Beobachtungen zu Brutpflege und intersexuellem Verhalten - vor und während der Balz einer unbestimmten Zwerg-Crenicichla-Art - Uwe Römer Unter den,,räuberischen" Cichliden erfreuen sich in den letzten Jahren die klernen Arten der GattungCrenicichla zunehmender Beliebtheit, was sich auch an den Beiträgen in der wissenschaftlichen und aquaristischen Literatur erkennen läßt (zum Beispiel Kullander 1990, Ploeg 1989, Stawikowski & Warzel 1991, Windisch 1991). Trotz der Literaturfülle (oder vielleicht gerade deshalb?) ist es für den Liebhaber außerordentlich problematisch , Zwerg-Crenicichla im Aquarium sicher einer Art zuzuordnen. zumal selbst die Taxonomen dabei erhebliche Probleme zu haben scheinen, wie einige Aquarianer schon erfahren konnten, aber sogar in einer Erstbeschreibung von Ploeg (1989) nachzulesen ist! So ist auch die Identität einer von mir gepflegten Art nicht gesichert, obwohl sie mir von einem niederländischen Händler unter der Bezeichnung Crenicichla wallacii angeboten wurde. Die größte Ahnlichkeit weist die Art zu einer noch unbeschriebenen Species aus Venezuela auf, die 1990 durch Uwe Werner importiert worden ist. Dabei ist nicht einmal sicher, welcher Gruppe unter den Zwerg-Crenicichla die Tiere angehören. Obwohl einige Merkmale a:uf die notophthalmus-Grtppe hinweisen, gibt es auch andere, die eher aufeine nahe Verwandtschaft zu C. heckeliPloeg, 1989 hinweisen. Ich möchte diese Frage hier nicht klären, sondern auf die Ploblematik der Identifizierung verweisen, die meines Erachtens doch nicht so einfach zu sein scheint, wie das ja auch aus dem Beitrag von Wolfgang Windisch (1991 a) sehr deutlich hervorgeht. Erschwert wird die Identifizierung auch durch den Umstand, daß die Erstbeschreibungen von C. heckeli und C. reganiP\oeg, 1989 außerordentlich kurz sind und außer den wenig hilfreichen Abbildungen zweier ,,Schnapsleichen" keine Darstellungen, etwa von lebenden Exemplaren der beschriebenen Arten, enthalten. Zlsdtzlich weisen sie einige Mängel auf, auf die Kullander (1990) ausführlich eingeht. Außerdem sei angemerkt, daß auch die von Ploeg beigefügte Tabelle biometrischer Daten offensichtliche Fehler enthält: Die erhobenen Maße werden wie üblich in Prozent der Standardlänge (SL) angegeben. Die Tota1länge sollte 100 f x Prozent betragen, da sie sich bekannr lich aus SL zuzüglich der Caudallänge zusammensetzt. In der Tabelle erscheinen als Prozent-Werte für diesen Parameter 22,2 (2I,4 -24,1) fijrr C . heckeli und 25,3 (24,0 - @ r."*r" " ,r) ,r e2: t-t2 25 ,l fnr C. regani. wwde hier fehlerhaft gerechnet oder schlicht und ergreifend die I vor den entsprechendetZahlen vergessen? * Eingedenk dieser umstände rnöchte ich die Art weiterhin als crenicichhT spec. bezeichnen. Einige Beobachtungen an diesen Tieren möchte ich hier wiedergeben, da sich meines wissens b.isher keine entsprechenden Darstellungen in der Literatur fin- den. Das gilt vor allem für die Bewegungsabläufe während der Brutpflege innerhalb der Br-uthöhle. Die Beobachtungen waren nur mög1ich, weil die Zuchttiere Aktivitäten vor ihrem pflebehälter gewohnt waren und außerdem nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Eiablage bestanden. Die Fische, die keine besonderen Anforderungen an die Aquarieneinrichtung stellen, sofern eine dünne Fallaubschicht eingebracht wird, konnten zwischen dr-ei Tonrohren von etwa 25 zentimeterLitnge und acht Zentimeter.Durchmesser als Brutplatz wählen. Diese Rohre ermöglichten einen optimalen Einblick in alle Brutpflegephasen. zrsätzrich war durch ein Beleuchtungsprogramm dafür gesorgt, daß rund