Kandidatenportrait: Corinne Schäfli, Kreis 7/8 Corinne Schäfli, geboren am 1. August 1981, aufgewachsen in Hallau (Kt. SH), hat Ethnologie studiert und in einer bunten Palette von Jobs gearbeitet. Heute ist sie Velokurierin, schreibt und experimentiert mit Video. Politisch «aufgewachsen» ist sie bei den Jungen Grünen und ist erst seit kurzem in der AL aktiv. «Ich will mich für ein fortschrittliches, nachhaltiges Zürich einsetzen, das genug Freiraum bietet für alle, die darin leben.» Wieso kandidierst du für die AL als Spitzenkandidatin? Ich war während und etwas nach dem Studium bei den Jungen Grünen aktiv; nach einer politischen Pause wollte ich in eine erwachsene Partei, und die AL passt am besten zu mir, weil sie - wenn bestimmt auch unter anderem dadurch, dass sie so klein ist - noch mutiger und unabhängiger agieren kann, als andere Parteien, die schon stärker in die Regierung eingebunden sind. Ist es ein Problem, dass die AL einen eigenen Stadtrat stellt? Nein, es erfordert lediglich viel Kraft, die zur ständigen Selbstreflexion eingesetzt werden muss, um eigenständig zu bleiben und sich nicht zu verbiegen. Ich möchte nicht, dass die Linie der Partei durch ihre Involvierung in die Regierung kompromittiert wird. Das ist natürlich je stärker die Gefahr, je mehr man in den Parlamenten und der Exekutive mitmischt. Aber sich deshalb daraus zurückzuziehen, wäre eine Kapitulation, die für mich nicht zur Debatte steht. Die Tatsache, dass diese Frage bei uns so offen diskutiert wird, zeigt mir, dass auch andere dieser Gratwanderung Aufmerksamkeit schenken. Das gibt mir Vertrauen. Was werden deine politischen Schwerpunktthemen sein? Zürich ist eine dichte Stadt und es ist schwierig, dafür zu sorgen, dass der vorhandene Raum nicht einfach von denen besetzt wird, die das Geld haben. Das betrifft Raum für Kultur genauso wie Verkehrsnetze und Wohnraum. Weiter halte ich das Asylwesen für ein besonders dringliches Thema. Darüber liefern wir uns mit den Rechten und Bürgerlichen ein ewiges, mühseliges Tauziehen. Der Diskurs ist arbiträr und betrifft eine kleine Anzahl von Menschen, die als grosse Bedrohung stilisiert und zu Propagandazwecken missbraucht wird. Aber wir dürfen nicht aufhören, darauf zu bestehen, dass Menschenrechte in der Schweiz für alle gelten müssen. Kannst du solch komplexe Zusammenhänge in einer Sprache formulieren, die verstanden wird? Als ich für die Kandidatur angefragt wurde, habe ich mich das auch gefragt. Von meinem Denken her widerspricht es mir, wichtige Themen auf saloppe Formeln zu transformieren. Aber ich habe das Potential, die Sprache der Politik zu lernen. Ich bestehe jedoch darauf, dass auf bestimmte Themen auch differenzierter eingegangen werden muss. Wenn ich mich einem Thema zuwende, dann mache ich die Erfahrung, dass ich andere Menschen überzeugen kann. Mit welchen Themen willst du die Zürcherinnen und Zürcher überzeugen? Zürich braucht ein Velowegnetz, das für alle befahrbar ist. Solange so viele Leute Angst haben, sich in der Stadt aufs Velo zu setzen, wird dieses als alltägliches Verkehrsmittel weiterhin nur marginal genutzt werden. Ausserdem dringend anzugehen ist das Problem der „Aufwertung“ verschiedener Quartiere, also die Verdrängung von erschwinglichem Wohnraum zugunsten von Luxuswohnungen. Dass dies ein Kernthema der AL ist, ist mit ein Grund, warum ich für sie kandidiere. Wie wohnst du? Ich surfe mit meinen vier MitbewohnerInnen auf der Welle der Aufwertung: in den letzten zehn Jahren sind wir oft umgezogen, weil wir befristet in Abrisswohnungen gelebt haben. Momentan leben wir im Seefeld, unbefristet, neben der Forchstrasse. Obwohl ich „Seefeldisierung“ wahrnehme, gibt es nach wie vor auch das andere Seefeld. Obwohl ich neben einem schicken In-Lokal wohne, war ich noch nie dort und bevorzuge das Klosbächli, eine kleine Quartierbeiz. Inzwischen hat sich unsere WG bei der 2000-Watt-Genossenschaft „Mehr als Wohnen“ in Oerlikon angemeldet Wie kannst du Menschen aus deiner Generation ansprechen? Mir ist bewusst, dass ich durch meine Themenwahl und auch durch mein Alter eher jüngere Leute anspreche. Eigentlich ist es aber nicht mein Ziel, mich auf eine Politik für die junge Generation zu beschränken. Klar ist die Bildung der Jungen die Zukunft und ist auch mir ein wichtiges Anliegen, aber die Pflege der Ältesten etwa ist ebenfalls ein aktuelles Problem, um das wir uns dringend kümmern müssen.