Modernisierung historisch wertvoller Wohngebäude Impressum Herausgeber: Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin Salzufer 14 10587 Berlin Telefon: 030/39921-888 Telefax: 030/39921-889 E-mail: [email protected] www.kompetenzzentrum-iemb.de Geschäftsstelle Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Geschäftsstelle Initiative „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ Deichmanns Aue 31 – 37 53179 Bonn E-mail: [email protected] www.bbr.bund.de Grafik Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin, Berlin Vertrieb Selbstverlag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnug Deichmanns Aue 31 - 37 53179 Bonn Telefon: 01888-401-2209 Telefax: 01888-401-2292 E-mail: [email protected] Dieser Bericht soll dem interessierten Kreis der Bauherrn und Eigentümer Informationen, Tipps und Anregungen geben. Er will und kann Gesetzestexte nicht ersetzen. Bei Rechtsfragen sollten daher immer die zuständigen Behörden oder die allgemein zur Rechtsauskunft befugten Stellen befragt werden. Dort können Sie z.B. auch Ausführungsbestimmungen erfahren, die nicht immer alle dargestellt werden können und die häufig von Bundesland zu Bundesland verschieden sind. Stand: März 2007 Alle Rechte vorbehalten Modernisierung historisch wertvoller Wohngebäude Bearbeiter: Projektleiter: Dipl.-Ing. Andreas Rietz, Architekt BDB Wissenschaftliche Mitarbeiter: Dipl.-Ing. Claus Asam Dipl.-Ing. (TE) Theodoros Ioannidis MA Dipl.-Ing. Brigitte Mann Dipl.-Ing. Heidemarie Schütz Prof. Dr.-Ing. Frank Ulrich Vogdt Dipl.-Ing. Jürgen Waldenmeyer Mitarbeiter: Jan Legner u.a. Inhalt Seite 22 1 Einleitung 5 1.1 Zeithistorische Einordnung von Wohnbauten 6 1.2 Motivation und Ziel der Modernisierung 9 9 9 13 18 2 Bewertete Modernisierungsbeispiele – Nutzungsperspektiven - Lösungsansätze 20 Umbau – Modernisierung historischer Bausubstanz 20 22 27 31 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 2.1 Seite 27 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 Seite 31 Seite 34 2.3.1 Sanierung des Gebäudes Veränderung der räumlichen Bedürfnisse Verbesserung des Wohnkomforts Langfristige Kostensenkung Villa in Heringsdorf – Innendämmung, kontrollierte Gebäudelüftung Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen - Innendämmung mit Polystyrol Einfamilienhaus in Werder/ Havel – Innendämmung mit Porenbeton Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen Innendämmung eines historisches Fachwerks mit Stampflehm Umnutzung zu Wohnzwecken 34 38 Umnutzung eines ehemaligen Botschaftsgebäudes Wohnhaus in Berlin-Pankow Umnutzung einer ehemaligen Fleischfabrik Mehrfamilienhaus für unterschiedliche Lebensformen in Potsdam 43 Erweiterung von Bestandsgebäuden 46 39 2.3.2 Wohnen im Gutspark Groß Glienicke Umnutzung und Erweiterung eines Wirtschaftsgebäudes bei Potsdam Erweiterung eines Wohnhauses in Berlin-Reinickendorf 47 52 3 Planungsstrategie 55 3.1 Entscheidungs ndung - Grundlagenermittlung des Bauherrn 55 Informationsbeschaffung zum Gebäude/ Grundstück Informationsbeschaffung zum Thema Modernisierung Bestandsaufnahme Anforderungsprofil - Bedarfskonzept Finanzierungsmodell nach Kostenschätzung der Planer 55 56 57 57 58 Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen 58 58 60 61 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 Grundlagen Modernisierungskonzept Planung und Ausführung 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.2 4.2.1 4.2.2 4.3 Modernisierungskosten 62 Wirtschaftliche Planungslösungen 62 62 Lebenszyklusbetrachtung Anwendungen planerischer, technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Verringerung der Kosten Umfassende Vorbereitung des Planungsverfahrens und der Baudurchführung Sorgfältige Koordinierung und Abstimmung des Projektablaufs Gebäude- und konstruktionsbezogene Gebäudeplanung Sinnvolle Anpassung und Umsetzung technischer Standards 62 63 64 64 65 Kostenkontrolle 65 65 66 Kostenermittlung Laufende Verfolgung der Planungs- und Baukosten Seite 39 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 Fördermaßnahmen des Bundes Steuerliche Abschreibung Städtebaulicher Denkmalschutz Förderprogramme der Bundesländer Kommunale Fördermittel Fördermittel sonstiger Einrichtungen und Organisationen Fördermöglichkeiten 67 67 68 68 68 69 69 5 Literatur- und Bildnachweis 70 Seite 43 Seite 47 Seite 52 4 Einleitung Einleitung Historisch wertvolle Gebäude repräsentieren in besonderem Maße die Architektur ihrer Entstehungszeit und sind als „Zeitzeugen“, die die Vergangenheit in die Gegenwart transportieren, ein unverzichtbarer Teil der Baukultur. Die Bedeutung dieser Gebäude für den privaten Eigentümer oder Erwerber ist häufig eine sehr viel persönlichere als beim Neubau. Der Flair des Alten spiegelt Tradition und Geschichte wieder, alte Handwerks- und Bautechniken sind in den Gebäuden stets präsent. Dadurch entwickelt sich oft ein überdurchschnittlicher Wohnwert, auch wenn die technische Ausführung nicht immer dem heutigen Standard entspricht. Besonders herausragende Gebäude, an deren Erhalt ein öffentliches Interesse besteht, werden in Deutschland unter Schutz gestellt. Dabei sehen die Denkmalschutzgesetze der Länder zwei verschiedene Verfahren zur Unterschutzstellung vor. Beim konstitutiven Verfahren1 wird die Eintragung eines Denkmals nach einem Verwaltungsakt vorgenommen, bei dem der Eigentümer angehört wurde. Widerspruch und Klage sind möglich. Es besteht die Möglichkeit des Schutzes durch eine vorläufige Liste. Im deklaratorischen Verfahren2 wird eine nachrichtliche Liste geführt. Der Denkmaleigentümer wird nicht gehört, jedoch in der Regel informiert. [1] Zur Umsetzung wurden in den einzelnen Bundesländern Denkmalschutzbehörden eingerichtet. Die Unterschutzstellung bedeutet für den Besitzer eine besondere Verpflichtung im Umgang mit diesem Gebäude. Im Durchschnitt stehen jedoch lediglich zirka 4 % aller baulichen Einleitung 1 Anlagen unter Denkmalschutz und die wenigsten davon sind Wohngebäude. Wer also in einem denkmalgeschützten Haus wohnt, zählt zu einer privilegierten Minderheit. Auf der andere Seite existieren weitaus mehr historisch wertvolle Gebäude die keinen Denkmalschutz genießen, da die Denkmalwürdigkeit neben architektonischen vor allem nach geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen, städtebaulichen oder volkskundlichen Gründen vergeben wird. Schon in zweiter Reihe finden sich hier Gebäude mit vergleichbaren architektonischen Eigenschaften, die jedoch für eine formale Unterschutzstellung nicht in Betracht kommen. Da für den Hausbewohner meistens die architektonischen Eigenschaften eines Gebäudes im Vordergrund stehen, stellen sie in der Regel interessante Objekte für außergewöhnliches Wohnen dar. Die Begrifflichkeit der „denkmalgeschützten Gebäude“ wird deshalb in diesem Bericht auf „historisch wertvolle Gebäude“ erweitert. An Hand von Beispielgebäuden – die in den letzten Jahren umgebaut wurden – werden in den drei Themengebieten Modernisierung, Umnutzung und Erweiterung Anregungen für den Bauherrn von heute gegeben, historisch wertvolle Gebäude nach seinen Wünschen – aber unter Wahrung ihrer besonderen Bedeutung – zu gestalten. 1 Das konstitutive Verfahren (Unterschutzstellung durch Verwaltungsakt) wird in Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, sowie Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein für Kulturdenkmale mit besonderer Bedeutung angewendet. 2 Dabei werden die unterschiedlichsten Gebäude gezeigt. Neben den 100 bis 130 Jahre alten Gebäuden3, die die Beispiele dominieren, wird z.B. auch ein 350 Jahre altes Fachwerkgebäude oder ein ehemaliges DDR-Botschaftsgebäude vorgestellt. Das deklaratorische (nachrichtliche) Verfahren sehen die Länder Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt vor. 3 Diese Gebäude fallen in die Zeit nach 1871 bis zum Ersten Weltkrieg. Nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich setzte - angeregt durch die hohen Reparationszahlungen - in Deutschland ein regelrechter Bauboom ein. Deshalb dominiert vielerorts diese Baualtersklasse das Stadtbild. 5 Zeithistorische Einordnung von Wohnbauten in Deutschland Baustil / Bauwerke vor 1900 Architektur Städtebau Geschichtliches Zeitgeschehen, Orientierung Romanik Anf. 11. Jh. - Mitte 13. Jh. Beispiel Historischer Überblick 1.1 6 Gotik Mitte 13. Jh. - Anf. 16. Jh. Heiliges Römisches Reich (ab dem Jahre 969 „ Deutscher Nation“). Herrschergeschlechter: Salier (1024-1125), Staufer (1138-1254), Investiturstreit (Kampf mit den Päpsten um Vorherrschaft): Burgen bilden den Mittelpunkt des ritterlichen und höfischen Lebens. Lehnswesen als Staats- und Gesellschaftsordnung. Lehnherren geben Machtanspruch an Vasallen weiter. Schwur gegenseitiger Treue. Leibeigenschaft der unteren Bevölkerungsschicht, die gegen Abgaben Land zur Bearbeitung und Schutz bekamen. Gründung zahlreicher Orden und Klöster, (1090 Deutscher Orden), 1096 Beginn der Kreuzzüge gen Osten und in den Orient. Viele Neugründungen im Altreich. Gründung der Reichsstädte, die direkt dem Kaiser Untertan waren. Renaissance Ende 15. Jh./ Anf. 16. Jh. Mitte 17. Jh. Barock Mitte 17. Jh. - Ende 18. Jh. Klassizismus Mitte 18.Jh. - 1830 Ende des Mittelalter, der Mensch rückt in den Mittelpunkt des Weltbildes. Wissenschaft: Entdeckung der Anatomie, Geometrie, Antike als Vorbild in der Architektur, maßgeblicher Vorreiter: Italien. Entwicklung des Geld- und Bankenwesens, Aufstrebendes Bürgertum und damit zurückdrängen der Feudalordnung. Reformation (1517-1555) wichtigster Reformator: Martin Luther. Spaltung der römisch-katholischen Kirche. Folge Gegenreformation, die in den 30-jährigen Krieg (1618-1648) mündet. Dieser hinterlässt ein verwüstetes Land mit Millionen von Toten. In den am schlimmsten betroffen Landesteilen bis zu 80% Bevölkerungsverlust. In der Zeit der Gegenreformation wird der Glanz der Renaissance von Tod und Verwüstung überschattet. Der Tod enthüllt die Welt als Schein, Bestand hat nur das Jenseits. Dieses Gefühl wird auch im Baustil deutlich. Der Schwerpunkt liegt auf Repräsentation. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieg mit dem hohen Bevölkerungsschwund wurde eine regide Familien- und Einwanderungspolitik betrieben. Bevölkerungszahl erholte sich, Wiederaufbau der Städte, langsames Wirtschaftswachstum. Absolutismus (Vorbild Frankreich). Deutschland besteht aus hunderten von freien Fürstentümern, Grafschaften und freien Reichsstädten. Rückbesinnung auf innere Werte. Die Zeit des Barock mit ihrem aufgesetzten Prunk wurde ersetzt durch Gedankengut wie Freiheit und Nationale Einheit. Napolionische Ära: Durch Napoleon war Deutschland in zwei Lager gespalten. 1806: Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation wurde aufgelöst, in dem seit annähernd 1000 Jahren die Fürstentümer, Grafschaften und Reichsstädte zusammengeschlossen waren. Zuletzt an die 250 Kleinstaaten, im losen Verband. Antinapoleonischen Befreiungskriege. Wunsch, nach Deutschem Nationalstaat wurde laut. Diese Werte wurden durch den Klassizismus versinnbildlicht. Als Ideal galt wieder die griechische Antike. Der Kaiser hatte keinen festen Sitz, sondern zog im ganzen Land umher, um seinen stadthalterischen Pflichten nachzukommen. Zu diesem Zweck errichtete er sog. Pfalzen (massive bauliche Anlagen) => Demonstration der Macht und Schutz des Gefolges, Römische Kultur als Vorbild. Weltbild der Menschen wird geprägt von kirchlichen Riten. Einhaltung christlicher Glaubenswerte. Abschreckung durch Drohung mit dem Teufel und der Hölle. Der Drang zu Gott spiegelte sich auch in der Architektur wieder: Z.B. Kathedralen mit hohen nach oben strebende Säulen und Gewölben. Nach der Vertreibung der Römer standen die befestigten römischen Städte leer. Die Bevölkerung wohnte in Holzhütten und -häusern. Im Vergleich zu heutigen Verhältnissen herrschten eher lose Siedlungsstrukturen. Erste städtebauliche Strukturen etablierten sich allmählich im ganzen Land. Die befestigten römischen Städte, wie z.B. Regensburg, wurden zuerst vor und hinter der Stadtmauer besiedelt. Später dann auch die Besiedelung des Stadtkerns. Die Städte werden durch hohe Stadtmauern und wehrhafte Verteidigungsringe geschützt. Die Erschließung erfolgt über Stadttore. Die Stadt wird mit engen und gewundenen Straßen durchzogen, was heute noch in erhaltenen Stadtkernen erlebt werden kann. Die Häuser stehen dicht. Die Stadtgrundrisse sind oft rundlich und an der Geographie angepasst. Die handwerkliche Zunftordnung prägt Besiedlungsstruktur, => „Färbergasse“, „Bäckergasse“ Entsorgung von Abfall und Fäkalien über Straßenrinnen. Entwicklung von klar strukturierten Stadtgrundrissen, massiven Schutzbauten entstehen, Vorhandene Anlagen werden ausgebaut, Wehrturmanlagen zu Bastionen (z.B. Zitadellen), Absicherung durch breite Wassergräben und weitreichende Kanonen. Es entstand ein immer schneller werdendes Wettrüsten zwischen der Festungs- und Angriffstechnik. Folge des festungsartigen Ausbaus der Städte ist die Hemmung der späteren räumliche Entwicklung. Bei Stadtneugründungen wurden symmetrische, geometrische Stadtgrundrisse entwickelt, (z.B. Mannheim als Stern) mit Blickachsen, die zu besonderen Punkten hin ausgerichtet sind. Besonders wichtig war die Ausrichtung zum Schloß, der Machtzentrale der Fürsten und Landesherren. Massive Stadtbefestigung werden überflüssig, (fortgeschrittene Militärtechnik, Stellungskriege auf freiem Felde). Schloßbauten mit angelegten Gartenanlagen in symmetrischen Rabatten wurden zum Flanieren und Feiern angelegt. In der ersten Phase wurde der Städtebau wenig reglementiert. Der Eigentümer konnte mit seinem Besitz frei verfahren. In vielen Städten wurden jedoch Stadterweiterungspläne ausgearbeitet. Auf Grund der Industrialisierung hatten insbesondere die großen Städte vermehrten Bevölkerungszuwachs. In vielen Großstädten wurden große Einfall- und Radialschneisen zur besseren Erschließung der Stadtquartiere geplant. Erste Kanalisationen in der Stadt sollen die hygienischen Verhältnisse verbessern. Römische Architektur galt als Vorbild. Die wenigen erhaltenen Bauwerke wirken nach heutigen Maßstäben sehr massiv, gedrungen und kompakt. Der Schutzaspekt stand im Vordergrund. Steinerne Bauwerke waren höchst selten und zeugten von unglaublichem Reichtum. Selbst die heute noch existierenden Kaiserpfalzen - wie die in Aachen - wirken im Vergleich zu den Palästen späterer Epochen eher bescheiden. Einfache Wohnhäuser waren aus Holz und von nicht dauerhafter Qualität (keines dieser Gebäude existiert noch). Massive Häuser für reiche Stadtbewohner aus der Spätromanik, heute noch erhalten: Wohnturmhäuser z.B. in Regensburg (damals: Warenlager, Schutzbauten). Berühmtestes gotisches Architekturmerkmal ist der Spitzbogen, wie er in gotischen Kirchenfenstern zu beobachten ist. (nicht in einfachen Wohnhäusern, lediglich in reichen Kaufmannshäusern oder Palästen). Für Wohngebäude herrschte das Fachwerkgebäude vor. Entwicklung von zahlreichen regionalen Schmuckformen. Die repräsentativen - heute in den Innenstädten bewohnten - Gebäudeteile mit großen Fenstern und hohen Decken, waren meist nicht zu Wohnzwecken gedacht, sondern dienten als Warenlager und zum Warenverkauf. Wohnbereiche waren in der Regel mit geringen Deckenhöhen u. kleinen Fenstern ausgestattet. Glas war sehr teuer. Auffassung der Architektur als dreidimensionale räumliche Gestaltung, (Entdeckung der Perspektive). Die Orientierung der architektonischen Formensprache fand an der griechischen Antike statt. Z.B. wurden Zitate der griechischen Tempelarchitektur, der ein strenger Formenkanon mit Gesimsen, Lysenen, Schnekken und Umrandungen, aber auch figürliche Darstellungen der griechischen Mythologie verwendet. Auch Türen und Türrahmen wurde Teil der Gebäudearchitektur und in den Gesamteindruck eingearbeitet. Typische Merkmale: Ziergiebel mit den geschneckten Zierformen an reichen Stadthäusern, markante wendelförmige Treppenaufgänge, offene Laubengänge. Auch die Architektur wurde von der Symmetrie geleitet. Französische Architektur war Vorbild. Anordnung der Fenster in Fassaden in vertikalen Achsen, Eingang oft mittig und auffällig betont, überdimensionale Schautreppen und Zierelemente. Fortsetzung der zentralen Erschließung im Inneren, Anordnung der Zimmer an einem langen Gang. Bei reichen Bauherren: „Sala terrena“ (eine Art barocker Wintergarten) der einen Bezug zum Garten herstellte. Formensprache: Elemente der griechischen Antike, besonders im Hoch- und Spätbarock frei komponiert und durch eigene Entwicklungen ergänzt. Bei Bestandsgebäuden wurden häufig nachträgliche Stuckbekleidung angebracht. Die Gebäude des Klassizismus sind geprägt von der strengen Formensprache griechisch antiker Tempelarchitektur. Gerade in der Anfangsphase wurden die Gebäude streng und puritanisch als Gegensatz zum verschwenderisch geltenden Barock gebaut. Ab den 1790er galt der Klassizismus als Revolutionsstil in der Architektur. Im ganzen Land entstanden Freiheits- und Nationalsymbole in diesem Stil. Beispiele: Brandenburger Tor, Berlin (Vorbild: Propyläen der Akropolis, Athen), Walhalla, Regensburg (Vorbild: Parthenon der Akropolis, Athen) . Der strenge Stil wird bereits zu Beginn des 19 Jh. mit Stilelementen des beginnenden Historismus aufgeweicht. Moderne (ab 1900) Historismus 1820-1910 (Gründerzeit 1870-1918) Unter den Gelehrten war Historienforschung groß in Mode. Längere Studienreisen nach Griechenland und Italien zur Erforschung der römischen Kultur gehörten zur Allgemeinbildung. Aber auch gotische Bauwerke wurden wieder studiert. 1848 Märzrevolution, Deutsches Kaiserreich 1871-1918, Sozialgesetzgebung durch Bismarck, Industrialisierung, Arbeiterklasse entsteht, wirtschaftlicher Aufbau, Zunahme der Stadtbevölkerung, Bedarf an Mietwohnungen. Dampfmaschine revolutioniert Produktionsprozesse. Weltausstellungen 1851 in England, 1889 in Paris, neue Infrastruktur (Kanal-, Eisenbahnbau), Aufrüstung, Beginn des Flugzeugbaus. Insbesondere in der 2. Hälfte des 19. Jh. erweiterten sich einige Städte explosionsartig. In Folge der Industrialisierung werden in den Fabriken vermehrt Arbeiter benötigt. Riesige Gründerzeitquartiere mit engen Hinterhöfen entstanden, in denen meist unwürdige Lebensbedingungen herrschten. Modernisierung der Städte durch z.B. einer zentrale Elektrifizierung und Gasversorgung, Straßenbahnen und erste Untergrundbahnen. Reformbewegungen Ende des Jh. (z.B. Gartenstadt) sollen die Lebensbedingungen des Stadtbewohners verbessern. Historismus: Stilrichtung bei der man auf ältere Baustile zurückgriff und diese nachahmte. Anders als im Klassizismus wurde nicht nur versucht, die Architektur der klassischen Antike - wie sie in Rom und Griechenland gefunden wurde - sondern Architekturformen anderer Epochen, nachzuahmen. Diese wurden nunmehr als gleichwertig anerkannt und auch weiterentwickelt. Viele mittelalterliche Bauten wurden jetzt fertiggestellt (z.B. Kölner Dom). Einen großen Einfluss übte dabei die Romantik aus, die einen Sinn für historische Qualitäten entwickeln half. Gelegentlich wurden auch mehrere Stile in einem Gebäude gemischt, diese gelegentlich wahllosen Kombinationen werden als Eklektizismus bezeichnet. Jugendstil ca. 1890 - 1910 Jugendstil ist eine kurze Stilepoche, die nach einer seit 1894 in München erscheinenden Zeitung „Jugend“ benannt wurde. Als bewusste Gegenbewegung zum Historismus wird die Abstraktion eingeführt. In der Kunst wird Natur auf Flächen Linien und Farben reduziert. Der Mensch wird zusammen mit rankenden Pflanzen in sinnlicher Weise dargestellt. Die Künstler hatten einen ganzheitlichen Gestaltungsansatz. Von der Architektur der Gebäude über die Innenraumgestaltung bis hin zum Essbesteck. Herausragendes Beispiel dafür ist die Künstlerkolonie „Mathildenhöhe“ in Darmstadt. Dort wirkten unter anderen Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich. Die Architektursprache des Jugendstils hat sich weitgehend von den klassischen griechischen Vorbildern gelöst. Zur Programmatik gehörte Funktionalität, die in der Gestaltung eines Gebäudes sichtbar sein sollte. Dabei wurden neben der Fassade, auch die Innenausstattung bis ins letzte Detail geplant. Ornamentale Dekrationen sowohl in organischer als auch geometrischer Formensprache. 20er- 40er Jahre Funktionalismus, Expressionismus, Bauhaus, Traditionalismus 50er- 60er Jahre Nachkriegszeit 70er- 80er Jahre Postmoderne, Dekonstruktivismus, zeitgenössische Moderne Nach der Auflösung der Monarchie 1918 beginnt mit der Weimarer Republik (1918– 1933) eine kurze Phase der Demokratie. In Zeiten der Instabilität (keine regierungsfähigen Mehrheiten), Inflation und hoher Arbeitslosigkeit, kam es von 1924-29 zu einer Erholung. Die als „Goldene Zwanziger“ bekannte Zeit endete in der Weltwirtschaftskrise 1929. Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945): Antisemitismus, 2. Weltkrieg 1939-1945. Ab 1940 Bombardierungen auf deutschem Gebiet (Mönchengladbach). Am Ende hinterlies der Krieg ein Trümmerfeld mit Millionen von Toten und zerstörten Bauwerken. Besetzung Deutschlands nach Kriegsende 1945 in vier Besatzungszonen. Beginn des Kalten Krieges zwischen den Ost- und Westmächten. Politische und wirtschaftl. Teilung, die in der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23.5.1949 und der Deutschen Demokratischen Republik am 7.10.1949 mündet. BRD: Demokratie, Marktwirtschaft, Beseitigung der Kriegsschäden im Vordergrund, Wiederaufbau, Mangel an Wohnraum und Produktionsstätten, große Wohnungsnot, großer Zustrom von Flüchtlinge aus der DDR, 1968 Widerstand der studentischen Jugend, 60er-Jahre: Wirtschaftswunder, Bauboom, Anfang der Ökologieund Friedensbewegung. DDR: Volksrepublik nach sowjet. Muster, Volkseigene Betriebe (VEB), Landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaften (LPG), Zwangskollektivierungen, Enteignungen, Reisebeschränkung, 17. Juni 1953 Volksaufstand der Arbeiter, Bau der Berliner Mauer 1961. Ost-West-Konflikt zwischen den Besatzungsmächten und den beiden deutschen Staaten - bzw. Kalter Krieg dauert an. BRD: Die erste Ölkrise 1973 leitet die ersten Energiespargedanken in Westdeutschland ein. Weitere Ölkrisen führten zur Etablierung von Initiativen wie die Umweltbewegung. Ab Mitte der 70er Jahre setzt die Entindustrialisierung ein, z.B. im Ruhrgebiet. Erneuter Strukturwandel: Durchsetzung moderner Kommunikationstechnologie. DDR: Ab 1970 Annäherung beider deutscher Staaten. Aufnahme diplomatischer Beziehungen fast aller Staaten der Welt zur DDR. Zerfall der Parteidiktatur der SED in der DDR. 1989 wirtschaftliche, bündnispolitische, außen-politische, ideologische und legitimatorische Krise. Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 in Berlin und der Wiedervereinigung am 3.Oktober 1990 wurde die Teilung Deutschlands beendet. Moderne hält Einzug in den Städtebau. Gartenstadtideen werden weiter entwikkelt. Genossenschaftsidee wird vertieft. Die Blockrandbebauung der Gründerzeit wird aufgegeben. Offene Zeilenbauweise, nach Himmelsrichtung ausrichtet. Wichtige Ideen kommen vom „Bauhaus“: Flachdach, Funktionalität. „CIAM“ 1933 Charta von Athen: Trennung von Wohnen, Arbeiten und Erholen. Nach der Machtübernahme wird die Moderne stark eingeschränkt. Der Heimatschutzstil dominiert, zahlreiche Kleinsiedlungen mit Eigenheimen für Selbstversorger und nationalsozialistische Musterplanungen, wie z.B. die Führerhauptstadt Berlin, 1. Gauhauptstadt Weimar (vorher Bauhaus), Prora KdF-Erholungszentum und die Planstadt Salzgitter entstehen. Nach den Kriegszerstörungen herrschte großer Wohnungsnotstand. BRD: Es wurde versucht, an die Ideologien der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Je nach Ideologie standen sich die konservative (Rekonstruktion des Alten, z.B. Rothenburg o.T.) oder die moderne Richtung (aufgelockert, Gartenstadt, Zeilenbau, z.B. Hannover) gegenüber. Neubausiedlungen in mehrgeschossiger Bauweise. „Heimstättensiedlungen“ für Ausgebombte und Vertriebene. DDR: Anknüpfung an die Moderne, Entwicklung des industriellen Wohnungsbaus in Großwohnsiedlungen. Planstädte: Eisenhüttenstadt und Hoyerswerda. BRD: Nach dem Aufschwung der Vorjahre verringerte Nachfrage nach Wohnraum. Kritischere Betrachtung des Wachstums. Umweltschutz und behutsamer Umgang mit Bausubstanz wird diskutiert (erste Denkmalschutzgesetze). Statt großer Neubausiedlungen wird die Revitalisierung von Altstadtquartieren vorangetrieben. DDR: Weiterentwicklung der modernen Stadt. Großwohnsiedlungen am Rand der Kernstadt zur Deckung des Wohnbedarfs wird als zentrales Leitbild weiter betrieben. Ab Mitte der 80er-Jahre auch Neuorientierung innerstädtischer Altbauquartieren. In den frühen 1920er Jahren bildeten sich neue Architekturströmungen, die alle das Ziel hatten, nach der überdekorierten historischen Architektursprache wieder überschaubare einfache Formen zu entwickeln. Hier standen sich die konservative und die moderne Hauptströmung gegenüber. Die konservative wird z.B. vertreten durch den Heimatstil und den Traditionalismus. Auf der anderen Seite steht die Strömung der Klassischen Moderne. Bekannte Vertreter sind z.B. das „Bauhaus“ in Weimar, Neues Bauen, und Expressionistisches Bauen. Die Moderne entwickelte sich in der kurzen Phase nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis 1933 sehr rasant. Die Nationalsozialisten unterbanden die Baustile weitgehend und brandmarkten sie als „entartet“. Bis heute prägen die Architekten der Klassischen Moderne die internationale Architektur. Bauhausvertreter: Marcel Breuer, Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe. BRD: Wiederaufbau und Sanierung von beschädigter Bausubstanz unter vereinfachter, formaler Bauweise. Oftmals Entfernung von Stuckfassadenelementen. Neubauten mit Recyclingbaustoffen (Zirglesplittbeton, Mauersteine). Funktionale Wohngrundrisse (vorallem im sozialen Wohnungsbau). Bekannte Architekten: Egon Eiermann, Hans Scharoun, Gottfried Böhm. DDR: Aufnahme Elemente klassizistischer Sowjetarchitektur: Zuckerbäkkerstil, sh. Karl-Marx-Allee in Berlin. Nach Entstalinisierung der Baukultur Hinwendung zur Moderne für repräsentative Bauten. Mehrgeschossige Wohnbauten in rein funktionaler, industrieller Zeilenbauweise mit komprimierten Grundrissen für Kleinfamilien aller sozialer Schichten. BRD: Z.T. experimenteller Wohnungsbau im Einfamilienhausbereich. Ausbau und Erweiterung von bestehenden Wohnhäusern zur Anpassung an zeitgenössische Bedürfnisse. Konklomerat an Architekturstilen, Neuinterpretation von klassischen und traditionellen Architekturmerkmalen (=> sh. Postmoderne), aber auch dekonstruktivistische - schiefe geometrische Konstruktionen - als Gegensatz. Bekannte Architekten: Günther Behnisch, Thomas Herzog. DDR: Stringentes Wohnungsbauprogramm verhindert weitere Architekturstilentwicklung. Festhalten an der industriellen Bauweise. Typenentwicklung vom Einfamilen- bis zum Hochhaus. Spätere Baulückenbebauungen in Altstadtquartieren wurden ebenfalls mit Hilfe angepasster Plattenbausysteme (Dekoration der Platte) durchgeführt. Tabelle 1.1: Überblick über den geschichtlichen Kontext und den wichtigsten Epochen von Wohngebäuden [2] [3] [4] [5] [6] [7] 7 Historischer Überblick Bauströmung Historischer Überblick Selbst für den Experten kann es gelegentlich schwierig werden, den historischen Kontext eines Gebäudes richtig zu deuten. Dies liegt daran, dass Gebäude in der Regel wesentlich älter werden, als ihre Bewohner. Die Geschichten, die die Bewohner im Gebäude erleben und die Zeitgeschichte, die um das Gebäude abläuft, geben dem Bauwerk seinen historischen Wert. Bei dem Versuch Gebäude bauhistorisch richtig einzuordnen, wurden von den Wissenschaftlern historische Zeitfenster zu Stilepochen zusammengefasst, in denen sich jeweils eine Hauptströmung ablesen lässt. Trotzdem ist die Zuordnung von Gebäuden nicht immer eindeutig, da der Übergang von einer Epoche in die nächste fließend verläuft und so häufig die Merkmale mehrerer Epochen an einem Gebäude zu finden sind. Weiterhin zeigt die Geschichte, dass beim Übergang von einer Epoche zur nächsten, bereits bestehende Gebäude nach dem neuen „Geschmack“ ihrer Besitzer verändert wurden. Ereignisse, wie ein Generationenwechsel oder Instandhaltungs- und Modernisierungsaufgaben, wurden dazu benutzt, Gebäude neu zu gestalten. Besonders auffällig wird dies bei sehr alten Gebäuden, die bereits viele Generationen beherbergten. Hier können des öfteren verschiedene Baustile neben einander abgelesen werden. So wurden z.B. mittelalterliche 8 Fachwerkhäuser ursprünglich mit fachwerksichtigen Fassaden versehen. In der Epoche des Barocks war es Mode den Gebäuden einen massiven Charakter zu verleihen und sie mit Stuckatur zu versehen. Viele dieser Fachwerkhäuser wurden mit barocken Fassaden bekleidet. Später - in der Epoche des Historismus bis hin in die 40er Jahre - wurde die Fachwerkgotik wieder als Stil entdeckt und Fachwerke wieder freigelegt. Alte Gebäude bestehen also in der Regel aus einem Konglomerat unterschiedlicher Baustile. Gerade darin liegt vielfach der besondere Charme dieser Gebäude. Jeder seiner Bewohner hat seine eigenen individuellen Spuren hinterlassen und mit diesen auch Geschichten, die nur über das Gebäude selbst erfahrbar werden. Für den Besitzer eines historischen Gebäudes ist dies eine spannende Erfahrung mit der Zeitgeschichte, ein Leben in der Zeitgeschichte. Insbesondere bei Umbau- und Sanierungsmaßnahmen können diese Spuren unwiederbringlich verloren gehen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zu einem sensiblen Umgang mit dieser Bausubstanz. Für einen ersten Überblick dient deshalb die Tabelle 1.1, die den geschichtlichen Kontext - in den sich historische Wohngebäude einordnen lassen - darstellt und die wichtigsten Epochen vom Mittelalter bis zur Gegenwart hinsichtlich der Entwicklung der Wohngebäude erläutert. Motivation und Ziel der Modernisierung Motivation und Ziel der Modernisierung 1.2 1.2.1 Sanierung des Gebäudes 1.2.1.1 Instandhaltung Langfristiges Ziel eines Eigentümers ist der Erhalt und die Instandsetzung seines Gebäudes, dessen Konstruktion und Ausstattung der Alterung und dem Verschleiß unterliegen. Dies beinhaltet Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen, eigentlichen Gebäudezustands, der Funktionsfähigkeit konstruktiver Bauteile, Gebäudeausstattungen und -installationen mit Hilfe von Wartungen, Reparaturen oder Austausch von Gebäudeelementen. Die Schwerpunkte der Maßnahmen können sein: - Risse, Putzablösung an der Fassade, - funktionsuntüchtige Fenster und Außentüren, - durchfeuchtete Kelleraußenwand und Sockel, - Risse, Ablösungen bei Wänden im Treppenhaus, - korrodierte Stahlträger, z. B. in Kellerdecken, - Standsicherheit von Holzbalkendecken, z.B. auf Grund von materialzerstörender Beanspruchung, - Undichtigkeiten bei Dachabdichtungen und zerstörte Dacheindeckungen, - Risse, Versottung von Schornsteinen, - undichte Dachrinnen und Fallrohre. 1.2.1.2 Modernisierung In den meisten Fällen wird neben der reinen Instandsetzung auch eine Modernisierung des historisch wertvollen Gebäudes angestrebt. Das Motiv für eine Modernisierung kann in der Veränderung der räumlichen Bedürfnisse, der Steigerung des Wohnkomforts, der nachhaltigen Energieeinsparung und im damit verbundenen langfristigen Werterhalt liegen. Auch eine mögliche Verbesserung des Schallschutzes kann zu den gewünschten Modernisierungsmaßnahmen zählen. 1.2.2 Veränderung der räumlichen Bedürfnisse 1.2.2.1 Gesellschaftliche Entwicklung der Wohntrends Ein wichtiger Grund für die Modernisierung eines bestehenden Gebäudes liegt in den sich wandelnden Bedürfnissen der Bewohner. Diese können sich aus einer veränderten Bewohnerstruktur in einem bereits bewohnten Objekt oder aus einer gewünschten Wohnstruktur - die ein neu zu beziehendes Bestandsgebäude nicht erfüllt - ergeben. Dabei spielen Veränderungen in der gesellschaftlichen Entwicklung des Zusammenlebens eine wesentliche Rolle. „Bis vor einigen Jahren war der Haushalt geradezu das Synonym für die Familie. Die Kernfamilie aus einem Ehepaar und seinen Kindern ist heute (noch) ohne Zweifel die am weitesten verbreitete Form des menschlichen Zusammenlebens. ... Bis in das 19.Jhr. war die übliche Haushaltsform die Großfamilie, in der mehrere Zweige und alle Generationen einer Familie unter einem Dach wohnten und ihren Alltag gemeinsam und in gegenseitiger Abhängigkeit gestalteten.“ [8] Die Erwerbsarbeit der meisten Menschen war mit dem Wohnbereich verbunden. Teil des großen Haushaltes waren sogar Mitarbeiter, oft mit ihren Familien. Erst mit der Industrialisierung und der damit einher gehenden Veränderung der Arbeitssituationen wurde die Struktur der Großfamilie aufgebrochen. Sie teilte sich in Zweigenerationen-Kernfamilien, deren räumlicher Lebensmittelpunkt sich an der Lage des Arbeitsplatzes orientieren musste. 9 Motivation und Ziel der Modernisierung Einer der wichtigsten Trends in neuerer Zeit, der sich auch für die Zukunft weiterhin abzeichnet, ist die zunehmende Individualisierung der Lebensweisen mit daraus resultierenden Formen des Zusammenlebens. Die Liberalisierung der Gesellschaft und die sich verändernden Wohnbedürfnisse haben Einfluss auf die Haushaltsgrößen, die Personenanzahl innerhalb eines Haushalts und die Art und Weise des Zusammenlebens. Veränderungen im Bereich Wohnen und Arbeiten Veränderungen in der Arbeitswelt ergeben zum einen neue Modelle, die Wohnen und Arbeiten vereinen (z.B. das Büro zu Hause) oder eine Trennung von Wohnen und Arbeiten bei bäuerlichen und handwerklichen Haushalten bewirken, da oftmals die Übernahme dieser Betriebe durch die nachfolgende Generation nicht gegeben ist. Eine zunehmend geforderte Flexibilität von Erwerbstätigen erfordert eine immer größere Bereitschaft einen zweiten Wohnsitz neben dem räumlichen Lebensmittelpunkt zu schaffen, was eine steigende Anzahl von teilzeitwohnenden Einpersonenhaushalten zur Folge hat. Veränderungen innerhalb der klassischen Wohnform – Familie Neben der klassischen Kleinfamilie bilden sich immer mehr andere Formen des Zusammenlebens. Zum einen wird die Familie als „Patchwork“-Gemeinschaft in ihrer Struktur immer komplexer, zum anderen wird die Personenanzahl bei vielen Familienhaushalten immer kleiner. „Die meisten Menschen sammeln im Laufe Ihrer Wohnbiografie Erfahrungen in mehreren verschiedenen Konstellati10 onen: Kindheit in der Kleinfamilie, Ausbildung in einer Wohngemeinschaft, Berufsstart als Single, verschiedene Partnerschaften ohne gemeinsame Haushaltsführung vor der Gründung der eigenen Kleinfamilie, die nicht in allen Fällen bis ins Alter bestehen bleibt. Dies führt zur Erosion der üblichen Kleinfamilie in verschiedenste, noch kleinere Einheiten bis hin zu Alleinwohnenden, die oft über größere Entfernungen Wochenend- und Urlaubsbeziehungen pflegen, und den sogenannten Singles“. [8] Der Anteil an Zweipersonenhaushalten nimmt in allen Lebensphasen zu - z.B. bei kinderlosen Ehepaaren oder bei Senioren - die tendenziell älter werden und auch länger als bisher selbstständig wohnen. Trends bei neuen und alten Wohngemeinschaften Die Zahl von Wohngemeinschaften, die nicht familiengebunden, aber gemeinschaftlich zusammenleben - wie z.B. studentische Wohngemeinschaften - wird in Zukunft sicher steigen. Gründe dafür können steigende Lebenshaltungskosten und das Profitieren von der gegenseitigen Hilfe sein, die so eine Interessensgemeinschaft bieten kann. Daraus ergeben sich auch verstärkt neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens, so gewinnen beispielsweise Wohngemeinschaften für Seniorengruppen immer mehr an Bedeutung. Mit der Suche nach kommunikativen, aber auch individuellen Möglichkeiten für betreutes Wohnen, in der Einzelne selbstständig in einer Gruppe Gleichaltriger leben können, ohne auf notwendige Hilfen zu verzichten, ist eine wichtige Alternative zu den herkömmlichen Altenheimen entstanden. Das selbstbestimmte Leben des Einzelnen steht hier im Vordergrund. Eine weitere Alternative zum eigenständigen, aber betreuten Wohnen für ältere Menschen ist das Wohnen in einem sogenannten Mehrgenerationenhaus, in Alle vorgenannten Veränderungen der Wohnbedürfnisse einzelner Personen oder Gemeinschaften erfordern in der Regel eine individuelle Anpassung vorhandener Raumsituationen in bestehenden Gebäuden. Strukturelle Veränderungsmaßnahmen in historisch wertvollen Gebäuden können dabei aus denkmalpflegerischen oder baukonstruktiven Gründen eingeschränkt sein. Bestimmte Gebäudetypen sind jedoch gegebenenfalls besonders geeignet für die eine oder andere Wohnform. Als Beispiel soll hier nur die typische innerstädtische und großzügige Altbauwohnung als geeignete Wohnform für mittelgroße Wohngemeinschaften genannt werden. Für die Auswahl und den Entwicklungsansatz eines Altbaus sind seine Potenziale entscheidend. Es gilt also, das Wesen des konkreten Gebäudes zu erfassen – wo liegen die Stärken und besonderen Qualitäten, beziehungsweise die Schwächen und Mängel. 1.2.2.2 Funktionale Wohnzufriedenheit – räumliche Qualitäten Wohnqualität bedeutet für die Bewohner im wesentlichen die Realisierung individueller Wohnbedürfnisse. Diese orientieren sich häufig am aktuellen Neubaustandard. Verschachtelte Grundrisse, kleine oder zu wenige Fensteröffnungen, überalterte Bäder und Küchen sind nicht mehr zeitgemäß. Die Umsetzung der Wohnbedürfnisse wird auch von den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten der Bewohner bestimmt. Optimierung der vorhandenen Grundrisse Die häufigsten Änderungen an einem bestehenden Grundriss sind im Sanitärund Küchenbereich erforderlich. Motivation und Ziel der Modernisierung dem Menschen in allen Lebensphasen leben und sich im Alltag gegenseitig unterstützen können, z. B. bei der Kinderbetreuung, beim Einkauf oder anderen häuslichen Dingen. In den oft kleinen und fensterlosen Bädern der Altbauten fehlen häufig Badewannen oder Duschen, deren Einbau nur durch eine Raumvergrößerung ermöglicht werden kann. In der Regel ist bei überalterten Bädern eine Erneuerung der Sanitärausstattung notwendig. Bei größeren Wohngruppen kann der Einbau eines zweiten Bades oder zumindest eines zweiten Waschtisches und eines separaten WC´s sinnvoll sein. Vorhandene Küchen entsprechen oft nicht den heutigen Anforderungen, insbesondere kleine, rein funktionale Küchen aus der Zeit, da man der rationellen Haushaltsführung größte Aufmerksamkeit schenkte. Der Trend geht zurück zu größeren Wohnküchen oder zum Wohnraum hin offen gestalteten Küchen mit Esstischgruppe als Kommunikationsmittelpunkt. Aus Flexibilitätsgründen und um großzügige Raumzusammenhänge zu schaffen, können kleinteiligere Räume zusammengelegt und individuell abtrennbar, z.B. durch Schiebetüren, gestaltet werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass jeder Bewohner ausreichend individuelle Rückzugsbereiche hat. Die Neuordnung von Raumnutzungen schafft die Möglichkeit zur Integration neuer Funktionsbereiche wie z.B. ein Arbeits- oder Spielzimmer oder ein Hauswirtschaftsraum. Bei der Zuordnung der zukünftigen Raumfunktionen wie Wohnen, Arbeiten, Schlafen, Kochen, Essen, Sanitär usw. sollten die Himmelsrichtung und die Lage zur Straße und zum Freiraum berücksichtigt werden. Die Ausrichtung von Hauptnutzungsflächen nach Südosten bis Südwesten und die Verlegung der Nebenräume, mit geringerem Tageslichtbedarf, nach Norden trägt wesentlich zur Wohnqualität bei. Oftmals fehlen in historisch wertvollen Gebäuden zeitgemäße Verbindungen zwischen den Wohnräumen und dem Außenbereich. Direkte Zugänge zum Garten aus den Wohnräumen im Erdgeschoss oder Austritte ins Freie - bei nicht ebenerdigen Räumen in Form von (Dach-)Terrassen oder Balkonen - verleihen zusätzliche Qualitäten. Sich verändernde Lebenssituationen und die in Kap. 1.2.2.1 beschriebenen Wohnformen in verschiedenen Lebensphasen sind für die Grundrisskonzeption 11 Motivation und Ziel der Modernisierung entscheidend. Gegebenfalls kann hier eine optionale Wohnraumteilung oder Wohnraumerweiterung sinnvoll sein, die - zur Vermeidung von später anfallenden unnötigen Kosten - bereits mit den notwendigen Elektro- und Sanitärinstallationen eingeplant und vorbereitet werden sollte. Fehlende Windfänge und zu wenig Stauräume kommen ebenso häufig vor. Nicht zuletzt aus energetischen und Behaglichkeitsgründen kann eine Trennung zwischen Außenraum und Wohnraum durch einen dazwischengelagerten Raum, z.B. Windfang oder Wintergarten, sinnvoll sein. Zusätzlich geschaffene Stauräume verkleinern nur vermeintlich den Wohnraum. Geschickte Einbauschranklösungen oder Stauflächen im Drempelbereich eines ausgebauten Dachgeschosses sind häufig möglich und kommen einem aufgeräumten minimalistischen Einrichtungstrend entgegen. Einige Bundesländer schreiben Abstellräume für Wohnungen mit einer Mindestquadratmeterzahl vor. Wohnraumerweiterung Wohnraumerweiterungen können in Form eines Dachgeschossausbaus, einer Aufstockung oder eines Anbaus an das bestehende Gebäude realisiert werden. Bei allen drei Möglichkeiten ist zunächst eine Abklärung mit der Baubehörde und gegebenenfalls mit der Denkmalschutzbehörde notwendig. Die Möglichkeiten des gestalterischen Umgangs mit dem Bestand bei Erweiterungsmaßnahmen werden im Kap. 2.3 beispielhaft diskutiert. Für die Anbindung an die bestehenden Räume sollen hier folgende, bedenkenswerte Anregungen gegeben werden: Je nachdem ob die Erweiterung als Bestandteil einer gemeinschaftlichen Wohnform oder als externer Wohnungsteil gedacht ist, kann der Zugang zu den zusätzlich zu schaffenden Räumlichkeiten direkt von der bestehenden Woh12 nung oder mit einem eigenen Zugang für eine Einliegerwohnung versehen werden. Eine externe Wohnung kann z.B. für erwachsene Kinder der Familie, für Senioren, die der Familie angehören, aber eigenständig wohnen wollen oder aber auch für Gäste oder Fremdvermietungen vorgesehen werden. Der Zugang zu nicht ebenerdigen Bereichen kann, soweit möglich, durch ein separates Treppenhaus innerhalb des Gebäudes oder durch eine zusätzliche Außentreppe realisiert werden. Ansonsten gelten für die erweiterten Wohnräume die im Abschnitt ´Optimierung der vorhandenen Grundrisse´ aufgeführten Kriterien. Barrierefreiheit Barrierefreie, altersgerechte Ausstattungen werden im Hinblick auf die verschiedenen Lebensphasen und –formen immer bedeutender. Die Barrierefreiheit kann bis hin zur behindertengerechten Ausstattung vorgedacht werden (s. DIN 18024 und 18025). Gerade in Erwartung des eigenen Älterwerdens der Bewohner oder des späteren Zusammenleben mehrer Generationen ist es auch sinnvoll, flexible Nutzungen mit unterschiedlichen Haushaltsstrukturen bei der Planung zu berücksichtigen. Folgende Aspekte sind hier wichtig: - Barrierefreie Zu- und Übergänge zwischen den Räumen (Entfernung vorhandener Schwellen) und bei Freiaustritten zu Garten, Balkonen und Terrassen, - ausreichende Bewegungsflächen für Rollstuhlfahrer, - ausreichende Breiten für Türen und Verkehrswege, - flexible Raumgrößen, - flexible Raumnutzungen mit Größen von mind. 14 – 16 m2 und Mindestraumbreiten von 2,50 m, - eine möglichst direkte, barrierefreie Anbindung an die Haupterschließung und an Freiräume. Motivation und Ziel der Modernisierung Belichtung Gerade bei sehr alten Gebäuden ( bis ca.18.Jhr.) und bei Gebäuden aus den 30er – 40er Jahren kann es Bedarf an zusätzlichen Belichtungsmöglichkeiten geben. Die Realisierung von größeren Fensterflächen oder mehr Fensteröffnungen sollte in jedem Fall im Einklang mit der bestehenden Gebäudesubstanz – insbesondere im Hinblick auf die Fassadengestaltung - geschehen. (Siehe Bild 1.1) Bild 1.1: Beispiel für eine sanierte Fassade mit veränderten Fensteröffnungen rechts der Originalzustand - links die Veränderung ohne Berücksichtigung der historischen Qualität 1.2.3 Verbesserung des Wohnkomforts Etwa drei Viertel der Wohngebäude in Deutschland wurden vor 1978 errichtet und entsprechen damit – sofern sie nicht zwischenzeitlich modernisiert wurden – bei weitem nicht mehr den Anforderungen an einen zeitgemäßen Wohnkomfort. Mit wenigen effektiven Modernisierungsmaßnahmen kann der Wohnkomfort deutlich verbessert werden. So trägt eine energetische Modernisierung unmittelbar zur Verbesserung des Raum- und Wohnklimas bei und erhöht damit die Wohnqualität und somit das Wohlbefinden und die Gesundheit der Bewohner. Ein behagliches Wohnklima wird wesentlich bestimmt von der vom Bewohner empfundenen Temperatur, die beeinflusst wird durch: – die Lufttemperatur; – die Luftzirkulation und – die mittlere Oberflächentemperatur der umschließenden Bauteile. Bei geringen Luftbewegungen wird eine Temperatur von ca. 20° C - als gemittelte Temperatur aus Luft- und Oberflächentemperatur – als behaglich empfunden. Bei gleicher Lufttemperatur können niedrige Oberflächentemperaturen – wie z.B. bei ungedämmten Außenwänden – zum vermeindlichen Empfinden unangenehmer Zugerscheinungen führen. Dies kann z.B. durch alte, undichte Fenster noch verstärkt werden, da Zugerscheinungen auch bei beheizten Räumen als unangenehm empfunden werden. Bei einer energetischen Modernisierung der Fassade steigt die Oberflächentemperatur mit zunehmenden Dämmstandard an und erhöht damit deutlich die empfundene Temperatur, insbesondere wenn gleichzeitig auch die Fenster energetisch ertüchtigt oder ausgetauscht werden. Dies erlaubt sogar eine Senkung der Raumtemperatur bei gleichzeitig verbesserter Behaglichkeit im Raum. (Siehe Infoblatt 8.2 [9] ) 1.2.3.1 Raumklima – energetische Modernisierung Wärmeschutz Ein verbesserter Wärmeschutz ist der wichtigste Bestandteil einer energetischen Modernisierung und damit eines verbesserten Raumklimas. Bauteil Symbol Wärmedurchgangskoef zient U in W/(m²·K) Altbestand EnEV 2002 Richtwerte NEH4 Außenwand UAW 0,6 -2,0 0,35 - 0,45 ≤ 0,3 Dach Oberste Geschossdecke Kellerdecke UD 0,8 - 4,0 0,25 - 0,3 ≤ 0,2 UOG 0,9 - 3,0 0,4 - 0,5 ≤ 0,2 UKD 1,0 - 1,2 0,4 - 0,5 ≤ 0,4 Fenster Uw 2,5 - 5,0 1,7 ≤ 1,4 Tabelle 1.2: Richtwerte für Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) 4 NEH - Niedrigenergiehaus 13 Motivation und Ziel der Modernisierung Ein guter, möglichst lückenloser Wärmeschutz wird durch niedrige Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) der verwendeten Bauteile, die Vermeidung von Wärmebrücken sowie die Luftdichtheit der Gebäudehülle erzielt (siehe Tab. 1.1). Mit dem Wärmeschutz soll der Energieverlust eines Hauses, der durch Wärmeleitung über die Gebäudehülle (Transmissionswärmeverluste) entsteht, minimiert werden. Bedeutsam für die Transmissionswärmeverluste sind die Bauteile: - Dach oder oberste Geschossdecke, - Außenwände, ggf. differenziert nach den Himmelsrichtungen, - Fenster und Fenstertüren, - Außentüren, - Keller bzw. Kellerdecke oder wenn beheizt erdberührende Bodenplatte bzw. Kellerwände, - Wintergärten (vorrangig in Ein- und Zweifamilienhäusern). Bei den Fenstern entspricht ein UwWert von 5,0 W/(m²·K) einer Einfachverglasung. Bessere Werte erreichen Kastenfenster und Doppelverglasungen (Isolierverglasung). Wärmedurchgangskoeffizienten Uw = 1,1 bis 1,7 W/(m²·a) werden mit unterschiedlichen Bauarten von Wärmeschutzverglasungen erreicht und sind heute üblich. Historische Fenster haben oft eine gute Substanz. Neben dem Austausch bietet sich hier eine Aufar- Bild 1.2: Energiebilanz 14 beitung an, die aus einem Austausch der Einfach- gegen eine Wärmeschutzverglasung, nachträgliches Einbringen von Rahmendichtungen und zusätzlicher Innenfenster als Kastenfenster bestehen kann. Schwachstellen in der Gebäudehülle stellen Wärmebrücken und Lüftungswärmeverluste dar. Vermeidbare Lüftungswärmeverluste werden durch Gebäudeundichtheiten, ein-schließlich Undichtheiten geschlossener Fenster, verursacht. Notwendige, aber kontrollierbare Lüftungswärmeverluste ent-stehen durch die freie Lüftung über die Fenster und den bedarfsgerechten Betrieb von Lüftungsanlagen (Abluftanlage, Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung). Im Gegenzug erhält das Gebäude Energiegewinne durch die Solarstrahlung über die Fenster (solare Wärmegewinne) sowie durch innere Wärmequellen wie Personen, elektrische Geräte etc. (interne Wärmegewinne). Vor der Verbesserung des Wärmeschutzes eines Gebäudes ist zu entscheiden: - welche Räume des Gebäudes neben den Wohnräumen beheizt werden sollen (z.B. Dachraum, Kellerräume), - welche Räume über einen Raumverbund temperiert werden sollen (z.B. Abstellkammern, Speisekammern), also innerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle liegen, Bei baulichen Veränderungen (dies beinhaltet beispielsweise auch die Erneuerung des Außenputzes) sind die Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV) für den Bestand einzuhalten. Folgende Aspekte sind hierbei zu beachten: (1) Werden Änderungen am Gebäude vorgenommen, sind die Anforderungen gemäß EnEV an die wärmetechnische Qualität betroffener Außenbauteile einzuhalten, sofern durch die Änderung ein Anteil von mehr als 20% der jeweiligen Bauteilfläche über schritten wird. (Anforderung an Einzelbauteil) (2) Bei der Erweiterung des beheizten Gebäudevolumens um zusammenhängend mindestens 30 Kubikmeter sind die jeweiligen Vorschriften für zu errichtende Gebäude einzuhalten (Gesamtbilanz). Der Nachweis der Energieeinsparverordnung erfolgt entweder über die Anforderungen an die Einzelbauteile oder die Gesamtbilanz. (3) Bei Gebäuden mit normalen Innentemperaturen sind nicht begehbare, aber zugängliche oberste Geschossdecken beheizter Räume zu dämmen. (4) Außenbauteile eines Gebäudes dürfen nicht in einer Weise verändert werden, dass die energetische Qualität des Gebäudes verschlechtert wird. (Weitere Informationen zu Details, Terminen und Ausnahmen s. EnEV, Absch.3) Gerade bei Maßnahmen an denkmalgeschützten Gebäuden können Erhaltungswille und die Vorgaben der Denkmalpflege mit den Anforderungen der Energieeinsparverordnung in Konflikt geraten. Deshalb können bei Baudenkmalen oder sonstiger besonders erhaltenswerter Bausubstanz die Landesfachbehörden Ausnahmen oder Befreiungen erteilen, wenn die gestellten Anforderungen das Erscheinungsbild oder die Motivation und Ziel der Modernisierung - welche Räume unbeheizt bleiben (z.B. Garagen) und außerhalb der wärmegedämmten Gebäudehülle liegen sollen (für unbeheizte Räume besteht dann aber möglicherweise Frostgefahr) und - wo in dem Gebäude der Wärmeschutz verlaufen soll. Substanz beeinträchtigen würden. Darüber hinaus lässt die Verordnung auf Antrag von den Vorgaben abweichende Maßnahmen zu, wenn diese zu den gleichen Ergebnissen führen (§ 16 EnEV). Des weiteren ist in Einzelfällen eine Befreiung wegen unbilliger Härte möglich, die durch besondere Umstände oder einen unangemessenen Aufwand begründet sein kann; diese liegt z. B. vor, wenn sich die aufzuwendenden Kosten durch die angestrebten Einsparungen nicht innerhalb angemessener Fristen amortisieren (§ 17 EnEV). Wärmeversorgung, Heizung, Trinkwassererwärmung Bei der Bewertung des vorhandenen Heizungssystems ist der Energiebedarf, der Einsatz von Primärenergie und die CO2-Emission ausschlaggebend. Im Bereich der Anlagentechnik sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: - Energieträger - Wärmeversorgung/ Kesselanlage Heizungssysteme/ Verteilung/ Regelung - Warmwasserversorgung Im Gebäudebestand (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser) wurden und werden eine Vielzahl von Heizsystemen eingesetzt. Bis in die sechziger Jahre hat die Einzelofenheizung eine große Rolle gespielt, vom Kachelofen bis hin zum Dauerbrandofen. In Übergangsphasen wurden auch öl- und gasbeheizte Einzelöfen, Kleinraumheizer und Gas-Außenwandheizer eingesetzt. Da die üblichen normativen Nutzungsdauern im Regelfall bereits weit überschritten werden, sollte eine Modernisierung vorgenommen werden, auch wenn im Einzelfall noch eine Funktionstüchtigkeit gegeben ist. Auch Elektroheizgeräte wurden und werden eingesetzt, sogenannte Nachtspeicheröfen oder Direktheizgeräte. Wegen des hohen Primärenergieaufwandes bei der Erzeugung des elektrischen Stromes und der relativ hohen Heizkosten sollten sie nicht mehr zum Einsatz kommen. 15 Motivation und Ziel der Modernisierung Die Wohnraumbeheizung entwickelte sich verstärkt hin zu Zentralheizungen als Wohnungs-Zentralheizungen (Etagenheizungen) oder als Gebäudezentralheizungen. Der Brennstoffeinsatz entwickelte sich von festen Brennstoffen hin zu Heizöl und in den letzten Jahrzehnten verstärkt zu Erdgas. Mit einem Anteil von ca. 12% ist die Nah- und Fernwärme bei der Wohnraumbeheizung in Deutschland vertreten. Parallel zur Heizung entwickelte sich die Warmwasserversorgung. Sofern die Wohnungen überhaupt mit Bädern versehen waren, war der Badeofen bestimmend für die Wassererwärmung. Im Küchenbereich erfolgte die Wassererwärmung teils nach Bedarf auf dem Herd, aber seit den fünfziger Jahren zunehmend auch mit Elektro- Wassererwärmern oder GasDurchlauferhitzern. Mit der weiteren Entwicklung der Zentralheizung (Wohnung bzw. Gebäude) hat die kombinierte Heizung und Trinkwassererwärmung eine starke Verbreitung gefunden, häufig unter Einbeziehung von Speichern. Bei einer separaten Trinkwassererwärmung in den Wohnungen bzw. in Einund Zweifamilienhäusern werden sowohl Gas-Durchlauferwärmer als auch elektrische Warmwasserbereiter (Speichergeräte, Durchflussgeräte) eingesetzt. Bei einer vorhandenen Heizungsanlage muss überprüft werden, ob diese den gesetzlichen Anforderungen entspricht: - Begrenzung der Abgasverluste des Heizkessels nach Bundes-Immissionsschutz-Gesetz (1. BImSchV), Überprüfung durch Schornsteinfeger, - nach EnEV: Austausch des Kessels bis 31.12.2006, wenn er vor 1978 eingebaut wurde, des weiteren Dämmung ungedämmter Wärmeverteilungsleitungen (auch Warmwasser!) und Armaturen in unbeheizten Räumen bis 31.12.2006 (Für EFH und ZFH, die seit mindestens 01.02.02 selbstgenutzt sind, gelten längere Fristen.), - nach EnEV: Installation einer außentemperaturabhängigen und zeitabhängigen Regelung der Vorlauftemperatur (wenn noch nicht vorhanden, nach EnEV sofort Nachrüstung) sowie einer selbsttätigen raumweisen Regelung der Raumtemperatur, z.B. durch Thermostatventile (wenn noch nicht vor16 handen, nach EnEV sofort Nachrüstung), - nach EnEV: Bei Einbau oder Ersatz von Heizungspumpen für Heizkreise mit mehr als 25 kW Nennwärmeleistung muss die Pumpe eine selbsttätige Drehzahlregelung aufweisen. Die Auswahl einer neuen Heizungsanlage ist im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Bauen wichtig und bietet verschiedene Möglichkeiten: - konventionelle Heiztechnik mit Niedertemperatur- oder Brennwertkessel -> derzeitig wirtschaftliche Variante, - Nah- oder Fernwärme, event. aus Kraft-Wärme-Kopplung -> ökologischer Vorteil: wesentliche Reduzierung des Primärenergieeinsatzes und damit der CO2 Emission, - Gebäudeintegrierte Kleinst-BHKW (Blockheizkraftwerke), die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen -> können ökonomisch als auch ökologisch günstiger als die konventionelle Heiztechnik sein, - Einsatz von Biokesseln z.B. zur Verfeuerung von Holzpellets -> zwar höhere Investitionskosten, aber deutliche ökologische Vorteile (Fördermöglichkeiten!) - alternative Heizungssysteme wie die solare Unterstützung von Heizung und/ oder Trinkwassererwärmung oder der Einsatz von Wärmepumpen -> ökologischer Vorteil, sind aber ohne Förderung in der Regel noch nicht wirtschaftlich. Lüftung Im Gebäudebestand herrscht überwiegend die freie Lüftung vor, also eine Lüftung ohne Ventilatorunterstützung. Die bis in die 70er Jahre für innenliegende Bad-/WC-Räume übliche freie Entlüftung über Schächte ist heute nicht mehr zugelassen. Innenliegende Küchen, Bad-/ WC-Räume sind mit mechanischen Lüftungsanlagen auszurüsten. Modernisierungslösungen im Gebäudebestand sind im Zusammenhang mit der Beheizungsart z.B. Gas als Energieträger, der Gebäudedichtheit (einschließlich Fenster) und der Grund- und Bedarfslüftung zu betrachten. Vorzugslösungen in Mehrfamilienhäusern sind aus wirtschaftlicher und ener- Motivation und Ziel der Modernisierung getischer Sicht Abluftanlagen. Auch in Ein- und Zweifamilienhäusern finden Zuund Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung immer mehr Verbreitung. Hierbei wird zwischen einer zentralen Anlage, (z.B. über Dach) und der dezentralen Anlage, (wohnungsweise) unterschieden. In den Lüftungsgeräten sind mindestens Zu- und Abluftventilator sowie Wärmerückübertrager zur Vorwärmung der angesaugten Außenluft mittels Abluftwärme und Luftfilter untergebracht. lation gegen ein BUS-System, gerade im Hinblick der Gebäudeautomation, gewünscht sein. Insbesondere bei wertvollen Oberflächen, die keine Unterputzinstallation erlauben, können moderne BUS-Systeme mit dünneren Kabeln oder Funk zu besseren Lösungen führen als die optisch unbefriedigende Aufputzinstallation. Allerdings gibt es hier noch Entwicklungsbedarf für optisch ansprechende Lösungen bei Steckdosen, die nach wie vor den herkömmlichen Installationsraum benötigen. 1.2.3.2 Sanitär 1.2.3.4 Schallschutz Im Bereich der Sanitärtechnik sollte neben der Instandsetzung von Installationen und der Anpassung an veränderte Raumbedürfnisse auch eine energetische Bewertung des Gebäudebestandes vorgenommen und daraus abgeleitet, energiesparende Maßnahmen durchgeführt werden. Für die Warmwasserversorgung sind bei ausgedehnten Netzen Zirkulationsleitungen sinnvoll. Diese sorgen dafür, dass an den Zapfstellen ständig warmes Wasser zur Verfügung steht, so dass erhöhte Verluste ablaufenden kalten Wassers vermieden werden. Grundsätzliche Lösungen für die Trinkwassererwärmung sind die zentrale Bereitstellung in Kombination mit der Heizung oder einzelne Kleinerzeuger. Im Zuge von Instandsetzung und Modernisierungsmaßnahmen bei Gebäuden, die vor 1970 gebaut worden sind, ist die Überprüfung der Sanitärinstallationen hinsichtlich eingebauter Bleirohre und deren Austausch geboten. Ein weiteres wichtiges Thema der Modernisierung ist die Verbesserung des Schallschutzes. Ein ausreichend guter Schallschutz ist eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale einer Wohnung und umfasst die Aspekte Schalldämmung der Raumbegrenzungsflächen gegen Lärmimmission von außen, aus benachbarten Wohnungen und u. U. aus eigenen benachbarten Wohnräumen sowie aus haustechnischen Anlagen. In historisch wertvollen Wohngebäuden findet man sehr häufig Baukonstruktionen, die den heutigen Anforderungen der Bauakustik bzw. dem heutigen Bedürfnis nach Ruhe nicht genügen. Beispiele sind alte Holzbalkendecken, als einfache Zimmertrennwand ausgeführte Wohnungstrennwände oder nicht verkleidete und ungedämmte Wasserversorgungs- und Abwasseranlagen. 1.2.3.3 Elektroinstallation Die wichtigsten Motive einer Modernisierung der Elektroinstallation in bestehenden Gebäuden liegen in Verbesserung der Sicherheit und der Anpassung der Leistungsfähigkeit an die heute übliche höhere Geräteausstattung. Oftmals sind in älteren Gebäuden die Verlegung und Absicherung der elektrischen Leitungen ungenügend. Selten sind ausreichend Stromauslässe und Steckdosen vorhanden. Eine weitere Maßnahme kann der Austausch der herkömmlichen Instal- Bild 1.3: Lärmquellen und Schallschutz [10] Die qualitative Einschätzung der im Bestand vorhandenen Baukonstruktion hinsichtlich ihrer schallschutztechnischen Qualität kann über akustische Kennwerte aus der Fachliteratur oder die Einschätzung eines Fachmanns erfolgen. 17 Motivation und Ziel der Modernisierung Bei der Modernisierung eines Gebäudes mit Umnutzung zu Wohnzwecken und bei einer Gebäudeerweiterung gelten in jedem Fall die aktuellen Schallschutzanforderungen wie bei Neubauten. Inwieweit dies auch beim Umbau eines historischen Gebäudes der Fall ist, hängt von den konkreten Baumaßnahmen ab und ist es im Einzelfall zu prüfen, ob für das jeweilige Bauteil Bestandsschutz hinsichtlich der schalltechnischen Eigenschaften besteht oder nicht. Unabhängig von der evt. gegebenen rechtlichen Verpflichtung zur Einhaltung von Schallschutzanforderungen können auch Schallschutz- qualitäten definiert werden, die dem individuellen Ruheanspruch oder einer gewünschten sehr hohen Wohnqualität Rechnung tragen. Siehe hierzu Bild 1.3. Ein Überblick zur Bestandsaufnahme und zu Maßnahmen zur Verbesserung des Schallschutzes bei bestehenden Wohngebäuden enthält die Broschüre Modernisierung von selbstgenutztem Wohneigentum in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Mehrfamilienhäusern der 50er und 60er Jahre [11].und das InfoBlatt 8.4 [9]. 1.2.4 Langfristige Kostensenkung 1.2.4.1 Verminderung des Energie verbrauchs Ein wesentliches Ziel bei der Modernisierung im Bestand ist die Senkung der jährlichen Energiekosten, zumal durchaus mit einem weiteren Anstieg der Energiepreise in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Durch die Verminderung der Wärmeverluste durch Wärmedämmmaßnahmen und die Reduzierung der Lüftungswärmeverluste der Fenster kann eine erhebliche Energieeinsparung und damit eine deutliche Senkung der Betriebskosten erreicht werden. Bild 1.4: Heizwärmebedarf in Anlehnung an [13] 18 Der richtige Zeitpunkt für energieeinsparende Maßnahmen ist spätestens dann gekommen, wenn ohnehin Baumaßnahmen erforderlich werden. Die Energiekosteneinsparung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Refinanzierung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen. Auch bei historisch wertvollen Wohngebäuden kann in der Regel ein Teil des Energieeinsparpotentials mit günstig umzusetzenden Standardmaßnahmen erreicht werden. Dies trifft insbesondere für Maßnahmen an Heizung- und Warmwasserversorgungen zu. Darüber hinaus gibt es wesentliche Einsparpotenziale bei der Warmwasserversorgung und Energieeinsparung bei Elektrogeräten und –anlagen inkl. Beleuchtung. Energieeinsparpotenziale im Bereich der Warmwasserversorgung sind: - funktionierende Zirkulation und Installation gemäß EnEV, Abschaltmöglichkeiten für die Zirkulationspumpe, - ausreichende Wärmedämmung von Warmwasserleitungen, Armaturen und Speichern, - optimale Temperaturen für die Warmwasserversorgung, bei Temperaturen über 60°C erhöhte Verkalkungsgefahr und erhöhte Wärmeverluste an Leitungen und Speichern, - Einbeziehung einer solaren Trinkwassererwärmung zur Verminderung des Einsatzes von fossilen Energieträgern und Einschränkung des sommerlichen Kesselbetriebes, - Spararmaturen und - funktionstüchtige und dichte Anlagen. Motivation und Ziel der Modernisierung Alle Maßnahmen die zu einer energetischen Modernisierung und damit zu einem verbesserten Raumklima führen, wie in Kap. 1.2.3.1 beschrieben, wirken sich positiv auf die Verminderung des jährlichen Heizwärmebedarfs aus. Dies trägt auch wesentlich zur Entlastung der Umwelt bei, durch Verminderung von Schadstoffemissionen und Verminderung der Emission klimarelevanter Gase, hierunter der CO2-Emission. Maßnahmen unterliegen und nach kürzerer Zeit vollständig erneuert werden müssten. Dies macht sich insbesondere bei wartungsintensiven Gebäuden, wie z.B. Fachwerkhäusern, bemerkbar, wo langfristig nicht reparierte Schutzschichten im schlimmsten Fall den Austausch von Konstruktionselementen erfordern. Ziel einer nachhaltigen Modernisierungsstrategie sollte die Minimierung der Lebenszyklusaufwendungen für die angestrebte Nutzungsdauer des Gebäudes sein, die abhängig von den Eigenschaften der Baustoffe, der Bauplanung und -ausführung sowie vom Verhalten der Nutzer ist. Einflüsse, die Schäden an Bauteilen verursachen können, sind: - mechanische Beanspruchungen (Benutzung, Verformung durch Belastung), - bauphysikalische und chemische Prozessen (z.B. Wasserdampfdiffusion, Tauwasserbildung, Volumenveränderung, Unverträglichkeit mit anderen Materialien etc.), - Beanspruchungen aus der Witterung und Umwelteinflüssen (Temperatur, Wind, UV-Strahlung, Regen, Schnee, Eis und Hagel) und - Luftschadstoffe oder biologischer Befall. 1.2.4.2 Verlängerung des Lebenszyklus der konstruktiven Bauteile Eine Modernisierung und Wiederherstellung eines Gebäudes verlängert den Lebenszyklus der konstruktiven Bauteile und damit die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Langfristig gesehen bedeutet die Lebensdauerverlängerung einer sorgsamen Modernisierung eine Kostenersparnis gegenüber den notwendigen Maßnahmen bei Bauteilen, die keinen Kontrollen und Bild 1.5: Optimierung-Instandhaltung nach Prof. Kuhne 19 Modernisierungsbeispiele 2 Bewertete Modernisierungsbeispiele – Nutzungsperspektiven – Lösungsansätze Im folgenden werden realisierte Modernisierungsbeispiele hinsichtlich der gestalterischen, konstruktiven und bauphysikalischen Umsetzung dokumentiert und bewertet. Neben der Beschreibung des Bestandes und den notwendigen und gewünschten Modernisierungsmaßnahmen der konkreten Fallbeispiele wird die Art und Weise der Umsetzung dokumentiert und eine Einschätzung hinsichtlich Qualität und Innovation vorgenommen. Dabei spielt die dafür entwickelte Planungsstrategie eine entscheidende Rolle für die Bewertung der Gesamtrealisierung. Die dargestellten Wohnbauprojekte zum Thema Umbau, Umnutzung und Erweiterung stehen stellvertretend für in der Praxis häufig wiederkehrende Fragestellungen und sind nicht nur nach dem qualitativen Wert ausgewählt, sondern auch nach der Modernisierungsanforderung und dem Umfang der realisierten Maßnahmen. Maßnahmen, der fach- und qualitätsgerechten Beseitigung von ggf. vorhandenen Bauwerksschäden und natürlich dem Umgang mit den denkmalpflegerischen Belangen. Oftmals wird mit originalgetreuen Nachbildungen von formal- historischen Elementen, mit denen beispielsweise technische Erneuerungen „kaschiert“ werden können, der Versuch einer „originalgetreuen“ Modernisierung unternommen. Daneben gibt es Beispiele, die durch eine bewusste Ablesbarkeit von Alt und Neu als dogmatische Umgangsform mit dem Bestand die Grenze zwischen Vorhandenem und Hinzugefügtem kontrastreich markieren. Nicht als Kompromiss, sondern eher als sensible Umsetzung zeigt sich eine respektvolle Begegnung von Geschichte und Gegenwart, in der eine vorsichtige Grenze zwischen Bestand und Modernisierung gezogen wird. Außer den in den jeweiligen Projekten diskutierten Kriterien gilt die Aufmerksamkeit dem nachhaltigen Umgang mit den Baustoffen und Bauteilen, energetischen 2.1 Umbau – Modernisierung historischer Bausubstanz Eine Modernisierung geht in der Regel über eine reine Sanierung hinaus, bedeutet meist zumindest eine Erneuerung der technischen Gebäudeausrüstung, wie Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen aber auch Raumveränderungen, die maßgeblich in die Gebäudestruktur eingreifen können. Entscheidend für die Umsetzung ist nicht nur die Frage der technischen Möglichkeiten, sondern auch das Maß des baulichen Eingriffs in die alte Bausubstanz. Abzuwägen ist dabei, ob sich die Veränderung an das vorhandene Erscheinungsbild anpasst oder sich gegenüber dem Bestand als moderne Ergänzung abhebt. 20 Im weiteren Verlauf werden vier Beispiele zur Modernisierung von historisch wertvollen Gebäuden gezeigt. Dabei spielt neben dem Erhalt der historischen Wirkung vor allem die energetische Modernisierung eine entscheidende Rolle. Als wichtigste Komponente bei der Modernisierung der Fassaden kommt bei allen Beispielen für den ergänzenden Wärmeschutz eine Innendämmung zum Einsatz. Innendämmungen können immer dann eingesetzt werden, wenn die äußere Ansicht nicht verändert werden soll, an der Innenfassade jedoch gearbeitet werden darf. Dies ist bei vielen historisch wertvollen Wohngebäuden der Fall. In der Praxis werden zwei unterschiedliche Ausführungsvarianten von Innendämmungen angeboten: 1. Innendämmung mit Dampfsperre 2. Innendämmung mit diffusionsoffenem Dämmstoff Innendämmung mit Dampfsperre Diese Variante arbeitet mit einer Sperrschicht (Dampfsperre), die innenseitig vor der Dämmschicht angeordnet ist. Sie hat die Aufgabe die Feuchtigkeit im Rauminneren daran zu hindern in die Dämmung und den kritischen kalten Bereich der Außenwand zu gelangen. Diese Variante funktioniert bei fehlerfreier Ausführung sehr gut. Weiterhin besteht der Vorteil gegenüber der zweiten Variante, dass ein höherer Wärmeschutz realisiert werden kann und dass dazu kein bestimmter Dämmstoff verwendet werden muss (kostengünstiger). Der Dämmwert, den die Wand erreichen soll, wird vom Platzbedarf der Dämmung im Innenraum und der Empfindlichkeit der Wandbaustoffe gegenüber Temperatur und Feuchte bestimmt. Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieser Variante ist die fehlerfreie Ausführung der Dampfsperre, insbesondere bei An- und Abschlüssen sowie Durchdringungen. Schon eine kleine Öffnung, ein schlecht verklebter Wandanschluss oder eine nachträgliche Verletzung durch unachtsame Installationsarbeiten kann zur Durchfeuchtung der Konstruktion führen, die verdeckte Schäden nach sich zieht. Eine penible Einbaukontrolle und eine stete Wachsamkeit bei späteren Arbeiten in diesen Bereich ist dringend angeraten. Modernisierungsbeispiele - Umbau Da Innendämmungen die Außenwand thermisch vom Innenraum abkoppeln, entstehen andere, in der Regel ungünstigere bauphysikalische Verhältnisse in der Außenwand. So wird die Wandkonstruktion nach der Dämmmaßnahme während der Heizperiode kälter als vorher. Die Gefahr, dass Feuchtigkeit aus dem Rauminneren zwischen Innendämmung und Außenwand kondensiert, wächst. Deshalb sind Innendämmungen grundsätzlich von Fachplanern bauphysikalisch zu planen und zu begleiten. Innendämmung mit diffusionsoffenem Dämmstoff Bei dieser Variante gehört zu einer mängelfreien Funktion eine rechnerische Überprüfung des Tauwasserhaushalts in der Innendämmung, da diese Variante nach dem Prinzip der Diffusionsoffenheit arbeitet. Das bedeutet, dass Feuchtigkeit in die Dämmung eindringen, aber auch wieder heraus diffundieren kann. Herrschen in der Dämmung oder in der dahinter liegenden Außenwand kalte Temperaturen kann feuchte Luft in Dämmung und Wandkonstruktion kondensieren, d.h. Tauwasser fällt aus. Damit die Wand in der kalten Jahreszeit nicht übermäßig durchfeuchtet muss der Tauwasseranfall begrenzt werden. Diesen Zustand berechnet der Fachplaner mit speziellen Programmen und legt die Dämmstoffdicke so fest, dass das angefallene Tauwasser über die warmen Monate wieder aus der Wand austrocknen kann. Wird die Innendämmung nach diesen Kriterien hergestellt, ist sie im Vergleich zur Variante eins weniger schadensanfällig, da die empfindliche Dampfsperre entfällt. Ein weiterer Vorteil ist die Dampfdiffusionsoffenheit, die bei feuchteempfindlichen Außenwandkonstruktionen günstig wirkt. So kann z.B. ein schlagregenbelastetes Fachwerk schneller austrocknen, da eingedrungene Feuchtigkeit auch zum Innenraum diffundieren kann. Nachteilig wirken sich dagegen die Dämmwerte aus, die in der Regel niedriger als in Variante eins bleiben. Weiterhin ist darauf zu achten, dass die diffusionsoffenen Dämmstoffe die anfallende Feuchtigkeit ohne Schäden verarbeiten können. Hier gibt es seit einiger Zeit auch sogenannte kapillaraktive Dämmstoffe auf Calciumsilikat-Basis. Diese Dämmstoffe können besonders viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne oberflächenfeucht zu sein. Dadurch können besonders effiziente und sichere Innendämmungen hergestellt werden. 