„Zwischen Himmel und Erde“ Konzeption/Konzeptionszündung Diplomarbeit Regina Studer, Weidweg 7, Giswil Atma CranioSacral Institut, Dorothee van de Poll, Münchenstein, 2011 – 2014 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ………………………………………………………………………………. 01 2. Universum, Herkunft, Evolution ……………………………………………………… 01 3. Konzeption – aus der Sicht der dynamischen Morphologie ………………………. 03 4. Konzeptionszündung – als Übergang aus der Stille zum physischen Körper …... 07 5. Konzeption – Prägung ………………………………………………………………… 15 6. Erkenntnisse …………………………………………………………………………… 17 7. Vision für meine Arbeit als Craniosacral-Therapeutin …………………………….. 19 8. Dank ……………………………………………………………………………………. 21 9. Literaturverzeichnis/Abbildungsverzeichnis ……………………………………….. 21 1. Einleitung Die Basisausbildung zur Craniosacral-Therapeutin habe ich im Juni 2014 bei Dorothee van de Poll, abgeschlossen. Ein Kreis hat sich geschlossen, ein grosses Ziel ist erreicht. In diesen drei Jahren habe ich auf verschiedenen Ebenen sehr viel gelernt. Und doch hatte ich das Gefühl völlig am Anfang zu stehen im Verständnis und der Wahrnehmung um das Fundament der biodynamischen Craniosacral-Therapie. Nach einem intensiven Prozess entschied ich mich für das Thema Konzeption/Konzeptionszündung. Ich habe dann dieses Thema nochmals eingegrenzt. Ich wollte wissen was genau geschieht zwischen Himmel und Erde, zwischen dem universellen Geschehen und dem physikalischen Menschsein, und wie dies im biodynamischen Cranio beschrieben und erfahrbar ist. Die Themenwahl spiegelt meine ganz persönliche Frage und die Suche nach meinem Ursprung. Mein Hauptinteresse ist jedoch Antworten und Erkenntnisse zu erhalten, als Basis für meine Arbeit als Craniosacral-Therapeutin. Ich musste den Anspruch loslassen eine „objektive“ Arbeit schreiben zu können, es ist ein „uferloses“ Thema, oder eben halt ein Mysterium. Letztlich auch eine Frage meiner persönlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten, oder meiner Fähigkeiten einen Raum zu beschreiben, der nicht zu beschreiben ist. So habe ich mich auf Aspekte beschränkt, die mich während der Entstehung der Arbeit ganz persönlich angesprochen haben, die mich berührt haben, die mein Verständnis und meine Wahrnehmung vertieft haben. Ich beziehe mich hauptsächlich auf Aussagen aus der dynamischen Morphologie von Jaap van der Wal, auf Franklyn Sills (der Sutherland zitiert) und die Aussagen von Gerald Hüther und Inge Krens. (siehe Literaturverzeichnis) 2. Universum, Herkunft, Evolution Seit 4000 Millionen Jahren gibt es Leben auf der Erde. Drei Millionen Jahre hat es gedauert bis zum heutigen Menschen. Der Mensch hat es geschafft dank Mechanismen, die von der Natur zum Überleben bestimmt sind, über unzählige Generationen zu überleben. Der Mensch besteht aus Billionen von Zellen, also aus vielen, vielen Einzelteilen. Gleichzeitig wirkt ein universeller Mechanismus, ein alles umfassendes Grundmuster, das alles zusammenhält. Ein Text von Loren Eiseley, der Fossiliensucher, den ich im Buch „Leben in Bewegung & Stille des Lebens“ von Rollin Becker gefunden habe (S.I/54) hat mich sehr berührt. Er 1 gibt mir eine Ahnung von dieser universellen Kraft, die alles Leben durchwirkt und einen Hauch von Unsterblichkeit aufleben lässt. Es scheint mir kaum fassbar, dass die gesamte Menschheitsgeschichte, die ganze Evolution, ständig in uns mitschwingt. Dieses Rhythmische Schwingen ist ausführlicher beschrieben im Kapitel 4. In der Zeit zurückreisen. Fossiliensucher Stell dir für einen Moment vor, dass du aus dem Kelch eines Zauberers getrunken hast. Du drehst den unumkehrbaren Strom der Zeit um. Gehst die lange dunkle Treppe hinunter, aus der das Menschengeschlecht emporgestiegen ist. Bist schliesslich auf der untersten Stufe der Zeit, gleitest, rutschst und wälzt dich mit Schuppen und Finnen hinunter in den Schleim und Modder, aus dem du hervorgekrochen kamst. Kommst unter Grunzen und stimmlosem Zischen unter den letzten Baumhohen Farnen vorbei. Treibst ohne Augen und Ohren im ursprünglichen Wasser – Sonnenlicht kannst du nicht sehen. Du streckst absorbierende Tentakel hin zu verschwommenen Geschmäckern, die im Wasser zu finden sind. Doch in deinem formlosen Sichverschieben bleibt der Anblick der gleiche. Sich ständig verschiebende Teilchen, Säfte, Transformationen arbeiten in einem exquisit gestalteten Rhythmus, der kein anderes Ziel hat, als dich am Leben zu erhalten – dich, dieses amöbenhafte Wesen, dessen Substanz die unergründliche Zukunft in sich trägt. Dennoch kommt jeder Mensch aus den Geburtswassern nach oben. Doch sollte sich in irgendeinem Moment der Zauberer über dich beugen und rufen: „Sprich, erzähle uns von der Reise“, könntest du nicht antworten. Deine Empfindungen gehören dir, nicht aber, und das ist eines der