Wie essen wir in Zukunft?

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GDV
Wie essen wir in Zukunft?
Fortsetzung des Tagungsberichts
Vom 7. bis 9. März 2005 fand im Kurhaus Bad Boll die Jubiläumstagung der GDV Gütegemeinschaft Diät und Vollkost e. V. „Wie essen
wir in Zukunft?“ statt. In der letzten Ausgabe der Ernährungs-Umschau haben wir Ihnen bereits einige Vorträge vorgestellt. An dieser
Stelle wird der Überblick mit den beiden Schwerpunktthemen „Gesund – Gesünder – am Gesündesten...?“ sowie „Ernährungsfachkraft
– Hilfe in schwierigen Lebenssituationen?“ fortgesetzt.
Gesund – Gesünder – am
Gesündesten . . .?
Kontroverse Aussagen zur empfohlenen Zusammensetzung der Nahrung
führen nicht nur bei Verbrauchern zu
Irritationen, auch Ernährungsfachkräfte werden mit ständig „neuen“
Studien konfrontiert. Daher setzte sich
Dr. med. Thomas ELLROTT, Psychosoziale Medizin / Psychiatrische Klinik der
Georg-August-Universität Göttingen,
in seinem Vortrag mit „Nährwertrelationen in der Diskussion – Ernährungskreise & Ernährungspyramiden,
was ist richtig?“ auseinander. Denn aktuelle Studien haben gezeigt, dass mit
stark kohlenhydratbeschränkten Diäten die initiale Gewichtsreduktion
besser ist als mit konventionellen fettbzw. energiereduzierten Diäten. Diese
Publikationen sowie zahlreiche Medienbeiträge haben dazu geführt, dass
in den USA viele Millionen Amerikaner ihre Ernährung auf kohlenhydratarme Kostformen umgestellt haben (z. B. Atkins-Diät, South-BeachDiät). In abgeschwächter Form ist ein
solcher Trend auch in Europa und
Deutschland festzustellen.
Marketing-Wettbewerb:
„Rund ums RAL-Gütezeichen“
Erstmalig hatten in diesem Jahr Betriebe mit RAL-Gütezeichen die Möglichkeit, ihre Vermarktungskonzepte im Rahmen eines von der Gütegemeinschaft Diät und Vollkost
e. V. (GDV) ausgerichteten Marketing-Wettbewerbs einzureichen. Unter dem Motto „Rund ums RAL-Gütezeichen“
ging es der GDV zum einen darum, das Gütezeichen zu
präsentieren. Zum anderen sollte der Wettbewerb einen
Anreiz für Ernährungsfachkräfte schaffen, ihre bereits
vorliegenden Medien noch besser zu gestalten und ggf. effektiver einzusetzen.
Ein unabhängiges Jurorenteam prüfte und bewertete die eingereichten Unterlagen und Medien. Berücksichtigt wurden sowohl die Vielfalt der eingereichten
Medien, beispielsweise Website-Ausdruck, Hausprospekt, Zimmer-Gäste-Info, Beratungs-Info, Rezeptbroschüren, als auch deren inhaltliche und gestalterische
Qualität sowie der Kosten-Nutzen-Effekt und die zielgruppenspezifische Streuung. Den ersten Platz vergab die Jury an das Ernährungsteam Dorfner menü aus
der Donau-Ries-Klinik in Donauwörth. Der zweite Preis ging an das Reha-Zentrum
am Meer in Bad Zwischenahn und auf Platz drei kam die Klinik Porta Westfalica
aus Bad Oeynhausen. Die Gewinner-Teams erhielten jeweils eine Urkunde und je
nach Platzierung eine Gold-, Silber- und Bronzemedaille sowie einen Wertgutschein für die kostenlose Teilnahme an der nächsten GDV-Tagung.
Zudem gab es einen Sonderpreis für das beste Einzelprojekt. Diesen erhielt das
Team der Kreiskliniken Aschersleben aus Staßfurt. Es gewann für alle drei Ernährungsfachkräfte einen Gutschein zur kostenlosen Teilnahme an der GDV-Tagung
2006, die vom 27. bis 29. März in Bad Sassendorf stattfinden wird. Außerdem ist
mit dem Gutschein die Jahres-Evaluation der Marketing-Strategie sowie die Präsentation bei der nächsten GDV-Tagung verbunden.