21 Umbau - Villa in Heringsdorf 2.1.1 Villa in Heringsdorf – Innendämmung, kontrollierte Gebäudelüftung 2.1.1.1 Bestandsbeschreibung Die um 1876 errichtete denkmalgeschützte Villa im Ostseebad Heringsdorf liegt in Meeresnähe auf der Nordostseite der Insel Usedom. Das Gebäude repräsentiert einen Haustypus im klassizistischen Baustil der nach dem Vorbild palladianischer Landhäuser5 erbaut wurde. Auffällig ist vorallem der hohe Feldsteinsockel und der seeseitige Eingang, der als monumentaler Portikus mit ionischen Säulen den herrschaftlichen Eindruck unterstützt. Das Gebäude wird auf drei Ebenen - Souterrain, Erdgeschoss und ausgebautes Dachgeschoss – genutzt. 2.1.1.3 Baulicher Zustand Bild 2.2: Seeseite Bestand [15] Bild 2.3: Strassenseite Bestand [15] 5 Palladianismus bezeichnet einen klassizistischen Architekturstil im England des 17. Jahrhunderts. Der Name leitet sich von dem italienischen Architekten Andrea Palladio ab. Der Palladianismus grenzt sich durch strengere, klassizistischere Formen vom als „zu katholisch“ empfundenen römischen Barock ab. Charakteristisch ist für den Palladianismus die Verwendung von Kolossalordnungen sowie das sogenannte Palladiomotiv, bei dem Fenster so gebaut werden, dass ein breiter mittlerer Bogen von zwei schmalen Öffnungen flankiert wird, die durch ein Gebälk in Höhe des Bogenkämpfers geschlossen werden. Dieses Palladiomotiv wurde auch im Klassizismus um 1800 verwendet. 22 Bild 2.1: Lageplan [15] 2.1.1.2 Gebäudekenndaten Bauherr: Dr. Peter Tarnowski Architekt: Dipl.-Ing (FH) Ulrich Zink, Berlin Standort: 17424 Heringsdorf Baujahr: um 1876 Ehemalige Nutzung: Wohnhaus bis ca. 1990, danach Leerstand Derzeitige Nutzung: Wohn- und Ferienhaus Umbau / Sanierung: 2004 WFL: 175 m² Wohnung EG, 300 m² Wohnungen Souterrain und DG BRI: 1500m³ Baukosten: ca. 1390,- €/m² WFL Bild 2.4: Fenster Bestand [15] Bild 2.5: Feuchtigkeit im Souterrain - Bestand [15] Umbau - Villa in Heringsdorf Die Villa Seeblick war vor der Sanierung in einem sehr schadhaften Zustand. Der Leerstand über 14 Jahre hatte zahlreiche Feuchtigkeitsschäden an der Bausubstanz hinterlassen. Angefangen vom Dach, den Geschossdecken, den Außenwänden – insbesondere in den erdnahen Bereichen und den Fassaden -, der Sohlplatte und den Terrassen, sowie an Türen, Fenstern und Bodenbelägen waren zum Teil umfangreiche Baumaßnahmen notwendig. 2.1.1.4 Ziel der Modernisierung Ziel des Bauherrn war es, die Raumstruktur des Gebäudes effizienter nutzen zu können. Dabei sollte das 130 Jahre alte kulturelle Erbe in denkmalgerechter Form restauriert bzw. modernisiert werden. Gleichzeitig wurde eine Anpassung des Heizenergieverbrauchs auf Neubaustandard angestrebt. Bild 2.8: Souterrain neu [15] Bild 2.6: Seeseite neu [16] Bild 2.9: EG neu [15] Bild 2.7: Strassenseite neu [16] Bild 2.10: DG neu [15] 23 Umbau - Villa in Heringsdorf 2.1.1.5 Planungskonzept 2.1.1.6 Umsetzung Das nach den Wünschen des Bauherrn entworfene Sanierungskonzept umfasste die Änderung der Raumstruktur des Gebäudes, so dass neben einer repräsentativen Wohnung im Erdgeschoss zusätzlich jeweils 2 Wohnungen in Souterrain und Dachgeschoss entstanden. Gestalterische Maßnahmen Die beiden Dachgeschosswohnungen sollten mit zusätzlichen Dachgauben versehen werden, um die Belichtung der Räume zu verbessern und den begehbaren Bereich zu vergrößern. Vorraussetzung bei allen Arbeiten am Außenbereich war, den originalen Zustand weitestgehend zu erhalten und in Bereichen auch wieder herzustellen. Das selbe galt auch für die Innenräume des Erdgeschosses. Aus diesem Grund wurden nach den notwendigen substanzerhaltenden Maßnahmen, wie der Abdichtung des Gebäudes in erdberührten Bereichen, der Erneuerung der Dacheindeckung - hier wurde die historische Schieferdeckung wieder hergestellt - und dem Austausch von defekten Holzbalken, vor allem ein umfassendes energetisches Sanierungskonzept entwickelt. - Grundrissoptimierung im Dachgeschoss durch den Einbau von filigranen Dachgauben in einer Alu-Stahl-Glaskonstruktion, - Dacheindeckung aus Naturschiefer, - Ausbau des Souterrains für zwei Wohneinheiten und einen Fitnessbereich, - Restaurierung der gesamten Stuckfassade nach denkmalpflegerischen Ansprüchen und restauratorischen Gutachten, - Verglasung des Portikus im Osten. Sanierung der Bausubstanz - Trockenlegung des Sockelbereiches, - Sanierung der Terrassendecken, - Erneuerung bzw. Rekonstruktion von Fenstern und Türen nach historischem Vorbild, - Maßnahmen zur Verbesserung des Tritt- und Luftschallschutzes. Durch Wärmedämmmaßnahmen, dem Einbau einer neuen Heizungs- und einer Lüftungsanlage sollte eine erhebliche Reduzierung des jährlichen Heizwärmebedarfes erzielt werden. Um das äußere Erscheinungsbild der Fassade zu erhalten, wurde die Wärmedämmung als Innendämmung geplant. Das energetische Planungskonzept wurde abgerundet durch eine Erneuerung der Warmwassererzeugung. Bild 2.14: Wohnraum EG neu [15] Bild 2.11 Fenster neu [15] Bild 2.12: Portikus [16] 24 Bild 2.13: Gaube neu [16] Bild 2.15: restauriertes Säulenkapitell [15] Ausgangszustand Ausführung Fußboden UG Betonboden U = 3,35 W/(m²K) neue Bodenplatte inkl. Dämmung + Heizestrich U = 0,37 W/(m²K) Außenwände 42 – 58 cm Mauerwerk U = 2,8 – 3,15 W/(m²K) Mauerwerk mit Dämmung U = 0,38 W/(m²K) Fenster Holzfenster mit Einfachverglasung U = 5,70 W/(m²K) Holzfenster mit Wärmeschutzverglasung U = 1,20 W/(m²K) Dach Holzbalkenkonstruktion ohne Dämmung U = 5,76 W/(m²K) Holzbalkenkonstruktion mit Dämmung und Bekleidung U = 0,18 W/(m²K) Terrassenboden/ Flachdach UG Betondecke, Keramikklinker im Kies U = 3,00 W/(m²K) Betondecke mit Dämmung + Estrich U = 0,26 – 0,61 W/(m²K) Heizungs- und Gebäudetechnik Standardgaskessel 1978 mit zentraler WW- Bereitung außerhalb thermischer Hülle Grundlast: Sole/ Wasserwärmepumpe Umbau - Villa in Heringsdorf Bauteile DG Spitzenlast: Brennwertkessel mit zentraler Warmwasserbereitung innerhalb der thermischen Hülle Aufwandszahl ep = 1,689 Aufwandszahl ep = 1,02 Tabelle 2.2: Übersicht der Bauteilverbesserungungen im Zuge der Modernisierung EG Energetische Sanierung - Dachdämmung mit 200 mm Mineralwolle WLG 035 sowie 23 mm dicken Vakuumdämmplatten in den Gauben, - Dämmung der Ostterrasse von der Unterseite mit 200 mm dicken mineralischen Dämmplatten WLG 035 und an der Westterrasse mit 60 mm dicker Mineraldämmwolle WLG 040, - Dämmung der Sohlplatte mit 60 mm PU-Dämmplatten WLG 025 und 20 mm Trittschalldämmung WLG 040, - Innendämmung des Sockelbereichs im DG und der Außenwand im UG mit einer Vorsatzschale und 100 mm Mineraldämmwolle WLG 035 in Verbindung mit einer Dampfbremse, - Einbau einer Sole-/ Wasser- Wärmepumpe und eines Gas – Brennwertkessels mit zentraler Warmwasserbereitung, - Wandflächen- und Fußbodenheizung im Dachgeschoss, Fußbodenheizung und Heizkörper im Erdgeschoss, Fußbodenheizung im Souterrain, - Einbau einer Lüftungsanlage mit Nachströmtechnik und Wärmerückgewinnung, - Regenentwässerung über Rigolen auf dem Grundstück, - Verglasung des Eingangs (Portikus bereich). Bild 2.16: Längsschnitt neu [15] Rot ist die neu gedämmte Gebäudehülle markiert. Bild 2.17: Querschnitt neu [15] Rot ist die neu gedämmte Gebäudehülle markiert. UG Bild 2.18: [15] Schnitt-Detail 25 Umbau - Villa in Heringsdorf Bild 2.19: Fenster-Detail mit dezentraler Lüfungsanlage [15] Bild 2.22: Schema der dezentralten Lüftungsanlage mit Wärmetauscher [15] 2.1.1.7 Bewertung Die Villa in Heringsdorf zeigt eindrucksvoll, dass sich Denkmalschutz und Energieeinsparung nicht grundsätzlich widersprechen. Mit einem ganzheitlichen Sanierungs- und Modernisierungskonzept wurde der Wunsch des Bauherrn nach mehr und besser nutzbarem Wohnraum - der gleichzeitig energetischem Neubaustandard entsprechen soll - und der Berücksichtigung von denkmalpflegerischen Aspekten, erfüllt. Bild 2.20: Wand- und FBHeizung im Bad DG [15] Bild 2.21: Bad neu [16] 26 Erreicht wurde dies durch ein integriertes architektonisch-denkmalpflegerisches und energetisches Konzept, das die Außenhülle weitestgehend im Originalerscheinungsbild erhalten sollte. Lediglich im Dachbereich wurden Gauben ergänzt, die sich jedoch durch die filigrane StahlGlas-Konstruktion nicht aufdrängen. Ebenso ist die vollflächige Verglasung des Eingangsbereichs kaum wahrnehmbar, bringt jedoch für den Wärmeschutz im Erdgeschoss zusätzliche Pluspunkte. Dies war für das energetische Konzept des Erdgeschosses besonders wichtig, da auch der repräsentative Innenraum dieser Etage in seinem Charakter erhalten werden sollte, so dass neben den Fenstern lediglich die Sanierung der historischen Bausubstanz geplant wurde. Um dieses „energetische Manko“ zu kompensieren wurde eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung in das Gebäude integriert. Dabei wurde eine zentrale Anlage für das Erd- und Dachgeschoss mit einer dezentralen Anlage für das Untergeschoss kombiniert. Die Modernisierung der Haustechnik wurde durch eine komplette Erneuerung der Heizungstechnik ergänzt. Hier arbeitet eine Wärmepumpe mit einer Gasbrennwerttherme zusammen. Die Verteilung der Heizwärme erfolgt über eine Fußboden- und Wandheizung, die sowohl das Erscheinungsbild durch die fehlenden Heizkörper, als auch die Wärmepumpe, die geringe Vorlauftemperaturen braucht, unterstützt. Die Gastherme wird zur effizienten Erwärmung des Brauchwassers genutzt. Da die beiden Systeme verbunden sind, ist eine Unterstützung untereinander möglich. Innengedämmte Außenwände im Unter- und Dachgeschoss runden die energetische Modernisierung der Gebäudehülle ab. Das Beispiel zeigt, dass mit den heute verfügbaren Techniken für die energetische Modernisierung von Gebäuden bei geschickter Kombination und Anpassung auch für historisch wertvolle Gebäude ein guter Neubaustandard erreicht werden kann. Vorraussetzung dabei ist jedoch eine umfassende Planung der Gesamtmaßnahme, ein verständiger Bauherr und ein erfahrener Planer, der mit den ausführenden Firmen die nötigen Anpassungsmaßnahmen durchführt. Diese sind bei Sanierungs- und Modernisierungsaufgaben im Bestand erforderlich, da komplette Systemkomponenten bis heute in der Regel für den Neubau konzipiert sind. Umbau - Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen 2.1.2 Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen Innendämmung mit Polystyrol-Hartschaum 2.1.1.1 Bestandsbeschreibung Das Doppelhaus mit Backsteinfassade aus dem Jahr 1892 ist eines der ersten Häuser der Ludwigshafener BASFWerkssiedlung „Alte Kolonie“. Die ersten Gebäude wurden bereits um 1870 erbaut. In den Jahren von 1890 bis 1939 sind weitere Typenvarianten - insgesamt mehr als 120 Backsteinbauten - entstanden. Bild 2.25: Bestandsgebäude der Kolonie um 1917 [17] 2.1.1.3 Baulicher Zustand Bild 2.23: Luftbild der „Alten Kolonie“ [17] Bild 2.24: Umgebungskarte von 1875 [17] Der Bestand war in einem sehr guten baulichen Zustand. Lediglich die Dachbalken und Verschalung wiesen Wasserschäden auf. In den 70er Jahren wurden die bestehenden Holzfenster bereits durch zweifachverglaste Kunststofffenster ersetzt, die jedoch nicht den heutigen Anforderungen entsprechen. Bild 2.26: Bestand Osten [17] 2.1.1.2 Gebäudekenndaten Bauherr und Planung: LUWOGE Wohnungsunternehmen BASF GmbH Standort: 67063 Ludwigshafen Baujahr: 1892 Ehemalige Nutzung: Mehrfamilien-Wohnhaus für 6 WE (DG-Wohnungen in den letzten Jahren unbewohnt) Umbau: 2005 WFL: ca. 430 m² Baukosten: ca. 1.500,- €/m² WFL Sonstiges: Ensembleschutz Bild 2.27: Bestand Süden [17] 27 Umbau - Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen 2.1.1.4 Ziel der Modernisierung werden. Zur Vermeidung bauphysikalischer Probleme wegen der luftdichten Ausführung des Gebäudes war eine kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung geplant. 2.1.1.6 Umsetzung Gestalterische Maßnahmen Bild 2.28: Westen neu [17] Das Gebäude in der Sodastr. 40 sollte als Pilotprojekt „Niedrigenergiehaus im Bestand“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) dienen, an dem beispielhaft eine energetische Sanierung durchgeführt werden sollte. Ziel war es, den KfW-60Standard für Neubau auch im Bestand zu realisieren. Außerdem sollten komfortablere Wohnungen entstehen. Die Ergebnisse aus diesem Projekt sind die Grundlage für die weiteren Sanierungen der übrigen Siedlungsgebäude. - Entfernung der außenliegenden Kellerabgänge, - Ausführung der Balkone als vorgesetzte, feuerverzinkte Stahlkonstruktion auf Stützen, - Einbau neuer Gauben mit Zinkblechbekleidung und Einbau der Gauben fenster als Fenstertüren mit Außenrollladen, - Eingangsüberdachung aus feuerverzinkter Stahlkonstruktion auf Stützen, - geringfügige Grundrissveränderungen wie z.B. Öffnung in Trennwand zwischen Essen/ Wohnen im Obergeschoss. Bild 2.29: Osten neu [17] 2.1.1.5 Planungskonzept Die Wohnungen im OG/DG sollten qualitativ - durch Balkone, bessere Belichtung und Zusammenlegung von 4 bestehenden Wohnungen zu 2 großzügigen Maisonettwohnungen - aufgewertet werden. Da aus denkmalpflegerischen Gründen die Backsteinassade zu erhalten war, wurde der Wärmeschutz der Außenwände als Innendämmung geplant. Weiterhin war eine Zwischensparrendämmung der neuen Dachstuhlkonstruktion und die Dämmung der Erdgeschosswohnungen gegen den ungeheizten Keller unter der Kellerdecke vorgesehen. Die Warmwasserbereitung durch die neue Heizungsanlage sollte mit einer kleinen Solarthermieanlage unterstützt 28 Bild 2.30: EG neu [17] Sanierung der Bausubstanz - Aufbau einer neuen Dachkonstruktion aus Leimbindern in Höhe der Zwischensparrendämmung, - Montage eines neuen Ringankers, - Fassadenreinigung durch NiederdruckRotationswirbelverfahren und Versiegelung durch Hydrophobierung. Umbau - Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen Energetische Sanierung Bild 2.31: Systemschnitt [17] - Dachdämmung mit 40 cm EPS Hartschaumplatten, Innenbekleidung des Daches aus PCM-Gipsbauplatten als Latentwärmespeicher, - Dämmung der Kellerdecke mit 7 cm Bodendämmplatte von oben und 10 cm Dämmplatte von unten, jeweils aus EPS- Hartschaum, - Innendämmung der Fassade unter Verwendung von Verbundplatten aus 8 cm EPS-Hartschaum und Gipskarton, einer Dampfbremse und einer raumseitigen Gipskartonplatte (punktuelle Schädigungen der Dampfbremse bei der Montage wurden in Kauf genommen), ▪ Weiterführung der Dämmung in die Fensterlaibungen (unter Vergrößerung der Maueröffnung), ▪ Weiterführung der Innendämmung als Dämmschürze (50 cm) an Boden, Decke und Innentrennwänden zur Vermeidung von Wärmebrücken, - Einbau von 3-fachverglasten Passivhausfenstern aus Kunststoff, - Einbau eines Gasbrennwertkessels (8-24 kW), - dezentrale kontrollierte Be- und Entlüftung, Luftwechselrate 0,5 – 0,7/ Std., 80% Wärmerückgewinnungsgrad , - Montage einer Solarthermieanlage auf dem Garagendach (10 m2). Bild 2.32: Detail Wandaufbau [17] Bild 2.33: Detail Dachaufbau [17] 29 Umbau - Mehrfamilienhaus in Ludwigshafen Bild 2.34: Begleitdämmung Decke/ Wand [15] Bild 2.35: Begleitdämmung Wand/ Boden [15] Bauteile Ausgangszustand Ausführung Kellerdecke U = 2,276 W/(m²K) U = 0,272 W/(m²K) Außenwände U = 1,548 W/(m²K) U = 0,303 W/(m²K) Fenster U = 2,600 W/(m²K), geschätzt U = 1,17 W/(m²K) Dach U = 1,314 W/(m²K) U = 0,087 W/(m²K) Transmissionswärmeverlust H´T = 1,52 W/(m²K) H´T = 0,34 W/(m²K) Jahres-Primärenergiebedarf Q´´P= 353 kWh (m a) Q´´P= 56 kWh/(m2a) 2 Tabelle 2.3: Wärmedurchgangskoeefizienten der Bauteile sowie spezifischer Transmissionswärmeverlust und Jahres-Primärenergiebedarf 2.1.1.7 Bewertung Das Beispielgebäude der BASF-Werkssiedlung in Ludwigshafen zeigt, dass mit entsprechendem Aufwand auch bei Bestandsgebäuden ein sehr guter Neubaustandard (KfW 60) erreicht werden kann. Dieses unter den erschwerenden Bedingungen des Ensembleschutzes, die dazu führten, dass die Außendämmung der Fassade durch eine Innendämmung realisiert werden musste. Das Sanierungskonzept beleuchtet - wie auch bei dem vorher gezeigten Beispiel das gesamte Gebäude und gewichtet die Maßnahmen an den einzelnen Gebäudeteilen je nach Möglichkeiten und Nutzen. So konnten „schwächere“ Bauteile - wie die Außenwände - durch andere Maßnahmen, wie beispielsweise dem Einbau einer kontrollierten Lüf- 30 tungsanlage und einer Dachdämmung mit sehr hohen Wärmedämmwert, wieder ausgeglichen werden. Dieser Ansatz führt bei konsequenter Anwendung auch bei denkmalgeschützten Bauwerken zu hervorragenden Ergebnissen, ohne die historischen Bausubstanz maßgeblich zu beeinträchtigen. Auch wenn die Dimension der hier verwendeten Dämmstoffdicken (40 cm Dachdämmung) nicht für jeden Bauherren eine wirtschaftliche Lösung darstellen wird, so führt der prinzipielle Planungsansatz dennoch zu guten Lösungen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich die Materialkosten bei einem ohnehin neu aufzubauenden Dach relativieren. Die U-Wert-Verbesserung des Bauteils „Dach“ hat erheblich zum energetischen Gesamtziel, den Transmissionswärmeverlust der Gebäudehülle insgesamt zu minimieren, beigetragen. Umbau - Einfamilienhaus in Werder/ Havel 2.1.3 Einfamilienhaus in Werder/ Havel – Innendämmung mit Porenbeton 2.1.3.1 Bestandsbeschreibung 2.1.3.3 Baulicher Zustand Das seit 2004 denkmalgeschützte, zweigeschossige Gebäude aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts liegt in Werder auf dem Inselstadtteil direkt auf der Achse vom Stadtzentrum zur ehemaligen Fähranlegestelle. Es befindet sich somit in exponierter Lage und repräsentiert mit seiner Vorderansicht die typische Architektur des Historismus. Das Gebäude wurde als traufständiger, verputzter Ziegelbau mit Krüppelwalmdach und horizontalen Gliederungselementen an der straßenseitigen Grundstücksgrenze angeordnet. Der Bestand war in einem sanierungswürdigen Zustand. Alle Wände wiesen Feuchtigkeitsschäden auf und waren zum Teil vom Hausschwamm befallen. Die Putzflächen der Giebel- und Gartenseite - aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts - waren ebenfalls in großen Bereichen schadhaft. Dies galt ebenso für die Dacheindeckung aus Betondachsteinen. Fünf Kastendoppelfenster im Obergeschoss können der Orginalbauzeit zugeordnet werden. Alle anderen wurden später eingebaut und als erneuerungsbedürftig eingestuft. Bild 2.37: Bestand Straßenseite [18] Bild 2.36: Lageplan Übersicht [18] Bild 2.38: Bestand Gartenseite [18] 2.1.3.2 Gebäudekenndaten 2.1.3.4 Ziel der Modernisierung Bauherr: Architekt: Das ehemals aus zwei Wohnungen bestehende Gebäude sollte in ein großzügiges Einfamilienhaus umgebaut und gleichzeitig die Wohnfläche durch einen Dachgeschossausbau erweitert werden. Der Wunsch des Bauherrn war, neben der Sanierung der Bausubstanz sowie der Erhaltung und Betonung der historisch wertvollen Gebäudemerkmale, gleichzeitig eine energetische Sanierung mit neuer Heizung und zusätzlichen Wärmedämmmaßnahmen umzusetzen. Michael Falk planstudio ARCHITEKTEN, Dipl.-Ing. Monika Hermann, Dipl.-Ing. Ulrich Ertelt, Werder/ Havel Standort: 14542 Werder/ Havel Baujahr: ca, 1870 - 1900 Ehemalige Nutzung: MehrfamilienWohnhaus Umbau: 2005 WFL: ca. 265 m² Baukosten: ca. 1.130,- €/m² WFL Sonstiges: Einzeldenkmal 31 Umbau - Einfamilienhaus in Werder/ Havel Bild 2.39: Lageplan [18] 32 Bild 2.40: Ansicht Straßenseite neu [18] Bild 2.42: Straßenseite neu [18] Bild 2.41: Ansicht Gartenseite neu [18] Bild 2.43: Gartenseite neu [18] 2.1.3.5 Planungskonzept 2.1.3.6 Umsetzung Für die Räume zur Gartenseite und das zu Wohnzwecken auszubauende Dachgeschoss sollten bessere Belichtungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dies sollte durch die Vergrößerung der Fensterflächen und durch den Einbau neuer Dachgauben umgesetzt werden. Bei der energetischen Sanierung sollte unter Beachtung der denkmalpflegerischen Aspekte Neubaustandard erreicht werden. Dabei spielte im Denkmalkonzept besonders die straßenseitige Ansicht des Gebäudes eine wichtige Rolle. Um die komplette Gebäudehülle in die Wärmedämmmaßnahmen einbeziehen zu können, wurde an der straßenseitigen Fassade eine Innendämmung geplant. Damit konnten dort die erhaltenswerten Stuckelemente bewahrt werden. Für alle anderen Außenwände war eine neue Fassade mit Außendämmung - die farblich und strukturell dem Originalbestand angepasst wurde - vorgesehen. Mit der Sanierung der nicht bauzeitlichen Fenster, sowie der Haustür und des Daches nach dem Originalbestand, sollte die Straßenfassade wieder ihren repräsentativen Charakter erhalten. Gestalterische Maßnahmen - Rückbau der vorhandenen Schleppgaube, - Ergänzung von zwei symmetrisch angeordneten Fledermausgauben, die auch historisch gesichert sind, - Einbau von je zwei zusätzlichen Fenstern giebelseitig im Dachgeschoss, - Rekonstruktion der Fensterfaschen und Gesimse, - Restaurierung und Rekonstruktion der Stuckdecken (Anpassung im Bereich der Innendämmung), - Änderung der gartenseitigen Fenster zu Terrassentüren, - Austausch der Eingangstür (die bestehende Haustür von ca. 1970 war nicht erhaltenswert). Sanierung der Bausubstanz - Trockenlegung und Abdichtung der Außenwände, - Erneuerung der Fenster im Erdgeschoss, straßenseitig, nach historischen Vorbild (Fenster von 1933), - neue Dacheindeckung. Umbau - Einfamilienhaus in Werder/ Havel Energetische Sanierung Bild 2.44: EG [18] Bild 2.45: OG [18] - Ausmauerung sämtlicher Heizkörpernischen und der zwei Außenwände des zukünftigen Gästezimmers mit Porenbetonsteinen, - 12 cm dampfdiffusionsoffene Innendämmung aus Porenbeton ▪ Die Innendämmung wurde direkt an die Dämmung der Sohlplatte angeschlossen. ▪ Auch zwischen den Balkenköpfen der Decke wurde die Innendämmung weitergeführt. ▪ Auf eine Weiterführung der Innendämmung als Schürze an den Innenwänden wurde, nach rechnerischer Überprüfung, verzichtet. ▪ Wärmedämmputz in der Fensterlaibung, - 14 cm WDVS an allen anderen Außenwänden, - 16 cm Zwischensparrendämmung und 4 cm Untersparrendämmung aus Mineralwolle, - 15 cm EPS auf Sohlplatte im nichtunterkellerten Bereich, - Kappenkellerdecke von oben und unten gedämmt, - Einbau von Isolierglasfenstern im Erdgeschoss. - Einbau von Isolierglasscheiben in die inneren Fensterflügel der vorhandenen Kastenfenster, - Einbau einer Gas-Brennwerttherme - Fußbodenheizung im EG, Heizkörper im OG und DG. Da die Innendämmung mit einer dampfdiffusionsoffenen Dämmplatte aus Porenbeton erstellt wurde, ist zunächst die Gefahr einer Feuchteanreicherung durch Tauwasser im Inneren der gedämmten Außenwand nicht auszuschließen. Aus diesem Grund wurde zur Bemessung der Innendämmung ein rechnerischer Nachweis des Tauwasserhaushalts zu Grunde gelegt. Bild 2.46: DG [18] Bild 2.47: Schnitt [18] Rot ist die neu gedämmte Gebäudehülle markiert. 