Institut für Baukonstruktion und Entwerfen Lehrstuhl 1 Sanierungsvoruntersuchung - Raumbuch Gebäude Mittwoch 12.05.2010 Seminar bauko spezial - bestand Frank Schäfer - Sandro v. Einsiedel Voruntersuchungsprogramme Vorgehensweise bei einer Erstbegehung zur Erstellung eines Begehungsprotokolls 1 Technische Voruntersuchungsprogramme - gehören in die Hand des projektierenden Architekten - sind besondere Leistung im Rahmen eines separaten Vertrags - diese Leistungen werden durch die HOAI nicht ausreichend abgedeckt 2 Qualifizierte Untersuchungsprogramme - erfordern eine inhaltliche Beschäftigung mit dem Objekt (Baudenkmal) - geraten fast immer zur ersten methodischen Fachberatung für den Bauherrn - erfordern eine hohe Qualifikation im Umgang durch den Architekten - müssen mit Sorgfalt und Bedacht entstehen (keine Ferndiagnose) Voruntersuchung als Leistung des Architekten 3 Standardisierung von Untersuchungsprogrammen - nur möglich bei z.B. straßenzugweiser Durchsanierung von gründerzeitlichen Wohnquartieren oder anspruchsvollen Großbauten mit wiederkehrenden Ausstattungsdetails (Barockschloss) - das Baudenkmal als Unikat entzieht sich jeder schematischen Behandlung oder checklistenartiger Erfassung - dem ultimativen Formblatt zur Erfassung jedweder Eventualität am komplexen Altbaubestand ist mit größter Vorsicht zu begegnen - Datenerfassungssysteme müssen einen so erheblichen Freiheitsgrad aufweisen, dass die Systematisierung rasch zum Selbstzweck werden kann. Voruntersuchung als Leistung des Architekten 4 Qualität von Voruntersuchungen - Prinzip der Erstbegehung - entscheidet sich zumeist im Erstkontakt mit dem Bauwerk und der daraus resultierenden Qualität der Fragen - muss als umgekehrter Entwurfsprozeß gesehen werden strukturiertes Erfassen von vielen Einzeldetails, damit diese dann später wieder als Parameter in den Entwurfsprozess eingeführt werden können - Gefahr der prophylaktischen Entkernung um ein Baudenkmal so weit zu reduzieren, dass die Detailfülle überschaubar wird Voruntersuchung als Leistung des Architekten 4 Qualität von Voruntersuchungen - Erfassung bei der Erstbegehung - Erfassen von baukonstruktiven Zusammenhängen durch Beobachtung von Tragwerk, Raum- und Grundrissstrukturen. - Erfassen von Problemen und Unregelmäßigkeiten aus Eingriffen in die Gebäudetypologie ( z.B. Bewegungen, Verformungen, Rissbilder, Setzungen) - Eine prophylaktische Teilentkernung kann sich im Denkmalbereich als schwerwiegender methodischer Fehler erweisen, da dadurch feinste Indizien vernichtet werden können. Voruntersuchung als Leistung des Architekten 4 Qualität von Voruntersuchungen - Ablauf der Erstbegehung - Beobachtung eine Bauwerks von unten nach oben beginnt zwangsläufig mit den ältesten Bauteilen des Hauses da sich diese auch nach einer Zerstörung in einem verändert wiederaufgebauten Bauwerk nachweisen lassen - Diese Vorgehensweise vermittelt eine gewisse Sicherheit bei der Einschätzung der Geschichte des Hauses, seiner späteren Umbauten und der baukonstruktiven Konsequenzen - Entscheidend ist ist die Systematik des Durchgangs Keller zum Dach vom Dach zum Keller Voruntersuchung als Leistung des Architekten 4 Qualität von Voruntersuchungen - Protokoll der Erstbegehung - Anlass und Tag der Erstbegehung, Beteiligte, vorgefundener Zustand - städtebauliches Umfeld, Baukörper, Dach, Fassade, Gliederungssysteme und Hierarchien - Erschließungssystem, Raumaufteilung, Grundrisstyp - besondere Räume, Räume mit fester Ausstattung an Fußboden, Wänden, Decken - Dekorationen innen und außen und deren stilistische Einordnung - Typus der Dachkonstruktion - Keller in seiner Lage zum Gebäude, Baukonstruktion, Erschließung - Überlagerung jeweils zweier Grundrisse zur Lastflussdarstellung - deutlich erkennbare Schäden und Art der Schäden - Umbauphasen soweit erkennbar - unerklärliche Situationen - Fragenkatalog Voruntersuchung als Leistung des Architekten 4 Qualität von Voruntersuchungen - Protokoll der Erstbegehung - Protokoll wird an alle Beteiligten verteilt - erste Fragen an ein Voruntersuchungsprogramm - weitere Untersuchungen erfolgen in 3 Phasen: 1 schadensfreie Erfassung und Beobachtung ohne Eingriffe 2 schadensarme