urn die Uhr genügend Licht für Beobachtungen vorhanden war. Ein wichtiger Beitrag zurn Gelingen der Zucht bestand offenbar auch in der Anwesen- heit einiger Feindfische, hier Crenuchus s;pilurus und verschiedene Apistogromma. Gefüttert wurde während der Zucht ausschließlich mit den NaupJien yon Artentia salinarnd lebenden Guppys, obwohl die Tiere auch gern Trockenfuttel annehr-nen. Die Haltung von crenicichla spec. erfordert allerdings ein besonderes -\ugenmerk auf den wasserchemismus, da die Tiere doch etwas extreme Ansprtiche haben. um sich wirklich wohl zu fühlen, benötigen sie Wasser mit einer Häne r1.1 unter I Grad dH (KH und GH). Der Leitwert sollte Lrnter 20 Mikro-siemen.. rier pH z-.,. 1..-he n 5 und 5,5 und die Wassertemperatur zwischen 16 und 18 Grad C '.::_. :i,-il euch FreS,hof [:scr 1986 und Windisch l99l a). \\-eichen die Pt-lese:e: r.-_--_:=.: , r: :-e.en Werten merklich ab. qtLittieren die Tiere da: durch .r- r ,_. , i-:.r - --: -- r:,'hert ron Unwohlsein. etu,a durch Flossentlemmen Sch.uie-- .. : _. --r : -.tllu\t. Verhalten vor der Balz Männchen und Weibchen halten außerhalb der Brurp,-=:.:,. -: : : -.lenTei] des von ihnen bewohnten Aquariums besetzt. go5e, R-._= : - . --:rCen die Regel sind. Die Einzel-Reviere werden gegen alle Beckenmitbev. ! :t:.: :-- _ :- _. ::;tnss nicht sehr heftig. Andere Fische dürfen sich in den rrirtlirc: ___ tr : ,1.::i lchichten aufhalten,ohneständigangegriffenzuwerden.DieH;::.,- - ::- _-: >_:tiidenaber deutlich zwischen verschiedenen Gruppen ron Fe-::-.:.-.=- -c : . lt.clltnTaArten am heftigsten verfolgt werden. *)AnnrerkungderRedaktion:Esistnatürlichschwicrigherau_.Z::r:: rLnd Binren miteinatder verglejcht Röilers Tiere sind rrece: f -:- . _.. : .,r::.:Aplel - :@i Bruthöhle von Crenicichla spec., ein Tonrohr von acht Zentimeter Durchmesser Die NichrUberschneidungsbereiche (,,Kernreviere") der Einzelreviere werden auch gegenüber Artgenossen verteidigt, die Uberschneidungsbereiche (,,Kontaktreviere") dagegen nicht. Beide Revier-Untereinheiten unterscheiden sich klar in ihrer Funktion: In den Kernrevieren findet überwiegend Beuteerwerb statt (vor allem Poecilia reticulata und Artemia-Narplien, aber auch Jungfische von Apistogramma). Im Kontaktrevier hingegen spielt sich eine Reihe von Interaktionen zwischen Männchen und Weibchen ab. Wenn sich zwei Tiere dort begegnen, drehen sie sich seitlich in Parallelstellung. Nun klappt das Männchen die Dorsale hoch, spreizt Ventrale (einseitig!), Anale und Caudale (Vergrößerung des Körperumrisses) , zeigt zusätzlich deutlich hervorgehoben sern Lateralband und die Rückenbänder; außerdem färben sich die roten und blauen Flossenmarkiemngen besonders intensiv (Kontrastverstärkung der Färbung). Dieser im folgenden von mir als ,,Imponierverhalten" bezeichnete Verhaltensablauf wird vom Weibchen beantwortet, indem es mit der Dorsale ein bis zwei Sekunden lang ,,flattert" (schnelles Auf- und Abklappen der Dorsalstacheln), dann deren vorderes Drittel anlegt und den Rest aufstellt. Ich bezeichne dieses Verhalten als ,,nicht aggressives Territorialverhalten", da es in dieser Form ausschließlich bei Begegnungen an der Reviergrenze zu beobachten war. @rao,rro 23 (l) teez: t-t2 Ublicherweise drehen nun beide Tiere in ihr eigenes Kernrevier ab. Gelegentlich entwickelt sich aus der beschriebenen Situation aber eine weitergehende Auseinandersetzung, bei der das Männchen Imponierverhalten zeigt, das vom Weibchen nun ebenfalls mit Imponierverhalten beantwortet wird. Es entspricht im Ablauf vollständig dem des Männchens (wirkt aber auf Grund der