grossen Geheimnisse, die Macht über den Körper. Du bist ausserstande zu beschreiben, wie der Körper in seiner Beschaffenheit funktioniert, dir das wilde Drehen der tanzenden Moleküle vorzustellen oder es zu steuern oder zu wissen, warum sie in diesem besonderen Muster tanzen, dass dich ausmacht, oder warum sie auf dieser langen Treppe der Ewigkeiten von einer Form in die nächste tanzen. Aus diesem Grund interessiere ich mich nicht mehr für die allerkleinsten Teilchen. Man kann ihnen nach Belieben folgen, sie verfolgen, bis sie namenlos werden, Proteinkristalle, die sich am Rande des Lebens vermehren. Man kann mit der grössten Geisteskraft rückwärtsschreiten, bis man mit den entsetzlichen Gesichtern der Eroberer in den Wasserstoffwolken hängt, in denen die Sonne geboren wurde. Dann hat man die grösste Täuschung vollbracht, die unser analytisches Zeitalter verlangt. Aber noch immer wird die Wolke das Geheimnis verhüllen, und wenn es nicht die Wolke ist, dann das Nichts, in der sie jetzt erscheint. Die Wolke mag sich auflösen. Das Geheimnis liegt, wenn man es so umschreiben will, im Zeitalter der Dunkelheit.“ Die Konzeptionszündung ist der Übergang vom universellen Einssein in die physische, individuelle Form des Menschseins. Ein Moment von sehr grosser Bedeutung für mein Erdendasein. Und doch ist er eingebettet in einem viel grösseren Geschehen. Bei der Konzeption öffnet sich ein Kreis, der sich bei meinem Sterben wieder schliessen wird. Unterwegs auf dem Kreis fühle ich mich oft verloren, leidend, getrennt, weil mir 2 das Bewusstsein für die universellen Mechanismen und das Gefühl von Verbundensein fehlen. Im Zitat von Loren Eisele ist im Schlusssatz die Rede vom Geheimnis, das durch eine Wolke verhüllt ist, oder vom Zeitalter der Dunkelheit. Mit meiner Arbeit gehe ich auf Spurensuche, um mehr Licht in die Dunkelheit zu bringen, damit sich die Wolke auflösen kann und das Verbindende spürbarer wird. 3. Konzeption aus der Sicht der dynamischen Morphologie In diesem Kapitel lasse ich Jaap van der Wal (JvdW) sprechen. Der dynamische Morphologe versucht die Sprache von der Form und der Gestalt eines Organismus und die Dynamik der gestalterischen Kräfte, die darunter liegen zu verstehen. (Morphologie = Lehre von der Struktur und Form der Organismen) JvdW spricht nicht von „Konzeption“, sondern er nennt das Geschehen die „menschliche Befruchtung“ und beschreibt diese anhand der Bewegung, der Gesten und dem Benehmen der beteiligten Zellen. Er beschreibt einen nicht nur mechanisch-biologischen Vorgang sondern öffnet einen weiteren Raum. Er spricht von einem Akt der Inkarnation: „in dem spirituelle Energie, also Geist die Gelegenheit findet zur Bindung oder Manifestation mit biologischer Substanz als Mittel zum Ausdruck“. Voraussetzungen dazu sind Ei- und Samenzellen und ihre ganz spezielle Beziehung durch gegensätzliche Merkmale in Form, Gesten und Benehmen (Bild 1). JvdW spricht aufgrund der Gesten und des Benehmens der Zellen von einer Beziehung in Polarität, was weiter geht als nur im Gegensatz zueinander sein. Die Pole sind je am Ende des Spektrums. Was normal und sicher für einen der Pole scheint, ist eine Behinderung und krankhaft für den gegenüberliegenden Pol. Bild 1: A. Samenzelle / B. Samenzelle im gleichen Massstab wie Eizelle / C. unbefruchtete Eizelle 3 Die folgende Tabelle veranschaulicht die Gegensätze der Geschlechtszellen Eizelle perfekte, sphärische Form, relativ gross (Sandkorn) Samenzelle klein, lang mit Kopf und Schwanz, 60‘000 passen in eine reife Eizelle Geste gross sein, nach Volumen strebend, Zytoplasma klein sein, Konzentration, Tendenz zur Struktur, Geschlossenheit, Kern Eigenschaft Polarität in sich einzigartig, allein (All-Eins) nie allein, viele und zusammen von aussen Passivität und Ruhe, von innen mit Umwelt in Interaktion, viel Zytoplasma von aussen Aktivität und Mobilität, von innen durch Entwässerungsprozess fast kristalline Struktur (90% Kern und DNA-Substanz) Beziehung zur Aussenwelt kommuniziert intensiv mit Umwelt, metabolisch aktiv, = Offenheit, dadurch verletzlich (giftige Einflüsse) keinen Bezug mit Umwelt, geschlossen, unverletzlich Produktion Verdichtungs- und Verringerungsprozess, im Embryo werden 6 Mio. angelegt, reduziert auf 2 Mio. bei der Geburt, bei Geschlechtsreife noch einige Hunderttausend, pro Monatszyklus werden 10 bis 20 reif, 2 oder 3 werden freigegen Erweiterungs- und Vermehrungsprozess, massiv und explosionsartig Million pro Tag im Hoden, was notwendig ist für die Überwindung von anatomischen physiologischen, biochemischen Hindernissen Reifeprozess/ Dynamik grösser werden, sammelt Zytoplasma (Zellflüssigkeit) mit grossem Anteil an NukleusZytoplasma Zellteilung in grosse voluminöse und kleine Zelle (Polkörper) Volumenverlust = Konzentration und Verdichtung