regierungsbildung wohl außen vor bleiben. Fast alle derzeit im Parlament
vertretenen Parteien lehnen eine Zusammenarbeit mit der Partei für die Freiheit
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kategorisch ab. Auch die konservativ-liberale VVD von Mark Rutte. Der
Premier hatte sich lange Zeit alle Optionen offen gehalten, legte sich Mitte
Januar aber in einem Fernsehinterview unmissverständlich fest.
OT 8 Rutte
Übersetzer 1:
Die Chance, dass die VVD gemeinsam mit der PVV regieren wird, ist gleich
null! - Das wird nicht passieren. Das heißt nicht, dass ich die Wähler der PVV
ausschließe. Es gibt sehr viele Menschen in den Niederlanden, die das Gefühl
haben, dass die Politik sich nicht mehr um sie kümmert. Die machen sich Sorgen
um dieses Land. Mit diesen Wählern möchte ich ins Gespräch kommen.
Kurz nach diesem Interview veröffentlichen die großen niederländischen
Tageszeitungen einen Offenen Brief von Mark Rutte an die Bevölkerung. Darin
schlägt der Ministerpräsident einen Ton an, der sich von dem seines
Herausforderers und früheren Parteikollegen Wilders kaum unterscheidet.
Zitat aus dem Offenen Brief von Rutte
Übersetzer 1:
Bei Menschen, die sich nicht anpassen wollen und unsere Traditionen und Werte
ablehnen, die Homosexuelle bedrohen oder Frauen in kurzen Röcken
beschimpfen oder die normale Niederländer als Rassisten abstempeln – da
verstehe ich es gut, wenn Leute sagen: Wenn ihr unser Land so fundamental
ablehnt, ist es mir lieber, wenn ihr wieder geht. Dieses Gefühl habe ich nämlich
auch. Benehmt euch normal oder haut ab!
Dieser Brief sei eines Premiers nicht würdig, urteilen die Spitzenkandidaten
anderer Parteien über Ruttes ganzseitige Zeitungs-Botschaft. Die meisten
Oppositionspolitiker sehen darin den plumpen Versuch, sich bei den rechten
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Wählern anzubiedern. Doch Rutte steht unter Zugzwang. Wirtschaftlich geht es
dem Land zwar blendend, auch auf dem Arbeitsmarkt sieht es so gut aus, wie
lange nicht mehr. Doch den Preis für diesen Aufschwung haben die Bürger
bezahlt. Rutte hat den Niederländern ein strenges Sparprogramm zugemutet und
bei Sozialleistungen und in der Gesundheitsvorsorge drastisch gekürzt.
Unpopuläre Maßnahmen, sagt der Politik-Historiker Koen Vossen. Laut einer
Umfrage haben heute nur noch 27 Prozent der Bevölkerung Vertrauen in die
Regierung von Mark Rutte.
OT 9 Koen Vossen
Viele trauen ihm nicht mehr, weil er viel versprochen hat. Er hat versprochen,
kein Geld nach Griechenland mehr, er hat versprochen 1.000 Euros für jeden.
Und das war alles nicht passiert.
Viele Menschen fühlen sich von der Politik nicht ernst genommen. Vor etwa
einem Jahr durften die Niederländer in einem Referendum über das EUAssoziierungsabkommen mit der Ukraine abstimmen. Das Ergebnis: ein klares
„Nein“. Doch trotz dieses Bürger-Votums gibt Premier Rutte ein paar Monate
später in Brüssel seine Zustimmung zu diesem Vertrag – wenn auch in leicht
modifizierter Fassung. Der Regierungschef und seine Volkspartij voor Vrijheid
en Democratie werden gegenüber der Parlamentswahl 2012 deutlich Stimmen
einbüßen. Aber weitaus dramatischere Verluste zeichnen sich beim
sozialdemokratischen Koalitionspartner ab, bei der PvdA - der Partei für die
Arbeit.