Erfassung durch sparsame Eingriffe 3 gezielte, begründete Freipräparierung von Einzelbereichen Voruntersuchung als Leistung des Architekten Punktekatalog zur Bewertung von Projekten - Einordung eines Sanierungsfalles zur Festlegung in welchem Umfang je nach Komplexitätsgrad Voruntersuchungsleistungen erforderlich werden. - Anlehnung an Klassifizierungsverfahren der HOAI zur Einordnung eines Projektes nach Honorarzonen - Komplexitätsgrad I - IV Punktekatalog zur Bewertung von Projekten 1 Bewertung objektbezogener Einflussfaktoren (Checkliste) - jedes historische Bauwerk enthält seine eigenen Charakteristika die den Grad der Komplexität bestimmen - bei komplizierten baukonstruktiven Verhältnissen muss mit einem hohen methodischen Aufwand gerechnet werden, da durch die zerstörungsarme Untersuchungsmethode viele Bauteile zunächst unzugänglich bleiben werden. - bei einfachen Gebäuden kann sich aber z.B. auf Grund übergeordneter Aspekte (bau- oder kulturhistorisch hohe Bewertung) ein anspruchsvolles Spurensicherungsverfahren nach sich ziehen. - Skala von 18 Punkten an nutzungsunabhängigen Einflussfaktoren Bewertung von Gebäuden Punktekatalog zur Bewertung von Projekten 2 Bewertung projektbezogener Einflussfaktoren (Checkliste) - die spätere Nutzung ist entscheidender für eine Instandsetzung / Sanierung als das Schadensbild - hohe Einflussfaktoren bei z.B. späterer öffentlicher Nutzung (Aufwand für Brandschutz), vrgl. starken Bauschäden - ein wesentlicher Schlüssel ist das spätere Nutzungskonzept / der Entwurf und der Umfang der zu erhaltenden Ausstattung - Entscheidend für die Realisierung des Bauvorhabens ist ein entspannter Bauablauf. Hier ist auf die Abhängigkeit von Förderprogrammen und öffentlichem Interesse zu achten. - bei knappemTerminplan hohe Intensität der Voruntersuchungen - Skala von 30 Punkten an nutzungsabhängigen Einflussfaktoren Bewertung von Gebäuden Punktekatalog zur Bewertung von Projekten 3 Auswertung des Punktekataloges - wichtig für die Einordnung in die verschiedenen Komplexitätsklassen - nach Anamnese und Diagnose erfolgt in Verbindung mit dem Punktekatalog der Vorschlag zur Therapie des Gebäudes - Punktekatalog liefert nicht das Untersuchungsprogramm selbst, er gibt aber den Rahmen wirtschaftlich sinnvoller Untersuchungsschritte vor - Das eigentliche Leistungsprogramm für die Voruntersuchung ist zu gliedern nach: a: ohne Eingriffe in die Substanz b: mit begrenzten Eingriffen in die Substanz c. mit gezieltem Freilegen von Einzelbereichen - Beschreibung der Arbeitsschritte, inhaltliche und zeitliche Koordination, Zusammenstellung von Handlungsanweisungen. Bewertung von Gebäuden Projektexpose als besondere Leistung der Bauherrenberatung - Expose als Diskussionsgrundlage mit dem Bauherrn, Genehmigungsinstanzen und der Öffentlichkeit zur Vermeidung unzureichender Fragestellungen in der Frühphase eines Projektes - Besondere Leistung Leistungsphase 1 und 2 HOAI, vertraglich gesondert vergütet als Gutachtertätigkeit, kann gegebenenfalls bei Abschluss eines späteren Architektenvertrages angerechnet werden. - Inhalt: a: Baubeschreibung - städtbl. Umfeld, Entstehungshintergrund, Bauweise b. Begehungsprotokoll - Anlass und Tag, Begehung Keller - Dach und Dach - Keller c: Beratungsfall - Was beabsichtigt der Bauherr, Wie sieht der beratende Architekt seine Aufgabe gegenüber dem Bauherrenwunsch d: Konzeptstudie - Wie könnte sich die Absicht des Bauherrn planerisch umsetzen lassen, skizzenhafte Überlegungen, bewerten des Projektes nach dem Punktekatalog. Bewertung von Gebäuden Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument - Raumbuchmethode als leistungsfähiges Instrument der maßnahmenorientierten Bestandserfassung, textliche und bildliche Bestandserfassung im komplexen Baubestand - die Fülle an Details am Baudenkmal erfordert eine fortschreibbare Abstimmung von Bestandsaufnahme- und Planungsmethodik, im Unterschied zum Neubau (Details erst als Baufortschritt) - Ausstattung im Bestand ist überwiegend raumbezogen angelegt - daher werden diese Details auch raumbezogen erfaßt. - Analytisches Raumbuch als bewährtes Mittel, da es sich im Rahmen handelsüblicher AVAProgramme als Grundlage für Ausschreibung und Projektsteuerung fortschreiben läßt. Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument - Problem Raumbuch als wissenschaftliches Befundarchiv wird zu schwerfällig und in der Praxis kaum handhabbar - werden zu wenig Daten erfaßt, gehen viele wertvolle Details in der Bauausführung verloren, da sie planungsmethodisch nicht erfaßt werden. Die HOAI erfaßt und bewertet diese Bauteile nicht, in der Werkplanung können sie systematisch dadurch nicht festgehalten werden. - Leistungsbeschreibung nach Gewerken enthält nur was als bemerkenswert erkannt und bewertet wurde - dadurch kommt es auf den Baustellen oftmals zu schweren Beschädigungen von ungeschützten Details. Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument Orientierungssystem - Voraussetzung für eine systematische Erfassung ist eineinheitliches Orientierungssystem das für alle Beteiligten im Frühstadium des Projektes vom Architekten festgelegt wird. - Sonderfachleute müssen das System vom Architekten einfordern - Jeder Raum bekommt eine Geschoss- und Raumziffer zugeordnet - die Wände werden mit Buchstaben im Uhrzeigersinn beginnend mit a im Norden gekennzeichnet - Decken mit x, Fußböden mit y - dasselbe gilt für Türen, Fenster etc. - Dachstühle analog dem Abbundsystem des Zimmerers Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument Fotodokumentation - Vor Beginn der textlichen Dokumentation als systematische Fotodokumentation - jede Aufnahme sollte entsprechend dem Orientierungssystem eine Raumnummertafel und einen Maßstab mit grober Längenangabe enthalten - Alle Wände, Decken und Fußböden mit zumindest einem Foto - Fotos vor Erfassungsrundgang herstellen, dann kann bei der Erfassung in die ausgedruckten Fotos eingetragen werden Foto wird zur Karteikarte und kann dadurch die textliche Erfassung knapp halten. Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument Erfassungsblätter - Erfassung nach Checklisten ist nur in Altbaubestand mit vielen Wiederholungen brauchbar - Für große Repräsentationsbauten kann es sich lohnen projektspezifische Checklisten zu entwickeln - Es empfiehlt sich die Bearbeitung zur besseren Fortschreibung in einem EDV-gestützten System - Planungsraumbücher in AVA-Systemen ermöglichen eine Bearbeitung vor Ort Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument Erfassungsblätter - im Denkmalbereich ist ein wenig festlegendes Layout notwendig aber mit strikter Trennung auf Beschreibung und Bewertung - Analytisches Raumbuch als Erziehung zu Systematik, Präzision und Urteilsfähigkeit Raumbuch Raumbuch als analytisches und planerisches Instrument Erfassungsblätter - im Sanierungsbereich - Analytisches Raumbuch als Erziehung zu Systematik, Präzision und Urteilsfähigkeit Raumbuch Planungsraumbuch als Instrument der Ausschreibung Raumbuch als Instrument der Planung für den Architekten - Analytischer Teil Beschreibung und Bewertung mit Erkenntnissen aus Anamnese und Diagnose - Planerischer Teil Maßnahme und Mengenermittlung mit Leistungsverzeichnis nach Räumen und Gewerken codiert, raumweise in Elementtexten bearbeitet und nach Gewerkenummern umsortiert durch das Programm. Der Planende befaßt sich intensiv mit den raumbezogenen Realitäten Problem: Datenfriedhof analytisches Raumbuch ohne planerische Umsetzung in der raumbezogenen Leistungsbeschreibung Planungsraumbuch als Grundlage für das FacilityManagement Facility- Management - Die Gestehungskosten eines Gebäude machen bezogen auf seine Lebensdauer nur 25% der Gesamtkosten aus - Verwaltung komplexer Baubestandsdaten wird auch im Altbaubereich immer wichtiger - Ein nach Raumbuch ausgeschriebenes Sanierungsobjekt ist durch seine systematisch erfaßten und räumlich zuordenbaren Qualitätsmerkmale prädestiniert dazu in das FacilityManagement des Betreibers übernommen zu werden. - Die übersichtliche Verwaltung von Bestandsdaten kann bei später anstehenden Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen viel Geld einsparen. - neues Betätigungsfeld für Architekten. Institut für Baukonstruktion und Entwerfen Lehrstuhl 1 Sanierungsvoruntersuchung - Raumbuch Gebäude Mittwoch 12.05.2010 Seminar bauko spezial - bestand Frank Schäfer - Sandro v. Einsiedel