Teilung in gleichgrosse Zellen, Zytoplasma wird abgestossen -> Klein-Sein Form Ei- und Samenzelle stellen je eine polare Einseitigkeit dar. Sie sind intensiv spezialisiert. Eine der beiden ist in einen Kernkopf herauspolarisiert und die andere in eine Zytoplasmakugel. Eine Eizelle ist alles, was eine Samenzelle nicht ist. Und umgekehrt! Sie ergänzen sich, alleine ist keine weitere Entwicklung möglich. Wenn sich eine Eizelle und eine Samenzelle begegnen, findet eine Vollendung ein Komplett-Werden statt. Was getrennt war, wird wieder verbunden. Durch die Begegnung und das Zusammenkommen entsteht eine Basis für neue Entwicklung. Die Morphodynamik der Konzeption 4 sagt, menschliche Konzeption bedeutet nicht Anfang des Lebens, es bedeutet Anfang und Beginn einer neuen Entwicklung. Die Befruchtung findet im Eileiter statt. Die Spermien haben bis dahin bereits eine lange Reise von der Vagina durch die Gebärmutter zum Eileiter hinter sich. Millionen von ihnen (90%) sind an biologischen Hindernissen gescheitert, abgestorben und funktionslos geworden. Die starke Polarität der beiden Zelltypen erzeugt eine starke gegenseitige Anziehungskraft auf physiochemischer Ebene. In dieser wechselseitigen Interaktion entsteht ein ganz spezieller Zustand, in der Befruchtung möglich wird. Diese Konstellation und der daraus entstehende Zustand nennt man den Prä-Konzeptions-Anziehungs-Komplex (PKAK) (Bild 2). Die Zellen verändern sich, was eine eventuelle Verschmelzung erlaubt, und Voraussetzung ist für die Befruchtung des Eis. Eine neue biologische Einheit wird geschaffen, die mehr ist als die Summe der zwei Zelltypen. Das Geschehen ist vergleichbar mit einem Zeugungstanz, die polaren Kräfte kommen in Schwingung. Eizelle und Samenzellen verhandeln den Austausch und die Balance gemeinsam bevor eine Entscheidung getroffen wird, ob, wo und welche Spermien sich mit dem Ei vereinen werden. Es ist ein sehr subtiler, gemeinsamer, mehrere Stunden dauernder Prozess der Begegnung und des Austauschs von Signalen und Substanzen als Vorbereitung für den tatsächlichen Prozess der Befruchtung. Es ist ein Zeugungstanz ohne aktiven oder passiven Partner ohne einen Befruchter und eine Befruchtete. Wenn die Umstände und Konditionen passend sind und die Kräfte ins Gleichgewicht (Point of Balance) gekommen sind, kann Verschmelzung der Zellenmembranen stattfinden und der Inhalt der Samenzelle in die Eizelle übergehen. Es gibt keine Penetration der Eizelle durch das Spermium. Bild 2: Eizelle umgeben von Samenzellen: Prä-Konzeptions-Anziehungs-Komplex 5 Die Zelle mit einer umhüllenden Membran und dem Zellkern in der Mitte wird als archetypischer Ursprung allen Lebens auf unserem Planeten angesehen. Die normale biologische Vermehrung findet von innen, mit dem Zellkern als Aktivitäts- und Organisationsprinzip im Zentrum, nach aussen (Zytoplasmakugel) statt. So ist die Peripherie der Zelle offen für die Kommunikation mit der Aussenwelt. Im PKAK wird eine Umwandlung beschrieben. Viele Zellkerne (Samenzellen) sind an der Peripherie und bewegen und gruppieren sich um die Zytoplasmakugel. Bei dieser neuen Ganzheit (PKAK) wird das Prinzip der „normalen“ biologischen Beziehungen umgestülpt und überwunden. JvdW spricht von einer Ent-biologisierung. In diesem subtilen Spiel, dem Treffen und der Balance zweier Polaritäten können Eigenschaften ans Licht gebracht werden, die keine der Polaritäten alleine besitzt. In diesem Moment ist es möglich, dass spirituelle Energie mit physischer Materie in Kontakt treten kann. „Die biologischen Beziehungen aus dem Kontakt zweier Menschen, werden auf eine höhere Energieebene gehoben. Eine Dynamik der vertikalen Konzeption als Bindeglied oder Interaktion zwischen Geist und Materie. Ein Akt der Inkarnation des neuen Wesens ohne Muss oder Soll. Eine Sache von dreien in der Dynamik des Nehmens und Akzeptierens“. Mit der Entscheidung wird als nächstes der Inhalt der Samenzelle in das Eizelle-Zytoplasma gegossen und innerhalb weniger Stunden erfolgt die Verschmelzung der zwei Kerne. Aus der Sicht der dynamischen Morphologie ist dies nicht die Ursache der Befruchtung sondern das Resultat. Im PKAK sind grundlegende Prinzipien der Craniosacral-Therapie zu erkennen. Damit es zur Entscheidung kommen kann, müssen polare Eigenschaften ins Gleichgewicht kommen. Nur im Balancezustand kann der dritte Faktor als geistiger Plan wirksam werden. Dieser entscheidet welches Sperma wann, wo und ob überhaupt sich mit der Eizelle verbindet. Nach der Verschmelzung der Zellen ist Stille. Sie ist Voraussetzung damit etwas „Neues“ geschehen kann, damit sich Geist und Materie verbinden können. Aus der Stille heraus erfolgt die Konzeptionszündung, bei der die befruchtete Eizelle zum ersten Mal geteilt und dadurch die erste Mittellinie in der physischen Form angelegt wird. Die Kräfte der Long Tide werden mit diesem ersten Funken als Potency in die Flüssigkeiten des Embryo entzündet (siehe dazu auch Kapitel 4, Seite 10). 