Flossenzeichnung des Weibchens für den Betrachter noch eindrucksvoller). Das Männchen beginnt darauf"hin, langsam über seine Körperlängsachse nach vorn ,,abzukippen" und sich so (in ,,Kopfstehposition") Iangsam dem Weibchen frontal zuzudrehen. Gleichzeitig ftirben sich die Rückenbänder fast schwarz (Kontrastverstärkung), während sich die sonstige Färbung kaum verändert. Für das Weibchen ergeben sich zwei Reaktionsmöglichkeiten auf dieses Verhalten. Die erste besteht darin, alle Flossen anzulegen, nach hinten über die Köperlängsachse abzukippen (,,Pirouettenstellung") und dem Männchen dabei langsam den Bauch zuzudrehen. Hierdurch wird für das Männchen der nun zusätzlich farblich verstärkte blutrote Analstrich und -fleck sichtbar, eine interessante Zeichnungs- und Verhaltensparallele zu den Arten der Gattung Ap istogramma, auf die ich im Zusammenhang mit Interaktionen zwischen beiden Artengruppen an anderer Stel1e noch zurückkommen werde. Die Pirouettenstellung kennzeichnet offenbar die Position des unterlegenen Tieres einer Auseinandersetzung und ist nicht geschlechtsspezifisch, da sie in entsprechender Situation auch vom Männchen eingenommen werden kann. In der beschriebenen Situation dreht das Männchen nun wieder in die Paratlelstellung zum Weibchen, worauf dieses, die Pirouettenstellung beibehaltend, in sein Kernrevier zurückschwimmt. Erst dort nimmt das Tier wieder seine normale Schwimmposition eln. Alternativ dazu kann das Weibchen ebenfalls die Kopfstehposition einnehmen. Es kann sie in einer gleichmäßigen, langsam gleitenden Bewegung erreichen oder ,,wedelnd" durch Auf- und Abwippen, etwa wie das von Taeniacara candidiMyers, 1935 bekannt ist. Allerdings erfolgt dieses ,,Wedeln" bei Crerticichla spec. deutlich langsamer als bei I. candidi. Bemerkenswert erscheint. daß auch das Auf- und Abklappen der Flossen bei dieser Bewegungsform im Ablauf fast r'öIlig mit dem bei I. candidibeobachtbaren Verhalten übereinstimmt. Zttsätzlich führt das Weibchen hierbei kräftige Schwanzflossenschläge in Richtung Männchen aus. Nach meinen Beobachtungen stellt die nietzt beschriebene Verhaltensweise des Weibchens die höchste Stufe des vor einem Beißkampf ablautenden intraspezifischintersexuellen Aggressionsverhaltens dar. Sie führt in fast allen Fällen zu einer Dominanz des Weibchens. Bei den von mir beobachteten Fischen drehte in solchen Situationen bisher immer (!) das Männchen in sein Revier ab. rr ährend das Weibchen noch ernigeZeit (bis zu sechs Minuten) in seiner Position rerhame. Erreichte das Weibchen die Kopfstehposition hin-uegen in kontinuierlicher Bewegung, so drehten beide Fische in ihre Kernreviere ab, was ir oN eher als eine -\rt ..Unentschieden" im Konflikt gewertet werden kann. @ Crenicichla spec., Männchen in Brut- pflegefärbung; die Rückenbänder signalisieren leicht aggressive Stimmung Verfblgungen des Unterlegenen durch den Sieger konnte ich ebenso wie Beißkämpfe nur äußerst selten beobachten, übrigens stets in Situationen, in denen kurz zuvor eine Fütterung stattgefunden hatte. Wirkliche Beschädigungsangriffe gegenüber Artgenossen konnte ich nicht feststellen, eine Beobachtung, die in deutlichem Widerspruch zu einigen anderen Berichten über kleine Crenicichla-Arten steht (zum Beispiel Schaefer 1991, Warzel 1991), von Wolfgang Windisch in ähnlicher Form aber bestätigt werden konnte (persönliche Mitteilung). Die ausgeprägte ,,Ritualisierung" der meisten Verhaitensweisen aus dem aggressiven Kontext dieser wehrhaften Cichliden ist sicher für die Vermeidung ernsthafterer Kämpfe verantwortlich. Daß immer