Voraussichtlich in zwei Jahren wird es den nächsten Marketing-Wettbewerb der
GDV geben.
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ELLROTT resümierte: Mit kohlenhydratarmen Diäten lässt sich, wie mit
vielen anderen Diäten auch, kurzfristig Gewicht abnehmen. Allerdings fehlen derzeit Studien über die mittelund langfristigen Erfolge solcher Diäten. Im Gegensatz dazu zeigen die verfügbaren Studien zur langfristig erfolgreichen Gewichtsstabilisierung nach
initialer Gewichtsreduktion, dass eine
kohlenhydratreiche (ca. 55 En%), relativ proteinreiche (ca. 19 En%) und
fettarme Diät (ca. 25 En%) ein Erfolg
versprechender Ansatz ist.
Qualität und Quantität von
Fetten und Kohlenhydraten
Neben der quantitativen Beurteilung
der Makronährstoffe gewinnen qualitative Aspekte eine immer größere Bedeutung. Das Thema vertiefte Prof. Dr.
oec. troph. Helmut HESEKER, Fachgruppe Ernährung und Verbraucherbildung, Universität Paderborn, unter
dem Titel „Unter der Lupe: Qualität &
Quantität von Fetten & Kohlenhydraten“. Übergewicht, Adipositas und deren Folgeerkrankungen (z. B. Typ-2-Diabetes, Hyperlipidämien, Hypertonie,
Hyperurikämie) haben sich zu globalen Epidemien entwickelt. Normalgewichtige Personen sind im Erwachsenenalter in Deutschland bereits in der
Minderheit. Daher wird heute nach Ernährungsformen gesucht, die bei
Menschen mit weniger aktivem Lebensstil nicht zu Übergewicht führen.
Im Mittelpunkt der Diskussion steht
die Frage, inwieweit die Quantität und
die Qualität der verzehrten Kohlenhydrate und Fette eine Rolle spielen und
ob die Empfehlungen für Makronährstoffe gegebenenfalls zu revidieren
sind. Die Deutsche Gesellschaft für
Ernährung empfiehlt einen Kohlenhydratverzehr von mindestens 50 %
Ernährungs-Umschau 52 (2005) Heft 7
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der Nahrungsenergie überwiegend in
Form komplexer Kohlenhydrate, z. B.
als Vollkornbrot, Vollkornreis, Gemüse,
Obst und Kartoffeln. Leicht verdauliche, schnell resorbierbare Kohlenhydrate (z. B. Traubenzucker, Weißmehlprodukte, Kartoffelpüree) führen zu einem raschen Anstieg des Blutglukosespiegels und lösen eine entsprechend
starke Insulinausschüttung aus. Wird
dagegen Stärke im intakten Pflanzenzellverbund, z. B. mit einem Vollkornprodukt, verzehrt, dann werden die
Kohlenhydrate nur langsam aus dem
Lebensmittel freigesetzt. Zudem liefern diese Lebensmittel neben Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen
auch Ballaststoffe und tragen gut zur
Magenfüllung und damit zur Sättigung bei.
In den kürzlich publizierten, neuen
amerikanischen
Ernährungsrichtlinien (Dietary Guidelines for Americans 2005) wird eine Kohlenhydratzufuhr von 45–65 % der Gesamtenergie
empfohlen. Dabei wird besonderer
Wert auf den Konsum von Obst und
Gemüse gelegt. Im Vergleich zu den
vorherigen Empfehlungen wird eine
Verdopplung angestrebt. Täglich werden 4 bis 5 Portionen Früchte und Gemüse empfohlen. Des Weiteren sollten
die Amerikaner mindestens drei Portionen Vollkornprodukte pro Tag bzw.
die Hälfte der Getreideprodukte in
Form von Vollkornprodukten verzehren. Damit liegt auch in den USA nun
die Betonung auf kohlenhydratreichen
Lebensmitteln mit langsamer Blutzukkerwirksamkeit.
Zur Bewertung der Nahrungsqualität wird neuerdings vermehrt der
Glykämische Index (GI) bzw. die Glykämische Last (GL) herangezogen –
vielleicht auch, weil fett- und proteinreiche Lebensmittel hier besonders
gut abschneiden, mutmaßte HESEKER.