2.1.3.7 Bewertung Durch die Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen am Einfamilienhaus in Werder wurde ein historisch wertvolles Gebäude, unter Berücksichtung der Belange der Denkmalpflege, auf Neubauniveau gebracht. Damit wird für die Bewohner ein Gebäude mit hoher Wohnqualität, einem ausgeglichenen Raumklima bei zukünftig niedrigen Energiekosten, erreicht. Trotz einer kompletten Dämmung der Gebäudehülle konnten die historisch relevanten Gebäudeteile, wie die Straßenfassade mit dem in Teilen bauzeitlichem Fassadenschmuck und den historischen Fenstern, erlebbar gemacht werden. Dies wurde durch eine behutsame Aufarbeitung der Kastenfenster und den straßenseitigen Einbau einer Innendämmung realisiert. Durch die energetischen Sanierungsmaßnahmen wurde der Neubaustandard erreicht, obwohl dieser für das Einzelbauteil „Straßenfassade“ nicht zutrifft. 33 Umbau - Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen 2.1.4 Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen Innendämmung eines historisches Fachwerks mit Stamp ehm Bild 2.48: Lageplan [19] 2.1.4.1 Bestandsbeschreibung 2.1.4.2 Gebäudekenndaten Das dreiseitig freistehende, zweigeschossige Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert liegt in der Sichtachse der Ortsdurchfahrt auf der Straßeninsel im Zentrumsbereich und bildet mit dem Rathaus den historischen Kern von Treuenbrietzen. Es ist Teil der ehemaligen historischen Hackerbuden, die sich im Laufe der Jahrhunderte aus offenen Markständen zu geschlossenen baulichen Anlagen entwickelten. Das Gebäude gehört somit zum ältesten Baubestand der Stadt. Bauherrn: Andreas Bruns Architekt: Dipl.-Ing. Hannes Blancke, Baubüro Schöneberg Standort: 14929 Treuenbrietzen Bauzeit: ca. 2.Hälfte 16.Jhr. Nutzung vor der Sanierung: EG: Gastronomie und Bibliothek, OG: 2 Wohnungen, Teilleerstand seit 1995 Derzeitige Nutzung: EG: Laden, OG: 2 Wohnungen Umbau: 2002 WFL: Wohnung 1: 53 m2, Wohnung 2: 74 m2 Sonstiges: Einzeldenkmal Baukosten: 1200,- €/m² WFL, bzw. Gewerbefläche Das Erdgeschoss besteht aus Mauerwerk. Dieses wurde in einer späteren Bauphase unter das Gebäude gesetzt, da die Fachwerkkonstruktion erneuert werden musste. Dagegen stellt sich das Ober- und Dachgeschoss nach wie vor aus historischem Fachwerk, mit Andreaskreuzen und rautennetzförmigen Giebelfüllungen dar. Dieser Teil des Gebäudes ist es auch, der durch seine Originalität der historischen Zimmermannsarbeiten - die Hölzer des Dachstuhls wurden auf das Jahr 1563 datiert - besondere Wertschätzung verdient. 2.1.4.3 Baulicher Zustand Bild 2.50: Fachwerk Süd-Ost [19] Bild 2.49: Historische Altstadt Treuenbrietzen [19] 34 Bild 2.51: Bestand Nord-Ost [19] 2.1.4.4 Ziel der Modernisierung Das Gebäude sollte in seiner historischen Struktur weitestgehend erhalten werden, die Nutzung sollte sich diesem Ziel unterordnen. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei dem Erhalt der Fachwerkfassade und des Dachstuhls, ein Ausbau des Dachgeschosses war aus denkmalpflegerischen Gründen ausgeschlossen. Die baulichen Gestaltungsdetails sollten mit Denkmalpflege und Bauamt abgestimmt werden. Bild 2.52: Ansicht Süd-Ost [19] Umbau - Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen Das Gebäude wies altersbedingte Setzungen, Feuchtigkeitsschäden im Sockelbereich sowie starke Verformungen und Schädigungen der Bausubstanz bedingt durch den Teilleerstand - auf. 2.1.4.5 Planungskonzept - Sanierung und Modernisierung mit Wiederherstellung der schadhaften Fachwerke, - Optimierung der Wohnungsgrundrisse, Vergrößerung der Wohnung 2, - Abbruch des aus dem 19.Jhr. stammenden Anbaus, der den am besten erhaltenen Teil des Fachwerks im Nordwesten verdeckt, - Neubau des Anbaus im Bereich der stark beschädigten Außenwand, - Überbauung der historisch wertvollen, überlasteten Dachkonstruktion mit einem neuen Kehlbalkendach, - Innendämmung der Außenwände im OG, - Dämmung der Bodenplatte und der Geschossdecke zum Dachgeschoss. Bild 2.53: Ansicht Nord-Ost [19] Bild 2.54: Ansicht Nord-West[ 11] 2.1.4.6 Umsetzung Gestalterische Maßnahmen Bild 2.55: Nord-Westen neu [19] Bild 2.56: Ostansicht neu [19] - Wohnung 1: Großzügigeres Schlafzimmer und Flurbereich durch Versetzung von zwei Trennwänden, - Wohnung 2: Freilegung der Gefache einzelner Wände, Erweiterung um zwei Räume durch den neuen Anbau auf der Nordwestseite, - Erneuerung der Holzdielen in den Wohnbereichen, - Auftrag von Kalkschlämme auf die Ausfachungen der Außenwände im OG, - Anstrich des Fachwerks mit dunkelgrauer Lasur und der restlichen Außenfassade im ursprünglichen Rot nach Befund, - Einbau von neuen Fenstern im OG und Dachgiebel als Kastenfenster mit historischen Profilen und Sprossen – weißer Anstrich, Einbau von drei zusätzlichen Fenstern in die bestehenden Gefache, - Dacheindeckung: rote Falzbiberziegel, Regenrinnen und –fallrohre: Titanzink. 35 Umbau - Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen Sanierung der Bausubstanz Energetische Sanierung - Freilegung der Feldsteinfundamente, Ersetzen des vorh. Kalkmörtels, - Ausbesserungen der Putze, - Erneuerung der Bodenplatte, - Freilegung der Deckenbalken (EG), vorbeugender Holzschutz, Verstärkung mit Stahlträgern und Holzbohlen, Wiedereinbringung der ursprünglichen Lehmschüttung, - Aufbau eines neuen Kehlbalkendachstuhls mit mittiger Pfettenunterstützung, einer in Längsrichtung eingebauten Strebe zur Dachaussteifung und konstruktiver Anbindung der bestehenden Giebelwand (unter Anpassung an die Verformung des best. Gebäudes), - Erneuerung der Elektro- und Sanitärinstallation. - Einbau einer Zentralheizung mit GasBrennwertkessel, - Innendämmung der Außenwände im OG aus 50 mm Wärmedämmlehm bestehend aus Lehm, Stroh, Kieselgur und Korkschrot, Einbau hinter einer „Kletterschalung“ ohne Dampfsperre, lagenweise eingestampft und verdichtet, anschließend mit Putzträger überspannt und mit einem Kalktrass-Innenputz verputzt (U-Wert = 0,74 W/(m2K)). Damit wird die Mindestanforderung nach DIN 4108 erfüllt, die Anforderungen der EnEV können jedoch nicht erreicht werden. - Dämmung der Decke OG zum nicht ausgebauten Dachgeschoss mit 180 mm mineralischer Wärmedämmung (U = 0,2 W/m2K), - Dämmung der Bodenplatte mit 100 mm Wärmedämmung (U = 0,35 W/m2K), - Neue Kastenfenster als Isolierglasfenster mit einem Ug-Wert von 1,3 W/m2K. Der zulässige Jahresheizwärmebedarf von 26,3 kWh/(m3a) wurde mit 26,0 kWh/(m3a) erfüllt. Bild 2.57: freigelegtes Fachwerk Traufseite [19] 36 Bild 2.58: freigelegtes Fachwerk Giebelseite OG [19] Bild 2.60: Schnitt [19] Rot: neue Dämmung Bild 2.59: freigelegtes Fachwerk und Dachstuhl [19] Bild 2.61 : Grundriss OG neu [19] Umbau - Wohn- und Geschäftshaus in Treuenbrietzen 2.1.4.7 Bewertung Nach den Sanierungsmaßnahmen zeigt sich das Fachwerkgebäude in Treuenbrietzen in neuem Glanz. Durch die behutsame Sanierung und Ergänzung der Fassade kommt das historische Gebäude wieder voll zur Geltung. Dabei wird deutlich, dass Fachwerkgebäude im Vergleich zu Massivgebäuden einen wesentlich sensibleren Umgang mit ihrer Bausubstanz benötigen. Dies liegt vor allem am Konstruktionsmaterial Holz, das seine jahrhundertelange Haltbarkeit hier exemplarisch unter Beweis stellt. Jedoch werden einem auch die Schwachstellen von Fachwerkhäusern verdeutlicht. Dies sind in erster Linie die Empfindlichkeit gegen Feuchtigkeit, der bei unserem Beispielgebäude bereits Teile des Erdgeschosses zum Opfer gefallen sind. Aber auch die Verformungsfähigkeit – das „Wegkriechen des Holzes“ unter lang anhaltender Überlast – bringt so manchem Fachwerkgebäude bizarre Wölbungen, teilweise im Dezimeterbereich, ein. Die wichtigste Frage bei der Sanierung von Fachwerkgebäuden stellt sich jedoch bei der wärmetechnischen Ertüchtigung der Außenwände von fachwerksichtigen Fassaden. Hier sollte unbedingt bedacht werden, dass eine Fachwerkfassade auf Dauer nicht schlagregendicht hergestellt werden kann. Es ist also damit zu rechnen, dass zwischen Holz und Ausfachung Wasser eintritt. Die Sanierung muss deshalb so gewählt werden, dass evtl. eingedrungenes Wasser wieder ausdiffundieren kann. Dies ist erfahrungsgemäß dann am besten möglich, wenn ein diffusionsoffener Wandaufbau sowohl auf der Innen- als auch auf der Außenseite eingesetzt wird. Damit es bei der Verwendung von diffusionsoffenen Bild 2.62: Wandaufbau neu [19] Innendämmungen nicht zu Kondensationsschäden innerhalb der Außenwand führt, ist eine Begrenzung der Dämmwirkung nötig. Hier ist der rechnerische Nachweis im Einzelfall durch einen Fachplaner zu führen. Erfahrungsgemäß ist bei einem schadensfreien Aufbau die Einhaltung der Mindestanforderung an den Wärmeschutz nach DIN 4108 möglich. Die Anforderung der EnEV kann jedoch für historische Fachwerkaußenwände in der Regel nicht erreicht werden. Dies ist auch beim Treuenbrietzener Fachwerkgebäude zu beobachten. Da die energetischen Maßnahmen im Gesamtpaket zu bewerten sind, fällt dies jedoch nicht so sehr ins Gewicht. Durch die wärmetechnische Verbesserung von Boden, Decke und Fenster in Kombination mit einer sehr guten Heizungsanlage wurden die Anforderungen insgesamt trotzdem erreicht. 37 Modernisierungsbeispiele - Umnutzung 2.2 Umnutzung zu Wohnzwecken Mit der Veränderung der wirtschaftlichen Situation in den letzten 10 bis 20 Jahren sind einige Industrie- und Gewerbebrachen entstanden, deren Anzahl in den Städten und Dörfern weiter zunimmt. Die leerstehenden Gebäude werden immer häufiger als neu zu nutzende Bauvolumen wahrgenommen. das historische Dokument, dieses wird aber in seiner neuen Funktion als Wohngebäude den Menschen zugänglich und näher gebracht. Die Revitalisierung ist in vielen Fällen die Grundvoraussetzung für den Erhalt der wertvollen Bausubstanz und damit stehen solche Vorhaben in besonderem öffentlichen Interesse. Neben den großen Industriebrachen gibt es eine Vielzahl von kleineren, ehemals gewerblich genutzten Objekten, die - zu Wohnzwecken umgenutzt - für Menschen interessant werden, die den Leerstand als Möglichkeits(t)raum für ihre persönlichen Bedürfnisse sehen. Als Beispiele können ehemalige Scheunen, Lagerstätten, Brauereien, handwerklich und landwirtschaftlich genutzte Gebäude genannt werden. Der besondere Reiz für eine Umnutzung liegt neben der meist besonderen Lage und Umgebung in den vielfältigen Möglichkeiten zur Schaffung von individuellen Wohnformen. Die oft für Wohnungsverhältnisse großzügigen und ungewöhnlichen Räumlichkeiten mit klaren und einfachen Grundrissen lassen sich neu strukturieren und nach den jeweiligen Bedürfnissen einteilen. Daneben gibt es auch andere brachliegende Sonderbauten, wie z.B. Kirchen, Mühlen und Wassertürme, deren ursprüngliche Funktion verloren ging. Mit der Umnutzung dieser historisch wertvollen Gebäude werden die Identität und die prägenden Merkmale wieder ins Bewusstsein geholt. Das Gebäude als Zeitzeugniss wird wieder erlebbar. Meist ist die Geschichte des Gebäudes an der formalen Gestalt ablesbar - manche ehemaligen Funktionen sind an Hand der inneren Struktur noch erkennbar. Die Nutzungsänderung und die dadurch bedingte Umgestaltung „verfremdet“ zwar 38 Dabei ist es wichtig, eine gelungene Synthese zwischen der bestehenden Gebäudestruktur und dem neuen Raumbedarf unter Beibehaltung des historischen Charakters zu finden. Die Spannweite der Möglichkeiten zwischen „Wohnen im Museum“ und einer ablesbaren Veränderung, die erzählende Gebrauchspuren der früheren Nutzung hinterlässt, ist groß. Im Folgenden werden zwei Beispiele für die Umnutzung eines Gebäudes dargestellt, bei denen eine sinnvolle Transformation moderner Wohnformen in die alte Struktur und ein sensibler Umgang mit Form und Material besonders wichtig war. 2.2.1.1 Bestandsbeschreibung 2.2.1.2 Gebäudekenndaten Die zum Wohnhaus umgebaute ehemalige Außenstelle der Botschaft der Republik Iran ist ein Bestandteil von Konsulatsund Residenzgebäuden der ehemaligen DDR zwischen der Ibsenstraße und der Esplanade in Nordsüdrichtung bzw. der Berliner Straße und der Stavangerstraße in Ostwestrichtung in Berlin. Bauherrn: Bauherrengemeinschaft, bestehend aus 6 Eigentümern, die sich für die gegenseitige finanzielle Absicherung zu einer Gbr mit einem Modus des Mehrheitsverhältnisses für Entscheidungen von 5:1 zusammen geschlossen haben. Architekt: Dipl.-Ing. Mirjam von Busch, Dipl.-Ing. Michael Strauch Standort: 10439 Berlin Baujahr: ca. 1976 Ehemalige Nutzung: Iranische Botschaft bis ca. 1995, danach Leerstand im Besitz des Bundes Umbau: 2003 Baukosten: ca. 800,- €/m² WFL zzgl. einem hohen Anteil von Eigenleistung WFL: ca. 170 m2 pro Etage Sonstiges: nicht denkmalgeschützt, städtebauliche Auflagen: Vorgarten und hinterer Garten dürfen nicht bebaut werden, seitliche Anbauten sind möglich. Dieses Gebäude repräsentiert in besonderem Maße eine zeitgeschichtliche Bauaufgabe im Zusammenhang mit der politischen Entwicklung der ehemaligen DDR. Den hochwertigen Grundtypus für die drei etwas vereinfachten standardisierten Folgetypen, die in diesem Gebiet Ende der 60er bis Ende der 70er Jahre realisiert wurden, hat der Architekt Eckhardt Schmidt entwickelt. Ein kubischer Baukörper, der sich in seinem Volumen in die vorhandene Villenbebauung am Heinrich-Mann-Platz einpasste, sich ansonsten aber der damals modernen Architektursprache bediente: „Zwei identische Haushälften umklammern eine zurückspringende durchgesteckte Korridorzone, die als transparente Fuge gedacht war und aus der heraus sich kleine Balkone entwickeln.“ [20] Daraus entstand eine Ansiedlung mit 25 weiteren Botschaftsgebäuden, die z.T. in modifizierter, vereinfachter Version gebaut wurden. Bild 2.63: Lageplan - Übersicht aller ehemaligen Botschaftsgebäude in Pankow [20] Bild 2.65: Bestand SüdenStraßenseite [21] Bild 2.66: Bestand Osten [21] Bild 2.67: Bestand NordWesten - Gartenseite [21] Bild 2.64: Lageplan [21] 39 Umnutzung - ehemalige Botschaft in Berlin/ Pankow 2.2.1 Umnutzung eines ehemaligen Botschaftsgebäudes Wohnhaus in Berlin-Pankow Umnutzung - ehemalige Botschaft in Berlin/ Hauptkapitel Pankow 2.2.1.3 Bauliche Zustand Der bauliche Zustand des Gebäudes war dem Baualter entsprechend gut. Die Außenwände waren trocken, nur die Innenwände wiesen vereinzelt Feuchtigkeitsschäden auf, die von Kondenswasser der zwischen der doppelten Bodenplatte verlaufenden Wasserleitungen und von maroden Regenwasserrohrleitungen hervorgerufen wurde. Außer einigen Beschädigungen im Innenraum durch Vandalismus in der Leerstandszeit und schadhafte Stellen an den historisch wertvollen Fliesen der Fassade - die die Fenster zu vertikal betonten Streifen einfassen - waren keine weiteren Mängel vorhanden. 2.2.1.4 Ziel der Modernisierung Ziel der Eigentümergemeinschaft war es, drei großzügige Wohneinheiten mit je einer Einliegerwohnung für flexible Nutzungsmöglichkeiten zu schaffen. Auf jeder Etage sollten zwei Erwachsene mit Kindern wohnen, die jeweils individuellen Bedürfnisse an die Raumaufteilung und die Belichtung der Räumlichkeiten verwirklichen wollten. Zur besseren Grundrissausnutzung des Wohnbereichs sollte eine neue Lösung für die Erschließung der oberen Etagen geschaffen werden, da das vorhandene Treppenhaus in Größe und Lage für eine Wohnnutzung sehr ungünstig war. 2.2.1.5 Planungskonzept Bild 2.68: Bestand - Treppenhaus Eingang [21] Bild 2.69: Bestand - Treppenhaus Zugang zum Garten [21] - Neuer Zugang zu den oberen Wohnungen über eine neue Außentreppe, Entfernung der Innentreppe und Schließen des Treppenauges, - Großzügigkeit durch Zusammenfassung verschiedener Funktionsbereiche, - Orientierung der Hauptnutzungsflächen, nach Westen bzw. Südwesten als offenen Wohnbereich für optimale Tageslichtnutzung. Weiteres im EG: - Orientierung der Wohnräume nach Norden zum Garten, Abschottung zur Straßenseite, - Bad mit Fenster, - Abstellraum in der Mitte. Weiteres im 1.OG: Bild 2.70: Bestand - Treppenhaus 1. OG [21] Bild 2.71: EG Bestand [21] 40 - Bad mit Fenster, - Abstellraum in der Mitte. Bild 2.72: 1.OG Bestand [21] Bild 2.73: 2.OG Bestand [21] - Schaffung von Durchblicken und Sichtbeziehungen – „fließende Räume“, - offene Mitte – kurze Wege, - Kontraste zwischen Haupt – und Nebenräumen, - Stauräume in Einbaumöbeln. 2.2.1.6 Umsetzung Bild 2.74: Kochen - Essen Wohnung 2.OG Gestalterische Maßnahmen Bild 2.75: Durchblick 2.OG - Lage der neuen Treppe auf der gartenabgewandten Seite im Osten mit Abstand zum Gebäude als eigenständiges Element (optisch reduzierte Tragkonstruktion im Treppenauge), - Ersatz der nicht erhaltungsfähigen Fliesen auf der Westfassade durch einen erhabenen Farbstreifen in Fliesenfarbe, - neue Holzfenster, anthrazit lackiert, - Anordnung des Wohn-, Koch- und Essbereiches auf der Westseite, im 1. und 2. OG als durchgehenden Raum von Norden bis Süden, - Schlaf-, Kinder- und Badezimmer (außer dem Bad der Hauptwohnung im 2.OG) im Osten, bzw. Südosten, - großes Bad im 2.OG in der Mitte des Grundrisses, als offener Durchgang nutzbar (Schiebetüren, Belichtung mit teilverglaster Wand zum südseitigen Flur), - Einliegerwohnung im EG zur Straßenseite im Süd-Osten (da die Hauptwohnung zur Gartenseite orientiert ist), - Einliegerwohnung im 1. und 2.OG zum Garten im Nord-Osten (da die Räume der Hauptwohnung nach Süden orientiert sind), - Türen und Durchgänge in den Haupträumen raumhoch (tragende Wände), in den Trockenbauwänden 2,13 m hohe Türen (raumhohe Türen nachrüstbar). Bild 2.76: Süden - Straßenseite neu Bild 2.77: Nord-Westen Gartenseite neu Bild 2.79: EG neu [21] Bild 2.80: 1.OG neu [21] Bild 2.78: OstenTreppenanbau neu Bild 2.81: 2.OG neu [21] 41 Umnutzung - ehemalige Botschaft in Berlin/ Pankow Weiteres im 2.OG: Umnutzung - ehemalige Botschaft in Berlin/ Hauptkapitel Pankow Kapitel Sanierung der Bausubstanz und Veränderungen im Bestand: - Dachabdichtung, Trockenlegung der Innenwände, Einbringen einer neuen Bodenplatte, Erstellung von Durchgangsöffnungen in den zwei tragenden Mauerwerkswänden in Nordsüdrichtung und in die aussteifende Stahlbetonwand in OstWestrichtung, - Abbruch nahezu aller nichttragenden Innenwände, - Abbruch der bestehenden Treppe im Mitteltrakt und Schließung der Deckenöffnungen. Energetische Sanierung - Einbau einer Gasbrennwerttherme in jeder Etage (1 Anschluss im Gebäude, 3 Zähler im Haus), - Wärmedämmung der Bodenplatte , - Einbau neuer Isolierglasfenster, - Fußbodenheizung z.T. in den Bädern und Fluren, - Neuer Schornstein für später nachzurüstende Kaminöfen. Aus Kostengründen wurden Wärmedämmmaßnahmen der Außenwände auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. 42 2.2.1.7 Bewertung Durch den behutsamen Umgang mit der Außenfassade der umgenutzten ehemaligen Botschaft ist der rationale und klar strukturierte Charakter der klassischen Moderne erhalten und verstärkt worden. Die für die neue Erschließung offen gestaltete Treppe als Solitär mit respektvollen Abstand zum Gebäude ist eine gelungene Lösung, da sie keine geschlossene Erweiterung, sondern ein eigenständiges baukonstruktives aber zurückhaltendes Element darstellt. Der Abriss der für die Grundrissorganisation störenden Treppe im Gebäudeinnern ist aufgrund der dadurch erreichten Wohnfläche durchaus vertretbar. Die Neuordnung der Räume in den jeweiligen Wohnungen ist mit sehr geringen strukturellen Veränderungen erreicht worden und bietet jedem Haushalt ein individuelles Raumkonzept. Im Zuge der durchgeführten Maßnahmen wäre eine gleichzeitige energetische Modernisierung sicherlich wünschenswert gewesen. Umnutzung - ehemalige Fleischfabrik in Potsdam/ Babelsberg 2.2.2 Umnutzung einer ehemaligen Fleischfabrik Mehrfamilienhaus für unterschiedliche Lebensformen in Potsdam Babelsberg 2.2.2.1 Bestandsbeschreibung Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex besteht aus einem Gründerzeitgebäude mit einem Zwischenbau (A + B), aus einem Gebäudeteil (C), der aus der ehemaligen Weberkolonie stammt und aus der ehemaligen Fleischfabrik im rückwärtigen Gebäudeteil (D). Das ehemals eingeschossige Weberhaus wurde in den 30-er Jahren aufgestockt und mit einem sehr flachen Satteldach versehen und war ursprünglich eine Doppelhaushälfte des Gebäudeteils, der sich auf dem Nachbargrundstück befindet. Nebengebäude der ehemaligen Fleischfabrik befanden sich im rückwärtigen Bereich (G+ H), die durch Wohngebäudeerweiterung (E+F) ersetzt werden sollen. Bild 2.82: Lageplan Bestand [18] Bild 2.83: Lageplan neu [18] 2.2.2.2 Gebäudekenndaten 2.2.2.3 Baulicher Zustand Bauherrin: Hilde A. Urnauer Architekt: planstudio ARCHITEKTEN, Dipl.-Ing. Monika Hermann, Dipl.-Ing. Ulrich Ertelt, Werder/ Havel Standort: 14482 Potsdam-Babelsberg Baujahr: Teilbereiche der Bausubstanz 1764 Ehemalige Nutzung: Teilbereiche als Fleischfabrik (bis 1997), ansonsten Wohnbereich Umbau: 2004 Neue Nutzung: Mehrfamilienhaus mit 6 Wohneinheiten (Drei-Generationen-Haus, z.T. behinderten- und altengerecht) Baukosten: ca. 1.500,- €/m² WFL WFL: ca. 430 m² Sonstiges: denkmalgeschützter Gebäudekomplex im Sanierungsgebiet Auszeichnung: 3.Preis des KfW-Award 2006 Das Gründerzeitgebäude (A) und ein Teil des rückwärtigen Gebäudekomplexes, die Fleischfabrik (D) befanden sich in einem guten sanierungsfähigen Zustand. Der bauliche Zustand des Zwischenbaus (B) und des ehemaligen Weberhauses (C) war nicht erhaltensfähig, alle Wände im EG waren vom Hausschwamm befallen. Die rückwärtigen Nebengebäude der Fleischfabrik (G+H) an der nördlichen Grundstücksgrenze waren z. T. in einem baufälligen Zustand. Bild 2.84: Straßenseite Bestand [22] Bild 2.85: Nebengebäude Bestand [22] Bild 2.86: Dachlandschaft Bestand [22] 43 Umnutzung - ehemalige Fleischfabrik in Potsdam/Hauptkapitel Babelsberg Kapitel 2.2.2.4 Ziel der Modernisierung Die Bauherrin hat diesen Gebäudekomplex erworben, mit dem Ziel drei Wohnungen für sich selbst sowie für zwei betreuungsbedürftige Personen (altengerecht und barrierefrei), zu schaffen. Der gewählte Standort entspricht einerseits der aus beruflichen Gründen gewünschten Nähe zu Berlin und andererseits dem gewohnten dörflichen Lebensumfeld der neuen Bewohner. Dabei war die räumliche Nähe von Einkaufs-, Versorgungsund Freizeitmöglichkeiten entscheidend. Ziel der geplanten und sich entwickelnden Hausgemeinschaft war, dass Eigentümer und Mieter sich in der Bewältigung des Alltags ergänzen und unterstützen. 44 Ein sozialer Ansatz, der die Vorteile gemeinsamen Zusammenwohnens von verschiedenen Generationen mit gleichzeitiger Sicherung der jeweiligen Privatsphäre verbindet. In der Planung sollten offene Wohnküchen, Energiekostenminimierung, strukturierte Verkabelung, die Verwendung von Naturbaustoffen und die sorgfältige Wiederaufarbeitung von historischen Bauteilen berücksichtigt werden. 