Anbindung als Herausforderung Konzept für ein Großparkhaus am Flughafen Athen Künftiges Parkhaus und Hauptterminal © K+P Group Gebäudestruktur Lageplan: Parkhaus P 1 mit Erweiterung um P 2 © K+P Group Zwischen 2008 und 2010 wurden dann die gesamte Planungs- und Ausschreibungsleistung durch K+P Group erbracht, eine Arbeitsgemeinschaft aus Cordes+Partner, Scholze Ingenieurgesellschaft, Pro-Elektroplan und Wagner Ingenieure. Eine besondere Herausforderung war dabei das Thema der Erdbebensicherheit, zumal dieser Bau als erstes Großparkhaus Griechenlands eine Stahlskelettkonstruktion aufweisen soll. Die Errichtung des Baukörpers erfolgt auf dem Gelände der derzeitigen Kurzzeitparkfläche P1, die sich gegenüber dem Hauptterminal, südwestlich der Fußgängerbrücke und in der Nähe des Flughafenhotels befindet. Geplant ist hier ein 200 m langes und 66,45 m breites Gebäude, das eine Nutzfläche von ca. 97.000 m² hat und damit Platz für ca. 3.630 Fahrzeuge bietet. Aufgabenstellung Der Internationale Flughafen Athen, Athens International Airport S.A., plant, ein Parkhaus in unmittelbarer Nähe des Hauptterminals zu errichten. Die Gestaltung des Gebäudes und seine Anbindung an die umgebenden Anlagen basieren auf einem von Koch + Partner (K + P) gewonnenen Architektenwettbewerb, der 2008 ausgelobt und entschieden wurde. Modell (noch) ohne Dach © K+P Group 22] [Umrisse] Konzipiert als offener Stahlverbundskelettbau mit natürlicher Be- und Entlüftung, wird es aus sieben Geschossen bestehen, wobei die oberste Parkebene ca. 18,00 m über dem Boden liegt, während Treppenhäuser, Aufzugsschächte und Spindeln eine maximale Die Hauptzufahrt für die Pkws ist auf Ebene 3 mittels einer Brücke an den Abflugbereich des Terminals angebunden, die Ausfahrt wurde hingegen auf der sogenannten Ankommer-Ebene 1 auf der Südwestseite angeordnet. Der abfliegende Passagier verlässt das Parkhaus dementsprechend über eine gläserne Brücke auf Ebene 3, und der eintreffende betritt es in der (Mietwagen-)Ebene 1. Eine Aufzugsgruppe für Fußgänger, die im nördlichen Abschnitt des Gebäudes in nur minimaler Entfernung von der zum Terminal führenden Brücke realisiert wird, komplettiert letztlich die Andienungsmaßnahmen. Das heißt, die vertikale Erschließung ist klar gegliedert und ermöglicht eine leichte Orientierung. Zwei spindelförmige Rampen sorgen indessen für die vertikale Verteilung der Fahrzeuge. Zur Hauptstraße in Richtung Athen zeigend, stellen sie ein signifikantes Erkennungsmerkmal dar – nicht nur für das Parkhaus, sondern für den gesamten Flughafen. Gebäude mit Photovoltaikanlage © K+P Group Höhe von ca. 22,70 m erreichen. Über dem siebten Geschoß ist ein Blechdach vorgesehen, bei dessen Dimensionierung bereits die spätere Nachrüstung mit Photovoltaikelementen berücksichtigt wurde. Die Geschoßhöhe beträgt durchgehend 3,00 m, die lichte Höhe zwischen den Stahlträgern und dem Fertigfußboden jeweils 2,20 m. Diese Abmessungen sind erforderlich, um ein nutzbares Minimum von 2,10 m nach Abzug von Toleranzen und Durchbiegungen zu gewährleisten. Das Stützenraster von 16,55 m x 5,00 m resultiert zudem aus dem Wunsch nach »stützenfreien« Stellplätzen. [Umrisse] (Bestehende) Brücke zur Verbindung © K+P Group [23 Fassade und Dach Bereits mit der Wettbewerbsidee verfolgte K+P das Ziel, ein klares und lineares, von innen weitgehend offenes und von außen als Parkhaus erkennbares »Regalsystem« zu entwickeln. Wichtig war den Architekten die fast 200 m lange Fassade als raumbildende Wand vis-à-vis dem Terminal auszubilden und die Vorfahrt räumlich zu fassen. Die Außengestaltung ist geprägt durch eine lineare, horizontale Gliederung mit punktuellen, von weitem erkennbaren Elementen, wie den runden Parkspindeln auf der Südwest- und dem Hauptzugang mit den gläsernen Aufzügen