wieder gegenteilige Beobachtungen aus Aquarien berichtet wird, könnte meines Erachtens in mehr oder weniger ungeeigneten Pflegebedingungen seine Ursache haben (siehe oben). Verhalten während der Balz AlIe Formen aggressiven Verhaltens ton Crenicichla spec. treten während der Balzphase wieder auf, allerdings meist in deutlich abgewandelter Weise. Wenn die äußeren Bedingungen optimal sind (neben den wasserchemischen vor allem die Ernährungssituation), setzt das Weibchen Laich an. Die nun dick vorgewölbte Bauchregion färbt sich stimmungsabhängig gelborange bis lachsrot, wobei Analfleck und Analstrich tiefrot abgesetzt sind. Die Zeichnung der Dorsale wird intensiver; vor allem zieht sich der rote Mittelstreifen jetzt durch die gesamte Flosse. Sobald das Weibchen dem Männchen in dieser Färbung im Kontaktrevier begegnet, geht dessen Imponierverhalten nach und nach in das Balzverhalten über, das etwa nach folgendem Muster abläuft: Bei der Begegnung zeigt das Männchen in Paralle.lstellung @rao-rrfo 23 (1) tee2: t-12 zur Partnerin Imponierverhalten, ,,flattert" aber im Gegensatz zum Kampfverhalten immer wieder langsam mit dem vorderen Teil der Dorsale (von mir als ,,Balz-Imponieren" bezeichnet). Das Weibchen zeigt darauflrin ebenfalls Imponierverhalten, bei dem es sich aber langsam seitlich um die Körperlängsachse dreht, bis die Bauchregion für das Männchen deutlich sichtbar ist. Daraufhin erfolgt häufig schon zu diesem Zeitpunkt Parallelschwimmen des Paares durch das Gesamtrevier, das aus den beiden Kernrevieren und dem Kontaktrevier besteht. Dabei werden alle potentiellen Eiablageplätze von den Tieren inspiziert. Auch erfolgen erste gemeinsame Angriffe auf Feindfische. Ist die Synchronisation des Paares aber noch nicht eneicht, kann nach dem Balz-Imponieren noch die Kopfstehposition vom Männchen eingenommen werden. Sie wird vom Weibchen durch eine modifizierte Pirouettenstellung beantwoftet: Es legt in dieser Körperhaltung nicht wie im Territorialkonflikt die Flossen an, sondern spreizt sie extrem ab. Gleichzeitig werden noch einmal alle Körperzeichnungen und -farben besonders verstärkt. Ist das Männchen zu diesem Zeitpunkt noch nicht paarungsbereit, beantwortet es dieses Verhalten mit Schwanzschlagen, worauf beide Tiere in ihre Kemreviere abdrehen. Ist aber die Paarungsbereitschaft vorhanden, so folgt das Männchen nun der in ihr Ken-rrevier abschwimmenden Partnerin, um nach ktrzer Zeit mit ihr parallel schwimmend dieses Revier zu inspizieren. Erst danach wird auch das Revier des Männchens angeschwommen. Die Synchronisationsphase bis zur ersten gemeinsamen Revierinspektion kann selbst bei ein und demselben Paar zwischen wenigen Stunden bis zu mehreren Wochen in Anspruch nehmen. Ist aber die Paarbildung erst einmal erreicht. dauert es bis zum Ablaichen meist nur noch wenige Tage. In dieser Zeit werden alle Höhlen im Pflegebehälter gründlich untersucht. bis schließlich eine bestimmte a1s Laichplatz ausgewählt wird. Etwa zs'ei bis drei Tage vor dem Ablaichen beginnt das Weibchen mit der Säuberun-u der Höhlen* ände. Im Gegensatz zu Windisch (1991 b) konnte ich trotz intensiver Beobachtungen bisher niemals die Säuberung der Bruthöhle durch das Männchen feststellen. \\-ie ist das eigentlich bei anderen Crenicichla? Bemerkenswert erscheint mir, daß auch ich wie W. \\-rndisch t 1991 b r einen sofortigen Abbruch jeglichen Fortpflanzungsverhaltens beobachten konnte . s'em ich einen Teilwasserwechsel durchführte. Daß hierfür die wasserchemischen Veränderungen und nicht etwa die Störungen durch das Wasserwechseln r-erannr ordich