Der GI ist zwar geeignet, die Qualität
von kohlenhydratreichen Lebensmitteln partiell zu beschreiben. So entsprechen beispielsweise die von der
DGE empfohlenen kohlenhydrathaltigen Lebensmittel ziemlich genau einer
Kost mit einem niedrigem GI. Für die
Beurteilung der ernährungsphysiologischen Qualität protein- oder fettreicher Lebensmittel ist er aber völlig ungeeignet. Neben den methodischen
Schwächen kommt hinzu, dass es bisher keine überzeugenden Belege gibt,
dass eine Kost mit niedrigem GI vor
Adipositas, Typ-2-Diabetes oder koronarer Herzkrankheit schützt. Außerdem fehlen plausible und validierte
Ansätze, um das Konzept des GI in der
Ernährungs-Umschau 52 (2005) Heft 7
Ernährungsberatung verständlich zu
vermitteln.
In den 10 Regeln der DGE wird darauf hingewiesen, dass Fette zwar essentielle Fettsäuren und wichtige fettlösliche Vitamine enthalten. Fette sind
aber besonders energiereich und können die Entstehung von Übergewicht
und Adipositas fördern. Es gilt daher
die Empfehlung eines moderaten Fett-
Professor Helmut Heseker referierte über
die Qualität und Quantität von Fetten
und Kohlenhydraten
konsums von maximal 30 % der Nahrungsenergie bzw. 35 % bei entsprechender körperlicher Bewegung. Auch
wenn die Fettzufuhr in Deutschland in
den letzten Jahrzehnten im Mittel
leicht zurückgegangen ist, darf nicht
übersehen werden, dass nach wie vor
viele Menschen mehr als 50 % ihrer
Nahrungsenergie in Form von Fetten
aufnehmen. Besonderes Augenmerk
ist auf die Qualität der Fette zu richten:
Der Konsum gesättigter Fettsäuren
sollte zu Gunsten einfach und mehrfach ungesättigter verringert werden.
Die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren,
z. B. enthalten in Meereskaltwasserfischen wie Hering, Makrele oder Lachs
und in Pflanzenölen (z. B. Raps-, Sojaoder Walnussöl) sollte gesteigert werden. Das Verhältnis von Omega-6- zu
Omega-3-Fettsäuren sollte nicht größer als 5 : 1 ein. In einer durchschnittlichen deutschen Kost beträgt er noch
immer 10 : 1 bis 12 : 1. Dieser wichtige
Aspekt wird weder in der Ernährungsberatung noch von der Lebensmittelindustrie bei der Auswahl der Zutaten
und der Rezeptentwicklung genügend
beachtet, kritisierte HESEKER. Für die
Bewertung der Fettqualität spielen
außerdem der Vitamin-E-Gehalt, der
Gehalt an unerwünschten Fettbegleitstoffen (z. B. Cholesterin) sowie an
Trans-Fettsäuren eine wichtige Rolle.
HESEKER sieht nach den derzeitigen
wissenschaftlichen Erkenntnissen keinen Anlass, die bestehenden Ernährungsempfehlungen der DGE zu revidieren: Eine ausgewogene Ernährung
– betont kohlenhydratreich und moderat in der Fettzufuhr – sei in Kombination mit reichlich körperlicher Bewegung langfristig am ehesten geeignet, Übergewicht und damit einhergehende Folgeerkrankungen zu verhindern oder zu reduzieren. Für ein gutes
Gewichtsmanagement und eine erfolgreiche Krankheitsprävention sei es
langfristig unerlässlich, den Energieverbrauch durch körperliche Bewegung zu erhöhen. Bei der Auswahl der
Lebensmittel sollten Lebensmittelproduzenten und natürlich auch die Verbraucher stärker noch als bisher auf
die unterschiedliche Qualität der verzehrten Kohlenhydrate und Fette achten. Sinnvoll seien mehr gut schmeckende, nährstoffreiche Lebensmittel
mit geringer Energiedichte. In den
USA neige sich der „Low-carb-Boom“
bereits dem Ende zu. Denn eine kohlenhydratarme und damit einseitige,
fettreiche Ernährung ist langfristig wenig schmackhaft und führt nur selten
zu einer dauerhaften Gewichtsreduktion.
Metabolisches Syndrom
Das metabolische Syndrom ist charakterisiert durch Insulinresistenz, Dyslipoproteinämie, Hypertonie, viszerale
Adipositas und gestörte Glukosetoleranz und allen sich daraus entwickelnden Konsequenzen, betonte Prof. Dr.
med. Dietmar SAILER im Vortrag „Das
metabolische Syndrom: Obsolet?“.
