energieberatung Wärmetechnische Sanierung der Außenwand Zweiter Teil der Exclusiv-Serie zum Themenkomplex Energieberatung. Nachdem sich der erste Teil mit den grundlegenden Möglichkeiten und Chancen für SHK-Handwerker befasste, geht es diesmal um das Bauteil Außenwand. Die weiteren Beiträge vermitteln Beratungs-Knowhow zu den weiteren energetisch wesentlichen Bauteilen wie Kellerdecken, Dächer und Fenster. Hinweise für die Energieberatung Lale Küçük* Die energetische Betrachtung eines Gebäudes muss das gesamte „Energiesystem Haus“ umfassen. Dabei müssen die baulichen und die haustechnischen Komponenten gleichermaßen Berücksichtigung finden. Der Wärmebedarf eines Gebäudes hängt von den baulichen Voraussetzungen ab und die Energieerzeugung und -verteilung muss auf diese Gegebenheiten angepasst sein. D ie Gebäudeaußenwand macht gerade bei Wohngebäuden einen großen Teil der Gebäudehülle aus. Entsprechend hoch können die Wärmeverluste ausfallen. Bei einem frei stehenden Einfamilienhaus entsprechen die Wärmeverluste über die Außenwände bis zu einem Viertel der gesamten Wärmeverluste des Gebäudes. Bei größeren Gebäuden nimmt dieser Anteil sogar noch zu. Die Außenwand selbst ist in der Regel kein problematisches Bauteil. Energetische und bauliche Schwierigkeiten treten aber oft an den Anschlusspunkten zu anderen Bauteilen auf, wie etwa im Bereich der Fenster oder im Bereich des Daches. In diesem Artikel wird jedoch das Hauptaugenmerk auf die Außenwand, ihre energetische Bewertung und Sanierungsmöglichkeiten gerichtet. Im weiteren Verlauf dieser Serie werden die Bereiche Fenster und Dach mit den dazuge- hörigen Anschlüssen und die Kellerdecke noch ausführlich dargestellt. Beurteilung der Außenwände Die Beurteilung eines Gebäudes und der Qualität seiner Außenwände ist nicht immer ganz einfach. Informationen über das Gebäude wie Baupläne, Bauakten oder anderweitige Dokumente sind dabei sehr hilfreich. Leider sind solche Unterlagen – abhängig vom Alter des Gebäudes und der Häufigkeit des Besitzerwechsels – nicht immer vollständig vorhanden. Energieberater mit viel Erfahrung können die Beschaffenheit der Gebäudeaußenwände oftmals auch ohne Hilfsmittel gut einschätzen. Aber auch diejenigen Energieberater, die noch nicht über einen so großen Erfahrungsschatz verfügen, können ohne allzu großen Aufwand die Beschaffenheit der Wände einschätzen, indem sie eine Gebäudetypologie zu Rate ziehen. In einer solchen Gebäudetypologie sind für die unterschiedlichen Haustypen – vom frei stehenden Einfamilienhaus über das Einfamilienreihenhaus bis hin zum Mehrfamilienhaus in Abhängigkeit der jeweiligen Baujahre – die verschiedenen Baukonstruktionen und Baumaterialien dargestellt. Teilweise werden auch die zum jeweiligen Bauteil gehörigen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) angegeben. Vor allem bei Gebäuden, die in typischer Art und Weise den jeweiligen Baualtersstu- *) Lale Küçük, Energieagentur NRW ∂ Wärmeverluste über die Gebäudehülle. 46 Bild: Energieagentur NRW IKZ-Haustechnik · Heft 5 /2006 energieberatung ∂ Beispiele aus der Gebäudetypologie des IWU. fen entsprechen, ist so schnell eine gute Einschätzung des energetischen Zustands der Außenwand möglich. Es ist jedoch immer zu berücksichtigen, dass beispielsweise Anbauten aus späteren Baujahren aus anderen Baumaterialien erstellt sein können, also auch einzeln bewertet werden müssen. Regionale Gebäudetypologien Einige Kommunen, wie zum Beispiel die Stadt Essen und die Stadt Münster, stellen Gebäudetypologien zur Verfügung, die auch regionale bauliche Besonderheiten berücksichtigen. Ist eine Gebäudetypologie örtlich nicht vorhanden, kann auf die Typologien von Nachbarkommunen oder auf eine allgemeine Gebäudetypologie, die das In­ stitut Wohnen und Umwelt in Darmstadt (www.iwu.de) erstellt hat, zurückgegriffen werden. Für manche Gebäude lässt sich kein vergleichbares Objekt in der Gebäudetypologie finden. Für eine erste Einschätzung reicht hier aber eine Annäherung. Sollte sich herausstellen, dass diese Annäherung nicht ausreicht, muss mit genaueren Unter- suchungsmethoden gearbeitet werden. Dabei ist zu bedenken, dass diese zeit- und kostenintensiv sein können. Grundsätzlich ist bei Gebäuden, die in den 1950er- bis 1970er-Jahren erbaut wurden, im Rahmen von anstehenden Arbeiten an der Außenwand (z. B. Anstrich) eine zusätzliche Wärmedämmung zu empfehlen. