Grosser Bau für kleine Patienten

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PRAXIS
Neubau Kinderspital Zürich
Grosser Bau für kleine Patienten
Die Basler Stararchitekten Herzog & de Meuron bauen zum ersten Mal in Zürich. Ihr Entwurf für
das Kinderspital überzeugte die Jury dank klarer Formgebung, präziser städtebaulicher Setzung
und kindergerechter Architektur.
Von Ben Kron und Katrin Ambühl
Z
ürich hatte sich lange als hartes Pflaster für
Jacques Herzog und Pierre de Meuron erwiesen. Die Architekten, deren ikonografische Bauten wie das Pekinger Vogelnest-Stadion
rund um den Globus für Aufsehen sorgen, konnten bis vor kurzem noch keinen einzigen Wettbewerb in der Zwingli-Stadt gewinnen. Doch nun
dürfen sie an der Limmat bauen, und dazu noch
im hochkomplexen Bereich Spitalbau, in dem sie
bisher noch kein Projekt realisiert haben.
Inmitten einer Spitalzone
Der Neubau für das Kinderspital von Herzog &
de Meuron wird zwischen 550 und 600 Millionen Franken kosten und soll bis 2018 realisiert
­werden. «Es ist reiner Zufall, dass unser erstes
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«
Es ist reiner Zufall,
dass unser erstes
Projekt in Zürich ein
Kinderspital ist. Aber
das macht es besonders sympathisch. Jacques Herzog, Architekt
»
P­ rojekt in Zürich ein Kinderspital ist. Aber das
macht es besonders sympathisch», sagt Architekt Jacques Herzog. Entstehen wird die Anlage
auf dem freien Gelände gegenüber der Psychi-
atrischen Universitätsklinik (PUK) in ZürichBalgrist. Direkt neben dem zu bebauenden Areal
liegt die Schulthess Klinik, eine der führenden
orthopädischen Zentren in Europa. Sie wird zurzeit mit einem Erweiterungsbau ergänzt. Die
Uniklinik Balgrist sowie die Klinik Hirslanden sind
weitere bekannte Nachbargebäude des zukünftigen Kinderspitals. Das alte liegt in ZürichHottingen und ist zurzeit noch ein Flickwerk von
mehr oder weniger alten Gebäuden, die längst
an ihre Kapazitätsgrenzen gestossen sind.
Einmal rund, einmal eckig
Das Siegerprojekt umfasst zwei verschiedenartig
gestaltete Baukörper: das eigentliche Spitalgebäude als langgezogener Kubus und das Gebäude
Nr. 2, Freitag, 11. Januar 2013
Bilder: zvg
Natur und Architektur bilden beim Spital eine Einheit
und schaffen einen atmosphärischen Gegensatz
zu den klinischen Behandlungszimmern.
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für Lehre und Forschung, ein Rundbau. Das ­Spital
besteht aus einem flachen 3-geschossigen Baukörper mit vor- und zurückspringenden Geschossen und einer feingliedrigen Fassade.
Neubau Forschung und Lehre
Insgesamt 200 Betten
Der Bau von 220 Metern Länge und 120 Metern
Breite wird durch zahlreiche runde und rechteckige Innenhöfe aufge­lockert. Das neue Kinderspital wird 40 Betten für Neonatologie und
­Intensivpflege bieten und weitere 160 für die
­medizinische und die chirurgische Klinik. Der Bau
für Lehre und Forschung setzt mit seinem Rundbau einen Kontrapunkt zum Spitalgebäude. Trotz
ihrer typologischen Verschiedenheit besteht eine
architektonische Verwandtschaft zwischen den
Gebäuden. Beide gliedern Räume und Hofzonen
in geometrischen Strukturen wie Kreisen und
Rechtecken (siehe Situationsplan rechts).
Bauherrin ist die Eleonorenstiftung, unter
­deren Trägerschaft das Kinderspital steht. Sie hat
ein zweistufiges Planerauswahlverfahren ausgeNr. 2, Freitag, 11. Januar 2013
Psychiatrische Uniklinik PUK
Uniklinik Balgrist
Schulthess Klinik
Neues Kinderspital
Klinik Hirslanden
Kinderspital und Forschungszentrum fügen sich respektvoll ins Umfeld mit den bestehenden Spitälern ein.
baublatt 21 PRAXIS
Die geringe Gebäudehöhe und das Holz der Fassade verleihen dem neuen Spital eine angenehme Atmosphäre.
schrieben. 19 Teams nahmen in der ersten Stufe
des Wettbewerbs teil. Fünf davon wurden zur
­Bearbeitung ihrer Projekte zur zweiten Stufe
­zugelassen. Am Siegerprojekt lobt die Jury die
gelungene Integration der beiden unterschiedlichen Baukörper ins heikle Umfeld mit dem
Schutzobjekt der PUK. Zudem werde in den
­Patientenzimmern eine Atmosphäre von grosser
Geborgenheit geschaffen, zum einen durch die
gewölbten, nach aussen gezogenen Decken,
zum andern durch die Verwendung von Holz im
Innenausbau. Die Gestaltung mit den Innenhöfen vermittle einen Reichtum an verschiedenartigen Aus- und Einblicken in eine spannende,
für Kinder massstabsgerechte Innenwelt, resümiert das Gremium weiter. Insgesamt sehe der
«
Die kleine Massstäblichkeit und die
Materialisierung haben
sich bewährt. »
Jacques Herzog, Architekt
Entwurf gar nicht aus wie ein Krankenhaus, was
begrüssenswert sei für ein Kinderspital.
«Wir haben uns für ein horizontales, fein strukturiertes Gebäude mit viel natürlichem Lichteinfall entschieden», erläutert Jacques Herzog. «Die
kleine Massstäblichkeit und die Materialeigen-
schaften vom Holz sind Aspekte, die sich sehr
­bewährt haben bei unserem Entwurf für die
­Rehab-Klinik in Basel.»
Auch ökonomisch interessant
Ein weiteres Plus sahen die Verantwortlichen in
den wirtschaftlichen Qualitäten des Vorschlags.
Während das Siegerprojekt mit einer Geschossfläche von 84 000 Quadratmetern auskommt,
um allen Anforderungen gerecht zu werden, hätte
man für die Umsetzung der anderen 5 bis 8 Prozent mehr Fläche benötigt.
Es war die Summe all dieser Aspekte, die zur
Entscheidung führte. Und dazu, dass bald auch
die Zürcher ihren ersten Bau aus der Feder von
Herzog & de Meuron haben. n
Der flache Neubau lässt der denkmalgeschützten Psychiatrischen
Universitätsklinik (hinten im Bild) viel Luft. Ebenfalls zum Projekt
gehört der runde Forschungsbau rechts.
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Nr. 2, Freitag, 11. Januar 2013
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