FORDERUNGSKATALOG ZUM REGIERUNGSÜBEREINKOMMEN MEN 2006 REGIERUNGSÜBEREINKOM JUGENDAGENDA06 VORWORT .............................................................................................................. 2 1. JUGENDARBEITSLOSIGKEIT................................................................................ 3 2. BILDUNG........................................................................................................... 5 3. NICHT-FORMALE BILDUNG ................................................................................ 6 4. PARTIZIPATION.................................................................................................. 7 5. JUGENDSCHUTZ................................................................................................ 8 6. KINDERRECHTE.................................................................................................. 9 7. ANTI-DISKRIMINIERUNG .................................................................................. 10 8. ZIVILDIENST..................................................................................................... 11 9. FRIEDENSPOLITIK ............................................................................................. 12 10. BUNDESJUGENDVERTRETUNGS-GESETZ/ BUNDESJUGENDFÖRDERUNGS-GESETZ................................................................. 13 NACHWORT.......................................................................................................... 15 http://www.jugendvertretung.at 1 JUGENDAGENDA06 VORWORT Stärker denn je besteht in Österreich Handlungsbedarf in Sachen Jugendpolitik. Ausgehend vom mageren jugendpolitischen Bekenntnis im letzten Regierungsübereinkommen vom Februar 2003 blieb ein Großteil der notwendigen Maßnahmen aus. Die Bundesjugendvertretung sieht sich daher veranlasst, der künftigen Bundesregierung einen Forderungskatalog vorzulegen, der auf die breit gefächerten Problemstellungen der Jugendpolitik eingeht. Die Umsetzung der Forderungen und die Entwicklung von konkreten Maßnahmen werden nur in der Kooperation quer über Ministeriumsgrenzen hinweg zu realisieren sein. Insofern richtet sich dieser Forderungskatalog an alle Regierungsmitglieder. Wir weisen bewusst und explizit an dieser Stelle des Forderungskatalogs darauf hin, dass (jugend-)politische Maßnahmen nur dann effektiv sein können, wenn sie die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensrealitäten von Mädchen und Burschen bzw. jungen Frauen und Männern einbeziehen und die dahinter liegenden strukturellen Ungerechtigkeiten beseitigen. 2 http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 1. JUGENDARBEITSLOSIGKEIT JUGENDARBEITSLOSIGKEIT Noch nie zuvor waren in Österreich (und ebenso in Europa) so viele Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren auf Arbeitssuche. Die Arbeitslosigkeitsrate ist bei jungen Menschen nahezu doppelt so hoch wie die der gesamten Erwerbsbevölkerung. Jugendarbeitslosigkeit hat viele Gesichter (so z.B. für Lehrstellensuchende, für Lehr-, AHS/BHS- und HochschulabsolventInnen) und dramatische Konsequenzen für alle Betroffenen. Dazu zählen unter anderem fehlende finanzielle Absicherung und Autonomie, mangelnde soziale Integration und gravierende psychische Belastungen. Dabei dürfen jene Jugendlichen nicht vergessen werden, die von der Statistik unerfasst bleiben: Das sind zum einen Personen in diversen Schulungen und zum anderen Beschäftigte (mangelnde sozialrechtliche Absicherung, zu geringe Bezahlung, etc.) in prekären Dienstverhältnissen. Die politisch Verantwortlichen versuchen, dem Problem der Jugendarbeitslosigkeit auf unterschiedliche Weise beizukommen. An den derzeit laufenden Maßnahmen ist jedoch nicht zu übersehen, dass sie nur