DKV-Antworten auf „Fragen an Wissenschaft und Wirtschaft“ unter der Rubrik FORUM in KI 4/2005 Prof. Dr.-Ing. Ulrich Pfeiffenberger Vorsitzender des Deutschen Kälte- und Klimatechnischen Vereins DKV 1. Frage: „Die deutsche Politik hat die Wirtschaft in den letzten Jahren in der Kältemittelfrage in eine nationale Richtung gelenkt, die nun so nicht umgesetzt werden kann. Welche Erwartungshaltung haben Sie gegenüber der Politik in diesem Zusammenhang?“ 1. Antwort: Als DKV-Vorsitzender kann ich nicht bestätigen, dass sich die deutsche Wirtschaft, insbesondere die deutsche Kälte- und Klimatechnik, durch die deutsche Umweltpolitik in der Kältemittelfrage in eine nationale Richtung hat lenken lassen. Auch der wirtschaftlich neutrale und auf technisch-wissenschaftliche Schwerpunkte ausgerichtete DKV hat sich stets gegen nationale Alleingänge, z. B. einem pauschalen Verzicht auf die Nutzung von H-FKW-Kältemitteln qua nationaler Verbotsverordnung ausgesprochen. In zahlreichen technisch-wissenschaftlichen Vorträgen auf den zurückliegenden Deutschen Kälte- und Klima-Tagungen des DKV wurde vielseitig belegt, wo die Stärken, aber auch die Schwächen der natürlichen Kältemittel-Nutzung liegen. An zahllosen Beispielen wurde gezeigt, dass die Auswahl des geeignetsten Kältemittels einzelfallbezogen zu betrachten ist. Zur Erwartungshaltung des DKV: Die deutsche Umweltpolitik sollte sich auf den Nutzen einer fairen Diskussion zurückbesinnen, anstatt nur die den politischen Absichten entsprechenden Einzel-Aussagen von Branchenvertretern zur Kenntnis zu nehmen und diese anschließend als „mit der Branche abgestimmt“ in die offiziellen Verlautbarungen einfließen zu lassen. 2. Frage: „Die Vernunft hat sich offensichtlich auf europäischer Ebene durchgesetzt. Trotzdem steht die langfristige, weiter an der Umweltbelastung zu arbeiten. Was halten Sie für unbedingt erforderlich?“ 2. Antwort: Auf europäischer Ebene hat sich nicht nur die Vernunft durchgesetzt, sondern vor allem der europäische Gedanke. Wesentliche Elemente in der kommenden europäischen F-Gase-Verordnung stützen sich auf Artikel 95 des EG Vertrags, der einen einheitlichen europäischen Binnenmarkt zum Ziel hat. Damit sind nationale Alleingänge mit H-FKW-Verwendungsverboten ausgeschlossen – dies sieht im Übrigen die europäische F-Gase-VO im Bereich der stationären Kälte-Klimatechnik auch nicht vor -, und hierzu haben alle 25 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durch das persönliche Votum ihrer Umweltminister am 14. Oktober 2004 einen gemeinsamen Standpunkt zusammen mit der Europäischen Kommission eingenommen, dem sich auch das Europäische Parlament letztlich anschließen dürfte. Dies schließt nicht aus, dass sich dieser gemeinsame Konsens einmal ändern könnte. Deshalb enthält der Entwurf der EU-F-Gase-VO auch eine Revisionsklausel, die 2 erstmals 4 Jahre nach Inkrafttreten der VO in Anwendung kommt; aus heutiger Sicht also nicht vor dem Jahr 2011. An der Umweltentlastung zu arbeiten, ist keine langfristige, sondern im technischwissenschaftlichen Sinne eine kontinuierliche Aufgabe. Und natürlich sind die hierfür erforderlichen Schritte nicht nur von Herstellern und Betreibern, sondern auch von den Kälteanlagenbauern zu meistern. In diesem Sinne erwarten wir von der Politik vernünftige, mit der Kälte- und Klimatechnik abgestimmte Rahmenbedingungen, damit diese dann auch einen wirklichen Nutzen sowohl für die Umwelt als auch für die gesamte deutsche Volkswirtschaft bringen können. 