Die Welt nach dem UN-Klima-Abkommen von Paris 2015 Die Energiewende ist alternativlos und wird der deutschen Wirtschaft und mit ihr auch dem Elektrohandwerk eine zusätzliche Dynamik verleihen. Das machte Prof. Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung den Teilnehmern des 17. Energieforums der Firma Viessmann mit einem bemerkenswerten Vortrag und in einem beachtenswerten Interview klar. Die Bedeutung von Elektrizität für die Energieversorgung wird steigen, denn zukünftige klimatechnische Maßnahmen werden darauf abzielen, sowohl den Wärme- als auch den Mobilitätsmarkt zu elektrifizieren. Das Ziel ist, unter Verzicht auf fossile Brennstoffe eine weitgehende Dekarbonisierung der Energieversorgung zu erreichen. Dass eine solche „große Transformation“, wie Wissenschaftler diese radikale Umgestaltung der Energieversorgung mittlerweile nennen, unumgänglich ist, verdeutlichte Schellnhuber anhand neuester Forschungsergebnisse. Er präsentierte beispielsweise Daten der NASA, die die globale Temperaturentwicklung seit 1880 nachzeichnet. In der Grafik 1 ist deutlich zu sehen, dass die Durchschnittstemperatur seit etwa 1950 unaufhörlich ansteigt. Ebenfalls einprägsam ist eine Grafik, die die Monate Januar bis August 2016 allesamt als Rekordmonate mit den höchsten Temperaturabweichungen nach oben gegenüber den Vorjahren ausweist. „Die gezeigten Graphen belegen, dass es die oft in Klimadiskussionen behauptete Erwärmungspause nicht gibt und auch nicht gegeben hat“, betonte Schellnhuber, „im Gegenteil, die Temperaturentwicklung in den letzten sechs Jahrzehnten kennt nur eine Richtung, nämlich die nach oben.“ Grafik 1: Globale Temperaturentwicklung seit 1880 (http://data.giss.nasa.gov/gistemp/) Grafik 2: Eine Serie von Rekordmonaten Dass diese Entwicklung Folgen haben wird, dürfte mittlerweile klar sein. „Bereits bei einer Erwärmung von 1,5 °C ist der Verlust eines Großteils der Korallenriffe zu befürchten“, fuhr Schellnhuber fort, „und Grönlands Eismassen könnten bei 1,6 °C Erwärmung komplett schmelzen.“ Es gelte also, massiv gegenzusteuern. Der Klimavertrag 2015 von Paris markiere den Anfang eines neuen Denkens und habe die Hoffnung auf ein gutes Ende verbessert. Es sei aber auch nicht ausgeschlossen, dass das Vorhaben nicht gelinge. Und trotzdem sei es nötig, die Ärmel aufzukrempeln. Grafik 3: Grönlands Eismassen könnten bereits bei 1,6 °C Erwärmung komplett abschmelzen Grafik 4: Ambitioniertes globales 2°C-konformes Szenario für eine Transformation der Energieversorgung (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen 2011) Interview mit dem Klimaexperten Prof. Schellnhuber Ad personam Prof. Schellnhuber Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber ist Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) seit er das Institut im Jahr 1992 gegründet hat. Er ist Professor für Theoretische Physik an der Universität Potsdam, Senior Research Fellow am Stockholm Resilience Centre und hat gemeinsam mit Professor Dirk Messner (DIE, Bonn) den Vorsitz des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU) inne. Quelle: PIK/Batier Autor Wilhelm Wilming (wl): Die vor einigen Jahren noch lauten Stimmen der so genannten Klimaskeptiker sind offensichtlich etwas leiser geworden. Sind jetzt alle Klimaphänomene verstanden, und sind wirklich alle empirischen Befunde richtig gedeutet? Professor Schellnhuber: Wir wissen