einem Teil der arbeitslosen Jugendlichen zu Gute kommen und für viele die Situation unverändert bleibt. Als zielführend erachten wir Maßnahmen, denen eine sektorübergreifende Zusammenarbeit zu Grunde liegt. WIR FORDERN... FORDERN... …Verbesserung von Berufsberatung und Berufsorientierung Berufsorientierung durch… • • • • …Berufsorientierung als eigenes Fach ohne Benotung mit Anwesenheitspflicht in der 7. und 8. Schulstufe. …geschlechtersensible Berufs- und Bildungswegorientierung für Burschen und Mädchen. …ein flächendeckendes Angebot neutraler Berufsberatungsstellen. …ein stärkeres Angebot der (Hochschul-)Bildungseinrichtungen. …Absicherung Absicherung der Lehrausbildung durch… • • • • • …Stärkung und Ausbau der dualen Lehrausbildung. …Sicherstellung der Chance, eine Ausbildung nach einem vollständigem Berufsbild zu bekommen so z.B. durch überbetrieblich Ausbildungsverbünde (triale Ausbildung). …die Schaffung von neuen Lehrberufen und Gruppenlehrberufen. …perspektivenreiche Alternativangebote für Jugendliche ohne Ausbildungsplätze. …die Schaffung eines Berufsausbildungsfonds. …qualitätsvolle Jobs Jobs.. Für junge Menschen heißt das insbesondere… insbesondere… • …adäquate Bezahlung und die Absicherung von Risiken durch Elemente einer Grundsicherung in allen EU-Staaten. http://www.jugendvertretung.at 3 JUGENDAGENDA06 • • • • …sozialrechtliche Absicherung. ...dass Lebens- und Karriereplanung in einem möglichst verlässlichen Rahmen möglich sein soll. …dass sie ihre erworbenen Kompetenzen nutzen und ausbauen können. …die Überwindung des „Gender Gap“ – der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen in der Praxis – und die umfassenden Gleichstellung der Geschlechter. Umsetzung msetzung EU… die U EU-weiter Beschäftigungsstrategien (Weißbuch Jugend, Europäischer Europäischer Jugendpakt) durch… • • • • 4 …besseren Informationsfluss und den Brückenschlag zwischen öffentlichem Bildungssektor und privater Arbeitswelt. … die Anerkennung von nicht-formaler Bildung, die Jugendliche erwerben. … den verbesserten Zugang zu (Aus-)Bildung für alle Jugendlichen. … die Prüfung und Umsetzung alternativer Arbeitsmarktmodelle wie Arbeitszeitverkürzung, Mindesteinkommen, öffentliche Beschäftigungsprogramme. http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 2. BILDUNG Bildung trägt wesentlich zur Erreichung gesellschaftlicher Chancengleichheit bei und verlangt als grundlegendes Menschenrecht nach einer verfassungsrechtlichen Verankerung. Mit massiven finanziellen und strukturellen Einschnitten im Bildungsbereich steuerten die politischen EntscheidungsträgerInnen in Österreich in den letzten Jahren leider in die entgegengesetzte Richtung. Selektionsmechanismen, in Form von Studiengebühren und Knock-Out-Prüfungen, diskriminieren nachweislich Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache und Frauen. Ein Ausweg aus dieser (bildungs-)politischen Sackgasse erfordert von der künftigen Bundesregierung weitreichende Maßnahmen. WIR FORDERN… FORDERN… …Bildung für alle durch… • • • • …den (gebühren-)freien und offenen Zugang zu Bildung als ein in der Verfassung verankertes Menschenrecht. Das bedeutet bspw. die Abschaffung von Studiengebühren, Selbstbehalten und des Kindergartenentgelts. …den konsequenten Abbau von sozialen Hürden und Zugangsbeschränkungen. Finanzielle Förderungen müssen ausgebaut und Knock-Out-Prüfungen abgeschafft werden. …die Unterstützung von lebenslangem Lernen für alle durch den offenen Bildungszugang und ausreichende Finanzierung der Erwachsenenbildung. …forcierte Mobilitätsabkommen und –programme wie bspw. Junior Erasmus/Comenius für 14-19-Jährige. …Sicherung und Ausbau des Bildungswesens, Bildungswesens, indem… • • • • • • …frühzeitige Selektion verhindert