2.2.2.5 Planungskonzept Aus den persönlichen Bedürfnissen und räumlichen Möglichkeiten entwickelten sich folgende Wohnungen: Bild 2.87: Grundriss EG neu Bild 2.90: Straßenseite neu Bild 2.88: Grundriss OG neu Bild 2.91: Straßenseite mit Nachbarbebauung Bild 2.89: Grundriss DG neu Bild 2.92: Rückansicht Wohnhaus über 3 Etagen mit einer Wohnung (ca. 117 m²) 2- 1 altengerechte Wohnung für 1 Person im EG (ca. 55 m²) 3- 1 rollstuhlgerechte Wohnung im EG (ca. 68 m²) 4/5- 2 Maisonettwohnungen für je 4 Personen im OG/DG (ca.88 + 98 m²) 6- 1 Wohnung für Senioren im EG (ca. 66 m²) 7/8- 1 Maisonettwohnung im EG/OG und 1 Wohnung im EG (ca. 169 + 75 m²) derzeit in der Realisierung Die weitere Planung auf dem Grundstück sieht auf dem Hinterhofareal zwei Wohnungen für ca. zwei und vier Personen (WHG 7 und 8) vor, die sich derzeit noch in der Realisierung befinden. Alle Wohnungen sollten einen Zugang zum barrierefreien Innenhofbereich und die nicht erdgeschossigen Wohnungen eine Terrasse erhalten. mit 36 cm Porotonwänden und einer Stahlbetondecke, die eine vorgeschriebene Raumhöhe von 2,45 m ermöglichte. Das Dach wurde in der Neigung an andere bestehende ehemalige Weberhäuser der Nachbarschaft angepasst. Der straßenseitigen Fassade wurde eine für die Weberkolonie charakteristische Optik zurückgegeben. Die Gebäudeteile des Gründerzeitgebäudes (A) und die wesentlichen Teile der ehemaligen Fleischfabrik (D) sind erhalten und mit geringfügigen Änderungen saniert worden. Die Nebengebäude der ehemaligen Fleischfabrik (G+H) im Hinterhofbereich sind abgebrochen worden, da diese keine historische Qualität aufwiesen und für eine Umnutzung zu Wohnzwecken nicht geeignet waren. Im Bestand wurden die Anforderungen der Energieeinsparverordnung um ca. 20 % unterschritten, ansonsten wurde der Neubaustandard erreicht. 2.2.2.6 Umsetzung 2.2.2.7 Bewertung Das Vorhaben fand in enger Abstimmung mit der unteren Denkmalbehörde statt, mit der für die verschiedenen Realisierungsphasen konsensfähige Lösungen entwickelt wurden. Die Bausubstanz des ehemaligen Weberhauses (C) und des Zwischenbaus (B) stellte sich auf Grund des massivem Hausschwammbefalls im EG und der dadurch entsprechenden schlechten Bausubstanz als nicht erhaltungsfähig heraus. Deshalb hat man eine Rekonstruktion dieses Gebäudeteils realisiert, Die Umnutzung der ehemaligen Fleischfabrik stellt eine sinnvolle Erweiterung der bestehenden Wohnungsnutzung in vielfältiger Form dar. Die dadurch ermöglichte Hausgemeinschaft von Bewohnern mit unterschiedlichsten Bedürfnissen ist eine beispielhafte Realisierung von Mehrgenerationenwohnen mit barrierefreien Teilbereichen. Durch gezielten Rückbau der in jüngster Zeit hinzugesetzten Nebengebäuden, wurde die historische Bausubstanz wieder zur Geltung gebracht. Durch den behutsamen Umgang mit der Baugeschichte und der Betonung der historisch wertvollen Merkmale ist ein Wohnensemble entstanden, das insbesondere im städtischen Kontext und bezüglich der sozialen Mischung eine herausragende Qualität entwickelt. Bild 2.93: Innenhof Bild 2.94: Innenhof von der Dachterrasse aus Umnutzung - ehemalige Fleischfabrik in Potsdam/ Babelsberg 1- 45 Modernisierungsbeispiele - Erweiterung 2.3 Erweiterung von Bestandsgebäuden Die Erweiterung ist oft die ökonomische Voraussetzung für eine langfristigeNutzung durch den derzeitigen Bewohner und in Folge auch für den Erhalt des Gebäudes. Damit bleibt das historisch wertvolle Bauwerk Teil der normalen Kontinuität der baulichen Veränderungen in der Stadt. Jede Erweiterungsmaßnahme stellt eine Veränderung des ursprünglichen Erscheinungsbildes des Gebäudes dar und nimmt Einfluss auf die städtebauliche Situation. In wieweit die Maßnahme als Anlehnung an den historischen Bestand oder als eigenständiges Element in der bestehenden Gebäudestruktur realisiert wird, hängt zunächst von der Art der Erweiterung ab. Die häufigste Form der Wohnraumerweiterung ist der Dachgeschossausbau - eine eher nach innen gerichtete bauliche Veränderung. Die dabei immer entstehende Frage der Belichtung kann bei geschicktem Umgang mit dem Bestand eine sich unterordnende oder aber auch eine sehr eigenständige Lösung darstellen. Ein zwangsläufig nach außen hin erlebbarer Gebäudeanbau oder ein Dachaufbau bedeutet hingegen Schaffung zusätzlichen Bauvolumens, dessen Gestaltung besonders sorgfältig geplant werden muss. 46 Neben der Gestaltungsfrage sind vor allem konstruktive Aspekte und die damit verbundene Materialanwendung interessant. Aus energetischen Gründen werden immer häufiger geschlossene Wohnhausanbauten realisiert - ob in leichter oder massiver Bauweise ist dabei nicht entscheidend. Eine durchaus gängige Methode der baulichen Ausdehnung ist der Ausbau - gerade dort, wo mangels Grundstücksfläche oder aus baurechtlichen Gründen kein Anbau möglich ist. Bei Schrägdächern ist das meist die Erweiterung des Dachgeschossvolumens durch Höhersetzen des Kniestocks. Die Wahl von Konstruktion, Material und Form, sei es in bewusst zurückhaltender oder hervorhebender Art und Weise, ist bestimmend für das Erscheinungsbild des veränderten und damit in seiner Wirkung neu entstandenen Gesamtbaukörpers. Die zwei nachfolgend beschriebenen Beispiele stellen im Hinblick der besonderen historischen Qualität mögliche Ansätze im Umgang mit dem historischen Bestand dar. 2.3.1.1 Bestandsbeschreibung (A) (B) Bild 2.95: Lageplan [23] Bild 2.96: Lageplan Gutspark Groß Glienicke mit ehemaligen Bestandsgebäuden und dem Verlauf des ehemaligen Mauerstreifen Das ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäudeensemble befindet sich im ehemaligen Gutspark von Groß Glienicke am nordöstlichen Ende des Groß Glienicker Sees und wurde um 1900 als brandenburgische Zweckbauten zweigeschossig errichtet. Das Ensemble besteht aus einem Haupt- und einem Nebengebäude. Das Hauptgebäude (A) diente als Kindergarten für die Landarbeiterkinder und das Nebengebäude (B) - die Alte Manufaktur - als Unterkunftsgebäude für Arbeiter und als Lager. Besonders wertvoll am Hauptgebäude ist die Schmuckfassade aus rot-gelben Ziegeln, der horizontale Schmuckfries, die abgestuften Gesimse und die flachbogigen Fenster. Die beiden Gebäude wurden aufgrund ihrer sozial-, orts- und baugeschichtlichen Bedeutung 2002 unter Denkmalschutz gestellt. Wohnhäuser sowie auf östlicher Seite das ebenso neogotische Potsdamer Tor mit dem Kinderheim („Erntekindergarten“), die Alte Manufaktur, die Turmruine und die Familiengrabstätte erhalten. Seit 2003 bemüht sich der „Gross Glienicker Kreis e.V“ um die Sanierung des Gutsparks und die Restaurierung des Potsdamer Tores. Umfeld Der ehemalige Gutspark der Rittmeister von Wollank hat sich nach einem halben Jahrhundert in ein verwildertes Gelände verwandelt, dessen ursprüngliche Strukturen kaum noch erkennbar sind. Nachdem die innerdeutsche Grenze mitten durch das Anwesen führte, wurden die meisten Gebäude abgerissen, sofern sie nicht, wie Schloß und Orangerie, schon vorher ein Opfer der Flammen wurden. Auf westlicher Seite blieben das neogotische Spandauer Tor und zwei weitere 2.3.1.2 Gebäudekenndaten Bauherren: Silke und Mathias Mönchmeier Architekt: 3PO > Bopst Melan Architektenpartnerschaft BDA, Potsdam Standort: 14476 Groß Glienicke Baujahr: Um 1900 Umbau: 2003/ 2004 Sonstiges: Einzeldenkmal seit 2002 Haus A: Ehemalige Nutzung: Erntekindergarten für Landarbeiterkinder, Leerstand seit 1991 Baukosten: ca. 360.000 €, WFL: 255 m² Haus B: Ehemalige Nutzung: Unterkunftsgebäude für Landarbeiter und als Lager, nach dem 2.Weltkrieg als Gebäude für Industrieleuchtenmontage, Leerstand seit 1991 Baukosten: ca. 450.000 €, WFL: 265 m² 47 Umnutzung und Erweiterung - Wohnen im Gutspark Groß Glienicke bei Potsdaam 2.3.1 Wohnen im Gutspark Groß Glienicke - Umnutzung und Erweiterung von ehemaligen Wirtschaftsgebäuden bei Potsdam Umnutzung und Erweiterung - Wohnen im Gutspark Groß Glienicke bei Hauptkapitel Potsdaam 2.3.1.3 Bauliche Zustand 2.3.1.4 Ziel der Modernisierung Seit der Wende standen beide Gebäude leer und waren der Witterung und dem Vandalismus ausgesetzt, so dass sie sich zu Beginn der Baumaßnahmen Anfang 2003 in einem ruinösen Zustand befanden. Das Ziel der Modernisierung war die Umnutzung der beiden Gebäude zu Wohnzwecken mit Sanierung und Restaurierung in denkmalgerechter Form unter Erhaltung der jeweils spezifischen räumlichen Situation mit einem modernen Innenleben. Der ehemalige Kindergarten (A) sollte zum Einfamilienhaus für die Bauherrn, unter Beibehaltung der Großzügigkeit des Gebäudes, umgebaut werden. Aus der früheren Alten Manufaktur sollte ein Doppelwohnhaus mit erweitertem Wohnraum entstehen. Der Dachstuhl und die Holzbalkendecke waren vom Hausschwamm befallen. Außerdem wurde in der ehemaligen Manufaktur ein Brandschaden vorgefunden, der auch Fassadenteile betraf. (B) (A) (B) Bild 2.97: Gartenseite Bestand [23] Bild 2.100: Gartenseite neu [23] (A) Bild 2.98: Straßenseite Erntekindergarten Bestand [23] 48 (A) (A) Bild 2.101: Straßenseite ehemaliger Erntekindergarten neu [23] (B) (B) Bild 2.99: Straßenseite Alte Manufaktur Bestand [23] Bild 2.102: Straßenseite ehemalige Alte Manufaktur neu [23] Haus A: - Zentrale Erschließung, - Nutzung der großzügigen Raumsituation im EG als Wohn-, Ess- und Kommunikationsraum, - Küche, Speisekammer und WC im EG, - großzüges Elternschlafzimmer mit Ankleide, Bad und Gäste-, Kinderzimmer mit eigenem Duschbad im OG, - zentraler Aufenthaltsraum. Haus B: - Zentrale Erschließung, - Essen als Kommunikationsmittelpunkt zwischen Küche und Wohnen im EG, - Sichtbeziehung zum OG über Galerie, - je 3 gleichwertige Schlafzimmer im OG, - zentral angeordnetes Bad, - Schaffung eines erweiterten Wohnraums zur Süd-/ Seeseite durch symmetrisch angesetzten Anbau. (B) (A) Bild 2.103: Grundriss EG [23] (B) (A) Bild 2.104: Grundriss OG [23] (B) (A) Bild 2.105: Schnitt [23] 49 Umnutzung und Erweiterung - Wohnen im Gutspark Groß Glienicke bei Potsdaam 2.3.1.5 Planungskonzept Umnutzung und Erweiterung - Wohnen im Gutspark Groß Glienicke bei Hauptkapitel Potsdaam Kapitel 2.3.1.6 Umsetzung Gestalterische Maßnahmen 50 Haus A: Der Erntekindergarten besitzt als Besonderheit einen großen, stützenfreien Schulraum, der auf beiden Seiten durch symmetrische Fensterreihen belichtet wird. Durch den Einbau eines frei stehenden Treppenhauskörpers wurde dieser große Raum in einzelne Wohnbereiche zoniert und trotzdem als Einheit erhalten. Der Umbau zeigt sich äußerlich am Baukörper nur durch die gartenseitigen Gauben, die in ihrer Größe die bereits vorhandene Einzelgaube wiederholen. Haus B: Die Alte Manufaktur war im Grundriss bereits symmetrisch angelegt und wurde daher - als Doppelwohnhaus umgenutzt um einen Anbau auf der Gartenseite (Süden und Seeseite) erweitert. Die Fassadenbekleidung des Anbaus aus grauen Faserzementplatten setzt in Material, Oberfläche und Farbe einen bewussten Gegensatz zum bestehenden Gebäudeteil. Der gartenseitige Vorbau mit einer gewölbten Kappendecke, der ursprünglich die Bild 2.106: Gartenseite Wohnhaus A neu [23] Bild 2.110: Gartenseite Wohnhaus B neu [23] Bild 2.107: Esszimmer Wohnhaus A neu [23] Bild 2.111: Materialkontraste innen Wohnhaus B neu [23] Bild 2.108: Treppe mit Blick zum Wohnbereich [23] Bild 2.110 Treppe Wohnhaus B neu [23] Bild 2.109: Treppe Wohnhaus A neu [23] Bild 2.113: Treppenraum mit Blick zur Gartenseite [23] Das Gebäudeensemble wurde durch neue, niedrigere Gebäudeteile zusammengefasst, die dem Abstellen der Autos dienen. Die Formensprache aller neuen Bauteile ist bewusst schlicht gehalten, um einerseits einen Kontrast zum lebhaften Ziegelmauerwerk der Originalfassaden zu bilden, andererseits die nicht unbedeutenden konstruktiven Eingriffe zur Rettung dieser beiden Baudenkmale ablesbar zu machen. Sanierung der Bausubstanz - Trockenlegung und Abdichtung der Außenwände, - Erneuerung der ehemaligen Dachkonstruktionen, - Erneuerung der bestehenden, nicht erhaltensfähigen Holzbalkendecke durch eine Betondecke, - Fassadenausbesserungen und lasierender zweifarbiger Anstrich nach historischem Vorbild, - Erneuerung der gesamten Haustechnik. Energetische Sanierung Zur Erhöhung des Wärmeschutzes der Außenwände wurden Hohlraumverfüllungen des zweischaligen Mauerwerks mit einer Mischung aus Blähglas und Verfüllmörtel (unter Erhöhung der statischen Stabilität) ausgeführt, die eine maximale Verbesserung ohne zusätzliche Außenoder Innendämmung ermöglichten. Umnutzung und Erweiterung - Wohnen im Gutspark Groß Glienicke bei Potsdaam Treppe enthielt, wurde als vermittelnde Zone zwischen dem Altbau und dem neuen Anbau erhalten, so dass sich das Haus nun zum Garten und zum Groß Glienicker See öffnet. Die ehemalige Außenwand wurde im Innenraum erkennbar als Ziegelwand belassen. Im Zentrum des Altbaus wurde ein offener Treppenraum eingefügt, der von oben Licht erhält und um den sich die neuen Wohnfunktionen gruppieren. Dadurch ergeben sich neue Sichtbezüge im Innenraum und auf den Groß Glienicker See. Wert erreicht, alle anderen Bauteile wie Dach, Bodenplatte und Fenster wurden nach Neubaustandard ausgeführt. Bauherr und Architekt resümierten eine gute Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Potsdam-Mittelmark, die die Restaurierung, die Wiederherstellung der nicht erhaltensfähigen Bauteile und die bewusste Trennung von Alt und Neu sehr positiv sahen. Der Kontakt zu den Denkmalschützern ist bereits vor dem Kauf entstanden, der Ensembleschutz ist noch während der Planungsphase auf Betreiben der Bauherrn erteilt worden, mit dem Hintergrund einer möglichen Denkmalabschreibung. 2.3.1.7 Bewertung Die Umnutzung des ehemals gewerblich genutzten Gebäudeensemble zu Wohnzwecken stellt in Anbetracht der außergewöhnlichen Lage und der Qualitäten in Architektur und Geschichte eine herausragende Lösung dar. In Verbindung mit der Wiederherstellung des Gutsparks und im Hinblick auf die besonderen Bedingungen des Denkmalschutzes ist hier ein gelungenes Ambiente für Bewohner und Parkbesucher entstanden. Der Umgang mit den historischen Bestandteilen und der kontrastreiche, aber zurückhaltende Einsatz neuer Elemente innen und außen ist eine gelungene Mischung aus deutlich sichtbarer und vorsichtiger Ergänzung der Architektur. Der Erweiterungsbau von Haus B stellt in seinem Erscheinungsbild einen durch die Form selbstbewussten, aber durch die Wahl des Materials und der Farbe zurückhaltenden Anbau dar. Die einschaligen Giebelwände wurden mit einer innenseitigen Vormauerung aus Porotonsteinen versehen. Diese Maßnahmen wurden aus denkmalpflegerischen und bauphysikalischen Aspekten gewählt. Die giebelseitigen und auch die traufseitigen Außenwände haben nicht ganz den nach EnEV geforderten U51 Erweiterung - Wohnhaus in Berlin/ Reinickendorf Hauptkapitel 2.3.2 Erweiterung eines Wohnhauses in Berlin- Reinickendorf 2.3.2.1 Bestandsbeschreibung 2.3.2.3 Baulicher Zustand Das zweigeschossige, unterkellerte Einfamilienhaus aus den 30er Jahren liegt südlich des Ziegeleisees in Berlin-Reinickendorf und ist mit dem kompakten Grundriss, den kleinen Fenstern und Da das Gebäude bereits 1997 saniert wurde, entsprach der bauliche Zustand den normalen Abnutzungen bei leichtem Rückstand an Bauunterhaltsmaßnahmen. Bild 2.116: Bestand Süden [21] Bild 2.114: Lageplan mit Nachbargrundstücken [21] Bild 2.115: Lageplan Übersicht sehr steilem Satteldach ein typischer Vertreter der einfachen Bürgerhäuser aus der Zeit der Nationalsozialisten. Ein erster Umbau fand 1997 statt, u.a. wurde dabei die Küche zum Wohnbereich geöffnet, Bad und WC neu ausgestattet, das Dachgeschoss gedämmt und mit einer neuen Holztreppe erschlossen und die Fenster zur Seeseite vergrößert. Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz, ist jedoch in seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung, in seiner einfachen, minimierten Kleinstform und auf den Zweck reduzierten Bauweise, ein wertvolles Beispiel für ein typisches Siedlungshaus dieser Zeit. 2.3.2.4 Ziel der Modernisierung Das Wohnhaus einer Kleinfamilie sollte 2001 mit mehr Raum und Licht ausgestattet werden. Die bestehenden Räume reichten für die individuellen Bedürfnisse der Bewohner nicht mehr aus. Der Anbau dient der Wohnflächenerweiterung und der Öffnung des Grundrisse zu Gunsten der Großzügigkeit. Mit dem Anbau sollten großflächige Fenster zur Südseite realisiert werden. 2.3.2.2 Gebäudekenndaten Bild 2.117: Süden: Bewuchs im Sommer [21] 52 Bauherrin: privat Architekt: Dipl.-Ing. Mirjam von Busch, Dipl.-Ing. Michael Strauch Standort: Berlin Reinickendorf Baujahr: 1936 Nutzung: Wohnhaus Umbau: 1997 und 2001 Baukosten: ca. 2000,- €/m² WFL (Anbau) WFL: 39 m2 Anbau, 92,5 m² gesamt nach Umbau + 32 m² Hobbyräume im DG Bild 2.118: Eingang Südwest-Seite Bild 2.119: Anbau Südansicht - Ausrichtung des Erweiterungsbaus mit einer zusätzlichen dem See abgewandten Terrasse nach Süden (Vorteile: optimale Belichtung, zur Badesaison ruhiger Platz), - Umlegung des bestehenden Eingangs nach Westen im Bereich des Anbaus, - Vergrößerung einer Fensteröffnung zu einem offenen Durchgang zwischen bestehendem Wohnzimmer und der Wohnzimmererweiterung im Anbau, - Schaffung eines zusätzlichen Raumes sowie eines mit einem Oberlicht belichteten Duschbades, - Konzeption für variable Nutzung der Räumlichkeiten im Anbau durch geringe bauliche Veränderung: Zusammenlegung der beiden neuen Räume bei Bedarf oder mögliche Abkoppelung als separate Wohneinheit. 2.3.2.6 Umsetzung Bild 2.123: Grundriss EG [21] Gestalterische Maßnahmen Der Anbau ist als kompakter Baukörper realisiert worden, der sich mit großflächigen Fenstern zur Süd- und Ostseite hin öffnet. Er ist bündig an den Bestand angeschlossen und setzt sich durch tief in der Fassade liegende Fenster gegen den Altbau ab. Ein aus der Fassade ragendes Shield (eine überstehende Holzeinfassung der Fensterlaibung) verleiht dem über Eck geführten Fenster große Plastizität. Auslöser zur Wahl des Fassadenmaterials war die Vorliebe der Bauherrin für Holzhäuser in Schwedenrot. Das feine Fassadenraster der lasierten Lärchenholzprofile (aus Kostengründen beimSockelleistenhersteller gefertigt) lässt die Wände flächig erscheinen und unterstützt so die kompakte Wirkung des eigenständigen Körpers. Das Flachdach wurde extensiv begrünt. Bild 2.120: Blick vom Wohnzimmer zum Anbau Bild 2.121: Blick vom Anbau zum Wohnzimmer Bild 2.122: Schnitt [21] Bild 2.124: Grundriss OG [21] Bild 2.125: Ansicht West neu [21] Bild 2.127: Ansicht Süd neu [21] Bild 2.126: Ansicht Ost neu [21] 53 Erweiterung - Wohnhaus in Berlin/ Reinickendorf 2.3.2.5 Planungskonzept Erweiterung - Wohnhaus in Berlin/ Reinickendorf Hauptkapitel Baukonstruktive Ausführung des Anbaus 2.3.2.7 Bewertung Gründung: Der klar strukturierte Baukörper der Erweiterung stellt sich mit seiner markanten und zum Bestand konträren Material- und Formgebung als eigenständiger und gelungener Anbau dar. Durch den flachen und an der Bestands-traufe endenden Anbau, ist das historische Erscheinungsbild des bestehenden Gebäudes erhalten geblieben und die baukulturelle Bedeutung in großem Maß berücksichtigt worden. Streifenfundamente, Bodenplatte aus Beton Tragkonstruktion: Mauerwerk; Aussteifung über umlaufenden Stahlbetonbalken Außenwände: KS- Mauerwerk mit mit Dämmung und vorgehängter, hinterlüfteter Holzbekleidung Innenwände: nichttragende Trockenbauwände Decke: Gipskartonbekleidung Flachdach: Holzbalken mit Gefälleschalung, extensiv begrünt Für die Wärmeversorgung wurde der Anbau an die vorhandene Ölheizung angebunden, da ausreichende Reserven vorhanden waren. Die Wärmeverteilung erfolgt über Heizkörper. Lediglich im Zimmer 2 wurde eine Wandflächenheizung an der Außenwand im Nordosten umgesetzt. Die Ausführung des Wärmeschutzes entspricht der damals gültigen Wärmeschutzverordnung für Neubauten. 54 Mit der gewählten Lage der Erweiterung wurden gut belichtete, neue Wohnräume geschaffen, ohne bestehende zu verdunkeln. Die großen Fenstertüren des Anbaus schaffen darüber hinaus einen innigen Bezug zum Garten, der bereits in den 30er-Jahren eine große Bedeutung hatte. War der Garten damals hauptsächlich ein Nutzgarten zur Eigenversorgung, wird er heute hauptsächlich zur Erholung genutzt. Durch den Anbau wurde dem ehemals kleinteiligen Bürgerhaus, das ursprünglich für größere Familien gedacht war, Großzügigkeit gegeben. Die nichttragenden Innenwände des Anbaus erlauben einen einfachen, späteren Umbau, falls die derzeitige 2-Raum-Teilung in einen einzigen Raum umgewandelt werden soll. Planungsstrategie Die Aufgabe, ein historisch wertvolles Gebäude zu modernisieren, ist eine spannende Herausforderung, die einer individuellen und fachgerechten Planung und Betreuung bedarf. Auf dem Weg bis zu der Entscheidung über Art und Weise der Modernisierung sollte der Eigentümer und Bauherr frühzeitig Fachberater einbeziehen, die die Potenziale des bestehenden Gebäudes aufspüren und Anregungen zur Umsetzung geben können. Die Erfahrung zeigt, dass eine umfangreiche Grundlagenerhebung und deren eingehende Analyse Voraussetzung ist für die Entscheidungsfindung 3.1 Planungsstrategie - Entscheidungs ndung 3 und eine hohe Qualität der Modernisierung und damit Wertsteigerung des Objektes ermöglicht. In den folgenden Darstellungen sind die Bausteine und Kriterien, die zu einer Entscheidung führen können, aufgezeigt. Das sind zum einen die Grundlagen, die der Bauherr selbst ermitteln kann, ggf. unter Beteiligung der Fachberater. Wenn die Entscheidung getroffen ist, sollten Fachplaner mit der weiteren Planung und Begleitung der Ausführung beauftragt werden. Entscheidungs ndung - Grundlagenermittlung des Bauherrn 3.1.1 Informationsbeschaffung zum Gebäude/ Grundstück 3.1.1.1 Vorhandene Unterlagen Zusammenstellung von Plänen, Photos, Aufträgen, Rechnungen, Gebäudezertifizierungen, und Angaben zur Geschichte des Hauses. 3.1.1.2 Informationen von öffentlichen Einrichtungen Kataster- / Vermessungsamt: - Lageplan Bauamt: - Planunterlagen (Plankammer), - rechtliche Rahmenbedingungen, - die Zulässigkeit und das Maß von Umnutzung und/oder Erweiterung (Bebauungsplan, Planen im Außenbereich§ 35 BauGB, Erhaltungssatzung und städtebauliche Gebote - § 172 BauGB) Untere/ obere Denkmalschutzbehörde: - Klärung, ob das Gebäude unter Denkmal- oder Ensembleschutz steht (kostenfreie Information, Verzeichnis der Landesdenkmalämter: Info-Blatt 8.5 Denkmalgeschützte Gebäude6 oder z.B. unter: http://www.denkmalpflege-forum. de/ in_den_Landern/in_den_landern.html). - Ausnahmen / Befreiungen von Vorschriften der Landesbauordnung. Falls das Gebäude unter Denkmalschutz steht, ist jegliche Veränderung - u.U. auch die Instandhaltung genehmigungspflichtig! ggf. Umweltamt: - Schadstoffe im Boden (z.B. bei Umnutzung ehem. Fabrikgebäude) ggf. Wasserschutzbehörde: - Grundwasserstand - Trinkwasserschutz 6 Die hier erwähnten InfoBlätter sind auf folgender Internetseites zu finden: www.kompetenzzentrum-iemb.de 55 Planungsstrategie - Entscheidungs ndung 3.1.2 Informationsbeschaffung zum Thema Modernisierung 3.1.2.1 Internet Im Internet werden zu allen Themen der Instandsetzung und Modernisierung vielfältige Informationen - allerdings von sehr unterschiedlicher Tiefe - angeboten. Informationen aus dem Internet hinsichtlich ihrer Neutralität kritisch zu hinterfragen, insbesondere wenn es sich um Produkt- oder Verfahrenswerbung handelt. - BAKA Bundesarbeitskreis Altbauerneuerung e.V. Elisabethweg 10 13187 Berlin Tel. +49 (0)30 4849078-55 Fax. +49 (0)30 4849078-99 e-mail: [email protected] www.altbauerneuerung.de. 3.1.2.4 Messen Unter den folgenden Adressen erhalten Sie unabhängige und qualifizierte Informationen: - www.kompetenzzentrum-iemb.de Initiative „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB, - www.baufoerderer.de Bundesverband der Verbraucherzentralen und KfW Förderbank, - www.kfw-foerderbank.de KfW - Förderprogramme, - www.deutsche-energie-agentur.de, - www.baunetz.de, allgemeine Informationen. 