Von den „Heimtrainern“ fit gemacht Heft 64 | 2010 Ein Jahr EnEV 2009 Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen wksb Zeitschrift für Wärmeschutz · Kälteschutz · Schallschutz · Brandschutz Vor der Modernisierung Quelle: SAINT-GOBAIN-ISOVER G+H AG Projekt: AIDAdiva, Meyer Werft GmbH Bild: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG 2 | wksb | 63/2010 | Inhalt wksb 64 | 55. Jahrgang | November 2010 Zeitschrift für Wärmeschutz · Kälteschutz · Schallschutz · Brandschutz Rubriken 5 6 Editorial 6Ein Jahr EnEV 2009 - Stand und Perspektiven Prof. Dr.-Ing. Anton Maas Titelthema 21 Innovationen 28 Wettbewerbe 30 Normen und Richtlinien 36 Objektberichte 41 Technik + praxis 21Fraunhofer inHaus - Labor und Showroom für Innovationen Alexander Geißels 63 Innovative Systemlösungen 78 Leserforum 79 Interessante Termine 82 Aus- und Weiterbildung 85 Vorschau 86 Impressum 23Nachhaltigkeit von Dämmstoffen Dr. Franz-Josef Kasper 30 L üftung nach Konzept DIN 1946-6: Lüftung von Wohnungen Raimund Käser 36Von den „Heimtrainern“ fit gemacht Volker Gustedt 41energy+ Home 2010 Prof. Dr.-Ing. Karsten Tichelmann, Jürgen Volkwein, Bastian Ziegler 46Dicht ist wichtig! Torsten Bolender 50Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern im Neu- und Altbau Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Feist 56Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen Dr.-Ing. Martin Zeitler 61 Platzsparendes Kraftwerk dank Hochleistungsdämmstoff Armin Ph. Schmitt 68 Fenster und Fassaden in der Energieeinsparverordnung 2009 Wolfgang Böttcher 82Masterstudiengang PASSIVHAUS+ Prof. Ludwig Rongen Projekt: Bauvorhaben Lehmann-Heers, Berlin Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb | 64/2010 |3 4 | wksb | 64/2010 | Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gehören zu den TopThemen in Deutschland. Dennoch fragt sich der geneigte Betrachter, warum es immer noch eine so enorm große Anzahl an Gebäuden und betriebstechnischen Anlagen gibt, die einen sehr schlechten energetischen Zustand aufweisen. An den Lösungen für energetische Verbesserungen kann es nicht liegen. Der Markt bietet dazu eine Fülle von Systemen an, die fortlaufend ergänzt werden durch Neuentwicklungen und Produktoptimierungen. Welche Hilfestellung erwartet der Markt in diesem Thema? Das Handwerk hat zwischenzeitlich gelernt, sich auf den Modernisierungsmarkt einzustellen und seine Mitarbeiter dahingehend weiter zu qualifizieren. Die KfW-Fördermittel wurden in jüngster Vergangenheit spürbar gestrichen, aber sind solche finanziellen Anreize wirklich erforderlich, zumal Energieeinsparung bei knapper werdenden Ressourcen und steigenden Preisen auch einen gewissen finanziellen Anreiz darstellen? Es ist bedauerlich, dass für Hochbau und betriebstechnische Anlagen bislang noch keine konzertierte Marktbearbeitung gelungen ist. Architekten- und Ingenieurkammern, Handwerkerverbände, Fachhandel und Baustoffhersteller gehen nahezu ausnahmslos noch getrennte Wege. Die Vielzahl der verschiedenen „Energieberater“, die sich durch eine Fülle unterschiedlicher Ausbildungsgänge qualifizieren, ist verwirrend. Der Leidtragende ist der Haus- und Anlagenbesitzer. Ihm fehlen die eindeutigen Ansprechpartner, die ihm eine objektive Beratung und Planung der erforderlichen Maßnahmen anbieten können. Das führt letztlich dazu, dass gar keine Maßnahmen umgesetzt werden. Schließlich geht gerade in wirtschaftlichen unsicheren Zeiten kein Entscheider ein vermeidbares Risiko einer Investition ein. Auch wenn diese Investition unter Umständen das wirtschaftliche Risiko verringern könnte. Unser aktuelles Titelthema befasst sich mit der EnergieEinsparVerordnung (EnEV) 2009 und resümiert die bis heute gesammelten Erfahrungen. Dabei haben wir nicht nur die Macher und Experten der EnEV um ihre Sicht gebeten, sondern auch Fachleute, die mit der praktischen Umsetzung befasst sind, zu Wort kommen lassen. Letztlich sind es die zahlreichen Fachleute, die in der täglichen Praxis die EnEV umsetzen müssen. Und das ist bei der vorhandenen Marktstruktur in Deutschland mit dem überwiegenden Anteil an Modernisierungsmaßnahmen weitaus schwieriger, als im reinen Neubaubereich. Wichtig erscheint immer wieder die Darstellung gelungener wksb | Modernisierungsmaßnahmen. Dies wollen wir in diesem Heft mit einigen Objektberichten tun. Die Anforderungen nach EnEV 2009 sollten heute bereits durchgängig gelebte Praxis sein. Zumal sie nur ein Schritt auf dem Weg zum Passivhaus-Standard sind, der bekanntermaßen ab 2020 für den Neubau Standard sein wird. Wie es hierzu in der Ausbildung von Architekten steht zeigt beispielhaft der Bericht von Prof. Ludwig Rongen, der an der Hochschule Erfurt den Aufbaustudiengang zum Passivhausarchitekten leitet. Neben dem Hochbau liegt aber auch ein großes Potenzial zur Energieeinsparung und damit zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in den betriebstechnischen Anlagen. Bislang ist dieser Markt noch ohne klare Regelung. Einen Energieausweis, wie im Hochbau, gibt es hier nicht. Für die Wirtschaftlichkeit von produzierenden Unternehmen ist die Energieeffizienz ihrer Anlagen jedoch ein mitunter überlebenswichtiges Argument. Das Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) hat daher zusammen mit dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e. V. (ZDB) und mit Unterstützung führender Unternehmen aus Handwerk und Baustoffproduktion ein Förderprojekt „Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen“ initiiert. Lesen dazu in diesem Heft den ausführlichen Bericht von Dr. Martin Zeitler vom FIW. Ich wünsche Ihnen bei der Lektüre der wksb Nr. 64 viel Freude und Anregung. Ihr Michael Wörtler Herausgeber und Vorstandsvorsitzender der SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG 64/2010 |5 Titelthema | Ein Jahr EnEV 2009 - Stand und Perspektiven Prof. Dr.-Ing. Anton Maas* 1. Hintergrund der EnEV 2009 Die Rahmenbedingungen für Anpassungen der Anforderungen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich basieren auf politischen Vorgaben, die in der EU abgestimmt sind. Hierbei wird gefordert, dass die Senkung der Treibhausgase bis 2020 um mindestens 20 % zu erfolgen hat, die mit einer Verbesserung der Energieeffizienz um wenigstens 20 % einhergeht, und es wird ein verbindliches Ziel formuliert, den Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch der EU bis 2020 um 20 % zu erhöhen. Die Umsetzungen neuer Energieeffizienzanforderungen im Gebäudebereich erfolgen in Deutschland über Novellierungen der Energieeinsparverordnung. Eine Verbesserung des Anforderungsniveaus um 30 % ist für 2009 bereits umgesetzt - die Verordnung ist am 1. Oktober 2009 in Kraft getreten [1]. Für 2012 ist eine weitere Neufassung der EnEV vorgesehen, verbunden mit einer weiteren Anpassung der Anforderungen um bis zu 30 %. Für Wohngebäude geht die Novellierung in 2009 mit der Einführung des so genannten „Referenzgebäude-Verfahrens“ einher, das einen verbesserten Wärmeschutzstandard in Verbindung mit einer effizienteren Heizungstechnik vorgibt. Im Wohngebäudebereich werden - vorbehaltlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeitskriterien gemäß Energieeinsparungsgesetz [2] - in 2012 weitere Verbesserungen des baulichen Wärmeschutzes und anlagentechnische Maßnahmen umzusetzen sein. Im Falle der Nichtwohngebäude führen die Verschärfungen der Referenzbau- und Referenzanlagentechnik - ausgehend vom Niveau EnEV 2007 bzw. EnEV 2009 - zu den genannten Reduktionen des Primärenergiebedarfs. Auch im Gebäudebestand werden Verschärfungen vorgesehen. Dies betrifft Einzelanforderungen für Bauteile im Gebäudebestand, Anpassungen der Nachrüstverpflichtungen sowie die Außerbetriebnahme von Nachtspeichersystemen. Wesentliche Änderungen der EnEV 2009 gegenüber der Vorgängerverordnung (EnEV 2007) betreffen neben der Verschärfung der Anforderungen die Stärkung des Vollzuges sowie die schrittweise Außerbetriebnahme elektrischer Speicherheizsysteme. Neu eingeführt wird die Möglichkeit der Anrechenbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien. Darüber hinaus werden die normativen Grundlagen für die Berechnung des Energiebedarfs von Wohngebäuden erweitert und es wird das Referenzgebäude-Verfahren für Wohngebäude eingeführt. Im Weiteren soll auf die wesentlichen Neuerungen * Prof. Dr.-Ing. Anton Maas, Universität Kassel 6 | der EnEV 2009, auftretende Schwierigkeiten und Lösungsansätze sowie Perspektiven für Fortschreibungen der Verordnung eingegangen werden. 2. Anforderungen und Konsequenzen im Neubaubereich 2.1 Das Referenzgebäude-Verfahren Mit der Energieeinsparverordnung 2009 wird für Wohngebäude ein neues Anforderungsmodell eingeführt. Die Vorgabe einer Referenzbautechnik in Verbindung mit einer Referenzanlagentechnik führt zu einem Referenzgebäude aus dem der maximal zulässige Jahres-Primärenergiebedarf eines Gebäudes resultiert. Die Formulierung der Anforderungen über das Referenzgebäude-Verfahren geschieht wie folgt: Unter Zugrundelegung der geplanten Gebäudegeometrie (Gebäudevolumen und Hüllfläche), der geplanten Gebäudeausrichtung und der Fenstergrößen wird die Gebäudehülle mit einer bestimmten Ausführung des baulichen Wärmeschutzes und mit einer bestimmten vorgegebenen Anlagentechnik ausgestattet. Berechnet man den Jahres-Primärenergiebedarf dieses Gebäudes, so resultiert ein spezifischer Anforderungswert, der maximal zulässige Jahres-Primärenergiebedarf. Dieser zulässige Jahres-Primärenergiebedarf ist nun von dem tatsächlich zu errichtenden Gebäude mit der tatsächlich geplanten baulichen Ausführung und der tatsächlich geplanten Anlagentechnik Bild 1: Das Referenzgebäudeverfahren - Schritte im Nachweisverfahren gemäß EnEV 2009. einzuhalten bzw. zu unterschreiten. Der beschriebene Ablauf ist in Bild 1 schematisch dargestellt. Die bauliche Ausführung des Referenzgebäudes „Wohngebäude“ ist in Tabelle 1 aufgeführt. Eine grafische Darstellung aller wesentlichen Komponenten des Referenzgebäudes - auch die anlagentechnischen Elemente - zeigt Bild 2. wksb | 64/2010 | Titelthema Bild 2: Schematische Darstellung der wesentlichen Komponenten der Referenzausführung für Wohngebäude Zeile Bauteil/System 1.1 Außenwand, Geschossdecke gegen Außenluft 1.2 1.4 Außenwand gegen Erdreich, Bodenplatte, Wände und Decken zu unbeheizten Räumen (außer solche nach Zeile 1.1) Dach, oberste Geschossdecke, Wände zu Abseiten Fenster, Fenstertüren 1.5 Dachflächenfenster 1.6 Lichtkuppeln 1.7 Außentüren 1.3 2 3 Wärmebrückenzuschlag (Bauteile nach 1.1 bis 1.7) Luftdichtheit der Gebäudehülle Referenzausführung bzw. Wert (Maßeinheit) U = 0,28 W/(m² K) U = 0,35 W/(m² K) U = 0,20 W/(m² K) Uw = 1,30 W/(m² K); g = 0,60 U = 1,4 W/(m² K); g = 0,60 U = 2,7 W/(m² K); g = 0,64 U = 1,8 W/(m² K) ∆UWB = 0,05 W/(m² K) Bei Berechnung nach • DIN V 4108-6:2003-06: mit Dichtheitsprüfung • DIN V 18599-2: 2007-02: nach Kategorie I Tabelle 1: Bauliche Ausführung des Referenzgebäudes „Wohngebäude“ gemäß EnEV 2009 wksb | 64/2010 |7 Titelthema | Das Referenzgebäude-Verfahren wurde in der EnEV 2007 erstmals für den Bereich der Nichtwohngebäude eingeführt. Aus der Notwendigkeit, Vorgaben für einen maximal zulässigen Jahres-Primärenergiebedarf formulieren zu müssen, die für die Vielzahl möglicher unterschiedlicher Nutzungen von Nichtwohngebäuden zielführend und ausgewogen sind, wurde der Ansatz gewählt. Auch mit Blick auf Erfahrungen in EU-Nachbarländern (z. B. Frankreich) erschien die Einführung des Verfahrens für Nichtwohngebäude nicht nur sinnvoll, sondern praktisch unumgänglich. Im Zuge einer Harmonisierung der Anforderungsmodelle wurde in der EnEV 2009 das Referenzgebäude-Verfahren auch für Wohngebäude vorgegeben. Dies geschah insbesondere auch, um eine Möglichkeit zu schaffen, alternative Berechnungsverfahren für den Nachweis zuzulassen - DIN V 18599 [3] und DIN V 4108-6 [4] in Verbindung mit DIN V 4701-10 [5]. Vorzüge und Schwachstellen des Referenzgebäude-Verfahrens in der EnEV 2009 können wie folgt beschrieben werden: Allgemeine Vorzüge des Referenzgebäude-Verfahrens: 1. Verschiedene Nachweisverfahren können zur Anwendung kommen. 2. Eine genaue Einstellung wirtschaftlich vertretbarer Anforderungen ist möglich. 3. Das Verfahren gibt unmittelbar einen praktisch umsetzbaren Vorschlag zur Ausführung der Bau- und Anlagentechnik (mit zusätzlicher Beachtung der Nebenanforderung). 4. Die Einheitlichkeit hinsichtlich der Methode zur Herleitung von Anforderungen für Wohngebäude und Nichtwohngebäude wird geschaffen. Allgemeine Schwachstellen des Referenzgebäude-Verfahrens: 1. Der exemplarische Ausführungsvorschlag der Referenz kann als Vorgabe missverstanden werden, dadurch bleiben →die gewünschten Kompensationsspielräume zugun- sten wirtschaftlicher und energetischer Optimierun- gen ungenutzt, | 3. Der Gebäude-Entwurf findet im Hinblick auf die Gebäudeorientierung und die Gebäude-Kompaktheit keine Berücksichtigung im Anforderungsniveau. Insbesondere der unter 1. genannte Nachteil ist mit Blick auf die Anlagentechnik schwerwiegend, zumal durch die Anforderungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes [6] die Neigung gesteigert werden dürfte, die Referenzanlage als solche in die Planung zu übernehmen. Aus diesem Grunde müsste geprüft werden, ob das Verfahren nicht durch das Angebot mehrerer Referenzanlagen oder durch Einführung einer allgemeinen Anforderung an die Anlagentechnik (Aufwandszahl - mit der zu klärenden Fragestellung, wie dies unter Einsatz von DIN V 18599 geschehen kann) weiter entwickelt werden kann. Zur Verbesserung des unter 2. aufgeführten Kritikpunktes kann künftig im Rahmen der EnEV-Fortschreibung auf die Regelungen der KfW-Förderung zurückgegriffen werden (s. nächster Abschnitt). In der EnEV 2007 waren Einflüsse des Gebäudeentwurfs implizit enthalten. Eine ungünstige Gebäudeausrichtung führte in jedem Fall zu einem ungünstigeren (höheren) Jahres-Primärenergiebedarf. Auch die Gebäude-Kompaktheit ist eingeflossen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Anforderungsgröße auch von der Gebäude-Kompaktheit abhängig war. Ein möglicher Ansatz zur Einbeziehung der Gebäudeorientierung in das Referenzgebäude-Verfahren und eine damit verbundene Lösung der unter 3. genannten Schwachstelle wäre, im Referenzfall generell die Ost/ West-Orientierung aller Fassaden anzusetzen. Eine solche Einbeziehung der Gebäudeorientierung ist vergleichsweise einfach umsetzbar, sowohl hinsichtlich der Formulierung in der EnEV als auch im Hinblick auf die Transparenz für den Anwender. Das gilt insbesondere, da in der Regel eine „Belohnung“ resultiert. Eine Möglichkeit zur Berücksichtigung der Gebäude-Kompaktheit bestünde darin, im Referenzfall eine Korrektur der U-Werte vorzunehmen, beispielsweise in Abhängigkeit von dem Verhältnis wärmeübertragende Hüllfläche zur Gebäudenutzfläche (AN). →wird ggf. der Anspruch an intelligente Planung re- duziert, Vorteil der Ansätze ist, dass der Einfluss des Gebäudeentwurfs im öffentlich-rechtlichen Nachweis sichtbar wird. Die Transparenz des Referenzgebäudes und die damit verbundene „direkte Baubarkeit“ ginge allerdings verloren. → bleiben insbesondere im anlagentechnischen Bereich auch wirtschaftliche erschließbare Potentiale ggf. ungenutzt. 2.2 Nebenanforderung an den baulichen Wärmeschutz 2. Die Anforderungsstruktur ist hinsichtlich des Zusammenspiels von Haupt- und Nebenanforderung nicht 8 schlüssig - die Hauptanforderung resultiert aus einer Referenzausführung, die Nebenanforderung pauschal gebäudebezogen. Zusätzlich zu den genannten Anforderungen an den Jahres-Primärenergiebedarf wird der spezifische Transmissionswärmeverlust HT' begrenzt. Diese Größe, die eine Minwksb | 64/2010 | Titelthema Zeile Höchstwert des spezifischen Transmissionswärmeverlusts Gebäudetyp 1 Freistehendes Wohngebäude Mit AN ≤ 350m² HT' = 0,40 W/(m2·K) mit AN > 350m² HT' = 0,50 W/(m2·K) 2 Einseitig angebautes Wohngebäude (z.B. Reihenendhaus) HT' = 0,45 W/(m2·K) 3 alle anderen Wohngebäude (z.B. Reihenmittelhaus) HT' = 0,65 W/(m2·K) 4 Erweiterungen und Ausbauten von Wohngebäuden gemäß § 9 Abs. 5 HT' = 0,65 W/(m2·K) Tabelle 2: Höchstwerte des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlusts gemäß EnEV 2009 destqualität des baulichen Wärmeschutzes sicherstellen soll, wird abhängig von Gebäudetyp und -größe vorgegeben (s. Tabelle 2). Der Vergleich der Anforderungen an HT' nach EnEV 2007 und EnEV 2009 zeigt im Wesentlichen eine starke Abhängigkeit der Verschärfungen von der Gebäude-Kompaktheit, die sich insbesondere mit steigendem Gebäudevolumen erhöht. Je kompakter ein Gebäude ist (je kleiner also das A/V-Verhältnis), umso deutlicher fällt die Anforderungsverschärfung aus (Bild 3). max. spez. Transmissionswärmeverlust [W/m²K] 1,2 besonders auffallend: Für Gebäude, die dicht an der unteren Grenze Kategorie liegen (nahe 350 m² AN), sind die Verschärfungen minimal, während die Anforderungen mit steigender Größe (und damit einhergehender besserer Kompaktheit) deutlicher angehoben werden. EnEV '07 EnEV '09: '07 - 15% EnEV '09 - freist. Wohngeb. klein 1 EnEV '09 - freist. Wohngeb. groß 1aV1 AN=172,8 m² 1aV2 AN=172,8 m² 1bV1 AN=368,6 m² 1bV2 AN=1658,9 m² 2V1 AN=172,8 m² 2V2 AN=17,8 m² EnEV '09 - eins. angeb. Wohngeb. EnEV '09 - alle anderen Fälle 0,8 0,6 0,4 0,2 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 Verhältnis A/Ve [1/m] Bild 3: Maximal zulässiger Transmissionswärmeverlust in Abhängigkeit vom A/Ve-Verhältnis bzw. vom Gebäudetyp Im Vergleich der Gebäudekategorien 1a und 2 sind die einseitig angebauten Gebäude (Kategorie 2) grundsätzlich etwas weniger von den Verschärfungen betroffen, eine Annäherung ergibt sich bei den gewählten Beispielen gemäß Bild 4 durch das äußerst kleine A/V-Verhältnis von 2V1 und 2V2 auf Grund der sehr großen Schnittfläche zum Nachbargebäude. Für größere freistehende Gebäude (1a) ist der Effekt einer Anforderungsverschärfung bei verbesserter Kompaktheit wksb | Bild 4: Schematische Darstellung der untersuchten Gebäudetypen 64/2010 |9 Titelthema | Tabelle 3 zeigt die Auswirkungen der Anforderungsverschärfungen sowie ihrer veränderten Herleitung der EnEV 2009 auf die Fensterflächenanteile, die bei neuen Wohngebäuden jeweils bei Referenzausführung realisierbar sind. Neben der generellen Verschärfung, die im Durchschnitt eine Halbierung des auf die Gebäudenutzfläche (AN) bezogen Fensterflächenanteils (f2) zur Folge hat, zeigt insbesondere der Blick auf größere freistehende Wohngebäude (Kategorie 1b) deutlich, dass die bisherige Bevorzugung großer Gebäude durch die A/V-Abhängigkeit der HT'-Anforderung in ihr Gegenteil verkehrt wird. Der Vergleich 1aV1 und 1aV2 zeigt den Einfluss des Dachflächenanteils bei ansonsten gleichem Volumen und gleicher Kompaktheit bei Referenzausführung. Tabelle 3: Maximal mögliche Fensterflächenanteile für Gebäude in Referenzausführung nach EnEV 2007 und EnEV 2009 (Gebäudetypen gemäß Bild 4). Fassaden bezogener Fensterflächenanteil f1; Nutzfläche bezogener Fensterflächenanteil f2. Tabelle 4: Förderstufen der KfW-Förderbank (Stand Juli 2010) Aus der Darstellung in Tabelle 3 wird deutlich, das bei Beibehaltung der Anforderungsmethodik nach EnEV 2009 und einer weiteren Verschärfung der Nebenanforderung in der EnEV 2012 Probleme hinsichtlich der Realisierung üblicher Fensterflächenanteile auftreten würde. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, in einer neuen EnEV auf das im Rahmen der KfW-Förderung vorgesehene Anforderungsmodell zurückzugreifen. 10 | 2.3 Förderung der KfW-Förderbank für energieeffizientes Bauen und Sanieren Die Novellierung der Energiesparverordnung machte zum 1. Oktober 2009 eine Überarbeitung der Förderbedingungen der KfW-Förderbank erforderlich. Dabei ist sowohl das Anforderungsniveau, als auch die Anforderungsmethodik betroffen. Insbesondere musste eine Anpassung an das neue „Referenzgebäude-Verfahren“ erfolgen. Die neue Fördermethodik der KfW knüpft an dieses Referenzgebäude-Verfahren nicht nur hinsichtlich der gestuften Anforderungen an den Primärenergiebedarf an, sondern - abweichend von der EnEV - auch hinsichtlich der gestellten Nebenanforderungen. Die EnEV selbst stellt diese Nebenanforderung an den spezifischen Transmissionswärmeverlust („durchschnittlicher U-Wert“), der bei aller Planungsflexibilität ein Mindestmaß an baulichem Wärmeschutz gewährleisten soll (s. Tabelle 2). Eine Übertragung dieses Ansatzes auf die Festlegung der Förderstufen hätte die einzelnen Gebäudetypen sehr unterschiedlich belastet und ggf. „Fehloptimierungen“ hervorgerufen (indem z. B. der durchschnittliche U-Wert durch eine energetisch nicht sinnvolle Verringerung der Fensterflächen abgesenkt würde). Daher ergeben sich die Anforderungen an den verbesserten Wärmeschutz in den einzelnen Förderstufen der KfW-Effizienzhäuser als Prozentwerte im Vergleich zur Referenzausführung nach EnEV 2009. Die Staffelung beginnt im Sanierungsfall mit dem Effizienzhaus 115 und reicht bis zum Effizienzhaus 40 für neue Gebäude. Dabei signalisieren die Zahlenwerte unmittelbar die Anforderungen für die Förderung in dieser Förderstufe: Es handelt sich um die Prozentwerte bezogen auf den maximal zulässigen Primärenergiebedarf neuer Wohngebäude nach Energieeinsparverordnung. Ein Effizienzhaus 100 darf also exakt den Primärenergiebedarf aufweisen wie ein vergleichbarer Neubau, ein Effizienzhaus 55 entsprechend nur 55 %. Für die Förderung von neuen Gebäuden kommen nur die Stufen in Betracht, die unterhalb von 85 liegen. Die energetische Sanierung bestehender Wohngebäude kann dagegen in den Effizienzstufen KfW-115 bis KfW-85 gefördert werden (Tabelle 4). Beispiel: Es werden der Primärenergiebedarf und der Transmissionswärmeverlust eines neu geplantes Einfamilienhauses berechnet, die sich bei einer Bauausführung sowie dem Einsatz der Anlagentechnik ergeben, wie sie in der EnEV 2009 als Referenz vorgegeben sind. Der sich ergebende Primärenergiebedarf entspricht dem maximal zulässigen Primärenergiebedarf für das konkrete Gebäude, ohne dass dadurch festgelegt wird, mit welcher Ausführung das Ziel erreicht wird. Die in Zeile 2 der Tabelle 4 angegebenen Prozentwerte beziehen sich auf diesen Wert. Der errechnete Transmissionswärmeverlust des Referenzgebäudes spielt als Anforderungswert in der EnEV selbst keine Rolle. wksb | 64/2010 | Titelthema Nach EnEV gilt - wie bei allen Einfamilienhäusern mit einer Gebäudenutzfläche < 350 m² - lediglich, dass ein Wert von 0,45 W/(m²K) nicht überschritten werden darf. Für die Förderstufen der KfW wird dagegen der errechnete Wert als Vergleichs- oder auch „Ankerwert“ für die in der dritten Zeile der Tabelle 4 aufgeführten Prozentwerte herangezogen. Auch für bestehende Gebäude muss eine virtuelle Ausführung mit den Referenzwerten der EnEV berechnet werden, um sie für eine Förderung über die KfW einstufen zu können. 