B A N D 14b ZE ITSC H R IFT FÜ R NA T U R FO R SC H U N G H EFT 10 Eigenschaften uv-bestrahlter X-Phagen Von G. K e lle n b e r g e r , W. A rb er und E. K e lle n b e r g e r Aus dem Laboratoire de B iophysique, U niversite de Geneve (Z. N aturforschg. 14 b, 615— 629 [1959] ; ein g eg a n g en am 6. Juli 1959) X-phage inactivated by UV irradiation has been studied w ith respect to the follow ing properties: adsorption, in jection of D N A , lysogenisation, and the ab ility of several genes (h, d 14, i 1, i2 ) to express their functions. Only adsorption and D N A -in jection are not influenced by the UV-lesions. This fact is in som e disagreem ent with observations obtained w ith T 2. One p ossible explanation is discussed: It is found that, as a function of the UV-dose, an increasing part of the D N A of irradiated X is broken down in the host c ell and elim inated. A new property of irradiated X is described which consists in establism ent of double lysogeny in cooperation with an already existin g 2-prophage. In einer früheren A rb e it 1 wurden die Inaktivierung des A-Phagen durch UV-Bestrahlung und verschiedene Reaktivierungs-Möglichkeiten beschrieben. Es zeigte sich im Laufe jener Untersuchungen, daß die UV-Bestrah­ lung an den Phagen Schäden hervorrufen kann, die nicht unbedingt eine letale W irkung haben, sondern solche die je nach dem physiologischen Zustand der Wirtszelle als letal oder subletal bezeichnet werden können. Wir haben uns deshalb vorgenommen, die Eigenschaften der bestrahlten Phagen näher zu betrachten, und zwar nicht nur in bezug auf die Überlebensfähigkeit, sondern eben­ falls auf eventuelle restliche Funktionen, die den nicht mehr vermehrungsfähigen Phagen noch zugeschrieben werden könnten. Man kennt, durch das Studium defek­ tiv-lysogener Bakterien2-5, gerade für diesen Phagen eine ganze Reihe von M utanten, in denen ein oder eine ganze Gruppe von Genen ihre Teil-Funktion zur Phagen­ bildung nicht auszuüben vermögen und aus diesem Grunde keine infektiösen, vermehrungsfähigen Partikel hervorbringen, jedoch Teilsynthesen auszuführen in der Lage sind. Diese Mutanten, unfähig zur lytischen Selbst­ vermehrung, können als Prophagen in den defektiv­ lysogenen Bakterienstämmen erhalten und vermehrt werden. Es zeigte sich in diesen Fällen, daß der Defekt erblich ist und für einen gegebenen Stamm immer ein und dieselbe Funktion betrifft, sei es, daß der Phage unfähig ist nach Induktion ein komplettes infektiöses Partikel zu bilden, wohl aber leere Kopfmembranen *, Schwänze und Phagen-DNS produziert, sei es, daß ein früheres Entwicklungsstadium davon betroffen werde, wie die vegetative DNS-Vermehrung. Das defektive Prophagengenom kann jedoch unter gewissen Umständen nach Induktion sich vermehren und zu einem infektiösen Partikel heranreifen, dann nämlich, wenn ein überinfizierender Phage in der selben Zelle die fehlende Syn­ these ausführt. Bei der Lysis werden in diesem Falle zwei Sorten von Phagen frei, welche beide phänotypisch vollständig zur Infektion einer neuen Zelle ausgerüstet sind, von denen jedoch ungefähr die Hälfte das defek­ 1 G. K e l l e n b e r g e r u . J . W e i g l e , Biochim. biophysica A cta [Amsterdam] 30, 112 [1 9 5 8 ]. 2 R. K . A p p l e y a r d , G enetics 39, 440 [1 9 5 4 ]. s F . J a c o b , C. R. F u e r s t u . E. W o l l m a n , Ann. Inst. P asteur 93, 724 [19 5 7 ]. tive Genom in sich trägt, das sich ohne fremde Hilfe nicht weiter vermehren kann. Infiziert ein solcher defek­ tiver Phage allein eine neue Wirtszelle, so wird er ent­ weder die ihm noch verbleibenden Funktionen ausüben, wodurch im allgemeinen die infizierte Zelle getötet und lysiert wird 5, oder er wird die Zelle lysogenisieren und sich als defektiver Prophage weiter vermehren. Die M annigfaltigkeit der genetischen Defekte, die für X bereits bekannt sind, läßt vermuten, daß die verschie­ densten für den Phagen an sich letalen Mutationen dessen Erhaltung und Fortpflanzung als Prophage nicht beeinträchtigen. Wir zeigen in der vorliegenden Arbeit, daß im Gegensatz dazu die durch UV-Bestrahlung er­ zeugten letalen Schädigungen größtenteils anderer N atur sein müssen, denn uv-inaktivierte Phagen verhalten sich, wie zu erwarten war, nicht wie eine heterogene Popula­ tion verschieden-defektiver Phagen. Wir haben zunächst untersucht, ob sie eine letale Wirkung auf die infizierten Bakterien haben, ob sie defektiv-lysogene Bakterien her­ vorbringen können und ob sie zur Ausübung einzelner Funktionen noch imstande sind. Diese letztere Eigen­ schaft wurde getestet in bezug auf ihre Fähigkeit für einen bestimmten, defektiven Prophagen die fehlende Synthese ausführen zu können. Eine mögliche E rklä­ rung für das Ausbleiben jedwelcher restlicher Synthe­ sen wird auf Grund von Experimenten mit 3 2 P-markierten Phagen diskutiert. Sie zeigen, daß die DNS uvbestrahlter A-Phagen teilweise von der Wirtszelle aus­ geschieden, also wahrscheinlich abgebaut wird. Schließ­ lich haben wir eine neue, spezifische Eigenschaft der schwach bestrahlten Phagen näher untersucht, welche A r b e r 5 erstmals für den bestrahlten Transduktor-Pha­ gen X dg nachgewiesen h a t: Infiziert man nämlich be­ reits für X lysogene Bakterien mit bestrahlten 2-Phagen, so können einzelne Gene des bestrahlten Phagen in das lysogene System eingebaut werden. Auf diese Weise er­ hält man mit einer sehr hohen Frequenz sogenannte doppeltlysogene Bakterien. Ein nicht bestrahlter Phage hingegen fixiert sich nur sehr selten an zweiter Stelle. G. K e l l e n b e r g e r , Virology 5 , 458 [1 9 5 8 ], Arch, des S e i . 11, 259 [1 9 5 8 ]. * D ie leeren Kopfm em branen scheinen von D N S-gefüllten, bei der Lysis geplatzten unreifen P hagen herzustammen, s. K e l l e n b e r g e r , S e c h a r d u. R y t e r , V irology 8, 478 [1 9 5 9 ]. 4 W . A rber u . 5 W. A rber, Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. 616 G. KELLENBERGER. W. ARBER UND E. KELLENBERGER M aterial und M ethoden Die B akterienstäm m e K 12S, C600, CR 63, G a^ Gal2-, W 3110, sensitiv oder lysogen für den Phagen X, die in dieser Arbeit verwendet wurden, haben wir bereits in früheren Arbeiten beschrieben, desgleichen den Phagen X++ 6 und seine aktiven oder defektiven Mutanten X c, X vir, X dg, X i l, X i2, X d l4 *>4’ 5. Für die Titration der Phagen und Bakterien wurden die üblichen Methoden 7 angewendet. Das Auszählen im Elektronenmikroskop erfolgte nach der Methode von K e l l e n b e r g e r und A r b e r 8. D ie P rü fu n g der Bakterien auf aktive oder defektive L ysogenie durch die A bdruckm ethode nach L ederb erg ist in der A rbeit von A rb er 5 beschrieben. Es sei hier led iglich das ihr zugrunde liegende Prinzip w iederholt: D ie zu prüfend en B akterien werden, 100 bis 300 an der Zahl, auf N äh ragarplatten ausgestrichen und zu K olo­ nien heranwachsen gelassen. Von diesen P latten wird ein Abdruck auf einen Sam tstem pel gem acht und dieser zunächst auf P latten m it sensitiven Indikatorbakterien und hernach auf m it X c beschickte P latten übertragen. A ktiv lysogen e Bakterien bilden, nach kurzer, die In du k­ tion bew irkende, U V -B estrahlung, auf den sensitiven B akterien eine gut sichtbare Inhibitionszone. Da sie im ­ m un gegen X c sind wachsen sie auch auf den X c en th al­ tenden P latten rasch zu einem kom pakten B akterien­ haufen heran. D efek tiv-lysogene K olonien bilden keine Inhibitionszone, sind jedoch ebenfalls im m un gegen X c und wachsen dem zufolge auf den X c-Platten. Schließlich bringen sensitive Bakterien weder einen Lysenhof her­ vor, noch w achsen sie auf X c. Der V ergleich der zw ei A bdruckplatten gestattet dem zufolge die K olonien nach den gesuchten E igenschaften zu unterscheiden. Als Kulturmedium haben wir ausschließlich DifcoTrypton 1 % + NaCl 0,5% verwendet. Alle Kulturen in flüssigem Medium wurden belüftet und bei 37° be­ brütet. Zur Adsorption von X wurden die K ulturen im Ad­ sorptionsmedium von K a i s e r 6 aufgenommen (0,01 Mol M gS 0 4 in dest. Wasser) und während einer Stde. unter Belüftung bei 37° ausgehungert. 2 h adsorbiert sehr schlecht in diesem Medium. Alle Experimente mit Ah wurden daher in Trypton ausgeführt, in welchem X h im Gegensatz zu X h+ sehr gut adsorbiert. Dies ge­ stattet insbesondere die Experimente mit Überinfek­ tion ohne Karenzieren der induzierten Bakterien aus­ zuführen. Die UV-Bestrahlung der Phagen erfolgte im Adsorp­ tionsmedium und wurde mit einer Westinghouse-Lampe Typ W.L. 782-30 mit einem Abstand von 53 cm aus­ geführt. Zur Vermeidung der Photo-Reaktivierung wurden sämtliche UV-Experimente bei hellroter Laboratoriums­ beleuchtung vorgenommen. 6 A. D. K a i s e r , Virology 1, 424 [19 5 5 ]. 7 M. H. A d a m s , in: Methods in medical research, Vol. II, 1 —73, The Year Book Publ., Chicago 1950. 8 E. K e l l e n b e r g e r u . W. A r b e r , Virology 3, 245 [1 9 5 7 ]. 