s'aren. konnte ich durch einen einfachen Test belegen. Hierbei war der gesamte \blauf der Manipulationen am Becken mit denen beim sonstigen Wassenr-echsel idend*-h- doch wurde kein Frischwasser zugegeben, sondern das zuvor abgeias-ne -\quarienuasser. In diesem FallwarkeineBalzunterbrechungzuverzeichnen. sondernd;sPa.arlaichtek-urzdarauf ab! DCC-ui l-: - l99l: l-12 \-/ ftts Schematische Skizze der Entwicklungsstadien der ßrut von Crenicichla spec. innerhalb der Bruthöhle (siehe Foto Seite 3), von rechts nach links: Erster Entwicklungstag: Ei, nach fünf bis sechs Stunden sind die Polkäppchen sichtbar Vierter bis fünfter Entwicklungstag: Larve, mit fadenförmigem Haftorgan an der Höhlendecke befestigt Sechster bis siebter Entwicklungstag: Larve, bereits deutliche Körperstreckung und Pigmentierung der Augenregion sichtbar Neunter bis zehnter Entwicklungstag: Larve, Fischgestalt und Augen bereits gut entwickelt, zwei dunkle Flecke im Kopf- und Schwanzwurzelbereich Zeichnung (nach Beobachtungen und Fotos) und Fotos: Römer ,r5\) (llll,tF DCC-lnlo 23 (l) 1992: t-12 Crenicichla spec., Weibchen bei der Brutpflege; der rote Streifen in der Rückenflosse ist nur während der Brutpflege über die gesamte Flossenlänge ausgedehnt Beobachtungen in der Bruthöhle Der Eiablage geht eine zwei- bis dreistündige intensive Balzphase voraus, in der sich die Partner nicht mehr voneinander trennen. A1le Aktivitäten im Revier und bei dessen Verteidigung werden gemeinsam ausgeführt. In dieser Phase ist die Laichpapille des Weibchens deutlich hervorgetreten, der Bauch intensiv weinrot eingefärbt. Ab etwa einer halben Stunde vor der Ablage des ersten Eies verläßt das Weibchen die Laichhöhle nicht mehr. Nur das Männchen erscheint noch ausnahmsweise. etwa um sekundenlange Ausfälle gegenüber Feindfischen auszuführen. Innerhalb der Höhle konnte sich das Männchen kaum drehen, so daß es häufiger rückwärts hineinschwamm (vergleiche Windisch 1991 b). Das Weibchen begann, sobald sich der Partner in der Höhle befand, auf den Rücken gedreht Scheinlaichbewegungen auszuführen, bei denen es sich mit schlängelnden Bewegungen über die Unterlage, die Höhlendecke, bewegte. Sobald es wieder in die Normallage zurückkehlte, reagierte das Männchen mit heftigem seitlichen Kopfrucken und Zittem der vo1l abgespreizten Flossen. Diese Verhaltenssequenz dient bekanntlich auch bei anderen Cichlidenarten der Besamung des Geleges.Gelegentlich waren in dieser Situation auch leichte seitlich gerichtete Schwanzflossenschläge des Weibchens zu beobachten. Ob sie später während der Eiablage bei der Verleilung der Spermien in der Bruthöhle eine Funktion haben. kann nur vermutet werden. Die Eiablage zog sich bei den von mir beobachteten Tieren über einen bemerkenswert langen Zeitlaum hin: Zwischen der Ablage des ersten und des letzten Eies vergingen mindestens viereinhalb, meist sogar über sechs Stunden! In dleser Phase konnte ich bisher nie das Verlassen der Bruthöhle durch einen der Partner beobachten. Feindfi- DCG-Info 23 (l) 1992:1 12 @ sche wurden durch Bisse nur am Eindringen in die HöhIe gehindert, aber nicht verfolgt. Während der Eiablage bringt das Weibchen im Abstand von wenigen Minuten jeweils ein bis fünfEier an der Höhlendecke an. Größere ,,Eischübe" konnte ich bisher nicht beobachten. Die weißlich-gelben p-Typ-Eier sind relativ groß, nämlich rund vier Millimeter lang, bei einem Durchmesser von fast zwei Millimetern. Das auf einer Fläche von etwa acht mal fünf Zentimetern dicht angeordnete Gelege umfaßt zwischen 100 und 350 (!) Eier, abhängig von Alter, Größe und