OT 10 Koen Vossen
PvdA ist unglaubwürdig geworden, weil sie bei den letzten Wahlen im
September 2012 gegen die VVD angetreten ist und dann doch mit den Liberalen
koaliert hat. Sie hat linke Wähler verloren an GroenLinks, D66, SP, Partij voor
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de Dieren, Denk – es gibt links, rechts und in der Mitte reichlich Alternativen
für den Wähler.
Der Absturz der Sozialdemokraten und der sich abzeichnende Wahlsieg von
Geert Wilders – das seien nur zwei von einer ganzen Reihe überraschender
Entwicklungen der letzten Jahre, meint der Soziologe Matthijs Rooduijn. Beim
Blick auf die Meinungsumfragen sieht er mit der PVV und Ruttes VVD zwei
starke Parteien vorneweg – und dann ein sehr breites, ausgewogenes Mittelfeld.
OT 11 Matthijs Rooduijn
Übersetzer 1:
Was auffällt ist, dass wir zur Zeit sieben bis acht mittelgroße Parteien haben.
Früher in den 80er Jahren waren das allenfalls zwei oder drei, aber jetzt sind es
eine ganze Menge. Und das wird es enorm schwierig machen, eine
Regierungskoalition zu schmieden, weil du dafür vier oder fünf Parteien
brauchst, wenn das Wahlergebnis in etwa so aussieht, wie die Umfragen.
Wenn die Parteien daran festhalten, Wilders auszuschließen – bleibt tatsächlich
nur ein XXL-Bündnis. Davon dass es eine extragroße Koalition geben wird, ist
auch Koen Vossen überzeugt.
OT 12 Koen Vossen
Mit wahrscheinlich VVD, CDA, dann kommt noch D66 dazu. Dann braucht man
noch eine Partei, und das wird dann wahrscheinlich PvandeA oder GroenLinks.
Eigentlich kann man sagen, das ist die ganze politische Mitte von Holland.
Der auffälligste Name in dieser Reihe ist der von „GroenLinks“. Die
niederländischen Grünen saßen noch nie in einem Kabinett. Im Moment sind sie
lediglich mit vier Abgeordneten im Parlament vertreten. Doch mit ihrem jungen,
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charismatischen Spitzenkandidaten könnte die Partei es künftig auf 15 bis 17
Sitze bringen. Fraktionschef Jesse Klaver ist erst 30, wird von den Medien aber
schon als „niederländischer Obama“ gefeiert. Der ehemalige Politikstudent füllt
regelmäßig große Hallen. Zu seinen Wahlkampfauftritten kommen manchmal
zwei- bis dreitausend Menschen – darunter viele Erstwähler. Nach Jahren der
politischen Bedeutungslosigkeit sind die Grünen wieder da. Das macht
selbstbewusst.
OT 13 Klaver:
Übersetzer 3:
Es ist vielleicht ein bisschen ungewöhnlich für einen Vorsitzenden der Grünen
zu sagen: Ich möchte Ministerpräsident werden. Das ist ungewöhnlich, aber
gemeinsam können wir es schaffen und der Veränderung Form geben. Wenn wir
den Mut haben, an unseren Prinzipien und Idealen festzuhalten, dann halten wir
Rutte und Wilders aus der Regierung heraus. Und dann bekommen die
Niederlande nach 40 Jahren endlich wieder ein progressives Kabinett.
Klaver ist Sohn eines marokkanischen Vaters und einer Mutter mit
indonesischen Wurzeln - aufgewachsen in einer Sozialwohnung in der Provinz
Brabant. Wenn er von Verantwortung gegenüber den Schwachen spricht, von
Solidarität und Gerechtigkeit, nehmen seine Zuhörer ihm das ab. Vor ein paar
Monaten hat er ein Buch mit dem Titel „Die empathische Gesellschaft“
veröffentlicht. Darum geht es ihm: um Mitgefühl und Solidarität. Jesse Klaver
positioniert sich damit bewusst als „Anti-Wilders“. Er ist der Gegenentwurf zum
polternden und pöbelnden Populisten.