9 J. W e i g l e , Proc. nat. Acad. Sei. USA 39, 628 [1 9 5 3 ]. Ergebnisse 1 . W i r k u n g u v - b e s t r a h l t e r X- P h a g e n auf sensitive Bakterien Setzt m an einen P hagenstode ein er gegebenen D osis U V -B estrahlung aus, so k an n m an zunächst durch gew öhnliche P h ag en titratio n au f sensitiven B akterien zwei K lassen von P h ag en unterscheiden: a) die überlebenden, d. h. jene P hagen, die die F ä­ h ig k eit d er V erm ehrung und d am it der Plaque-B il­ dung au f In d ik ato rb a k terie n beibehalten haben und b) jen e P hagen, die sich nicht m ehr verm ehren kön­ nen. D ie A nteile b eid er K lassen fü r v ariable B estrah­ lungsdosen können durch eine Ü berlebenskurve d a r­ gestellt w erden, wie sie von verschiedenen A utoren (s. 1 . c . 1) fü r X gem essen w urde. D iese K urve ist nicht vom T ypus ein er Ein-Treffer-K urve, auch ist ih r V erlauf vom physiologischen Z ustand der In d i­ k ato rb a k terie n ab hängig. D ie L a te n zze it der eine U V -B estrahlung ü b er­ leb e n d en P h a g en , gem essen in einer S erie von „Onestep “ -E xperim enten ist je nach der UV-Dosis 2 - bis 3-m al län g er als die no rm aler, u n b estrah lter P hagen. D ie ü berlebenden P h ag en sind som it von der Be­ strah lu n g nicht u n b e rü h rt geblieben. D ie A u sb eu te nach In fek tio n m it die U V -Bestrah­ lung ü berlebenden P h ag en ist norm al. E ine Reihe von K o ntrollexperim enten h at gezeigt, daß es sich bei den oft in „O ne-step“ - und sogar in EinzelwurfE x perim enten gefundenen hohen A usbeuten nach U V -B estrahlung um das E rgebnis eines zweiten V er­ m ehrungszyklus einzelner der freigegebenen P h a­ gen h an d elt. Tatsächlich erfolgt die Lyse der die U V -B estrahlung überlebenden P h ag en zwangsläufig in G egenw art einer bedeutenden A nzahl sensitiver B akterien, w enn m an die R eaktivierung durch M ehr­ fachinfektion verm eiden will, so daß die Readsorptio n n ie völlig ausgeschlossen w erden kann. Es sei nebenbei erw ähnt, daß die Einzelw urf-Experim ente gestatteten festzustellen, daß der Ü berlebensanteil d er P h ag en in flüssigem M edium derselbe ist wie auf den P latten , d. h. die zu A nfang der B ebrütung durch P lattieren ausgezählten Infektionszentren entspra­ chen genau d er A nzahl d er in flüssigem M edium er­ haltenen Einzelw ürfe. D ie u v-in a k tivie rte n P h a g en können unter gewis­ sen B edingungen (M ehrfachinfektion, A dsorption auf uv-bestrahlten B akterien) reak tiv iert werden D iese R eak tiv ieru n g erlau b te schon W e i g l e 9 anzu­ nehm en, d aß die uv-inaktivierten P h ag en noch fähig EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN sind zu adsorbieren und ihre DNS zu injizieren. D urch A uszählen im E lektronenm ikroskop haben w ir nachgeprüft ob alle oder n u r ein Teil der abgetöteten P hag en noch zur A d so rp tio n fähig sind. E x p .l. Adsorption. — Ein Stock / vir wurde wäh­ rend 6 Min. mit UV bestrahlt. Der Bruchteil der über­ lebenden Phagen betrug 10-5 . Die bestrahlten Phagen wurden während 20 Min. auf im Adsorptionsmedium karenzierte K 12 S bei 37° mit einer M ultiplizität von m = 40 adsorbiert. Dann wurde diese Mischung direkt für das Elektronenmikroskop präpariert und, für einen anderen Teil, die Bakterien abzentrifugiert und nur der Uberstand präpariert. Die erste Probe zeigte mit Phagen besetzte Bakterien und nur ausnahmsweise freie P ha­ gen. Wegen der technischen Schwierigkeiten (nur die randständigen Phagenköpfe können gut gesehen wer­ den) war es hingegen nicht möglich festzustellen, ob alle adsorbierten Phagen injiziert hatten. Nach Abzentri­ fugieren der Bakterien fanden wir weniger als 5% der ursprünglich zugegebenen Phagen im Überstand. Beide h ier angeführten K ontrollen zeigten, daß die A dsorption der bestrah lten P h agen noch ebenso­ g ut w ar wie fü r u n b estrahlte P hagen, d. h. besser als 95 Prozent. Um die F rage der D N S -In je k tio n nach UVB estrahlung von X zu beantw orten, hab en w ir einen Stock von X c m it 32P m ark iert (spezifische A ktivität = 0,5 m C /m g), bestrah lt und nach A dsorption auf sensitiven Bakterien im M ixer behandelt, um den nicht injizierten P h o sp h o r von den B akterien a b ­ zustreifen 10. Im E xperim ent 2 w urden zunächst die optim alen Injektionsbedingungen fü r norm ale 2-Phagen erm ittelt und hernach u n ter diesen B edingungen die In jek tion uv-bestrahlter X getestet. Es zeigte sich zunächst, daß die In jek tio n durch norm ale P hagen nicht oder schlecht vor sich geht in allen fü r eine gute A dsorption erforderlichen B edingungen (K arenzieren der B akterien im A dsorptionsm edium , Karenzieren in P hosphatpuffer, alte K ulturen in T rypton, K ulturen in T rypton m it KCN 0,01 M o l.). H ingegen in jizieren die adsorbierten P hagen nach V erdünnen in frischer N ährlösung bereits in n erh alb einiger M inuten. D er eigentliche A kt der In jek tio n scheint dabei höchstens 1 bis 2 M in. in A nspruch zu neh ­ men, denn der A nteil der P roduktionszentren, d. h. d erjenigen B akterien, in welchen die In jek tio n voll­ ständig und beendet ist, steigt fast gleichzeitig an m it der P rop o rtio n des injizierten P h o sp h o rs im G anzen. U nter den fü r norm ale P h ag en optim alen In jektionsbedingungen jedoch scheinen uv-bestrahlte P hagen, in A bhängigkeit von der UV -D osis, w eni­ 10 A. D. H ersh ey u . M. C h ase, J. gen. Physiol. 36, 39 [1952]. 617 ger u n d w eniger 32P zu injizieren. V or u n d nach jedem E x p erim en t m it dem M ixer w urde die optische D ichte d er B akteriensuspension gem essen; in keinem Fall kon n ten w ir eine A ufhellung der K u ltu r fest­ stellen, welche Z erstörung der infizierten Zellen a n ­ gezeigt hätte. H ingegen w eisen eine R eihe w eiterer E xperim ente, von denen n u r eines u n ter 2 c a n ­ gefü h rt sei, d a ra u f hin, daß es sich bei dem m it be­ strah lten P h ag en erhaltenen geringeren 3 2 P-G ehalt der B akterien w eniger um eine m angelhafte In je k ­ tion, als um eine rasch nachfolgende W ieder-Ausscheidung des in jizierten P h o sp h o rs handelt. D ie diesbezüglichen R esultate sind jedoch unregelm äßig un d ab h ä n g ig vom physiologischen Z ustand der B ak­ terien (A lter d er K u ltu r u n d K arenzzeit), auch scheint d ie Z ugabe von KCN den A usscheidungspro­ zeß eh er zu fö rd ern . D er Z eitpunkt dieses A bbaus kan n nicht genau festgelegt w erden, denn w ir w issen nicht, w elcher A nteil an 32P erst beim Z entrifugieren un d W aschen (Z im m ertem peratur) ausgeschieden w urde, eine P ro zed u r die ziemlich viel Zeit in A n ­ spruch n im m t und nicht im m er genau k o n tro lliert w urde. Um g enauere A ufschlüsse ü b er diesen V o r­ gan g zu erhalten, m üßte m it einem hoch gereinigten P hagenstock g earbeitet w erden, so daß der au s­ geschiedene P h o sp h o r im Ü berstan d gem essen w er­ den könnte. Säm tliche E xperim ente zeigen jedoch, daß bei k ü rzerer B ebrütung (nach V erdünnen in T ry p to n ) oder rascherem W aschen m ehr P h o sp h o r m it den Zellen verbunden b leib t; u n ter U m ständen hab en w ir bis zu 90% erhalten auch m it stark b e­ strah lten P h ag en (9 M in u ten ). Dem zufolge w urde der P h o sp h o r anfänglich in jiziert und erst n achträg­ lich w ieder ausgeschieden, was w ir bei nicht b estra h l­ ten P h ag en nie feststellen konnten, sofern deren E n t­ w icklung durch Z ugabe von KCN gestoppt w urde. Es k an n gesagt w erden, daß die fü r den A us­ schluß d er b estrah lten DNS verantw ortlichen UVD osen relativ hoch sind u n d daß also bei schwäche­ re r B estrah lu n g ein b edeutender A nteil der uvb estrah lten P hagen-D N S in den B akterien verbleibt. T rotzdem ist besonders beim S tudium h ö h erer D o­ sen diese A usscheidung zu berücksichtigen u n d d arf nie au ß e r acht gelassen w erden. W ir w erden in d er D iskussion eingehend auf dieses P hänom en zurück­ kom m en. Exp. 2. DNS-Injektion. — a) unbestrahlte Phagen: 7 -IO9 3 2 P-markierte Xc wurden adsorbiert auf 10 1 0 K 12 S und hernach während 2 Min. im Mixer behan­ delt. Vor und nach dem Mixen wurden die optische 618 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER Dichte und die Infektionszentren gemessen. (Inaktivie­ rung der freien Phagen mit anti-/.