6 Morphodynamisch gesehen ist der Embryo vom ersten Moment der Zellverschmelzung an ein vollständiges Ganzes und wird als einheitliches Wesen betrachtet. Die befruchtete menschliche Eizelle ist nicht nur „eine Zelle“, sie stellt einen ganzen Organismus dar, und sie ist die Äusserung des Organismus „Mensch“ in diesem Moment, unter gerade den Umständen und den Umweltbedingungen die einen Tag nach der Konzeption bestehen. Jaap van der Wal sagt mit sehr berührenden Worten: „Der Embryo erhält nicht eine Seele, er ist eine Seele. Er ist ununterbrochen ein vollständiges Ganzes das sich organisiert. Alles Aussehen und alle Ausdrücke sind menschliches Benehmen. Von der Konzeption bis zur Geburt, von der Geburt bis zum Tod ist die menschliche Biographie eine organische Einheit, eine Gesamtheit“. Nach der Verschmelzung der Geschlechtszellen beginnt ein Prozess der Differenzierung mit der Orientierung von aussen nach innen also zentripetal. Es ist kein biologischer Prozess, bei dem ein Mensch „produziert“ (von innen nach aussen=zentrifugal) wird. Bei dieser zentripetalen Daseinsrichtung drückt sich der Embryo selbst in die körperliche Organisation ein. Der erwachsene Mensch drückt sich im Gegensatz zum Embryo, mit seinem Körper in der Welt aus. Beides ist jederzeit menschliches Benehmen. Zuerst ist die Tätigkeit des Embryos einwärts weisend, ein stilles Dasein. Daraus setzen sich physiologische Prozesse (Wachstumsgesten) frei, schliesslich folgt das psychologische Benehmen. Der Embryologe Erich Blechschmidt beschreibt den Prozess so: „das Seelische übt sich voraus“. Körperliche, physiologische und psychologische Funktionen werden als wachsende Bewegung vorausgeübt. „So gesehen hat ein Menschenwesen bereits lange schon einmal geatmet, bevor es seinen ersten Atemzug nach der Geburt macht“. 4. Konzeptionszündung – als Übergang aus der Stille zum physischen Körper In diesem Kapitel beschreibe ich das rhythmisch-energetische Geschehen der craniosacralen Biodynamik (Bild 7). Dabei beziehe ich mich auf die Aussagen von Franklyn Sills. Er bezieht sich oft auf William Garner Sutherland, der als Begründer der biodynamischen Osteopathie gilt. Meine Absicht ist, die klassischen Fachausdrücke, die ich mit fetter Schrift hervorhebe, kurz zu erklären. Mir wurde bewusst, dass unterschiedliche Ansichten und Erklärungen über die craniosacrale Arbeit bestehen. Letztendlich bleibt das ganze Geschehen ein Mysterium, dem 7 wir uns annähern und das wir versuchen mit Worten zu beschreiben. Die Worte sind geprägt von persönlichen Erfahrungen und vom persönlichen Bewusstsein. Der Grund allen Seins ist leer und ewig still, ein kosmisches Prinzip dem die ganze Welt zugrunde liegt. Es gibt keine Grenzen, kein Subjekt und Objekt. In dieser Leere liegt das Potential der Entfaltung aller Dinge, das alle Formen des Seins umfasst. Leere als tiefstes Mysterium, Gottheit, klares Licht. Aus dieser Leere geht die unzerstörbare Stille hervor, diese Stille ist lebendig und dynamisch, das Herz aller Kreation. Holografisch (siehe Kapitel 5) betrachtet ist die Stille eigentlich implizierender Aspekt aber expliziter Ausdruck von Leere. Daraus entfalten sich spezifische Formen und Gegensätze, die z.B. in der Chinesischen Tradition Yin und Yang genannt werden. Jedem Kräftespiel und jeder Manifestation liegt diese kreative Absicht zugrunde. Aus der dynamischen Stille entfaltet sich der Lebensatem. Seine Präsenz kann spürbar sein als Friede, Freude, Liebe, Wärme, Mitgefühl und als tiefe Verbindung mit allem Leben. Seine Qualität ist Licht und Schwingung und wenn seine Absichten sich manifestieren entfaltet sich Raum, um Form zu generieren. Es sind universale tide-ähnliche Kräfte, die das Leben formen und aufrechterhalten. Sie sind als subtile Phänomene in und rund um das menschliche System wahrnehmbar und zeigen sich in verschiedenen Tides. Als erster Rhythmus entfaltet sich aus dem Lebensatem die primäre Atmung. Sie wird auch die Long Tide genannt. Sie transferiert die kreativen Absichten des Lebensatems in die Gewässer und Ströme der Welt und hält diese organisierende Grundlage aufrecht, ohne Bedingung an Umstände oder persönliche Erfahrung. Es ist ein stabiler Rhythmus wie ein Einatem vom Horizont zur Mittellinie und einem Ausatem innerhalb von 100 Sekunden. Dieses Kreationsmuster durchdringt alle Ebenen (Menschen, Tiere, Pflanzen, Sterne). Die Muster sind vergleichbar mit einem aufkommenden Tornado als lokales Phänomen in der Weite des Kosmos. Das Phänomen der Long Tide ist in verschiedenen Kulturen bekannt und wird unterschiedlich benannt. 