2.4 Variationen baulicher und anlagentechnischer Ausführungen Um die baupraktischen Auswirkungen der Anforderungen und Möglichkeiten zur Erfüllung der EnEV und der Realisierungsmöglichkeiten von KfW-Effizienzhäusern aufzuzeigen, werden zwei Beispielgebäude betrachtet. Es handelt sich hierbei um ein frei stehendes Einfamilienhaus und ein als Zweispänner ausgeführtes Mehrfamilienhaus (Bild 5). Für die Gebäude erfolgen Variantenbildungen im Bereich baulicher und anlagentechnischer Maßnahmen. Zur Einhaltung des jeweiligen maximal zulässigen Jahres-Primärenergiebedarfs bzw. des spezifischen Transmissionswärmeverlustes werden die der Wärmeschutz der Gebäudehülle und die Anlagentechnik beispielhaft angepasst. In den Tabellen 5 und 6 sind die betrachteten Varianten mit Angabe der Randbedingungen bezüglich des Luftwechsels (n) und des Wärmebrückenkorrekturwertes (ΔUWB), die jeweiligen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte), der spezifische Transmissionswärmeverlust (HT'), die Anlagenaufwandszahl ep sowie der flächenbezogene End- (qE) und Primärenergiebedarf (qP) aufgeführt. Die sich aus einer Variante ergebenden geänderten Bilanzanteile am JahresPrimärenergiebedarf sind in den Tabellen 5 und 6 rot unterlegt. Die jeweils greifende Anforderung - Primärenergiebedarf oder spezifischer Transmissionswärmeverlust - ist blau gedruckt. Beide Gebäude entsprechen im Ausgangsfall baulich sowie anlagentechnisch der Referenzausführung gemäß Energieeinsparverordnung. Beschreibung der Varianten Auf der baulichen Seite wird für den Grundfall angenommen, dass die Gebäude bei Einsatz einer Abluftanlage den Anforderungen an die Gebäudedichtheit genügen, was durch eine Dichtheitsprüfung nachgewiesen wird. In diesem Fall wird ein Luftwechsel von 0,55 h-1 angesetzt. Die Berücksichtigung der Wärmebrücken erfolgt im Grundfall pauschal, wobei der Bonus einer Halbierung - für Ausführungen vergleichbar zum Beiblatt 2 der DIN 4108 mit ΔUWB = 0,05 W/(m²·K) - in Ansatz gebracht wird. Eine detaillierte Berechnung der Wärmebrückeneinflüsse mittels Wärmebrückenverlustkoeffizienten (ψ-Werte) kann z. B. zu einem Wert von ΔUWB = 0,02 W/(m²·K) führen, wie in wksb | Bild 5: Modellgebäude für Beispielberechnungen Variante n ∆UWB UAW UW / g -1 [h ] UD UG HT' [W/(m²K)] eP [-] qE qP [kWh/(m²a)] 0 Referenzausführung 0,55 0,05 1,30/0,60 0,28 0,20 0,35 0,34 1,19 60,5 72,1 1 wie 1, Wärmebrücken detailliert 0,55 0,02 1,30/0,60 0,35 0,26 0,34 0,36 1,19 60,4 72,1 2 wie 1, Fensterlüftung 0,6 0,05 1,30/0,60 0,28 0,20 0,34 0,34 1,14 61,7 71,9 3 wie 1, Sole/Wasser-WP 0,55 0,05 1,30/0,60 0,36 0,30 0,40 0,40 0,76 20,2 52,6 4 KfW-EH 70; wie 1, LA m. WRG 0,6 0,02 0,9/0,55 0,24 0,16 0,30 0,25 0,97 37,3 50,0 5 KfW-EH 55; wie 1, LA m. WRG 0,6 0,02 0,8/0,60 0,15 0,15 0,18 0,19 0,94 28,1 39,7 6 KfW-EH 40; wie 1, Sole/WasserWP, LA m. WRG 0,6 0,00 0,8/0,60 0,10 0,10 0,16 0,14 0,81 11,1 28,8 7 KfW-EH 40; wie 1, Pellet-Anlage, elektr. WW-Bereitung (Sommer) 0,55 0,02 0,8/0,60 0,15 0,15 0,18 0,19 0,63 85,0 24,8 Tabelle 5: Berechnungsvarianten für eine Einfamilienhaus Variante n ∆UWB -1 [h ] UAW UW / g UD [W/(m²K)] UG HT' eP [-] qE qP [kWh/(m²a)] 0 Referenzausführung 0,55 0,05 1,30/0,60 0,28 0,20 0,35 0,41 1,14 51,9 60,3 1 wie 1, Wärmebrücken detailliert 0,55 0,02 1,30/0,60 0,32 0,26 0,35 0,41 1,14 51,7 60,3 2 wie 1, Fensterlüftung 0,60 0,05 1,30/0,60 0,28 0,20 0,34 0,41 1,09 53,4 60,3 3 wie 1, Sole/Wasser-WP 0,55 0,05 1,40/0,60 0,36 0,30 0,60 0,50 0,71 16,7 43,4 4 KfW-EH 70; wie 1, LA m. WRG 0,60 0,05 0,9/0,55 0,21 0,20 0,35 0,34 0,85 33,5 42,1 5 KfW-EH 55; wie 1, LA m. WRG 0,60 0,02 0,9/0,55 0,15 0,15 0,18 0,25 0,81 25,5 33,2 0,60 0,02 0,9/0,60 0,12 0,12 0,16 0,23 0,61 23,0 6 KfW-EH 40; wie 1, Sole/WasserWP, LA m. WRG 8,9 Tabelle 6: Berechnungsvarianten für eine Mehrfamilienhaus 64/2010 | 11 Titelthema | Variante 1 dargestellt. Bei allen Varianten gilt, dass für die Gebäude eine schwere Bauweise angenommen wird und eine Nachtabschaltung erfolgt. Als Berechnungsverfahren für den Jahres-Primärenergiebedarf wird die Monatsbilanz nach DIN V 4108-6 [4] in Verbindung mit DIN V 4710-10 [5] zugrunde gelegt. Im Grundfall (Variante 0) sind die Gebäude mit einer Zentralheizung (Brennwertkessel (verbessert), Spreizung 55/45 °C) mit kombinierter und solar unterstützter Trinkwassererwärmung durch Flachkollektoren ausgestattet (Referenzausführung). Der Wärmeerzeuger und ein bivalenter Speicher sind beim EFH innerhalb und beim MFH außerhalb der thermischen Hülle aufgestellt. Die horizontale Verteilung des Trinkwarmwassers (mit Zirkulation) und des Warmwassers für die Raumwärme erfolgt beim Mehrfamilienhaus ebenfalls außerhalb, beim Einfamilienhaus innerhalb der thermischen Hülle. Die vertikalen Verteilstränge werden in beiden Fällen innenliegend angeordnet. Die Heizflächen sind mit Thermostatventilen ausgestattet (Auslegungsproportionalbereich 1 Kelvin). In Variante 2 wird auf eine Abluftanlage verzichtet. Hierdurch muss bei nach wie vor nachgewiesener Luftdichtheit der Luftwechsel auf 0,6 h-1 angepasst werden. Bei Variante 3 wird der im Ausgangsfall eingesetzte Brennwertkessel durch eine Sole/Wasser-Wärmepumpe mit einer Spreizung von 35/28 °C ersetzt. Als Wärmeübergabesystem wird für diesen Fall von einer Fußbodenheizung mit elektronischer Regelung ausgegangen. | Die Einhaltung der Anforderungen für das Effizienzhaus 70 und das Effizienzhaus 55 ist bei beiden Gebäuden durch Kombination von baulichen Maßnahmen und Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gegenüber der Referenzausführung möglich. Beim Effizienzhaus 40 werden jeweils der Einsatz von Sole/Wasser-Wärmepumpen oder einer Pellet-Heizungsanlage erforderlich. 2.5 Behandlung von Nichtwohngebäuden Die energetische Bewertung von Nichtwohngebäuden geschieht grundsätzlich nach DIN V 18599 [4]. Hierbei erfolgt eine Energiebilanzierung unter Berücksichtigung des Energieaufwandes für Gebäudebeheizung, für Warmwasserbereitung, für Beleuchtung sowie für Lüftung und Kühlung/Klimatisierung. Die Vorgabe der Referenz-Bau- und Anlagentechnik bei Nichtwohngebäuden ist aufgrund der erweiterten Energiebilanz deutlich umfangreicher als bei Wohngebäuden. Ergebnisse Bei der Vorgabe der Referenzwerte im Bereich des baulichen Wärmeschutzes gelten grundsätzlich die gleichen Zahlenwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten wie bei Wohngebäuden. Bauteile wie z. B. die Vorhangfassade werden zusätzlich aufgenommen. Bei der Beleuchtung kommt als Referenztechnik die direkt/indirekte Beleuchtung in Verbindung mit einer Präsenzkontrolle und einer Konstantlichtregelung zum Ansatz. Wie bei Wohngebäuden auch, findet bei der Heizung die Brennwerttechnik Anwendung. Bei Nutzungen mit hohem Warmwasserwärmebedarf (z. B. Hotel oder Restaurant) sind Solaranlagen in der Referenz aufgenommen. Hinsichtlich der Raumlufttechnik sind die spezifischen Leistungsaufnahmen von Ventilatoren gegenüber der Anforderungen gemäß EnEV 2007 reduziert; ebenso die spezifischen elektrischen Leistungen der Kaltwasserkreise. Referenzwerte bzw. technische Systeme sind in Bild 6 schematisch dargestellt. Bei unveränderter Anlagentechnik gegenüber dem Ausgangsfall führt die Variante 1 dazu, dass der Wärmeschutz der Außenbauteile eine Entlastung erfährt. Der Verzicht auf eine Abluftanlage in Variante 2 verbessert durch den Wegfall des Strombedarfs der Abluftanlage beim EFH die Anlagenaufwandszahl gerade in dem Maße, dass hierdurch die infolge eines höher angesetzten Luftwechsels entstehenden zusätzlichen Wärmeverluste kompensiert werden. Bei Verwendung einer einer Sole/Wasser-Wärmepumpe in Variante 3 fließt ein Anteil regenerativer Wärmeerzeugung in die Bilanz ein. Hierdurch kann ein hoher Anteil der Primärenergieumwandlungsverluste beim Energieträger Strom durch Nutzung regenerativer Energie kompensiert werden. In diesem Fall greift die Zusatzanforderung an den baulichen Wärmeschutz bei beiden Gebäuden, wonach für Der Anwendungsbereich des so genannten „vereinfachten Verfahrens“ wird ausgeweitet. Neben Bürogebäuden, Schulen und Hotels fallen mit der EnEV 2009 auch Turnhallen, Gebäude des Groß- und Einzelhandels bis 1000 m² NGF, Gewerbebetriebe bis 1000 m² NGF sowie Bibliothek in den Anwendungsbereich der Gebäude, die vereinfacht als 1-Zonen-Modell behandelt werden können. Auch für Nichtwohngebäude stellt die EnEV eine Nebenanforderung. Abweichend von der bisherigen Methodik wird in der EnEV 2009 die Anforderung über Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche formuliert. Es ist von den Anforderungswerten gem. Tabelle 7 auszugehen. Maßgeblich ist dabei der Mittelwert der jeweiligen Bauteile. Bei Beide Gebäude werden in den Varianten 4, 5 und 6 (KfWEffizienzhaus 70, 55 und 40) mit einer zentralen Zu-/Abluftanlage mit 80 % Wärmerückgewinnung (DC-Ventilatoren) ohne Nachheizung ausgestattet (LA m.WRG). Beim Einfamilienhaus ist das KfW-Effizienzhaus 40 alternativ mit einer Sole/Wasser-Wärmepumpe und einer Pellet-Heizungsanlage ausgestattet. 12 das Einfamilienhaus ein HT'-Wert von 0,4 W/(m²K) und für das Mehrfamilienhaus ein HT'-Wert von 0,5 W/(m²K) einzuhalten ist. wksb | 64/2010 | Titelthema Bild 6: Schematische Darstellung der wesentlichen Komponenten der Referenzausführung für Nichtwohngebäude dessen Berechnung sind die Bauteile nach Maßgabe ihres Flächenanteils zu berücksichtigen; die Wärmedurchgangskoeffizienten von Bauteilen gegen unbeheizte Räume oder Erdreich sind zusätzlich mit dem Faktor 0,5 zu gewichten. Hinsichtlich praktischer Konsequenzen für die Ausführungen von Nichtwohngebäuden lassen sich folgende Aussagen treffen. Nur in den Fällen, in denen die Anforderungen des EEWärmeG nicht greifen (Ausnahmegenehmigungen) können die Anforderungen an den Wärmeschutz der Fassade direkt aus den Referenzausführungen abgeleitet werden. Bei nicht gekühlten Gebäuden ist bei hohen FensterfläLfd. Nr. 1 2 3 4 Bauteil Opake Außenbauteile, soweit nicht in Zeile 3 und 4 enthalten Transparente Außenbauteile, soweit nicht in Bauteilen der Zeilen 3 und 4 enthalten Vorhangfassade Glasdächer, Lichtbänder, Lichtkuppeln Zonen mit Raum-Solltemperaturen im Heizfall > 19 °C 0,35 1,90 1,90 3,10 Tabelle 7: Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten in W/(m²K) der wärmeübertragenden Umfassungsfläche von Nichtwohngebäuden (die Werte stellen die Nebenanforderung der EnEV 2009 dar). chenanteilen eine 3fach-Wärmedämmverglasung anzusetzen; bei Fensterflächenanteilen bis ca. 50 % Fensterflächenanteil ist eine 2fach-Wärmedämmverglasung ausreichend. Bei gekühlten Gebäuden sind i. d. R. weitere Maßnahmen wksb | erforderlich, um den beim zu errichtenden Gebäude höheren Energiebedarf gegenüber der Referenzausführung zu kompensieren. Die Erfüllung der Anforderungen des EEWärmeG durch Unterschreitung der EnEV-Anforderungen um 15 % als „Ersatzmaßnahme“ nur durch eine Verbesserung des Wärmeschutzes der Fassade ist bei Einsatz von Vorhangfassaden praktisch nicht möglich. Ein größerer Handlungsspielraum ergibt sich bei Lochfassaden. Gedämmte Außenwände in Verbindung mit 3fach verglasten Fenstern und weitere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz führen bei Nichtwohngebäuden - anders als bei Wohngebäuden oftmals zu wirtschaftlich günstigeren Lösungen als die Einbeziehung erneuerbarer Energien. Kommen erneuerbare Energien für die Gebäudebeheizung zum Einsatz (z. B. Pellet- oder Wärmepumpenheizung), greifen quasi immer die Nebenanforderung an den baulichen Wärmeschutz, d. h. bei Verwendung einer Vorhangfassade die Begrenzung des U-Wertes der Fassade auf 1,9 W/(m²K). In diesem Fall treten bezüglich der Anforderungen an den Wärmeschutz von Vorhangfassaden praktisch keine Verschärfungen gegenüber der EnEV 2007 auf. Aufgrund der oftmals komplexen Struktur von Nichtwohngebäuden - insbesondere hinsichtlich der Nutzungen, der Gebäudezonierung und der Anlagentechnik - treten häufig Fragen zur Energiebilanzierung und EnEV-Auslegung 64/2010 | 13 Titelthema | auf. Hilfestellungen bietet ein Informationsportal, dass auf der Internetseite „zukunft haus“ [13] der Deutschen Energieagentur (Dena) eingerichtet ist. Experten aus dem Normungskreis und Gebäudeenergieberater beantworten Fragen zu genannten Problemkreisen. Weitere Informationen werden mit den Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung bereit gestellt. Die Auslegungen, die von der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz eingerichteten Arbeitsgruppe getroffen werden, sind auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBT) [14] verfügbar. 3. Anforderungen und Maßnahmen im Gebäudebestand Bei bestehenden Gebäuden sieht die EnEV • Anforderungen bei baulichen Veränderungen des Gebäudes, einschließlich Erweiterung und Ausbau des thermisch konditionierten Gebäudebereichs, • anlagentechnische und bauliche Nachrüstungsver- pflichtungen sowie • Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der energetischen Qualität vor. Bauteil 3.1 Anforderungen im Falle der Änderung, Erweiterung und Ausbau bestehender Gebäude Bei Änderung bestehender Gebäude schreibt die EnEV energetische Mindestqualitäten für die von der Maßnahme betroffenen Bauteile vor. Sie ergeben sich aus den Angaben in Tabelle 8. Die Tabellenwerte gelten jeweils dann, wenn ein Bauteil ersetzt oder erstmalig eingebaut wird. Für alle Fälle der Anforderungen bei Änderung von Außenbauteilen sieht die EnEV eine Bagatellgrenze vor. Demnach greifen die Anforderungen nur, sofern mehr als 10 % des Bauteils (bezogen auf das gesamte Gebäude) betroffen sind. Mit dieser gegenüber der EnEV 2007 vereinheitlichten Regelung sollen wirtschaftliche Härten vermieden werden, so dass z. B. Sturmschäden am Dach oder eine zerstörte Fensterscheibe nicht eine unzumutbar hohe Investitionsnotwendigkeit nach sich ziehen. Die Anforderungen der EnEV betreffen dabei den Teil eines Bauteils, der tatsächlich erneuert wird. Wie schon aus den Vorgängerversionen bekannt, sieht die EnEV als Alternative für die Einhaltung einzelner BauteilU-Werte die Möglichkeit einer gesamtenergetischen Betrachtung des Gebäudes vor. Demnach gelten die Anforderungen als erfüllt, wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass das Gebäude nach der energetischen Modernisierung den Anforderungswert eines vergleichbaren Neubaus um nicht mehr als 40 % überschreitet. Diese Nachweisalternative kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Wohngebäude und Zonen von Nichtwohngebäuden mit Innentemperaturen ≥ 19°C Zonen von Nichtwohngebäuden mit Innentemperaturen von 12 bis < 19°C Höchstwerte der Wärmedurchgangskoeffizienten Umax 1 2 3 Außenwände 0,24 W/(m²·K) 0,35 W/(m²·K) Außen liegende Fenster, Fenstertüren 1,30 W/(m²·K) 1,90 W/(m²·K) Dachflächenfenster 1,40 W/(m²·K) 1,90 W/(m²·K) Verglasungen 1,10 W/(m²·K) Keine Anforderung Decken, Dächer und Dachschrägen 0,24 W/(m²·K) 0,35 W/(m²·K) 0,20 W/(m²·K) 0,35 W/(m²·K) Decken und Wände gegen unbeheizte Räume oder Erdreich 0,30 W/(m²·K) keine Anforderung Decken nach unten an Außenluft 0,24 W/(m²·K) 0,35 W/(m²·K) Flachdächer 1) Tabelle 8: Anforderungen an den Wärmedurchgangskoeffizienten der Außenbauteile bei Änderungen im Gebäudebestand (Auszüge aus EnEV 2009, ohne Fußnoten) 14 | wksb | 64/2010 | Titelthema Bild 7: Beispielhafte Darstellung von Modernisierungsempfehlungen aus [7] eine umfassende energetische Modernisierung des Objektes, einschließlich einer Erneuerung der Heizungsanlage, vorgesehen ist. Auch für eine umfassende Förderung der energetischen Modernisierung über die Programme der KfW-Förderbank ist meist eine energetische Gesamtbilanz erforderlich. Wenn es sich aus technischen Gründen als schwierig erweist, die nach Tabelle 8 erforderlichen U-Werte zu erreichen, bietet die Möglichkeit einer energetischen Gesamtbilanzierung allerdings nur dann einen Ausweg, wenn das Gebäude durch voran gegangene Maßnahmen bereits auf einen hohen energetischen Standard gebracht wurde. Insbesondere dürfte der Nachweis über eine gesamtenergetische Betrachtung ohne eine gute anlagentechnische Qualität, die der Qualität der Referenzanlage zumindest nahe kommt, kaum möglich sein. begrenzt informativ gestaltet sind, wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts eine Zusammenstellung von Empfehlungen unter Angabe • baukonstruktiver, bauphysikalischer und gestalterischer Aspekte, • der Darstellung von Energieeinsparpotenzialen und • der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Maßnahme erarbeitet. Bild 7 zeigt beispielhaft die beschriebene Zusammenstellung für den Anwendungsfall der Fassadendämmung mit einem WDVS. 3.2 Modernisierungsempfehlungen 3.3 Datenbank zu regionaltypischen Bauweisen Bei Bestandsgebäuden kommt neben der Deklaration des energetischen Ist-Zustandes mittels des Energieausweises vor allem auch dem Aufzeigen von Energieeinsparpotenzialen eine wesentliche Bedeutung zu. Die Energieeinsparverordnung fordert, dass dem Energieausweis Empfehlungen für die kostengünstige Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz beizufügen sind. Die Modernisierungsempfehlungen sind auf einem Formblatt gemäß EnEV zu dokumentieren. Da die Aussagen in dem Formblatt sehr knapp und Für die Datenaufnahme im Zusammenhang mit der energetischen Gebäudebewertung und speziell mit der Erstellung von Energieausweisen bestehender Gebäude kann nach § 9, Absatz 2 der EnEV auf Vereinfachungen zurückgegriffen werden. Dazu sind vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit Datum vom 30. Juli 2009 4 Richtlinien herausgegeben worden. Die „Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte im Wohngebäudebestand“ [8] sowie die „Bekanntmachung wksb | 64/2010 | 15 Titelthema | der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und der Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand“ [9] enthalten Regeln zur vereinfachten Ermittlung von Energieverbrauchskennwerten und zur Witterungsbereinigung im Gebäudebestand auf der Grundlage des Energieverbrauchs. Für die Ermittlung des Jahres-Primärenergiebedarfs und der wärmetechnischen Eigenschaften der Gebäudehülle sowie für die Aufstellung von Modernisierungsempfehlungen auf der Basis des Energiebedarfs gelten die „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand“ [10] sowie die „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Nichtwohngebäudebestand“ [11]. sehr pauschalen Aussagen bis hin zu differenzierten Bauteilangaben mit dazugehörigen Skizzen. Der Katalog wird auf ein konkretes Objekt wie folgt angewendet: Über den Standort des Gebäudes und das damit verbundene PLZ-Gebiet lassen sich die zur Verfügung stehenden Konstruktionen eingrenzen. Danach findet eine genauere Zuordnung über das Baualter des Gebäudes statt. Parallel wird die Einbausituation des gesuchten Bauteils de- Dem Grundsatz folgend, dass vorhandene Daten, die gegenüber den Richtlinienwerten eine genauere Beschreibung des Gebäudes ermöglichen, verwendet werden sollten, kann die Datenaufnahme unter Nutzung einer Datenbank zu regionaltypischen Bauweisen weiter verfeinert werden [12]. Die Basis dafür liefert das Forschungsprojekt „Erfassung regionaltypischer Materialien im Gebäudebestand mit Bezug auf die Baualtersklasse und Ableitung typischer Bauteilaufbauten“ des Zentrums für Umweltbewusstes Bauen, das als Ergebnis eine „Deutschlandkarte für Altbaumaterialien und -konstruktionen (DEMAKOalt)“ erbracht hat. Grundlage der Gliederung der Deutschlandkarte bildet die deutsche Gebäudetypologie des Instituts für Wohnen und Umwelt GmbH in Darmstadt. Jede Epoche der Baugeschichte prägt die während des jeweiligen Zeitabschnitts errichteten Gebäude mit charakteristischen Merkmalen, die dann als typisch für das Baualter gelten. Die Baualtersklassen sind zudem von historischen Einschnitten, wie beispielsweise dem Zweiten Weltkrieg oder der Ölkrise in den 1970er Jahren, den Zeitpunkten statistischer Erhebungen und den Veränderungen wärmetechnisch relevanter Bauvorschriften, Richtlinien und Normen geprägt. Die Beschreibung und Zusammenstellung der Materialien und Konstruktionen beziehen sich auf Gebäude, die bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts errichtet wurden. Damit wird der Bereich an Gebäuden abgedeckt, der das größte energetische Einsparpotential umfasst. In Form eines an den Postleitzahlen orientierten Kataloges werden den verschiedenen Regionen Deutschlands typische Baumaterialien und Konstruktionsarten zugeordnet und jeweils chronologisch in Baualtersklassen aufgelistet. Dadurch sind nur zwei Angaben für die energetische Klassifizierung der Bauteile eines Bestandsgebäudes notwendig: Die über die Postleitzahl bestimmte Lage (Bild 8) und das Baualter des Gebäudes. Die grundlegende Strukturierung erfolgt anhand der aktuell verfügbaren Regionaltypologien. Dabei reichen die Angaben aus den Typologien von 16 | Bild 8: Farbliche Differenzierung nach umfassten, teilweise und nicht erfassten Regionen innerhalb der DEMAKOalt [12] finiert (Wand, Decke, usw.). Als letztes Merkmal wird nun die Konstruktionsart bestimmt (massiv, Holzkonstruktion, usw.). Anhand des ausgewählten Datenblattes können nun der U-Wert übernommen bzw. Angaben einzelner Baustoffe für eigene Berechnungen verwendet werden. DEMAKO bildet die inhaltliche Grundlage für eine umfassende Abbildung des deutschen Wohngebäudebestands. Gleichzeitig wird die prinzipielle Vorgehensweise aufgezeigt, um die Datenbasis auszubauen und so eine flächenmäßige Abdeckung des gesamten Bundesgebietes mit gleicher Qualität der Informationen zu erreichen. Durch eine solche Erweiterung besteht die Möglichkeit, eine sehr differenzierte Rasterung einzelner Regionen und der dort verwendeten Baustoffe darzustellen. Im Ergebnis existiert eine strukturierte Sammlung von 182 Datensätzen mit Bezug auf die Region und die Baualtersklasse. Während für den Bezug auf das Baualter die gängige und allgemein anerkannte Klassifizierung nach wksb | 64/2010 | Titelthema der deutschen Gebäudetypologie herangezogen wird, ist der Regionalbezug mittels des deutschen Postleitzahlensystems abgebildet. Jedes dieser Altbaudatenblätter (RegBaADB) enthält konkrete Angaben zur Art des Bauteils, der Konstruktion, der verwendeten Materialien sowie des sich daraus ergebenden U-Wertes. Eine schematische sowie eine bildhafte Darstellung des Bauteils gehören ebenfalls zum Standardinhalt eines RegBa-ADB wie eine Abschätzung der Verbreitung der Konstruktion in Form einer Gewichtungsskala. Sind zusätzliche Informationen oder Hinweise für die Zuordnung und Einschätzung der Relevanz einer Konstruktion und des Materials notwendig, schließen diese das jeweilige Altbaudatenblatt ab (Bild 9). 4. Ausblick auf die EnEV 2012 Die Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wurde 19. Mai 2010 vom Europäischen Parlament verabschiedet und trat am 8. Juli 2010 in Kraft. Die nationale Umsetzung der EPBD 2010 wird in einer EnEV 2012 erfolgen und nachfolgende wesentliche Änderungen bzw. Anpassungen mit sich bringen: • Anforderungen an die energetische Mindestqualität der Anlagentechnik (Lüftungsanlagen, Klimaanlagen, Heizung, Warmwasserbereitung, Beleuchtung) bei Neubau und Ersatz. Bild 9: Exemplarische Darstellung eines Altbaudatenblattes mit Erläuterungen zu den einzelnen Bereichen und Bezeichnungen [12] • Die Kommission erstellt bis zum 30. Juni 2011 einen Rahmen für eine Methode zur Berechnung kostenoptimaler Niveaus von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und Gebäudekomponenten. • Bei Verkauf oder Vermietung ist in den Anzeigen kommerzieller Medien der in dem Energieausweis angegebene Indikator (Energiekennzahl) zu nennen. • Alle neuen Gebäude sind ab 2021 (öffentlichen Gebäude bereits 2 Jahre früher) als Niedrigstenergiegebäude auszuführen. Ein Niedrigstenergiegebäude ist ein Gebäude, das eine sehr hohe Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Parallel wird geprüft, inwiefern mit der Neufassung der Energieeinsparverordnung Verschärfungen der Anforderungen einhergehen werden. Ebenso finden Überarbeitungen der von der Energieeinsparverordnung in Bezug genommenen Normen statt. In DIN V 18599 werden die Korrekturen und Ergänzungen aus dem Normenteil 100 integriert. Darüber hinaus werden eine Reihe von Ergänzungen vorgenommen, die erweiterte Berechnungsansätze für Nutz- und Endenergiebedarfe (z. B. Hallenheizungen, Wärmepumpen, u. v. m.) sowie eine verbesserte Transparenz von Berechnungs(teil)ergebnissen wksb | in Form von Aufwandszahlen umfassen. Auch das Anforderungs- und Nachweisverfahren für den Sommerlichen Wärmeschutz in DIN 4108-2 wird hinsichtlich verschiedener Anpassungen untersucht. Insbesondere vor dem Hintergrund der Bereitstellung neuer Testreferenzjahre ist eine Überprüfung der Anforderungen erforderlich. Weitere Untersuchungspunkte sind: • Das Verfahren „Sonneneintragskennwerte“ liegt nicht immer auf der sicheren Seite (der Hinweis ist zwar in der Norm aufgenommen, der Umstand ist aber letztlich unbefriedigend). Ggf. müssen Anwendungsgrenzen definiert werden. • Die für das „ingenieurmäßige Verfahren“ zu verwendenden Randbedingungen sollen präziser formuliert werden, um eine Vergleichbarkeit von Nachweisen besser zu gewährleisten. Die Zuordnung der „Klimaregion“ - auch für das vereinfachte Verfahren - ist zu klären. • Die Anforderung, dass eine Grenztemperatur zu 10 % überschritten werden darf, greift bei Wohngebäuden vergleichsweise schwach. Ein „Schönrechnen“ sollte ausgeschlossen werden. • Die Möglichkeit der Berücksichtigung von passiver Kühung wird geprüft. 