-Serum.) Die W eiter­ entwicklung der Phagen wurde gleich vor dem Mixen gestoppt durch Zugabe von 0,01 Mol KCN, die Bakte­ rien nach dem Mixen zentrifugiert, in Phosphatpuffer zweimal gewaschen und hernach ihr Gehalt an injizier­ tem 32P gemessen. — b) uv-bestrahlte Phagen: Bei den für normale Phagen ermittelten maximalen Injektions­ bedingungen, nämlich nach 8 Min. Adsorption in M gS 0 4 und weiteren 8 Min. Bebrütung in Trypton, wurde in Funktion der UV-Dosis der injizierte 32P gemessen wie unter a. Man sieht, daß der Phosphorgehalt der Bak­ terien durch die Bestrahlung beeinträchtigt wird, jedoch nie auf den mit K 1 2 S/X ermittelten W ert der bloßen Verunreinigung durch 32P absinkt, c) 360 Sek. uvbestrahlte Phagen, Ausschluß von 32P in Abhängigkeit von der Z eit: Die Suspension wurde mit dem Mixer behandelt (ohne KCN) schon nach 3 Min. Bebrütung in Trypton, hernach erneut bebrütet und zu verschiedenen Zeiten eine Probe abzentrifugiert und gewaschen. Bedingungen a) unbestrahlte Phagen: Injektionsbedingungen 1. X + K12S ausgewachsene K ultur in Trypton, bei 37° adsorbiert während 20 Minuten 2. X + K12S karenziert in Phosphat puffer, bei 37° adsorbiert während 20 Minuten 3. X + K12S im Adsorptionsmedium karenziert : Adsorption 8 Minuten hernach verdünnt in Trypton und bebrütet [Min.] 0 (dann KCN und gemixt) 2,5 (dann KCN und gemixt) 4,5 (dann KCN und gemixt) 6,5 (dann KCN und gemixt) 9 (dann KCN und gemixt) 11 (dann KCN und gemixt) bebrütet in Gegenwart von KCN, 10 Minuten 4. Ä + K12S/Aim Adsorptionsmedium 8 Min., hernach verdünnt und bebrütet in Trypton 10 Min. b) bestrahlte Phagen, in Abhängigkeit der UV-Dosis, bei optimalen Injektionsbedingungen für normale X wie unter a 3. Nach Verdünnen in Trypton 8 Min. bebrütet unbestrahlt [Sek.] UV 90 UV 180 UV 270 UV 360 UV 450 c) 360 Sek. uv-bestrahlte X, nach Verdünnen in Trypton 3 Min. bebrütet, gemixt ohne KCN zentrifugiert und gewaschen unmittelbar nach dem Mixen nach weiteren 10 Min. Bebrütung nach weiteren 20 Min. Bebrütung Vor dem Mixen Infektionszentren Nach dem Mixen 32p Infektions­ zentren ,0 0 * 0,50 0,45 32p 1 1 ,0 0 * 0,95 0,81 0,25 0,25 0,80 0,90 0,28 0,30 1,06 0,95 0,14 0,81 0,08 0,60 0,77 0,98 0,87 0 ,8 8 1 ,0 0 1 ,0 2 1 ,0 0 0,90 0,70 0 ,0 0 1 1,06 1,13 0,43 1 ,0 0 0,40 0 ,0 0 1 1 ,0 0 1 ,0 0 1,08 0,79 0,56 0,37 0,29 0,29 0,79 0,60 0,48 * Referenzwert 1,00 = Mittel von 4 Messungen. In w eiteren E xperim enten versuchten w ir abzuklä­ ren. ob uv-inaktivierte A-Phagen einen L etaleffekt au f sensitive B akterien zeigen: Exp. 3. Letaleffekt. — 108 sensitive Bakterien G al^ G a^ - wurden mit konstant bleibenden Multiplizitäten von m = 0,7, m = 1, m = 2,3 und m = 3 an bestrahl­ ten A++ infiziert. In Abhängigkeit von der UV-Dosis wurden nach entsprechender Verdünnung die Infektions- Zentren und die überlebenden Bakterien ausgezählt. Ihre Summe entsprach nahezu den im Absorptionsröhrchen insgesamt vorhandenen Bakterien, war aber im Durch­ schnitt um 20% geringer. Die bei der Infektion und durch die Verdünnungen verursachten Fehler gestatten keine genaue Messung. U nsere E xperim ente zeigen, daß die uv-inaktivierten /-P h a g e n bei E infachinfektion von sensitiven EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN B akterien diese nicht unbedingt töten, aber auch nicht ganz unbeeindruckt lassen. U nter anderem w ird das W achstum der überlebenden B akterien, gem essen an d er optischen Dichte der K ultur, w ährend 60 M in. bedeutend gehem m t. Es besteht jedoch ein deutlicher U nterschied im V erhalten zwischen uv-inaktivierten A-Phagen und T 2. F ür letztere haben D o e r m a n n und M ita rb b . 1 1 gezeigt, daß die F ähigkeit der P hagen zum Töten der infizierten B akterien ganz bedeutend w eniger uv-empfindlich ist als ihre F ähigkeit sich zu verm ehren, und daß in nerhalb dieser E m pfindlich­ keitsgrenze alle uv-inaktivierten T 2 töten. E ine andere Serie von M essungen, ausg efü h rt m it 619 stark b estrah lten P h ag en in A bhängigkeit von der M ultiplizität erg ab jedoch einen deutlichen L eta l­ effekt b e i V ielfachinfektion. Exp. 4. Letaleffekt bei Vielfachinfektion mit uvbestrahlten oder m it normalen Phagen. — 3 -IO 8 sensi­ tive Bakterien K 12 S wurden mit steigenden Multiplizi­ täten von X c oder X c-UV (5 Min.) beschickt, die nicht adsorbierten Phagen mit anti-2-Serum inaktiviert und nach entsprechender Verdünnung die Infektionszentren und die überlebenden Bakterien gezählt. Bei Infektion mit bestrahlten Phagen wurde ferner die Proportion der Bakterien bestimmt, welche noch zur Reproduktion von unbestrahlten X vir fähig sind durch gleichzeitige Infek­ tion mit m —0,001 X vir. X c UV 5 Minuten Summe K apazität ( 1 ) + (2 ) für X vir. überlebende Bakterien (1 ) Infektions­ zentren (2 ) 0 ,2 1 ,0 0 0 ,0 0 0 1 1 ,0 0 1 ,0 0 2 ,0 1,13 0 ,0 0 1 1,13 1 ,1 0 0 ,8 8 0 ,0 0 2 0 ,8 8 1,08 0,85 0,80 0,64 0,59 0,61 0,42 0,36 0,25 0,005 1,08 m 2,4 3,0 3,8 4,8 5,9 7,4 9,3 1 2 15 19 0 ,0 1 0 ,8 6 0 ,0 2 0,82 0 ,0 2 0 ,6 6 0,03 0,05 0,06 0,07 0,62 0 ,6 6 0,48 0,43 0,35 0 ,1 0 T rotz der ziemlich hohen experim entell bedingten S treu u n g sehen w ir aus diesem Versuch, daß auch norm ale P hagen bei hohen M ultiplizitäten einen Teil d er B akterien töten ohne sich zu verm ehren. D ieser M ultiplizitätseffekt w ird in genau dem selben M aße erh alten m it uv-inaktivierten P hagen. In beiden F ä l­ len kann das Ausscheiden der B akterien als P laq u e­ b ild n e r (bei norm alen P hagen) bzw. als K olonie­ b ild n e r (bei inaktivierten Phagen) nicht m it einem bestim m ten G renzw ert an infizierenden P hagen in d i­ rekte V erbindung gebracht w erden. Es sei außerdem erw ähnt, daß dieser Effekt nicht im m er genau re p ro ­ d u zierb ar ist und je nach dem physiologischen Z u­ stan d der B akterien variiert. 2. E i n f l u ß d e r U V - B e s t r a h l u n g a u f d a s L y s o g e n i s i er u n g s -V e r m ö g e n der X -P h a g en Im folgenden untersuchen w ir, ob B akterien welche m it uv-bestrahlten P hagen infiziert sind, sen­ sitiv bleiben oder lysogenisiert w erden. A us dem 0,99 0,85 0,81 0,84 0,81 0,73 0,64 0,63 0,51 0,48 unbestrahlter X c, Infektionszentren pro infiziertes Bakterium 1 ,0 0 0,70 0,79 0,77 0,65 0,65 0,72 0,60 0,58 0,48 0,44 0,36 nachfolgenden E x p erim en t 5 ist ersichtlich, daß ein u v-bestrahlter / ++-Stock noch ein gewisses Lysogenisierungs-V erm ögen beibehält. Dieses b eträg t bei E in ­ fachinfektion (schwache M ultiplizitäten) u ngefähr 6 %, berechnet in bezug auf aktive, überlebende P h a ­ gen. D ie L ysogenisierungs-W ahrscheinlichkeit der überleb en d en P h ag en ist som it im D urchschnitt etwa dreim al k leiner als die von u nbestrahlten, norm alen X++. E inen an alogen Effekt haben G a r e n und Z i n d e r 12 fü r uv-bestrahlte tem p erierte P 22-P hagen gefunden. A us E xp erim en t 5 b ist ersichtlich, daß bei M ehrfach­ infektion m it b estrah lten P hagen offenbar eine wei­ tere V erm in d eru n g des Lysogenisierungs-V erm ögens stattfindet ( s .a . K olonne 5, Exp. 5 a ) , welche der gleichzeitigen A nw esenheit von inak tiv ierten /.^ -P h a­ gen in d er Zelle zuzuschreiben w äre. W ir haben die­ sen Effekt noch n äh e r untersucht und zw ar indem w ir nicht n u r überlebende, sondern norm ale, unb estrah lte X++ gleichzeitig m it inaktivierten X++ adsor11 12 A. H. D o e r m a n n , M. C h a s e u . W. S t a h l , J. cellular comparat. Physiol. 45, Suppl. 2, 51 [1955]. A. G a r e n u . N. D . Z i n d e r , Virology 1, 347 [1955]. 620 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER Exp. 5. Lysogenisation sensitiver Bakterien durch normale und durch uv-bestrahlte Phagen. — Im Ad­ b ierten (Exp. 6 ). F ü r norm ale aktive ist b e­ k an n t 13,5, d aß bei M ehrfachinfektion die Lysogenisierungs-W ahrscheinlichkeit pro B akterium eher h ö h er ist als bei Infektion m it M ultiplizitäten u n ter 1. D agegen ersieht m an aus E xperim ent 6 , d aß ein n o r­ m aler, aktiver P hage seine L ysogenisierungs-Fähigkeit w eitgehend verliert, wenn auf dem gleichen B akterium durch U V -B estrahlung inaktivierte X++ ad so rb ie rt w urden. sorptionsmedium karenzierte Bakterien Gal^Galg” wer­ den mit der gewählten Multiplizität normaler oder uvbestrahlter Phagen infiziert. Nach 20 Min. Adsorption werden die Infektionszentren durch Plattieren bei 37° gemessen. Ferner werden angemessene Verdünnungen auf mehreren mit anti-A-Serum versehenen Platten aus­ gestrichen, worauf nach 12 Stdn. Bebrütung die gewach­ senen Kolonien mit der Abdruckmethode auf ihre sen­ sitive oder lysogene N atur untersucht werden. a) Schwache Multiplizitäten. — Getestet: Verschiedene Mengen, siehe total adsorbierte X UV-Dosis Sekunden Bruchteil überlebende X m (total) m (überlebende) Ausgezählte Menge: Total adsorbierte X Infektionszentren lysogene Bakterien defektiv-lysogene Bakterien Lysogenisation bezgl. aktive X ( = Infektions-Zentren + lysog. Bakt.) 30 0,48 0,25 0 1 0,25 0,25 0 ,1 2 2980 2250 597 5960 2670 2 0 1 0 60 0,17 0,25 0,04 60 0,17 1,25 90 1 2 0 0 ,1 1 0,08 0 ,2 0 0 ,2 0 0 ,2 1 0 ,0 2 0,016 0,33 0,003 5960 960 63 14900 2680 55 3250 550 33 3250 260 14 92000 804 58 * 0 0 0,07 0 ,2 1 0 0,062 0 0 0,057 0 ,0 2 0 0,051 150 0 ,0 1 0,067 b) Multiplizität total — 5. Getestet: Überlebende Kolonien und Infektionszentren von ungefähr 2000 infizierten Bakterien UV-Dosis Sekunden Infektionszentren Sensitive Bakterien Lysogene Bakterien Defektiv-lysogene Bakterien Lysogenisation bezgl. aktive X ( = Inf.-Zentren + lysog. Bakterien) 60 1505 344 16 30 1886 92 90 0 1589 32 375 0 0 0,19 90 1 1 0 0 984 16 0 0,045 0 0,015 0 ,0 1 120 300 1314 7 0 0,02 nicht getestet. Exp. 6. Beeinflussung des Lysogenisations- Vermögens unbestrahlter Phagen durch uv-bestrahlte Phagen. — Karenzierte Bakterien Gal1 -Gal2- werden mit den an­ Multiplizität an a) normalen Phagen b) uv-bestrahlter Phagen UV-Dosis Sekunden adsorbierte Menge a) normaler Phagen b) uv-bestrahlter Phagen Infektions-Zentren Lysogene Bakterien total aktive Phagen (Infektions-Zentren + lysogene Bakterien) Lysogenisation a) bezüglich normale Phagen b) bezüglich total aktive Phagen gegebenen M ultiplizitäten normaler und uv-bestrahlter Phagen infiziert und dann in gleicher Weise behandelt wie bei Exp. 5 besdirieben. 