genug, um zu handeln. Die Forschung zeigt sehr klar die Klimarisiken, die wir besser vermeiden sollten. Wenn wir weiter Kohle und Öl verfeuern, reichern wir die Menge von Treibhausgasen in der Atmosphäre derart an, dass die globale Mitteltemperatur bis Ende des Jahrhunderts um vier bis fünf Grad steigt. Das klingt nicht viel, ist aber der Unterschied zwischen einer Eiszeit und einer Warmzeit. Nur dass wir damit aus unserer gegenwärtigen Warmzeit eine Heißzeit machen, und das hundert Mal schneller. Damit verlassen wir den klimatischen Erfahrungsraum der Menschheit. Bei den Klimafolgen zeigt die Forschung ebenfalls sehr klar, dass wir lokal mehr Wetterextreme und global mehr Anstieg des Meeresspiegels bekommen, um nur zwei Effekte zu nennen. Aber natürlich geht die Forschung weiter, und als Naturwissenschaftler würde ich nie sagen, dass wir das Erdsystem vollständig verstanden haben. Leider zeigt sich in den immer neuen wissenschaftlichen Ergebnissen, dass wir die Brisanz des Problems bislang meist eher noch unterschätzt haben (wl): Die Diskussionen gehen also weiter? Schellnhuber: Darauf gibt es zwei Antworten. Zunächst die erste: Weil wir zuletzt einen Temperaturrekord nach dem anderen hatten, hat sich eine bestimmte Schein-Debatte erledigt – nämlich die irrige Vorstellung, dass sich die Erderwärmung verlangsamt hätte oder ganz pausiere Wir sehen jetzt im Gegenteil eine Beschleunigung der globalen Erwärmung. Auch die, und das ist wichtig, wird aber nicht von Dauer sein. In den einschlägigen Diagrammen sieht man viele Auf- und Abwärtsbewegungen der Temperaturkurve. Entscheidend ist aber allein der langfristige Trend, und der zeigt eindeutig nach oben. (wl): Warum sind Sie sich so sicher? Schellnhuber: Weil die Beobachtungsdaten ebenso wie die zugrundeliegende Physik eindeutig sind. Sie wissen vielleicht, dass ich das große Privileg habe, in dem früheren Büro von Albert Einstein arbeiten zu dürfen. Damit sind wir bei der Relativitätstheorie, die wie unsere Klimafolgenabschätzung immer mal wieder angezweifelt wird. Alle zwei Jahre behauptet jemand, die Relativitätstheorie ist falsch. Wenn ich mir dann aber die zugehörigen Fakten ansehe, muss ich feststellen, die sind so fundamental, dass wir unser komplettes Weltbild verändern müssten, wenn wir die Relativitätstheorie aufgeben wollten. Genauso verhält es sich mit dem Zusammenhang zwischen CO2 und Erwärmung. Das lässt sich übrigens auch auf anderen Planeten beobachten, das sind also elementare Dinge. Jetzt kommt die zweite Antwort. Wir haben auch wirklich dramatische Fortschritte gemacht beim Verständnis des Systems. Im 19. Jahrhundert haben Forscher damit begonnen, den menschlichen Körper zu enträtseln, und haben verstanden, dass Krankheiten durch Bakterien ausgelöst werden. Da hat sich uns eine völlig neue Welt aufgetan. Zuvor hat man lange Zeitgeglaubt, die Gallensäfte seien entscheidend für die Gesundheit des Menschen. In einer ähnlichen Phase der Erkenntnis befinden wir jetzt seit 20 bis 30 Jahren in der Klimaforschung, und wir machen wirklich jedes Jahr große Fortschritte im Verständnis der Vorgänge. Dabei entsteht für uns Wissenschaftler aus vielen Puzzles ein Gesamtbild, ein Gesamtverständnis. Das macht uns zwar nicht absolut sicher, aber absolut zuversichtlich, dass wir diese Entwicklung richtig einschätzen. (wl): Sie haben manchmal in Stellungnahmen Beiträge