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B I O S P E K T R U M • 5. 0 0 • 6. J A H R G A N G
Habilitierte stellen sich vor
Temperaturabhängige Bildung von Virulenzfaktoren in
pflanzenpathogenen Bakterien
Matthias Ullrich, Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie, Marburg
쑺 Bisherige Kenntnisse der Genexpression in bakteriellen Krankheitserregern zeigen, daß Virulenzfaktoren in Abhängigkeit
der jeweiligen Umweltbedingungen gebildet werden. Erreger von Pflanzenkrankheiten, wie das von uns verwendete Sojabohnen-Pathogen Pseudomonas syringae, müssen
im Laufe der Infektion unter anderem auf
Temperaturveränderungen reagieren.
Wie bei Krankheitserregern von Säugern, die ihre warmblütigen Wirte beispielsweise an der im Vergleich zur Außenwelt erhöhten Körpertemperatur (37-40°C) erkennen und in diesen mit der Bildung von Virulenzfaktoren beginnen, könnten auch
Pflanzenpathogene auf veränderte Temperaturen reagieren. Die selektive Bildung von
wichtigen Virulenzfaktoren ist vermutlich
notwendig, um Energiereserven einzusparen. Die Thermoregulation in Pflanzenpathogenen ist bisher nur unzureichend verstanden. Zu thermoregulierten Virulenzfaktoren gehören neben Phytotoxinen auch die
Schleimbildung, Enzyme, die die pflanzliche Zellwand abbauen, sowie die Übertragung bakterieller Erbinformation in Pflanzenzellen.
Zwei Fragen stehen bei der molekularen und ökophysiologischen Untersuchung
der Thermoregulation in Pflanzenpathoge-
nen im Vordergrund: a) wie erfolgt die Aufnahme und Weiterleitung des Temperatursignals in der Bakterienzelle? und b) warum
erfolgt die Bildung bestimmter Virulenzfaktoren bei niedrigen Temperaturen nicht jedoch bei höheren, das Wachstum fördernden Temperaturen (Abb. 1)? Unsere Schwerpunkte sind: 1.) die Thermoregulation der
Bildung des Phytotoxins Coronatin durch P.
syringae; 2.) die Analyse der zellulären Prozesse in den Bakterien bei Temperaturveränderungen; 3.) die Identifizierung und
Charakterisierung neuer temperaturabhängiger Faktoren; 4.) der Einfluß der Temperatur auf die Pflanzen-Bakterien-Wechselwirkung.
P. syringae bildet das Phytotoxin Coronatin in Abhängigkeit von der Temperatur,
wobei die beteiligten Gene vorrangig bei 18
°C abgelesen werden [1]. Für die Transkription der für die Coronatin-Bildung wichtigen Gene benötigt P. syringae ein System, das
aus den drei regulatorischen Proteinen CorR,
CorP und CorS besteht und das durch Mutationen nachgewiesen und kloniert werden
konnte [2]. Die drei Proteine ähneln in ihren Eigenschaften einer in Bakterien weitverbreiteten Gruppe von Proteinen, die
Zwei-Komponenten-Systeme bilden und an
der Aufnahme bzw. Weiterleitung von Um-
Abb. 1: Schematische Darstellung der Wechselwirkungen des pflanzenpathogenen Bakteriums
Pseudomonas syringae mit einer Wirtszelle. Die hervorgehobenen Faktoren sind temperaturabhängig
und werden zur Zeit in unserem Labor auf ihre Expression und ihre spezifische Rolle bei der Pathogenese hin näher charakterisiert.
Matthias Ullrich
Jahrgang 1963, Biologiestudium (1985-1990) an der
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut für medizinische
Forschung Heidelberg bei Dr. Klaus Geider (Stipendium des Fonds der Chemischen Industrie) (19911992), 1992 Promotion bei Prof. Dr. Wolfgang
Fritsche an der Friedrich-Schiller-Universität Jena,
DAAD-Postdoktorand (1992-1994) sowie NSFpostdoctoral fellow (1994-1996) bei Prof. Dr. Carol L.