Der Chefarzt der Frankenklinik, einem
Diabeteszentrum in Bad Neustadt an
der Saale, machte deutlich, dass das
metabolische Syndrom trotz seiner
verschiedenen Facetten ein einheitliches Krankheitsbild ist. Genetische
Faktoren, aber vor allem auch der persönliche Lebensstil spielen bei seiner
Entwicklung eine zentrale Rolle.
Grundsätzlich ist das metabolische
Syndrom und die dadurch bedingten
Folgeerkrankungen, wie Atherosklerose, Hypertonie, Typ-2-Diabetes etc.
durch ausreichende körperliche Aktivität und Normalgewichtigkeit vermeidbar. Daher kommt der Ernährungstherapie eine entscheidende Bedeutung zu. Deren oberstes Ziel muss
die Gewichtsreduktion sein, wobei die
tägliche Energiezufuhr mindestens
500 kcal unter dem Bedarf liegen
muss und sich eine fettreduzierte bzw.
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-modifizierte Ernährung bewährt hat.
Dies ist die einzige Ernährungsform,
die ihre Effizienz in Endpunktstudien
bewiesen hat, unterstrich SAILER.
Ernährungsfachkraft –
Hilfe in schwierigen
Lebenssituationen
Der Erfahrungsbericht „Mehr Lebenshilfe statt Sterbehilfe für Komapatienten“ von Dietmar BAUMHOF, Vorsitzender Patienten im Wachkoma e. V., Bergneustadt, zeigte auf, wie Menschen im
Koma durch intensivste Betreuung
auch über die Genuss-Ebene des
„Essen erleben“ sozusagen wieder erweckt werden können. Viel zu häufig
wird der hohe Zeit- und Personalaufwand gescheut, der mit individuell
ausgerichteten Mobilisierungsmaßnahmen verbunden ist. Letztlich erreicht man jedoch langfristig gesehen
erhebliche Erfolge. Das ist gerade auch
für Ernährungsfachkräfte und die behandelnden Mediziner Grund genug,
kritisch hinzuschauen, welche – vielleicht bisher noch nicht ausreichend
angewandte – „Wiederbelebungsstrategien“ die Situation von Wachkomapatienten verbessern könnten.
Der Frage „Enterale Ernährung – eine
hilfreiche Zwischenlösung oder einzig mögliche Ernährungsform?“ ging
Susanne LANGE, Diätassistentin, Kliniken St. Antonius, Wuppertal und Mitarbeiterin der GDV, in ihrem Vortrag
nach. Enterale Ernährung ist indiziert,
wenn ein Mensch sich nicht oder nicht
ausreichend über die normale Kost ernähren kann. Soweit wie möglich sollte die Ernährung immer oral erfolgen.
Denn neben der Versorgung mit Energie und Nährstoffen sind Essen und
Trinken und die damit verbundenen
Geschmacksempfindungen ein Stück
Lebensqualität. Sollte trotz Ernährungsberatung und Berücksichtigung
individueller Wünsche, Meiden unverträglicher Nahrungsbestandteile oder
Modifikation der Nahrung keine adäquate Ernährung möglich sein, ist der
Einsatz von Trink- und Zusatznahrung
erforderlich. Es gibt eine Vielzahl ergänzender bilanzierter Diäten in Form
von Getränken, Suppen oder Süßspeisen. Derzeit sind mehr als 30 verschiedene Geschmacksrichtungen an vollbilanzierten sowie protein- oder kalorienreichen Supplementen und Trinknahrungen verfügbar. Die klinische Effizienz dieser Maßnahmen zur Stabi-
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lisierung und Verbesserung des Ernährungszustandes ist besonders bei
schwerkranken sowie postoperativen
Patienten in klinischen Studien gut
belegt.
Erst wenn die beschriebenen Maßnahmen nicht zu einer Verbesserung
der Versorgungssituation des Patienten führen oder prinzipiell nicht
durchführbar sind, sollte die Ernährung über eine Ernährungssonde erfolgen. Hierfür gibt es in der Praxis
transnasale oder perkutan applizierbare Sondensysteme. Allerdings muss
die Stoffwechsellage des Patienten stabil sein und der Gastrointestinaltrakt
weitgehend normal funktionieren.