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert sogar eine Verbesserung des Wärmeschutzes, wenn der Putz der Außenwand erneuert wird. Schwachstellen in der Außenwand Wärmebrücken müssen in der bauphysikalischen Bewertung der Gebäudehülle besondere Beachtung finden. Sie können zu Bauschäden führen und haben aber auch negative Auswirkungen auf die gewünschte Energieeffizienz eines Gebäudes. Als Wärmebrücke werden solche Stellen bezeichnet, an denen die Wärme aus dem Innenraum eines Gebäudes schneller nach außen abfließt als an der übrigen Gebäudehülle. Wärmebrücken können verschiedene Ursachen haben. Grundsätzlich ist bei- Heft 5 /2006 · IKZ-Haustechnik Bild: IWU spielsweise jede Außenecke eines Gebäudes eine Wärmebrücke. Hier steht einer kleineren Wärme aufnehmenden Innenseite eine größere Wärme abgebende Außenfläche gegenüber. Die Wärme fließt also „durch die Gebäudegeometrie bedingt“ schneller ab, sodass man von einer „geometrischen“ Wärmebrücke spricht. Aus diesem Grund sind die Oberflächentemperaturen der Wände auf der Innenseite in solchen Gebäudeecken immer etwas niedriger als an den übrigen Außenwandflächen. Am Beispiel einer Gebäudeecke mit einer gedämmten und einer nicht gedämmten Außenwand lässt sich der Effekt der geometrischen Wär- mebrücke verdeutlichen. Bei der ungedämmten Wand sinkt die Oberflächentemperatur an der Innenseite wesentlich stärker ab als bei der gedämmten Wand. Sollten die Oberflächentemperaturen der Innenwände unter 12,4 °C liegen, besteht die Gefahr von Schimmelpilzbildung. Neben den geometrischen Wärmebrücken gibt es eine Vielzahl von so genannten „konstruktiven“ Wärmebrücken, die durch die Kon­ struktion des Gebäudes, die Kombination verschiedener Materi­alien oder die Anschlussdetails bedingt sind. Jede Schwächung der Materialstärke in der Außenhülle bewirkt eine mehr oder minder wirksame Wärmebrücke, so z. B. die bei älteren Häusern häufig zu findenden Heizkörpernischen. Wärmebrücken entstehen aber auch überall dort, wo aufgrund mangelhafter Planung oder fehlerhafter Ausführung zu wenig Dämmmaterial eingebaut wurde. Besonders stark wirken all jene Bauteile, die aus dem warmen Gebäudeinneren ohne dämmende Unterbrechung in die kalte Außenluft ragen, z.B. Balkone und andere auskragende Bauteile. Zu den problematischen Bereichen zählen auch einbindende Innenwände und der Sockelpunkt, an dem die Kellerdecke ohne weitere Dämmung bis nach außen durchgezogen wurde. Auch sämtliche ande- ∂ Temperaturverlauf an der Oberfläche einer Außenwand. Bild: Energieagentur NRW 47 energieberatung ∂ Thermografie eines Gebäudes. ren Geschossdecken stellen Wärmebrücken dar. Für all diese Details gibt es baukon­ struktive Lösungen, die eine Vermeidung oder zumindest eine deutliche Verminderung des Wärmeabflusses ermöglichen. Vor allem die Außenwanddämmung kann solche Problemstellen beseitigen. Bei der Suche nach Wärmebrücken kann eine Thermographie-Aufnahme des Gebäudes hilfreich sein. Es handelt sich dabei um eine Aufnahme mit einer Infrarot-Wärmebildkamera, die den Abfluss der Wärme über die Gebäudehülle deutlich macht. Dabei ist aber zu beachten, dass die Anschaffung einer Thermographiekamera entsprechend hohe Kosten mit sich bringt und die Nutzung, dabei vor allem das richtige Lesen der Aufnahmen, einer ausführlichen Schulung bedarf. Auf dem Wissensportal Energie der Energieagentur NRW im Internet