3.1.2.2 Fachliteratur Literatur für den „Profi-Heimwerker“ kann aus fachlicher Sicht nur unter Vorbehalt empfohlen werden; die „Spezial-“Literatur zu diesem Thema ist in gut sortierten Buchhandlungen bzw. im Internet- Versandbuchhandel zu finden. Häufig halten die für die Denkmalpflege zuständigen Ämter Merkblätter bereit. 3.1.2.3 Beratungsstellen z.B. - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes NRW (ILS NRW) Deutsche Straße 5 44339 Dortmund Tel. +49 (0)231 9051-0 Fax +49 (0)231 9051-155 E-Mail: [email protected] www.kompetenznetz21.nrw.de www.altbauwissen.nrw.de www.altbauinfos.nrw.de, 56 - BAU (200X), München www.bau-muenchen.com, - baufach (200X), Leipzig www.leipziger-messe.de, - bautec - Internationale Fachmesse für Bauen, Gebäudetechnik und Architektur, Berlin, www.bautec.com, - denkmal (200X) - europäische Messe für Restaurierung, Denkmalpflege und Stadterneuerung, Leipzig, www.denkmal-leipzig.de, - DEUBAU, Essen deubau2.messe-essen.de, - ISH - internationale Fachmesse für Gebäude- und Energietechnik, Erlebniswelt Bad und Klima- und Lüftungstechnik, Frankfurt, ish.messefrankfurt.com/global/de/ home.html, - sowie eine Vielzahl regionaler Baumessen. 3.1.2.5 Planer und ausführende Firmen Planer und Handwerker mit speziellen Altbaukenntnissen lassen sich finden über: - vergleichbare Projekte, - die Handwerkskammern, - das für Denkmale zuständige Amt, - Fachbücher mit Projektbeispielen und Baubeteiligten, - evtl. vorhandene regionale Initiativen, - die Internet-Seiten der Architekten kammern auf www.bak.de, - die Internet-Seiten der Ingenieurkammern auf www.bingk.de, - Zentralverband des deutschen Handwerks – Handwerksbetriebe für die Denkmalpflege: www.irbdirekt.de/zdh/, - www.baunetz.de, - www.bauten.de. Planungsstrategie - Entscheidungs ndung 3.1.3 Bestandsaufnahme Insbesondere bei historisch wertvollen Gebäuden sollte nach der augenscheinlichen Bestandsaufnahme durch den Bauherrn - wie in folgenden Kapiteln aufgeführt - ein kompetenter Fachplaner hinzugezogen werden um die Grundlagen für die baulichen Maßnahmen zu ermitteln (sh. Kap. 3.2.1). 3.1.3.1 Feststellung der räumlichen Funktionalität - Bewohneranzahl, ausreichende Raumgrößen, Raumabfolge, Raumnutzungen, Abstellmöglichkeiten, Barrierefreiheit. 3.1.3.2 Baukonstruktive BewertungAufnahme von offensichtlichen Schäden - Jegliche Risse, - optisch auffällige Verformungen, - periodisch / permanent feuchte Bereiche, - morsche / faule Holzbauteile, - Schimmel, Schwämme, Pilze, Schädlinge in Holzbauteilen, Mauerwerk, etc. - großflächige Schäden an Putz oder Anstrichen, - rostige / verrostete Metallbauteile, - Abplatzungen bzw. offenliegende Bewehrung an Betonbauteilen, - undichte Fenster / Türen, - „lautes“ Haus durch wenig gehinderten Schallübertrag von außen und/ oder von anderen Räumen. Verdeckte Schäden sind oft nur durch Fachleute zu erkennen, daher sollte der Bauherr die Freilegungen von Bauteilen nicht selbst vornehmen, um mögliche weitere Schäden zu vermeiden. 3.1.3.3 Technische Beurteilung - Stromversorgung, - Wasser-/Warmwasser, Wärmeversorgung, - Vorhandensein / Zustand Telekommunikation. 3.1.3.4 Ökologische Bewertung - Art und Alter der Heizung, - Wasserverbrauch, - schadstoffhaltige Materialien (z.B. Wasserleitungen evtl. noch aus Blei, Tapeten, Bodenbeläge, - Maß der Wärmedämmung. 3.1.3.5 Emotionale Bewertung - offensichtliche oder verborgene „Charakterzüge“ des Hauses, die es Ihrer Meinung nach lohnt, zu bewahren oder herauszuarbeiten, - Räume oder „Ecken“ im Haus, in denen Sie sich wohl oder unwohl fühlen, - persönliche / familiäre Bindung an das Haus / Familienbesitz. 3.1.4 Anforderungspro l - Bedarfskonzept Neben der notwendigen Instandsetzung z.B. Abdichtung gegen Wasser, Gewährleistung der Standsicherheit - werden weitergehende Überlegungen hinsichtlich der Modernisierung des Gebäudes anzustellen sein: Beispielsweise zur Neugestaltung und technischen Aufwertung des Sanitärbereiches, zur Größe, Anordnung und Nutzung der Räume/ Wohnbereiche, zur altersgerechten Ausstattung, ggf. Barrierefreiheit und zu Erweiterungsmaßnahmen wie den Ausbau von Dachboden oder Keller. (Siehe auch Kap. 2.1 Motivation und Ziel der Modernisierung.) 57 Planungsstrategie - Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen 3.1.5 Finanzierungsmodell nach Kostenschätzung der Planer Bei der Planung der Finanzierung sollten nicht nur die Kosten der Modernisierung berücksichtigt, sondern auch die laufenden Betriebs- und Unterhaltskosten sowie die Aufwendungen für eine Instandhaltungsrücklage beachtet werden: - Derzeitige finanzielle Situation, vorraussichtliche Einkommensentwicklung, - Kostenschätzung für die Modernisierung (zu erstellen vom Planer) (anhand DIN 276, ausführlich im InfoBlatt 2.1 - Baufinanzierung, Anlage D Kosten im Hochbau [24]): 3.2 • Kosten des Bauwerks, • Baunebenkosten, • Honorare für Fachleute, • Kosten für die Ausstattung (neue Möbel, Einbauten, Beleuchtung, Textilien), - Schätzung der zukünftigen Betriebskosten (ggf. Erarbeitung von Alternativen insbesondere für die Energieversorgung/Heizung) und der Instandhaltungsrücklage, - Rentabilitätsberechnung unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit (vgl. Info-Blatt 3.2 [25]), - Wiederverkaufswert. Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen Die Beteiligung von kompetenten Planern und Handwerkern ist für die Umsetzung der gestalterischen und technischen Anforderung unabkömmlich und garantiert die Einhaltung von Normen und Bauvorschriften. Außerdem wird dadurch die Verwendung von häufig ungeeigneten, u.U. sogar schädlichen Handwerkstechniken und Baustoffen für historisch wertvolle Bausubstanz vermieden. Kenntnisse über historische Materialien und Baumethoden können nur von Fachleuten vermittelt und praktiziert werden. Die qualitätsgereche Umsetzung vermeidet unnötige Folgekosten, die durch eine unsachgemäße Planung und Ausführung entstehen können. (Weitere Informationen zur Planung mit Architekten und Ingenieuren finden Sie im Info-Blatt 3.3 [26].) 3.2.1 Grundlagen 3.2.1.1 Bestandsaufnahme, Aufmaß Eine Bestandsaufnahme besteht aus folgenden Maßnahmen: 1. Zerstörungsfreie Erfassung und Beobachtung ohne Eingriffe, 2. zerstörungsarme Erfassung durch sparsame Eingriffe, Freilegung von Einzelbereichen, 3. maßliche Erfassung des Gebäudes, u.U. verformungsgerecht. Eine umfassende Bestandsaufnahme ist Voraussetzung für eine sachgerechte Planung. Die ausreichende Untersuchung der Bauteile, ihres Gefügeaufbaus und ihrer Anschlüsse ist Grundlage für eine vollständige, Missverständnisse und Fehler vermeidende, Leistungsbe58 schreibung mit unnötigen Nachträgen, Mengenänderungen und damit unkalkulierten Kostensteigerungen. Genaue Kenntnisse über das bestehende Gebäude sind eine notwendige Voraussetzung dafür, die tatsächlichen Ursachen der Schäden zu beseitigen und damit die erhaltungsfähige Substanz durch partielle Reparatur zu sichern. Sie garantieren einen sensiblen, bewussten Umgang mit dem Bestand. Es kann aus denkmalpflegerischen Gründen empfehlenswert sein, frühzeitig Befunduntersuchungen (Restaurator) durchführen zu lassen, die historisch wertvolle Putze, Tapeten und Anstriche dokumentieren. Die Untersuchung dient u.a. der Bestimmung der verwendeten Materialien, auf die die bei der Modernisierung (Instand- Folgende Fragen sollten somit beantwortet werden: - Welche historisch wertvollen Eigenschaften und Zeugniswerte liegen vor und gilt es zu schützen? - Welche Freiräume bzw. Einschränkungen ergeben sich daraus für eine Umgestaltung? Ein Aufmaß durch den Architekten oder ein spezialisiertes Büro ist auch bei vollständigen Planunterlagen erfahrungsgemäß unerläßlich. Dadurch entstehen Planungsgrundlagen, die vorhandene Konflikte rechtzeitig erkennen lassen. Je nach Sinn und Ziel eines Aufmaßes werden verschiedene Arten der Bauaufnahme unterschieden. Grundsätzlich besteht die Bauaufnahme aus Vermessung und maßstäblicher Aufzeichnung des Bestandes. Die Genauigkeit eines Aufmaßes im Gebäudebestand richtet sich nach der Aussagekraft vorhandener Bestandspläne, der Kenntnis und Komplexizität der Gebäudekonstruktion in Verbindung mit der Schwere der vorhandenen Mängel und Umfang der geplanten Baumaßnahmen. Hier zahlt sich die Erfahrung altbauspezialisierter Planer aus, die wissen, was und wie detailliert aufgemessen werden muss. Für ein systematisches Bauaufmaß ist es sinnvoll das Gebäude nach Bauteilen oder Bauabschnitten zu gliedern. 3.2.1.2 Klärung der baurechtlichen Rahmenbedingungen Planungs- und Bauordnungsrecht Grundsätzlich gelten die Regeln des Planungs- und Bauordnungsrechts auch für die Erweiterung – z.B. Anbau oder Dachgeschossausbau – oder bei Veränderung der tragenden Konstruktion von Gebäuden. Allerdings sind im Zuge des Bau- Planungsstrategie - Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen setzung) eingesetzten Baustoffe (z.B. Kalkfarbe auf Kalkputz) abgestimmt werden müssen. Zumindest bei unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden kann solch eine Untersuchung vom Landesamt für Denkmalpflege bezuschusst werden. Die Feststellung besonders erhaltenswerter Substanz kann eine gewünschte (falls nicht vorhanden) Aufnahme in die Denkmalliste begünstigen, womit die Möglichkeit für eine steuerliche Vergünstigung eröffnet wird. genehmigungsverfahrens Befreiungen und Ausnahmen möglich, die jedoch mit den öffentlichen Belangen und den nachbarlichen Interessen vereinbar sein müssen. Konkrete Anforderungen an die Grundstücke und die Bebauung sind in den Landesbauordnungen festgelegt. Diese regelt für das Grundstück z.B. die erforderlichen Abstandsflächen, Feuerwehrzufahrten sowie den Stellplatznachweis. Bezüglich der Bebauung stellt die Bauordnung z.B. Anforderungen an tragende Wände und Decken, notwendige Rettungswege, Treppen, Fenster und technische Anlagen. Sofern ein Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan) besteht, trifft dieser konkrete planungsrechtliche Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung (Geschossfläche), überbaubare Grundstücksflächen und örtliche Verkehrsflächen. Darüber hinaus können in den textlichen Festsetzungen weitere Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung – Materialien, Gebäudeausrichtung, Dachform oder -neigung, gärtnerische Anlage – enthalten sein. Art und Maß der baulichen Nutzung werden in der Baunutzungsverordnung definiert. Verordnungen und Normen Neben einer Vielzahl von Richtlinien, Verordnungen und Normen sind folgende für den Bauherrn in der Planungsphase entscheidend: Bautenschutz EnEV Energieeinsparverordnung DIN 4108 Wärmeschutz und Energie einsparung in Gebäuden DIN 4109 Schallschutz im Hochbau Der Schallschutz ist insbesondere bei Umnutzungen zu Wohnzwecken und Erweiterungen von Wohngebäuden mit getrennten Nutzungseinheiten wichtig. Es ist darauf zu achten, das in jedem Fall die aktuellen Anforderungen eingehalten werden! DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen (Insbesondere bei mehreren Wohneinheiten und verschiedenen Nutzungen.) Planung DIN 18022 Küchen, Bäder und WC´s im Wohnungsbau DIN 18024 Barrierefreies Bauen DIN 18025 Barrierefreie Wohnungen 59 Planungsstrategie - Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen Bestandsschutz Bestandsschutz genießt im Prinzip nur, was zum Zeitpunkt der Errichtung geltendem Recht entsprach. Die Bewertung ist stets eine Frage des Einzelfalls. Er erlischt z.B. bei einer Umnutzung oder bei schwerwiegenden Eingriffen in die Bausubstanz. Die darauf folgenden Maßnahmen müssen aktuell geltendes Recht einhalten. 3.2.1.3 Klärung der denkmalp egerischen Belange Es kann (bei unterschutzgestellten Gebäuden) z.B. gefordert werden, dass Bau-/ Gebäudeteile oder auch Ausbauten, Ausstattung und Oberflächen erhalten, und auch Raum- und Funktionszusammenhänge – also das, was an einem Haus als historisch wertvoll angesehen wird - bewahrt werden. Unter Umständen müssen Maßnahmen zur Erhaltung und Erneuerung der originalen, historischen Bausubstanz durch Restaurieren, Ergänzung und Auswechselung einzelner Bauteile ergriffen werden. Bei komplexem, besonders historisch wertvollem Bestand empfiehlt sich ein sog. Raumbuch, in dem ein Bauwerk raumweise erfasst wird oder ein denkmalpflegerisches Gutachten. Es begünstigt die weitere Planung sowie ggf. den fortlaufendem Prozess der denkmalpflegerischen Bewertung. 3.2.1.4 Bestands-Bewertung durch Fachingenieure Als Grundlage für die Planung der Modernisierungsmaßnahmen muss eine Bewertung der baukonstruktiven, bauphysikalischen, energetischen und schallschutztechnischen Qualität durch Fachingenieure und ggf. Fachfirmen erfolgen. Damit werden die aufgrund der vorhandenen Bausubstanz notwendigen und die im Sinne einer nachhaltigen Lösung sinnvollen Maßnahmen erkannt. 60 Detailierte Informationen zur Bestandsaufnahme und -bewertung finden Sie im Info-Blatt 7.2 [27]. Schwerpunkte der Bewertung: - Alter und historische Einordnung (Architekt, Restaurator, Bauhistoriker) - Baukonstruktion, Baustoffe (Architekt, Bauingenieur, Gutachter) • Festigkeit der Bauteile, • Aufbau der Konstruktion, • Feuchtigkeit in den Bauteilen: Schwämme, Pilze, Salze, Schädlinge in Holzbauteilen, Mauerwerk, etc., Bewertung durch Sachverständige für Holzschutz / Bauschäden (u.U. Meldepflicht bei z.B. Holzbock, Echtem Hausschwamm), • Schadstoffe in verwendeten Baustoffen. - Statik (Tragwerksplaner) • Tragfähigkeit und Standsicherheit der vorhandenen Konstruktion, Baugrunduntersuchung, • frühzeitige Berechnung / Prüfung der vorhandenen Konstruktion, evtl. Darstellung von Erweiterungsmöglichkeiten. - Energetischer Zustand / Wärmeschutz (Energieberater, Haustechniker, Bauphysiker, Heizungsfachmann) • Wärmedämmeigenschaften der einzelnen Bauteile, • Luftdichtigkeit, • Heizenergieverbrauch. - Haustechnische Anlage (Haustechniker, Heizungs-, Elektrofachmann) Zustand der • Elektroanlage: Dimensionierung, Sicherheit (Elektriker), • Heizung und, falls vorhanden, Schornstein (Schornsteinfegermeister), • Lüftung, • Sanitärtechnik: Ausstattung, Zustand der Leitungen. - Schallschutz (Bauphysiker, Architekt) • Luft- und Trittschalldämmung einzelner Bauteile und Geräusche haustechnischer Anlagen. Planungsstrategie - Beteiligung von Fachplanern und Fach rmen 3.2.2 Modernisierungskonzept Die Grundsätze der Nachhaltigkeit gehören zu den wichtigsten Entwurfsprinzipien – nicht nur bei der Modernisierung historisch wertvoller Wohngebäuden: Sind z.B. die Maßnahmen reversibel, sind die einzelnen Bauteile wiederverwendbar, sind Reparaturen mit vergleichsweise geringem Aufwand durchzuführen, können die Betriebskosten möglichst niedrig gehalten werden? Die Kosten für eine fachgerechte Planung zahlen sich grundsätzlich aus. Die „baubegleitende Planung“ hingegen kann zu deutlichen Überschreitungen der geplanten Kosten führen. Entwurf - ggf. unter Einbeziehung eines Fachplaners für Denkmalpflege - Räumliche Veränderungen (Architekt), - energetische Maßnahmen (Architekt, Energieberater, Bauingenieur), - gestalterische Maßnahmen (Architekt), - konstruktive Maßnahmen (Architekt, Bauingenieur), - sicherheitstechnische Maßnahmen (Architekt, Bauingenieur, Andere). Eine frühe detaillierte Planung ist die Grundlage für die Beantragung von Fördermitteln (siehe Kap. 4.3), die in verschiedenen Kombinationen in Anspruch genommen werden können. 3.2.3 Planung und Ausführung Phase Beteiligte Grundlagenermittlung Entwurfsplanung Genehmigungsplanung Architekt, Bauaufsichtsbehörde, (Denkmalamt), ggf. unter Einbeziehung eines Fachplaners für Denkmalpflege / Restaurator Tragwerksplaner, ggf. Prüfung des Prüfstatikers Energieberater, Sachverständiger Statische Berechnung Energieausweis Ausführungsplanung Ausschreibung der Bauleistung Auftragsvergabe Bauüberwachung Objektbetreuung und Dokumentation Tätigkeitsbeschreibung Erarbeiten und Einreichen der Grundlagen und Vorlagen für die erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen. Berechnung der Statik für die Genehmigung. Der Energieausweis gibt Auskunft zum energetischen Standard des Gebäudes. Architekt Erarbeiten und Darstellen der ausführungsreifen Planungslösung. Tragwerksplaner Berechnung der Statik für die Ausführung. Architekt, Fachplaner Ermitteln der Mengen und Aufstellen von Leistungsverzeichnissen. Ermitteln der Kosten und MitwirArchitekt, Fachplaner kung bei der Auftragsvergabe. Architekt, Bauingenieur, TragBauleitung, Koordination, Bauwerksplaner, SiGeKo (Sichertagebuch, Mängelfeststellung, heits- und Gesundheitsschutzko- Mahnungen, etc. ordinator) Bauaufsichtsbehörde Architekt Zusammenstellen aller für den Bau wesentlichen Unterlagen. Tabelle 3.1: Planungsphasen und Planungsbeteiligte 7 Wichtige Planungskriterien: - Prioritätensetzung hinsichtlich der Dringlichkeit einzelner Maßnahmen, - logische Abfolge der einzelnen Maßnahmen („Maßnahmenkopplung“), - nach Möglichkeit Aufteilung in zeitlich unabhängige Schritte, - Wieviel Zeit steht zur Verfügung? - Ist das Gebäude bzw. Teile des Gebäudes während der Bauarbeiten bewohnt (Belastung durch Staub und Lärm)? 7 Weitere Informationen zur Vorbereitung, Planung und Bauablauf siehe Info-Blatt 8.1 Instandsetzung, Modernisierung, Umbau [28]. 61 Modernisierungskosten - Wirtschaftliche Planungslösungen 4 Modernisierungskosten Wesentliche Faktoren bei der Instandhaltung und Modernisierung sind die Kosten, die Finanzierung und die Förderung, darunter bei denkmalgeschützten Gebäuden insbesondere auch die Steuervorteile. Jede Investition in die Erhaltung historisch wertvoller Wohngebäude setzt eine eindeutige Klärung der Kosten und der Finanzierung voraus. Jeder Entscheidung sollten also klare Vorstellungen über den Umfang, die zeitlichen Auswirkungen und die finanziellen Belastungen zu Grunde liegen, damit das Risiko für den Eigentümer so gering wie möglich gehalten werden kann. 4.1 Untersuchungen belegen, dass diese Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an historisch wertvollen oder unter Denkmalschutz stehenden Wohngebäuden nicht grundsätzlich teurer sein müssen als andere Maßnahmen im Gebäudebestand. Es kommt jedoch darauf an, die Maßnahmen auf das Sinnvolle zu beschränken und diese dann kostensparend zu planen und auszuführen [29]. Da die Ermittlung der Modernisierungskosten jedoch häufig schwierig ist, ist die Einschaltung eines mit denkmalpflegerischen Maßnahmen vertrauten Architekten auch aus Gründen der Kostensicherheit zu empfehlen. Wirtschaftliche Planungslösungen 4.1.1 Lebenszykluskostenbetrachtung Wirtschaftliches Planen und Bauen im Sinne der Nachhaltigkeit beruht auf einer Lebenszyklusbetrachtung. Dieser Ansatz erfasst eine bauliche Maßnahme von der Erzeugung der Rohstoffe, den Einbau, die Nutzungsphase bis zum Austausch und der Wiederverwertung. Ausschlaggebend sind die Wahl der Konstruktionen, Baustoffe und Bauverfahren, die Art und Dauer der Nutzung und die Einwirkung auf die Umwelt. Dabei stellt die richtige Auswahl der eingesetzten Bauteile und Baustoffe im Sinne einer angepassten Lebensdauer ein wichtiges Kriterium dar. Der Begriff Lebenszykluskostenbetrachtung bedeutet also eine ganzheitlicheSicht auf alle im Zeitablauf eines Gebäudes entstehenden Kosten. Kurzfristige Einsparungen bei der Planung und Qualitätssicherung können sich im Laufe der Jahre durch erhöhte Betriebskosten sowie vorzeitige Instandhaltungskosten zu einem vielfachen der vermeintlich eingesparten Kosten aufaddieren. Es gibt allerdings keine grundsätzlich gültige Abhängigkeit zwischen den Investitionskosten – also z.B. den Modernisierungskosten - und den späteren Bauunterhaltungskosten. So kann nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass mit einem erhöhten Kostenaufwand für die Sanierung eines Wohngebäudes auch die Bauunterhaltungskosten um ein entsprechendes Maß sinken. Im Sinne einer Lebenszyklusbetrachtung ist es deshalb unerlässlich, schon bei der Planung einer Modernisierungsmaßnahme über die Kosten der Bewirtschaftung und Instandhaltung nachzudenken sowie Qualitäten festzulegen und diese im weiteren Verfahren auch zu sichern. 4.1.2 Anwendung planerischer, technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Verringerung der Kosten Mit der Modernisierungsplanung und der Festlegung der bautechnischen Maßnahmen wird also nicht nur über die Höhe 62 der Investitionskosten, sondern auch schon weitgehend über die Entwicklung der Baunutzungskosten entschieden. Modernisierungskosten - Wirtschaftliche Planungslösungen Damit kann der spätere Bewohner eines Gebäudes - gemessen an dem Entscheidungsspielraum während der Planung - in der Nutzungsphase nur noch einen beschränkten Einfluss auf die Entwicklung der Bauunterhaltungskosten ausüben. Eine wirtschaftliche Planung – also die Reduzierung der Lebenszykluskosten insgesamt - kommt daher insbesondere durch eine Minimierung der späteren Nutzungskosten zum Ausdruck. Dabei sind planerische, technische und organisatorische Maßnahmen, die zur Verringerung der Kosten beitragen können, gleichermaßen wichtig [30]. Erst eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen führt zum Erfolg, obwohl gerade bei Sanierungsmaßnahmen nicht immer das gesamte Maßnahmenbündel realisierbar ist. Kosten können gesenkt werden durch: - eine qualifizierte Vorbereitung aller Planungs- und Baumaßnahmen, - die direkte Reduzierung der Bauwerkskosten und - die langfristige Reduzierung der Instandhaltungskosten. Wesentliche Maßnahmen zur Senkung der Kosten sind - eine intelligente Modernisierungsplanung, - der Einsatz weiterentwickelter Technologien und Materialien, - die Verwendung von Serienelementen und vorgefertigten Produkten, - eine sinnvolle Reduzierung technischer Standards, - eine gute Koordination innerhalb des Projektablaufs und - eine laufende Kostenverfolgung. Auf die oben genannten Aspekte soll in den folgenden Abschnitten detaillierter eingegangen werden. 4.1.3 Umfassende Vorbereitung des Planungsverfahrens und der Baudurchführung Grundlage für eine wirtschaftliche Planung ist eine gründliche Analyse des bestehenden Gebäudes, z.B. auf der Basis vorhandener Bestandsunterlagen oder einer umfassenden Bestandsaufnahme. Darauf aufbauend erfolgt - nach eingehender Beratung durch Architekten und Behörden - eine genaue Festlegung der Planungsziele durch den Bauherren. Zukünftig gilt dabei auch für den Gebäudebestand - der üblicherweise für eine bestimmte Nutzung errichtet wurde dass er verschiedenen Nutzungsanforderungen und einer ganzheitlichen Betrachtungsweise standhalten muss. Eine hohe Qualifikation der sorgfältig ausgewählten Planungsbeteiligten in Verbindung mit einer optimalen Nutzung der Planungsressourcen tragen wesentlich zur Erreichung dieser Ziele bei. Die Planungs- und damit auch Kostensicherheit wird durch eine frühzeitige Einbeziehung der zuständigen Fachbehörden und die Umsetzung ihrer - möglichst exakt formulierten und verlässlichen Vorgaben in die Planung deutlich verbessert. Ein wichtiger Ansatz zur wirtschaftlichen Planung ist die sinnvolle Kopplung ver- schiedener Maßnahmen. So ist die ohnehin anstehende Modernisierung der Bäder der richtige Zeitpunkt um über die Umstellung auf eine zentrale Warmwasserversorgung in Verbindung mit dem Aufbau einer Solarthermie-Anlage auf dem Dach nachzudenken. So können alle erforderlichen Leitungen gleich in dem ohnehin neu zu errichtenden Installationsschacht zusammengeführt und gebündelt werden. Ist dieser erst wieder geschlossen und die Bäder neu gefliest, wäre es ungleich aufwändiger die erforderlichen Installationen durchzuführen. Die Gelegenheit für eine sinnvolle Nutzung regenerativer Energien - und damit verbunden einer langfristigen Senkung der Energiekosten – wäre auf längere Sicht vertan. Vergleichbares gilt für die zeitgleiche Ausführung eines Wärmedämmverbundsystems und der Erneuerung der Fenster. Dabei können z.B. die neuen Fenster an die vordere Kante des Außenmauerwerks gesetzt und dabei die Fensterrahmen unmittelbar überdämmt werden. So wird eine Wärmebrücke durch die unzureichende Dämmung der Fensterleibung reduziert und der äußere Eindruck der 63 Modernisierungskosten - Wirtschaftliche Planungslösungen Fassade bleibt trotz vorgesetzter Wärmedämmung auf Grund der unveränderten Leibungstiefe weitgehend erhalten. Nachdem die Planung – ggf. unter Einbeziehung von Alternativplanungen und damit einhergehender Kostenschätzungen - abgeschlossen und mit allen Beteiligten abgestimmt wurde, sollten grundsätzlich spätere Änderungen, wie neue Nutzungsgedanken, Sonderwünsche etc., vermieden werden, da dies regelmäßig zu Kostenerhöhungen führt. Eine Ausnahme bildet die Ausschöpfung von Kostensenkungspotenzialen im Rahmen der Kostenverfolgung. 