64/2010 | 17 Titelthema | Literatur [1] Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung, EnEV 2009. Nichtamtliche Lesefassung (zu der am 18. Juni 2008 von der Bundesregierung beschlossenen Fassung). [2] Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden - Energieeinsparungsgesetz. In der Fassung der Bekanntmachung vom 1. September 2005 (BGBl. I S. 2684), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. März 2009 (BGBl. I S. 643). [3] DIN V 18599: Energetische Bewertung von Gebäuden. Berechnung des Nutz­, End­ und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung (Feb. 2007). [4] DIN V 4108-6: 2003-06: Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden. Berechnung des Jahres-Heizwärme- und des Jahresheizenergiebedarfs. [5] DIN V 4701-10: 2003-08: Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen -Teil 10: Heizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung. [6] Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz - EEWärmeG) vom 7. August 2008. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I Nr. 36 (18. Aug. 2008), Seite 1658 - 1665. [7] Ettrich, M., Hauser, G. und Hoppe, M.: Modernisierungsempfehlungen im Rahmen der Ausstellung eines Energieausweises. Forschungsprojekt des BBR, Aktenzeichen: Z6-10.07.03.-07.10 / II 13-80 01 07 -10). Technische Universität München, 2010. [8] Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte im Wohngebäudebestand vom 30. Juli 2009. Herausgeber BMVBS, 2009. [9] Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchskennwerte und der Vergleichswerte im Nichtwohngebäudebestand vom 30. Juli 2009. Herausgeber BMVBS, 2009. [10]Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand vom 30. Juli 2009. Herausgeber BMVBS, 2009. [11] Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Nichtwohngebäudebestand vom 30. Juli 2009. Herausgeber BMVBS, 2009. [12]Klauss, S., et al: Katalog regionaltypischer Materialien im Gebäudebestand mit Bezug auf die Baualtersklasse und Ableitung typischer Bauteilaufbauten, Forschungsbericht für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Aktenzeichen: Z6 - 10.07.0306.13 / II 2 – 80 01 06-13), Kassel, 2009. [13] www.zukunft-haus.info/de [14]www.dibt.de 18 | wksb | 64/2010 | Titelthema Ein Jahr EnEV 2009 Bilanz und Erfahrungsberichte Gespräch mit Hans und Peter Neumann, Meisterbetrieb für Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik aus Münster Die EnEV 2009 ist im Oktober 2009 in Kraft getreten. Seither gibt es viele Unsicherheiten in Bezug auf die richtige Interpretation und den richtigen Umgang mit der Verordnung. Wie hat sich Ihr Betrieb auf die veränderten Vorschriften der EnEV 2009 eingestellt? Durch ständige Weiterbildung in rechtlichen Belangen (z. B. Folgen der Unternehmererklärung), in der Erhöhung der Beratungskompetenz und auch der praktischen Umsetzung kann man gut und sicher mit den neuen Vorschriften agieren. Die Veränderungen bieten dann sicherlich eine Chance auf mehr Umsatz. Viel entscheidender aber ist die Möglichkeit, sich als Qualitätsbetrieb von anderen Handwerkern zu differenzieren. Ein wichtiger Aspekt bei den Neuregelungen ist die sog. „Unternehmererklärung“, bei der das ausführende Unternehmen die ordnungsgemäße Umsetzung der Modernisierungsmaßnahme schriftlich erklären muss und dafür haftbar gemacht werden kann. Wie ist Ihr Umgang mit der Unternehmererklärung und wie ist Resonanz der Bauherren auf diese erhöhte Nachweispflicht? gemeinsam mit Planer und Bauherr eine Lösung zu finden. Hier kommt uns die Entwicklung der letzten Jahre mit Hochleistungs-Dämmstoffen niedriger Wärmeleitfähigkeit, z. B. der Mineralwolle in WLS 032, zu Gute. Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen sich Wettbewerber nicht an die Vorgaben der EnEV 2009 gehalten haben? Von ortsansässigen Fachunternehmen sind mir keine Fälle bekannt. Diese würden sich auch einem Risiko aussetzen, sollten Sie dem Bauherren eine Ausführung nach EnEV 2009 bescheinigen. Ein ortsansässiges Fachunternehmen kann es sich gar nicht leisten, nicht gemäß EnEV 2009 auszuführen. Schwarze Schafe gibt es aber immer. Auf Dauer werden sie am Markt nicht lange Bestand haben. Nur Qualitätsarbeit sichert Unternehmensbeständigkeit. Allerdings sollte die Einhaltung der EnEV auch stärker kontrolliert werden. Haben Sie schon Rückmeldung seitens der Bauherren zu den ausgeführten Maßnahmen? Die Unternehmererklärung garantiert dem Bauherren eine ordnungsgemäße, fachmännische Ausführung. Dazu sind nur gute Handwerksunternehmen in der Lage. Als qualitätsorientierter Handwerksbetrieb kann die Unternehmererklärung deshalb dazu beitragen, sich gegenüber preisorientierten Betrieben abzugrenzen. Dies überzeugt auch Bauherren, mehr Wert auf Qualität als auf den Preis zu legen. Damit führt die Unternehmererklärung mittelfristig zu einer Verbesserung der Auftragslage von Betrieben, die sich durch Qualitätsarbeit auszeichnen. Allerdings ist die Unternehmererklärung und den damit einhergehenden Rechten und Pflichten bei den Bauherren weitgehend unbekannt. Hier sollte mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Bei Maßnahmen die wir noch vor dem Winter ausgeführt haben, wurde trotz des kalten Winters im Vergleich zu den Vorjahren Heizenergiekosten eingespart. Meist sogar mehr als vorher angenommen. Ein Bauherr, bei dem wir das Dach mit den neuen Hochleistungs-Dämmstoffen gedämmt haben, hat sich vor kurzem folgendermaßen geäußert: „Nach einem Jahr besuchte uns ein Vertreter der Stadtwerke. Wir hatten soviel an Heizkosten eingespart, dass man seitens der Stadtwerke glaubte, der Gaszähler würde haken und nicht mehr normal funktionieren. Die Dachdämmung hat sich richtig gelohnt.“ Hinzu kommt, dass trotz niedriger Heizkosten, das Wohlbefinden gesteigert werden kann, da keine Zugerscheinungen und keine kalten Wandoberflächen oder Fußböden mehr vorhanden sind. Die EnEV 2009 setzt neue Mindeststandards bei den U-Werten. Wo sehen Sie Probleme in der praktischen Umsetzung der EnEV 2009? Können diese Werte auch in der Modernisierung eingehalten werden? In den meisten Fällen können wir die Anforderungen einhalten, zumal es ja auch die entsprechenden Ausnahmeregelungen gibt. Dort wo es zunächst nicht möglich scheint, versuchen wir wksb | Bei einigen Bauherren bzw. Planern sind noch alte Bauweisen im Kopf. Zum Beispiel das belüftete Dach. Durch die Belüftungsebene geht Raum für zusätzlichen Dämmstoff verloren. Hier muss man, basierend auf eigenen guten bauphysikalischen Kenntnissen, Überzeugungsarbeit leisten.Die Interpretation der EnEV 2009 ist manchmal nicht eindeutig. Hilfreich sind hier 64/2010 | 19 Titelthema | die Auslegungsfragen der Fachkommission. Diese kann man beim DIBT herunterladen. Wie hat sich die Beratungsleistung beim Bauherren im Vorfeld einer Modernisierungsmaßnahme verändert? Durch den höheren Bedarf ist die kompetente Beratung für die Fachunternehmer eine weitere Möglichkeit sich durch ihre Fachwissen von anderen Unternehmen abzusetzen. Daher ist es als Handwerker notwendig, sich ständig weiter zu bilden. Hier bieten die Industrie und das ENERGIESPARNETZWERK gute Veranstaltungen. Wie wichtig ist bei der Umsetzung einer Modernisierungsmaßnahme ein funktionierendes Netzwerk? Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Beteiligten ist speziell in der Modernisierung sehr wichtig. Vor allem die Abstimmung der einzelnen Gewerke und der Planung muss schon im Vorhinein erfolgen. Das erspart Probleme auf der Baustelle. Daher ist ein funktionierendes Netzwerk mit Partnern die man kennt sehr wichtig. Wie funktioniert die Abstimmung der Detailplanung im Bereich „Luftdichte“ zwischen Ihnen und dem Planer? Die Planung der luftdichten Schicht ist vor allem in der Modernisierung sehr wichtig, da hier oftmals spezielle Lösungen notwendig sind. Daher ist eine frühzeitige Abstimmung der Details wichtig. Wird dies versäumt, führt das zu Mehraufwand und unbefriedigenden Lösungen oder sogar zu vorprogrammierten Bauschäden. Intensive Abstimmung vor und während Durchführung der Arbeiten ist daher für uns absolutes Muss. Letztlich werden wir als Fachhandwerksbetrieb am Endergebnis gemessen. Daher möchten wir, dass die von uns ausgeführte luftdichte Schicht nicht von nachfolgenden Gewerken beschädigt wird. Welche Maßnahmen führen Sie durch um Ihre Arbeitsleistung zu kontrollieren und dokumentieren? Wir dokumentieren die wichtigen Punkte mit einer Digitalkamera. Die Bilder stellen wir dem Bauherren nach Abschluss 20 | der Arbeiten zur Verfügung. Dadurch kann er die Qualität der Durchführung nachvollziehen, ohne die ganze Zeit auf der Baustelle anwesend zu sein. Sind die von der Industrie bereitgestellten Lösungen für die erfolgreiche Umsetzung der gesetzl. Vorschriften ausreichend? Die Anforderungen der EnEV 2009 und auch die zukünftigen Anforderungen verlangen einen immer besseren Wärmeschutz der Gebäudehülle. Damit die Dämmdicken nicht zunehmen benötigen wir Dämmstoffe mit niedrigen Wärmeleitfähigkeiten. Da ist die Industrie mit der Entwicklung von Mineralwolle in WLS 032 und für Anwendungsfälle, in denen eine besonders dünne Dämmschicht gefordert ist Vakuumdämmung auf dem richtigen Weg. Speziell die Produkte für die luftdichte Ebene sind sehr gut. Hier sollte man immer mit einem System eines namhaften Anbieters arbeiten. So geht man sicher, dass die Komponenten optimal aufeinander abgestimmt sind. Der Interviewte: Als Meisterbetrieb für Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik ist der Inhaber Hans Neumann zusammen mit seinem Sohn Peter Neumann (Dachdeckermeister seit Juni 2004 und Zimmerermeister seit Juni 2008) sowie 5 Gesellen mit der Ausführung sämtlicher Dachdeckerarbeiten beschäftigt. Als 5-Sterne-Meisterhaft Betrieb ist der Dachdeckermeister und Energieberater Hans Neumann seit 2009 auch ModernisierungsProfi, Fachbetrieb für Energiesparen im ENERGIESPARNETZWERK. Das Interview führte Tobias Kiesel, ENERGIESPARNETZWERK, Ludwigshafen. Lesen Sie im nächsten Heft einen weiteren Erfahrungsbericht von Fachleuten, die mit der praktischen Umsetzung der EnEV 2009 befasst sind. wksb | 64/2010 | Innovationen Fraunhofer inHaus - Labor und Showroom für Innovationen Die Fraunhofer Gesellschaft und zahlreiche Partnerunternehmen auf der Suche nach neuen Lösungen für Räume und Gebäude Alexander Geißels* Das Fraunhofer-inHaus-Zentrum in Duisburg ist eine einmalige Innovationswerkstatt für neuartige Systemlösungen in Räumen und Gebäuden. Diese Lösungen sollen die Betriebs- und die diversen Anwendungsprozesse auf neue Art und Weise optimieren helfen. Konzipiert und entwickelt werden die Lösungen in Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung; die Nutznießer sind Bauherren, Investoren, Betreiber und Endanwender von Wohn- und Nutzimmobilien. Hinzu kommt ein breites Spektrum von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für neue Produkte und Systemlösungen von Herstellern, Systemintegratoren und Dienstleistern. Das inHaus-Zentrum besteht aus der inHaus1-Anlage für den Wohnimmobilienbereich (SmartHome) und der inHaus2-Anlage für den Nutzimmobilienbereich (SmartBuilding). Der inHaus-Wohnimmobilienbereich hat in der Zeit seines Bestehens ein sehr positives Image und nationale wie auch internationale Bekanntheit erlangt. Hier entwickelte gewerkeübergreifende Konzepte und Lösungen sind sowohl in der Wohnungswirtschaft als auch im privaten Bauen und Wohnen in die Praxis umgesetzt worden. Die inHaus GmbH als spin-off-Unternehmen des inHaus-Innovationszentrums hat seit 2003 ca. 220 Objekte im Markt realisiert und kann damit eine umfassende Praxiserfahrung ins inHaus-Zentrum einbringen. Das Hauptziel von inHaus2 ist die zukunftsorientierte Entwicklung und Markteinführung von neuartigen, intelligenten Raum- und Gebäudesystemen (Smart Building) zur Steigerung der Gesamtattraktivität einer Nutzimmobilie. Diese Lösungen unterstützen und verbessern durch die Optimierung der Betriebsprozesse von der Planung und den Bau, über den Betrieb bis hin zum Facility Management den gesamten Lebenszyklus einer Nutzimmobilie. Weiter werden mit inHaus2 die Anwendungsbereiche, Hotel und Veranstaltungen, Büro und Service sowie Hospital und Pflege mit Innovationen zur Prozessoptimierung adressiert. inHaus soll Innovationen auslösen Das inHaus-Zentrum der Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet nach einem neuartigen Konzept des Innovationsmanage- ments. Hierbei werden in enger Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung neue integrierte Prozessund Systemlösungen mit überzeugenden Nutzeffekten für Bauherren, Betreiber und Bewohner im Wohnimmobilienbereich wie auch für Bauherren, Investoren, Betreiber und Anwender von Nutzimmobilien entwickelt und anwendungsnah erprobt und demonstriert. Im Zentrum der Aktivitäten stehen längerfristig angelegte Innovationspartnerschaften der inHaus-Fraunhofer-Insititute mit Wirtschafts- und Forschungspartnern aller Art, aber auch mit Anwendern aus den vom inHaus-Zentrum adressierten Anwendungsbereichen. Technik-Anbieter und Nachfrager aus der Anwendung arbeiten also direkt zusammen an neuen Lösungen. Partnermodelle für Wirtschaftspartner: • Systempartner vertreten ein umfassendes System-Segment, verbunden mit einem weitreichenden Innovationsprogramm und Nutzungsrechten der inHaus-Anlagen. • Komponentenpartner vertreten Komponenten-Produkte als Teil der Systemlösungen, verbunden mit einem abgestimmten Innovationsprogramm und Nutzungsrechten für die inHaus-Anlagen. • Anwendungspartner vertreten einen Anwendungsbereich, z. B. Hotel oder Pflegeheim; Beraten bei der Systemkonzeption und bewerten die neuen Systemlösungen. * Dipl.-Ing. Alexander Geißels, Leiter Akademie und Marketing, SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb | 64/2010 | 21 Innovationen | • Beistellungspartner bringen Produkte und Dienstleistungen ein und bringen sich hauptsächlich in die PRArbeit ein. fokus Zu den Systempartnern des inHaus-Zentrums gehören BASF, Josef Gartner GmbH, Henkel, Hochtief, ISOVER, RWE, T-Systems und Xella. Darüber hinaus werden europaund weltweit Forschungspartnerschaften angeboten, z. B. mit Universitäten und Instituten außerhalb der FraunhoferGesellschaft. Die inHaus-Teams Im inHaus-Zentrum arbeiten spezialisierte Teams für Forschung- und Entwicklung, für das Gebäude-Management, den Betrieb der Einrichtungen sowie für Marketing und PR. Hinzu kommen die externen inHaus-Teams in den Fraunhofer-Instituten und bei den Wirtschaftspartnern. Den Kern des Innovationsmanagements bilden die Innovations-Arbeitsgemeinschaften der sechs inHaus-Geschäftsfelder von Bauen bis Office. Für inHaus Industriepartner, wie z. B. die Saint-Gobain ISOVER G+H AG bieten diese Arbeitsgemeinschaften die wertvolle Möglichkeit des Informationsaustausches und natürlich der gemeinsamen Forschung und Produktentwicklung. So können Materialübergreifende Entwicklungen initiiert werden. Bild 1: Das Wohnlabor inHaus1 inHaus-Einrichtungen und -Ausstattungen Das inHaus-Zentrum hat über 5.000 qm Labor- und Werkstattflächen für die Technik- und Anwendungs-Entwicklung, -Testung und -Demonstration. Anwendungslabore gibt es für den Wohnimmobilienbereich (Privathäuser, Wohnungen der Wohnungswirtschaft) in der inHaus1Anlage und den Nutzimmobilienbereich (Büro, Hotel, Veranstaltungsräume, Pflegeheim, Hospital) in der inHaus2-Anlage. Hinzu kommen zwei Techniklabore für die Elektronik-Entwicklung, ein Mechanik-Labor und zwei Büroetagen für die Entwicklung von Systemintegrations- und Anwendungssoftware. Bild 2: inHaus2 in Duisburg, Eingangsbereich Ein großer Veranstaltungsbereich für bis zu 250 Teilnehmer, ein Besucher-Cafe, ein Gartengelände und div. Konferenzräume runden die Ausstattung des inHaus-Zentrums ab. Hier wird am 1. Dezember 2010 ein Modernisierungskongress stattfinden, in dessen Rahmen von Fachreferenten sowohl erfolgreiche Umsetzungen der Energieeffizienz von kommunalen Gebäuden wie auch Systemlösungen für die Erhöhung des Nutzerkomforts aufgezeigt werden. Das inHaus-Zentrum in Duisburg kann von interessierten Gruppen nach Voranmeldung besichtigt werden. Weitere Informationen unter www.inhaus-zentrum.de. Bild 3: Die verschiedenen Forschungs- und Laborbereiche des inHaus2 ermöglichen Praxistests von Systeminnovationen für die Errichtung und Nutzung von Nichtwohngebäuden. Alle Bilder - Quelle: Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP 22 | wksb | 64/2010 | Innovationen Nachhaltigkeit von Dämmstoffen Dr. Franz-Josef Kasper* Einleitung Der Klimawandel und die daraus resultierenden Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbrände oder das Abschmelzen der Polkappen gefährden die Zukunft unseres Planeten und das Überleben der Weltbevölkerung. Gleichzeitig gilt es bei sich abzeichnender Verknappung natürlicher Ressourcen wie fossiler Energieträger, Wasser und Verringerung landwirtschaftlicher Nutzflächen, einer wachsenden Weltbevölkerung eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Diese Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfordern deshalb einen Umdenkungsprozess und eine Veränderung unserer Wirtschaftsweise. Die Lösung für die anstehende Herausforderungen bietet die Umsetzung von Nachhaltigkeit in allen Wirtschafts- und Lebensbereichen. Nachhaltige Entwicklung ist der Weg zur Sicherung der Zukunft für die Menschheit. Im folgenden Artikel wird, ausgehend von der Bedeutung der Gebäude für die Nachhaltigkeit, der Einfluss der in ihnen eingesetzten Dämmstoffe im Bezug auf ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit näher untersucht. Ausgangspunkt bilden dabei die politischen Zielsetzungen in der EU und der Bundesrepublik Deutschland. Den Gebäuden kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie für 41 % des Energieverbrauchs in der EU, siehe Bild 1, verantwortlich sind und in entsprechendem Maße zum Treibhauseffekt durch den CO2-Ausstoß beitragen. Um diesen Beitrag zu reduzieren hat die EU 2002 die Energieeffizienzrichtlinie für Gebäude (EPBD) erlassen und im Mai dieses Jahres novelliert. Mit dieser Richtlinie, die am 8. Juli 2010 in Kraft gesetzt wurde, ist u. a. das Ziel verbunden, in der EU ab 2019 nur noch Gebäude zu errichten, deren Nettoenergiebedarf nahe bei null liegt. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit den Gebäudebestand energetisch zu verbessern. Mit beiden Maßnahmen wird ein entscheidender Beitrag zur Nachhaltigkeit in die Wege geleitet, der eine der Voraussetzungen bildet, die CO2-Emissionen in der EU bis 2020 um 20 % gegenüber 1990 zu verringern. Dieses Ziel gilt es sowohl seitens der Politik als auch seitens der Wirtschaft konsequent umzusetzen. Einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten dabei Dämmstoffe in Gebäuden und zwar zu den niedrigsten Kosten [1]. Politische Zielsetzung zur Nachhaltigkeit Ausgehend von den in der Einleitung genannten Herausforderungen haben sich die EU und die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen ihrer Umweltpolitik folgendes strategisches Ziel gesetzt: Die EU soll im Hinblick auf Nachhaltigkeit die führende Wirtschaftszone in der Welt werden. Alle in der EU erzeugten Wirtschaftsgüter, dazu zählen auch Gebäude und Bauprodukte, sollen nachhaltig sein. Dabei bedeutet Nachhaltigkeit, dass Wirtschaftsgüter folgende Eigenschaften aufweisen sollen: • Möglichst geringe Umweltbelastung bei der Herstellung, • geringen Energiebedarf bei Herstellung, • keine Auswirkung auf Gesundheit der Nutzer, • keine Belastung der Umwelt in der Nutzung, • einfach entsorgbar, wieder verwendbar oder recyclingfähig nach Ende der Nutzungsphase. * Dr. Franz-Josef Kasper, Akademie und Marketing, SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb | Bild 1: Beitrag der Gebäude zum Energieverbrauch in der EU Was bedeutet Nachhaltigkeit? Die heute akzeptierte Definition der Nachhaltigkeit stammt aus dem Brundtlandreport der UNO aus dem Jahre 1987. „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähig- 64/2010 | 23 Innovationen | keit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können." Basis international einheitlicher Normen wie ISO 14020ff [3] erstellt werden. Ausgehend von dieser Definition hat sich das Dreisäulenmodell der Nachhaltigkeit entwickelt, das für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden und der in ihnen verwendeten Bauprodukte herangezogen wird. Die drei Säulen mit den ausgewählten Schutzzielen sind.: Die Umweltdeklaration vom Typ I beschreibt eine einzige Eigenschaft eines Produktes wie z. B. Emissionsarmut und basiert auf DIN EN ISO 14024[4]. Der Typ I wird von einer unabhängigen Stelle wie der RAL Gütegemeinschaft vergeben und überprüft. 1. Ökologische Qualität • Schutz der Umwelt, • Schonung natürlicher Ressourcen. SAINT GOBAIN ISOVER G+H beispielsweise verfügt mit dem Blauen Engel für Emissionsarmut für alle in Innenräumen eingesetzten Mineralwolleprodukte über eine Umweltdeklaration vom Typ I, siehe Bild 2. 2. Ökonomische Qualität • Senkung der Lebenszykluskosten, • Erhaltung ökonomischer Werte. 3. Soziokulturelle und funktionale Qualität • Sicherung der Gesundheit, • Behaglichkeit und Sicherheit, z. B. akustischer Kom- fort und vorbeugender Brandschutz. Von diesem Modellansatz für Gebäude leiten sich direkt die Kriterien ab, die die Grundlage der Nachhaltigkeitsbewertung der eingesetzten Baustoffe so auch der Dämmstoffe liefern. Die Deklarationen vom Typ III Ein vollständiger Nachweis der Nachhaltigkeit von Dämmstoffen kann mittels einer Lebenszyklusanalyse nach DIN EN ISO 14040 [2] durchgeführt werden, die den Werdegang eines Produktes von der „Wiege bis zur Bahre umschließt“. Für die vollständige Lebenszyklusanalyse gibt es in Deutschland noch kein vollständiges genormtes Bewertungsschema. Die Nachhaltigkeitsanalyse von Bauprodukten erfolgt daher zurzeit freiwillig mittels einer Umweltdeklaration. Es existieren 3 Typen von Umweltdeklarationen, die auf der • basieren auf einer Ökobilanz, • liefern umfangreiche quantitative und verifizierte (nachgewiesene) Informationen, • stellen Umweltwirkungen dar, ohne zu werten, • erfordern eine unabhängige Zertifizierung durch Dritte. Quelle: www.blauer-engel.de | Für Bauprodukte sind Umweltdeklarationen vom Typ III nach DIN ISO 14025 [5] zu erstellen. Diese gewinnen an Bedeutung, da die Bundesregierung beabsichtigt bei öffentlichen Gebäuden nur noch Produkte mit dieser Deklaration zu zulassen. Zusätzlich werden immer mehr private Gebäude nach dem Nachhaltigsschema der DGNB zertifiziert. Für diese Zertifizierung bilden die Umweltdeklarationen eine wesentliche Voraussetzung. Grundlagen für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Dämmstoffen Bild 2: Blauer Engel für Emissionsarmut 24 Umweltdeklarationen vom Typ II enthalten nur Herstellerangaben, die nicht von unabhängigen Gremien bewertet werden. Sie finden sich zurzeit vor allem bei Haushaltsgeräten und werden daher nicht weiter betrachtet. Die Ausstellung dieser Umweltdeklarationen erfolgt durch das Institut Bauen und Umwelt (IBU). Sie werden von einem unabhängigen Sachverständigenausschuss geprüft und zertifiziert. Im Rahmen der Umweltdeklaration für Dämmstoffe werden Umwelt relevante Faktoren von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Auslieferung der Produkte am Werkstor bilanziert. Des Weiteren enthalten sie Informationen für das Lebensende der Dämmstoffe im Hinblick auf Entsorgung, Wiederverwertung bzw. Recyclingfähigkeit. Außerdem werden Auswirkungen auf die Gesundheit und den Komfort der Bewohner von Gebäuden dargestellt, so dass auch eine Bewertung der funktionalen und soziokulturellen Qualität möglich ist. Es fehlen allerdings Angaben zur Distribution, der Bewertung der Nutzungsphase sowie zum energetischen Aufwand für den Rückbau. Das heißt, die jetzigen Umweltdeklarationen stellen noch keine vollständige Lebenszyklusanalyse von Dämmstoffen dar. Daher lassen sich aus Ihnen nur bedingt Schlüsse über den Beitrag der jeweiligen Produkte zur Nachhaltigkeit eiwksb | 64/2010 | Innovationen nes Gebäudes ziehen. Der positive, vollständige Beitrag eines Dämmstoffes für die Nachhaltigkeit eines Gebäudes kann erst erfolgen, wenn die konkrete Anwendung bei einem Bauteil oder für das ganze Gebäude betrachtet wird und zwar über den ganzen Lebenszyklus Dies ist notwendig, um einen wissenschaftlich sauberen Vergleich der Produkte bei Ihrer Anwendung zu ermöglichen und alle für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden erbrachten Leistungen korrekt zu bewerten. unterschiedliche Rohdichten zwischen 14 und 150 kg/m³ benötigt werden, um den Anforderungen bei der Anwendung, wie sie in DIN 4108-10 [6] angegeben sind, Rechnung zu tragen. Bei Schaumdämmstoffen erfolgt die Angabe der klimarelevanten Faktoren bezogen auf den Kubikmeter, da je nach Wärmeleitfähigkeit nur eine mittlere Rohdichte betrachtet wird. Im folgenden Absatz wird an zwei Beispielen der Beitrag von Dämmstoffen zur Nachhaltigkeit von Gebäuden näher analysiert und die Ergebnisse miteinander verglichen. Hierbei werden neben den umweltrelevanten Beiträgen zur Nachhaltigkeit auch die ökonomischen und soziokulturellen Aspekte der Nachhaltigkeit von Gebäuden für zwei Sanierungsmaßnahmen bei Außenwänden eines Bestandgebäudes dargestellt. Die umweltrelevanten Faktoren für die Bewertung von ISOVER Mineralwollen und Schaumdämmstoffen Die nachfolgenden Übersichtstabellen 1 und 2 geben die wesentlichen, Umwelt relevanten Faktoren der von ISOVER produzierten bzw. vertriebenen Dämmstoffe wieder. Die angegebenen Werte sind den zertifizieren Umweltdeklarationen des Instituts für Bauen und Umwelt (IBU) entnommen. Es werden die Aufwendungen und Einsparungen an Energie sowie der Ausstoß bzw. die Vermeidung umweltrelevanter Emissionen am Beispiel der energetischen Sanierung In den Deklarationen sind alle Faktoren für Mineralwolle der Außenwände eines Einfamilienhauses Baujahr 1949 auf ein kg bezogen, da je nach Anwendung der Produkte betrachtet. Das Gebäude besitzt 121 m² Ökobilanzkennwerte für ISOVER Mineralwolle Nutzfläche und 119 m² Außenwandfür Rohstoffgewinnung und Herstellung je kg Produkt fläche. Verglichen wird dabei eine SaAuswertegröße Einheit je kg ISOVER Glaswolle ISOVER Steinwolle ISOVER ULTIMATE nierung mittels einer Innendämmung Primärenergie nicht erneuerbar [MJ]ª 28,76 25,25 47,5 (Variante 1) bei einer Klinkerfassade mit der Sanierung einer Putzfassade mittels Primärenergie erneuerbar [MJ] 1,43 1,13 1,67 WDVS-Systems (Variante 2). Bei der [kg CO2 - Äqv.] 1,77 1,61 2,9468 Treibhauspotential (GWP) Innendämmung werden zusätzlich unterschiedliche Dämmstoffe miteinander [kg R11 - Äqv.] Ozonabbaupotential (ODP) 1,3 . 