wird. Dazu fordern wir die Einführung der Gesamtschule. …bestehende Bildungsangebote anstelle von Elite-Universitäten ausgebaut werden. …eine Mindestfinanzierung des Bildungswesens verfassungsrechtlich verankert wird. …die Freiheit von Forschung und Lehre ernst genommen wird. Das bedeutet auch, dass der Ökonomisierung von Bildung entgegen gearbeitet werden muss! …Bildung demokratisiert wird. Das bedeutet, dass Mitbestimmungsrechte aller Beteiligten garantiert werden und bestehende demokratisch legitimierte Interessenvertretungen - im Besonderen die Österreichische HochschülerInnenschaft –in alle Entscheidungsprozesse eingebunden werden müssen. …die LehrerInnen-Ausbildung für alle Schulformen gemeinsam erfolgt. http://www.jugendvertretung.at 5 JUGENDAGENDA06 3. NICHTNICHT-FORMALE BILDUNG BILDUNG In einer modernen Wissensgesellschaft ist lebenslanges Lernen von großer Bedeutung. Nichtformale Bildung ist ein wesentlicher Teil dieses Lernens. Jugendorganisationen nehmen als Hauptanbieterinnen von nicht-formaler Bildung eine bedeutende Rolle in der Entwicklung vieler junger Menschen ein. Eine Anerkennung nicht-formaler Bildung bedeutet in dieser Hinsicht nicht nur die Anerkennung umfassender, individueller Kompetenzen junger Menschen sondern auch die Anerkennung des großen Wertes, den Kinder- und Jugendarbeit für die Gesellschaft hat. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • • 6 …gesellschaftliche Anerkennung. Die Gesellschaft muss die durch formales Lernen erworbene Fähigkeiten von Jugendlichen sozial und gesellschaftlich anerkennen. Lokale, nationale wie internationale Medien, Institutionen, Schulen, Gewerkschaften, Firmen und ArbeitgeberInnenvertretungen sollen diese Anerkennung mittragen. …politische Anerkennung. Politisch Verantwortliche auf nationaler und internationaler Ebene müssen den Rahmen schaffen, dass durch ausreichende und nachhaltige finanzielle Mittel für Jugendorganisationen deren nicht-formale Bildungsarbeit mit Jugendlichen und für Jugendliche gesichert wird. …die Förderung eines hohen gesellschaftlichen Bewusstseins für den Wert dieser Kernkompetenz von Kinder- und Jugendarbeit. Die Wertschätzung von Aktivitäten und ehrenamtlichem Engagement in Jugendorganisationen muss durch bewusstseinsbildende Maßnahmen von Seiten der Politik erhöht werden. …dass zertifizierte Lehrgänge und weitere Bildungsmaßnahmen, die von Jugendorganisationen angeboten und von Jugendlichen absolviert werden formelle Anerkennung erfahren. …mehr und bessere Kooperation zwischen TrägerInnen der formalen und nicht-formalen Bildung, beispielsweise in Fragen der der Nutzung von öffentlicher Infrastruktur. Um die Eigenständigkeit der Beteiligten zu wahren, ist wiederum die gegenseitige Anerkennung von formalen und nicht-formalen Bildungsbereichen nötig. http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 4. PARTIZIPATION Die Bundesjugendvertretung stellt unter Jugendlichen großes Interesse an gesellschaftlichen Prozessen fest. Wo realistische Möglichkeiten auf Durchsetzung bestehen, ist der Wunsch nach Mitbestimmung groß. Es gibt also keine breite Politikverdrossenheit, sondern bei weitem zu wenig Anreiz, in Gemeinschaften gestalterisch tätig zu werden. Die Bundesjugendvertretung fordert daher ein Paket für Partizipation, das alle für junge Menschen relevanten Bereiche der Mitbestimmung berücksichtigt. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • • • …das aktive Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr auf allen Ebenen (regional, national, EUbezogen). …mehr Transparenz hinsichtlich der demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten. Die Möglichkeiten und der realen Auswirkungen davon, wenn vorhandene Instrumente der direkten und indirekten Demokratie genutzt werden, müssen konsequent und realistisch aufgezeigt werden. …verstärkte Partizipationsbildung an Schulen und Universitäten. Diese soll das demokratische Bewusstsein bilden und zur stärkeren Nutzung partizipativer Rechte beitragen. …die Erweiterung des aktiven Wahlalters bei den Jugendvertrauensratswahlen von 18 auf 21 Jahre und die Erweiterung des passiven Wahlrechts von 21 auf 23 Jahre. …das aktive Wahlrecht für Nicht-EU-BürgerInnen auf kommunaler Ebene als ersten Schritt hin zu einer positiven Globalisierung. …die Schaffung von gesetzlich anerkannten sowie landes- und bundesweit vernetzten Vertretungen von Präsenz- und Zivildienern. http://www.jugendvertretung.at 7 JUGENDAGENDA06 5. JUGENDSCHUTZ Derzeit gibt es in Österreich neun unterschiedliche Jugendschutzgesetze. Für Kinder und Jugendliche gilt immer das Gesetz jenes Bundeslandes, in dem sie sich gerade aufhalten. Das führt zu einer undurchsichtigen Vielzahl von Jugendschutzbestimmungen, die nicht vernünftig nachvollziehbar sind. Es ist uns unverständlich, dass die Rechte und Pflichten der Jugendlichen von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt sind. Über eine Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen wurde schon oft diskutiert, alle politischen Parteien sprechen sich dafür aus, aber substanziell passiert ist bisher trotz vielmaliger Ankündigungen nichts. FORDER ERN WIR FORD ERN EIN ÖSTERREICHWEIT EINHEITLICHES JUGENDSCHUTZGESETZ. Die wesentlichen Schutzbestimmungen in einem bundesweiten Jugendschutzgesetzes sollen folgende Kernaussagen beinhalten: • • • • Verkaufs- und Konsumverbot von Tabak und Alkohol an bzw. für Jugendliche unter 16 Jahren. Die Ausgehzeiten ohne Begleitpersonen sollen nach dem Prinzip „Alter + 10“ geregelt sein. D.h. bspw. für 14-jährige 24 Uhr, für 16-jährige zwei Uhr früh, etc. Der Aufenthalt in Sexshops, Nachtlokalen, Prostitutionsräumen, Peep-Shows, Swingerclubs, Wettbüros, Glückspielhallen soll für unter 18-jährige verboten sein . Glückspiel an Geldspielautomaten soll ebenfalls Jugendlichen bis 18 Jahren nicht gestattet sein. Bei Medien, Datenträgern, Gegenständen und Veranstaltungen, die Aggression fördern, Menschenverachtende Brutalität zeigen, die Menschenwürde missachtende Sexualität zeigen und diskriminieren (nach ethnischer Herkunft, Hautfarbe, religiösem Bekenntnis, Behinderung, Geschlecht, sexueller Orientierung, die suchtfördernde Wirkung haben oder finanzielle Nachteile nach sich ziehen sollen Schutzbestimmungen für Jugendliche gelten: Die Weitergabe, das Anbieten, das Vorführen, das Betreten lassen, das Verkaufen an Jugendliche sowie der Erwerb, der Besitz, der Konsum für Jugendliche ist zu verbieten. Weiters betonen wir, dass Präventionsmaßnahmen im Jugendschutz Vorrang vor gesetzlichen Schutzbestimmungen haben müssen! Jugendschutzbestimmungen können nur im Zusammenhang mit entsprechenden Kontrollmaßnahmen wirksam sein. 8 http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 6. KINDERRECHTE Für die Österreichische Bundesjugendvertretung stellt die UN-Konvention über die Rechte von Kindern (in diesem Sinne der 0-18-jährigen) international und national ein grundlegendes Dokument für die Verbesserung der Lebenssituation dieser Altersgruppe dar. Auch Österreich hat sich 1992 dazu verpflichtet, die Umsetzung der Konvention im eigenen Land stetig voranzutreiben. Der 2004 vom Ministerrat gefällte Beschluss eines Nationalen Aktionsplans für Kinderrechte in Österreich stellt einen weiteren Meilenstein in diese Richtung dar. Dennoch kann sich Österreich nicht zu den Vorzeigestaaten in Sachen Kinder- und Jugendrechte zählen. Das belegt auch der lange Forderungskatalog der UNO an Österreich. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • • …die Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung. Die Kinderrechte als Menschenrechte stehen in Österreich auf Stufe eines einfachen Gesetzes und nicht in der Bundesverfassung. In den Länder-Verfassungen von Vorarlberg, Salzburg und Oberösterreich wurden die Kinderrechte bereits verankert. …eine einheitliche Gesetzgebung für Kinder und Jugendliche in ganz Österreich. Derzeit herrscht für junge Menschen in Österreich alleine aufgrund ihres Wohnortes eine unterschiedliche Schutz- und Fördergesetzgebung. …die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Kinderrechte in Österreich .Zur effektiven und möglichst raschen Umsetzung der vielfältigen Maßnahmen, die in diesem Aktionsplan beschrieben sind, fehlen momentan der politische Wille und ausreichend Ressourcen. …die Wiedereinführung des Jugendgerichtshofes in Wien und ausgewiesene Jugendgerichtshöfe in allen Landesgerichtssprengeln Österreichs. Durch die Auflösung des international als gutes Beispiel anerkannten Jugendgerichtshofs in Wien hat sich die Situation für minderjährige StraftäterInnen gravierend verschlechtert. Vor allem die Reintegration in die Gesellschaft wird nun massiv erschwert. …die Verbesserung der Situation unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Durch das neue Asylgesetz hat sich die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nochmals verschlechtert. Wir fordern eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Richtung individuellere und gezieltere Betreuung. http://www.jugendvertretung.at 9 JUGENDAGENDA06 7. ANTIANTI-DISKRIMINIERUNG Nach wie vor ist die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlechtes, ihres religiösen Bekenntnisses, ihrer sexuellen Orientierung oder aufgrund von Behinderung Alltag in Österreich. Sowohl bei gesetzlichen Bestimmungen, wie Leistungsansprüchen aus öffentlichen Dienstleistungen, als auch im scheinbar „privaten“ Bereich, der Arbeitsplatzsuche oder dem Zugang zu Diskotheken und Lokalen, stößt die rechtliche Gleichheit aller Menschen oft an ihre Grenzen. Auch die Wiederbelebung rechtsextremer bis offen neonazistischer Haltungen bzw. (Jugend)Gruppen sind eine Gefahr für eine offene, tolerante und demokratische Gesellschaft. Die gesamte Gesellschaft ist gefordert, solchen Tendenzen entschieden entgegenzutreten. Dafür braucht es spezifische gesetzliche, nachfolgend angeführte, Maßnahmen. Diese müssen streng angewendet und vollzogen werden. Darüber hinaus braucht es eine Politik, die Rechtsextremismus und Rassismus den sozialen Nährboden entzieht. Es braucht ein entschiedenes Engagement für eine gerechte Gesellschaft. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • …keinerlei Aufweichung des NS-Verbotsgesetzes! Die gesetzlichen Bestimmungen müssen in der Praxis entschieden angewandt werden! …ein tatsächlich wirksames, juristisch durchsetzbares, Anti-Diskriminierungsgesetz, mit dem rassistische und sexistische Diskriminierung jeglicher Art und in jeglichem Umfeld (Arbeitswelt, Wirtschaft, öffentliche Einrichtungen, Freizeiteinrichtungen,…) unter Strafe gestellt und präventiv verhindert wird. …dass die Diskriminierung von Nicht-StaatsbürgerInnen bei öffentlichen Leistungen (z.B. Sozialhilfe) beendet wird. Wir fordern gleiche Rechte für alle in Österreich lebenden Menschen. …die tatsächliche Geschlechtergerechtigkeit. Entsprechende Maßnahmen, damit aus einer de iure- eine de facto-Gleichstellung von Frauen und Männern wird sind rasch und konsequent umzusetzen! 