3. Frage: „In Deutschland sind eine Reihe von Entwicklungen zum Einsatz der natürlichen Kältemittel durchgeführt worden? Sollte daran weiter gearbeitet werden oder halten Sie das Kapitel mit dem Beschluss zur F-Gase-Verordnung für abgeschlossen?“ 3. Antwort: In der Tat wurde in keinem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union – diese Aussage gilt auch für die Skandinavischen Länder – so intensiv und vielseitig an der Nutzung natürlicher Kältemittel gearbeitet, wie gerade hier in Deutschland. Auch dies belegen viele Deutsche Kälte-Klima-Tagungen des DKV seit vielen Jahren. Wir halten es nach wie vor für vernünftig und zwingend notwendig, an der Nutzung natürlicher Kältemittel weiterhin zu arbeiten, was ja gerade derzeit sehr intensiv mit dem „alten“ Kältemittel CO2 geschieht. 4. Frage: „Welche Schwerpunkte für Forschung und Entwicklung sehen unter den neuen Bedingungen als vordringlich an?“ 4. Antwort: Es gibt umweltpolitisch keine neuen Bedingungen. Wir sehen nach wie vor erhebliche Potentiale in Richtung der naheliegenden und technisch machbaren Lösungsansätze, die seit Jahren bekannt sind. Hierzu gehören die Leckdichtheit des Kältemittelkreislaufs und der Energieaufwand beim Betrieb von Kälte- und Klimaanlagen. Schließlich hat die Umweltpolitik nach wie vor die Kernfrage der gesamten Kälte-Klima-Branche zu beantworten, nämlich die staatliche Vorschrift zur Wartungspflicht. Hiermit ließe sich am schnellsten bis zu 30 % Energie einsparen, wie dies in den entsprechenden DKVForschungs- und Statusberichten hinlänglich aufgezeigt wurde. Fragen an die Politik Ernst Robert Fricke YORK Deutschland GmbH 3 D-24941 Flensburg zu 1 Deutschland ist Teil der globalen Wirtschaft in der umweltrelevante Verbesserungen entweder durch steuerpolitische Anreize (Windkraft/Kfz-Emissionen) oder durch Gesetzeskraft (FCKW-Halon-Verbotsverordnung) erzielt werden. Es ist zu vermuten, dass durch die zunehmende Bedeutung der globalen Erwärmung im Bewusstsein von Bevölkerung und Politik, eher eine neue gesetzliche Regelung auf Basis einer EU-Richtlinie auf den Tisch kommt, als dass auf freiwilliger Basis Wirkungen erzielt werden. zu 2 Wenn in Deutschland die F-Gase-Verordnung strikt angewendet wird, ist man europaweit schon an der Spitze, wie die Praxis bei der Interpretation anderer EURichtlinien in anderen EU-Ländern zeigt. zu 3 Ein großes Potential in der Reduzierung des Energiebedarfs liegt in der Vermeidung des konsumtiven Verbrauchers von Energie. Die Kälteindustrie ist mit dem Bau von Skihallen, Eispisten, Klimaanlage für den Wohnbereich, PKW-Klimaanlagen usw. zur Zeit noch an der Steigerung des Energieverbrauches stärker beteiligt, als sie mit dem Bau von Wärmepumpen an dessen Reduzierung partizipiert. Grundsätzlich sollte die Anlagengröße mit dem realistischen Kältebedarf abgestimmt werden und ein Optimum zwischen Energieverbrauch und Investition getroffen werden. zu 4 Unternehmen, die innovativ sind, werden immer durch die Anhäufung von technologischem Wissen einen wirtschaftlichen Vorsprung vor anderen Unternehmen haben. Die Entwicklung zum Ausstieg aus der Anwendung vorn F-Gasen ist auf dem Weg, eine Umkehr wird es in Europa nicht geben, höchstens eine vorübergehende Verlangsamung. zu 5 Die Entwicklung zu den natürlichen Kältemitteln ist im Gange und nicht umkehrbar.