10 -7 0,886 . 10 -7 1,596 . 10 -7 verglichen. Für beide Anwendungsfälle [kg SO2 - Äqv.] Versauerungspotential (AP) 0,0067 0,0044 0,01268 erfolgen alle Angaben bezogen auf den Überdüngungspotential (NP) [kg Phosphat - Äqv.] 0,0011 0,000504 0,00205 m² eingesetzter Dämmdicke. Folgende energetische Verbesserung wird be[kg C2H4 - Äqv.] Sommersmogpotenzial (POCP) 3,4 . 10 -4 3,6 . 10 -4 5,27 . 10 -4 trachtet: a) 3,6 MJ = 1 kwh Tabelle 1: Umweltrelevante Einflussfaktoren für die Herstellung von ISOVER Mineralwolleprodukten U = 0,28 W/(m²K) (EnEV 2009 Referenzgebäude), Einheit je m³ EPS WLG 035 XPS WLG 035 PUR 024 Primärenergie nicht erneuerbar [MJ] 1145,2 ª 2412 b 2424 c Primärenergie erneuerbar [MJ] 1 10,1 86,89 Treibhauspotential (GWP) [kg CO2 - Äqv.] 89 Ozonabbaupotential (ODP) [kg R11 - Äqv.] . Versauerungspotential [kg SO2 - Äqv.] 0,089 0,49 Überdüngungspotential [kg PO4 - Äqv.] 0,0094 0,04 0,056 Sommersmoypotenzial [kg C2H4 - Äqv.] 0,35 0,5 0,079 d 1,08 10 201 -7 d . 4,69 10 205,63 -7 d . 19,8 10 -7 0,511 a) 695 MJ Gutschrift für termische Verwertung b) 1023 MJ Gutschrift für termische Verwertung c) 504 MJ Gutschrift für termische Verwertung d) erhöht um CO2 Ausstoß bei termischer Verwertung Tabelle 2: Umweltrelevante Einflussfaktoren für die Herstellung von Schaumprodukten wksb | (m²K), • Zielwert Ökobilanzkennwerte von Schaumdämmstoffen für Rohstoffgewinnung und Herstellung Auswertegröße • Ausgangswert der Wand U = 1,35 W/ 64/2010 • Vergleich für WLG 035 und 100 mm Dicke. Berechnet wird die durch die Dämmmaßnahme erzielte Gesamtenergieeinsparung für das Gebäude sowie die Vermeidung von Umweltschadstoffen durch den geringeren Energieverbrauch mit Hilfe des Nachweisverfahrens nach EnEV 2009. Diese Ersparnisse werden dann auf den m² Dämmung bezogen und für eine Nutzungszeit von 50 Jahren | 25 Innovationen | summiert und mit dem Herstellungsaufwand verglichen. Beim Vergleich wird der Transport zur Baustelle nicht berücksichtigt, da er einen vergleichweise geringen Anteil am Gesamtaufwand für das Bauteil ausmacht. Er könnte aber mit Hilfe des Bilanzierungsprogramms GABI [7] erfasst werden. für die Herstellung benötigten Primärenergie ein. Unter den vier eingesetzten Lösungen gleicher Energieeinsparung beim Bauteil besitzt die Glaswolle die höchste Ökoeffizienz. Bei Steinwolle macht sich das höhere Gewicht nachteilig bemerkbar, obwohl Sie den niedrigsten Primärenergieverbrauch je kg in der Herstellung aufweist. Noch höher fällt der Beitrag zur Vermeidung des TreibDie Ergebnisse für die Sanierungsvariante Innendämmung hauseffektes durch Verringerung des CO2-Ausstoßes sind in Tabelle 3 dargestellt, die Ergebnisse für Variante 2 und zur Versauerung von Böden durch Reduzierung des in Tabelle 4. SO2-Ausstoßes aus. Dieser letztgenannte Beitrag hilft Waldschäden durch sauren Regen zu Bilanzierung von Umweltrelevanten Kenngrößen von Dämmstoffen bei Innendämmung verhindern. über 50 Jahre Nutzung Kenngröße Einheit je m² ISOVER Glaswolle 035 ISOVER ULTIMATE 035 ISOVER Steinwolle 035 EPS 035 [MJ] 60,3 108,2 126,5 114,5 13950 a) Primärenergieaufwand b) Primärenergieersparnis [MJ] 13950 13950 13950 c) CO2 - Ausstoß Herstellung [kg/CO2-Äqv.] 3,717 6,18 8,05 8,9 d) CO2 - Vermeidung [kg/CO2-Äqv.] 915 915 915 915 e) SO2 - Emission [kg/SO2-Äqv.] 0,014 0,0267 0,022 0,051 f) SO2 - Vermeidung [kg/SO2-Äqv.] 4,25 4,25 4,25 4,25 b/a Ökoeffizienz - 231 129 110 122 c/d Ökoeffizienz - 288 148 113 103 e/f Ökoeffizienz - 303 159 193 83 Tabelle 3: Bilanzierung von Aufwand/Nutzen von umweltrelevanten Kenngrößen für Dämmstoffe in der Nutzungsphase (Variante 1). Bilanzierung von Umweltrelevanten Kenngrößen von Dämmstoffen für WDVS-Anwendung bei 50 Jahre Nutzungsdauer Einheit je m² ISOVER Steinwolle Sillaterm 035 a) Primärenergie nicht erneuerbar [MJ] 290,3 b) Primärenergieersparnis [MJ] 13950 c) CO2 - Ausstoß Herstellung [kg/CO2-Äqv.] 18,51 d) CO2 - Vermeidung [kg/CO2-Äqv.] 915 e) SO2 - Ausstoß Herstellung [kg/SO2-Äqv.] 0,051 f) SO2 - Vermeidung [kg/SO2-Äqv.] 4,25 Kenngröße Als zweiter Aspekt der Nachhaltigkeit von Gebäuden ist der Beitrag der energetischen Sanierung für die ökonomische Qualität (2. Säule der Nachhaltigkeit) zu betrachten. Durch die Dämmaßnahme erhöht sich der Wiederverkaufswert der Immobilie. Gleichzeitig sinken die Lebenszykluskosten durch die Verringerung der Energiekosten während der Nutzung. Für das mit einem NT-Kessel mit Gas beheizte Gebäude ergibt sich bei einem Energiepreis von 8 Eurocent pro kWh eine jährliche Ersparnis von 790 Euro. Die Investitionskosten von 3.570 Euro amortisieren sich in einem Zeitraum von nur 5 Jahren. Bei einer inflationsbereinigten Energiepreissteigerung von 3 % im Jahr beträgt die gesamte Ersparnis in 30 Jahren ca. 30.000 Euro, die den Lebensstandard sichern hilft. Die Verbesserung des Wärmeschutzes der Außenwand hat zusätzlich noch positive Auswirkungen auf soziokulturelle b/a Ökoeffizienz 48 und funktionale Qualität des Gebäudes c/d Ökoeffizienz 49 (3. Säule der Nachhaltigkeit). Für die Bee/f Ökoeffizienz 83 wohner steigt der thermische Komfort. Bei den Lösungen mit Mineralwolle erTabelle 4: Bilanzierung von Aufwand/Nutzen anhand umweltrelevanter Kenngibt sich außerdem eine deutliche Steigrößen für Dämmstoffe in der Nutzungsphase (Variante 2). gerung des akustischen Komforts, da die Vorsatzschale mit Mineralwolle eine ErBewertung der Ergebnisse energetische höhung des Schalldämmmaßes von bis zu 10 dB erhält, abSanierung der Außenwand einer Bestands- hängig vom Ausgangswert des vorhandenen Mauerwerks. immobilie Des Weiteren leistet die Mineralwollelösung einen Beitrag zum vorbeugenden Brandschutz. Wegen des entstehenAnhand der Ergebnisse in Tabelle 3 lässt sich der Beitrag den Wohnflächenverlustes ist allerdings die Erhöhung der von Dämmstoffen zur ökologischen Qualität von Gebäuden Energieeffizienz bei einer Innendämmung begrenzt und es (Säule 1 der Nachhaltigkeit) bewerten. Es ergeben sich folbedarf einer sorgfältigen Planung zur Reduktion der Wärgende Schlussfolgerungen. mebrückeneinflüsse. Für das Wärmedämmverbundsystem (Variante 2) als MaßAlle vier Dämmlösungen sparen über den Nutzungsnahme zur Steigerung der Energieeffizienz des Bestandszeitraum von 50 Jahren mehr als das hundertfache der 26 | wksb | 64/2010 | Innovationen gebäudes zeigt die Tabelle 4 ebenfalls einen positiven Beitrag für die Verbesserung der ökologischen Qualität des Gebäudes. Allerdings bedingen die erhöhten Anforderungen an die technische Qualität wie z. B. die Abreißfestigkeit einen größeren Herstellungsaufwand, so dass der Einspareffekt bei den umweltrelevanten Einflussfaktoren geringer ausfällt. Bei der Bewertung der ökonomischen Qualität ergeben sich neben der Wertsteigerung des Gebäudes als zusätzlicher positiver Effekt ein verbesserter Schutz der Außenwand gegen Feuchtebelastungen und damit einhergehenden Schadensrisiken Dies führt zu einer deutlichen Reduktion des Unterhaltungsaufwands sowie eine Erhöhung der Gebäudenutzungsdauer. Diese Aspekte sind vor allem in Regionen mit erhöhter Schlagregenbelastung zu berücksichtigen. Allerdings liegen die Investitionskosten für diese Maßnahme zur Energieeffizienzsteigerung ebenfalls höher. Zu betrachten sind dabei nur die Kosten für die Wärmedämmung und ihre Verarbeitung, da die Kosten für die Einrüstung auch bei einer reinen Putzsanierung ohne jeglichen Energiespareffekt anfallen würden. Bei gleicher Energieersparnis ergibt sich etwa eine Verdoppelung der Amortisationszeit Daher ist zurzeit eine Deponierung aus Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsaspekten als Bauschutt die praktikabelste Lösung. Dieser Weg ist problemlos gangbar, da Mineralwolledämmstoffe Boden oder Grundwasser nicht gefährden. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die hier behandelten Dämmstoffe wesentliche Beiträge zur Nachhaltigkeit von Gebäuden leisten und zwar im Bezug auf alle drei Säulen der Nachhaltigkeit. Dabei zeichnen sich Mineralwolledämmstoffe durch die Vielfalt des Nutzens in den im Artikel betrachteten Anwendungsfällen aus. Grundsätzlich ist es bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Dämmstoffen erforderlich, ihre Auswirkungen auf alle tragenden Säulen der Nachhaltigkeit zu betrachten. Ein eindimensionales Denken, das den Fokus nur auf eine einzige Säule, z. B. die ökologische Qualität, richtet, führt zu Fehlbewertung und das angestrebte Nachhaltigkeitsziel für das Gebäude wird verfehlt. Nur ganzheitliche Betrachtung aller drei Säulen bezogen auf das konkrete Gebäude und sein Umfeld führt zum erwarteten Erfolg. Im Hinblick auf die soziokulturelle und funktionale Qualität trägt die Außendämmung mit einem Mineralwolle WDVS-System sowohl zur Verbesserung des thermischen und akustischem Komforts als auch zum vorbeugenden Brandschutz bei. Es entsteht kein Wohnflächenverlust und Wärmebrückeneinflüsse lassen sich einfacher beheben. Abschließend gilt es noch das Lebenszyklusende der beiden Sanierungsvarianten zu betrachten. Literatur Betrachtung des Lebenszyklusendes [4] DIN EN ISO 14024 Umweltzeichen und Deklarationen - Type I Umweltdeklaration - Grundlagen und Verfahren, 2005. Im Falle des Abrisses des Gebäudes ist bei der Variante Innendämmung aufgrund der rein mechanischen Befestigung ein Rückbau und eine sortenreine Trennung der Dämmstoffe einfacher. Dies erleichtert eine Wiederverwendung der Mineralwolledämmstoffe z. B. als Sekundärrohstoff bei der Herstellung von Ziegeln. Grundsätzlich wäre bei Vorhandensein einer entsprechenden Logistik auch eine Rückführung in den Produktionsprozess möglich. Der Hartschaumdämmstoff wird der thermischen Verwertung zugeführt, die im vorstehenden Absatz bei der Bewertung der ökologischen Qualität berücksichtigt wurde. Für den Dämmstoff des Wärmedämmverbundsystems ist der Aufwand der sortenreinen Trennung schwieriger, da die Putzschichten auf beiden Seiten entfernt werden müssen. wksb | [1] Kosten und Potentiale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland Mckinsey Report 2007. [2] DIN EN ISO 14040 Umweltmanagement- ÖkobilanzGrundsätze und Rahmenbedingungen 10-2006. [3] DIN EN ISO 14020: Umweltzeichen und Deklarationen - Allgemeine Grundlagen, 2000. [5] DIN EN ISO 14025 Umweltzeichen und Deklarationen - Type III Umweltdeklaration - Grundlagen und Verfahren, 2005. [6] DIN 4108-10 Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden; Anwendungsbezogene Anforderungen an Wärmedämmstoffe - Werkmäßig hergestellte Dämmstoffe 06-2008. [7] GABI 2006 Software und Datenbank zur ganzheitlichen Bilanzierung IKP Universität Stuttgart und PE Europe GmbH 1992-2004. 64/2010 | 27 wettbewerbe | Auf die Plätze - fertig - Klimaschutz! Die Klimaschutz-Initiative CO2NTRA sucht wieder kreative, CO2-einsparende Projekte und stellt ein Förderbudget in Höhe von maximal 200.000 Euro bereit. CO2NTRA sind unter anderem Maßnahmen, die helfen, den CO2-Ausstoß zu begrenzen und das Bewusstsein der Bevölkerung für den Klimaschutz zu steigern. Die Förderbedingungen sind im Einzelnen in den Bewerbungsunterlagen beschrieben und abrufbar unter www.contra-co2.de. Über die Auswahl der Projekte entscheidet der CO2NTRABeirat. Er umfasst zehn Mitglieder aus Forschung und Wirtschaft. Vorsitzender des Beirates ist Prof. Dr. Wolfgang Seiler, ehemaliger Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-IFU) am Karlsruhe Institute for Technology. Der Einsendeschluss für die Bewerbung ist der 30. November 2010 (Poststempel). Seit dem ersten September ist es wieder soweit: Wer eine gute Idee hat, wie der CO2-Ausstoß gesenkt und die Umwelt entlastet wird, der kann sich bei der Klimaschutz-Initiative CO2NTRA des Dämmstoffherstellers SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG bewerben. „Dieses Jahr haben wir uns für zwei Schwerpunktthemen entschieden: Klimaschutzkonzepte von Bildungseinrichtungen und Klimaschutz-Allianzen“, informiert Michael Wiessner, Vorstand Marketing und Vertrieb sowie Mitglied des CO2NTRA-Beirats. „Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass sich besonders Bildungseinrichtungen viele Gedanken machen, was im Bereich Klimaschutz getan werden kann. Dieses Engagement möchten wir fördern und rufen daher besonders Universitäten, Schulen und Kindergärten zur Bewerbung auf.“ Doch damit nicht genug: Auch das Engagement von Klimaschutz-Allianzen wird von CO2NTRA unterstützt. Unter Klimaschutz-Allianzen versteht CO2NTRA die Zusammenarbeit von öffentlichen, gewerblichen und privaten Organisationen für den Klimaschutz. Quelle: Saint-Gobain ISOVER G+H ag Hintergrundinformationen zur KlimaschutzInitiative CO2NTRA-Preisträger 2009 Für die besten Projekte stellt die Initiative einen Förderetat von insgesamt maximal 200.000 Euro bereit. Zusätzlich werden für besonders kreative Konzept-Ideen zwei Förderpreise in Höhe von insgesamt 10.000 Euro ausgeschrieben. Im Jahr 2005 entschied sich der Dämmstoffhersteller SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG, unabhängig von der eigenen Produktwelt für den Klimaschutz aktiv zu werden. Das war die Geburtstunde der Klimaschutz-Initiative CO2NTRA. Als unabhängige und gemeinnützige Initiative förderte CO2NTRA seither das Engagement von rund 40 Klimaschutz-Projekten. Zu den ausgezeichneten Organisationen zählen bekannte Institutionen wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), das Deutsche Jugendherbergswerk Detmold, der Caritasverband sowie die Technische Universität Darmstadt. Aber auch Initiativen mit regionalem Fokus wie das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza!), der Thüringer Ökoherz e. V., das Umweltbüro Nord e. V., die Bürgerstiftung Wiesloch und 30 weitere Organisationen gehören zu den Preisträgern. Weitere Informationen zu den geförderten Projekten und zur Klimaschutz-Initiative sowie die Bewerbungsunterlagen sind im Internet erhältlich unter: www.contra-co2.de. (vz) Runterladen - ausfüllen - einsenden Bewerben können sich alle, die zum aktiven Klimaschutz beitragen, darunter Universitäten, Fachhochschulen, Schulen, Umweltgruppen, Energieagenturen, öffentliche Verwaltungen, Architekten, Baugesellschaften und Einzelpersonen. Voraussetzung für die finanzielle Förderung durch 28 | wksb | 64/2010 | wettbewerbe Rigips Trophy Die Besten messen sich Alle zwei Jahre messen sich die besten Trockenbauer Deutschlands auf Einladung der SAINTGOBAIN Rigips GmbH im Rahmen der Rigips Trophy. Höhepunkt dieses in Deutschland einzigartigen Fachhandwerk-Wettbewerbs ist die Bekanntgabe und Ehrung der Sieger während eines festlichen Galaabends. Vorausgegangen ist der Feierstunde jeweils ein harter, aber fairer Wettbewerb um die technisch, ästhetisch und handwerklich überzeugendsten Leistungen im trockenen Innenausbau. Längst zählen die Rigips Trophy als renommierter Trockenbauwettbewerb und die Preisverleihungs-Gala zu den Branchen-Highlights. Mit der Galaveranstaltung im Februar dieses Jahres setzte die bereits zum siebten Mal ausgerichtete Rigips Trophy ihren krönenden Schlusspunkt. Insgesamt neun Preisträger konnten sich in den Wettbewerbskategorien Trockenbau, Innovation, Systemwelten (mit den Leistungsbereichen Brandschutzsysteme, Akustiksysteme und Premiumsysteme) sowie Bauwelten (mit den Leistungsbereichen Wohnbau und Shopdesign) über eine Auszeichnung ihrer eingereichten Objekte freuen. Für die Rigips Trophy ’11 werden wieder herausragende Trockenbauleistungen gesucht, die im Rahmen der Gala-Veranstaltung geehrt werden. Seit 1997 hat der renommierte Fachhandwerks-Wettbewerb seinen festen Platz in den Terminkalendern vieler deutscher Trockenbauunternehmen. Objekte von besonderer Qualität Quelle: SAINT-GOBAIN Rigips GmbH Für die erfolgreiche Teilnahme waren - und sind - wie immer nicht die Menge der Quadratmeter, die trocken ausgebaut wurden, entscheidend, sondern die Qualität und besondere Raffinesse in der Bauausführung. Seit jeher sind in der Rigips Trophy hohe technische Qualität, handwerkliches Geschick sowie Mut zur Entwicklung außergewöhnlicher Bauformen und interessanter technischer Lösungen gefragt - Anforderungen, die beispielsweise die Baudekor Rohls GmbH aus Nidda in dem Leistungsbereich Brandschutzsysteme in besonderem Maße erfüllte. Brandschutz in großer Dimension Das Ausbauteam überzeugte die mit hochkarätigen Fachleuten besetzte Jury mit der Umsetzung eines Brandschutzkonzeptes in der „Via Mobile“ zwischen den Hallen 11 und 9 der Messe Frankfurt/Main. Die detailreichen Bekleidungen eines enormen Stahltragwerks und der Zugglieder stellten dabei höchste Anforderungen an die Trockenbauer. Vor allem im Bereich der Dehnfugen, die über die Trägerlänge von 30 m eingebaut werden mussten, und in der Ausbildung der Gleitlager war viel Know-how gefragt. Voranmeldung zur Trophy ´11 läuft Nach der Trophy ist vor der Trophy. Deshalb können sich bereits heute interessierte Betriebe, die zwischen Januar 2010 und Oktober 2011 ein Ausbauobjekt mit RigipsProdukten und -Systemen fertig stellen, für die Teilnahme an der Rigips Trophy ’11 bewerben. Die exakten Modalitäten zum Ausbauwettbewerb finden sich unter: www.rigips.de/unternehmen_trophy.asp wksb | Die detailreichen Bekleidungen eines enormen Stahltragwerks und der Zugglieder stellten bei der Umsetzung eines Brandschutzkonzeptes in der „Via Mobile“ der Messe Frankfurt/Main höchste Anforderungen an die Baudekor Rohls GmbH aus Nidda. Die Trockenbauer nahmen für ihre überragende Ausbauleistung in der Kategorie Systemwelten, Leistungsbereich Brandschutzsysteme, die begehrte Rigips-Trophäe in Empfang. Die Herausforderungen lagen für das Baustellenteam unter anderem in den gewaltigen Dimensionen des Tragwerks und den daraus resultierenden technischen Herausforderungen. Die exakte Ausbildung von Dehnfugen, Auflagern und der benötigten Durchdringungspunkte qualifizierten das Objekt für den Sieg im Leistungsbereich Brandschutzsysteme im Rahmen der Rigips Trophy ´09. 64/2010 | 29 Normen und Richtlinien | Lüftung nach Konzept DIN 1946-6: Lüftung von Wohnungen Raimund Käser* Mit Ausgabedatum Mai 2009 wurde nach mehrjähriger Überarbeitung die aktualisierte Lüftungsnorm DIN 1946-6 Teil 6: Lüftung von Wohnungen; Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe, Wartung, Instandhaltung veröffentlicht. Sie beschreibt damit erstmalig auch ein Nachweisverfahren, ob eine lüftungstechnische Maßnahme für ein Gebäude erforderlich ist. Sie schafft Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubauten und Sanierungen) und legt Grenzwerte sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch fest. Im Zusammenhang wurde auch die DIN 18017-3 Ausgabe September 2009 Teil 3: Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster überarbeitet. Diese Norm hat entsprechende inhaltliche Bezüge zur DIN 1946-6. Die wesentlichen Änderungen der aktuellen Ausgabe DIN 1946-6 Mai 2009 zur Ausgabe DIN 1946-6:1998-10 sind: • Der Inhalt wurde den Europäischen Normen angepasst. • Für die Bestimmung der Notwendigkeit von lüftungstechnischen Maßnahmen wurde die Festlegung eines Lüftungskonzeptes vorgeschlagen. • Zu den bestehenden Lüftungsstufen, Intensivlüftung, Nennlüftung und reduzierte Lüftung wird eine vierte Lüftungsstufe, die Lüftung zum Feuchteschutz definiert. • Die den Lüftungsstufen zugeordneten Außenluftvolumenströme wurden neu festgelegt. • Es werden an Lüftungssysteme für eine höhere Raumluftqualität und höhere Energieeffizienz sowie an den Schallschutz entsprechende Anforderungen gestellt. • Die Berechnung des Außenluftvolumenstromes durch In- und Exfiltration wurde dem Stand der Technik angepasst. • Die Abschnitte Betrieb von Lüftungsanlagen bei Vorhandensein von raumluftabhängigen Feuerstätten, Dokumentation und Kennzeichnung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung wurden dem Stand der Technik angepasst bzw. neu aufgenommen. • Die Bezeichnungen der Lüftungs-Betriebsstufen „Grundlüftung“ in „Nennlüftung“ und „Mindestlüftung“ in „redu* Dipl.-Phys. Raimund Käser, energieberatungszentrum Süd Viernheim, Geschäftsführer Bundesverband für Wohnungslüftung e. V. 30 | zierte Lüftung“ wurden geändert, um Verwechslungen mit Begriffen in anderen Normen bzw. in der Energieeinsparverordnung zu vermeiden. Ziele des Lüftungskonzepts Wegen der heute vorgeschriebenen energiesparenden Bauweise, sind die Haushüllen so dicht, dass bei üblichem Lüftungsverhalten nicht genügend neue Luft nachströmt. Die Folgen können Feuchteschäden, Schimmelbefall und Schadstoffanreicherungen in der Raumluft sein. Die verschiedenen Regelwerke (u. a. Energieeinsparverordnung (EnEV), DIN 4108-2) forderten gleichzeitig eine dichte Gebäudehülle und die Sicherstellung eines Mindestluftwechsels. Damit standen sie scheinbar im Widerspruch zueinander. Bisher blieb offen, wie diese Mindestlüftung erfolgen muss: Manuell durch den Nutzer oder durch eine Lüftungsanlage? Die aktualisierte Fassung der DIN 1946-6 schließt diese Lücke und konkretisiert, für welche Leistungen der Nutzer herangezogen werden kann und - viel wichtiger - für welche nicht. Lüftungskonzept und Lüftungsstufen Die DIN 1946-6 verlangt jetzt die Erstellung eines Lüftungskonzepts für Neubauten und Renovierungen. Für Letztere ist ein Lüftungskonzept notwendig, wenn im Ein- und Mehrfamilienhaus mehr als 1/3 der vorhandenen Fenster ausgetauscht bzw. im Einfamilienhaus mehr als 1/3 der Dachfläche neu abgedichtet werden. Das heißt: Der Planer oder Verarbeiter muss festlegen, wie aus Sicht der Hygiene und des Bauschutzes der notwendige Luftaustausch erfolgen kann. Das Lüftungskonzept kann von jedem Fachmann erstellt werden, der in der Planung, der Ausführung oder der Instandhaltung von lüftungstechwksb | 64/2010 | Normen und Richtlinien Systeme der Wohnungslüftung Ventilatorgestützte Lüftung Freie Lüftung Querlüftung zum Feuchteschutz Querlüftung SchachtLüftung Abluftsystem Zuluftsystem Zu- / Abluft -system Bild 1: Systeme der Wohnungslüftung nischen Maßnahmen oder in der Planung und Modernisierung von Gebäuden tätig ist. Herzstück der Norm ist die Festlegung von vier Lüftungsstufen unterschiedlicher Intensität: • Lüftung zum Feuchteschutz Lüftung in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau des Gebäudes zur Gewährleistung des Bautenschutzes (Feuchte) unter üblichen Nutzungsbedingungen bei teilweise reduzierten Feuchtelasten (z. B. zeitweilige Abwesenheit der Nutzer, Verzicht auf Wäschetrocknen). Diese Stufe muss gemäß Norm ständig und nutzerunabhängig sicher gestellt sein. • Reduzierte Lüftung Zusätzlich notwendige Lüftung zur Gewährleistung des hygienischen Mindeststandards (Schadstoffbelastung) und Bautenschutzes bei zeitweiliger Abwesenheit des Nutzers. Diese Stufe muss weitestgehend nutzerunabhängig sicher gestellt sein. • Nennlüftung Beschreibt die notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse sowie des Bautenschutzes bei Normalnutzung der Wohnung. Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden. • Intensivlüftung Dient dem Abbau von Lastspitzen (z. B. durch Kochen, Waschen) und auch hier kann der Nutzer teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden. Die wichtigste Frage bei der Erarbeitung des Lüftungskonzeptes ist es, wie die Lüftung zum Feuchteschutz sicher gestellt werden kann. Faktoren, die in die Berechnung einwksb | fließen, sind Dämmstandard, Art sowie Lage des Gebäudes. Erstere geben den Hinweis darauf, mit welchen Undichtheiten in der Haushülle gerechnet werden kann. Die Wohnfläche zeigt die zu erwartenden Belastungen. Die Lage des Hauses ist wichtig, um die Windbelastung einzuschätzen. Es gilt die Faustregel: Je mehr Wind, desto größer die natürliche Infiltration. Der Norm ist deswegen auch eine Windkarte hinterlegt. Lüftungstechnische Maßnahmen Reicht die Luftzufuhr über Gebäudeundichtheiten nicht aus, um die Lüftung zum Feuchteschutz sicher zu stellen, muss der Planer lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) vorsehen. Das kann die zusätzliche Lüftung über Schächte oder in der Außenhülle eingelassene Ventile, so genannte Außenwandluftdurchlässe (ALD), sein oder über die ventilatorgestützte Lüftung von technischen Wohnungslüftungsanlagen erfolgen. Für die Stufe Lüftung zum Feuchteschutz ist es unzulässig, aktive Fensterlüftung durch die Bewohner einzuplanen. Die Lüftung zum Feuchteschutz muss nutzerunabhängig funktionieren! Auch für die nachfolgenden Lüftungsstufen muss der Planer festlegen, wie er den notwendigen Luftaustausch erzielen will. Bei Quer- und Schachtlüftungssystemen muss er die aktive Fensterlüftung schon ab der reduzierten Lüftung einplanen und sollte den Nutzer explizit darauf hinweisen. Bei der ventilatorgestützten Lüftung kann - falls erforderlich - der Planer das aktive Öffnen der Fenster bei der Intensivlüftung berücksichtigen. Bei erhöhten Anforderungen an Energieeffizienz, Schallschutz und Raumluftqualität eines Lüftungssystems ist immer eine ventilatorgestützte Lüftung erforderlich. Wenn die Berechnungen ergeben, dass lüftungstechnische Maßnahmen nicht erforderlich sind, kann der über den Feuchteschutz hinaus notwendige Luftwechsel über aktive Fensterlüftung durch den Nutzer sichergestellt werden. Ist dies nicht der Fall, sind freie oder ventilatorgestützte Lüftungssysteme vorzusehen. 64/2010 | 31 | Freie Lüftungssysteme sind: • Querlüftung Klassisches System mit Frischluftzuführung und Fortluftableitung über Außenluftdurchlässe. Die Wirkungsweise ist abhängig von vorhandenem Winddruck und Windsog. Bild 2: Querlüftung Frischluftzuführung und Fortluftableitung durch Außenluftdurchlässe abhängig von Winddruck und Windsog. Zur Sicherstellung der Nenn- und Intensivlüftung ist aktives Öffnen der Fenster durch den Nutzer erforderlich. • Schachtlüftung Klassisches System mit Frischluftzuführung über Außenluftdurchlässe und entsprechender Fortluftableitung über Lüftungsschächte. Die Wirkungsweise ist abhängig vom thermischen Auftrieb in den senkrechten Lüftungsschächten. den die Wärmerückgewinne den Wohn- und Schlafräumen wieder zugeführt und entlasten das Heizungssystem. Wärmeübertrager gibt es in unterschiedlichen Konstruktionen. Kreuzstromwärmeübertrager erreichen beim Lüftungswärmebedarf Wärmerückgewinne von etwa 60 bis 80 % und bei Geräten im Gegenstrom- oder Kreuzgegenstromprinzip und bei Rotationswärmeübertragern liegen die Werte bei etwa 90 %. Bild 5: Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung Deutliche Reduzierung der Primär- und Endenergiewerte sowie der anzusetzenden Heizlasten durch verringerte Lüftungswärmeverluste. Zusätzliche projektbezogene erhöhte Anforderungen und Verbesserungen in Bezug auf Raumluftqualität, Energieeffizienz und Schallschutz möglich. Permanente hohe Lüftungspräsenz ohne aktives Öffnen der Fenster gegeben. Bild 3: Schachtlüftung Frischluftzuführung durch Außenluftdurchlässe mit Fortluftableitung in senkrechten Lüftungsschächten abhängig vom thermischen Auftrieb. Zur Sicherstellung der Nenn- und Intensivlüftung ist aktives Öffnen der Fenster durch den Nutzer erforderlich. Ventilatorgestützte Lüftungssysteme sind: • Abluftsysteme ohne Wärmerückgewinnung Abluftsysteme, als einfache, zuverlässige und kostengünstige Lösungen, stellen ventilatorgestützt den erforderlichen Raumluftaustausch sicher. Die verbrauchte, feuchte und belastete Luft wird aus den Ablufträumen wie Küche, Bad und WC über einen Ventilator über ein Rohrsystem abgesaugt und über das Dach oder die Außenwand nach draußen abgeleitet. Frischluft strömt über Außenluftdurchlässe (Ventile mit Filtern in den Außenwänden) in die Wohn-, Kinder- und Schlafzimmer nach und stellt eine kontinuierliche Durchlüftung der gesamten Wohnung sicher. Abluftsysteme sind in Kombination mit Abluftwärmepumpen auch mit Wärmerückgewinnung einsetzbar. Bild 4: Abluftsysteme ohne Wärmerück- gewinnung Durch die kontrollierte Regelbarkeit ergibt sich eine anrechenbare Reduzierung der Lüftungswärmeverluste. Zusätzliche projektbezogene erhöhte Anforderungen und Verbesserungen an Raumluftqualität, Energieeffizienz und Schallschutz möglich. Permanente Lüftungspräsenz ohne aktives Öffnen der Fenster gegeben. • Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung Die Abluft erwärmt berührungsfrei über einen Wärmeübertrager die - im Gegensatz zum Abluftsystem - zentral angesaugte Außenluft. Über ein zweites Rohrkanalsystem wer32 | Zentrale Zu- und Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung werden auch als wesentlicher Bestandteil bei Gerätekombinationen für Einfamilienhäuser mit Luft/Wasser oder Luft/ Luft Wärmepumpen eingesetzt, die als Komplettgeräte die Funktionen Heizung, Lüftung mit Wärmerückgewinnung und die Warmwasserbereitung abdecken. Zu- und Abluftsystemen mit Wärmerückgewinnung als Einzelraumgeräte, jeweils an den Außenwänden installiert, be- und entlüften jeweils den einzelnen Raum und die sonst üblichen Zu- und Abluftleitungen entfallen. Sonderfall „Fensterlose Räume“ Einen Sonderfall stellen fensterlose Räume in einer Wohnung dar. Ihre Belüftung muss nach wie vor nach den Vorgaben der aktuellen DIN 18017-3 Ausgabe September 2009 geplant und umgesetzt werden. Gemäß der DIN 1946-6 können die für fensterlose Räume vorgesehenen Lüftungstechnischen Maßnahmen ausreichend sein, um die Versorgung der gesamten Wohneinheit mit frischer Luft zu gewährleisten. Auch dies muss für den Einzelfall geprüft werden und ist mit einigen Fragen verbunden. So stellt sich die Frage, inwieweit eine abschaltbare Belüftungseinrichtung im Bad ausreichend für die Lüftung zum Feuchteschutz der gesamten Wohnung sein kann, wenn sie in der Regel nur kurze Zeit am Tag läuft. Rechtliche Fragen Die aktualisierte Norm DIN 1946-6 sorgt in den entscheidenden Bereichen für Rechtssicherheit. Trotzdem bleiben selbst bei Einhaltung der Norm rechtliche Risiken für Planer und Bauausführende bestehen. Auch bei Einhaltung der Vorgaben, kann es sein, dass für die Herstellung eines hygienischen Raumklimas die notwendige aktive Fensterlüftung, die sich auch aus dem Lüftungskonzept ergibt, als unzumutbar eingeschätzt wird. So wksb | 64/2010 Bilder 2 - 5 Quelle: Rolf Schmidt, Celle Normen und Richtlinien | Normen und Richtlinien stufen zum Beispiel die Gerichte zunehmend bei ganztägig berufstätigen Nutzern bereits ein zweimaliges Stoßlüften am Tag als kritisch bzw. als nicht zumutbar ein. Kritisch wird die Lage auch bei milden Wintern, bei Windstille und in den Übergangsjahreszeiten. Die geringeren Temperaturunterschiede zwischen Wohnungs- und Außenluft verlangsamen den Luftaustausch. Reicht ein 10-minütiges Lüften bei kaltem Wetter aus, um die Raumluft einmal komplett auszuwechseln, reduziert sich die Luftwechselrate bei milderen Temperaturen drastisch. Schon bei 0o Celsius können aus hygienischer Sicht deutlich mehr Lüftungen pro Tag erforderlich sein. Solch häufiges Lüften ist den Bewohnern nach der heutigen Rechtsprechung oft nicht zuzumuten. Durch einen entsprechenden Passus in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist diesem Umstand nicht zu entkommen. In einem solchen Fall müssten schon sehr detaillierte Lüftungsanweisungen deutlicher Vertragsbestandteil werden. Und selbst dann ist es nach Ansicht von Rechtsexperten höchst zweifelhaft, ob nicht ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik vorliegt. Wer auf der sicheren Seite sein will, plant so, dass bei einem realistisch eingeschätzten Lüftungsverhalten der Menschen der hygienische Luftaustausch sicher gestellt ist. Das Lüftungskonzept zeigt dazu Lösungsansätze auf. Hinweise zu den rechtlichen Fragen finden Sie in dem dargestellten Gutachten. wksb | Hilfestellungen zum Lüftungskonzept Der Teufel steckt im Detail. Deswegen hat der Normungsausschuss Antworten zu rund 200 bisher von Praktikern gestellten Fragen zur DIN 1946-6 erarbeitet. Diese so genannten FAQ (Häufig gestellte Fragen) sind allen Anwendern über die Internetseiten der Verbände z. B. www. wohnungslueftung-ev.de seit dem ersten Quartal 2010 zugänglich. Ebenso wurden auch FAQ zu den Normen DIN 18017 „Lüftung von Bädern und Toilettenräume ohne Außenfenster - Teil 3 Lüftung mit Ventilatoren“ und DIN 4719 „Lüftung von Wohnungen - Anforderungen, Leistungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten“ erarbeitet und in dieser Form zur Verfügung gestellt. Planungstool Lüftungskonzept Weiter wurde auch ein einfaches - für den Nutzer kostenfreies - Softwaretool „Planungstool Lüftungskonzept“ zur 64/2010 | 33 Normen und Richtlinien | Prüfung und Nachweis des Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 entwickelt. Mittlerweile ca. 20.000 Downloads von der VFW-Homepage zeigen den Erfolg auf. Eine Vielzahl von Rückmeldungen und Nachfragen von Planern und Handwerkern unterstreicht die zunehmende Bedeutung dieses Konzepts. Über ein ähnlich großes Interesse konnte sich auch das Merkblatt zur DIN 1946-6 freuen. Es erläutert die wesentlichen Inhalte des Lüftungskonzepts und stellt mögliche rechtliche Konsequenzen dar. Auslegungsprogramm DIN 1946-6 Seit Fertigstellung im September 2009 wird das gemeinsam mit der HEA Fachvereinigung für effiziente Energieanwendung e. V. entwickelte excelbasierte Programm an Hersteller und Planer vertrieben. Über 1000 Anfragen zu der kostenfreien Testversion zeigen das große Interesse. Für Lehr- und Schulungsveranstaltungen wurde eine Schulungsversion entwickelt, die auch bereits von einigen Hochschulen und Ausbildungsstätten nachgefragt wurde. Weiter wurden individualisierte Versionen für einzelne Hersteller entwickelt. 34 | Empfehlungen Das althergebrachte Lüften über die Fenster - wie bisher ist eigentlich nur noch praktikabel, wenn die Lüftung zum Feuchteschutz über die Infiltration d. h. eine entsprechend undichte Gebäudehülle sicher gestellt wird. Das ist bei den aktuellen Anforderungen an das energiesparende Bauen und Renovieren nicht mehr zu vertreten. Die lüftungstechnischen Maßnahmen nach DIN 1946-6 reichen von den genannten einfachen freien Systemen bis hin zu ventilatorgestützten Anlagen mit hochwertigen Wärmerückgewinntechniken und bieten je nach gewünschter Anforderung und finanziellen Mitteln die passende Lösung. Quer- und Schachtlüftungen beispielsweise sichern mit einfacher Technik die nutzerunabhängige Feuchteschutzlüftung und die weiteren Lüftungsstufen können mit temporär aktiver Fensterlüftung durch den Nutzer abgedeckt werden. Ventilatorgestützte Lüftungssysteme ermöglichen, im Gegensatz zu den freien Systemen, eine nutzerunabhängige Be- und Entlüftung und bieten bei Zu- und Abluftanlagen durch Rückgewinntechniken zusätzlich deutliche Minderungen beim Lüftungswärmebedarf. Dies führt weiterhin zu entsprechenden Reduzierungen beim Primär- und Endenergiebedarf und bei den anzusetzenden Heizlasten. wksb | 64/2010 | Normen und Richtlinien Der Schallschutzausweis der Deutschen Gesellschaft für Akustik - ein Zwischenbericht Dr. Jürgen Royar* Von der Deutschen Gesellschaft für Akustik e. V. (DEGA e. V.), dem unabhängigen Zusammenschluss der in Deutschland tätigen Akustiker, ist zur Beschreibung der schalltechnischen Qualität von Wohnungen ein „Schallschutzausweis“ ähnlich den schon bekannten „Energieausweisen“ für Gebäude entwickelt worden (DEGA-Empfehlung 103). Mit einem Schallschutzausweis wird für den Bewohner (i. d. R. akustische Laien) erstmals transparent, welche schalltechnische Qualität eines Wohnraumes gegeben ist. Mit der schriftlichen Version der DEGA-Empfehlung 103 liegen die Berechnungsgrundlagen zur Erstellung eines Schallschutzausweises vor. Auf Basis von Eingangsgrößen wie beispielsweise der Lage des Gebäudes, der Grundrissgestaltung oder von Messwerten der Schalldämmung einzelner Bauteile kann daraus die entsprechende Schallschutzklasse berechnet werden. Den Anstoß für die Entwicklung eines solchen Ausweises gaben vor allem zwei Tatbestände: Einerseits wuchsen in jüngster Vergangenheit und wachsen ständig die Klagen von Bewohnern über mangelhaft empfundenen Schallschutz - selbst in Gebäuden, in denen nach geltendem Baurecht, sprich DIN 4109, ein erhöhter Schallschutz vorhanden sein sollte. Ursächlich für dieses Missbehagen sind sicherlich die wachsende Leistungsfähigkeit elektro-akustischer Medien in unserem privaten Umfeld, die zunehmende Lärmbelastung durch Verkehr und gegenläufig dazu die Sehnsucht nach einer Insel der Ruhe in den eigenen vier Wänden. Die Einführung des DEGA-Schallschutzausweises wird wissenschaftlich durch ein durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Projekt begleitet, das anonym Daten sammelt und die Auswertung der Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Die eingegebenen Daten sollen nach Zustimmung durch den Nutzer in einer Datenbank gespeichert und wissenschaftlich ausgewertet werden insbesondere mit dem Ziel einer Aussage zum derzeit umgesetzten Niveau des Schallschutzes. Die wissenschaftliche Auswertung der anonymisierten Daten kann zukünftig eine fundierte Grundlage darstellen, sei es für Vertragsgestaltung zwischen Bauherrn und Baufachleuten, für die Diskussionen in den Normungsgremien oder sogar als Grundlage für die zukünftige Rechtsprechung, weil dann der tatsächliche Stand der Technik eindeutig belegt ist. Weitere Informationen: h t t p : / / w w w. s c h a l l s c h u t z a u s w e i s . t u - b s . d e / i n d e x . php?option=com_content&view=section&layout=blog&id= 5&Itemid=53 Andererseits scheiterten seit über 20 Jahren alle Bemühungen der betroffenen Fachleute, die Schallschutznorm DIN 4109 entsprechend transparenter, flexibler und mit mehr Wahlmöglichkeiten versehen, auszugestalten am Widerstand interessierter Kreise aus Wohnungswirtschaft, Planerschaft und Teilbereichen der Bauwirtschaft. * Dr. Jürgen Royar, Ladenburg wksb | 64/2010 Quelle: DEGA Mit der Einführung des freiwilligen Schallschutzausweises wollen die Experten der DEGA Planern und Bauherrn die Möglichkeit bieten, bereits in der Planungsphase die richtigen Entscheidungen für das gewünschte Schallschutzniveau zu treffen. | 35 Objektberichte | Von den „Heimtrainern“ fit gemacht Volker Gustedt* jedoch noch in einem relativ guten Zustand befanden. 1993 bekam das Haus einen Niedertemperatur-Ölkessel zur Wärme- und Trinkwasserversorgung. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Häuser mit einem Primärenergiebedarf von über 300 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter sind auch in Berlin keine Seltenheit. Es geht auch anders: Das bewiesen zahlreiche der 450 Eigenheimbesitzer, die sich im vergangenen Jahr an einem Wettbewerb des Berliner Bild 1: Thermografieaufnahme Hausvorderseite Gasversorgers GASAG und der Berliner Energieagentur im Rahmen des EU-Projektes Echo Action beteiligten. Als Sieger ging das Haus der Familie Lehmann-Heers im grünen Stadtteil Zehlendorf hervor. Thermografieaufnahmen zeigten den Experten vor der Sanierung sehr deutlich die großen Wärmeverluste durch die Gebäudehülle. Allein durch die ungedämmte Fassade verlor das Gebäude fast 60 % der Wärme. Hinzu kam, dass der alte Ölkessel ineffizient arbeitete und Warmwasserspeicher und Verteilungsleitungen nur schlecht gedämmt waren. Eine komplette Sanierung stand beim Dach an. Diese Maßnahme ließ sich optimal verbinden mit einem Ausbau des Spitzbodens und dem Bau einer solarthermischen Anlage. Insgesamt war das Haus vor der Modernisierung zwar recht „schnuckelig“ anzusehen, für eine dreiköpfige Familie jedoch insgesamt zu klein und zu viel Raum wurde verschenkt. Die Nutzfläche betrug vorher 326 Quadratmeter, davon jedoch Räumlichkeiten, die nicht optimal genutzt werden konnten. Im Rahmen der Sanierung erweiterten die Eigentümer die Nutzfläche um weitere 50 Quadratmeter, indem sie im Dachgeschoss den Spitzboden und einem Teil der Kellerfläche ausbauten. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Insgesamt lockten bei dem Wettbewerb unter dem Motto „Die Heimtrainer kommen!“, der in einen „Gebäudewettbewerb“ und in einen „Heizungswettbewerb“ gegliedert war, attraktive Preise. So erhielten die zehn Erstplatzierten im Gebäudewettbewerb Dämmmaterial der Firma ISOVER im Wert von bis zu 20.000 Euro sowie eine umfassende Beratung durch zwei Energieexperten der Berliner Energieagentur, die so genannten „Heimtrainer“. Im Heizungswettbewerb erhielten die acht Hauseigentümer hochmoderne Erdgas-Brennwertkessel, der Hauptgewinner sogar noch den fachmännischen Einbau. Bild 2: Anschluss Dampfbremse Dachflächenfenster Die Familie Lehmann-Heers kam mit ihrem umfassenden Sanierungskonzept ihres Einfamilienhäuschens aus dem Jahr 1921 ganz oben aufs Siegertreppchen in der Kategorie Gebäudewettbewerb. Das Haus ist eingeschossig und voll unterkellert. Die Außenwände mit 38er Ziegelmauerwerk hatten Kastendoppelfenster, die sich vor der Renovierung * Volker Gustedt, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Berliner Energieagentur GmbH 36 | Bei den energetischen Maßnahmen konzentrierten sich die Eigentümer auf die fünf Bereiche Außenwände, Fenster, Dach, Keller und Heizungssystem. An den Außenwänden brachten Fachkräfte eine durchgehende, außen liegende Wärmedämmung mit Mineralwolle (14 cm, WLG 035) an und verminderten damit die Transmissionswärmeverluste über die Außenwände um 75 %. wksb | 64/2010 | objektberichte Die alten Kastendoppelfenster wurden komplett ersetzt durch Fenster mit zweifacher Wärmeschutzverglasung. Dass sich der Wärmeverlust über dieses Bauteil nur um 32 % verringerte, hing mit dem relativ guten Zustand der alten Fenster zusammen. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Im Dach brachten Handwerker eine Zwischensparrendämmung und eine zusätzliche Untersparrendämmung aus Mineralwolle von insgesamt 25 cm Dicke ein. Dadurch ergab sich in diesem Bereich eine Wärmeverlustreduzierung von fast 70 %. Bild 4: Haus während der Modernisierung Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG lendioxidminderung um 84 %. Insgesamt eine gelungene Modernisierung, die auch den besonderen Charakter des Gebäudes erhält. Bild 3: Ausgeführte Dampfbremse Dachbereich Die Kellerwände des für Wohnzwecke ausgebauten Kellerteils erhielten eine Perimeterdämmung aus Styrodurplatten (12 cm, WLG 038). Zusätzlich wurden die Innenwände der beheizten Kellerräume an den von außen nicht zugänglichen Stellen mit 5 cm Styrodurplatten gedämmt. Diese Maßnahmen führten zu einer Reduzierung des Wärmeverlustes über die Kellerwände um 18 %. Im unbeheizten Kellerteil wurde die Decke zum Erdgeschoss ebenfalls gedämmt, hier mit acht cm. Resultat: Halbierung des Wärmeverlustes über die Kellerdecke. Die Luftdichtheit der sanierten Gebäudehülle wurde mittels Blower-Door-Test vor und nach dem Innenausbau überprüft. Eine wichtige Maßnahme war vor allem die Modernisierung der Heizungsanlage. Hier nahmen die Eigentümer einen Brennstoffwechsel vor und stiegen vom Öl auf das klimafreundlichere Erdgas um. Im Keller arbeitet seither ein Erdgas-Brennwertkessel, ergänzt um eine sieben Quadratmeter große solarthermische Anlage mit Röhrenkollektoren. Trotz der Wohnraumvergrößerung im Spitzboden um 16 % führten die Modernisierungsmaßnahmen insgesamt zu einer Primärenergieeinsparung von 81 % und einer Kohwksb | Auch unter finanziellen Aspekten hat sich die Maßnahme für die Bauherren gelohnt. Die energiebedingten Mehraufwendungen beliefern sich auf rund 40.000 Euro und sollen sich nach etwa 10 Jahren amortisieren. Die Brennstoff-Einsparung - auf einen Zeitraum von 30 Jahren hochgerechnet - beträgt etwa 140.000 Euro. Auch andere Teilnehmer des Wettbewerbs erzielten ähnlich hohe Einsparungen. Zum Abschluss der Aktion berichteten die Organisatoren, dass alle teilnehmenden Eigenheimbesitzer durch eine Reihe von - auch geringinvestiven - Maßnahmen ihren Wärmeverbrauch um durchschnittlich 5.500 Kilowattstunden pro Jahr (17 %) senken und dadurch gemeinsam die Umwelt um 640 Tonnen CO2 entlasten konnten. Zahlen und Fakten Primärenergiebedarf: Vorher: 361 kWh/(m2a) Nachher: 64 kWh (m2a) Einsparung: 82 % Endenergiebedarf: Vorher: 342 kWh/(m2a) Nachher: 56 kWh/(m2a) Einsparung: 83 % CO2-Emission: Vorher: 97 kg/(m2a) Nachher: 14 kg/(m2a) Einsparung: 85 % 64/2010 | 37 Objektberichte | Luftdichtheitsprüfung am Bauvorhaben Lehmann-Heers Was bei der Ausführung der luftdichten Schicht zu beachten ist Stefan Geiger* Um die Qualität der im zuvor genannten Artikel ausgeführten Maßnahmen zu überprüfen, wurde am Objekt eine Luftdichtheitsprüfung der Gebäudehülle, der sogenannte Blower-Door-Test, durchgeführt. Das Verfahren dient dazu, Leckagen in der Gebäudehülle aufzuspüren. Die Luftdichtheit der Gebäudehülle ist eine wichtige Voraussetzung, um unnötige Wärmeverluste zu vermeiden und Schäden der Konstruktion durch Feuchteeintrag vorzubeugen. Nur so kann ein dauerhafter Wärmeschutz erreicht werden. Weiterhin wird der Wohnkomfort durch Vermeidung von Zugluft deutlich erhöht. Quelle: .SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Beim Blower-Door-Test wird künstlich durch einen Ventilator eine Druckdifferenz (Über- bzw. Unterdruck) zwischen Gebäude und Umgebung von 50 Pascal aufgebaut. Damit wird Windstärke 5 simuliert. Eine Druckdifferenz, die auch natürlich entsteht, wenn z. B. Wind weht. Zur Bestimmung der Luftwechselrate wird der entstehende Leckagestrom zwischen Innen- und Außenluft pro Stunde gemessen und ins Verhältnis zum Luftvolumen des gemessenen Bereichs gesetzt. Die Luftwechselrate selbst gibt an, wie oft die Raumluft pro Stunde vollständig erneuert wurde. Je öfter die Raumluft ausgetauscht wurde, umso höher ist die Luftwechselrate. Das bedeutet, der Leckagestrom ist höher, folglich die luftdichte Ausführung schlechter. Somit ist die Luftwechselrate ein wichtiger Indikator für Luftundichtheiten und lässt Rückschlüsse auf die Qualität der ausgeführten Luftdichtheit zu. Bild 1: Blower-Door-Gerät Größere Undichtheiten sind bei der Unterdruckmessung bereits mit der bloßen Hand als Luftzug spürbar. Klein(st)e Undichtheiten erkennt man hingegen leider weder mit der Hand noch mit dem Auge. Um diese aufzuspüren, müssen technische Hilfsmittel wie Thermoanemometer eingesetzt werden. * Dipl.