unter www. wissensportal-energei.de finden Interessierte ein frei zugängliches Online-Seminar zu diesem Thema. Bild: Die Energiearchitekten, Oberhausen Gebäude verfügen über sanierungsbedürftige Putz- oder Ziegelfassaden, die problemlos von außen gedämmt werden können. Hier kommt der Einsatz eines Wärmedämmverbundsystems (auch Thermohaut genannt) infrage. Bei einem solchen System muss immer mit aufeinander abgestimmten Komponenten gearbeitet werden. Die Dämmstoffplatten können dabei aus den unterschiedlichsten Materialien bestehen, sollten aber immer – in Abhängigkeit von der gewählten Wärmeleitgruppe, die den U-Wert des Dämmstoffs bestimmt – mindestens eine Dicke von 12 cm aufweisen, um den heutigen Standards energieeffizienter Gebäude zu entsprechen. Bei der Dämmung der Außenwand mit einem Wärmedämmverbundsystem sind besonders die Anschlusspunkte von Fenstern und Dach und die ausreichende Überdämmung des Sockelpunktes zu beachten. Gerade bei Fenstern muss der Fensterrahmen in der Fensterlaibung – wenn möglich – mit 4 cm überdämmt werden, um bauphysikalische Probleme auszuschließen. Die hinterlüftete Vorhangfassade bietet eine weitere Möglichkeit der nachträglichen Außenwanddämmung. Vorhangfassaden gehören zu den traditi­onellen Bauweisen, die häufig in ländlichen Gegenden eingesetzt wurden. Dabei dienen regionaltypisch Holzschindeln, Bretter oder Schieferplatten als Verkleidung. Sie werden häufig als Witterungsschutz, aber auch zur Verschönerung der Fassade eingesetzt. Zur Erstellung Energetische Verbesserungsmaßnahmen der Außenwand – Sanierungshinweise Eine energetische Sanierung der Gebäudeaußenwand kann die Energieverluste über dieses Bauteil um bis zu 90 % verringern. Viele ∂ Schematische Darstellung eines Wärmedämmverbundsystems an einer Außenwand. Bild: Energieagentur NRW 48 einer Vorhangfassade wird zunächst eine Unterkonstruktion an der Außenwand angebracht. Der Dämmstoff wird wie bei der Thermohaut an der Wand befestigt und sollte ebenfalls 12 cm nicht unterschreiten. Der so genannte „Vorhang“ wird im Abstand von etwa 4 cm zur Dämmschicht angeordnet, um über diese Hinterlüftung eventuell entstehende Feuchtigkeit abzuführen. Zum Abschluss wird eine Verkleidung aus Holz, Schiefer, Faserzementplatten oder Ähnlichem angebracht. Kerndämmung als kostengünstige Möglichkeit Vor allem im norddeutschen Raum wurden oft Wohngebäude mit einem zweischaligen Mauerwerk mit dazwischen liegender Hohlschicht errichtet. Die Hohlschicht diente zur Hinterlüftung der Vormauerschale, um, genau wie bei der hinterlüfteten Vorhangfassade, Feuchtigkeit abzuführen. Es hat sich herausgestellt, dass eine Hinterlüftung der Vormauerschale unter bestimmten Voraussetzungen nicht zwingend erforderlich ist. In diesen Fällen ist eine Kerndämmung eine kostengünstige Möglichkeit, den Wärmeschutz der Außenwand zu verbessern. Für eine Kerndämmung muss die Vormauerschale intakt sein, d.h. sie darf keine Risse aufweisen und ihre Oberfläche muss diffusionsoffen sein – sie darf also nicht mit dampfdichten Klinkern oder Anstrichen versehen sein. Bei einer nachträglichen Kerndämmung wird der etwa 4 bis 8 cm breite Hohlraum zwischen den beiden Mauerschalen mit einem Wasser abweisenden Schüttdämmstoff im Einblasverfahren gefüllt. Bei Gebäuden mit erhaltenswertem Sichtmauerwerk oder denkmalgeschützten Fassaden soll oder darf häufig keine Dämmung von au- IKZ-Haustechnik · Heft 5 /2006 energieberatung ∂ Schematische Darstellung einer Innendämmung. Bild: Energieagentur NRW ßen auf das Gebäude aufgebracht werden. Hier ist die Innendämmung oft die einzige Möglichkeit, um den Wärmeschutz der Außenwände zu verbessern. Dämmung von innen Mauerwerk führen. Bei Innendämmungen sind in der Regel Dämmstärken von etwa 6 cm zu empfehlen. Die ­Energieeinsparung wird bei einer solchen Innendämmung nicht so hoch ausfallen, wie bei einer außen an- Die Dämmung wird von