Ernährungszustand des Weibchens. Das Männchen besamt die Eier sofort nach der Ablage, wobei es sich anders als bei der vorausgegangenen ,,Höhlenbalz" ebenfalls auf den Rücken dreht und ähnlich wie das Weibchen über das Gelege bewegt. Etwa eine halbe Stunde nach dem Ende des Laichvorganges verläßt das Männchen zum ersten Mal wieder die Höh-le, um gleich mit intensiven Verffeibungsaktionen gegenüber den Aquarienmitbewohnern zu beginnen. Einige Zeit später erscheint auch das Weibchen wieder. Beide Tiere zeigen jetztnrcht mehr das dunkle Lateralband, sondern eine bläulich-silbergraue Flankenzeichnung. Sobald sich die Tiere im Becken begegnen, spreizen sie alle Flossen, aufdenen nun auch beim Männchen die roten und blauen Säume deutlich hervorffeten. Während der nunfolgendenVerteidigung des Brutareals unterscheiden sich die Partner deutlich. Während das Männchen relativ ruhig im Zentrum oder am Eingang der Höhle steht, unternimmt das Weibchen ausgedehnte Streifzüge an die Reviergrenzen, um Feinde abzuwehren. Es zeigt dabei zunächst Imponierverhalten, das häufig schon zur Vertreibung des Gegners ausreicht. Beißangriffen aluf die Apistogramma geht stets kurzes Kopfstehen votaus. Ziele der Angriffe durch das Weibchen sind vor allem die Caudale und die Flanke des Feindfisches. Nach erfolgreicher Verteidigung kehrt das Weibchen in die Bruthöhle zurück, um sich dort der Gelegepflege zu widmen. Die Eier werden dabei nach der auch von Apisto- gramma bekannten Art mit dem Maul geputzt (Vergleiche Koslowski 1985). Dazu dreht sich die Mutter etwas auf die Seite, um mit seitlich abgewinkeltem Kopf an die Eier heranreichen zu können. Auf diese Weise wird jedes Ei etwa ein- bis zweimal pro Stunde geputzt. Die Entwicklung des Geleges dauerl relativ lange, gemessen an den Entwicklungszeiten von Apistogramma-Gelegen. Nach rund fünf Stunden sind auf den Eiern bereits deutlich Polkäppchen zu erkennen, doch eine weitere Entwick-lung ist erst nach mindestens vier Tagen zu beobachten. Bei Wasserwerten um zehn Mikrosiemens, pH 5,5 und 28 Grad C kann man nach etwa 95 Stunden deutliche Bewegungen der Eier erkennen. Der Schlupf der Larven erfolgt nach 100 bis 1 10 Stunden. Dabei werden sie im Verlaufe von drei bis vier Stunden vom Weibchen aus den Eihüllen ,,gekaut". Anschließend werden sie mit Hilfe eines am Kopfbereich befindlichen f?idigen Haftorganes an die Seite und die Decke der Höhle geheftet. Dies geschieht durch wiederholtes Spucken der Larve gegen das Haftsub- @rao-,nro 23 ttt t9e2: t-t2 strat. Sobald alle Larven geschlüpft sind, frißt das Weibchen die zurückgebliebenen Eihüllen. Der Zeitpunkt des Larvenschlupfes kann übrigens gut über das Verhalten der Eltern ermittelt werden, auch wenn man den Brutraum nicht einsehen kann. Etwa zwei bis drei Stunden vor Schlupfbeginn fangen beide Eltern damit an, jeden anderen Beckenmitbewohner rabiat zu jagen. Hierbei verzichten sie vollständig auf die sonst beobachtbaren Drohgebärden und führen ununterbrochen Beschädigungsangriffe aus. Besonders das Männchen wird zum regelrechten ,,rasenden" Tyrannen. Mehrere ausgewachsene Papiliochromis altispinosa (Haseman, 1911) büßten im Verlauf dieser Angriffe den größten Teil ihrer Schwanz- und Rückenflossen ein. Sobald alle Larven geschlüpft sind, flachen diese Aktivitäten aber schnell wieder ab. Die weitere Entwicklungszeit der Larven, während der sie vom Weibchen regelmäßig ins Maul genommen, ,,durchgekaut" und wieder an erhöhter Stelle aufgehängt werden, beträgt noch einmal gut 150 Stunden bis zum Freischwimmen. Insgesamt dauert der Aufenthalt in der