4.1.4 Sorgfältige Koordinierung und Abstimmung des Projektablaufs Die Planung - und insbesondere die Baudurchführung - in einem bestehenden Gebäude erfordert eine sorgfältige Koordinierung und Abstimmung unter den Beteiligten. Durch die Weiterverwendung bestehender Konstruktionen, Bauteile und Einbauten sind in der Regel mehrere verschiedene Gewerke gleichzeitig im Objekt tätig. Meist mehr als bei einem üblichen Neubau, da die zeitliche Abfolge über Rohbau und Ausbau nicht so klar abzugrenzen sind. So kann es z.B. immer wieder dazu kommen, dass erst bei Ausbauarbeiten bisher verdeckte Mängel an Bauteilen erkennbar werden, die dann außerplanmäßig instandgesetzt oder sogar ausgetauscht werden müssen. Die Arbeiten greifen also deutlich stärker ineinander als bei einem linearen Neubauprozess. Die dafür notwendigen Organisationsstrukturen und Abstimmungswege sollten bereits in der Planung angelegt werden. Es bedingt jedoch auch, dass die Bauleitung während der Bauphase präsent ist, um unvorhergesehene Fragen kurzfristig und fachgerecht entscheiden zu können. Dabei ist es wichtig, dass die Bauleitung sich nicht nur die eigentliche Ausführungsplanung, sondern auch die dahinter stehenden Ziele zu eigen gemacht hat. Nur so kann sie im Interesse des Bauherren dann auch im Detail die richtigen Entscheidungen treffen. Insofern ist es in der Regel sinnvoll, dass die Planung und Bauleitung in einer Hand liegen, zumindest aber eng verzahnt arbeiten. 4.1.5 Gebäude- und konstruktionsbezogene Gebäudeplanung Eine altbaugerechte Planung ist wesentliche Grundvoraussetzung für eine insgesamt wirtschaftliche Maßnahme. Das beginnt bereits bei der Festlegung der zukünftigen Nutzung für das Gebäude bzw. die einzelnen Gebäudebereiche. Altbauten, insbesondere unter Denkmalschutz stehende historische Gebäude haben oft unwirtschaftliche Raumgrößen, z.B. sind die Flurbereiche überdimensioniert. Dafür sind sinnvolle Nutzungen zu finden. Ein Gebäude ist immer ganzheitlich zu betrachten und funktioniert langfristig nur im Zusammenspiel und in der Verträglichkeit seiner verschiedenen Teile. Die zukünftige Nutzung sollte so ausgewählt werden, dass die vorhandenen Räume weitgehend ohne Grundrissveränderungen genutzt werden können. Soweit dies nicht 64 möglich ist, sollte zumindest angestrebt werden, die tragenden Konstruktionen zu erhalten. Eingriffe in das vorhandene Traggefüge sollten minimiert werden, da diese in der Regel zu erhöhtem Aufwand und damit zu steigenden Kosten führen. Wirtschaftlich vertretbar ist eine Maßnahme nur dann, wenn die Erhöhung des Nutzwertes in einem angemessenen Verhältnis zu den eingesetzten Sanierungskosten steht. Damit orientiert sich eine altbaugerechte Planung eben nicht vorrangig an den aus dem Neubau bekannten Raumzuschnitten, sondern sucht sinnvolle Kompromisse. Diese tragen zum individuellen Charakter des Wohnens im Bestand bei und machen seinen Reiz aus. Modernisierungskosten - Kostenkontrolle Auf Grundlage der bereits genannten Bestandsaufnahme ist festzulegen, welche Bauteile weiterhin nutzbar sind und belassen werden können und welche zwingend auszutauschen sind. Eine mit Augenmaß betriebene, wenig in die Substanz eingreifende Planung hilft entscheidend Kosten zu reduzieren und kann diese im Idealfall auf ein Minimum beschränken. Dabei sind vordringlich erprobte Verfahren - wie substanzschonende Untersuchungsmethoden, korrigierbare und reversible Eingriffe, Beschränkung auf kleinstmögliche Eingriffe und lokale Begrenzung von Maßnahmen - anzuwenden. Der erhaltenswerte Bestand ist während der Baudurchführung konsequent gegen Beschädigung oder Zerstörung zu schützen. 4.1.6 Sinnvolle Anpassung und Umsetzung technischer Standards Die Planung einer Modernisierung von Wohngebäuden im Bestand, insbesondere wenn es sich dabei um historisch wertvolle Bausubstanz handelt, ist ein ständiger Abwägungsprozess. So lassen sich für den Neubau sinnvolle technische Standards nicht immer eins zu eins im Altbau umsetzen, sondern müssen sinngemäß angepasst werden. Dennoch können unter Umständen Serienelemente und vorgefertigte Produkte bei der Modernisierung eingesetzt und damit zur Kostensenkung beigetragen werden. 4.2 Viele Verordnungen sehen bei der Anwendung im Bestand Ausnahmeregelungen vor. So ist z.B. aus Gründen des Denkmalschutzes eine Befreiung von der Umsetzung der Energieeinsparverordnung möglich. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass nicht mit entsprechender Kreativität Lösungen gefunden werden können, die - dem Sinne der Verordnung nach - annähernd gleichwertige Ergebnisse erreichen können. Kostenkontrolle 4.2.1 Kostenermittlung Die Instandsetzung und Modernisierung im Gebäudebestand - insbesondere der Umgang mit historisch wertvoller Gebäudesubstanz - erfordert einen sorgfältigen Umgang mit den Kosten, da hier in der Regel verstärkt unvorhergesehene kostenverändernde Entscheidungen zu treffen sind. Die Kosten müssen jedoch nicht über denen anderer Bauvorhaben liegen, sofern die Maßnahmen entsprechend qualifiziert vorbereitet, geplant und durchgeführt werden. Werden diese sinnvoll auf das Notwendige begrenzt, können die Kosten häufig wesentlich reduziert werden und sich damit oft sogar günstiger und wirtschaftlicher als bei Neubauten darstellen. Als Kostenermittlung bezeichnet die DIN 276 die Vorausberechnung der entstehenden Kosten bzw. die Feststellung der tatsächlich entstandenen Kosten. Es gibt verschiedene Phasen der Kostener- mittlung, die je nach Bedarf in der Genauigkeit und dem Bearbeitungsumfang gestaffelt sind. Sie unterscheiden sich je nach Fortschritt des Projektes in: - Kostenschätzung (überschlägige Ermittlung der Kosten) dient als Grundlage für die Entscheidung über die Vorplanung; - Kostenberechnung (angenäherte Ermittlung der Kosten) dient als Grundlage für die Entscheidung über die Entwurfsplanung; - Kostenanschlag (möglichst genaue Ermittlung der Kosten) dient als Grundlage für die Entscheidung über die Ausführungsplanung und die Vorbereitung der Vergabe der Bauleistungen, - Kostenfeststellung (Ermittlung der tatsächlich entstandenen Kosten) dient zum Nachweis der entstandenen Kosten sowie zur Dokumentation und zum Kostenvergleich. 65 Modernisierungskosten - Kostenkontrolle Für die ersten Kostenschätzungen in der Vorbereitungsphase eines Modernisierungsvorhabens werden in der Praxis allgemein anerkannte Erfahrungswerte - z.B. Kalkulationsrichtwerte aus der Literatur - angesetzt, deren Anwendung auf Grund der großen Bandbreite jedoch erhebliche Fachkenntnis voraussetzt [31]. In der weiteren Planung geht es primär darum, das vorhandene Investitionsvolumen so einzusetzen, dass die Lebenszykluskosten insgesamt, insbesondere aber die Baunutzungskosten minimiert werden. Die Baunutzungskosten werden in der ersten Ebene - nach DIN 18960 Nutzungskosten im Hochbau - in folgende vier Nutzungskostengruppen gegliedert: - Kapitalkosten Verwaltungskosten Betriebskosten Instandsetzungskosten (Bauunterhaltungskosten). sind die Betriebs- und Instandsetzungskosten, die sich wie folgt weiter untergliedern: Betriebskosten - Ver- und Entsorgung, - Reinigung und Pflege, - Bedienung der technischen Anlagen, - Inspektion und Wartung der Baukonstruktionen, - Inspektion und Wartung der technische Anlagen, - Kontroll- und Sicherheitsdienste, - Abgaben und Beiträge sowie - sonstige Betriebskosten. Instandsetzungskosten - Instandsetzung der Baukonstruktionen, - Instandsetzung der technischen Anlagen, - Instandsetzung der Außenanlagen sowie - Instandsetzung der Ausstattung. Ein Teil dieser Kosten kann mit der dargestellten gezielten Lebenszyklusplanung positiv beeinflusst werden. Wesentlich für die Lebenszykluskostenbetrachtung im Zusammenhang mit der Modernisierung eines Wohngebäudes 4.2.2 Laufende Verfolgung der Planungs- und Baukosten Die Kostenkontrolle ist der Vergleich der aktuellen mit einer jeweils früheren Kostenermittlung. Die Kostensteuerung ist das gezielte Eingreifen in die Entwicklung der Kosten, insbesondere wenn durch die Kostenkontrolle Abweichungen festgestellt wurden. Grundlage der Kostensteuerungsmaßnahmen ist die Erkenntnis, dass der gesamte Bauprozess in 66 seinen Planungs- und Bauphasen immer wieder auf Einsparungsmaßnahmen untersucht werden muss. Eine ggf. notwendige Anpassung der Planung – z.B. Verringerung von Ausbaustandards – sollte frühzeitig erfolgen, da die Möglichkeiten zur Einflussnahme mit dem Fortschreiten der Planung sinken. Fördermöglichkeiten Modernisierungskosten - Fördermöglichkeiten 4.3 4.3.1 Fördermaßnahmen des Bundes Die Modernisierung und Instandsetzung von Wohngebäuden, die Erweiterung und der Umbau sowie Maßnahmen zur Ressourceneinsparung, insbesondere von Heizenergie werden auf Bundesebene durch verschiedene Programme gefördert. Die Förderung erfolgt im Wesentlichen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sowie die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR). Diese Programme gelten grundsätzlich für den gesamten Wohngebäudebestand. Unter bestimmten Umständen können dazu noch Fördermittel aus dem städtebaulichen Denkmalschutz eingesetzt werden. Darüber hinaus werden insbesondere für die Erhaltung und Modernisierung von denkmalgeschützten Gebäuden verschiedene Abschreibungsmöglichkeiten bei einzelnen Steuerarten gewährt. Da die Fördereinrichtungen ihre Programme in unregelmäßigen Abständen den politischen Zielstellungen entsprechend anpassen und umstrukturieren, sollen hier nur die inhaltlichen Grundzüge dargestellt werden. Aktuelle Informationen zu den geltenden Förderprogrammen erhalten Sie im Informationsblatt 2.4 Staatliche Förderung bei der Instandsetzung, Modernisierung und Energiesparmaßnahmen unter www.kompetenzzentrum-iemb.de. Ein Schwerpunkt der KfW-Förderung ist die energetische Gebäudesanierung. Das Programm ist Bestandteil des Nationalen Klimaschutzprogramms und dient der zinsgünstigen langfristigen Finanzierung von besonders umfangreichen Investitionen zur CO2-Minderung und zur Energieeinsparung in Wohngebäuden des Altbaubestandes mit einem nachweisbaren Einspareffekt. Gefördert werden auch energetische Einzelmaßnahmen wie z.B. der Heizungsaustausch oder die Wärmedämmung der Gebäudeaußenhülle. Ebenfalls be- rücksichtigt werden der Einbau von Heizungstechnik zur Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Errichtung, die Erweiterung und der Erwerb von Photovoltaikanlagen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung aller Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die zu einer Verbesserung des Wohnwertes beitragen wie z.B. die Fenstererneuerung, Grundrissveränderungen, ein Balkonanbau oder eine Baderneuerung. Diese Förderprogramme der KfW-Förderbank stehen allen zur Verfügung, die in eine Wohnung investieren, die sie selbst bewohnen oder vermieten. Hierzu gehören z.B. Privatpersonen, Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften, Gemeinden, Kreise, Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Weitere Informationen dazu erhalten Sie auch unter www.kfw.de Einen fundierten Einstieg in eine energetische Modernisierung bietet die Energiesparberatung vor Ort vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), einer nachgeordneten Einrichtung des Bundeswirtschaftsministeriums. Der Energieberater – eingetragen auf einer nach Postleitzahlen sortierten Liste der BAFA – führt eine Gebäudebegehung durch, nimmt wesentliche Daten des Gebäudes auf, stellt den derzeitigen energetischen Zustand dar und gibt Empfehlungen für sinnvolle und wirtschaftliche Modernisierungsmaßnahmen. Im Rahmen des Programms wird diese Beratung mit festgelegten Honorarzuschüssen gefördert. Nach derzeitigem Stand können Gebäudeeigentümer eine Beratung in Anspruch nehmen: für deren Wohngebäude eine Baugenehmigung in den alten Bundesländern vor dem 01.01.1984 und in den neuen Bundesländern vor dem 01.01.1989 erteilt wurde. 67 Modernisierungskosten - Fördermöglichkeiten In weiteren Programmen des BAFA werden zur Zeit die Errichtung und Erweiterung von Solarkollektoranlagen zur Warmwasserbereitung und/oder zur Bereitstellung von Prozesswärme sowie die der Einbau von automatisch beschickten Anlagen zur Verfeuerung fester Biomasse (Pelletsanlagen) oder manuell beschickter Scheitholzvergaserkessel finanziert. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.bafa.de. Die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) als nachgeordnete Einrichtung des Bundesumweltministeriums fördert den Einsatz nachwachsender Rohstoffe für die Wärmedämmung durch Zuschüsse als Ausgleich für die erhöhten Aufwendungen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.fnr.de. 4.3.2 Steuerliche Abschreibung Für die Erwerber oder Eigentümer von denkmalgeschützten Wohngebäuden bedeuten die bei den verschiedenen Steuerarten gewährten Erleichterungen eine wichtige finanzielle Hilfe bei der Instandsetzung und Modernisierung. Spenden für denkmalpflegerische Zwecke an oder über geeignete Empfänger können unter Umständen als Sonderausgaben bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Für die objektbezogene Beratung sollte ein Steuerberater hinzugezogen werden. Konkrete Einzelfragen beantworten auch die zuständigen Mitarbeiter in den Finanzämtern. Weitere aktuelle Informationen finden Sie dazu im Informationsblatt 8.5 Denkmalschutz unter www.kompetenzzentrum-iemb.de. 4.3.3 Städtebaulicher Denkmalschutz Bei entsprechender Lage können ggf. auch Mittel im Rahmen des städtebaulichen Denkmalschutzes für ein Objekt beantragt werden. Mit diesem Programm wird die Erhaltung und Weiterentwicklung von bau- und kulturhistorisch wertvollen Stadtkernen in derzeit 162 Städten der neuen Bundesländer gefördert. Die schützenswerten historischen Innenstadtbereiche sollen so erhalten und zu attraktiven Orten mit zeitgemäßen Nutzungen entwickelt werden. Neben den städtebaulich bedeutenden Gebäuden und Ensembles können in diesem Zusammenhang auch im Einzelnen nicht als Denkmal ausgewiesene Gebäude in die Förderung einbezogen werden. Damit können für die Erneuerung historischer Stadtkerne und die Sanierung denkmalwerter Gebäude notwendigen Privatinvestitionen wirksame Anschubeffekte wirksam werden. Die Verwaltungsvereinbarung zur Städtebauförderung zwischen der Bundesre68 publik Deutschland - vertreten durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) - und den Ländern regelt die Eckwerte des Programms. Die Einzelheiten der Förderung ergeben sich aus den Richtlinien und Verwaltungsvorschriften der einzelnen Länder. Die Kommunen ergänzen diese Bund-Länder-Fördermittel mit einem kommunalen Eigenanteil. Sie sind auch Ansprechpartner für standortkonkrete Fördermaßnahmen. Im August 2004 wurde im Auftrag des BMVBS und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) beim Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) die Bundestransferstelle Städtebaulicher Denkmalschutz eingerichtet. Über ein Internetportal (http://www.staedtebaulicher-denkmalschutz.de/) werden alle wesentlichen Informationen bereitgestellt. Unter anderem befindet sich eine Projektdatenbank mit guten Beispielen zu ausgewählten Modernisierungskosten - Fördermöglichkeiten Themen des Städtebaulichen Denkmalschutzes im Aufbau. Daneben können ggf. auch andere Programme zur Städtebauförderung - auch in Kombination – eingesetzt werden, wie z.B. die allgemeine Städtebauförderung (Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen), der Stadtumbau-Ost/West oder die Soziale Stadt. Einen Überblick gibt das Merkblatt „Programme der Städtebauförderung“ des BMVBS. [32] 4.3.4 Förderprogramme der Bundesländer In den Ländern gibt es eine Reihe von Programmen zur Förderung der Modernisierung und Energieeinsparung, auch im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. Sie haben unterschiedliche Schwerpunkte etwa im Anwendungsbereich (z.B. Mietwohnungen oder Eigentümerwohnungen) und der Art und Höhe der Förderung, die in Form von Zuschüssen oder zinsgünstigen Darlehen gewährt wird. Gefördert werden im Bereich der allgemeinen Modernisierung insbesondere : - bauliche Modernisierungen, die den Gebrauchswert der Wohnung verbessern (z.B. Wohnungszuschnitt, Schallschutz, Sanitärinstallation), - bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Wohnverhält- nisse (z.B. Gemeinschaftsanlagen wie Kinderspielplätze, Kfz-Stellplätze, Einbau von Fahrstühlen), - Maßnahmen zur Einsparung von Heizungsenergie und Wasser. Die einzelnen Länder legen bei ihren Programmen unterschiedliche Vorgaben fest, die etwa bei den Kosten auch regionale Unterschiede berücksichtigen können. Daneben gibt es teilweise sehr detaillierte bautechnische Bestimmungen und diverse andere Faktoren, die über die Förderfähigkeit mitentscheiden. Die Länderprogramme sind häufig an bestimmte Haushaltsstrukturen – z.B. Familien mit Kindern – oder Einkommensgrenzen gebunden. 4.3.5 Kommunale Fördermittel Gelegentlich stehen auch in den Kommunen Fördermittel zur Verfügung, um Maßnahmen zu unterstützen, die besondere stadtgestalterische Bedeu- tung haben. Auskünfte dazu erteilen die Stadtplanungsämter oder die untere Denkmalschutzbehörde. 4.3.6 Fördermittel sonstiger Einrichtungen und Organisationen Im Rahmen der Finanzierungsplanung für Maßnahmen an historisch wertvollen oder unter Denkmalschutz stehenden Wohngebäuden sollte geprüft werden, ob unter Umständen weitere Fördermittel anderer Einrichtungen zur Verfügung stehen (z.B. Deutsche Stiftung Denkmalschutz). Grundsätzlich ist zu beachten, dass nach den meisten Förderbestimmungen Mittel nur für Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen wurden. Ausnahmen gelten nur in bestimmten festgelegten Fällen. Sie sollten die Mittel also rechtzeitig beantragen, zumal bei vielen Programmen - insbesondere der Länder und Kommunen – die zeitliche Reihenfolge der Anträge mit über die Förderung entscheiden kann. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Fördermitteln– mit Ausnahme z.B. der steuerlichen Abschreibungen - besteht in der Regel nicht. 69 Literatur- und Bildnachweis 5 Literatur- und Bildnachweis Kap. 1 [1] IEMB Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e.V. an der TU Berlin: Dialog Bauqualität - Enbericht, Bericht Nr. 1-18/2002. [2] Durant, W. und A.: Kulturgeschichte der Menschheit, 1985 Sonderausgabe der Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft, Köln, Band 6-18. [3] Müller, W. und Gunther, V.,: dtv-Atlas Baukunst, Band 2, Baugeschichte von der Romanik bis zur Gegenwart, 1981 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG, München, 10. Auflage Juni 1997. [4] Kinder, H. und Hilgemann W.: dtv-Atlas Weltgeschichte, Band 2, Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, 1966, 1991 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG, 31. Auflage Mai 1997. [5] Hubel, A.: Denkmalpflege – Geschichte, Themen, Aufgaben – Eine Ein führung, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart. [6] Dehio, G.: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Berlin, 2. Auflage 2000, Deutscher Kunstbuchverlag GmbH München Berlin. [7] Deutscher Bundestag, Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Bonn 1988, (Hrsg.): Fragen an die deutsche Geschichte – Ideen, Kräfte, Entscheidungen - Von 1800 bis zur Gegenwart, 14.Auflage 1988. [8] Krisch, R. und Jocher, Th.: Das Bild vom Haus in: Einfamilienhäuser - Kon zepte, Planung, Konstruktion; Hrsg: 2000 Institut für internationale Architekturdokumentation GmbH & Co. KG München, Edition Detail; S. 29-30. [9] Informationsblatt 8.2: Energetische Bewertung und Modernisierung. Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [10] Informationsblatt 5.4: Schallschutz, Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [11] Modernisierung von selbstgenutztem Wohneigentum in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Mehrfamilienhäuser der 50er und 60er Jahre, Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, Juli 2005. [12] Informationsblatt 5.8: Verbesserung des Schallschutzes von Wohngebäuden im Bestand, Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [13] Bundesarchitektenkammer (Herausgeber): „Energiegerechtes Bauen und Modernisieren“, Birkhauser Verlag, 1996 Kap. 2 [14] Bürogemeinschaft Sachverständigenbüro für Holzschutz Hans-Joachim Rüpke / Dr. Ernst Kürsten: Temperatur - Feuchte -Taupunkt - Wohnklima, URL: http://www.holzfragen.de/seiten/taupunkt.html [Datum des letzten Zugriffs: 07.02.2007] [15] 70 Zink, Ulrich, Integra Consulting Architekten und Ingenieure Knauf Gips KG, bzw. Saint-Gobain Isover G+H AG [17] LUWOGE/ BASF [18] Ertelt, Ulrich, planstudio Architekten [19] Blancke, Hannes, Baubüro Schöneberg [20] Ballhausen Nils: Typ Pankow in bauwelt Ausgabe 14/200, Bauverlag BV GmbH [21] von Busch, Mirjam, Strauch, Michael [22] Bösinger, Martin [23] 3PO > Bopst Melan Architektenpartnerschaft BDA Literatur- und Bildnachweis [16] Kap. 3 [24] Informationsblatt 2.1: Baufinanzierung. Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [25] Informationsblatt 3.2: Bauen im Lebenszyklus. Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [26] Informationsblatt 3.3: Individuelle Planung mit Architekten und Ingenieuren. Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [27] Informationsblatt 7.2: Bestandsaufnahme und bauteilbezogene Gebäudeauf nahme. Kompetenzzentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. [28] Informationsblatt 8.1: Instandsetzung, Modernisierung, Umbau. Kompetenz zentrum „Kostengünstig qualitätsbewusst Bauen“ im IEMB (e. V.) an der TU Berlin, 2006. Kap. 4 [29] Martin, D. und Krautzberger, M.: Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege, Hrsg: in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Verlag C.H. Beck München 2004. [30] Pfeiffer, M., u.a.: Entwicklung von Instrumenten für den nachhaltigen Sanierungsprozess von Büro- und Produktionsgebäuden sowie öffentlichen Liegenschaften; Abschlussbericht; Hannover, Juni 2001. [31] Pfeiffer, M., u.a.: (Institut für Bauforschung e.V.): Bau-Nutzungskosten – BauNutzungskosten-Kennwerte für Wohngebäude; Fraunhofer IRB Verlag; Stuttgart, 2006]. [32] Programme der Städtebauförderung; Merkblatt über die Finanzhilfen des Bundes; Berlin, August 2006; URL: http://www.bmvbs.de. Sonstiges: Titelblatt: [16], [18], [19], [23] (von links nach rechts) Seite 4: [23] 71