Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – Defizite, Neuentwicklungen und soziokulturelle Perspektiven Beitrag zur Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz (Insel Vilm, 11.12.2008) 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 1 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Als Ausgangspunkt drei Basisthesen: 1. Zurzeit finden erhebliche Umbrüche in der Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation statt. 2. Grundlegend dabei ist das Spannungsfeld zwischen Umwelt(schutz) und (Gewährleistung von) sozialer Gerechtigkeit. Darin steckt eine erhebliche politische Brisanz – nämlich: ein möglicher grundlegender Akzeptanzverlust für umweltpolitische Maßnahmen! 3. Fragen der kulturellen Nachhaltigkeit sind dabei von besonderer Bedeutung – denn die seit Jahren bestehenden Defizite in der Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation könnten durch eine (Neu-)Entdeckung der kulturellen Dimension überwunden werden... 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 2 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Aktuelle Trends im Umweltbewusstsein • • • Politische Priorität des Umweltschutzes weiterhin relativ hoch, aber eher zu einer Art „Hintergrunderwartung“ geworden, denn: Große Akzeptanz von Nachhaltigkeitsprinzipien und hohe Zustimmung zu technischen Innovationen, Erneuerbare Energien, Effizienzerhöhung usw. Aber: Umweltbewusstsein weniger von persönlicher Betroffenheit geprägt, sondern Umweltproblematik gilt als ein allgemeines Problem: in der Zukunft, in globalen Zusammenhängen, für die „Bevölkerung insgesamt“ = Nah/Fern-Differenz (als Grundlage für die viel beklagten Diskrepanzen zwischen Bewusstsein und Verhalten) Im Kern gibt es diese Trends bereits seit den 90er Jahren, sie erweisen sich insofern als sehr stabil 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 3 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Neu (und von sehr großer Bedeutung für die Dynamik der Umwelt- und Nachhaltigkeitskommunikation) ist: Überschneidung der Problembereiche Umwelt(schutz) sowie (Gewährleistung der sozialen) Gerechtigkeit nimmt weiter zu Dabei Diskursvarianten: • Kostengerechtigkeit (Bezug: Kosten von umweltpolitischen Maßnahmen, zunehmend inkl. solcher, die bei deren Unterlassung entstehen), • Umweltgerechtigkeit (Bezug: soziale Verteilung von Umweltbelastungen sowie Umweltgütern, d. h. Nutzungschancen), • ökologische Gerechtigkeit (Bezug: ethische Dimension von Nachhaltigkeit) Allerdings: Als noch recht neue Forschungsfelder leiden diese Diskurse an einer dürftigen Datenlage und viel konzeptioneller Uneinheitlichkeit 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 4 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Förderung von Umweltbewusstsein als Capacity Building/Empowerment (1) Wissenstransfer für nachhaltige Lebensstile: Heute werden „cultural creatives“ als Vorreiter bei der Ökologisierung des Alltags beschrieben (z. B. als „Lohas“). Bislang allerdings auf obere Mittelschicht beschränkt.... Denn: „Nachhaltig leben“ ist erst mal zu erlernen. Voraussetzungen: Kollektivgüter (gute Luft + sauberes Wasser, schöne und gesunde Umgebung, soziale Sicherheit, kulturelle Angebote + Mitwirkungschancen) sind als Bestandteile von Wohlstand + Wohlfahrt (an)zuerkennen. Erfolge dabei bringen nachhaltige Vorteile: Als Förderung von Sozialkompetenz betrachtet impliziert die Befähigung (Empowerment) zu Qualitätskonsum + gesundheitsförderlichen Lebensstilen erhebliche Synergien zwischen Umwelt-, Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 5 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Förderung von Umweltbewusstsein als Capacity Building (2) Aktivierung zivilgesellschaftlicher Potenziale: Die Entwicklung von Sozialkompetenzen (und ihr Niederschlag im „Sozialkapital“) gelingt v. a. im Rahmen zivilgesellschaftlicher Gemeinschaften (Verbände, Initiativen usw.). Diese bedürfen ebenfalls der Unterstützung durch Befähigungsstrategien (z. B. Aufbau Multiplikatorennetzwerke) Dann können sie Potenziale entfalten als „Nachhaltigkeitsakteure“ Denn: Nachhaltigkeit ist ein Managementkonzept mit einem sehr anspruchsvollen ethischen Überbau (z. B. zu beschreiben als „Ökologische Gerechtigkeit“, d. h. als Vision global ressourcenschonender Wirtschaftsformen) 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 6 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Förderung von Umweltbewusstsein als Capacity Building/Empowerment (3) Verankerung von Kulturen der Nachhaltigkeit (1): Heute beim ökologischen Umbau der Industriegesellschaften notwendig: Tiefgreifende sozioökonomische und soziokulturelle Innovationen (sozialökologische Stadtgestaltung und Regionalentwicklung, neue Formen des Wohnens, 'Nutzen statt Besitzen', innovative Formen des Contracting bei Energie- und Mobilitätsdienstleistungen usw.) Folglich: Erhebliche Herausforderungen für die Lebenswelten der Menschen entstehen. Allerdings: Kulturwandel heute ohnehin unvermeidbar (wegen Globalisierung, demographischer Wandel, Krise der Sozialsysteme usw.) 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 7 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Förderung von Umweltbewusstsein als Capacity Building/Empowerment (3) Verankerung von Kulturen der Nachhaltigkeit (2): Hauptaufgabe daher: Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Gesundheitsschutz mit (einer Erneuerung von) sozialer Gerechtigkeit im Zusammenhang zu sehen (z. B. als „Ökologische Gerechtigkeit“) - und zu verdeutlichen, dass es dabei um die Chance einer kulturellen Erneuerung (zu mehr Lebensqualität) geht. Das setzt u. a. aber auch eine Öffnung der Umweltengagierten im Hinblick auf neue Themen voraus... Und vor allem auch: Eine Öffnung der Nachhaltigkeitskommunikation für neue Wege und Formate (z. B. als Nachhaltigkeitsmarketing)... 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 8 von 8 Tagung: Kulturelle Nachhaltigkeit und Naturschutz Nachhaltigkeitskommunikation – soziokulturelle Perspektiven Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Dr. Michael Wehrspaun Martina Eick Umweltbundesamt 06844 Dessau www.umweltbundesamt.de/umweltbewusstsein [email protected] [email protected] 11.12.2008 Michael Wehrspaun/Martina Eick (Umweltbundesamt) 9 von 8