Bruthöhle also zehn bis (meist) elf Tage, eine Entwicklungsdauer, die auch von Freyhof (1986) angegeben wird. Windisch stellte demgegenüber unabhängig von der Wassertemperatur regelmäßig einen Entwick-lungszeitraum von etwa neun Tagen bei C . re gani fest (persönliche Mitteilung) . Während der gesamten Entwicklungszeit der Larven hält sich das Weibchen etwa 50 Prozent der Zert innerhalb der Höhle auf. Den Rest verbringt es überwiegend mit der Nahr-ungsaufnahme. Revierverteidigung betreibt es nur noch im unmittelbaren Höhlenumkreis. Bei Abwesenheit des Weibchens wird die Bruthöh,le vom Männchen bewacht, und zwar so lange, bis es durch das anschwimmende Weibchen vom Eingang abgedrängt wird. Am sechsten bis siebten Entwicklungstag ist deutlich eine Streckung der Larve zu erkennen, ebenso werden die ersten dunklen Pigmentflecken im Bereich des späteren Auges sichtbar, Am neunten bis zehnten Entwicklungstag hat die Larve bereits deutli che Jungfischgestalt, gut entwickelte Augen und zeigt auf der Kopfseite und auf dem Schwanzstiel jeweils einen graubraunen Fleck. Zu diesem Zeitpunkt wird die einsetzende Rückbildung des Haftorganes erkennbar. Am Beginn des elften Entwicklungstages 1ösen sich die ersten Jungfische von der Unterlage, die sie aber weiterhin unausgesetzt anschwimmen. Dre AbIösung aller Jungen von der Höhlenwand dauert zwischen 6 und 15 Stunden. Erst danach verlassen die Jungen gemeinsam mit dem Weibchen die Bruthöhle. Ausreißer. die früher hinausschwimmen, werden von beiden Eltern ins Maul genommen und *,ieder in den Brut- raum zurückgespuckt. Anders als von Windisch (1991 b) beobachtet. trueen die Jun_rhsche beim Verlassen der Höhle noch kein Längsband, sondern das beschriebene Fleckenmuster. Das Lateralband entwickelt sich erst im Verlauf der nächsten ftinf bis sechs Entwicklungstage bei allen Jungfischen. So lange dauert es auch. bis die Rückbildun_s des larvalen Haftorganes abgeschlossen ist. 10 DCG-lnrb l-1 ( 1t 1992: 1-12@ Alle Bruten vorl Crenicichla spec. waren relativ produktiv, denn etwa 100 bis 150 Jungfische waren das durchschnittliche Ergebnis. Anders als im Bericht von Windisch (1991 b) dargestellt, deuten meine Zuchterfahrungen eher daraufhin, daß bei ZwergCrenicichla doch deutlich höhere Jungfischzahlen zu erwarten sind (vergleiche auch Freyhof 1986). Wolfgang Windisch hat mir zwischenzeitlich berichten können, daß seine Zwerg-Crenicichla mittlerweile ebenfalls größere Bruten produzieren. Die Betreuung der Brut durch die Eltern nach dem Verlassen der Bruthöhle unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was von Feyhof (1986) und Windisch (1991 b) berichtet worden ist. Allerdings möchte ich eine wiederholt beobachtete Verhaltensweise der von mir gehaltenen Tiere nicht unerwähnt lassen, die mich doch etwas überrascht hat. Sie soll auch andere Halter von Zwerg-Crenicichla a:uf ungewöhnliche Verhaltensmöglichkeiten hinweisen sowie zur Dokumentation solcher Beobachtungen anregen. Die jungen Crenicichla spec. erhalten mittags und abends eine größere Portion Artemla-Nauplien, morgens aber kein Futter. Zu diesemZertpunkt erfolgt die Fütterung der Eltern mit Guppys. Wiederholt konnte ich beobachten, wie ein brutpflegendes Männchen zunächst einige Fische verzehrte, dann aber mit einem Beutetier in die Nähe der Jungfische schwamm. Dort führte es in ruhiger Körperhaltung heftig kauende und mahlende Bewegungen der Kiefer durch. Nach etwa zwei bis drei Minuten schwamm es dann in das Zentrum des Jungfischschwarmes und führte spuckende Bewegungen aus. Nach einigen Sekunden erschien nicht, wie