10 http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 8. ZIVILDIENST Trotz der intensiven Arbeit in der Zivildienstreformkommission und der gesetzlichen Maßnahmen im Jahr 2005 sind viele essentielle Forderungen der Bundesjugendvertretung unerfüllt geblieben. Den Zivildienern wurde von der Regierung weiterhin die Gleichstellung der Präsenzdiener verweigert, eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate wurde verhindert. Neben der längeren Dienstdauer ist auch die finanzielle Situation der Zivildiener weiterhin unbefriedigend geregelt, auch demokratische Standards, wie die Schaffung einer gesetzlichen, bundesweiten Zivildienervertretung sind ausständig. Mit Nachdruck lehnt die Bundesjugendvertretung eine Schaffung eines verpflichtenden Sozialdienstes bzw. Überlegungen zur Miteinbeziehung von Frauen in die Wehrpflicht ab. Einerseits ist es sowohl für die Jugendlichen als auch PatientInnen unzumutbar, personelle Engpässe im Gesundheits- und Sozialsystem durch den Einsatz von ungeschulten und daher absolut unqualifizierten „Sozialdienern“ kompensieren zu wollen. Andererseits ist die positive Diskriminierung von Frauen beim Präsenzdienst als – absolut unzureichende – Kompensation für die viel gravierenderen Diskriminierungen anzusehen, denen Frauen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind (weniger Lohn für gleiche Arbeit, schlechtere Aufstiegschancen, Abwälzung von Haus- und Erziehungsarbeit auf Frauen, usw.). Eine Beseitigung dieser Ungleichbehandlung kann nur am Ende eines Prozesses stehen, in dem in allen anderen Bereichen eine Gleichstellung der Geschlechter erreicht wurde. Die Bundesjugendvertretung erwartet sich von einer neuen Regierung die Reparatur dieser Missstände. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • • … die gesetzliche Verkürzung und Angleichung von Zivil- und Präsenzdienst auf sechs Monate! …die Anhebung des Verpflegungsgeldes auf mind. Euro 13,60 pro Tag. Dieser Anspruch ist bar auszuzahlen! …die unbürokratische und rasche finanzielle Entschädigung all jener Zivildiener, die durch die Zivildienstgesetznovellen 2000 und 2001 schlechter gestellt wurden. …die Beseitigung der Antragsfrist für den Zivildienst. …die Einführung von, landes- und bundesweit vernetzten, Zivildienervertretungen. http://www.jugendvertretung.at 11 JUGENDAGENDA06 9. FRIEDENSPOLITIK In den letzten fünf Jahren haben die militärischen Interventionen der USA und ihrer Verbündeten z.B. im Irak, einmal mehr unter Beweis gestellt, dass Krieg keine Lösung, sondern das eigentliche Problem ist. Kriege lösen weder ethnische Konflikte, noch sind sie wirksam, um Terror zu bekämpfen. Um die Grundlagen für die Beseitigung solcher Konfliktherde zu legen, braucht es eine Politik, die soziale Gerechtigkeit schafft, Armut und Elend bekämpft und soziale Perspektiven schafft. Die Mittel, die es für solche Projekte braucht, sind derzeit in militärischen Rüstungsmaßnahmen gebunden. Das betrifft sowohl die USA, die im Moment wieder so viel Geld für Aufrüstung ausgibt, wie am Höhepunkt des Kalten Krieges, als auch die Europäische Union, Russland, China und andere große Staaten. Ein neuer Rüstungswettlauf zwischen diesen Staaten droht loszubrechen. Die Versuche verschiedener Staaten, völkerrechtswidrig in den Besitz nuklearer Waffen zu gelangen, können nicht durch neuerliche militärische Aggression gelöst werden. Die Bundesjugendvertretung sieht es als Aufgabe der künftigen österreichischen Bundesregierung an, in der österreichischen Tradition einer aktiven Friedenspolitik diesen Entwicklungen in EU und in der Welt entgegen zu wirken. WIR FORDERN… FORDERN… • • • • • …die Beibehaltung und ernsthafte Vertretung der Neutralität Österreichs. …die Ablehnung und Verhinderung einer Militarisierung der Außenpolitik und der weiteren Entwicklung der EU zu einem Militärblock. …mehr Engagement für nukleare Abrüstung und eine Welt ohne Atomwaffen. Ein „europäisches“ Atomwaffenprojekt muss abgelehnt werden! …Abrüstung statt Aufrüstung. Österreich braucht keine Kampfflugzeuge, sondern mehr Geld für Bildung, Soziales und Entwicklungszusammenarbeit! …konkrete Projekte zur Friedenserziehung an allen Schulen. 