Kapitel 1: Mathematische Grundlagen
1.1 Mengen, Multimengen, Tupel, Funktionen, Halbordnungen
Def.: Menge: Zusammenfassung von (endlich oder unendlich vielen) verschiedenen Dingen
unserer Umwelt oder Vorstellungswelt, den Elementen der Menge
x M : x in M enthalten, M enthält x .
x1 ,..., xn M
{x1 ,..., xn } Menge, die genau die Elemente x1 ,..., xn enthält.
Beispiele für Mengen:
: Menge der natürlichen Zahlen 1,2,3,…
0:
: Menge der ganzen Zahlen (integer) …, -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, …
,
Menge der Kardinalzahlen 0,1,2,3,…
: Menge der rationalen bzw. reellen Zahlen
oder { }: leere Menge
oder boolean ̂ {true, false} oder {1,0} oder {tt, ff} oder {w, f} oder
{L,O}: Menge der Wahrheitswerte
byte ̂ {-128,…,127}: Menge der ganzen Zahlen zwischen -128 und 127
{Adam, Eva}: Menge der ersten Menschen
{A, B, C, …, Z}: Menge der Großbuchstaben im lateinischen Alphabet
Def.: M 1 Teilmenge von M 2 ( M 1 M 2 ), wenn jedes Element von M 1 auch Element von
M2
M 1 und M 2 sind gleich ( M 1 M 2 ), wenn sie die gleichen Elemente enthalten
(Extensionalitätsaxiom).
Def.: Kardinalität: Für jede (endliche) Menge M bezeichnet | M | die Anzahl ihrer Elemente.
Neben Aufzählung der Elemente können Mengen durch charakterisierende Eigenschaft
gebildet werden (Komprehensionsaxiom).
Bsp.: byte ̂ {x | -128x und x127}.
auch unendliche Mengen!
Paradoxien bei unbeschränkter Mengenkomprehension, z.B. (Russell) M ̂ {x | xx}
Frage: ist MM?
Def.: Mengenoperationen:
Durchschnitt: M 1 M 2 ˆ {x | x M 1 x M 2 } .
Vereinigung: M 1 M 2 ˆ {x | x M 1 x M 2 } .
Differenz: M 1 M 2 ˆ {x | x M 1 x M 2 } .
Beispiele: 0= 0 , 0= , – 0 =, 0 – =0
Durchschnitt und Vereinigung sind kommutativ und assoziativ
Ausweitungen:
{M 1 , M 2 ,..., M n } ˆ {x | x M 1 x M 2 ... x M n } .
-
iI
M i ˆ {x | x M i für ein i I } .
Potenzmengenbildung: (M ) oder 2 M ist Menge aller Teilmengen von M
Cantor: Potenzmenge von M enthält mehr Elemente als M . Wenn | M | n , so | ( M ) | 2 n .
Beispiel: () {} , ({}) {,{}} und
({ A, B, C}) {,{ A},{B},{C},{ A, B},{ A, C},{B, C},{ A, B, C}} .
Multimengen
„Mengen, bei denen Elemente mehrfach vorkommen können“
Bsp.:
Tüte mit roten, gelben und grünen Gummibärchen,
Vornamen der Studierenden im Raum,
Buchstaben in einem Wort
Notation: Element und Vielfachheit
z.B. Multimenge der Buchstaben im Wort BANANA ist {A:3, B:1, N:2}
Formal: Multimenge ist Funktion von Grundmenge nach
0.
Folgen
Konkatenation bildet aus Mengen Tupel und Folgen.
Paarbildung (kartesisches Produkt):
M 1 M 2 ˆ {( x, y) | x M 1 y M 2 }
Menge aller Paare von Elementen
Oft: spitze oder eckige Klammern zur Kennzeichnung
Bsp: ={(1,tt),(1,ff),(2,tt),(2,ff), (3,tt),…}, =,
{0}={(1,0), (2,0), (3,0), …}, 0={(1,0), (1,1), (1,2), …, (2,0), (2,1), …}
Eine Verallgemeinerung ist das n-stellige kartesische Produkt, mit dem n-Tupel gebildet
werden:
M 1 M 2 M n ˆ {( x1 , x 2 ,..., x n ) | x1 M 1 x 2 M 2 ... x n M n }
2-Tupel – Paare
3-Tupel – Tripel,
4-Tupel – Quadrupel,
5-Tupel – Quintupel
Projektion: zur Produktbildung umgekehrte Operation
i ( x1 , x 2 ,..., x n ) |ˆ xi
selektiert aus einem Produkt einzelne Bestandteile
Folge oder Sequenz oder Liste der Länge n über M :
M n ̂ M M M (alle M i gleich)
Spezialfälle
o n 1: einelementige Folge (x)
o
n 0 : leere Folge (), unabhängig von Grundmenge M. Achtung: M 0 !
M n : Sequenzen fester Länge n.
M * : Sequenzen beliebiger Länge
M * ˆ {M i | i N} .
M ˆ M * M 0 (nur nichtleere Folgen)
Relationen und Funktionen
Relation R zwischen M 1 und M 2 : R M 1 M 2
Bsp.: M={Anna, Beate}, J={Claus, Dirk, Erich},
liebt={(Anna, Claus), (Beate, Dirk), (Beate, Erich)}
Infixnotation: (Beate liebt Dirk) statt (Beate, Dirk)liebt
M1 M 2 M : Relation über M
Bsp. und = über
Verbindungsrelation zwischen Städten im Streckennetz der Fluggesellschaft
R (links-)total: zu jedem x M1 gibt es y M 2 mit (xRy)
R (rechts-)eindeutig: zu jedem x M1 höchstens ein y M 2 mit (xRy)
Eindeutige Relation heißt Abbildung oder partielle Funktion
Totale Abbildung heißt Funktion
Schreibweise: f : M 1
M 2 und f ( x) y für f M 1 M 2 und ( x, y ) f
Definitionsbereich oder Urbildbereich (domain): Menge der x M1 , für die es y M 2
mit (xRy) gibt
Wertebereich oder Bildbereich (range): Menge der y M 2 , für die es ein x M1 mit (xRy)
gibt
n-stellige Relation: Teilmenge von M 1 M 2 M n
Prädikat: Einstellige Relationen; Schreibweise (Px) oder P(x) statt (x) P
Bsp.: {(Anna, Claus, 1989), (Beate, Dirk, 1993)} M J
prim oder even (Prädikate auf natürlichen Zahlen)
n-stellige Funktion f von M 1 , M 2 , , M n nach M : (n+1)-stellige Relation zwischen
M 1 , M 2 , , M n und M , so dass für jedes ( x1 , x2 ,..., xn ) M 1 M 2 M n genau ein
y M existiert mit ( x1 , x2 ,..., xn , y) f .
(n-stellige) Operation auf M : Funktion f : M M M
M
Bsp.: + und * zweistellige Operationen auf , ,
– ist auf ,
und
eine Operation, auf
und .
nur partiell (nicht total).
Andere Def.: (Relation als spezielle Funktion) Gegeben Grundmenge M 2 und M 1 M 2 .
charakteristische Funktion von M 1
: M2
(x) true falls x M1
(x) false falls x M1
Relation zwischen M 1 , M 2 , , M n ist Funktion von M 1 , M 2 , , M n nach
xRy genau dann, wenn R ( x, y) true; P(x) genau dann, wenn P (x) true;
(in Programmiersprachen: Prädikat als boolesche Funktion)