JAHR 2013 • Ausgabe Nr. 2 • Donnerstag, 12. Dez. 2013 Herausgeber: Dr. Johannes Klotz Internet: www.freies‐wort‐bremervoerde.de Gestaltungsvorschlag der FAMILA‐Investoren nicht ausreichend! Bürgerinitiative fordert mehr Gestaltungskultur Vor dem Hintergrund immer detaillierterer Vorschläge der Famila‐Investoren, wird im „Freien Wort“ die Forderung der Bürgerinitiative „Rettet das Alt“ veröffentlicht und zur Dis‐ kussion gestellt. In diesem Zusammenhang ist auch auf die neueste Entwurfsplanung des „Famila‐Komplexes“ an der Seite „Hagenah‐Straße“ hinzuweisen, die eine bedenkliche Ästhetik aufweist. Das Erscheinungsbild dieser Seite des Baus ist hässlich und muss deutlich verbessert werden. Ebenfalls bedauerlich ist, das die 1. Etage überwiegend eine Attrappe ist und nicht für „Wohnen“ etc. genutzt werden soll. Was wir wollen Aktuelles Positionspapier der Bürgerinitiative „Rettet das Alt“ vom 27. 11. 2013. Die Bremervörder Bürgerinitiative „Rettet das Alt“ möchte das Haus Bremer Straße 14, in dem in den ersten vier Jahr‐ zehnten des 20. Jahrhunderts die jüdische Familie Salomon gelebt hat und in dem sich fast 150 Jahre lang bis zum Som‐ mer dieses Jahres viel besuchte Gastwirtschaften befunden haben, vor dem Abriss bewahren. Das Haus ist eines der we‐ nigen noch erhaltenen historischen Gebäude der Stadt und darf nicht auch noch wie viele andere ältere Häuser der in Bremervörde grassierenden Abrisswut zum Opfer fallen, sondern muss unbedingt erhalten werden! Da es sich zudem um ein seltenes bauliches Zeugnis jüdischer Geschichte der Stadt handelt, meinen wir, dass es für die Pflege unserer jüngeren Vergangenheit von unschätzbarem Wert ist. Im Frühjahr 2013 sind dem Bürgermeister über 3000 Unter‐ schriften übergeben worden, die den Erhalt der Kultkneipe „Alt Bremervörde“ an ihrem Platz in der Bremer Straße 14 forderten. Die Firma Bünting aus Leer, die ein größeres Ge‐ lände im Bereich zwischen Alter, Bremer und Hagenah‐Straße von der Kaufmannsfamilie Krause erworben hat und dort einen Famila‐Verbrauchermarkt bauen möchte, legte wenig später einen revidierten Entwurf vor, in dem die Bedenken großer Teile der Bevölkerung scheinbar berücksichtigt wur‐ den: Das Haus Bremer Straße 14 soll nach diesen Plänen weiterhin komplett abgerissen und – nach hinten versetzt – in der Fassadengestaltung des Neubaus lediglich angedeutet werden. Damit sind wir nicht einverstanden! Der Famila‐Markt wird, wenn er wie geplant realisiert wird, kein architektonisches Schmuckstück für Bremervörde werden. Der Stadt droht vielmehr ein riesiger Klotz mit langen, unansehnlichen Fron‐ ten. Der Fortbestand und die Einbeziehung des ehemaligen „Alt“‐Gebäudes in eine revidierte Planung könnten diesem Eindruck dagegen entgegenwirken: Da die Gastwirtschaft „Alt Bremervörde“ inzwischen an anderer Stelle weitergeführt wird und unser Vorschlag zur Einrichtung eines Kulturzen‐ trums im Haus Bremer Straße 14 sich nicht realisieren lässt, plädieren wir nun dafür, dass die Firma Bünting das histori‐ sche Gebäude in ihren Neubau integriert und seine Räumlich‐ keiten z. B. für das an dieser Stelle von ihren Architekten geplante Café nutzt. Das ansehnliche Haus, das im aktuell gültigen Bebauungsplan der Stadt Bremervörde als stadtbildprägend eingezeichnet ist, verfügt über eine solide Bausubstanz. Die Inneneinrichtung des geplanten Cafés müsste im Zuge der Umgestaltung mo‐ dernisiert werden. Da der Zugang zu dem Café von der Firma Bünting ohnehin rückwärtig von der Supermarktpassage her vorgesehen ist, könnte der Eingang der ehemaligen Gaststät‐ te zur Bremer Straße hin geschlossen werden. Zudem könnte der Bürgersteig vor dem bisherigen „Alt“‐Gebäude um einen knappen Meter verbreitert werden, was uns auch im Zusam‐ menhang mit den demnächst begonnenen Verkehrsberuhi‐ gungsmaßnahmen im Bereich der Alten Straße, die bis hierhin ausgedehnt werden sollten, sinnvoll erscheint. Das Gebiet ist Teil des geförderten Sanierungsprojekts „In‐ nenstadt Süd“, in dem nach einem beschlossenen Gestal‐ tungsleitfaden möglichst viel historische Bausubstanz erhal‐ ten bzw. rekonstruiert werden soll. Unserer Ansicht nach erfüllen die von der Firma Bünting an dem neuen Famila‐ Gebäude vorgesehenen historisierenden architektonischen Attrappen diesen Auftrag nicht. Die Einbeziehung des kultur‐ historisch wertvollen Stadthauses Bremer Straße 14 in die Gesamtgestaltung entspricht viel eher den Vorgaben des Gestaltungsleitfadens! In das Café sollte eine Ausstellung mit Gegenständen und Fotos integriert werden, die die Geschichte des Gebäudes dokumentieren. (Bisher ist vorgesehen, in Schaufenstern in diesem Bereich des zukünftigen Supermarkts historische Gegenstände der örtlichen Rumproduktion auszustellen!) An dem Gebäude sollte zudem eine Tafel angebracht werden, die an die jüdische Familie Salomon erinnert. Sie wurde von den Nazis enteignet und musste in die USA flüchten. Die bei‐ den Schwestern des aus Nieder Ochtenhausen bei Bremer‐ vörde stammenden Hauseigentümers Joseph Salomon verlo‐ ren im KZ ihr Leben. Eine zweite Tafel sollte an dem Haus Alte Straße 80 ange‐ bracht werden, das die Firma Bünting zur Realisierung ihrer Pläne ebenfalls aufgekauft hat und dessen Fassade restau‐ riert werden soll: Hier befand sich im Haus der Familie Heyn bis in die dreißiger Jahre der Betsaal der jüdischen Gemeinde.