12 http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 BUNDESJUGENDVERTRETUNGS 10. BUNDESJUGENDVERTRETUNGSNGS-GESETZ/ BUNDESJUGENDFÖRDERUNGS GS--GESETZ BUNDESJUGENDFÖRDERUNGS Das im Jänner 2001 in Kraft getretene Bundes-Jugendförderungsgesetz (B-JFG) regelt die „Förderung außerschulischer Jugenderziehung und Jugendarbeit“. Das ebenfalls im Jänner 2001 in Kraft getretene Bundes-Jugendvertretungsgesetz (B-JVG) regelt die Interessensvertretung der österreichischen Jugendlichen im Status eines Sozialpartners. Die BJV bewertet die gesetzliche Verankerung der Vertretung und Förderung von Jugendarbeit grundsätzlich positiv, weist aber auf einige Mängel der vorliegenden Gesetze hin. Zur Behebung dieser Mängel hat es bereits im Jahr 2003 einige Workshops mit dem BMSG gegen. Daraus sind von der BJV folgende Forderungen zusammengefasst worden: Bundes-Jugendvertretungsgesetz: WIR FORDERN EINE NEUFASSUNG DES BB-JVG Der Verein Österreichische Kinder- und Jugendvertretung soll (mit dem Namen Bundesjugendvertretung) durch das B-JVG als Dachverband von Jugendorganisationen mit Sozialpartnerstatus zur Vertretung und Wahrung der Interessen der Jugendlichen in Österreich berufen werden. Diese rechtliche Konstruktion wäre analog zum Österreichischen Seniorenrat. Aufgrund vieler Schwächen im Gesetz, aber vor allem aufgrund mangelnder demokratischer Legitimation und Selbstbestimmung war eine Vertretung der Jugendlichen Österreichs auf europäischer Ebene nicht möglich. Deshalb wurde im Jahr 2005 der Verein „Österreichische Kinder- und Jugendvertretung (ÖJV)“ gegründet. Das Präsidium der Bundes-Jugendvertretung (BJV) hat den Verein ÖJV (vormals Verein zur Förderung der Österreichischen BundesJugendvertretung) als Geschäftsstelle der Bundes-Jugendvertretung gem. BundesJugendvertretungsgesetz (B-JVG) § 10 mit der Wahrnehmung der Aufgaben der BundesJugendvertretung gem. B-JVG §§ 6 und 9 Abs. 2 Zi. 1-3 beauftragt. Bundes-Jugendförderungsgesetz: WIR FORDERN… • • …die automatische Aufstockung der Jugendförderungsmittel wenn neue Förderempfänger hinzukommen. Im Fall, dass weitere Jugendorganisationen der Bezug von Basisförderung gewährt wird, müssen die gesamten Mittel der Bundes-Jugendförderung umgehend zumindest um den Betrag, den die neu hinzukommenden Organisationen und Basis- und Projektförderung beziehen, erhöht werden. …dass die Höhe der Basis- als auch die Höhe der Projektförderung für verbandliche Organisationen gesetzlich verankert wird. Jeweils am Ende eines Haushaltsjahres werden 50% der Gesamtfördersumme Projekten zugeordnet. Diese Regelung entspricht der Regelung, die im Moment nur für die Parteijugendorganisationen gilt. Sie wäre auf alle BezieherInnen von Basisförderung auszuweiten. http://www.jugendvertretung.at 13 JUGENDAGENDA06 • • • …Indexanpassung der Basis- und Projektförderung. …dass Förderungen für jeweils 3-5 Jahre im Voraus zuerkannt werden. …dass die Förderung der BJV soll gesetzlich festgeschrieben wird. 14 http://www.jugendvertretung.at JUGENDAGENDA06 NACHWORT Zu allen formulierten Forderungen wurden ausführliche Positionspapiere erarbeitet, die auf der Website der Bundesjugendvertretung zum Download zur Verfügung stehen: http://www.jugendvertretung.at/content/site/dialogbuero/positions/index.html Abschließend verweisen wir auf die Deklaration des „Austria Youth Event 2006“, die vor allem in den Punkten Jugendarbeitslosigkeit, Nicht-Formale Bildung und Partizipation in engem inhaltlichem Zusammenhang zu sehen ist: http://www.austriayouthevent2006.at/cms/youthevent/liste.html?channel=CH0599 http://www.jugendvertretung.at 15