von Nichtwissenschaftlern zur Klimaforschung kritisiert und abgelehnt. Warum? Schellnhuber: Wenn ein pensionierter Gewerbelehrer zu uns kommt und sagt, er habe in seiner Freizeit nachgerechnet und die Sonnenflecken beobachtet, und wenn er glaubt, er könne damit die bisherige wissenschaftliche Erkenntnis aushebeln, dann hat er eben nicht begriffen, wie Wissenschaft arbeitet. Wir müssen uns jeden Tag mit den besten Köpfen der Welt messen. Sie würden sofort jeden Fehler in unseren Publikationen entdecken würden. Und deswegen meine Schlussfolgerung: Die Frage, ob der Mensch Einfluss auf die Erderwärmung hat, die ist mit einem eindeutigen Ja beantwortet. Aber es gibt immer noch jene, die behaupten, , dass die Erde eine Scheibe ist, und die werden wir auch nicht zur Besinnung bringen können. Aber das gehört zu einer freien Gesellschaft dazu. (wl): In einem Interview mit ZEIT ONLINE im Juni 2015 halten Sie auch eine über 2 Grad hinaus gehende Erwärmung unseres Planeten unter Umständen für akzeptabel. Auch dann sollte der Kampf gegen die Erderwärmung nicht aufgegeben werden; man könnte dann immer noch dafür sorgen, dass die globale Mitteltemperatur nur um drei Grad statt um vier Grad steigt. Sind Sie immer noch dieser Meinung? Halten Sie sich damit für Ihre Diskussion noch ein Hintertürchen offen? Schellnhuber: Nein, das ist kein Hintertürchen. Ich beschäftige mich viel mit der Geschichte der Menschheit, auch in meinem jüngsten Buch. Unsere Zivilisation ist natürlich keine reine Erfolgsgeschichte, da sind Dinge völlig schief gegangen. Mit Blick auf den Klimawandel heißt das, wir müssen hoffen und alles dafür tun, dass wir zu einer Lösung kommen und die Erderwärmung unter zwei Grad halten. Dann können wir das Gefühl haben, nicht schuldig geworden zu sein gegenüber unseren Nachkommen. (wl): Was passiert, wenn uns das nicht gelingt? Schellnhuber: Dann macht es für mich immer noch einen Unterschied, ob wir in eine Welt mit vier bis fünf Grad Erwärmung am Ende dieses Jahrhunderts gehen, die von Verteilungskämpfen und Not geprägt sein würde, das liefe dann irgendwann auf einen Zivilisationsbruch hinaus. Oder ob wir die 2-GradGrenze zwar nicht einhalten, aber die globale Erwärmung immerhin bei vielleicht 3 Grad halten. Auch das hätten dann erhebliche Auswirkungen, etwa beim über viele Jahrhunderte steigenden Meeresspiegel, bei häufigerem und heftigerem Extremwetter, aber es wäre eben nicht die schlimmste denkbare Welt. Es lohnt sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen. Allerdings will ich betonen: Nach dem Klimavertrag von Paris haben wir eine begründete Hoffnung, dass der Ernst der Lage erkannt worden ist. (wl): Sie zeigen sich hinsichtlich des Klimaschutzabkommens von Paris, das völkerrechtlich verbindlich ist, recht optimistisch. Viele denken darüber anders, vor allem vor dem Hintergrund, dass internationale Verträge immer wieder gebrochen werden. Haben Sie da keine Bedenken? Schellnhuber: Wir können uns natürlich nicht zurücklehnen und sagen, in Paris haben wir einen Vertrag abgeschlossen und jetzt wird alles gut. Die Umsetzung des Vertrags wird sich enorm schwierig gestalten. Paris hat zwei Dinge getan: Zum ersten Mal ist ein Narrativ, eine gute Geschichte, von 195 Staaten gemeinsam erzählt worden, das ist schon bemerkenswert. Eine Geschichte davon, wo wir stehen, und wo wir hinwollen. Zum zweiten haben wir