SchiedsamtsZeitung Aus der Rechtsprechung

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SchiedsamtsZeitung
Online-Archiv
67. Jahrgang 1996, Heft 04
Seite 56-57
Organ des BDS
Bund Deutscher Schiedsmänner und
Schiedsfrauen e.V. -BDSPostfach 100452 ‹ 44704 Bochum
www.schiedsamt.de ‹ [email protected]
Aus der Rechtsprechung
Fernsehschlaf bei laufender Waschmaschine
BGB §§ 823 Abs. 1, 276 Abs. 1
Wer eine Waschmaschine in einer Abstellkammer ohne Wasserablauf in einem
Obergeschoss abends in Betrieb nimmt, obgleich seine große Müdigkeit die Gefahr
nahe legt, dass er fernsehend einschlafen könnte, haftet bei einem Wasseraustritt
wegen eines defekten Schlauches für den fahrlässig herbeigeführten Schaden.
LG München 1, Urt. v. 24. 2. 1994 – 240 0 22468/93
Zum Sachverhalt: Die Bekl. ist Mieterin einer Wohnung im zweiten Obergeschoß. Im
ersten Stock und im Erdgeschoß befinden sich Lager- und Geschäftsräume der
Versicherungsnehmerin der Kl. Am Abend des 27. 4. 1992 schaltete die Bekl. ihre
Waschmaschine in der Abstellkammer ihrer Wohnung ein. Die Maschine hatte sie
kurze Zeit vorher fabrikneu erworben. Unmittelbar im Anschluss an die
Inbetriebnahme und ein weiteres Mal gegen 21.10 Uhr überwachte die Bekl. den
Waschvorgang. Anschließend ging sie ins Wohnzimmer um fernzusehen. Dort schlief
sie em. Wegen eines Defektes des Zuleitungsschlauches der Waschmaschine trat
über mehrere Stunden hinweg Wasser aus, durch welches die in den darunter
liegenden Räumen der Firma V. lagernden Waren erheblich beschädigt wurden und
ein Gesamtschaden in Höhe von über DM 140 000 entstand. Die klagende
Versicherung zahlte an ihre Versicherungsnehmerin Schadensersatz und macht
diesen Betrag nunmehr gegen die Betreiberin der Waschmaschine geltend. Die
Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
Die Kl. hat als Versicherer gegen die Bekl. einen Anspruch auf Zahlung gern. § 67
VVG in Verbindung mit §§, 823 Abs. 1, 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Denn die Bekl. hat
fahrlässig ihre Verkehrssicherungspflicht gegenüber der Firma V. verletzt. Durch die
Schadensersatzzahlung der Kl. an die Versicherungsnehmerin ist deren
Schadensersatzanspruch auf die Kl. übergegangen.
Die Bekl. hat durch ihr Verhalten fahrlässig zumutbare Überwachungspflichten
hinsichtlich des Betriebes der automatischen Waschmaschine in der Abstellkammer
ihrer Wohnung verletzt. Unter dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme hat
jeder, der eine Gefahrenquelle schafft oder beherrscht, notwendige Vorkehrungen
zum Schutz Dritter zu treffen, die wirtschaftlich zumutbar und zur
Gefahrenabwendung geeignet sind. Das Aufstellen eines Gerätes in einer Wohnung,
von dem für das Haus oder für dessen Bewohner Gefahren ausgehen können
begründet die Rechtspflicht, alles zumutbare zu tun, um den objektiv möglichen
Nachdruck und Vervielfältigung
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Nachdrucke, auch auszugsweise, sowie fototemechanische Vervielfältigungen, auch von Teilen eines Heftes, gleichgültig in welcher Anzahl,
auch für innerbetrieblichen Gebrauch, sind nicht gestattet. Die vorbehaltenen Urheber- und Verlagsrechte erstrecken sich auch auf die
veröffentlichten Gerichtsentscheidungen und ihre Leitsätze; sie sind vom Einsender oder von der Schriftleitung bearbeitet oder redigiert. Der
Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken oder ähnlichen Einrichtungen. Sie bedürfen zur Auswertung der ausdrücklichen Einwilligung
des Carl Heymanns Verlages.
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Schadenseintritt zu verhindern. Das Maß des Zumutbaren richtet sich dabei nach der
Größe der möglichen Gefahr. Dem steht es nicht entgegen, dass die von der Bekl. in
Betrieb gesetzte Waschmaschine erst kurz zuvor als Neugerät erworben worden und
von einer Fachfirma installiert worden ist. Denn es ist allgemein bekannt, dass auch
bei modernen Waschmaschinen die Verbindung zum Wassernetz durch den
Zuleitungsschlauch den unsichersten Teil darstellt. Denn es besteht die Gefahr, dass
der Schlauch, der ständig unter einem hohen Wasserdruck steht, porös wird, platzt
oder abrutscht. Diese Gefahr ist realistisch und nicht selten. Ausströmendes Wasser
kann schon in kurzer Zeit zu erheblichen Schäden auch in unter der Wohnung des
Betreibers liegenden Räumlichkeiten führen. Daher trifft einen Betreiber einer
Wasch- oder Spülmaschine die Verpflichtung, durch geeignete
Überwachungsmaßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass nach Auftreten einer
Störung umgehend weiterer Wasseraustritt verhindert werden kann.
Insofern verbietet es sich, eine Maschine beispielsweise dann in Betrieb zu setzen,
wenn die Wohnung anschließend auch nur für kurze Zeit verlassen wird. Auch wenn
nicht zu verlangen ist, dass die Bekl. als Betreiberin der Waschmaschine den
Waschvorgang ständig zu beaufsichtigen hätte, hatte sie jedoch in kürzeren
Abständen eine akustische und optische Überwachung durchzuführen. Dies gilt
insbesondere dann, wenn die Maschine in einer Abstellkammer ohne Gully betrieben
wird. 1 Tier hätte die Bekl. durch offenstehenlassen der Türen sicherstellen können,
dass sie akustisch das Waschgeräusch der Maschine verfolgen kann.
Diese Pflichten hat die Bekl. verletzt. Nach ihrer letzten Kontrolle gegen 21.10 Uhr
blieb die Maschine unbeaufsichtigt, nachdem die Bekl. in dem Wohnzimmer ihrer
Wohnung eingeschlafen war. dass das Wasser über einen Zeitraum von etwa 6
Stunden ausgelaufen war und erst gegen 3.30 Uhr oder 4.00 Uhr morgens durch den
Sohn der Bekl. bemerkt wurde, der durch Wasserplätschern aufwachte, spricht
unwiderlegbar dafür, dass die Bekl. es nicht sichergestellt hat, die Maschine
akustisch überwachen zu können oder sie jedenfalls für einen nicht nur geringfügigen
Zeitpunkt unbeaufsichtigt gelassen hat.
Unter Berücksichtigung des objektiven Sorgfaltsmaßstabes hat die Bekl. gem. § 276
BGB fahrlässig gehandelt. Aus der zunächst durchgeführten Kontrollmaßnahme
ergibt sich, dass der Bekl. eine mögliche Gefahr eines Wasseraustrittes bewusst war.
Sofern sie müde war, war es ihr möglich und zumutbar, geeignete Vorkehrungen zu
treffen. Sie hätte entweder die Maschine abschalten können oder sicherstellen
können, dass sie nach Ende des beabsichtigten Waschprogrammes wieder
aufwachte.
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