-Ing. (FH) Stefan Geiger, Bauphysik + Fachberatung, SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG 38 | Für die Luftwechselrate sind folgende Grenzwerte gemäß DIN 4108-7 und EnEV 2009 festgelegt und einzuhalten: • Gebäude mit natürlicher Lüftung (Fensterlüftung): n50 = 3/ h mit raumlufttechnischen Anlagen (auch Abluftanlagen): n50 = 1,5 / h • Gebäude Im Vergleich zu Gebäuden mit natürlicher Lüftung sind die Anforderungen an die Luftwechselrate bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen verschärft. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Lüftungsanlage einen Druck erzeugt, der permanent wirkt, und dadurch zu Lüftungsverlusten auch bei Windstille führt. Am Bauvorhaben ergab die Messung eine Luftwechselrate von 2,2/h. Mit einem Luftwechsel von 2,2 mal pro Stunde ist der geforderte Grenzwert von 3 eingehalten. Allerdings sollten in der Praxis Werte von 1,5 und besser angestrebt werden. Obwohl die gewohnte Ausführung augenscheinlich gut aussah, waren Leckagestellen vorhanden, die erst bei der Prüfung sichtbar wurden. Das war auch für die Verarbeiter ein großer Aha-Effekt. Am meisten bereiten Durchdringungen der Dampfbremse bei der luftdichten Abdichtung Probleme. So auch bei diesem Objekt. Vom Grundsatz her gilt, so wenig Durchdringungen der Dampfbremse wie möglich. Das sollte schon in der Planung berücksichtigt werden. Sinnvoll ist die Erstellung eines Luftdichtekonzepts im Vorfeld. Hierbei sollten auch evtl. notwendige Vorarbeiten wie z. B. die Ertüchtigung oder Aufdopplung der Sparren berücksichtigt werden. Je besser die Vorleistung ist, desto einfacher ist die spätere Verlegung der Dampfbremse. Leider sieht das in der Praxis oft anders aus. Typische Leckagestellen sind zum einen Kabeldurchdringungen und einbindende Bauteile wie etwa Zangen am Sparren, zum anderen Abluftrohre und Leitungen der Solar- bzw. Photovoltaikanlage. Aber auch die verschiedenen Anschlüsse der Dampfbremse an Giebelwände, Schornsteine, Dachflächen-Fenster, Traufe und First stellen die Verarbeiter teilweise vor eine besondere Herausforderung. Hier heißt es, mit hoher Sorgfalt zu arbeiten. Um eine bessere Luftdichtheit zu erreichen, sind nachstehende Ausführungshinweise zur Abdichtung typischer Leckagestellen zu beachten. Grundsätzlich gilt: Damit ein Klebeband bzw. Dichtstoff dauerhaft hält, muss der Untergrund trocken, sauber, staub- und fettfrei sein. wksb | 64/2010 | objektberichte In der Regel und speziell im Altbau ist das eher selten der Fall. Hier muss der Untergrund zusätzlich vorbehandelt werden. Das kann z. B. mit einem Staubsauger geschehen. Bei altem Holz empfiehlt es sich, die Oberfläche zuerst mit einer Drahtbürste zu reinigen. Erst dann ist eine optimale und dauerhafte Verklebung mit dem Untergrund möglich. geklebten Klebebändern abgedichtet. Diese Ausführung ist aber nur unzureichend luftdicht. Auch bleibt dieser Bereich durch spätere Bewegungen der Konstruktion eine Schwachstelle. Für ein ordentliches Ergebnis der Ausführung empfiehlt sich - wie auch in der Norm hingewiesen - der Einsatz von Manschetten. Manschetten können fertig gekauft oder schnell und kostengünstig aus einem Stück der Dampfbremse gefertigt werden. Die Abdichtung der Manschette auf der Dampfbremse und auf dem Holzbauteil erfolgt dann mit einem geeigneten Klebeband. Die Eckbereiche sind zusätzlich mit Dichtstoff abzudichten. Eine weitere typische Anschlusssituation und Leckagestelle ist das Dachflächen-Fenster. Die Leibungsflächen sowie der obere und untere Fensteranschluss müssen mit einer Dampfbremse versehen werden. Neben fertigen Fenster- Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Da der Dachbereich als zusätzlicher Wohnraum genutzt werden soll, mussten verschiedene Kabel und Leitungen im Dachbereich für Steckdosen und Lampen verlegt werden. Der optimale Fall wäre, dass die Kabel innerhalb der Unterkonstruktion für die Innenbekleidung, also raumseitig vor der Dampfbremse, geführt werden können. Da dies leider nicht möglich war, gab es verschiedene Durchdringungspunkte der luftdichten Schicht. Neben einzeln durchgeführten Kabeln waren auch Kabelbündel vorhanden. Die Abdichtung erfolgte wie in der Praxis üblich mit einem Klebeband um die Durchdringung. Allerdings war diese Ausführung nicht ausreichend luftdicht, wie die Luftdichteprüfung eindrucksvoll zeigte. Der Leckagestrom war bei der Unterdruckmessung deutlich mit der bloßen Hand spürbar. Um eine wirklich luftdichte Abdichtung zu bekommen, muss zusätzlich vor Aufbringen des Klebebandes um die Durchdringungsstelle eine Raupe Dichtstoff gelegt werden. Mit diesem Prinzip der doppelten Dichtung, Dichtstoff plus Klebeband, erzielt man die besten Ergebnisse. Gleiches gilt für die Ausführung bei Kabelbündeln. Aufgrund der Lufträume zwischen den einzelnen Kabeln ist der Einsatz von Dichtstoff unablässig. Ohne diese zusätzliche Abdichtung ist hier ansonsten eine nicht unerhebliche Leckage vorhanden, die die Luftwechselrate spürbar erhöht. Bild 3: Manschette Zange schürzen kann auch preiswerter mit Folienstreifen gearbeitet werden. Problematisch ist vor allem die Abdichtung der Fenster-Eckbereiche. Hier wurden zur Überraschung der Verarbeiter bei der Luftdichteprüfung nicht sichtbare Undichtheiten festgestellt. Nur mit dem Prinzip der doppelten Dichtung mit Dichtstoff und Klebeband ist diese Schwachstelle in der luftdichten Schicht schnell und dauerhaft zu beseitigen. Aber auch Falten in der verlegten Dampfbremse können sich über die Laufmeter gesehen zu einer beträchtlichen Leckage summieren. Deshalb sind die Falten schnell und effektiv mit Dichtstoff auszuspritzen. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG In nahezu jedem Dach sind entweder Zangen und/oder Kehl- und Deckenbalken meist aus statischen Gründen vorhanden. Durch ihre hohe Anzahl stellen sie ein erhebliches Gefahrenpotenzial für die Luftdichtheit dar und müssen sauber abgedichtet werden. Bei der Verlegung der Dampfbremse in diesen Anschlussbereichen muss die Dampfbremse eingeschnitten werden. Meist lässt sich der Zuschnitt nicht passgenau herstellen, so dass zwischen dem Bild 2: Anschluss Zange einbindenden Bauteil und der Dampfbremse eine Fehlstelle vorhanden ist. Üblicherweise und ebenso am Objekt ausgeführt wurde dieser Bereich mit mehreren aufeinander wksb | Bild 4: Eckbereich Dachflächen-Fenster 64/2010 | 39 Objektberichte | grund ihrer Handhabung ein geringeres Beschädigungspotenzial für die Dampfbremse im Vergleich zum Schlaghammer auf. Deshalb sind diese bei der Befestigung der Dampfbremse vorzuziehen. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Die Befestigung der Dampfbremse an der Giebelwand darf gemäß DIN 4108-7 nur auf verputztem Mauerwerk erfolgen. Sollte das Mauerwerk unverputzt sein, muss zuvor ein Putzstreifen aufgebracht werden. Bei sandenden Untergründen ist zuerst ein Tiefengrund als Haftvermittler aufzubringen. Erst dann wird die Dampfbremse mit Dichtstoff an der Giebelwand befestigt. Bei besonders unebenen Un- Bild 5: Ausgespritzte Falte tergründen, das war am Objekt der Fall, sollte die Dampfbremse zusätzlich mechanisch mit einer Lattung fixiert werden. Die Folienstöße der Dampfbremse sind mit Klebeband auszuführen. Zwar wird immer der direkte Folienstoß verklebt, aber die restliche Überlappung der Dampfbremse auf der Dampfbremse wird vielfach vergessen, da dieses Ausführungsdetail meist nicht bekannt ist. Auf diese Weise entsteht in diesem Bereich eine gravierende Luftundichtheit. Über die Anschlussflächen betrachtet ist dadurch ein enormes Gefährdungspotenzial für die Konstruktion vorhanden. Um das zu vermeiden, muss diese restliche Überlappung zusätzlich mit Dichtstoff abgedichtet werden. Für die bessere Handhabung sollte vom Bauablauf her erst der Dichtstoff und dann das Klebeband aufgebracht werden. Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG 40 | Als Unterstützung bei der Luftdichtheitsprüfung wird überwiegend die Thermografie eingesetzt. Insbesondere bei der Unterdruckmessung kommt sie zum Einsatz. Wenn die kalte Außenluft durch die Leckagestellen ins Gebäudeinnere strömt, können Leckagen zuverlässig und genau geortet werden. Diese werden am Gerätedisplay blau abgebildet. Das Verfahren der Thermografie soll sinnvollerweise in der kalten Jahreszeit, also von Oktober bis April, zur Anwendung kommen. Grund hierfür ist, dass dann die Temperaturunterschiede zwischen kalter Umgebungsluft und Gebäudehülle bzw. Innenraumluft am größten sind. Leckagen, Undichtigkeiten und Wärmebrücken bilden sich dann viel besser ab als in den Sommermonaten. Die Thermografie soll vorzugsweise in der Morgendämmerung durchgeführt werden, wenn Bauteile noch nicht durch Sonneneinstrahlung erhitzt sind und somit die Wärmebilder verfälscht werden. Die vor Ort gleich auswertbaren Wärmebilder sind sehr aussagekräftig. Bleibt im Fazit zu sagen. Viele Ausführungsfehler sind den meisten Verarbeitern nicht bekannt und fallen häufig auch nicht gleich ins Auge. Darin liegt die unbewusste Gefahr für spätere Bauschäden. Sicherheit schafft nur ein Luftdichtheitstest. Aus diesem Grunde ist die Prüfung immer sinnvoll und die Durchführung anzuraten. Die Kosten sind im Verhältnis zur Investitionssumme gering. Mögliche Sanierungskosten nicht mit gegen gerechnet. Der BlowerDoor-Test ist eine lohnenswerte Investition zur Qualitätssicherung der Ausführung! Oft wird die Frage gestellt, ob Tackerklammern zusätzlich abgedichtet werden müssen. Gemäß DIN 4108-7 ist das, wenn keine größere Fehlstelle vorliegt, nicht erforderlich. Anderenfalls empfiehlt sich, die Tackerstelle mit einem Klebebandstreifen zu überkleben. Handtacker weisen auf- Bild 6: Anschluss Giebelwand Da die Luftdichteprüfung vor Montage der Trockenbauplatten stattfand, konnten die Leckagen sofort an Ort und Stelle nachgearbeitet werden. Bei fertig gestellter Innenbekleidung wäre ein Nacharbeiten ohne größeren Aufwand nicht mehr möglich gewesen. Ein Nacharbeiten ist dann immer zeitintensiver und teurer. Deshalb ist ein günstiger Termin für die Luftdichteprüfung nach Einbau der Dampfbremse und vor Montage der Innenbekleidung. Die Messung sollte von vornherein vertraglich vereinbart und der Zeitpunkt im Bauablaufplan festgelegt werden. Literatur [1] DIN 4108-7 Wärmeschutz und Energie-Einsparung von Gebäuden Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie Beispiele. [2] Energieeinsparverordnung für Gebäude - EnEV 2009, Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden. wksb | 64/2010 | technik + Praxis energy+Home 2010 Solutions for CO2-emission free energy of existing buildings Prof. Dr.-Ing. Karsten Tichelmann, Jürgen Volkwein, Bastian Ziegler* Einleitung Mehr als die Hälfte aller Wohneinheiten in Deutschland (20,1 Millionen) sind im Zeitraum von 1949 bis 1978 entstanden1. Ein Großteil der klimaschädlichen Emissionen fällt heute bei der Konditionierung dieses riesigen Gebäudebestandes an. Deren Ertüchtigung ist ein zwingend notwendiger Beitrag zur Reduktion des globalen CO2Ausstoßes weltweit. Das „e n e r g y + H o m e 2 0 1 0 “ entsteht als Beispiel für die wirtschaftliche und zukunftsorientierte Umwandlung eines Bestandgebäudes aus dem Jahr 1970 zu einem CO2-emissionsfreien Wohnhaus. Um das Potential einer energetischen Sanierung auch architektonisch und räumlich auszuschöpfen, werden äußere Erscheinung der Fassade, die interne Flächenoptimierung, Gebäudeflexibilität, Nutzungsneutralität und Tageslichtausbeute deutlich verbessert. In Anlehnung an die vorbildlichen „Model Home 2020“ Projekte - eine Initiative der dänischen Firma Velux, die anhand von „Eins zu Eins“-Experimenten in fünf europäischen Ländern aktiv bei der Entwicklung nachhaltiger Gebäude mitwirkt - entsteht eine Sanierung eines Musterhauses aus dem Jahr 1970. Gegenstand des e n e r g y + H o m e 2010 als Best-Practice Haus 2010/Rhein-Main und der begleitenden Untersuchungen ist dabei die beispielhafte Weiterentwicklung eines typisierten Bestandsgebäudes hin zu einem absolut emissionsfreien Gebäude bei Umwandlung nachweislich wirtschaftlichen Kompensationsflächen. Gleichzeitig geht dies mit einer architektonisch-zeitlosen Aufwertung und Verbesserung der Tageslichtqualität einher. Das Projekt soll als vorbildliches, ökonomisch und ökologisch überprüftes Best-Practice-Beispiel mit den 2010 verfügbaren Bauprodukten und Systemen für zukünftige Sanierungsmaßnahmen von Bestandsobjekten dienen .Dieses Projekt folgt dem Konzept des „Lichtaktiv-Haus“ in Hamburg-Wilhemsburg im Rahmen der IBA Hamburg, welches am Fachgebiet „Entwerfen & Energieeffizientes Bauen“ an der TU Darmstadt unter der Leitung von Prof. Manfred Hegger entwickelt wurde. Ausgangsituation Es handelt sich bei dem e n e r g y + H o m e 2 0 1 0 um ein typisiertes Einfamilienhaus einer charakteristischen Wohn* Prof. Dr.-Ing. Karsten Tichelmann, TU-Darmstadt, Dipl.-Ing. (TU) Jürgen Volkwein, LANG+VOLKWEIN Architekten und Ingenieure, Dipl.-Ing. Bastian Ziegler, Tragwerksentwicklung und Bauphysik, TU-Darmstadt wksb | siedlung im zentralen Rhein-Main-Gebiet in Darmstadt. Die als Hangbebauung errichteten Wohnhäuser der Wohnanlage wurden für einen 4 bis 5 Personen-Haushalt angelegt und weisen im Bestand einen mittleren Primärenergieverbrauch von 372 kWh/m²/a auf. Da der Standort, wie viele in Deutschland, nicht an die öffentliche Gasversorgung angeschlossen ist, wird die gesamte Wohnsiedlung seit den 70er Jahren mit Erdöl beheizt. Für die letzten 10 Jahre ist für das ausgewählte Referenzgebäude ein mittlerer Brennstoffverbrauch für Heizung und Warmwasser von 5.650 Litern Heizöl pro Jahr dokumentiert. Dies entspricht einem CO2-Äquivalent von mehr als 16.000 kg/Jahr und bisherigen Emissionen von mehr als 720 Tonnen CO2. Der Einsatz von Heizöl als Energieträger, bedingt die Notwendigkeit von Aufstellflächen für Öltanks in einer Größe von ca. 12 m², die den Bewohnern demzufolge bisher nicht als Wohn- oder Nutzfläche zur Verfügung stehen und gleichzeitig eine toxische Gefährdung für die Bewohner darstellen. Ziele und Umsetzung Ziel des Projektes ist es neue Wege zu gehen und das Setzen neuer Impulse, wie für Bestandsgebäude mit Erdölversorgung eine CO2-neutrale Energieversorgung wirtschaftlich umsetzbar und mit höchster Komfort- und Wohnqualität verbunden ist. Dies erfolgt in vier Schwerpunkten: 1. Zeitlose architektonische Aufwertung der äußeren Erscheinung und der inneren Struktur. 2. Umwandlung des Hauses in ein energieautarkes, emissionsfreies und CO2-neutrales Wohngebäude. 3. Verzicht auf Erdöl als nicht erneuerbarer Energieträger → Vermeidung durch Heizöltanks verursachter toxischer Raumluftemissionen → Amortisation der höheren Primärinvestitionen durch Vergrößerung der Wohnfläche infolge Umnutzung bisheriger Brennstofflagerflächen im Gebäude zu hochwertigem Wohnraum. 4. Wesentliche Verbesserung der Belichtungsverhältnisse mit Tageslicht zur Steigerung des Wohlbefindens und Minimierung der Energieanteile für Kunstlicht. 1 - Statistisches Bundesamt (2008)/www.destatis.de - Bauen im Wandel, Warum die Bauwirtschaft vom Klimawandel profi- tiert, dbresearch, Ausgabe 433, 10/2008 64/2010 | 41 technik + praxis | 1. Architektur Eine wesentliche Bedeutung hat die architektonische „Metamorphose“ des Gebäudebestandes im Äußeren und Inneren. Im Äußeren ist es das Ziel neben den Standard von Putzsystemen die klare und zeitlose Ästhetik von Plattenbekleidungen, mit ihren technologischen Möglichkeiten aufzuzeigen. Vertikal dynamische Schiebe- und Klappmechanismen mit ressourcenarmen Plattenwerkstoffen werden ein fester Bestandteil der äußeren Formsprache sein. Eine besondere architektonische Herausforderung stellt die enge, gedrungene Struktur des Bestandsgebäudes dar. Aus einem kleinteiligen und unzureichend natürlich belichteten Haus wird ein großzügiger Lebensraum für fünf Personen mit individuellen Privatsphären und einem zentralen Wohn- und Essbereich entwickelt. Im Zuge der Sanierung vergrößert sich die nutzbare Grundfläche des Gebäudes von derzeit 158 m² auf 180 m² verteilt über zwei Etagen. Die Wohnqualität wird in den Dimensionen der Nutzbarkeit, Behaglichkeit und Wohl­befindens, der Raumqualität, der Anpassungs- und Raumflexibilität und dem individuellem Gestaltungsspielraum wesentlich verbessert. Der energetisch und architektonisch sanierte Altbau schafft durch klare Öffnungen und fließende Übergänge zwischen Innenund Außenraum einen Ort der Muße und des familiären Bild 2 oben: Ostseite des Gebäudes nach Fertigstellung im Jahr 1970 mit einem Primärenergiebedarf von 372 kWh/m²/a. Bild 3 unten: Visualisierung eines Szenarios nach der Sanierung des CO2-neutralen Hauses. Austauschs. Die hohe bauliche Qualität entsteht durch die verbesserten Tageslichtverhältnisse in den Innenräumen, die neuartigen Fassadenausbildungen, differenziert nach Ost- und Westseite, das Zusammenspiel zwischen Innen und Außen und durch die neue Flexibilität des Gebäudes. 2. Emissionsfreier Betrieb - Wärme- und Energieversorgung Bei der Sanierung wird in erster Priorität auf Basis mineralischer Dämmstoffe ein hoher energetischer Dämmstandard gesetzt: • gemittelte U-Werte der opaken Außenbauteile <0,18 W/m²K, • transparente Bauteile Uw,BW < 0,80 W/m²K), • dem Bestand angepasste Kombination aus Zwischensparrendämmung und Aufsparrendämmung, • Innendämmung mit Hochleistungsdämmstoffen im Bereich der hangseitigen Innräume bei gleichzeitiger Anforderung der Wärmebrückenfreiheit. Das Konzept sieht eine individuelle Beheizung der einzelnen Räume mit einer innovativen Niedertemperatur-Flächenheizung vor. Damit wird den üblichen unterschiedlichen Behaglichkeitsanforderungen der generationsübergreifenden Familienmitglieder Rechnung getragen. Nebenbei zeigt dies, dass durchdacht konzipierte CO2-neutrale und energieeffiziente Wohngebäude sehr gut individuell konditionierbar sind - ein wesentlicher „fühlbarer“ Zustimmungsgrund für derartige Gebäudekonzepte, denen nach wie vor eine ähnliche Unflexibilität unterstellt wird, wie sie oft bei herkömmlichen Passivhäusern vorzufinden ist. Wesentlich bei dem Konzept des energy+Home 2010 ist die Umstellung auf eine alternative Energieversorgung mittels Wärmepumpe, die ihre Betriebsenergie aus den im Dach integrierten Solarstrommodulen bezieht. Das Gebäudetechnikkonzept sieht eine neuartige Luft/Wasser-Wärmepumpe vor. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt den notwendigen Strom für den Betrieb des Gerätes. Solarthermie-Kollektoren sind aufgrund der im Sommer sehr hohen Effizienz der Wärmepumpe nicht erforderlich. Auch dies ist ein sinnvoller Beitrag zur Ressourceneinsparung. Die Heiz- und Anlagentechnik sowie die Photovoltaik-Anlage wurden mit dem Ziel der CO2-Neutralität so konzipiert, dass ein Maximum an Naturenergien erwirtschaftet und direkt eingesetzt werden kann. Die Primärenergiemengen für Heizwärme als Flächenheizung, Brauch- und Warmwasser, Gebäudetechnik, Beleuchtung, Haushaltsstrom und anteilig die Elektromobilität werden nahezu vollständig mit erneuerbaren Energien gedeckt. Erwirt- 42 | wksb | 64/2010 | technik + Praxis schaftete Energieüberschüsse aus der Photovoltaikanlage in der Sommerperiode werden in das öffentliche Netz eingespeist, das im Gegenzug den Stromverbrauch über den Netzverbund absichert. Aus ästhetischen Gründen werden die neuartigen Photovoltaikmodule ebenflächig in das Dach integriert und nicht als Fremdkörper additiv aufmontiert - auch dies ein sichtbares Argument für die Akzeptanz energiegewinnender Systeme und die Forcierung dezentraler Energieerzeugung. de Baustoffe einzubeziehen spielt dabei ebenso eine Rolle wie der bewusste Neueinsatz nachwachsender und recyclierbarer Materialien. Im Rahmen von „Best-Practice Haus 2010“ wird die Wahl notwendiger Baustoffe im Hinblick auf Klimaneutralität optimiert, indem deren Ökobilanzen wesentlich in die Entscheidungen der Maßnahmen und Materialwahl einfließen. Dabei wird im Rahmen der ökologischen Bilanzierung der verwendeten Baustoffe und Bauprozesse der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes unter den Aspekten der potentiellen Umweltwirkung betrachtet: Von der Sanierung und dem Umbau über den Betrieb und die verschiedenen Instandhaltungsmaßnahme bis hin zum Abriss und der Entsorgung der nicht recyclierbaren Baumaterialien. Daraus entsteht ein Entwurf für einen „Gebäude-Rohstoffpass“ für das Haus, der auch nachfolgenden Generationen Aufschluss darüber gibt, welche Baustoffe und in welchen Mengen für Bau, Fassade und Sanierung verwendet wurde, ob schadstoffhaltige Materialien verbaut wurden und ob und wie diese recycelt werden können2. Mit einem solchen Dokument, basierend auf allgemein gültigen Standards, lässt sich ein Bewusstsein für die Wertigkeit von Ressourcen schaffen - bei Bauherrn, Mietern und Käufern ebenso wie bei Architekten und Fachplanern. Des Weiteren bedient die Idee das zunehmende gesellschaftliche Bedürfnis nach Transparenz und Nachhaltigkeit. Zu keinem anderen Zeitpunkt wurde öffentlich mehr über aufgeklärten Verbrauch und alternative Energien gesprochen. Dass dies vom täglichen Konsum auf das direkte Wohnverhalten übergeht, ist nur logisch und konsequent. Rohstoffpässe für Gebäude sind demnach auch ein Wettbewerbsvorteil. 3. Verzicht auf Heizöl als nicht regenerierbarer Energieträger Die derzeitige Wärmeerzeugung erfolgt wie beschrieben mit Heizöl als Energieträger. Die Abkopplung von Heizöl und die Umstellung auf eine emissionsfreie und regenerative Energiequelle sollen vorbildlich folgende Aspekte vor Augen führen: Gesundheitsschädigung bei Tanklagerung Bild 3 + 4: Qualitative Entwicklung der CO2-Emissionen des Gebäudes seit Entstehung im Jahr 1970 (unten) und zum Zeitpunkt 2010 in den Szenarien „ohne energetische Sanierung“, mit „CO2neutraler Sanierung“ im Vergleich zum Rückbau und Neubau auf den Standard der EnEV 2009 (oben). Ressourcenschonendes Bauen Betrachtet man den vorhandenen, sanierungsbedürftigen Gebäudebestand als Ressource, stehen wir bei der Nutzung dieses riesigen „Baustofflagers“ erst am Anfang. Bestehenwksb | Ölbeheizungen erfordern Tanklagerungen, die im Falle einer Innenaufstellung mit Belastungen für die Raumluft in dem Gebäude einhergehen. Gleichzeitig besteht durch austretende Stoffe, nicht nur bei der Tankbefüllung und -reinigung, ein direktes Risiko für Bewohner und Umwelt. Heizöl ist ein Gemisch aus paraffinischen, naphthenischen, aromatischen und olefinischen Kohlenwasserstoffen und gehört technisch zu den flüchtigen VOC's (Volatile Organic Compounds). Vor allem Kohlenwasserstoffe im Bereich C9 bis C20 haben eine nachgewiesene krebserzeugende Wir2 Urban-Mining, Gesellschaft für Zukunftsgestaltung, www.urban-mining.com 64/2010 | 43 technik + praxis | kung. Das Einatmen kann zu gravierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, Benzol sogar Blutkrebs auslösen. Betroffen sind die Bewohner des Hauses sowie alle Personen, die mit der Gewinnung, Transport und Verarbeitung von Erdöl zu tun haben. Umweltrisiken durch Erdölgewinnung Erdöl als nicht regenerierbare und emissive Ressource, trägt bereits während der Förderung und Transport weitreichende Risiken für Menschen und Umwelt in sich. Diese Risiken sind das Resultat des wirtschaftlichen Drucks zur Rohölförderung bei dem heute notwendigen Fördervolumen. 