hier, anders als bei religiösen oder sozialen Konflikten, jederzeit die Wissenschaft als Richtschnur. Nach Vorträgen und in Diskussionen erlebe ich immer wieder, dass das Publikum die Fakten zum Teil nicht kennt. Wenn ich aber mit objektiven wissenschaftlichen Argumenten darauf hinweisen kann, was unsere Wahl ist, schafft das Klarheit. (wl): Was sollten wir Ihrer Meinung nach jetzt als Erstes tun? Schellnhuber: Schauen wir uns doch einmal den Zustand der Welt an. Wir haben eine seltsame Weltwirtschaftslage, mit Negativ- und Nullzinsen und mit viel Liquidität. Diese sollten wir nutzen und ein großes Investitionsprogramm auflegen, um den Klimaschutz, der uns einiges abverlangen wird, entscheidend voranzubringen. Es würde das größte Investitionsprogramm der Weltgeschichte werden, mit vielen weiteren positiven Effekten. Der Vorgang wäre vergleichbar mit dem der industriellen Revolution, die viele Dinge stark verändert hat und zur Grundlage der Moderne und all ihrer Errungenschaften geworden ist. Ich glaube, dass der Versuch, die Klimabeschlüsse von Paris umzusetzen, eine Win-Win-Situation darstellt. Das wird uns einerseits helfen, die Lebensgrundlagen zu erhalten und nicht das Sparschwein unserer Nachkommen zu plündern. Gleichzeitig wird es eine neue Dynamik unserer Weltwirtschaft erzeugen. Was wird heute nicht alles getan, um das Wachstum anzukurbeln. Deshalb plädiere ich für die „große Transformation“, wie wir das nennen. Sie wird uns einerseits ökologisch dorthin bringen, wo wir sein müssen, aber sie wird wahrscheinlich auch der Moderne quasi ein neues Projekt geben. (wl): Das sind starke Worte, wobei Sie sich auf reichlich dünnem Eis bewegen. Ist das nicht etwas zu visionär? Wer soll Ihnen da folgen? Schellnhuber: In den 1930er Jahren, als Europa immer mehr extremistischen Strömungen zum Opfer fiel, den Kommunisten, Faschisten und so weiter, hat Roosevelt den „New Deal“ ausgerufen, ein Reformpaket mit einer Anhebung des Spitzensteuersatzes und Arbeitsbeschaffungsprogrammen. Der positive Effekt: Die USA sind als einziges entwickeltes Industrieland dem Extremismus nicht verfallen. Auch in unserer Zeit wäre ein solches Projekt etwas, was sozialen Frieden schaffen könnte. Das ist eine schöne Vorstellung, die nicht Realität werden muss, aber ich glaube, es ist ein weiterer wichtiger Grund, den Klimaschutzvertrag von Paris ernst zu nehmen, und dessen Umsetzung zu betreiben. (wl): Kaum sind die ersten Schritte getan, hagelt es Kritik, siehe Klimaschutzplan. Typisch deutsch? Schellnhuber: Wir leben in einer offenen Gesellschaft, und es ist das gute Recht jedes Verbandes, jeder Bürgergruppe und jedes Individuums, sich zu beschweren. Jetzt muss man halt noch einmal in die Debatte gehen. Bisher ist das Ganze nur ein Bauplan, der hoffentlich bald in die notwendigen Gesetze gegossen werden wird. Das wird die Aufgabe der nächste Bundesregierung sein. Bis dahin sollen die Leute schimpfen oder sich über das Eine oder Andere freuen, am Schluss aber sollen alle die Ärmel hochkrempeln und anpacken. (wl): Die CO2-Emissionen Deutschlands machen weltweit einen Anteil von 2,3 % aus. Das bedeutet: Es spielt kaum eine Rolle, ob wir unsere selbstgesteckten Klimaziele erreichen oder nicht. Man könnte deshalb fragen: Geht es nicht vielmehr darum, eine neue Industrie aufzubauen und sich rechtzeitig Marktanteile zu sichern? Dann aber sollte man den