0,3 0,3 3,0 60 — 3,0 60 — — — 1 2 0 0 — 977 204 4060 27 1181 4087 0,17 0,17 M an kann sich fragen, ob eventuell die uv-inaktivierten P hagen, welche sich ja nicht m ehr verm ehren und bei den gew ählten M ultiplizitäten keinen g ro ­ ßen Letaleffekt auf das infizierte B akterium haben, in diesem eine tem poräre Im m unität h ervorzurufen verm ögen, w odurch ein später ankom m ender P hag e 5180 59 7800 64500 12480 148 5239 12628 1 2 0 0 1 2 0 0 0 — 0,007 1 2 0 0 0 j 0,4 3,3 150 0,05 0 ,0 2 0 ,0 1 0 ,0 1 sich nicht m eh r sofort verm ehren oder das B akterium nicht m ehr lysogenisieren könnte. Die R esultate des E xperim entes 7 zeigen aber, daß keine tem poräre Im ­ m u n ität bew irkt w ird. E rstens verm ehren sich nor13 M. L ie b , J. Bacteriol. 65, 642 [1953]. 621 EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN m ale tem perierte X h-P hagen in den m it uv-inaktivierten P h ag en beschickten B akterien gleich schnell wie v irulente, von denen m an erw arten konnte, daß sie von einer Im m u n ität nicht b eh in d ert w ür­ den. Zw eitens verm ehren sich die überinfizierten P h ag en ebenso schnell wie die der K ontroll-E xperim ente, in welchen die B akterien keine uv-bestrahlten P h ag en enthielten. Exp. 7. „One-step“-Experim ent auf Bakterien Gal{~ Gal2~, welche uv-bestrahlte Phagen enthalten. — Auf einer karenzierten K ultur werden mit m = 4 uvbestrahlte X adsorbiert. Nach 10 Min. Adsorption wer­ den Teile der K ultur mit m = 0 ,l an: a) normalen Ah, b) normalen X vir und c) normalen X c überinfiziert. Nach erneuten 10 Min. Adsorption wird in Trypton ver­ dünnt und bei 37° die Phagenproduktion als Funktion der Zeit gemessen bezüglich des normalen, nicht be­ strahlten Typus. Parallel dazu werden auf denselben Bakterien, ohne vorherige Infektion mit bestrahlten Phagen, die drei entsprechenden Kontrollen durch­ geführt. Sämtliche 6 „One-step“ -Kurven, auf deren Wie­ dergabe wir hier verzichten, zeigen genau denselben V erlauf: die Phagenfreigabe setzt normal an und geht rasch und gleichzeitig zu Ende. W ir haben fern er untersucht, ob das verm inderte L ysogenisierungs-V erm ögen bei überlebenden P h a ­ gen eine erbliche Eigenschaft sei. Die N achkom m en­ schaft d er überlebenden P h ag en nach einem V er­ m ehrungszyklus erw ies sich jedoch als norm al in bezug au f ih r L ysogenisierungs-V erm ögen. Bei keinem d er hier beschriebenen sowie zahlrei­ chen an d eren L ysogenisierungs-V ersuchen haben w ir defektiv-lysogene K olonien gefunden, d. h. B akte­ Lysat von m — 5 X aktiv + 5 X UV 60 Sek. (0,2 überlebend) m = 5 X aktiv + 5 X UV 360 Sek. (10- 5 überlebend) U n ser E xperim ent zeigt, daß w eniger als 1/iooo der 60 Sek. bestrahlten P h a g e n sich wie defektive P h ag en v erhalten, d. h. m it H ilfe von aktiven P h a ­ gen einen V erm ehrungszyklus ausführen und an ­ schließend lysogenisieren. N u n kennt m an zw ar ge­ rad e u n te r den defektiven P h ag en solche, die n u r schlecht lysogenisieren (scheinbar dann, w enn sie u nfäh ig sind zu r vegetativen D N S-V erm ehrung ohne frem d e H ilfe ). A ber auch in diesen F ällen ist die L ysogenisierungs-W ahrscheinlichkeit höchstens 25m al g erin g er als n o r m a l5, u n d diese P hagen verm eh­ ren sich n orm al in G egenw art eines aktiven P h a ­ rien, deren N achkom m enschaft d urch einen in a k ti­ ven P hag en im m u n isiert w orden w äre. Es scheint, daß der uv-inaktivierte i-P h a g e , w enn ü b erh au p t, noch seltener als der überleb en d e ein sensitives B ak­ terium lysogenisiert u n d d aß er sich also nicht wie ein defektiver P h ag e verhält. M an k an n sich jedoch fragen, ob nicht eine som atische S chädigung ganz einfach die L ysogenisierung durch den uv-bestrahl­ ten P h ag en unm öglich gem acht h atte, da ja bereits fü r die überlebenden P h ag en die L ysogenisierungsW ahrscheinlichkeit g erin g er ist als fü r norm ale. A us diesem G runde haben w ir versucht, w ie obenstehend fü r die überlebenden P h ag en , auch den inaktiven P h ag en einen V erm ehrungszyklus zu erm öglichen, der ihnen gestatten sollte, ein gew isses L ysogenisie­ rungs-V erm ögen zurückzugew innen. D a eventuelle defektive P hag en definitionsgem äß sich allein nicht verm ehren können, w ohl a b e r m it H ilfe aktiver P h a ­ g e n 3-5, haben w ir diesen V erm ehrungszyklus in B akterien au sgeführt, die gleichzeitig m it aktiven, u n b estrah lten X++ infiziert w urden. Exp. 8. Vermehrungszyklus uv-bestrahlter Phagen X++ mit H ilfe von aktiven Phagen: w erden dabei defektive Phagen gebildet? — UV-bestrahlte X++ (60 Sek. und 360 Sek. UV) werden gleichzeitig mit aktiven Phagen auf sensitiven Bakterien G al 1 _Gal2_ adsorbiert mit einer M ultiplizität von je 5 und während 60 Min. bebrütet. Das Lysat wurde untersucht auf seinen Gehalt an defek­ tiven, lysogenisierungs-fähigen Partikeln durch Infektion neuer Bakterien mit geringer M ultiplizität an aktiven Phagen und Test der diese Infektion überlebenden Bak­ terien. Ausgezählte Menge an überlebenden Bakterien nach Infektion mit m aktiven Phagen des Lysates aktivI defektiv- 1 sensitiv m lysogen lysogen 0,5 0,3 966 172 0 0 1 0 0 0 0 2700 gen. Folglich enthielt der w ährend 6 0 Sek. b estrah lte Phagenstock auch u n ter den schlechtesten B edingun­ gen, näm lich dann, w enn säm tliche zu den schlecht lysogenisierenden gezählt w erden m üssen, w eniger als einen defektiven au f vierzig in ak tiv e P hagen. 3. F u n k t i o n e i n z e l n e r G e n e uv -i n a k t i v i er t e r P h a g e n Es ist bereits b ekannt, daß genetische M arker uvin ak tiv ierter P h ag en durch In terak tio n m it einem in ­ takten P hagengenom o d er einem in d u zierten P ro ­ phagen gerettet, d. h. in aktiven T ochterphagen w ie­ 622 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER d ergefunden w erden können. D ieses Phänom en, ge­ n an n t C ross-R eaktivation oder „M arker-R escue“ , w urde f ü r den P hagen X von J a c o b und W o l l m a n 14 beschrieben. A udi kan n es zwischen zwei inaktivier­ ten P h ag en zu einer R eaktivierung kom m en (M R = R eaktivierung durch M ehrfachinfektion), welche allerdings bei X im V ergleich zu der m it T 2 gefun­ denen M R sehr viel seltener i s t 1. Es ist som it sicher, daß zum indest ein T eil der uv-inaktivierten P hagen zu genetischer R ek om bination noch fäh ig ist. Es stellt sich nun die F rage, ob die scheinbar intakten Teile, die bei einer gegenseitigen R eaktivierung einen aktiven P h agen h erv o rb rin g en können, ih re F unktion auch ausüben, ohne d aß ein aktiver P hag e gebildet w erden m uß. Tatsächlich können z. B. zwei defektive P ro p h ag en , von denen je d er einen än d ern geneti­ schen D efekt aufw eist, sich gegenseitig ergänzen und infektiöse defektive P h ag en h ervorbringen, ohne daß durch R ekom bination entstandene aktive P hagen bei ih re r R eifung m itzuhelfen brauchten. Liegen die beiden D efekte auf d er genetischen K arte nahe ge­ nug, so daß n u r selten eine R ekom bination auftritt, die sie beide elim iniert, so findet m an, daß ein g ro ­ ß er P rozentsatz so ld ier doppelt defektiv-lysogener Zellen nach Induktion zwei Sorten von defektiven P hagen produziert, ohne gleichzeitig auch einen ak ti­ ven R ekom binanten freizugeben 5. Beide P rophag en jedoch können allein niem als einen defektiven P h a ­ gen h ervorbringen, so ndern füh ren lediglich T eil­ synthesen aus. K önnen auch uv-inaktivierte P h ag en m ithelfen bei der S ynthese infektiöser, genetisch defektiver P h a ­ gen in Z usam m enarbeit m it einem induzierten, defek­ tiven P ro p h a g en ? D as heißt, funktionieren einzelne, unverletzte Gene u n ab h ä n g ig von anderw eitigen UVS d iäd en ? W ir haben fü r diese U ntersuchungen drei unabhängige, defektiv-lysogene Stäm m e gew ählt, G a lj'G a ^ (A d l 4 ) , G a l^ G a ^ ( Ai l ) und G al^ G al,(A i2 ), welche alle ih re DNS verm ehren können. D iese w urden in d u ziert und m it uv-bestrahlten / h überinfiziert. Alle — und ausschließlich jen e — Bak­ terien, in welche durch den bestrahlten P hagen ein aktives Gen d l 4 +, i l + resp. i 2 + ein g efü h rt w orden war. h ätten defektive P h ag en produzieren m üssen, u n ab h än g ig davon ob dieses unverletzte Gen durch R ekom bination in einen (nun aktiven!) P hagen ein­ gebaut w urde oder an den uv-inaktivierten P hagen gebunden blieb. Da der „M arker-R escue“ bei X sehr E. W o l l m a n , Cold Spring Harbor Sympos. quantitat. Biol. 18. 101 [1953]. 