8 Das elektromagnetische Feld des Menschen entsteht spiralförmig von aussen nach innen als lokales Muster aus der Long Tide (zentrifugal/zentripetal). Dabei werden eine Mittellinie und stabile Aktionsfelder (Chakrafeld) generiert, die wiederum Lebensstrukturen generieren (Bild 3). Es ist ein dynamisches Aktionsfeld oder ordnendes Feld, das der Organisation des menschlichen Systems unterliegt, und das sich in jedem Moment des Lebens kontinuierlich erneuert. Bild 3: Spiralförmige Bewegung zentrifugal/ zentripetal mit Erzeugung der Mittellinie. In der Yogalehre werden die Kräfte der Long Tide „Prana“ genannt. Das Prana erzeugt und unterhält das Chakrasystem. Die Chinesen nennen die organisierenden Felder die „dan-tien“ und die Lebenskraft wird „chi“ genannt. Die dynamischen, ordnenden Aktionsfelder der zentrifugalen und zentripetalen Bewegungen entstehen aus einem balancierten Austausch zwischen dynamischer Stille, Lebenskraft und Form. Dieser Gleichgewichtszustand wird bei der Konzeption erzeugt und dient als Vorlage für die embryologische Entwicklung und die Aufrechterhaltung des Körper-Geist-Systems während des ganzen Lebens. Es kann als elektro-magnetisches Feld im und um den Körper wahrgenommen werden. 9 Die Kräfte der Long-Tide werden über eine Mittellinie und deren ordnendem Feld durch einen Umwandlungs- oder Zündungsprozess als Potency in den Flüssigkeiten des menschlichen Körpers ausgedrückt. (Bild 4) Sutherland nennt dies Zündung, weil die kreativen Absichten des Lebensatems mittels „Funken“ die Flüssigkeiten des Körpers entzünden und die daraus generierte Potency eine bleibende Beweglichkeit der Flüssigkeiten und Gewebe, des physischen Körpers gewährleistet. Die Konzeptionszündung ist die Grundlage des Seins. Es ist die erste Zündung, die das ordnende Feld erzeugt und Lebenskräfte konzentriert, die die Inkarnation in eine menschliche Form unterstützen. Die Long Tide ist wie eine tragende Welle, die es unserem Geist erlaubt, sich in eine menschliche Form zu inkarnieren. Bild 4: Potency, die organisierende Kraft Bei der Konzeption, wird als erstes ein Drehpunkt, als Zentrum der Organisation niedergelegt, der sich später in der Mitte des Hirns (dritter Ventrikel, Anja-Chakra) befinden wird. Darauf wird durch eine abwärts gerichtete, treibende Kraft mit der ersten Zellteilung der befruchteten Eizelle eine Mittellinie erzeugt. Es folgt eine spiralförmig aufsteigende Kraft, die weitere primäre Fulcren (Chakren/Zentren) organisiert (Bild 5). 10 In der vierten Woche der embryonalen Entwicklung formt sich rundum die ordnenden Kraftfelder eine weitere Mittellinie, die primäre Mittellinie. Sie dient der zellulären Entwicklung und als Orientierungs- und Ausrichtungshilfe. Bild 5: das Chakra System Nachdem die erste Zündung bei der Befruchtung erfolgt ist, manifestiert sie sich fortwährend innerhalb jedes Zyklus der Long Tide/Primäratmung und hält laufend die kreative Absicht des Lebensatems aufrecht, sowohl als ordnendes Feld in der Mittellinie, als auch als verkörpernde Kraft in den Flüssigkeiten. Dies bildet die Grundlage für Inkarnation und Verkörperung des Geistes und des Seins. 11 Zur besseren Orientierung in welcher Dynamik, Vielschichtigkeit und Wechselbeziehung sich die kreativen Absichten Schritt für Schritt aus der Stille in den physischen Körper entfalten, sind die Beschreibung der drei Körper und deren rhythmisierte Wechselbeziehung hilfreich (Bild 6). Der physische Körper besteht aus menschlichen Zellen und Gewebe. Der flüssige Körper beinhaltet alle menschlichen Flüssigkeiten als vereintes System. Der Flüssigkeitskörper (Fluids) ist das Medium in dem die Potency (Kraft) des Lebensatems ausgedrückt wird. Mit diesem Ausdruck entfaltet die Potency die Fluid Tide. Um diese Aktivität organisiert sich der physische Körper. Der Flüssigkeitskörper ist ein ganzheitliches, liquides Gebilde, das dem Leben erlaubt zu existieren und Formen anzunehmen. Dieses flüssige Kraftfeld kann bis zu 25-38 cm ausserhalb des Körpers als energetische Präsenz gespürt werden. Der tidal (Gezeiten) Körper bezieht sich auf eine breitere gezeitenähnliche Präsenz der Long Tide als Ursprung der primären Atmung. Er „durchatmet“ den Flüssigkeitskörper und das Körper-Geist-System. Er hat eine Mittellinie, die als ordnendes Prinzip durch die Zentrumslinie des physischen Körpers geht und atmet als weites ringförmiges Feld in den Raum. Die Präsenz der Long Tide kann im und rund um das System eines Menschen als lebendiges und wirksames Feld wahrgenommen werden. In der Mittellinie werden die Kräfte der Long Tide als Potency in die Flüssigkeiten/Ströme umgewandelt. Daraus entfaltet sich die Mid Tide, als Grundlage für physiologisches Sein. Sie bewegt sich relativ stabil, 2 – 2,5 mal pro Minute, kreisend durch die Mittellinie als Ort der Zündung der Potency in die Flüssigkeiten mittels des CerebrospinalenSystem. Die Mid Tide manifestiert sich im Wechselspiel und Austausch zwischen Potency, den Flüssigkeiten (Fluids) und den Geweben im flüssigen und physischen Körper. Potency ist der organisierende Faktor, die Flüssigkeiten sind das Medium für den Austausch, und die Zellen und Gewebe organisieren sich rund um deren Bewegung. Die Bewegung der Fluids nennt man die Fluid Tide und die Bewegung der Gewebe wird Motility genannt. Die Fluid Tide kann als longitudinal und transversale Bewegung durch den ganzen Körper wahrgenommen werden. 