auf der Nordostseite. Fassadenstruktur … © K+P Group »Schleier« zwischen den Spindeln © K+P Group Das Konzept sieht eine offene Gebäudehülle vor, gefertigt aus horizontal gespannten Edelstahlseilen. Diese durchgehende Struktur wird nur in der Vertikalen unterbrochen durch die Treppentürme mit hinterleuchteter Glaslamellenhaut. In Ebene 1 geben pulverbeschichtete Aluminiumlamellen dem Bauwerk zudem eine Basis, während die umlaufende verzinkte Stahlbrüstung mit horizontalen Stahlrohren in Ebene 7 mit dem darübersitzenden Dach für einen Abschluss sorgt. Die nach außen hin ebenfalls offenen Betontreppenhäuser sind über alle Geschosse mit horizontalen, transluzenten, siebbedruckten Glaslamellen bedeckt, lediglich Ebene 7 verfügt über eine Gitterstruktur zur natürlichen Be- und Entlüftung sowie zur Entrauchung. Die Nordostfassade der Aufzugsgruppe besteht aus einer Pfosten-Riegel-Konstruktion mit Sonnenschutzverglasung und horizontalen Aluminiumstreifen; Ausnahme ist die oberste 24] Ebene mit einer Aluminiumgitterverkleidung zur Luftzirkulation und gegen Überhitzung im Sommer. Die Aufzüge selbst werden verglast. Sie bieten Ausblicke auf die landseitige Vorzone des Flughafens wie die weite offene Landschaft und unterstreichen mit ihren beweglichen Kabinen auch die Assoziation des Kommens und Gehens am Flughafen. Die Spindeln auf der Südwestseite verleihen dank ihrer spiralförmigen weißen Brüstungen, die nachts mit blauem LEDLicht beleuchtet werden, dem Parkhaus einen unverwechselbaren Charakter. Zwischen ihnen lässt sich darüber hinaus, ähnlich einem Schleier, eine wetter- und windfeste Glasfasermembrane anbringen und werbewirksam mit dem Logo des Flughafens und des Bauherrn bedrucken. Ebenfalls zu Werbe- oder Informationszwecken kann die terminalseitige Längsfront des Gebäudes mit einer LED-Gittergewebe-Installation versehen werden, was dessen Ausdehnung optisch beleben würde. Der Außenbereich zwischen Terminal, Hotel und Parkhaus wird räumlich aufgewertet durch einen ansprechenden Platz mit Brunnen und Meeting Point, der als Treffpunkt für Pendler und Pkw-Nutzer gedacht ist und dem Flughafen zugleich einen attraktive Freifläche verschafft. Platzgestaltung vor dem Haupteingang © K+P Group [Umrisse] Aufzugsgruppe im Bauwerksinneren © K+P Group Innengestaltung Die Lobby der Aufzugsgruppe ist die wichtigste Orientierungszone im Parkhaus und bedarf daher eines hochwertigeren Standards – zugunsten einer zeitgemäßen, hellen und einladenden Atmosphäre. Lasierter weißer Beton an Stützen und Wänden ist auch hier oberstes Gebot, die Decke erhält ein weiches Streckmetallgewebe mit integrierten Beleuchtungskörpern. Büros sowie Toilettenanlagen werden ebenfalls mit hellen, lichten Farben und modernen, funktionellen Einrichtungsgegenständen ausgestattet. Für den Boden des Parkdecks, eine Betonverbundplatte, sind eine qualitätvolle Deckschicht und ein elastischer, krafttragender und chemikalienresistenter Belag mit Antirutschoberfläche vorgesehen. Die drei Lichthöfe, wichtige Orientierungspunkte innerhalb des Parkhauses, bieten natürliche Be- und Entlüftung sowie Tageslicht. Eingehängte, beleuchtete Lampions aus nichtbrennbarem Glasfasergewebe sollen in ihnen, unterstützt von unterschiedlichen Farbtönen, das Gefühl von Helligkeit, Sicherheit und Maßstäblichkeit vermitteln. Lichthof als Orientierungspunkt © K+P Group Ideenskizze der Lichthöfe © K+P Group Funktionsprinzip bei Nacht © K+P Group [Umrisse] Lampions im Grundriss © K+P Group [25 Beleuchtung Kennzeichnung der Zufahrt © K+P Group Die Beleuchtung unterstützt die Gesamtwirkung der Architektur. Die zwei Parkspindeln erhalten außen wie innen eine einfache monochrome LEDBeleuchtung, die der Form der Spindel nachempfunden ist und das Gebäude nachts zum Erstrahlen bringt. Ähnliches