14 J . J a c o b u . gering ist, können w ir voraussetzen, daß die CrossR eaktivations-K urve eines einzelnen M arkers nicht gleichzeitig seiner Ü b erlebenskurve entspricht. M it anderen W orten, w enn die In ak tiv ieru n g des P h ag en durch einzelne v o neinander u n ab h än g ig e lokalisierte Schäden erfolgte, so m üssen zahlreiche B akterien nach Infektion m it b estrahlten P h ag en unverletzte Gene defektiv" enthalten, ohne aktive P hag en zu p ro ­ duzieren. D as E xperim ent 9 zeigt, d aß kein nennensw erter A nteil der uv-inaktivierten P h ag en im stande w ar, die fehlende F u n k tio n bei den defektiven P ro p h ag en d l4 , i l und i 2 zu ersetzen. D ie leichte V erschiebung der P ro d u k tio n sv erh ältn isse zugunsten der defekti­ ven P hagen läß t sich dadurch erk lären , d aß die p ro ­ duktiven B akterien bei zunehm ender D osis relativ kleine W ürfe an aktiven P h ag en freigaben, so daß die P ro d u k te von d l 4 +, i l + resp. i 2 + m ehr und m ehr von defektiven G enom en g eb rau ch t w urden (s. a. Exp. 10, phänotypische M isch u n g ). Aus dem p ra k ­ tisch konstant bleibenden V erh ältn is der defektiven zu den aktiven P hagen in den L ysaten k an n m an schließen, daß defektive P artik e l n u r in jenen B ak­ terien p ro d u ziert w urden, in denen eine CrossR eaktivation stattgefunden h atte o der ein ü b erleb en ­ der P h ag e v o rhanden w ar. D asselbe R esultat, n äm ­ lich kein e K ooperation, w urde ebenfalls zwischen den defektiven T ran sd u k to ren -P h ag en X dg und uv-inaktivierten X gefunden. In diesem F alle m uß m an je ­ doch bedenken, daß die fehlenden C haraktere auf dem T ran sd u k to ren -P h ag en X dg u n g efäh r ein V ier­ tel der bis jetzt bekannten genetischen K arte von X ausm achen 5 und daß also die W ahrscheinlichkeit fü r den bestrahlten P hagen, auf diesem Stück des Ge­ nom s keine V erletzung zu trag e n , bedeutend g e rin ­ ger wäre als fü r die alleinigen M ark er d l 4 +, i l + und i 2 +. D iese letzteren D efekte hingegen sind P u n k t­ m u tatio n en ; tatsächlich können diese defektiven P h a ­ gen in ih re aktive F orm zurückm utieren. In einem w eiteren Versuch h ab e n w ir uns gefragt, ob uv-bestrahlte X h noch fäh ig seien, nach M isch­ infektion m it aktiven X h+, die fü r sie spezifische A d­ sorptions-S ubstanz h zu p ro d u zieren . W enn auch ohne M arker-rescue dieses Gen h trotz der In ak tiv ieru n g des P h ag en w eiterfunktionieren könnte, so m üßten m it zuneh m en d er D osis m ehr und m ehr P h änotypen h gefunden w erden im V erh ältn is zu den G enotypen h. Aus E xp. 10 ist ersichtlich, daß dies nicht der Fall ist. H ingegen zeigt die T abelle, daß m ehr und m ehr der p ro d u zierten h-Substanz von 623 EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN Exp. 9. Zusamm enarbeit uv-bestrahlter Phagen mit induzierten defektiven Prophagen. — Defektiv-lysogene d 14 0 il 0 ,2 0 0,03 0,005 0 1 ,0 0 90 180 300 i2 40 35 27 23 1 ,0 0 90 180 300 0,30 0,07 0,007 0 1 ,0 0 90 180 300 Mittlere Aus­ beute an akti­ ven Phagen Infektions­ zentren pro überinfiziertes Bakterium UV-Dosis des überinfizieren­ den Äh Induzierter. defektiver Prophage K ulturen Gal1 ”Gal2- (A d l 4 ) , G al 1 ”Gal2_(A il) und Gal1 ~Gal2_(2 i2) in exponentiellem Wachstum werden zentrifugiert, in Puffer aufgenommen, mit einer opti­ malen UV-Dosis induziert und in Trypton resuspendiert. Dann werden mit einer M ultiplizität von ungefähr 0,5 A h-Phagen darauf adsorbiert, welche zuvor mit variablen UV-Dosen bestrahlt wurden. 45 Min. nach der Induk­ tion werden die aktiven Infektionszentren gemessen. In 0,17 0,03 0 ,0 0 2 Lysogenisation sensitiver Bakterien m it dem L ysat »'aktiv 0,5 0,4 0,25 0 ,1 30 35 13 3 0,4 0,4 0,05 0,005 | 0 90 1 2 0 180 240 300 3,2 • 107 2,3 • 107 1 ,8 • 1 0 7 1 ,2 • 1 0 7 4,3 • 106 1,1 • 106 306 232 119 411 117 136 115 537 0,39 0,59 170 237 337 42 40 83 123 14 0,23 0,35 0,36 0,33 2 0 0 0 64 70 9 18 29 13 6000 2 6 0,28 0,41 (1,5) (3,0) 1 2 0 0 0 400 1 0 0 0 900 2400 0 ,6 Exp. 10. Phänotypische Mischung zwischen normalen Produktionszentren mit Genotyp h Verhältnis defektivzu aktivlysogen 1500 1300 0,5 0,5 35 31 16 16 ausgezählte Kolonien I , . I , „, . ... aktivdelektivsensitiv ,lvsogen , Ivsogen 1 2 0 0 0 ,1 0 A h+ und uv-inaktivierten Ah. — Eine aktiv-lysogene K ultur 3110 (A h+) in exponentiellem Wachstum wurde induziert, in 6 Portionen geteilt und jeder Teil mit der­ selben M ultiplizität von 0,5 an mit verschiedenen UVDosen bestrahlten A h überinfiziert. Nach 45 Min. Be­ brütung wurden die Infektionszentren gemessen, welche aktive genotypische A h produzieren (Marker-rescue) durch Plattieren auf gemischten Indikatorbakterien CR 63 und C 600 1 : 1 . (Auf dieser Mischung markiert -^ UV Sek. den nach 2 Stdn. Bebrütung erhaltenen Lysaten werden mit Chloroform eventuelle überlebende Bakterien ab­ getötet, das Chloroform entfernt und die Lysate mit der Lysogenisations-Methode auf ihren Gehalt an aktiven und defektiven (A dl4, A il, A i2) Phagen geprüft. Alle drei defektiven Phagen lysogenisieren annähernd nor­ mal und sind zur DNS-Vermehrung fähig. Spontane Mutationsrate d l4 —>■d l4 += 1 0 - 9 ; il —> i l += 5 • 1 0 —6; i2 i2+= 3 • 10~8. 1 0 0 0 1 0 0 0 72 56 38 13 Genotyp h Phänotyp mittlere h + h+ Ausbeute 3,4 1,7 • 109 1 ,2 • 1 0 9 6 ,2 • 1 0 8 2,5 • 108 5,3 • 107 1 ,6 • 1 0 7 53 52 35 2 1 1 2 14 h +-Genotypen verw endet w ird, w oraus m an bei flüch­ tig er Betrachtung schließen könnte, daß diese S ub­ stanz auch in B akterien sy nth etisiert w urde, welche keine aktiven G enotypen h freigaben. Jedoch läßt 1,30 nur der Genotyp h, unabhängig vom ursprünglichen Phänotyp.) Nach 2 Stdn. Bebrütung wurden die 6 Lysate geprüft auf ihren Gehalt an aktiven A h (Genotyp) durch Adsorption auf C 600 und Plattieren auf CR 63. Der Phänotyp h wurde bestimmt durch Adsorption auf CR 63, Inaktivierung der nicht adsorbierten Phagen durch anti-A-Serum und Plattieren auf gemischtem In ­ dikator CR 63 und C 600 1 : 10. (Auf dieser Mischung m arkiert der Genotyp h als klare, der Genotyp h+ als trübe Plaque.) Lysate Phänotyp h Genotyp h Genotyp h+ total 3,0 • 108 •108 1 ,1 • 1 0 8 4,4 • 107 2 ,0 • 1 0 7 9,6 • 106 1,3 • 109 6.4 • 108 3,8 • 108 1 ,0 • 1 0 8 [%] 1 0 0 1 ,0 0 •109 • 108 • 108 • 107 • 107 3 ,0 • 106 1 ,0 4,2 2,7 5,9 1,7 2 ,2 3,7 • 107 1,3 • 107 Verhältnis Phänotyp h zu Genotyp h 0.76 0,53 0,61 0,41 0,70 0,80 sich diese Tatsache dadurch erklären, daß die m itt­ lere A usbeute an A h der h-produzierenden B akterien abnim m t, so daß die W ahrscheinlichkeit des Zusamm enfindens von G enotypen h und P h än o ty p en h ver­ 624 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER rin g ert w ird. Tatsächlich bleibt auch bei der stä rk ­ sten D osis im m er noch ein D rittel der P hänotypen h an G enotypen h g ebunden; zudem sinkt die P ro d u k ­ tion des P h än o ty p en h p ro p o rtio n al zu der des Geno­ typen ab und übersteig t nie deren Zahl. W ir können d arau s ableiten, daß P h agen m it dem P hänotyp h n u r in solchen B akterien p ro d u ziert w urden, welche auch aktive G enotypen h freigaben, sei es als Folge von Cross- oder M ultiplizitäts-R eaktivierung, sei es nach Infektion m it einem überlebenden P h ag en X h. Z usam m enfassend stellen w ir fest, daß keine der in diesem K apitel untersuchten F unktionen au s­ geführt w urde von nicht m ehr verm ehrungsfähigen, uv-inaktivierten P hagen, es sei denn, daß die en t­ sprechenden Gene durch M arker-rescue in aktive P hagen eingebaut w urden. 4. V e r m e h r u n g d e r D N S uv- i n a k t i v i e r t e r P h a g e n E in T eil der bekannten defektiven P hagen ist dazu befähigt, sich vegetativ zu verm ehren. D ie Z unahm e der genetischen E inheiten kann verfolgt w erden m it genetischen E x p e rim e n te n 3,15: die induzierten, de­ fektiv-lysogenen B akterien w erden in zunehm enden Z eitabständen nach Beginn der E ntw icklung ü b er­ infiziert m it einem aktiven M utanten, der m ehr und m ehr zum m in o ritären E lternteil w ird, was sich in der R ekom binations-F requenz ausdrückt. D ie so e r­ haltenen A ufschlüsse w urden von J a c o b und M it­ arbb. 3 in sehr eleganter W eise durch das S tudium der W urfgrößen je n e r (seltenen) B akterien bestä­ tigt, in welchen der defektive P ro p h a g e in seine aktive F orm zurückm utierte: Bei V erm ehrung der Genome, von denen jedes dieselbe W ahrscheinlich­ keit zu m utieren hat, sind die m eisten W ürfe klein, da eine M utation pro B akterium w eit häufiger am E nde der V erm ehrung eintritt, w enn viele Genome in der Zelle vorh an d en sind. In solchen Stäm m en jedoch, die u n fäh ig sind zur D N S-V erm ehrung, bleibt die W ahrscheinlichkeit, pro B akterium aktive M utanten zu bilden, w ährend der ganzen Latenzzeit dieselbe, so daß m an ebensoviele große, m ittlere als auch kleine W ürfe erhält. W eder die eine noch die and ere M ethode, sin n ­ gem äß fü r die uv-inaktivierten P hag en angew andt, ergab befriedigende R esultate. V ersuche m it Ü b er­ infektion u n d solche, die sich der U V -R eaktivierung 1 an Stelle der M utation bedienten, w eisen d ara u f hin, 15 J. F. W h it f ie l d u . 453 [1 9 5 7 ]. R. K. A ppley ard , J. gen. Microbiol. 17, daß eine V erm ehrung der D N S u v -inaktivierter P h a ­ gen nicht stattfindet. Doch ist die In terp reta tio n die­ ser R esultate ausnahm slos an H ypothesen und u n ­ k o n tro llierb are V oraussetzungen g ebunden, so daß sich deren ausführliche B eschreibung nicht lohnt, da sie keine ganz sicheren Schlüsse zulassen. 