innen an der Außenwand aufgebracht. Somit liegt das Mauerwerk auf der kalten Seite der Dämmung. Um Feuchteschäden zu vermeiden, muss in der Regel die Dämmung durch eine vollflächig verklebte Dampfsperre auf der Innenseite ergänzt werden. Diese Dichtungsebene muss sorgfältig ausgeführt werden, denn durch undichte Stellen kann feuchtwarme Raumluft in die Dämmung dringen. Die Luft kondensiert dann zwischen Dämmung und kalter Außenwand, wodurch Tauwasser ausfällt. Dieses kann zu Pilzbefall und Schäden am Mauerwerk führen. Da die Dämmung auf der Innenseite angebracht ist, schützt sie das Mauerwerk nicht. Bei sehr niedrigen Außentemperaturen kann Frost eindringen und durch die Temperaturdifferenz zwischen Mauerwerk und Dämmung zu Rissbildungen im Heft 5 /2006 · IKZ-Haustechnik gebrachten zusätzlichen Wärmedämmung. An den Stellen, an denen Decken und Innenwände eine direkte Verbindung mit der Gebäudeaußenwand aufweisen, wirken diese zudem wie eine Wärmebrücke. Deren Wirkung kann durch den Einbau einer Innendämmung nur zum Teil verhindert werden. Zwar kann ein Dämmkeil an der Decke die Wärmebrückenwirkung der Decke minimieren, sie kann aber nicht ganz beseitigt werden. Aufgrund der schwierigen bauphysikalischen Bedingungen sollten Innendämmungen nur unter Beteiligung von ausgewiesenen Fachleuten ausgeführt werden. Vor allem bei Gebäuden mit Holzbalkendecken ist ein Sachverständiger hinzu zu ziehen. Maße Energie verloren. Um die Gebäudeaußenwand ­energetisch zu bewerten, kann die Nutzung einer Gebäudetypologie hilfreich sein. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Außenwand ­energetisch aufzuwerten. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf die Anschlusspunkte zu richten. Die einfachste und effektivste Maßnahme ist die außenseitige Dämmung. Ist das nicht möglich, kann unter bestimmten Umständen und unter Berücksichtigung der bauphysikalischen Gegebenheiten auch eine Innendämmung in Erwägung gezogen werden. Da die Außenwände einen großen Teil der Gebäudehülle ausmachen, sollten sie bei einem energetischen Sanierungskonzept immer berücksichtigt werden. ∂ Zusammenfassung @ Internetinformationen: www.ea-nrw.de/sanierung Über ungedämmte Außenwände geht in erheblichem Drei Fragen IKZ-HAUSTECHNIK: Heizkörpernischen und Fensterbänke sind typische Schwachstellen von Außenwänden. Wie lassen sich diese baulichen Wärmebrücken effizient sanieren? Lale Küçük: Am besten können diese Energieverluste verringert werden, wenn das Gebäude rundhe­ rum von außen gedämmt wird. Wird der Heizkörper aus der Nische entfernt und nach vorne gesetzt, sollte die Nische, wenn möglich, mit dem gleichen Material ausgemauert werden, aus dem die Wand be- steht. Innendämmung sollte nur dann eingesetzt werden, wenn eine absolut luftdichte Konstruktion möglich ist. Sonst kann es zu einer Tauwasserbildung hinter der Dämmung kommen und damit zu Schimmelpilzbefall. IKZ-HAUSTECHNIK: In Baumärkten werden spezielle 3 – 5 mm starke Styroportapeten mit reflektierender Silberhaut angeboten. Ist der Einsatz dieser Dämmtapeten überhaupt sinnvoll, lässt sich damit wirklich ­Energie sparen? Lale Küçük: Die Energieeinspareffekte sind sehr ge- ring und machen nur wenige Prozentpunkte aus. Wenn es möglich ist, sollte vollständig saniert werden. In einer Mietwohnung kann die Styroportapete eventuell in Heizkörpernischen eingesetzt werden, aber auch hier sollte möglichst luftdicht gearbeitet werden. IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Hinweise sollte ein Energieberater seinen Kunden in Sachen Außenwandsanierung geben? Lale Küçük: Die Außenwand macht häufig einen großen Teil der Gebäudehülle aus. Um die besten Energieeinspar­ effekte zu erzielen, sollte sie immer dort, wo es möglich ist, vollständig von außen gedämmt werden. Dabei muss besonders auf die Anschlusspunkte zu anderen Bauteilen, wie z. B. den Fenstern, geachtet werden. 49