gilt für die Parkdecks, die allerdings über ein lineares LED-Licht verfügen werden, um einen höheren Standard im Innenbereich zu erzielen und die Glaslamellen der Treppenhäuser bei Dunkelheit hervorstechen zu lassen. Die beleuchteten Aufzüge mit ihren Glaskabinen an der Nordostseite werden die Glasfassade schließlich dynamisch aufwerten. In den Außenbereichen soll eine neue Landschaft entstehen, die die Weiterentwicklung des Flughafens und seiner umfassenden Flächen berücksichtigt. Das weitläufige Grünkonzept, das ebenfalls dem Gestaltungselement der Kreisstruktur entlehnt ist, beinhaltet nichtlineare, dem Kreisverlauf folgende (Grün-)Zonen mit verschiedenen Schichten aus niedrigwüchsigen und bodenbedeckenden, ortstypischen Pflanzen mit immergrünen Blättern. Das Leit- und Orientierungssystem folgt den Gestaltungsrichtlinien des Flughafens und wurde für das Parkhaus fortgeschrieben: Zur Kennzeichnung der einzelnen Ebenen dienen verschiedenfarbige Oberflächen entlang den Treppenhäusern, Spindeln, Fußgängerwegen und Stahlstützen, die auf das eigentliche Parkleitsystem abgestimmt sind. Codierung, Beschilderung und Nummerierung ordnen sich genauso einem einheitlichen Gestaltungsprinzip unter, zusätzlich werden jeder Ebene eine Nummer und ein Symbol aus der griechischen Mythologie zugewiesen. Bodenbelag aus Betonsteinen © K+P Group Betriebskonzept Beschilderung und Infostelen © K+P Group Gehwegsmarkierung © K+P Group 26] Landschaftsplanung Aufgrund der geringen Fläche um das Parkhaus ist eine einfache Bepflasterung geplant, wobei der Gestaltungsschwerpunkt auf der Nordostseite, also auf dem Eingang mit der Schaffung eines attraktiven Platzes liegt. Als Bodenbelag kommen hier kreisförmig um einen wasserspeienden »Spaßbrunnen« angeordnete graue und beige Betonsteine zur Ausführung. Der funktionale Zweck dieser Kreisstruktur resultiert aus der Idee, den Fokus auf das Herz des Gebäudes, nämlich den Hauptzugang, zu richten. Das Gebäude ist mit acht parallelen Stellplatzreihen ausgestattet, die eine rechtwinklige Anordnung mit einer Parktaschengröße von 2,50 m x 5,00 m sowie 6,00 m breiten Fahrspuren ermöglichen. Die Stützen stehen zwischen diesen Reihen, so dass eine weitgehende Stützenfreiheit der Stellflächenbereiche und somit eine maximale Übersicht gewährleistet ist. Darüber hinaus sind insgesamt 55 Parkplätze für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen geplant, welche sich in den Ebenen 3–7 neben der Aufzugsgruppe befinden und mit 3,50 m x 5,00 m eine optimale Zugänglichkeit sichern. [Umrisse] Systemquerschnitt © K+P Group Für die Anfangsphase der Inbetriebnahme wird die Nutzung so gegliedert: – Kurz- und Langzeitparken: 2.665 Stellplätze (Ebenen 3–7) – Executive Valet Parking: 546 Stellplätze (Ebene 2) – Autovermietung: 421 Stellplätze (Ebene 1) plus Autowaschanlage – Motorräder: 181 Stellplätze (Ebene 1) Dieses System lässt sich jedoch in der Zukunft aufgrund von speziellen Kundenwünschen anpassen, weshalb die technische Gebäudeausstattung auf etwaige Änderungen flexibel reagieren kann: Kurzzeit- und Langzeitparken für die Öffentlichkeit verteilen sich auf die Ebenen 3–7. Die Erschließung erfolgt von der Vorfahrt der Abflugebene zur Ebene 3 über eine zweispurige Brücke, vier Zufahrtsspuren mit automatischen Ticketausgabegeräten und Schrankensystemen aufweisend. Die Ausfahrt zwischen den Spindeln auf (Ankommer-)Ebene 1 verfügt über vier Spuren, die mit entsprechenden Kontrollsystemen ausgestattet sind. Und: Wer aus dem Gebäude hinausfährt, macht das auf einer ausgewiesenen Linksspur, die es erlaubt, direkt in die vorhandene Hotel Ring Road einzubiegen. Die Autovermieter, ebenfalls in der Ankommer-Ebene, haben ein separates Zu- und Ausfahrtssystem auf der Südostseite des Parkhauses sowie als Besonderheit