5. E i n b a u v o n M a r k e r n u v - b e s t r a h l t e r P h a g e n in l y s o g e n e B a k t e r i e n F ü r die G al-T ransduktoren-P hagen X dg w urde gezeigt, daß ih r T ransduktions-V erm ögen durch eine nicht zu starke U V -B estrahlung b edeutend gesteigert w erden k a n n 3. W äh ren d jedoch die T ran sd u k tio n sensitiver B akterien n o rm alerw eise im m er von einer L ysogenisation begleitet ist, blieben diese nach I n ­ fektion m it b estrahlen X dg sensitiv. D ie transduzierten G al-C haraktere w urden definitiv in das B akterien­ genom eingebaut und blieben nicht, w ie n o rm aler­ weise, an die G egenw art eines (defektiven) P ro ­ phagen X dg gebunden. U m so ü b errasch en d er w ar nach diesen R esultaten die Feststellung, d aß in lyso­ genen B akterien die tran sd u z ie rte n G al-C haraktere fast ohne A usnahm e m it dem defektiven P ro p h ag en zusam m en sich in der Zelle fixierten, m it diesem segregierten und sich auch m it diesem , nach In duktion, in der üblichen hohen F requenz v erm ehrten. E ine A rt von R estau ratio n des b estrah lten P h ag en X dg m ußte in den lysogenen B akterien vorgekom m en sein und eine L ysogenisation durch den bestrahlten P hagen h atte stattgefunden. D abei blieb der u r ­ sprünglich vorhan d en e P ro p h a g e u n v erseh rt, d. h. alle auf diese W eise tran sd u zierten B akterien bleiben aktiv-lysogen. W ir untersuchen im folgenden ob n o r­ male, nicht tran sd u zieren d e P h ag en ebenfalls zu einer solchen F ix ieru n g an zw eiter Stelle fäh ig sind. U V -bestrahlte / h w urd en in E infachinfektion 0,5) auf aktiv-lysogene B akterien W 3 1 1 0 ( / h +) ad so rb iert (E xp. 11, K u rv e 1 ). Mit der A bdruckm ethode w urden die K olonien, welche die N achkom m enschaft der infizierten B akterien d a r­ stellen, in bezug auf den C h arak ter h, untersucht. M an ersieht aus dem E x p erim en t, d aß sich u n ­ bestrahlte P h ag en n u r selten in den lysogenen B ak­ terien fixieren. D ie F requenz solcher L ysogenisation k ann von einem E xperim ent zum an d eren stark v a ri­ ieren (IO - 2 bis 1 0 ~ 4) . N ach U V -D osen von 1 bis 2 Min. jedoch bauen u n g efäh r 30% aller infizierten B akterien den genetischen C h a ra k te r h, welcher vom bestrahlten P hag en /. h stam m t, ein u n d verm ehren ihn in einem P rophag en g en o m bei ih re r Fortpflan(m = un g efäh r 625 EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN zung m it. F ü r w eiter ansteigende UV -D osen beginnt der Bruchteil der fü r A h lysogenen B akterien a b ­ zufallen. D ie K urven 2 bis 4 stellen analoge E x p eri­ m ente dar, die m it defektiv-lysogenen B akterien g e ­ m acht w urden. D abei dienten die D efekte d l 4 und i l als gewöhnliche P hagenm arken. U Y -bestrahlte X h w urden au f diesen B akterien a d so rb ie rt und m it der A bdruckm ethode alle jene K olonien gesucht, die aktiv-lysogen gew orden w aren, also den M ark er (de­ fek tiv )+ erw orben hatten. A uf C 6 0 0 -Indikatorplatten zeigten sich alle aktiv-lysogenen K olonien an, auf CR 6 3 -In d ik ato rp latten n u r jene, welche zugleich einen aktiven P ro p h ag en und den C h arak ter h tru ­ gen. M it diesem In d ik ato r m ißt m an also die W a h r­ scheinlichkeit, daß sow ohl d er C h arak ter h als auch der C h arak ter d l 4 + resp. i l + eingebaut w urde. M an sieht aus der A bb., daß diese W ahrscheinlichkeit wie zu erw arten kleiner ist als die, einen C h a ra k te r allein zu finden (K urven 2 b und 3 b ) . M it den heterogenoten defektiv-lysogenen B akterien Als Abszisse: UV-Dosis in Min. für den überinfizieren­ den Phagen Ah. Als Ordinate: Bruchteil der als Prophagencharakter wiedergefundenen genetischen M arker des bestrahlten Phagen bezüglich total überinfizierende P hag en : Kurve 1 : Abdruck auf CR 63, M arker h (D ). Kurve 2: a) erster Abdruck auf C 600, M arker d l4 + (O). b) zweiter Abdruck auf CR 63, M arker d l4 + und h ( • ) . Kurve 3: a) erster Abdruck auf C 600, M arker i l + (A), b) zweiter Abdruck auf CR 63, M arker i l + und h ( A ) . Kurve 4: Abdruck auf C 600, M arker dg+ (x). Kurve 5: überlebende Ah gemessen auf W 3110 sensi­ tiv (unter denselben Bedingungen kultiviert und resuspendiert im Absorptionsmedium) ( + )• UV-Dosis in Minuten \ G a l^ G a ^ /ex G aF —/ dg endlich h at m an die M öglichkeit, die E rh a ltu n g einer relativ ausgedehnten R egion d er genetischen K arte von A nachzuprüfen. A lle in d er R egion dg liegenden C haraktere des uv-bestrahlten P h ag en m üssen n äm ­ lich unversehrt geblieben und eingebaut sein, dam it diese B akterien nach In d u k tio n aktive P h ag en p ro ­ duzieren können. Tatsächlich ist diese W ahrschein­ lichkeit k leiner als fü r die E rh a ltu n g eines einzelnen C harakters (K urve 4 ) . D er h ie r beschriebene E inbau genetischer M arker des bestrah lten P h ag en zeigt sich auch in lysogenen B akterien, deren P ro p h a g e zu X eng v erw andt ist, jedoch nicht die Im m u n ität gegen X v ersch afft16. W ir haben dies in E xperim ent 1 2 qu alitativ untersucht. Exp. 11. Einbau von M arkern uv-bestrahlter Phagen in lysogene Bakterien. — Ein Stock von aktiven X h-Pha- gen wird mit verschiedenen Dosen UV bestrahlt und Pro­ ben davon mit der M ultiplizität m auf folgende im Ad­ sorptionsmedium ausgehungerte Bakterien adsorbiert (Kulturen von 2 • 10 9 Zellen/ml) : 1. Normal-lysogene W 3110(A h+), m = 0,46, 2. defektiv-lysogene Gal 1 -Gal2- (A d l 4 ) , m = 0,53, 3. defektiv-lysogene G al^G a^^A i l ) , to = 0,40, 4. defektiv-lysogene Heterogenoten G a l^ G a ^ /e x Gal+—X dg, m = 0,43. Nach 30 Min. Adsorption bei 37° werden Verdünnun­ gen auf mit anti-A-Serum versehene Platten ausgebreitet und die Kolonien nach Bebrütung mit der Abdruck­ methode auf vom bestrahlten Phagen herkommende Marker geprüft. 16 F. J a co b u . E. W ollm an . Ann. Inst. Pasteur 91, 486 [1956]. [\ ■ \ i 1u.2a - \ \ \ \ \ \ \ \ , 3a k » Abb. 1. Marker-Einbau uv-bestrahlter P hagen in lysogene Bakterien (s. Exp. 1 1 ). Exp. 12. Markereinbau durch bestrahlte X c in für den Phagen 82 lysogene W 3110(82). — Xc, 60 Sek. uv-bestrahlt ( 1 2 % Überlebende) wurde mit m = 0 , 2 auf aktiv-lysogene W 3110(82) adsorbiert. Mit dem Ab­ druckverfahren wurden die überlebenden Kolonien auf ihren lysogenen Charakter untersucht, und zwar dienten als Indikatorstämme C 600, gegen Adsorption resistente C 600/A und C 600/82 und immune, d. h. lysogene Bak­ terien C 600(A) und C 600(82). Der Vergleich der P lat­ ten zeigte zahlreiche doppelt-lysogene Kolonien. Man fand dabei vor allem Stämme mit der Immunität 82, die den genetischen Charakter zur Produktion von A-Schwänzen zeigten. Seltener fanden wir, daß der zweite P ro­ phage wie der erste 82-Schwänze machte, jedoch die Im ­ munität für A verschaffte. Jene Prophagen zeigten auch den c-Charakter und waren aus diesem Grunde sehr unstabil. Den Verlust der Immunität 82 konnten wir in keinem Fall beobachten. 626 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER Unsere Experimente zeigen, daß bestrahlte Pha­ gen fähig sind in hoher Frequenz genetische Marker in bereits für / lysogene Bakterien einzubauen, wel­ che gleich einem Prophagencharakter sich fortan in den Bakterien weitervermehren. D iese Charaktere können von überlebenden Phagen herkommen. doch zeigt der Vergleich der Kurven 1 bis 4 und der I berlebenskurve 5 in Exp. 11. daß auch inaktive Phagen genetische Marker beitragen. Betrachtet man gleich­ zeitig zwei verschiedene Charaktere so sieht man, daß häufig nur einer davon, also ein Teilstück des bestrahlten Phagen eingebaut wird. Im folgenden Abschnitt werden wir die zunächst nur für die vom bestrahlten Phagen herkommenden Charaktere ge­ wählten Kolonien weiter untersuchen. 6. A n a l y s e d e r l y s o g e n e n K o l o n i e n , d i e n a c h I n f e k t i o n mi t b e s t r a h l t e n Phagen einen neuen P r o p h a g e n ­ charakter zeigen Handelt es sich beim Einbau einzelner Charaktere uv-bestrahlter Phagen in lysogene Bakterien um Sub­ stitution einzelner Teile des bereits vorhandenen Prophagen oder um eine partielle oder sogar totale Zygosie? Vor dem endgültigen Test der mit der Abdruck­ methode für einen bestimmten Charakter gewählten K olonien wurden diese wie folgt gereinigt, um sie ganz von den auf derselben Platte gezüchteten 100 bis 300 anderen Kolonien zu trennen: R einigungsprozeß: Auf der Originalplatte wird die Kolonie mit der Platinöse ausgehoben, in Trypton sus­ pendiert und diese Suspension erneut auf einer Agar­ platte ausgestrichen und bebrütet. Derselbe Prozeß wird mit einer neu gewachsenen, gut isolierten Kolonie wie­ derholt, von welcher wir uns durch einen Abdruck ver­ sichert haben, daß sie den gewählten Charakter trägt. Auf der zweiten Reinigungsplatte wiederum wird eine isolierte Kolonie für den endgültigen Test ausgehoben. Es zeigte sich bei diesem Reinigungsprozeß, daß in der ursprünglichen Kolonie die Hälfte bis drei Viertel der Bakterien den neuen Charakter nicht ent­ hielten. Dies ist weiter nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, daß die mit den bestrahlten Phagen infizier­ ten Bakterien mehr als einen Zellkern enthalten kön­ nen