4. Verbesserung der Tageslicht-Belichtungsverhältnisse Nach der Sanierung wird ein Fensterflächenanteil (Wandfenster und Dachflächenfenster) von mindestens 34 % der Geschossfläche des Gebäudes angestrebt. Im Vergleich dazu beträgt der derzeitige Anteil der Fensterflächen an der Geschossfläche nur etwa 12 % mit entsprechend geringerem Tageslichteinfall. Über raumhohe Panoramafenster mit hochdämmender Dreischeibenverglasung sowie neu integrierten Dachwohnfenstern werden die Räume mit Tageslicht durchflutet und ein Tageslichtquotient von mindestens 4,0 % ermöglicht. Dies steigert nachweislich das Wohlbefinden der Bewohner durch natürliches Tageslicht und reduziert darüber hinaus die Nutzungsdauern zusätzlicher künstlicher Lichtquellen mit dem damit einhergehenden Energie- und Ressourcenverbrauch. Dem zentralen Erschließungsbereich, der die ehemals kleinteilige und geschlossene Struktur sowohl vertikal als auch horizontal auflöst, kommt die Funktion einer sogenannten „Tageslichtschaufel“ zu (Bild 5). Stromerzeugung Stromerzeugung für die Aufstellflächen des Tanks, der umseitig begangen werden muss, weisen in der Regel Größen zwischen 12 bis 18 m² auf. Bei einem standortüblichen Marktwert im Raum Darmstadt von ca. 1.200 bis 1.500 Euro pro m² Wohnfläche ergibt sich damit für den gegenwärtigen Zustand des Wohnhauses ein Wertverlust von ca. 16.000 Euro. Die Abkehr von Erdöl als bisheriger Energieträger führt diesen Wert in Form wiedergewonnener und aktiv nutzbarer Wohnfläche wieder zu. Konkret entsteht im ehemaligen Lagerbereich ein neues Wellness-Bad, um den wertvollen Platz des bisherigen Bades einem damit großzügiger werdenden Individualzimmer zuzuordnen. Mit dieser Flächenaufwertung, Energieeinsparung durch erhöhte Tageslichtausbeute sowie Nutzung natürlicher Ressourcen im Zuge der energetischen Sanierung steht der bisherigen Gebäude- und Energiekonstruktion ein unmittelbarer monetärer Mehrwert gegenüber, der die Mehrkosten für die Umbaumaßnahmen zur CO2-Neutralität amortisiert und darüber hinaus langfristig Kosteneinsparung mit sich bringt - insbesondere im Angesicht steigender Preise für Energie aus nicht erneuerbaren Ressourcen. Langfristig finanzielle Positiveffekte für Bewohner und Gesellschaft durch erhöhtes Wohlbefinden und gesünderes Wohnen gehen damit einher. Ölbevorratungstanks aus Stahl stellen weiterhin eine hochwertige Rohstoffressource dar, die einer höherwertigen Nutzung zugeführt werden können. Fortluft Frischluft Zuluft Abluft Wärmerückgewinnung Abluft Zuluft Umweltwärme Zuluft Abluft Pufferspeicher (Heizung + TWW) Wärmepumpe Fußbodenheizung Bild 5: Optimierung der Tageslichtausbeute durch Integration von Dachflächenwohnfenstern und das Prinzip der zentralen vertikalen Tageslichtschaufel Wertsteigerung, Flächengewinn und Rohstoffrückführung Die Fläche des vorhandenen Tankraumes kann in eine hochwertige Nutzfläche umgewandelt werden. Die Räume 44 | Bild 6: Wohnflächenvergrößerung durch die Umstellung auf CO2neutrale Energieversorgung und nicht mehr benötigte ÖltankAufstellflächen wksb | 64/2010 | technik + Praxis 5. Forschung energy + H o m e 2 0 1 0 ist nicht nur ein Vorhaben als Multiplikator für die Region sondern auch ein Forschungsprojekt. Um die Entwicklung des Hauses zu einem CO2-neutralen Gebäude, die damit verbundenen prognostizierten Einsparungen und die Erfüllung der hohen Behaglichkeitsanforderungen im realen Betrieb zu überprüfen, wird die Sanierungsmaßnahme und insbesondere der Gebäudebetrieb wissenschaftlich begleitet. Das Monitoring in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet TWE & Bauphysik der Technischen Universität Darmstadt und des Instituts für Trocken- und Leichtbau (ITL) erstreckt sich über folgende Bereiche: • Die Integration energiegewinnender Systeme in die Gebäudehülle. • Untersuchung der Wirtschaftlichkeit der Abkopplung von nicht erneuerbaren Energieträgern unter Berücksichtigung der Umwandlung von Brennstofflagerflächen in Wohnflächen. • Bestimmung von Amortisationszeiträumen der CO2neutralen, energetischen Sanierung aus ökonomischer und ökologischer Sicht. • Vergleich der resultierenden Ökobilanz der verwendeten Bauprodukte und Systeme mit einer konventionellen Sanierung nach dem Standard EnEV 2009 und optional mit einem Passivhausstandard. • Studie über die Lichtverteilung und die Energieeinsparung durch eine optimale Tageslichtversorgung. • Beurteilung der Behaglichkeitsverbesserung durch passive Kühlung mit PCM für den sommerlichen Wärmeschutz. wksb | • Monitoring der Energiebilanz und der Raumbehaglichkeit, Nutzerinterviews, Messungen und Analysen über einen Zeitraum von 24 Monaten. • Entwicklung und Erstellung eines Gebäude-Rohstoffpasses zur Beurteilung der materiellen Rohstoffeinsparung gegenüber einem Abriss und Neubau. Wissenschaftliche Begleitung Fachbereich Architektur Institut für Tragwerksentwicklung & Bauphysik Institute for structural design & building physics www.twe.tu-darmstadt.de in Zusammenarbeit mit Fachgebiet Entwerfen & Energieeffizientes Bauen www.ee.architektur.tu-darmstadt.de Literatur Verweise/Quellen Texte: J. Volkwein, B. Ziegler, T. Bialucha [1] Hegger, M. Bialucha, T.: „Model Home 2020 für die IBA in Hamburg“, forschen 2010 - Wissenschaftsmagazin der TU Darmstadt, Ausgabe Frühjahr 2010 vmm wirtschaftsverlag, Augsburg. [2] Velux Model-Home 202, Lichtaktiv-Haus, Hamburg, Wilhemsburg http://www.velux.com/Sustainable_living/Model_Home_2020/The_experiments/Germany/ default.aspx. 64/2010 | 45 technik + praxis | Dicht ist wichtig! Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen blickt auf zehn Jahre Engagement für die luftdichte Gebäudehülle Torsten Bolender* Als am 14. April 2000 im historischen „Gießhaus“ der Universität Kassel der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V., kurz FLiB genannt, aus der Taufe gehoben wurde, stand eines fest: Ins Thema Luftdichtheit der Gebäudehülle war Bewegung gekommen. Die Baufachwelt diskutierte Entwürfe der ersten Energieeinsparverordnung, was die Nachfrage nach Luftdurchlässigkeitsprüfungen („BlowerDoor-Tests“) zu erhöhen versprach. Gleichzeitig stand die DIN EN 13829, die solche Messungen in Deutschland verbindlich regeln sollte, kurz vor ihrer Veröffentlichung. Und auch an einer Neufassung von Teil 7 zur „Luftdichtheit von Gebäuden“ der DIN 4108 wurde in den zuständigen Gremien eifrig gearbeitet. Doch jedes neue Regelwerk wirft auch neue Fragen auf, besonders für jene, die es praktisch umsetzen müssen. Die Gründer des FLiB, zumeist Ingenieure mit BlowerDoor-Erfahrung, hatten die anstehenden Schwierigkeiten vor Augen - und das nicht nur auf das Durchführen von Luftdurchlässigkeitsmessungen bezogen. Sie kannten auch die klassischen Fehler und Problemstellen beim Herstellen der Luftdichtheitsebene aus eigener Anschauung. Nicht zuletzt wussten sie, wie viel Skepsis und Unwissenheit beim Thema luftdichtes Bauen und Blower-Door-Tests nicht nur unter Bauherren, sondern auch bei vielen Baufachleuten herrschte (und leider oft noch immer herrscht). Mit dem geballten Know-how seiner rund einhundert Gründungsmitglieder machte sich der FLiB e. V. daran, Lösungen für diese Probleme zu suchen. Unsicherheiten der Messnorm Schon wenige Wochen nach Verbandsgründung hatten drei Ausschüsse (AGs) die Arbeit aufgenommen. Zwei von ihnen hatten sich die Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit von Messverfahren zum Ziel gesetzt. Denn jeder beispielsweise von der EnEV festgesetzte Grenzwert für die Luftdichtheit der Gebäudehülle bleibt sinnlos, wenn seine Einhaltung später aufgrund fehlerhafter Luftdurchlässigkeitstest oder falsch interpretierter Messdaten bestätigt wird. So erarbeitete der FLiB ein Beiblatt zur Messnorm DIN EN 13829, das diese erläutert und wo immer nötig konkretisiert. Das Ziel: Eine einheitliche Anwendung in der Messpraxis zu erreichen. Die erste Auflage erschien im Oktober 2003. * Dipl.-Ing. Torsten Bolender, Vorstandsmitglied des FLiB e. V. 46 | Außerdem entwickelte der Fachverband das Anforderungsprofil für eine Qualifikation als „zertifizierter Prüfer der Gebäude-Luftdichtheit im Sinne der Energieeinsparverordnung“. Seit Anfang 2002 können Ingenieure, Techniker, Handwerksmeister und vergleichbar Ausgebildete ein entsprechendes FLiB-Zertifikat erwerben. Im Rahmen der Zertifizierungsprüfung müssen die Kandidaten nicht nur ihre praktischen Fertigkeiten beim Durchführen einer DINkonformen Messung und beim Aufspüren von Leckagen nachweisen. Auch die theoretische Kenntnis der Norm und ihrer Grundlagen stehen auf dem Prüfstand. Mittlerweile hat die Idee der Zertifizierung von Blower-Door-Messteams eine Reihe von Nachahmern gefunden. In ihrer Aussagekraft sind deren Urkunden aber kaum mit der inhaltlich anspruchsvollen sowie geräte- und herstellerunabhängigen FLiB-Qualifikation zu vergleichen. Qualifikation gefragt Beiblatt und Zertifizierung waren wichtige Schritte für das Vereinheitlichen von Mess-Standards. Die guten Erfahrungen führten schließlich zur Idee, auch Handwerkern eine auf Luftdichtheit ausgerichtete Zertifizierung anzubieten. Seit nunmehr fünf Jahren können sich alle, die mit Trockenbauarbeiten befasst sind, zur „Fachkraft für Dicht- und Dämmar­beiten im Ausbau“ weiterbilden. Ein zweitägiger Lehrgang, durchgeführt von Kooperationspartnern des FLiB, vermittelt Kenntnisse, die zur fachgerechten Ausführung von Dicht- und Dämmarbeiten sowie ihrer betriebsinternen Abnahmekontrolle befähigen. Am Ende steht die Zertifikatsprüfung, abgenommen vom Prüfungsausschuss des Fachverbands. Übergeordnete Zielsetzung: Für mehr Ausführungssicherheit beim Ausführen der Luftdichtheitsebene und höhere Qualitätsstandards am Bau zu sorgen. Theorie und Praxis des Verklebens Die dritte FLiB-Arbeitsgruppe der Gründungszeit zum Thema „Materialien zur Luftdichtheit“ richtete ihr Augenmerk zunächst auf Klebebänder. Diese werden beim Herstellen von Luftdichtheitsebenen besonders häufig verwendet. Das Ziel der zuständigen AG: Anwendern von Klebesystemen Hilfestellungen bei der Auswahl geeigneter Materialien zu geben, wobei inzwischen auch Klebemassen miteinbezogen sind. Dafür war und ist zunächst Grundlagenarbeit gefragt: Noch bevor man daran denken kann, Kriterien für wksb | 64/2010 | technik + Praxis das Bewerten von Produkten aufzustellen, gilt es Prüfmethoden zu entwickeln, mit deren Hilfe sich das Erfüllen solcher Kriterien praxistauglich testen lässt. Bei diesen Vorhaben kooperiert der Fachverband mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen, unter anderem mit den Universitäten Kaiserslautern und Kassel sowie dem Fraunhofer Institut für Bauphysik. Parallel dazu entwickelte die FLiB-Arbeitsgruppe den Entwurf einer Prüf- und Kennzeichnungsvorschrift (PKV), die sich als Basiswerk für alle weiteren Forschungsprojekte und Ausschüsse zum Thema etabliert hat. Die PKV beschreibt Prüfverfahren unter baunahen Bedingungen, macht Vorschläge zur Alterungsprüfung von Klebebändern und zu einer Klassifizierung. Jüngster Erfolg der Bestrebungen des Fachverbands um die qualitative Bewertung von Materialien ist ein neues Projekt des DIN-Ausschusses Luftdichtheit: Seit Oktober 2008 befasst sich dieser unter maßgeblicher Beteiligung von Mitgliedern des FLiB damit, einen neuen Teil 11 der DIN 4108 zur Dauerhaftigkeit von Verklebungen luftdichter Schichten zu entwerfen. Auf Grundlage der in der ersten Phase erarbeiteten Prüfrandbedingungen können nun Mindestanforderungen an Klebebänder und -massen festgelegt werden. Damit ist das Ziel, den Anwendern größere Sicherheit bei der Auswahl der jeweils geeignetsten Materialien und Produkte zu geben, ein gutes Stück näher gerückt. Mittlerweile gaben zwei Kongresse zu „Klebeverbindungen von Luftdichtheitsschichten am Bau“ (2008 und 2010) der Fachwelt Einblick in den Stand der verschiedenen Einzelprojekte und widmeten sich zudem praktischen Verarbeitungsfragen. Darüber hinaus veröffentlichte der FLiB 2007 eine „Risikomatrix Baustoffe“ als konkrete Praxishilfe für die Verarbeiter. Das auch als „Checkliste Kleben“ bekannte Dokument stellt die für die Haltbarkeit von Klebeverbindungen wichtigen Eckpunkte übersichtlich dar und erleichtert so die Entscheidung für die jeweils passende Vorgehensweise. Luftdichtes Bauen und Sanieren Mit Fragen der Baupraxis beschäftigt sich auch der 2001 ins Leben gerufene FLiB-Ausschuss „Konstruktion“. Schon bei Veröffentlichung der überarbeiteten DIN 4108‑7 stand fest, dass Praxiserfahrungen und neue Produkte Änderungen und Erweiterungen der dort beschriebenen Ausführungsbeispiele nötig machten. Ausdrückliche Empfehlungen für das Herstellen von Luftdichtheit bei Gebäudesanierungen fehlten, obwohl die wenig später veröffentlichte EnEV hierzu klare Vorgaben machte. Um diese Lücke zu schließen, legte der Fachverband 2005 „Technische Empfehlungen und Ergänzungen zur gültigen DIN 4108-7“ vor. Die Broschüre enthält eine Fülle von Prinzipskizzen, an denen sich Planer und Handwerker beim Ausführen luftdichter Anschlüsse und Details orientieren können. Viele der Zeichnungen haben ihren Weg in die allerneueste Ausgabe der Norm gewksb | funden, die Anfang 2009 als Entwurf veröffentlicht wurde. Federführend bei der Überarbeitung dieses grundlegenden Regelwerks zur Luftdichtheit von Gebäuden: Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V., vertreten unter anderem durch seinen langjährigen Geschäftsführer Torsten Bolender als Obmann des DIN-Ausschusses. Schon diese Personalie zeigt: Der FLiB hat sich in den letzten zehn Jahren als zentraler Ansprechpartner für Fragen zur luftdichten Gebäudehülle etabliert. Eine Position, die sich der Verband nicht nur durch die Initiative seiner Ausschüsse erarbeiten konnte: Auch ansonsten engagieren sich der FLiB und viele seiner Mitglieder in verschiedensten Gremien, mischen sich in politische Entscheidungen ein und stoßen Diskussionen an. Beispiele dafür sind Diskussionen um die Rahmenbedingungen für Luftdurchlässigkeitsmessungen sehr großer Gebäude in den neuen Bundesländern, die Mitarbeit in Fachausschüssen zur Wohnungslüftung oder auch das Formulieren von Anmerkungen und Änderungsvorschlägen zur jeweils aktuellen Ausgabe der Energieeinsparverordnung. Ausdruck fand das breite Themenspektrum unter anderem im FLiB-Buch „Gebäude-Luftdichtheit, Band 1“. Das 2008 erschienene Werk ist das erste Fachbuch auf dem deutschsprachigen Markt, das umfassend über die Luftdichtheit der Gebäudehülle informiert. Weiterer Ausdruck für die wachsende Bedeutung des Themas Luftdichtheit und des damit befassten Verbandes war die prominente Besetzung des FLiB-Vorsitzes mit Universitätsprofessor Dr.-Ing. Gerd Hauser in den Jahren 2004 bis 2010. Immer gut informiert Großes Gewicht legte der Fachverband von Anfang an auf die Information und Aufklärung der allgemeinen und der Fachöffentlichkeit. Zentrale Anlaufstelle für Informationssuchende ist der Internetauftritt unter www.flib.de. Auch über Vorträge bei anderen Verbänden, an Hochschulen oder bei nationalen wie internationalen Symposien trägt der FLiB seine Themen ins Land. Eine wichtige Rolle nimmt darüber hinaus die Pressearbeit ein, in der sich der Fachverband regelmäßig sowohl an Publikumsmedien als auch an Fachzeitschriften richtet. Eine der Botschaften, die es Handwerkern und anderen Bauschaffenden zu vermitteln gilt: Luftdichtheitstests sind keine lästigen Kontrollen, sondern ein wirksames Instrument der Qualitätssicherung - sie können allen Beteiligten helfen, Fehler frühzeitig aufzuspüren und sich vor Ärger und Reklamationen zu schützen. Ausblick Mit rund 260 Mitgliedsunternehmen zählt der FLiB noch immer zu den eher kleinen Verbänden. Daher hat sich die neue Verbandsspitze unter Sigrid Dorschky als Ziel gesetzt, die Mitgliederzahl mittelfristig deutlich zu erhöhen. Potenziale liegen beispielsweise im Handwerk: Die Liste 64/2010 | 47 technik + praxis | der Gewerke, die unmittelbar mir der luftdichten Gebäudehülle befasst sind, ist lang. Das Änderungen in der Mitgliederstruktur neue Themenschwerpunkte nach sich ziehen können, wird ausdrücklich begrüßt. Mit einer Stärkung der Basis soll die Stimme des Verbandes in Gremien und bei Behörden weiter an Gewicht gewinnen. Prinzipskizze 1: Verlegung von außen Auf den gesamten Bau bezogen mag die Luftdichtheit der Gebäudehülle nur als kleiner Teilausschnitt erscheinen. Sie gehört aber zu den entscheidenden Qualitätsmerkmalen modernen, energieeffizienten Bauens und Sanierens - mit entsprechend mannigfaltigen Verflechtungen, Abhängigkeiten und Synergien zu anderen Bereichen des Bauwesens in Theorie und Praxis. In den zehn Jahren seines Bestehens hat der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. das Thema große Schritte vorangebracht. Und doch musste er sich auf ausgewählte Aspekte beschränken, hat an manchen Stellen erst an der Oberfläche gekratzt: Die Aufgabe, der sich die Verbandsgründer einst gegenüber sahen, hat nichts von ihrem Anspruch verloren. Besondere Beachtung verdient der Anschluss am Ortgang. Bild 2 zeigt die Ausgangssituation. Quelle: FLiB e. V. Praxisbeispiele: dachsanierung Bild 2: Ortgang Soll ein bestehendes Steildach eine nachträgliche Wärmedämmung erhalten, bietet sich oftmals die Sanierung von außen an. Vorteil: Eine existierende Innenbeplankung kann bestehen bleiben, Bewohner eines ausgebauten Dachgeschosses brauchen die Wohnung während der Maßnahme nicht zu räumen. Wichtig sind die Wärmedämmung auch des Ortgangs sowie ein sauberer Glattstrich des angrenzenden Mauerwerkskopfs (siehe Prinzipskizze 2): Er ermöglicht ein sauberes und dauerhaftes Verkleben der luftdichtenden Dampfbremsbahn. Quelle: FLiB e. V. Prinzipskizze 2: Ortganganschluss 48 | (Skizzen aus: Technische Empfehlungen und Ergänzungen des FLiB e. V. zur DIN 4108-7, Ausgabe August 2001, Kassel 2005). Bild 1: Zeigt eine typische Ausgangssituation Verkleben der Luftdichtheitsbahn Prinzipskizze 1 zeigt einen möglichen Aufbau mit geschlaufter Verlegung der Dampfbremsfolie als Luftdichtheitsschicht über die Sparren hinweg sowie Anpresslatten. Letztere ermöglichen den passgenauen, wärmebrückenfreien Einbau der Wärmedämmung. Um dauerhaft luftdichte Verklebungen zu erreichen, kommt es ganz wesentlich auf die Eignung des Untergrundes an. Die „Checkliste Kleben“ des Fachverbands Luftdichtheit im Bauwesen (kostenloser Download unter www.flib.de, Publikationen) gibt einen Überblick wksb | 64/2010 | technik + Praxis Quelle: FLiB e. V. Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. die Prinzipskizze einer in der Bau­praxis bewährten Lösungsmöglichkeit. Sie wird in ähnlicher Form Eingang in die Neufassung der DIN 4108-7 finden. Quelle: FLiB e. V. Bild 3: Der Untergrund ist zu feucht, die Klebemasse tropft ab über die wichtigsten Rahmenbedingungen. Mit ihrer Hilfe hätte der Verarbeiter erkennen können, dass die im Foto gezeigte Verklebung nicht halten konnte: Bild 4: Wie soll man hier Luftdichtheit erreichen? • Die hohe Restfeuchte im Beton macht es der eingesetzten Klebemasse nahezu unmöglich auszutrocknen und so ihre Haftfähigkeit zu erreichen (ein Austrocknen durch die Folie nach außen ist ebenfalls ausgeschlossen). • Verklebungen auf Beton sind häufig kritisch und erfordern vielfach ein Vorbehandeln mit Haftvermittlern (Primern). • Ebenso können Rückstände von Schalöl Probleme verursachen. Der Untergrund muss zunächst gereinigt werden. Grundsätzlich gilt bei allen Verklebungen: Herstellerrichtlinien beachten! Beispielsweise eignen sich nicht alle Produkte für alle Untergründe. Quelle: FLiB e. V. Lässt sich an solchen Bedingungen nichts ändern, müssen Folienanschlüsse durch zusätzliche Anpresslatten gesichert werden. Eine gute Alternative bietet auch das Einputzen der Folienenden. Prinzipskizze 3: Durchdringungen Die Vorgehensweise: Luftdichte Installationsdurchführung Die Durchführung von Installationen durch eine Geschoss­decke zählt zu den klassischen Fehlerquellen beim Ausfüh­ren der luftdichten Ebene. Besonders wenn Elektrokabel und Rohrleitungen die Decke bündelweise durchstoßen (wie in Bild 4, das in einem Einfamilienhaus entstand), ist die Phantasie des Handwerkers gefragt. Anfang 2008 veröffentlichte der wksb | •Ausstopfen sämtlicher Lücken zwischen den Kabeln und/oder Rohren und dem Rand der Öffnung von unten (beispielsweise mit Dämmwolle). •Gesamten Deckendurchbruch von oben vorsichtig mit fein­körnigem Beton oder auch Gips ausgießen. •Bei größeren Öffnungen evtl. zusätzlich unterseitig Schalungsbretter anbringen, um das Material bis zum völli­gen Aushärten an Ort und Stelle zu halten (Montagehilfe kann anschließend wieder entfernt werden). •Ergebnis: Eine dauerhaft luftdicht ausgeführte Durchdringung. 64/2010 | 49 technik + praxis | Wirtschaftlichkeit von Passivhäusern im Neu- und Altbau Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Feist* 1. Zur Methodik der Wirtschaftlichkeitsanalyse Geeignete Methoden zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit beruhen auf den finanzmathematischen Gesamtkosten (Barwert), die während der Nut­zungsdauer der betrachteten Gebäude oder Anlagen anfallen (Lifecycle-Cost-Analysis LCA). Vor allem bei langen Nutzungsdauern ist es entscheidend, dass Kosten, die zu unterschiedli­chen Zeitpunk­ten anfallen, ökonomisch mit dyna­mi­schen Methoden zu bewerten sind. Ein heute immer noch häufig verwendetes Vergleichskriterium sind Amortisationszeiten. Am konkreten Beispiel wird deutlich, dass man dieses Kriterium heute nicht mehr verwenden sollte: Die Nachrü­stung einer Verglasung mit einer zusätzlich auf den Rahmen aufgeklebten Folie führt zu einer Amortisationszeit von drei Jahren, das alternative Auswechseln der Verglasung aber zu 9 Jahren. Hat der "Sieger" (die Folie) eine Nutzungs­dauer von zwei Jahren, so entsteht in Wirklichkeit ein Verlust, bei der Alternative jedoch ein Gewinn. Amortisationszeiten eignen sich daher grundsätzlich nicht zur Bewertung alternativer Investitionsentscheidungen. Um den Kapitalwert zu bestimmen, wird jede Zahlung oder Einnahme innerhalb des Lebenszyklus mit dem Kapital­ zinssatz zurückge­zinst auf den Be­zugs­zeitpunkt. Auf diese Weise wird der Gesamt­gewinn bzw. Gesamtverlust ermittelt. Äquivalent zur Kapitalwertmethode ist die dyna­mi­sche Annui­tä­tenme­tho­de. Dabei wird der Kapitalwert so auf jährliche Kapi­talko­sten um­gelegt, dass die Einzelbeträge über den Lebenszyklus der Maß­nahme kon­stant sind - die Annuität (vgl. Kasten) ist gerade der Kehrwert des Barwertfaktors (a=1/B). Dieses Verfahren ist in Deutschland schon seit Jahrzehnten als adäquate Methode zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit bei baulichen und heizungstechnischen Maßnahmen eingeführt. Das Verfahren ist z. B. in VDI 2067 beschrieben. Die jährlichen Kapi­talkosten KI (Zins und Tilgung) für eine In­vesti­tion I ergeben sich - bei über die Nut­zungs­dauer der Maßnahme konstanten Ra­ten - als das Pro­dukt aus dem An­nui­täts­faktor a und der Investition I: * Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Feist, Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen, Universität Innsbruck und Passivhaus Institut Darmstadt/Innsbruck 50 | KI = a*I p a = ___________ 1 - (1+p)-n Dabei sind p der Zins­satz und n die Nut­z­u­ngs­da­uer. Den Ko­s­ten für eine E­ne­r­gie­s­par­maßnah­me (Kapitalkosten sowie gege­be­nen­falls Zu­satz­kosten, z. B. War­tungskosten oder Hilfs­ener­gie) stehen die eingesparten Ener­gie­ko­sten gegen­über. Die Maßnah­me ist wirt­schaftlich, wenn die einge­spar­ten Energie­ko­sten höher sind. Zweckmäßig ist es, von den Schwankungen der allgemeinen Inflation abzusehen. Zu diesem Zweck empfiehlt es sich, mit realen Preisen zu rechnen. Gegenüber [Feist 1998] als auch [Feist, Kah 2007] hat sich der Realzins weiter verringert. Diese Situation sehr niedriger Zinsen wird vermutlich noch eine geraume Zeit anhalten. In diesem Artikel wird durchweg ein effektiver Realzins von p = 3,25 %/a verwendet; Dieser ist derzeitig (2010) sogar noch höher als die tatsächlich marktüblichen Zinsen - wir wollen bzgl. der Kapitalkosten jedoch auf der sicheren Seite bleiben. Nominale und reale Zinsen Für Wirt­schaftlich­keitsver­gleiche ist es sinn­voll, die unsi­ chere Infla­tions­rate i zu elimi­nieren und mit realen (statt mit nomina­len) Preis­steige­run­gen und Zinsen zu rech­nen. Ist pnom der nominale Zinssatz, so er­gibt sich der reale Zins­ satz preal zu 1 + pnom preal = - 1 1+i Investitionskosten Die Investitionskosten umfassen die Planung, Anschaffung, Installation und Inbetrieb­nahme der zur Diskussion stehenden Maßnahmen - soweit diese der Energieeffizienz­­ verbesserung zuzurechnen sind. Das Vorgehen, eine Ener- wksb | 64/2010 | technik + Praxis • Sabotagen und Anschläge in Irak und anderen ölexpor- giesparmaßnahme dann auszuführen, wenn sie ohnehin ansteht, ist beson­ders vorteilhaft, da dann die zuzurechnenden Investitionskosten am geringsten sind (Kopplungsprinzip). Viele Maßnahmen können nur unter diesen Umständen wirtschaft­lich realisiert werden. Gerecht wird diesem Ansatz die Einführung von „bedingten Anforderungen“, wie sie schon in den Wärmeschutzverordnungen und in allen bisherigen Energieeinsparverordnungen vorgenom­ men wurden. • • • Wird eine Energiesparmaßnahme ausgeführt, bevor aus anderen Gründen eine Modernisierung erfolgen würde, so er­ höht sich die anzu­setzende In­vesti­tion um einen Restwert. Andererseits wird es ein exponentielles Wachstum des Energiepreises auch nicht geben - dafür sorgen vorhandene Substitutions-Energieträger (z. B. in Form der Kohlevergasung, auch in situ). Aber die mittleren Energiepreise in den relevanten Zeiträumen, in denen ein Neubau oder ein modernisiertes Gebäude Heizenergie benötigen wird, werden kaum niedriger sein als die heutigen Tagespreise. 