Stromverbrauchern, die das bezahlen, auch so sagen. Schellnhuber: Deutschland zählt zu den am höchsten entwickelten Industriegesellschaften, ist sogar Exportweltmeister. Gleichzeitig produzieren wir pro Kopf neun Tonnen CO2. Damit übertreffen wir Länder wie Indien oder China bei weitem. Wir haben auch historisch gesehen einen gehörigen Anteil an der Veränderung des Klimas. Dieses Argument mit den 2,3 Prozent zieht nicht, wenn ich den Pro-Kopf-Anteil rechne. Es wäre auch eine seltsame Betrachtungsweise, dass das, was der Einzelne in einer Gemeinschaft tut, keine Rolle spielen soll. Dann denke ich immer an den Chef, der zu seinen Mitarbeitern sagt, ob du jetzt zur Arbeit kommst und deinen Job erledigst oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle für unser Unternehmen. Es ist natürlich genau umgekehrt, denn man wird von jedem fordern, dass er so gut arbeitet, wie er kann. Also sollte Deutschland verdammt nochmal auch sein Bestes tun. Was Sie zu kommerziellen Aspekt sagten, ist auch richtig. Wenn wir es intelligent anstellen, werden wir nicht nur unserer Verantwortung gerecht, sondern Wettbewerbsvorteile haben. Wer glaubt, dass in 50 Jahren noch mit Kohle gewirtschaftet werden wird, der wird leider auf der Resterampe der Industriegeschichte landen. Ich würde sagen, es ist eine Kombination aus Intelligenz und Moral, die uns dazu bringt, im Klimaschutz Vorreiter zu sein. (wl): Sollten wir in der Zwischenzeit nicht mehr auf Gas statt auf Kohle setzen? Schellnhuber: Wir haben 40 Prozent Strom aus Kohle, aber wir haben in der Tat auch hocheffiziente Gaskraftwerke, die die Aufgabe der Kohle sofort übernehmen könnten. Sie sind grundlastfähig und schnell hochzufahren. Wir können das zusätzlich mit Wärmeerzeugung koppeln. Dass der Schritt „Gas statt Kohle“ überfällig ist, ist jedermann klar. Aber solange wir keinen Preis auf CO2 haben, und auch keinen Preis für all die Gesundheitsschäden, die zurückgehen auf die Abgase aus der Verbrennung von Kohle; und so lange wir gleichzeitig Strom-Gestehungskosten von 2,5 ct pro kWh in der Braunkohle haben – da wird jemand, der nur betriebswirtschaftlich denkt, sagen: na gut, dann nehme ich das schmutzige Zeug und produziere daraus Strom. In dem Moment aber, wo wir einen auch nur geringen Preis für CO2 ansetzen, würde die Kohle sofort rausfliegen. Wenn ich allerdings selbst eine Braunkohlegrube besäße, dann würde ich sie schleunigst verkaufen, denn in zehn Jahren wird sie niemand mehr haben wollen. (wl): Ein funktionierender Emissionshandel würde Ihrer Meinung nach also einiges richten können. Woran hapert es denn? Schellnhuber: Der Emissionshandel hat einen Konstruktionsfehler: Es gibt viel zu viele billige Zertifikate. Es gibt da einen ganz klaren Vorschlag von meinem Kollegen Ottmar Edenhofer. Er hat aufgezeigt, dass ein Mindestpreis für CO2 im Emissionshandel drei gute Dinge tun würde: Er setzt Anreize für die Entwicklung der erneuerbaren Energien, er bestraft die Nutzung fossiler Energien genau entsprechend ihrem CO2-Ausstoß, und er schafft Einnahmen für dringend nötige staatliche Investitionen in Infrastruktur. Wenn so ein Preis klar berechenbar langsam steigt, gibt er Anlegern die Planungssicherheit, die sie brauchen. Zu einer solchen Lösung sollte sich das europäische Politiksystem durchringen, und zwar möglichst schnell. Herr Prof. Schellnhuber, vielen Dank für dieses Gespräch.