oder doch eine Verdoppelung ihres genetischen Materials ausführen mußten um den neuen Charak­ ter einzugliedern. Wir haben dieser primären Segre­ gation weiter keine Beachtung geschenkt und. wie be­ reits erwähnt, durch einen Abdruck kontrolliert, ob die für die zweite Reinigung gewählte Kolonie den Charakter des bestrahlten Phagen noch enthielt. Die zweite Reinigung zeigte, daß sich der neue Charakter tatsächlich im Laufe der ersten Bakterien­ generation stabilisiert haben muß, denn er wurde in nahezu allen Subkolonien wiedergefunden. Jedoch bleibt eine gew isse sekundäre Segregation auch spä­ ter noch und ständig erhalten. Im folgenden Experi­ ment wurde die Frequenz dieser Segregation für einen der Stämme bestimmt und zu 3,7 * 1 0 -3 pro Zellteilung gefunden. Qualitative Segregations-Ex­ perimente zeigten an, daß die Mehrzahl der Stämme mit einer ähnlichen Frequenz segregieren. Exp. 13. Segregation und M essung der SegregationsFrequenz des durch einen bestrahlten Phagen eingeführ­ ten Charakters d l4 +. — /T+ wurde während 60 bzw. 90 Sek. bestrahlt und dann auf (defektiv) -lysogenen Bakterien Gal1 -Gal2- (A d l4 ) adsorbiert. Für die Dosis 60 Sek. wurden mit der Abdruckmethode 9 Stämme aus­ gewählt, die fähig waren aktive Phagen zu produzieren, also den Marker d l4 + erworben hatten und für die Dosis 90 Sek. weitere 14 Stämme. Nach der zweiten Reinigung segregierten alle 23 jetzt aktiv-lysogenen Stämme mit schwacher Frequenz defektiv-lysogene Kolonien, waren also doppelt lysogen. Die K ultur eines der 23 Stämme, welche 13% defektiv-lysogene Segreganten enthielt, wurde bis zu einer Konzentration von 5 Bakterien pro ml in Trypton verdünnt. Von dieser Verdünnung wur­ den 50 Pipetten zu 0,1 ml abgefüllt und horizontal wäh­ rend 260 Min. bei 37° bebrütet. Dann wurde deren Inhalt sowie 0,1 ml zu deren Ausspülung verwendetes Trypton auf Platten ausgebreitet. Nach 15 Stdn. Inkuba­ tion wurden die Kolonien mit der Abdruckmethode ge­ testet. Es wurden keine sensitiven Segreganten gefunden. Anzahl Pipetten: 50. Ohne Bakterien: 26. Mit nur Segreganten: 22. Mit nur Elterntyp: 9. Mit Elterntyp und Segreganten: 13. p 0 = Proportion der Platten, die keine Segreganten enthalten: 0,41. N = mittlerer „Clonesize“ an Bakterien: 243. Nach der von M o rse und Mitarbb. 1 7 verwendeten Formel berechnet sich die W ahr­ scheinlichkeit der Segregation pro Zellteilung Der ursprüngliche Charakter d l4 des Prophagen ist in diesen Experimenten in allen 23 Stämmen er­ halten geblieben; diese sind also doppelt lysogen. Andere Experimente, z. B. mit den Markern h und h+ zeigten ebenfalls, daß Stämme, die durch Infektion lysogener Bakterien mit uv-bestrahlten / erhalten und für einen vom bestrahlten Phagen herkommen­ den Charakter ausgewählt wurden, meistens doppelt lysogen sind. Wenn man von doppelt oder mehrfach lysogenen Bakterien spricht, so dient als Kriterium nur die Tatsache, daß die Bakterien für einen oder 627 EIGENSCHAFTEN UV-BESTRAHLTER PHAGEN einige wenige betrachtete Marker doppelte oder mehrfache genetische Information tragen. Im Sinne dieser Definition finden wir somit bei unseren Stäm­ men nicht eine Substitution, sondern doppelte Lysogenie. Es ist jedoch schwierig, die Möglichkeit einer direkten Substitution ganz auszuschließen, denn tat­ sächlich findet man auch Stämme, die nach der üb­ lichen Reinigung den ursprünglichen Prophagencharakter verloren haben. Es ist möglich, daß es sich in diesen Fällen um eine Substitution handelt oder aber um eine frühe Segregation. D ie Frage ob auch der ursprünglich vorhandene, nicht bestrahlte Prophagencharakter in unseren dop­ pelt-lysogenen Bakterien segregiert, soll in einer spä­ teren Arbeit beantwortet werden sow ie auch der V er­ gleich mit Stämmen, die ohne vorherige Bestrahlung der Phagen durch Simultaninfektion mit zwei ver­ schiedenen Phagen erhalten wurden. Weitere Unter­ suchungen sind im Gange. Sie sollen gestatten ab­ zuklären, ob es sich in unseren Bakterien um zwei in sich vollständige, voneinander unabhängige, intakte Prophagengenome handelt oder um an den ursprüng­ lichen Prophagen angehängte Teilstücke. Diskussion D ie vorliegende Untersuchung der Eigenschaften uv-bestrahlter ^.-Phagen wurde in der Absicht aus­ geführt, einesteils verschiedene Funktionen des Pha­ gen unterscheiden und eventuell trennen zu können und andernteils die Natur der Strahlenschädigung näher zu erfassen. Es zeigte sich jedoch, daß durch eine relativ geringe Bestrahlung schon nahezu alle hier untersuchten Funktionen der Phagen stark be­ einträchtigt oder verunmöglicht wurden. So ihre letale Wirkung auf die Wirtszelle, das Lysogenisierungs-Potential, die Funktion der Gene d l4 +, i l +, i2 + und dg+, die Produktion des spezifischen Proteins h und wahrscheinlich auch die vegetative Vermehrung der Phagen-Genome: Alle diese Eigenschaften ver­ loren sich mit der Vermehrungsfähigkeit gleichzeitig oder doch in einem nicht meßbaren Abstand. Es scheint als ob der Tod der Phagen durch eine Schädi­ gung erfolgt, die alle diese Funktionen beherrscht. Wir haben gesehen, daß zumindest eine starke UV-Bestrahlung einen merklichen Ausschluß der be­ strahlten Phagen-DNS durch die Wirtszelle bewirkt. Wir können mit Sicherheit sagen, daß dieser A us­ schluß größtenteils nach (und nicht anläßlich) der In­ jektion stattfindet, daß also die Bakterien sehr wahr­ scheinlich die stark bestrahlte Phagen-DNS zu degra­ dieren vermögen. Ob dieser Abbau eine direkte Folge der Strahlenschädigung ist, indem z. B. gew isse Ver­ letzungen auf dem DNS-Strang diesen für eine even­ tuell in der Zelle anwesende Nuclease anfälliger machten, kann nicht entschieden werden. Wir möch­ ten lediglich darauf hinweisen, daß ein ähnlicher Abbau ebenfalls erreicht werden kann, wenn nicht der Phage, sondern die W irtszelle stark bestrahlt wird (G. K e l l e n b e r g e r , unpublizierte Resultate), daß also in diesem Falle auch ohne UV-Schädigung die Phagen-DNS ausgestoßen werden kann. Dem zufolge würde es sich eher um eine indirekte F olge der Be­ strahlung handeln, wie z. B. Induktion von Nucleasen durch Anwesenheit inaktiver D N S. In Anbetracht der Ähnlichkeit der DNS der temperierten Phagen und derjenigen der Wirtszelle wären solche Interaktionen nicht weiter erstaunlich. Das Studium der UV-Schäden auf temperierten Phagen scheint uns deshalb lohnend, weil damit nicht die direkte Schädigung, sondern die Schädigung im Zusammenhang mit den Reaktionen einer, wenn auch primitiven Zelle untersucht werden kann. D ie von zahlreichen Autoren (G. S . S t e n t 18) her­ vorgehobene engere Verwandtschaft des temperierten Phagen mit der Wirtszelle braucht sich dabei nicht zwangsläufig durch genetischen Austausch zu m anife­ stieren, sondern kann ebensogut im rein chemischen Verhalten zum Ausdruck kommen. Es wäre z. B. möglich, daß zur Heilung gewisser UV-Schäden die Wirtszelle den temperierten Phagen weitgehende Mit­ tel zur Verfügung stellt, daß aber umgekehrt eine Bresche, die anderswo in den DNS-Faden geschlagen wurde, dessen völligen Abbau zur Folge hat, wäh­ rend eine zell-fremde DNS, wie die von T 2 und T 4 weder geheilt, noch gänzlich zerstört werden könnte. Es ist demzufolge schwierig, unsere Resultate mit denen zu vergleichen, welche mit uv-bestrahlten T 2 und T 4 erhalten wurden. Zwar wurde ebenfalls keine Synthese von Phagenantigen durch uv-inaktivierte T 2 festgestellt19. Andere, namentlich „frühe“ Funktionen jedoch blieben soweit erhalten, daß man annehmen muß, ein unverletztes Gen könne unabhän­ gig von allen übrigen funktionieren, sofern der Aus­ druck dieser Funktion gemessen werden kann, d. h. nicht durch anderweitige Schäden verhindert wird. 17 M . L . M o r se, E. M . L e d e rb e rg u. J. L e d e rb e rg , G enetics 41, 142 [1 9 5 6 ]. 18 G. S . S tent , in: Advances in Virus Research 5, A cadem ic Press Inc., New York 1958. 19 I. W a t a n a b e , J. gen. P hysiol. 40, 521 [1 9 5 7 ]. 628 G. KELLENBERGER, W. ARBER UND E. KELLENBERGER Auch sind für die virulenten Phagen die UV-Schäden durchaus lokaler Natur. Eine für T 2 und T 4 weit uv-resistentere Eigen­ schaft als ihre Vermehrungsfähigkeit ist ihre Fähig­ keit, das infizierte Bakterium zu töten. D o e r m a n n und Mitarbb. 