ich erwartet hatte, der Beutefisch mehr oder weniger unversehrt, sondern als völlig zerschrotete ,,Wolke" von Fleischstückchen. Lediglich der Kopf war regelmäßig unversehrt. Die Jungfische fielen sofort gierig über diese Fischstückchen her und verzehrten sie innerhalb weniger Minuten fast vollständig. Diese Verhaltensweise konnte ich bisher bei keinem Weibchen beobachten, ebenso nicht bei Männchen außerhalb der Brutpflegephase. Literatur Evers, H Freyhof, -G (1989): J (1986): Kullander, S A O (1990): Credcichla notophthalmus DCG-Infomationen 20: 184 - 186 Nachzucht des Zwerg-Hechtcichliden Crenicichla wallacii (?) Dcc-Infomationen 17: 11 - 15 A new species of Crenjcichla (Teleostei: Cichlidae) from the Rio Tapajos, Brasil, with comments on itrlefielationships of small crenicich]ine cichlids lchthyol Explor FreshwaErs 1: 85 - 93 Zwei neue Arten der Gattutrg Crenicichla Heckel, 1840 aus dem Anazonasbecken Brasiliea DATZ 42:163 - 161 Zwerg-Creoicichla - Haltepunkte eines Kennenlemens Keine Zucht Schaefer, C (1991): DCG-Informationen 22: 112 - 174 Stawikowski, R, &F Wilzel(1991): JacundädoTocantins DATZ44:516- 519&575 - 581 Warzel, F (1991): Crenicichla compressiceps Ploeg, 1986 In: Konings, A : Das Cichlidenjahrbuch St Leon-Rot: 86 Zwerg-Crenicichla - Stalionen eines Kenoenlemens DCG-Iofomationen 22: 5 - 15 Windisch, W (1991 a) Crenicichla regani - die Zucht Dcc-Infotfratioaea22:2'7 - 35 - (r99r b): Ploeg, (1989): @r.o-,,,ro 23 t1) 1992: l-12 l1 Nachsatz Nach Fertigstellung des Manuskriptes erschien ein Beitrag von uwe werner ( 1991), in dem er Crenicichla regani atsführlich vorstellt. Der vergleich mit den von mir gehaltenen Crenicichla spec. deutet darauf hin, daß diese Formen nicht identisch sind. Besonders die von werner geschilderten verhaltensbeobachtungen während der Balz und Brutpflege sind im vergleich zu den hier dargestellten bemerkenswert. sie unterscheiden sich deutlich voneinander, was die Annahme bestätigt, daß auch in dieser Gattung verhaltensbeobachtungen ftir die Artdiagnose von größerer Bedeutung sein dürften, obwohl dies im taxonomischen Bereich bisher keinen entsprechenden Niederschlag gefunden hat. Uwe Werner konnte auch die Brutpflege und Gelegeentwicklung beobachten. Wichtige Unterschiede zwischen den von ihm und von mir beobachteten Zwerg-Hechtbuntbarschenwerdendabeideutlich: Bei C. reganibeträgtdieZeitbis zumLarvenschlupf nur drei Tage, bis zur ersten koordinierten Schwimmbewegung (,,Freischwimmen") nur vier Tage. Die letzte Zeitangabe ist allerdings ungenau, da Werner die Jungen künstlich atfzog. Der für mich bedeutende umstand ist jedoch, daß werner offenbar keine Haftorgane bei den Jungen registrierl hat. Es ist kaum anzunehmen, daß er sie übersehen hat [? Redaktionl . Da somit zu diesem bedeutenden Punkt der Larvalentwicklung (wie schon beim verhalten) voneinander abweichende Beobachtungen vorliegen, erscheinen weitere eingehende Untersuchungen an Zwerg-Crenicichla dringend erforderlich. - Literatur Werner, U (1991): Ein Zwerg, der riesig ankommt: Crenicichla regani PJoeg, 1989 DÄTZ 44: 624 - 62'7 Ergänzung zu ,,Cichliden in der Wissenschaft6 6 DCG-Info lllgl Martin W. Hahn Im Novemberheft rezensierte stefan Brennig eine Rezension aus der Zeitschrift ,,Spektrum der Wissenschaft", die sich mit einer Veröffentlichung in dem renommierten britischen Wissenschafts-Magazin Nature befaßt. Die in Nature erschienene Arbeit von Meyer, Kocher, Basasibwaki und wilson befaßt sich mit den VerwandtschaftsverhäItnissen bei ostafrikanischen und insbesondere bei I2 DCG-Info 23 (t) 1992: 12-t5 @