12 Der Kranial-Rhythmische-Impuls (CRI) kann als nächster Rhythmus als Innen- und Aussenrotation (acht bis vierzehn Zyklen pro Minute) wahrgenommen werden. Der CRI ist ein bedingter, sehr variabler Rhythmus. Er ist der Ausdruck des Zustandes unseres Lebens. Er wird beeinflusst von ungelösten Kräften im menschlichen System und ist an sich kein Gezeiten-Rhythmus. Bild 6: die drei Körper 13 Ein Bild aus der Natur veranschaulicht die Dynamik der Rhythmen Die Long Tide ist wie das Phänomen aus dem Gravitationsfeld (Kraftfeld von Erde, Mond und Sonne), das die Gezeiten im Ozean hervorbringt. Der Gezeitenrhythmus im Wasser des Ozeans wird durch die Mid Tide hervorgebracht und ist relativ stabil. Der CRI ist wie die bewegliche Wellenform auf der Oberfläche des Ozeans. Er entsteht wenn die Tide auf den Widerstand des Landes und auf die Bewegung der Winde darüber trifft. Der CRI ist wie die Wellenformen gleitend auf den tieferen Bewegungen der Tide und ist kein Phänomen der Tide. Bild 7: Transmutation aus der Stille in den physischen Körper 14 5. Konzeption – Prägung In diesem Kapitel gehe ich drei Faktoren nach, die prägend einwirken beim Übergang zwischen Himmel und Erde und versuche zu erklären welche Bedeutung sie für den „neuen“ Menschen haben. Mit der Konzeptionszündung werden die Flüssigkeiten des Embryos entzündet. Mit den tideähnlichen Kräften werden von diesem Moment an die Absichten des Lebensatems, wie eine tragende Antriebswelle in die Flüssigkeiten vermittelt. Um diese Bewegung formt sich eine neue Gestalt. Aus dem komplexen Organismus der befruchteten Eizelle beginnt sich nach der ersten Zündung ein individuelles „Ich“ in seine physische und geistig-seelische Form zuerst ein- und dann auszudrücken. Der dritte Faktor ist hier am Werk. Es ist die kreative Absicht oder der schöpferische Plan, der jeder materiellen Form als implizierendes Prinzip zugrunde liegt. Um dieses Prinzip noch besser zu verstehen, nehme ich das holografische Paradigma zu Hilfe, auf das sich auch Franklyn Sills bezieht: Der Quantenphysiker David Bohm beschreibt das Universum als einheitliches Feld. Ein Hologramm, in dem die Information des Ganzen in jedem Einzelteil enthalten ist. Es enthält zwei Aspekte. Einen einhüllenden/implizierenden Aspekt und einen entfaltenden/expliziten Aspekt (Bild 8). Dies sind die physikalischen Gesetze, die Sinne, das Mess- und Greifbare, die Konzepte, die Einzelteile und ihre Beziehungen. Das Einhüllende, das Non-duale liegt darunter oder versteckt in der fassbaren Welt der Zeit, des Raumes und der Materie. Es verbindet jede Bild 8: Hologramm mit dem implizierenden und expliziten (innen, weiss) Aspekt. scheinbar separate Erfahrung zu einem Ganzen. In Bezug zur craniosacralen Biodynamik erklärt Sills: „Es ist der Atem des Lebens der die Beziehung zwischen dem einhüllenden und entfaltenden Bereich vermittelt. Es ist das, was alle Dinge verbindet und erlaubt, dass die schöpferische Absicht, sich als Spiel des Bewusstseins manifestiert und die Welt entfaltet. In diesem Sinne, sind alle 15 Entfaltungen in die materielle Realität vom Atem des Lebens vermittelt, der die Schöpfung mit der Quelle der Schöpfung verbindet.“ Notwendige Voraussetzungen für das Wachstum in der materiellen, mess- und greifbaren Welt der Formen und Sinne sind der erste Faktor, die Gene und der zweite Faktor, die Umweltbedingungen. Im Aufeinanderwirken dieser Faktoren nimmt der sich entwickelnde Mensch seine einmalige physische und psychische Form an. Die Gene sind das Material das alle Optionen bereit hält. Sie setzen sich frei, je nach dem auf welche sich ständig verändernden Bedingungen und Möglichkeiten sie treffen. Diese Prägung wird auch horizontale Prägung genannt. Sie ermöglicht den Ausdruck und die Kommunikation in der Welt der Formen mittels des Körper, der Psyche und der Sinne. Der dritte Faktor, wie oben erklärt, bleibt immer der implizierende alles verbindende geistige Plan oder die schöpferische Absicht. Er gewährleistet die vertikale Verbindung von Geist und Materie. Im folgenden Abschnitt gehe ich näher ein auf die Bedeutung der Gene im Wechselspiel mit Bedingungen und Umweltfaktoren als prägende Faktoren für die physische, psychische und soziale Entwicklung. Die Aussagen sind vom