11 haben gemessen, daß diese Eigen­ schaft etwa 50-mal weniger uv-empfindlich ist als die Vermehrungsfähigkeit. Man kann jedoch anfüh­ ren. daß es sich hier nicht um die Funktion eines Gens handelt, sondern um eine fertig injizierte Sub­ stanz. Doch weisen neuere Experimente darauf hin, daß es sich eher um eine phagenspezifische Synthese handeln muß, nämlich dann, wenn man annimmt, daß das Abtöten des infizierten Bakteriums eine F olge der Zerstörung des Bakterienkerns ist. D iese Zerstörung kann morphologisch verfolgt werden. Sie findet ebenfalls nach Adsorption uv-inaktivierter Phagen statt, ist jedoch inhibiert in allen Fällen durch Zusatz von Chloramphenicol, d. i. bei Inhibi­ tion der Proteinsynthese. Somit würde es sich, gleichwohl ob der von D o e r m a n n und Mitarbb. ge­ m essene Letaleffekt damit identisch ist, zumindest was die Zerstörung der Nukleoide betrifft, um eine Proteinsynthese handeln, die der uv-inaktivierte Phage noch einleiten kann. Eine weitere Eigenschaft, die für uv-inaktivierte T 4 r+-Phagen von K r i e g 20 untersucht worden ist, ist die Funktion r+, welche vom bestrahlten Phagen noch ausgeführt wird auch ohne Marker-rescue des r Gens. Ferner bleibt die von H a r m 21 untersuchte Funktion u von T 4 selbst nach enormen UV-Dosen noch wirksam. W ie bereits erwähnt, ließe sich der Unterschied im Verhalten bestrahlter /-Phagen und demjenigen von T 2 und T 4 dadurch erklären, daß sich die DNS des temperierten Phagen vielmehr wie BakterienD N S verhält und somit dem bereits komplizierten DNS-Mechanismus der Wirtszelle zugänglich ist. M cF all, P ardee und S t e n t 22 haben beim Studium von durch 32P-Zerfall getöteten Bakterien gefunden, daß ein einziger tödlicher Treffer genügt, Enzym-, Protein- und RNA-Synthesen zu stoppen und daraus abgeleitet, daß die Überlebensfähigkeit Bedingung dieser Synthesen sei. D iese Forderung scheint auch für X gültig zu sein. Was aber genau das Bakterium 20 D. R. K r i e g , Ph. D. thesis U niversity of Rochester, R o­ chester N. Y. 1957. 21 W . H a r m , Naturw issenschaften 16. 3 9 1 [ 1 9 5 8 ] . 22 E. M c F a l l , A. B. P a r d e e u . G. S . S t e n t , Biochim. biophysica A cta [Am sterdam ] 27, 282 [1 9 5 8 ]. 23 R. H . E p s t e i n , V irology 6, 382 [1 9 5 8 ]. selbst als tödlichen T reffer fü r / bezeichnet, bleibt nach wie v o r u nklar, doch scheint ein so ld ier eine A rt K ettenreaktion h ervorzurufen, die das ganze Genom elim iniert. In keinem einzigen von zahlreichen E xperim enten konnten w ir feststellen, d aß das b estrah lte Genom eine letale M u tatio n w eiterv ererb t h ätte in der A rt, wie defektive P ro p h a g en ih ren D efekt vererben. D er T od der P h ag en erfolgt also in der w eitaus größten Zahl der F älle durch eine Schädigung, die nicht m it einer M u tatio n oder F eh lin fo rm atio n zu vergleichen ist. Zu dem selben Schluß sin d auch D oerm ann und M itarb b . 1 1 u n d E p ste in 2 3 fü r die bestrahlten P hag en T 4 gekom m en: die U V -Schädigung w ird nicht v er­ m ehrt, nicht ko p iert. D urch U V -B estrahlung h erv o r­ gerufene letale M utationen scheinen fast ebenso sel­ ten zu sein w ie lebensfähige M u tan ten ; sie w ären eher dem M edianism us d er R ep aratio n durch die W irtszelle zuzuschreiben als einem direkten UVSchaden. U m gekehrt w ird allgem ein angenom m en, daß die U V -B estrahlung au f die DNS, also au f das genetische M aterial w irkt. F ü r den P h ag en T 2 konnte diese W irk u n g in beachtensw erter W eise be­ stätigt w erden durch die E xperim ente von Tomis a w a 24. Jedoch k onnte auch in diesem F alle nicht die reine D N S b estra h lt w erden, sondern eine zum indest m it P o ly a m in e n 2 5 ’ 2 6 u n d eventuell auch m it b asi­ schen P ro te in e n 2' ab g esättig te N ucleinsäure. D ie einzige bis jetzt g ut e rfaß b a re R eaktion, deren der uv-inaktivierte /.-Phage noch fähig ist, ist die genetische R ekom bination, die anderw eitig beschrie­ ben w u rd e lj 14. M arker-rescue und M ultiplizitätsR eaktivierung sind jedoch relativ selten. D er G rund dazu k an n in der schwachen R ekom binations-T en­ denz von X im allgem einen gesucht w e rd e n 6 sowie auch in d er Tatsache, d aß sta rk geschädigte DNS relativ rasch von der W irtszelle w ieder ausgeschieden w ird. M öglicherw eise v o rh an d en e spezielle E igen­ schaften d er w enigen rek o m binierenden P h ag en h ä t­ ten w ir m it unseren T estm ethoden nicht erfassen können. W as w ir von der M ehrzahl d er uv-inaktivierten P hag en h ie r aussagen. ist deshalb nicht unbedingt auch fü r diese P h ag en gültig. Es erg ib t sich die F rag e, ob es ebenfalls diese R e­ k o m b in atio n sfäh ig k eit ist, die es dem b estrahlten V irology 6 , 55 [1 9 5 8 ]. Virology 4, 237 [1 9 5 7 ], B. N . A m e s , D . T . D ubin u . S. M . R o s e n t h a l , S cien ce [W a­ shington] 1 2 7 , 814 [1 9 5 8 ]. L . L e v i n e , J. L . B a r l o w u . H . V a n V u n a k i s , Virology 6, 702 [19 5 8 ]. 24 J . T o m is a w a , 25 A. D . 26 27 H ersh ey , 629 UNTEREINHEITEN DES NEWCASTLE DISEASE- UND MUMPS-VIRUS P hag en gestattet, Teilstücke seines G enom s in ein lysogenes B akterium einzubauen. W ir können d a r­ auf auf G rund unserer E xperim ente keine A ntw ort geben. Tatsächlich erhöht eine schwache U V -B estrah­ lung die R ekom binations-F requenz zwischen zwei A-Phagen 28. W ie bereits erw ähnt, w erden die A rb ei­ ten zur K lärung dieser F ragen durch eingehendes S tu d iu m gesetzt. dieser doppelt-lysogenen Stäm m e fo rt­ Diese Arbeit wurde mit Hilfe eines Beitrages des S c h w e i z e r i s c h e n N a t i o n a 1f o n d s z u r F ö r ­ derung der wissenschaftlichen For­ s c h u n g ausgeführt. 28 F. J a cob u. E. W ollm an , Ann. Inst. Pasteur 88 , 724 [1 9 5 5 ]. Untereinheiten des N ew castle Disease- und Mumps-Virus V on W ern er S chäfer un d R u d o l f R ott Aus dem M ax-Planck-Institut für Virusforschung, Tübingen (Z. N aturforsd ig. 14 b , 629— 631 [1959] ; ein g eg a n g en am 10. J u li 1959) Es werden fadenförm ige Strukturen beschrieben, die aus gereinigtem N ew castle Disease- und Mumps-Virus durch Schütteln m it Ä ther gew onnen werden konnten. Vermutlich handelt es sich um die g-A ntigene dieser Viren. In den letzten Ja h re n h at sich unsere A rb eits­ g ruppe eingehender m it dem F einbau einiger m en­ schen- und tierpathogener V iru sarten befaßt. D abei w urden die V iruspartikel zerlegt und die m orpholo­ gischen, chemischen und biologischen E igenschaften der gew onnenen U ntereinheiten stu d iert. Bei den geprüften V irusarten gelang die Z erlegung auf re ­ lativ einfache W eise durch Schütteln m it Ä ther, ein V erfahren, das zuerst von H o y l e 1 em pfohlen w urde. Bisher w urden von uns in der angegebenen Rich­ tung einige V iren der Influenza-G ruppe untersucht, näm lich: das V irus der K lassischen Geflügelpest (Lit. s. 1. c. 2) , das V irus N 3, das Schweine-Influenza-V irus und m ehrere Stäm m e der menschlichen Influenza 4. M it den U ntereinheiten m enschlicher Influenza-Stämm e haben sich auch verschiedene a n ­ dere A utoren b e f a ß t5_10. D ie U ntersuchungen w urden n u n m eh r au f die V iren der N ew castle D isease (N D ) und des M um ps ausgedehnt. D iese beiden V iru sarten w erden zw ar wie die V iren d er Influenza-G ruppe zu den M yxo­ viren gezählt (vgl. I . e . 11), sie lassen sich ab er m o r­ phologisch eindeutig von den Influenza-V iren u n te r­ scheiden u n d scheinen auch serologisch nicht m it ihn en verw andt zu sein. W ohl ab er w urde bereits ü b e r serologische Beziehungen zwischen Mumpsun d N D -V irus berichtet (Lit. s. 1. c . 12,13) . Es w urde vorgeschlagen 12,14, diese beiden V iru sarten in eine beso n d ere U n terg ru p p e der M yxoviren ein zu o rd ­ nen. D a sie in h ö h er konzentrierten Salzlösungen von sphärischen G ebilden in gestreckte übergehen, w urden sie als „m ultiform e V iren “ b ezeich n et14. Im folgenden soll kurz ü b er U ntereinheiten be­ richtet w erden, die bei der Z erlegung dieser V iren m it H ilfe von Ä ther gew onnen w urden. 1 L. H oyle , J. o f H y g . 48, 277 [ 1 9 5 0 ] . 2 W. S chäfer , in : V ir u s g r o w th a n d v a r ia t io n , C a m b r id g e U n iv e r s it y P r e s s , 1959, S . 61. 3 R . R o t t u . W. S c h ä f e r , in V o r b e r e it u n g . 4 F . M. D avenport , R . R ott u . W. S ch äfer , in V o r b e r e it u n g . 5 L . H oyle , J. o f H y g . 50, 229 [1 9 5 2 ], 6 L . H oyle , R . R eed u . W . T . A stbu r y , N a t u r e [ L o n d o n ] 10 K. P aucker , A . B irch - A nderson u. P . v. M agnu s , V irology 8, 1 [1959], 11 C. H . A nd r ew es , Nature [London] 173, 620 [1954]. 12 G. S chramm , D ie Biochem ie der Viren, Springer-Verlag, B erlin-G öttingen-H eidelberg 13 u . L . H o y le , J. o f H yg. 54, 201 [1 9 5 6 ]. 8 F . S . L i e f u . W . H e n l e , V ir o lo g y 2, 753, 772 [ 1 9 5 6 ] . 9 K . P a u c k e r , F . S . L ie f u . W . H e n l e , V ir o lo g y 2, 798 [1 9 5 6 ]. 1954. N . I sh id a , Y. H in um a , Y. N umazaki u. M . H omma , Fed. Proc. 18, 575 [1959]. 14 W. 171, 256 [1 9 5 3 ]. 7 W . F r is c h -N ig g e m e y e r F ü r die Untersuchungen wurden der ND-Stamm „Italien“ * und der Mumps-Stamm „Enders“ verwendet. Beide wTurden durch fraktioniertes Zentrifugieren (35 Min. pi. 14,2; 15 Min. pi. 0,1 15, 2 Zyklen) gerei­ nigt, in 0,14-m. NaCl, 0,02-m. Phosphatpuffer ph 7,2 („N aC l/7,2“) aufgenommen und anschließend in der früher beschriebenen Weise 1 6 mit peroxydfreiem Äther behandelt. Der Hämagglutinations (HA)-Test wurde bei beiden Virusarten mit gewaschenen H ühnererythro­ zyten durchgeführt. F ür die Bestimmung der Infektiosi- S chäfer , Ergebn. H yg., Bakteriol., Im m unitätsforsch., exp. Therapie 31, 1 [1958]. * In früheren Veröffentlichungen als „atypisches G eflügelpest-V irus“ bezeichnet (vgl. 1. c . 19) . 15 P . G ie b l e r , Z. Naturforschg. 13 b, 238 [1958]. 16 W. S chäfer u . W. Z illig , Z . N aturforsdig. 9 b, 779 [1954].