eine Waschanlage für die von ihnen bereitgestellten Pkws. Das sogenannte Valet Parking besitzt einen getrennten Zugang zum Parkhaus in Ebene 1, und zwar von der Nordwestfront des Gebäudes und damit auf der Rückseite der Hotel Ring Road. Valet-Parking-Nutzer wählen die Auffahrtsspindel des Gebäudes, um die für sie reservierte Ebene 2 anzusteuern, und die Abfahrtsspindel, um von Ebene 1, die von allen frequentiert wird, wieder herauszufahren. [Umrisse] Systemgrundriss von Ebene 3 mit Fahrstraßenführung © K+P Group Systemgrundriss von Ebene 3 mit Fußwegeführung © K+P Group Systemgrundriss von Ebene 1 mit Fahrstraßenführung © K+P Group Systemgrundriss von Ebene 1 mit Fußgängererschließung © K+P Group [27 Nordostansicht © K+P Group Südostansicht © K+P Group Schlussbemerkung Motorräder haben ebenfalls eine getrennte Zu- und Ausfahrt von der Hotel Ring Road auf der Südostseite von Ebene 1, mit zwei Zu- und Ausfahrtsspuren je Richtung. Zur vertikalen (Fahrzeug-)Erschließung dienen zwei einspurige Spindeln: eine in Aufwärtsrichtung auf der Südost- und eine in Abwärtsrichtung auf der Nordwestseite. Mit einem Außendurchmesser von 20 m und einer lichten Spurbreite von 5 m gewährleisten sie eine effiziente, schnelle und sehr klar ablesbare Verbindung zwischen allen Ebenen. Demzufolge kann die rechteckige Gebäudestruktur ein Maximum an Stellplatzkapazität bieten. Das nutzerfreundliche, horizontale Erschließungskonzept sorgt zudem für eine ausgesprochen einfache Orientierung, ergänzt von Leitsystem, welches die Autofahrer beim Auffinden freier Parkplätze unterstützt. Die vertikale Fußgängererschließung ist mit sechs gläsernen Aufzügen deutlich erkennbar im Nordteil des Gebäudes neben der existierenden Fußgängerbrücke zwischen Terminal und Airport Railway Station organisiert. Horizontal erfolgt die Fußgängerführung über eine 1 m breite Zone in jeder Fahrgasse zur Aufzugsgruppe, um so Kreuzungen mit dem Autoverkehr möglichst zu vermeiden. Ebene 3 knüpft an die Fußgängerbrücke mit einer überdachten, verglasten Brücke an, während Ebene 1 mit Zugang vom »Ankommer-Geschoß« des Hauptterminals über einen niveaugleichen Weg zur neugestalteten Plaza erreicht wird. 28] Ein charakteristisches Merkmal dieses Parkhauses ist, dass es zu seiner angrenzenden Umgebung auf den Seiten hin offen erscheint, was das Sicherheitsgefühl und die Orientierung für die Nutzer noch verbessert. Dadurch bleibt es auch möglich, das Gebäude ausschließlich natürlich zu belüften – und so einen wesentlichen Beitrag zur Energieminimierung zu leisten. Die Stahlkonstruktion kann zudem ohne aufwendige Brandschutzvorkehrungen und nur mit Sprinklerung ausgeführt werden. Die drei in der Mittelachse angeordneten Lichthöfe sorgen mit ihren Leuchtobjekten zusätzlich für Belüftung, Orientierung und eine besondere Raum- und Lichtstimmung. Mechthild Peron Tragwerksplanung CP Cordes + Partner Beratende Ingenieure GmbH, Ottobrunn AMTE Consulting Engineers, Athen Elektroplanung Pro Elektroplan GmbH, Ottobrunn Technische Gebäudeausrüstung Scholze Ingenieurgesellschaft mbH, München Verkehrsplanung Wagner Ingenieure GmbH, München Brandschutz Kersken + Kirchner GmbH München J. E. Papagrigorakis & Associates, Athen Formula Techniki S.A., Maroussi Bauherr Athens International Airport S.A., Spata Projektleiter: Argiris Mamais Eigner: Dimitrios Georgopoulos Architekten K+P Architekten und Stadtplaner GmbH Koch · Voigt · Zschornack, München Verantwortlicher Partner: Jürgen Zschornack Projektleitung: Mechthild Peron Umweltschutztechnik Dr. George Mikroudis & Associates, Smyrni Landschaftsplanung S scape Ltd., Athen Bodengutachten Edafomichaniki S.A., Athen Vermessung A. Karditsas Surveying & Mapping, Athen Visuelle Kommunikation Büro für Gestaltung Wangler & Abele, München [Umrisse]