Neurobiologen Gerald Hüthner und der Psychotherapeutin Inge Krens. Die Gene des Menschen stimmen zu fast 99% mit denen des Schimpansen überein. Seit etwa 100 000 Jahren hat sich an den menschlichen Genen praktisch nichts mehr verändert. Dies zeigt auf, dass nicht alles was wir sind und was uns ausmacht von den Genen gesteuert ist. Sie legen lediglich fest, was aus uns werden könnte. Angenommen eine „damals“ befruchtete Eizelle würde heute einer Frau eingepflanzt, würde der „neue“ Mensch sich nicht von uns unterscheiden. Sprache, Mimik und Gestik, mit der wir unsere Gefühle zum Ausdruck bringen sind nicht durch genetische Programme gesteuert, sondern werden gelernt und weitergegeben. Die in der befruchteten Eizelle verschmolzenen DNA von Mutter und Vater stellen die nur einmal in dieser Weise zusammengewürfelten Erbanlagen als Optionen bereit. Wie sich die weitere Entwicklung vollziehen könnte, und was sich daraus tatsächlich entwickelt, ist abhängig von den sich ständig verändernden Bedingungen, den Umweltfaktoren, die sich für den sich entwickelnden Embryo einstellen. Die werdende Mutter 16 bietet dem Embryo mit ihrem Körper und ihren Gefühlen ein erstes stark prägendes Zuhause. Die Mutter selbst ist Teil eines komplexen Systems, in dem sie kommuniziert und auf das sie reagiert. Der Vater und die Qualität der Beziehung der werdenden Eltern haben eine starke Wirkung auf das emotionale Feld. Auch das familiäre und soziale Umfeld der Eltern, die Kultur, deren Wissen, deren Denkmuster, deren Glaubensstrukturen, deren Gefühle, deren Erfahrungen und Fähigkeiten beeinflussen die weitere Entwicklung des werdenden Menschen mit. Jaap van der Wal beschreibt die Dynamik der prägenden Faktoren mit dem Bild: „Die Gene als der Ton, mit dem modellierende Hände eine Figur, eine Form schaffen. Die Umweltfaktoren, Zeit und Umstände als die Hände. Die Form wird durch den formenden Geist, die Absicht des Künstlers angestrebt. Der Ton selbst wird nicht zur Figur, wenn er nicht auf den Widerstand der modellierenden Hände trifft. Die Wechselwirkung zwischen beiden Prinzipien ist Voraussetzung damit die Figur zur Erscheinung kommt. Beide Prinzipien sind notwendig aber für sich alleine nicht genügend. Der menschliche Embryo ist nicht das Produkt des genetischen Programms alleine, und er wird auch nicht allein durch Umweltfaktoren bestimmt. In der Wechselwirkung der beiden notwendigen Bedingungen gibt es noch die Absicht des modellierenden Künstlers. Der dritte Faktor, ein geistiger Plan, eine transzendentale Struktur die sich dank des Modellierungsprozesses offenbart.“ Das heisst für mich, dass meine Suche nach dem universellen „Verbundensein“ über die Anerkennung und Wertschätzung meiner ganz individuellen Form führt. Das JA zu meinem „Menschsein“, meinen Fähigkeiten und meinem Bedingtsein öffnet den Bewusstseinsraum in dem der unzerstörbare schöpferische Aspekt als Realität wahrnehmbar ist. 17 6. Erkenntnisse Anhand von drei Aspekten habe ich das Geschehen um die Konzeption und den Zündungsprozess studiert und untersucht. Auf biologischer Ebene, als Übergang auf der spirituell-energetischen Ebene, und ich habe nach den Prägungen im Zeugungsmoment gesucht. Entstanden ist ein grösserer Wahrnehmungsraum, ein Erkennen von mehrdimensionalen Zusammenhängen. Mein Verständnis für eine auf mehreren Ebenen ständig stattfindende Dynamik hat sich vertieft. Zu Beginn war ich auf der Suche um Einzelteile zu verstehen und habe dabei immer klarer wahrgenommen, dass der unsichtbare, implizierende alles verbindende Aspekt gleichzeitig am Wirken ist, egal auf welcher Ebene, zu welcher Zeit und in welcher Form. Durch die Wahrnehmung der non-dualen, nicht konzeptionellen Welt hat sich mein Bewusstsein erweitert. Es gelingt mir besser Worte zu finden für den Raum der nicht mit Worten beschreibbar ist. Das Gefühl des Seins statt des Suchens gewinnt an Kraft. Mensch sein ist ein grosses Geschenk. Mensch sein heisst auch in der dualen Welt der Formen und Einzelteile dank der Sinne und Emotionen zu kommunizieren. Sich mit Hilfe der Konzepte zu orientieren, zu unterscheiden, zu wachsen und zu erkennen, dass das was durch Umstände, Bedingungen, Zeit und Gene zur Form geworden ist nicht die ganze Wahrheit ist. Meine Auseinandersetzung mit dem „zwischen“ Himmel und Erde hat mich erkennen lassen: „der Himmel ist auf Erden“. Erkenntnisse für die Arbeit als Craniosacral-Therapeutin: Einerseits habe ich theoretisches Wissen vertieft und weiterentwickelt und andererseits hat sich mein Bewusstseinsraum erweitert. Das einwirkende Prinzip des Lebensatems ist für mich offensichtlicher geworden. Meine Wahrnehmung für die unterschiedlichen Qualitäten der verschiedenen Tide Bewegungen und deren Wechselwirkungen und Effekte hat sich differenziert. Mein Vertrauen in die allem zugrundeliegende Dynamik und Intelligenz ist gewachsen. Es ist mir noch bewusster geworden, dass die Qualität und der Fokus meiner Präsenz raumöffnend sind. Im dadurch entstehenden non-dualen Bewusstseinsraum kann bei der Klientin geschehen was geschieht. 