Bender, Oklahoma State University in Stillwater, USA,
seit 1996 Leiter der selbständigen Nachwuchsgruppe
„Ökophysiologie“ am Max-Planck-Institut für
terrestrische Mikrobiologie in Marburg, 2000
Habilitation in Mikrobiologie an der PhilippsUniversität Marburg.
weltsignalen beteiligt sind. Während es sich
bei CorS um eine Histidin-Proteinkinase
(Sensor) handelt, stellen CorR und CorP
Anwort-Regulatoren dar, die nach Aktivierung durch CorS die Transkription bestimmter COR biosynthetischer DNA-Abschnitte
ermöglichen [3]. Das System unterscheidet
sich von orthodoxen Zwei-KomponentenSystemen durch die Anwesenheit des zweiten Regulatorproteins CorP, das über keine
DNA-Bindungsaktivität verfügt und dessen
möglicherweise modulatorische Funktion
zur Zeit genauer analysiert wird. Es wird
ebenfalls ermittelt, in welcher Art und Weise CorS das Temperatursignal detektiert und
weiterleitet.
Bei Temperaturveränderungen auftretende zelluläre Änderungen werden analysiert, indem das Wachstum, die Toleranz
gegenüber widrigen Umweltbedingungen
(z.B. Austrocknung bzw. UV-Strahlung), das
Vermögen zum Austausch der Erbinformation sowie die Muster an gebildeten Proteinen vor und nach der Temperaturveränderung miteinander verglichen werden [4].
Zur Erkennung und Charakterisierung
neuer temperaturabhängiger Virulenzfaktoren nutzen wir die Insertion promotorloser
Reportergene (für β-Glucuronidase bzw. das
grünfluoreszierende Protein) ins BakterienChromosom. Mittels der dabei entstehenden
Fusionen gelang die Entdeckung einer Reihe thermoregulierter Gene aus P. syringae.
Gleichfalls konnten über den molekularen
Vergleich der Protein-Muster zweier Kulturen, die bei 18 bzw. 28 °C gewachsen waren,
neuartige bzw. bekannte Gene (z.B. das für
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Levansucrase) als thermoreguliert identifiziert werden [5].
Wechselwirkungen mit Pflanzen werden
untersucht, indem die Vermehrung der Pathogene in der Pflanze bei verschiedenen
Temperaturen verglichen wird. Die Ausprägung der pflanzlichen Abwehrreaktion wird
auf zellulärer Ebene mittels NorthernblotAnalyse studiert. Dabei steht die temperaturabhängige Expression sogenannter Pathogenitäts-assoziierter Proteine (PR-Proteine)
im Vordergrund. Gleichfalls werden zelluläre Veränderungen in der Pflanzenzelle unter verschiedenen Temperatur- und Infektionsbedingungen mikroskopisch analysiert.
Literatur
[1] Budde, I., Rohde, B., Bender, C. & Ullrich, M.
(1998) Growth phase and temperature influence
promoter activity, transcript abundance and protein
stability during biosynthesis of the Pseudomonas
syringae phytotoxin coronatine. J. Bacteriol. 180:
1360-1367.
[2] Ullrich, M., Penaloza-Vasque, A., Bailey, A. &
Bender, C. (1995) A modified two-component
regulatory system is involved in temperaturedependent biosynthesis of the Pseudomonas
syringae phytotoxin coronatine. J. Bacteriol. 177:
6160-6169.
[3] Wang, L., Bender, C. & Ullrich, M. (1999) The
transcriptional activator CorR is involved in
biosynthesis of the phytotoxin coronatine and
binds to the cmaABT promoter region in a
temperature-dependent manner. Mol. Gen. Genet.
262: 250-260.
[4] Rohde, B., Schmid, R. & Ullrich, M. (1999)
Thermoregulated expression and characterization
of an NAD(P)H-dependent 2-cyclohexen-1-one
reductase in the plant pathogenic bacterium
Pseudomonas syringae pv. glycinea. J. Bacteriol.
181: 814-821.
[5] Hettwer, U., Jaeckel, F., Boch, J., Meyer, M.,
Rudolph, K. & Ullrich, M. (1998) Cloning,
nucleotide sequence and expression in Escherichia
coli of levansucrase genes from the plant
pathogens Pseudomonas syringae pv. glycinea and
P. syringae pv. phaseolicola. Appl. Environm.
Microbiol. 64: 3180-3187.
Korrespondenzadresse
PD Dr. Matthias Ullrich
Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie
Karl-von-Frisch-Straße
D-35043 Marburg
Tel.: 06421-178101
Fax: 06421-178109
eMail: [email protected]
http://www.uni-marburg.de/mpi/ullrich/ullrich.html
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