Die Ernährung über eine nasogastrale Sonde sollte grundsätzlich nur
für einen kurzen Zeitraum (<30 Tage)
erfolgen, da sie für den Patienten unangenehm ist und häufig Komplikationen auftreten können. Muss die Ernährung mittel- und langfristig enteral
erfolgen, z. B. wegen benigner oder
maligner Grunderkrankungen, hat
sich die perkutane endoskopische
Gastrostomie (PEG-Sonde) als Mittel
der Wahl etabliert. In den meisten Fällen reicht die Applikation einer standardisierten, vollbilanzierten Diät aus.
Die Notwendigkeit einer speziellen Diät ist auf wenige Indikationen reduziert. Muss ein Patient vollständig enteral ernährt werden, sollte die Sondennahrung heute nicht mehr selbst
zubereitet werden. Gegenüber industriell hergestellter ist sie nicht bilanziert in Hinblick auf Vitamine, Elektrolyte und Spurenelemente und schlecht
sondengängig bzw. falls sondengängig, weist sie nur eine geringe Energiedichte auf. Darüber hinaus entspricht
selbst hergestellte Sondennahrung
nicht dem hohen hygienischen Standard industriell gefertigter Produkte.
Die Versorgung mit Energie, Flüssigkeit und Nährstoffen orientiert sich an
den D-A-CH-Referenzwerten. Selbstverständlich ist die individuelle gesundheitliche Situation des Patienten
zu berücksichtigen. Oftmals ist die
Nährstoffzufuhr
krankheitsbedingt
verringert oder es liegt ein erhöhter
Nährstoffbedarf vor – auch eine Kombination ist möglich. Dies ist ein erhebliches Risiko für eine Mangelernährung und macht die vielfältigen Indikationen der enteralen Ernährung
deutlich.
Die enterale Ernährung wird heutzutage als Basistherapie eingesetzt bei
Tumor- und HIV-/Aids-Patienten, die
einen erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf und bei Fortschreiten der
Erkrankung auch vermehrt Verdauungs- und Resorptionsstörungen haben. Daneben wird sie ebenfalls als
Basistherapie bei vielen neurologischen Erkrankungen angewendet,
wenn Kau- und Schluckstörungen eine orale Ernährung erschweren oder
unmöglich machen. Häufige Anwendungsbereiche sind Erkrankungen der
Speiseröhre wie z. B. Stenosen, die den
Nahrungstransport vom Mund in den
Magen behindern, oder Insuffizienzen
der Verdauungsorgane.
Entscheidend für den Erfolg der Ernährungstherapie sind die indikationsgerechte Substratauswahl, der
richtige Applikationsweg, die Lage der
Sondenspitze und eine der individuellen gastrointestinalen Funktion angepasste Applikationsform und -menge.
Unverträglichkeiten wie Völlegefühl,
Übelkeit, Erbrechen, Obstipation oder
Diarrhö können dazu führen, dass die
Sondenernährung unterbrochen bzw.
reduziert wird. Damit wird die ausreichende Energie- und Nährstoffversorgung von oftmals bereits schon mangelernährten Patienten weiter beeinträchtigt. Um Komplikationen so gering wie möglich zu halten, ist eine
sorgfältige Beobachtung des Kranken
durch geschultes Pflegepersonal wichtig. Idealerweise sollten die enteral ernährten Patienten in der Klinik von einem interdisziplinären Ernährungsteam betreut werden. In diesem Team
arbeiten Ärzte, Pflegepersonal, Ernährungsfachkräfte und ggf. Apotheker
zusammen, um ein optimales Ernährungsregime zu gewährleisten. Mitarbeiter des Ernährungsteams pflegen
u. a. Kontakt zu Home-Care-Teams,
welche die häusliche Versorgung des
Patienten in Absprache mit dem Hausarzt sicherstellen. Prinzipiell ist die enterale Ernährungstherapie eine physiologische, komplikationsarme und relativ kostengünstige Möglichkeit, den
Ernährungszustand und die Lebensqualität vieler Patienten zu verbessern,
so das Fazit LANGES.
Die nächste Jahrestagung der Gütegemeinschaft Diät und Vollkost e V. wird
vom 27. bis 29. März 2006 in Bad Sassendorf stattfinden.
Anschrift der Verfasserin:
Nadine Balzani, Ernährungsmedizinische Beraterin/DGE
Geschäftsführerin der GDV e. V.
Moorenstr. 80
40225 Düsseldorf
Ernährungs-Umschau 52 (2005) Heft 7
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