18 Universelle Muster zeigen sich in der individuellen Form des Menschen, was meine Absicht stärkt wahrzunehmen, wie sich das universelle System in der Klientin, die ich vor mir habe zeigt. In der Präsenz/im Raum besteht die Möglichkeit für die Klientin sich auf der Seinsebene Ganz und verbunden wahrzunehmen. Die Klientin kann in dieser Wahrnehmung ihre durch Prägungen geschaffenen Muster erkennen und die kreativen, intelligenten Absichten können als Selbstheilungskräfte arbeiten. Mir ist bewusst geworden, dass auf psychologischer Ebene der Moment der Konzeption und die embryonale Entwicklung Erfahrungen tiefster Trennung und Spaltung in sich bergen. In der Dynamik rund um die Konzeption zeigen sich grundlegende Prinzipien der Craniosacral-Therapie. Ich habe bereits in Kapitel 3 beim PKAK darauf hingewiesen: Balancezustand vor der Entscheidung, Stille nach der Verschmelzung der Zellen und die daraus folgende Zündung. Immer wenn es um Wechsel von Zuständen, um Transmutation oder Transformation geht, geschieht vorher eine Interaktion von gegensätzlichen Kräften, die eine Balance anstreben als Voraussetzung, dass der dritte Faktor wirken kann. 7. Vision für meine Arbeit als Craniosacral-Therapeutin Mit dem Konzeptionsmoment beginnt für uns die Erdenreise mit Körper, Geist und Seele. Wir benutzen unsere körpergebundenen Sinne und unser Denken zur Orientierung und zum Ausdruck in dieser Welt. Mit dem Zeugungsmoment beginnt ein Wachsen in eine Welt der Konzepte und Prägungen auf allen Ebenen. Wir nehmen uns wahr als Einzelteile, identifizieren uns eher mit der Welle und verlieren den Bezug zum Ganzen. Wir vergessen, dass wir Wasser sind und Teil des ganzen Ozeans bis wir uns wieder auf die Suche machen. Um Licht ins Dunkel zu bringen und das Geheimnis hinter der Wolke sich offenbart und wir uns erkennen. Als Ganz, als Heil. Ich freue mich weiterzugehen auf diesem Weg der ständigen Veränderung und schätze es sehr in dieser Therapieform ein Mittel zu haben, um andere Menschen auf ihrem Weg zu unterstützen. 19 Zum Abschluss zitiere ich Franklyn Sills. In der englischen Sprache benützt er das Wort Health, das ich mit Heilsein übersetzt habe. „In craniosacralen Biodynamiken liegt die Wahrheit zugrunde, dass sich alle Form aus der Stille entfaltet und gekennzeichnet ist von Leere. Alle Dinge sind weder produziert noch zerstört. Bei aller Schöpfung geht es um Transformation, um unaufhörliche Veränderung von Moment zu Moment. Heilsein ist weder gemacht, noch wird es zerstört und ist weder zunehmend noch abnehmend. Heilsein ist nie verloren und immer präsent und verfügbar. Es ist konstant. Dieses Verständnis von Heilsein steht im Widerspruch unserer kulturellen und medizinischen Konditionierung, ist jedoch so wichtig für uns alle. Heilsein ist immer präsent, ist nie krank und stirbt nicht. Die Gezeiten des Lebens sind grösser als das Konzept des „Selbst“ und das Vergehen des Körpers soll nicht gefürchtet werden. Wie Lao im Tao Te Ching sagt, „“Tao besteht, dein Körper stirbt, es gibt keine Gefahr“. 20 8. Dank Ganz herzlich bedanke ich mich bei allen die mich dabei unterstützt haben, dass meine Diplomarbeit in dieser Form vorliegt. Ganz speziell möchte ich erwähnen und danken: - Dorothee van de Poll. Sie hat mir mit der Basisausbildung die „Craniowelt“ eröffnet, was ich ganz besonders schätze. - Lia Keller. Sie hat mich mit ihrem grossen Fachwissen, und ihrer jahrelangen Erfahrung immer wieder motiviert und unterstützt. - Meinem Partner Franz danke ich für sein Dasein, sein Interesse und für die weiterführenden Auseinandersetzungen. - Meinen Töchtern Lena und Viola. Sie haben mir englische Fachliteratur übersetzt. - Bernadette van Boxel und Bert Schmitz, meine spirituellen Lehrer, bei ihnen habe viel gelernt über feinstoffliche Energie, deren Bewegung und über Bewusstsein (www.bodymindfulness.com). 9. Literaturverzeichnis / Abbildungsverzeichnis - Rollin Becker „Leben in Bewegung & Stille des Lebens“ - Jaap van der Wal „Die Sprache des Embryos“ ein Artikel über die Phänomenologie des embryonalen Daseins - Franklyn Sills „Foundations in craniosacral Biodynamics, the Breath of Life and fundamental Skills, Volume one“ - Gerald Hüther/Inge Krens „Das Geheimnis der ersten neun Monate“ Titelbild - Fotographie von Franz Johann Müller, Insel Amrum in der Nordsee (DE) Bilder 1 und 2 - aus dem Artikel „Die Sprache des Embryos“ von Jaap van der Wal Bilder 3 bis 8 - aus dem Buch „The Breath of Life and fundamentel Skills, Volume one“ von Franklyn Sills Giswil, Februar 2015 21