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OT 14
Übersetzer 3:
Wir sind die andere Seite, die zeigt, dass du auch mit einer Geschichte über
Hoffnung und Optimismus die Menschen zusammenbringen kannst. Ohne Hass
und ohne Zwietracht.
Die Grünen haben gute Chancen, dritte oder vierte politische Kraft im Land zu
werden. An Klaver und seinem Team wird bei den Koalitionsverhandlungen
wohl kein Weg vorbeiführen. Eine Regierung aus vier oder fünf Parteien – das
wäre in Deutschland unvorstellbar. Aber im Mutterland der Konsenspolitik
haben so große Bündnisse durchaus Tradition. In den 60er und 70er Jahren
waren sie eher die Regel als die Ausnahme. Und dass ein Wahlsieger keinen
Platz im Kabinett bekommt, hat es auch schon gegeben. Geert Wilders ist also
vorbereitet und scheint sich auch schon mit dem Gedanken an eine Zukunft in
der Opposition zu arrangieren.
OT 15 Wilders
Übersetzer 2:
Natürlich möchte ich gerne, dass die PVV so groß wie möglich wird. Natürlich
würde ich am liebsten regieren, aber wenn das nicht gelingt, machen wir
einfach weiter. Wir dürfen unser Land nicht verloren geben. Und ich werde
jeden Tag aufs Neue dafür kämpfen, dass die Niederlande ein freies Land
bleiben.
Nicht wenige Beobachter der niederländischen Politik glauben, dass Wilders
überhaupt keine andere Rolle als die des Oppositionsführers anstrebt. Was treibt
ihn also an – den Mann, der seit 12 Jahren rund um die Uhr bewacht wird, der
seine eigene Freiheit aufgegeben hat – so formuliert er es selbst – um für die
Freiheit seines Landes zu kämpfen. Koen Vossen kann nur vermuten.
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OT 16 Koen Vossen
Es gibt Leute, die sagen: Er will eigentlich ein internationaler Staatsmann
werden, er will eigentlich der neue Churchill werden, der ganz früh schon
gewarnt hat vor der neuen Gefahr. Er hat diese Woche ja wieder gesagt: Islam
ist schrecklicher als Nazismus. Das ist eine größere Gefahr. Andere sagen:
Soweit gehen seine Ambitionen gar nicht.
Letzteres vermutet auch Matthijs Rooduijn. Wilders hätte sich ja durchaus als
Koalitionspartner empfehlen können, meint der Soziologe aus Utrecht. Die PVV
sei rechts in vielen Punkten nicht weit von Ruttes Konservativ-Liberalen
entfernt und links nicht weit von den Sozialisten. Thematisch gibt es also auf
beiden Flanken Schnittmengen. Aber er habe überhaupt nichts dafür getan, sich
anderen anzunähern – geschweige denn, eine Mannschaft hinter sich zu scharen,
mit der er wirklich regieren könnte. Jeder in der Partei, der versucht hat, sich an
der Seite von Wilders zu profilieren, ist vom Chef in die Schranken gewiesen
worden. Die Partij voor de Vrijheid, so Matthijs Rooduijn, sei eigentlich eine
One-Man-Show.
OT 17 Matthijs Rooduin
Übersetzer 1:
Ich vermute wirklich, dass die PVV nicht regieren möchte. Die Partei hat dafür
gar keine geeigneten Leute. Es ist eine geschlossene Partei mit nur einem
Mitglied. Und das ist Geert Wilders. Er hat dafür gesorgt, dass die Partei straff
organisiert ist und dass er der Einzige ist, der politische Entscheidungen treffen
kann.
Wie riskant eine Zusammenarbeit mit Wilders ist, bekommt Mark Rutte 2010 zu
spüren, als er sich mit seinem Minderheitskabinett von der PVV tolerieren lässt.
Nach zwei Jahren platzt die Koalition, weil Wilders seine Unterstützung
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zurückzieht. Seitdem hat sich der Rechtsausleger der niederländischen Politik
nicht nur inhaltlich, sondern auch verbal immer stärker radikalisiert. Am Abend
der Kommunalwahl 2014 tritt er in einer Den Haager Kneipe ans Mikrofon, um
seinen Parteifreunden drei rhetorische Fragen zu stellen. Erstens: Wollt ihr mehr
oder weniger EU? Zweitens: Wollt ihr mehr oder weniger sozialdemokratische
Arbeitspartei? Und drittens die Frage, die ihm mehr als 6.000 Strafanzeigen und
einen Prozess einbringen.
OT 18 Archiv „Minder Marokkanen“
Wollt ihr in dieser Stadt und in den Niederlanden mehr oder weniger
Marokkaner? - Weniger, weniger grölt die Basis. Und der zufriedene Parteichef
verspricht: Dann werde er das regeln.
Das sei ein Aufruf zur Diskriminierung und eine Beleidigung einer ganzen
Bevölkerungsgruppe, urteilen die Richter. Wilders wird verurteilt – ohne dass
das Gericht eine Strafe verhängt.
Und so wie er Marokkaner verunglimpft und pauschal über den Islam herzieht,
so spricht der Politiker aus dem grenznahen Venlo auch über politische
Kollegen. Er beschimpft sie als „Heulsusen“ und „Betriebspudel“, als „mickrig“
und „verlogen“. Die Richter, die ihn wegen seiner Hass-Rede schuldig
gesprochen haben, sind für ihn Teil einer „nep-rechtbank“ – eines PseudoGerichts. Und die Zweite Parlamentskammer, in der er selbst seinen Platz hat,
nennt er herabwürdigend ein „nep-parlament“. Er schreckt nicht mal davor
zurück, Fake-News zu verbreiten, die einen linksliberalen Politiker als
Dschihadisten darstellen. Nein - einer wie Wilders sei nicht wählbar, heißt es in
der Innenstadt von Den Haag.
OT 18
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Übersetzer 1:
Der vermeintliche Wahlgewinner hat sich jetzt schon ins Abseits manövriert. Er
wird niemals zum Zuge kommen. Niemand arbeitet mit ihm zusammen. Die
anderen Parteien kommen doch locker auf die nötigen 75 Sitze. Das dürfte also
kein Problem sein.
Übersetzer 2:
Er hat sich selbst ausgeschlossen – schon als er das Minderheitskabinett von
Rutte gestützt hat. Und dann kam ein bisschen Gegenwind, und schon hat er
alles hingeschmissen. Er ist nicht stabil genug, um ihn in eine Regierung
aufzunehmen.
Als Antwort auf die ausländerfeindliche Politik der PVV versteht sich die 2015
gegründete Partei DENK, die vor allem in den Niederlanden lebende Migranten
aus der Türkei anspricht. Sie vertritt in manchen Fragen allerdings selbst so
fundamentale Positionen, dass einige prominente Mitglieder die Partei aus
Protest verlassen haben. DENK kann allenfalls auf einen Sitz im Parlament
hoffen. Auch drei kleine rechte Parteien, die sich im Schatten von Wilders
profilieren wollen, werden bei dieser Wahl kaum eine Rolle spielen. Zum Glück,
sagen viele Menschen auf dem Plein, dem zentralen Platz vor dem Eingang zum
Den Haager Parlamentsgebäude. Ein Wilders ist für sie schon mehr als genug.
OT 19
Übersetzerin:
Ich würde so gerne mal eine positive Gegenstimme hören. Jemanden der nicht
nur schimpft, sondern auch Lösungen parat hat. Das ist viel zu viel Schreierei
und Angstmacherei. Wenn wir mal miteinander reden würden, käme dabei
bestimmt auch etwas heraus.
Übersetzer 1:
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Selbst wenn er gewinnt, wird jeder zu dem Schluss kommen, dass es vernünftiger
ist, ohne ihn zu regieren. Einige seiner Standpunkte sind für mich absolut
unakzeptabel – sowohl gegenüber Muslimen als auch gegen Ausländer ganz
allgemein.
Zur Verfügung gestellt vom NDR
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