2. Zum künftigen Energiepreis lange Zeit das Preisniveau für Energie, da Erdöl heute die wichtigste Energiequelle ist und auch noch auf lange Zeit dominant bleiben wird. Das geht aus den Arbeiten der Internationalen Energie Agentur [IEA 2001] hervor. Natürlich könnten die Ölpreise schon im kommenden Jahr wieder einmal einbrechen. Es ist eine der Eigenschaften dieser von Spekulation regierten Märkte, gerade für kurzfristige Zeiträume nahezu unberechenbar zu sein. Hier wird die langfristige Entwicklung an Hand der Relevanz der Gründe geführt, die für die derzeit hohen Preise aufgeführt werden: • Die Förderkapazitäten in Europa und Nordamerika gehen zurück - gerade dieser Trend wir sich künftig noch verstärken. wksb | Quelle: PHI Bild 1 zeigt den Verlauf des Rohölpreises von 1960 bis 2010. Die Entwicklung ist vor allem gezeichnet durch starke Schwankungen - aber es gibt auch einen klaren Trend zu höheren Preisen. Der Ölpreis bestimmt auch künftig noch Bild 1: Prognose, obere und untere Grenze für den zeitlich gemittelten künftigen Energiepreisverlauf Heizöl EL. tierenden Ländern - das ist sicher kein nur "aktuelles Problem“ sondern schon seit Jahrzehnten virulent. Steigender Bedarf in China - dieser fängt gerade erst an, und nicht nur der Bedarf in China steigt. Dies ist nach unserer Einschätzung die mittel- und langfristige Haupttriebfeder. Naturereignisse, Unfälle - es gibt künftig eine zunehmende Problematik durch den Klimawandel, der die Gefahr von Extremwetterereignissen nachweislich erhöht. Kapazitätsgrenze der OPEC - diese mag mittelfristig zu beheben sein; aber langfristig gibt es Kapazitätsgrenzen überall, vgl. die Diskussion um „peak oil“. Vor diesen Hintergründen wagen wir (PHI) eine Fortschreibung der mittleren Energiepreistrends; es handelt sich nicht um eine Prognose, aber um eine begründete Extrapolation auf der Basis der zuvor gegebenen Analyse. Im wahrscheinlichsten Szenario ergibt sich aus einem mittleren Ölpreis von 64 Cent/Liter unter Einbeziehung des Jahresnutzungsgrades (90 %) ein Wärmepreis von 7 Cent/kWh. Dazu kommt noch der Aufwand für Hilfsenergie (etwa 0,3 Cent/ kWh) und der variable Teil der Systemkosten (mehr als 1,6 Cent/kWh) - insgesamt ist mit einem mittleren künftigen Wärmepreis von um 9 Cent/kWh zu rechnen. Kosten für die CO2-Rückhaltung sind dabei noch nicht berücksichtigt. Interessanterweise liegen auch die variablen Energiekosten vieler der heute diskutierten alternativen Quellen von Heizwärme in diesem Preissegment (Wärme aus Wärmepumpen und Nahwärmesystemen sowie Holzheizungen). Es spricht auch vieles dafür, dass sich zwar zeitweise Preisunterschiede bei der Wärmeerzeugung aus den starken Schwankungen am Markt ergeben - dass aber im zeitlichen Mittel die verschiedenen Wärmebereitstellungsvarianten nur wenig unterschiedliche Wärmepreise bieten werden. 3. Ökonomische Situation bei den Komponenten des energieeffizienten Bauens Systematische Untersuchungen an gebauten Siedlungen und durchgeführten Sanierungsmaßnahmen zeigen, dass es vor allem die in diesem Kapitel aufgeführten baulichen und haustechnischen Komponenten sind, welche in der Praxis reproduzierbar den Energiebedarf von Gebäuden reduzieren können. Diese Maßnahmen können jeweils auf unterschiedliche Qualitätsstufen hin realisiert werden. Die hier dokumentierte Untersuchung zeigt, welche einzelwirtschaftlichen 64/2010 | 51 technik + praxis | Optima bei den einzelnen Komponenten (Lebenszyklusbetrachtung) vorliegen. Diese Untersuchungen sind vor allem relevant bzgl. der bei Sanierungen zu empfehlenden Qualitäten, da in diesem Fall oft Einzelmaßnahmen zur Ausführung stehen. 3.1 Wärmedämmung opaker Bauteile Bei Neuerrichtung oder Erneuerung des Außenputzes eines Gebäudes fallen durchschnittliche Ohnehin-Kosten von 40 Euro/m² an („Gerüst einrichten“, „alten Putz abschlagen und entsorgen“ sowie „Aufbringen des neuen Außenputzes“). Wird statt der ohnehin anstehende Außenputzerneuerung ein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht, fallen nur geringe energiebedingte Mehrinvestitionen an. 3.2 Fenster Bild 3 zeigt, dass unter den heute geltenden Randbedingungen Dreischeiben-Wärmeschutzverglasungen mit U-Werten im Bereich von 0,7 W/(m²K) deutlich wirtschaftlicher sind als die gemeinhin immer noch häufig eingesetzten Zweischeibenverglasungen. Neben der ökonomischen Vorteile ist hier vor allem auch die erhebliche Verbesserung der Behaglichkeit zu erwähnen: Die winterlichen inneren Oberflächentemperaturen steigen von 14 °C auf 17 °C an, wodurch die gesamte Wohn(Nutz-) Fläche vor dem Fenster behaglich nutzbar wird - und Heizkörper nicht mehr unter Den Barwert der Gesamtkosten der noch aufzubringenden Energiekosten zuzüglich der Kapitalkosten für die Energiesparmaßnahme zeigt Bild 2. Quelle: PHI Quelle: PHI Das sehr flache ökonomische Optimum liegt bei einem U-Wert von 0,15 W/(m²K). Eine relativ weite Spanne mit daraus resultierenden U-Werten von 0,23 bis 0,10 W/(m²K) stellt sich als wirt- Bild 2: Verlauf des Barwertes der Lebenszykluskosten bei einer wärmegedämmten Außenwand mit zuwachsender Investition von 1,25 €/m² je cm Dämmstärke (Wärmeleitfähigkeit 0,032 W/(mK), 75 kKh Klima). Bild 3: Lebenszykluskosten bei Fenstern im Vergleich: Dreischeiben-Wärmeschutzverglasungen sind heute in Mitteleuropa generell empfehlenswert, der verbessert gedämmte Fensterrahmen (letzte Variante) auch, wenn die erzielbaren Vereinfachungen bei der Wärmebereitstellung berücksichtigt werden. schaftlich sinnvoll heraus. Dieses Optimum liegt genau in dem Bereich der für Passivhäuser in Mitteleuropa erforderlichen Dämmstärken. Ein wichtiger Nebeneffekt der Energiesparmaßnahme ist die Verbesserung der Behaglichkeit im Raum nach der Sanierung durch Innenoberflächentemperaturen der Außenwand von über 19 °C auch im Winter. Außerdem kommt es durch die erhöhte Bauteiltemperatur selbst im oft kritischen Fall eines Schranks vor einer Außenwandkante nicht mehr zu Schimmelpilzwachstum. 52 | dem Fenster platziert werden müssen. Gerade in den Bereich der aus Komponentensicht attraktiven Maßnahmen kommen heute auch verbessert wärmegedämmte Fensterrahmen (Qualität des Zertifikates „Passivhaus geeigneter Fensterrahmen“ des PHI). 3.3 Lüftung Als Referenzvariante wurde hier die reine Abluftanlage ohne Wärmerückgewinnung (Außenluftnachströmung über wksb | 64/2010 | technik + Praxis Außenwandluftdurchlässe) zugrunde gelegt. Ein solches System ist in der Lage, gerade eben die für die Entfeuchtung und für eine noch tolerable Luftqualität notwendigen Voraussetzungen in einem Wohngebäude zu schaffen mindestens ein solches System muss daher bei verantwortlicher Planung vorgesehen werden. Die Effizienzvariante besteht aus einer hocheffiziente Wärmerückgewinnung mit Gegenstromwärmeübertrager und guter Stromeffizienz durch Gleichstrom­ventilatoren. Die Mehrinvestition für die hocheffiziente Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung liegt mit 24 Euro/m² bei einem kleinen Einfamilienhaus (ca. 120 m²) nur wenig über der Referenzlösung. Die Wirtschaftlichkeit wird schon bei mittelgroßen Wohneinheiten erreicht. Bei größeren Wohneinheiten (über 135 m²) reduzieren sich die wohnflächenspezifischen Mehrkosten auf 20 Euro/m², die Anlagen erreichen dann die Wirtschaftlichkeit auch im Falle von wohnungsweisen Geräten. Der Einsatz von hocheffizienten Gleichstromventilatoren (ECM) ist in jedem Falle wirtschaftlich und entlastet die Umwelt gegenüber der Variante mit Wechselstromventilatoren (AC) zusätzlich um 2 kg CO2 pro Jahr und Quadratmeter Wohnfläche. • Dadurch, dass die Oberflächen aller Außenbauteile in einem Passivhaus nur wenig von der Raumtemperatur abweichende Temperaturen haben, werden die Strahlungstemperaturasymmetrie und der Antrieb für die Raumluftwalze verringert; Passivhaus-Komponenten sind gerade so ausgelegt, dass keine Heizkörper mehr beim Fenster installiert werden müssen. • Schon dadurch, dass Heizflächen eingespart werden, ergibt sich eine Kostenreduktion von 2.500 Euro, wenn unterhalb 15 kWh/(m²a) gebaut wird. Dieser Zusammenhang führt zwar nicht dazu, dass Gebäude mit Passivhaus-Standard in der Investition kostengünstiger würden als solche Objekte, die gerade im konventionellen Optimum gebaut wären (blaue Kurve bei 40 kWh/ (m²a) in Bild 5). Wohl aber, dass die gesamten Lebenszykluskosten nun ein weiteres, scharf ausgeprägtes Minimum beim Passivhaus aufweisen. Dieses Minimum erweist sich als sehr stabil gegenüber Änderungen der Randbedingen, wie z. B. des Energiepreises [Feist 2005]. Die Ursache dafür liegt darin, dass es sich beim Passivhaus um ein technisch systembedingtes Optimum handelt. Beim Altbau ist eine nachträgliche Integration von Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung zwar technisch fast in jedem Falle umsetzbar, in der Regel aber nicht einzelwirtschaftlich attraktiv. Unter Einbeziehung der Förderung oder in einem Passivhaus mit der dort möglichen Vereinfachungen bei der Heizung können diese Anlagen aber wirtschaftlich betrieben werden. Im Neubau können Anlagen mit Wärmerückgewinnung bereits in die Entwurfsplanung einbezogen werden. Dadurch können sich Kostenreduktionen für Kanalnetz und Wanddurchführungen ergeben. Auch der Planungsaufwand ist im Neubau geringer einzuschätzen, weil keine Rücksicht auf bauliche Gegebenheiten eines Bestandsgebäudes genommen werden muss. 4. Ökonomie des Gesamtsystems: Gebäude und Gebäudetechnik Eine erweiterte Perspektive ergibt sich, wenn eine Gesamtoptimierung für das System aus Gebäude und Anlagen vorgenommen wird: Dann zeigt sich nämlich, dass durch die passiven Maßnahmen an der Gebäudehülle und durch die Wärmerückgewinnung nicht nur Energiekosten eingespart werden, sondern dass sich Zug um Zug bei sinkendem Heizwärmebedarf auch das Heizsystem vereinfachen lässt und damit weitere Kosten eingespart werden können: wksb | Quelle: PHI Bisher sind die Einzelkomponenten separat, aber durchaus unter Berücksichtigung der korrekten Randbedingungen aus dem Gesamtgebäude (z. B. marginale Wärmekosten) betrachtet worden. Bild 4: Vergleich der Optionen bzgl. Wohnungslüftung bei einem kleinen Einfamilienhaus (120 m²). Der Einsatz einer Wärmerückgewinnung setzt einen hocheffizienten Wärmeübertrager und eine sehr gute Luftdichtheit des Gebäudes voraus. Die geringfügigen betriebswirtschaftlichen Mehrkosten im Lebenszyklus werden durch die erreichte höhere Luftqualität und den Zuwachs an Behaglichkeit mehr als ausgeglichen. 64/2010 | 53 technik + praxis | noch nicht einmal höher als die der Referenzobjekte mit vergleichbarer Kompaktheit lagen. Nach Einschätzung des Autors ist dieses sehr gute Ergebnis vor allem auch darauf zurück zu führen, dass die Projekte in Wien mit hoher Kompetenz geplant und umgesetzt worden sind. Vergleichbare Wohngebäude im sozialen Mitwohnungsbau in Innsbruck und in Frankfurt weisen bauliche Mehrinvestitionen im Bereich von 5 % der Baukosten auf - und dies korrespondiert gut mit der Analyse aus der Kostenkurve in Bild 5. Quelle: PHI 6. Zusammenfassung und Fazit Bild 5: Systembedingtes Optimum der gesamten Lebenszykluskosten beim PassivhausStandard durch die Vereinfachung der Gebäudetechnik: Die Heizaufgabe kann unterhalb von 15 kWh/(m²a) quasi nebenbei mit erledigt werden. In den letzten Jahren hat sich am Wärmemarkt ein vergleichsweise stabiles Preisniveau von 7 Cent/kWh Wärme eingestellt. Dieses Preisniveau wird sich in der Nutzungsdauer heute neu gebauter oder renovierter Gebäude im Mittel der Zeit auch in etwa halten - dazu kommen allerdings noch variable Systemkosten, da sich die Gebäudetechnik mit abnehmendem Wärmebedarf vereinfacht. Quelle: Treberspurg 2010 Schon bei den einzelnen Komponenten der Gebäudehülle und der Lüftung ergeben sich unter den heutigen Randbedingungen Optima, die im Bereich der Qualitätsanforderung für Passivhäuser liegen (U-Werte der opaken Bauteile um 0,15 W/(m²K), Fenster U-Werte um 0,8 W/(m²K), Lüftung mit Wärmerückgewinnung und hoch effizienten Ventilatoren). Bild 6: Empirisch ermittelte Kosten der Passivhaus-Bauprojekte in Wien im Vergleich zu Niedrigenregiehaus-Referenzgebäuden. 5. Praktische Erfahrungen und Kostenstatistik Bis 2010 sind in Europa ca. 20.000 Wohneinheiten mit Passivhaus-Standard errichtet wurden. In einer immer größer werdenden Stichprobe wurden dabei auch die tatsächlich erreichten Energieeinsparungen und die tatsächlichen baulichen Investitionskosten ermittelt. Ein wichtiges Ergebnis wird durch die Nachuntersuchung der PassivhausWohnbebauungen in Wien dokumentiert [Treberspurg, Smutny 2010]. Bild 6 zeigt die empirisch ermittelten Baukosten dieser Projekte in Abhängigkeit vom A/V-Verhältnis; letzteres ist die Größe mit dem höchsten Einfluss auf die Baukosten. Aus der empirischen Untersuchung zeigt sich hier, dass die Baukosten der Passivhausprojekte im Mittel 54 | Bezieht man die Vereinfachungen in der Heiztechnik mit ein, die das Passivhaus erlaubt, so lässt sich mit diesem Standard heute bei sorgfältiger Planung ein absolutes Kostenoptimum bei den Lebenszykluskosten erreichen. Praktisch ausgeführte Bebauungen belegen, dass die hier genannten Kostenziele erreichbar sind. Allerdings setzt das eine Planung voraus, die von Anfang an auf eine solche Optimierung abzielt und von kompetenten Architekten und Ingenieuren durchgeführt wird. Durch die Verfügbarkeit der Ausbildung zum zertifizierten Passivhausplaner (CEPH, [Bähr 2010]) steht das erforderlicher Know-how auf breiter Ebene zur Verfügung - bereits über 900 Architekten und Ingenieure haben die zugehörige Prüfung erfolgreich absolviert. In dem Ausmaß, in dem Passivhaustechnik allmählich selbstverständlich in der Anwendung wird, werden auch künftig die investiven Zusatzkosten weiter sinken. Durch zahlreiche Produktzertifikate sind inzwischen korrekte Details nicht mehr mit erheblich erhöhtem Planungs- du Bauaufwand verbunden. Durch die Erfahrung sind inzwischen auch wirklich ausreichend luftdichte Gebäudehüllen bei allen Bauweisen ohne enormen Mehraufwand realisierbar. Mit dem Passivhaus-Standard steht somit eine Alternative für Neubau und Altbau zur Verfügung: wksb | 64/2010 | technik + Praxis • Damit können statistisch reproduzierbare Energieeinsparungen um 75 bis 80 % gegenüber den heute gültigen staatlichen Anforderungen erreicht werden. • Und es werden heute schon alle Anforderungen im Gebäudesektor für die langfristigen Ziele des Klimaschutzes erreicht (EBPD recast 2010). • Für den keine revolutionären Veränderungen von Planung, Baukonstruktion und Bautradition erforderlich sind: Alle Bauaufgaben, Bauweisen und Baustile sind möglich, viele sind bereits realisiert worden. • Die baulichen Netto-Mehrinvestitionen liegen bereits heute in einem Bereich von um 5 %. Dadurch ist eine einzelwirtschaftlich rentable Realisierung von Passivhäusern bei heutigen Zinsen und Energiepreisen möglich. Über die ökonomischen Vorteile hinaus weist der Passivhaus-Standard noch weitere Vorzüge aus, die es vielen Bauherren bereits in der Vergangenheit möglich gemacht haben, so zu bauen: • Durch die bedarfsgerechte Lüftung haben Passivhäuser eine messbar gute Innenraum-Luftqualität. • Die thermische Behaglichkeit ist systembedingt ausgezeichnet und das wird durch Feldbefragungen immer wieder bestätigt. • Die höhere Bauqualität reduziert in Verbindung mit der Lüftung feuchtebedingte Bauschäden bei kompetenter Planung auf Null. Damit reduzieren sich zusätzlich die Instandhaltungskosten und Mietausfallkosten. Auch volkswirtschaftlich ergeben sich weitere Vorteile: Es wird ein Klimaschutzniveau erreicht, dass eine dauerhaft nachhaltige CO2-freie Energieversorgung realisieren lässt. Die Abhängigkeit von weltpolitisch instabilen Öl- und Gas- wksb | importen wird reduziert. Zugleich beruhen die höheren baulichen Qualitäten auf einer Zusatzwertschöpfung, die vor allem in Europa geschaffen wird. Alle diese Gründe spielen eine Rolle dabei, dass der Gesetzgeber in Deutschland Passivhäuser über die hier dargestellten Konditionen hinaus mit Förderkrediten und Sonderzuschüssen fördert. Diese kommen jedem Bauherren und jeder Baufamilie zusätzlich zu den bereits diskutierten Vorzügen zu gute. Mit dem EPBD-Recast 2010 fordert die Kommission, diese Anreize weiter zu führen und bis 2020 dafür zu sorgen, dass ein Standard mit vernachlässigbaren Klimabelastungen europaweit verbindlich wird. Mit dem Passivhaus kann das schon jetzt umgesetzt werden. LITERATUR [1] [Bähr 2010] A. Bähr: Weiterbildung zum „zertifizierten PassivhausPlaner“, im Tagungsband der 14. internationalen Passivhaustagung, Darmstadt/Dresden 2010. [2] [Feist 1998] W. Feist, Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ausgewählter Energiespar­maßnahmen im Gebäudebestand, Studie im Auftrag des Bundesministerium für Wirtschaft, Darmstadt 1998. [3] [Feist 2005] W. Feist: Vom Passivhaus zum energieautarken Haus? Perspektiven für das Bauen in der Zukunft - Vortrag auf der Fachtagung Energieeffizientes Bauen, St. Gallen 2005. [4] [Kah, Feist 2007] O. Kah, W. Feist et al: Bewertung energetischer Anforderungen im Lichte steigender Energiepreise für die EnEV und die KfW-Förderung, Passivhaus Institut 2007. [5] [Treberspurg, Smutny 2010] Prof. Arch. DI Martin Treberspurg, DI Roman Smutny et al, Energy Monitoring in Existing Passive House Housing Estates in Austria, Proceedings of the 14th International Passive House Conference, Darmstadt/Dresden 2010. 64/2010 | 55 technik + praxis | Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen Eine konzertierte Aktion aus der Sicht des Wärme- und Kälteverlustes Dr.-Ing. Martin Zeitler* Die führenden Unternehmen der Dämmtechnik und der Dämmstoffindustrie haben die gesellschaftspolitische Herausforderung der Schonung von Energieressourcen (des Energieeinsparens) und des damit verbundenen Klimaschutzes auch für das Dämmen von betriebstechnischen Anlagen angenommen. Mit einer konzertierten Aktion wurden die Weichen gestellt, um neue Methoden effektiv entwickeln zu können, die eine Auslegung von Dämmungen nach den Kriterien der Energieeinsparung ermöglichen. Die erforderlichen Projektarbeiten und Ausschusstätigkeiten dazu werden unter der Federführung des Forschungsinstitutes für Wärmeschutz e. V. München (FIW) mit Unterstützung der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) und der VDI Gesellschaft Energie und Umwelt, Düsseldorf durchgeführt. Die Ergebnisse sollen die Aktionen der Verbände ZDB und HDB und der Unternehmen der Dämmtechnik sowie die der eiif unterstützen. Einleitung Der Wärme- und Kälteschutz an betriebstechnischen Anlagen hat die primäre Aufgabe, Objekte nach betrieblichen Anforderungen, wie Berührungsschutz und den maximal zulässigen Wärmeverlust, oder nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu dämmen. Wärme- und Kälteschutz bedeutet aber auch Energiesparen und dies nicht erst seit jüngster Zeit. Die jüngste Forderung nach Verminderung der CO2-Emissionen in Hinblick auf den Klimaschutz läuft weitgehend parallel mit der Einsparung fossiler Energieträger. Eine Einsparung von fossilen Energieträgern hat auch eine Minderung der CO2-Emissionen zur Folge und umgekehrt. Die Einsparung von Energie spart aber auch Geld. Die gesellschaftspolitische Forderung nach mehr Klimaschutz ist inzwischen von allen Branchen aufgegriffen worden. Unsere Branche, die Dämmstoffindustrie und die Unternehmen der Dämmtechnik haben es in der Vergangenheit nicht zu kommunizieren verstanden, dass Dämmmaßnahmen an betriebstechnischen Anlagen auch Klimaschutz bedeuten. Vielleicht lag es nur daran, dass das Energiesparen durch Dämmen als Selbstverständlichkeit angesehen und nicht als besondere Leistung herausgestellt wurde, obwohl dies viele Jahre das Alleinstellungsmerkmal des Wärme- und Kälteschutzes war. Zu wenig hat sich die Branche bemüht, die tatsächlichen und realistischen Einsparpotentiale darzustellen, die sich * Dr.-Ing. Martin Zeitler, stellvertretender Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e. V. München 56 | durch Dämmmaßnahmen erzielen lassen. Dass Komponenten mit Mediumtemperaturen über 60 °C gedämmt werden müssen, liegt eben bereits in der Forderung des Personenschutzes begründet. Bei Kältelanlagen verhindert eine Dämmung das Bilden von Tauwasser. Natürlich lässt sich aus der Differenz zwischen einer gedämmten und einer ungedämmten Anlage ein hohes Energie- und Geldeinsparpotential berechnen. Ist dies aber wirklich relevant für den Kunden? Fühlt er sich nicht eher getäuscht, wenn ihm für eine Investition, die er sowieso zu tätigen hat, eine Einsparung vorgetragen wird, die sich aus der Natur der Sache ergibt? Energieeffizient Dämmen! Wie wird dies gemacht? Wenn, wie es im Bestand durchaus häufig vorkommt, Komponenten oder gar ganze Anlagen ungedämmt sind, lässt sich eine Rentabilität einer Dämmmaßnahme aufgrund des hohen Einsparpotentials und der damit verbundenen geringen Amortisationszeit relativ einfach offenkundig machen. Hier lässt sich auch noch der Geldbetrag errechnen, der in der Vergangenheit bereits verloren ging. Diese Vorgehensweise ist ja nicht neu und durchaus geeignet um Aufträge zu generieren, aber es steckt auch - zugegeben - ein nicht zu unterschätzendes Energieeinsparpotential in solchen Maßnahmen. Meist trifft dieser Sachverhalt für Heizungsanlagen im Bestand zu, für die auch noch die Energieeinsparverordnung (EnEV) [1] als weiteres Argument für das Dämmen herangezogen werden kann. wksb | 64/2010 | Technik + Praxis Der grundlegende Ansatz, um Energiesparen und Klimaschutz durch Dämmen zu betreiben und gleichzeitig Geld einzusparen, muss einen anderer sein. Um glaubwürdig zu bleiben und gegenüber anderen Branchen, die ebenfalls mit Ihren Produkten das Einsparen fossiler Energieträger versprechen, bestehen zu können, darf die Empfehlung zum Dämmen nicht nur als Mittel zu Zweck interpretiert werden. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer effektiven Dämmung unter Beachtung von ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Das heißt, nicht kürzeste Amortisationszeiten sondern die Wirtschaftlichkeit und natürlich das Energieeinsparpotenzial unter Berücksichtigung des kumulierten Energieaufwandes für die Herstellung der Dämmung müssen über die geplante Nutzungsdauer der Anlage betrachtet werden, so dass auch die Nachhaltigkeit der Maßnahme mit ins Kalkül gezogen werden kann. Die Wirtschaftlichkeit darf dabei durchaus in der Argumentationskette an erster Stelle stehen. Nur wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist wird sich ein Investor zu Maßnahmen bewegen lassen. Wird eine gewünschte Maßnahme unwirtschaftlich, so kann diese nur mit legislativen Druckmitteln durchgesetzt werden oder über Subventionsanreize angeregt werden. An diesem Punkt scheiden sich häufig die Gestaltungskräfte, abhängig von parteipolitischen Standpunkten. Klar hingegen sind die Ziele der Bundesregierung und der EU für das Energie- und Klimaprogramm. Gestaffelt für die Jahre 2020, 2030 und 2050 ist eine Reduktion der CO2-Emissionen bezogen auf den Ausstoß von 1990 um 40 % (20 %, EU) bis 2020, 50 % bis 2030 und gar 80 % bis 2050 gefordert. Erreicht werden soll dies durch Maßnahmen wie: • Der Primärenergieverbrauch soll mit 16 %, 25 % und 50 % aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. • Für die Stromerzeugung soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 25 %, 47 % und 80 % gesteigert werden. • Der Anteil von biogenem Kraftstoff soll auf 20 %, 24 % und 42 % steigen. • Wärme soll zu 14 %, 23 % und 48 % aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. • Der Anteil von KWK an der Stromerzeugung soll auf 25 % gesteigert werden. auf absolute Größen zu, zumal die Entwicklung des Primärenergiebedarfs nur in Szenarien prognostiziert werden kann. Es stellt sich die Frage, welche der Maßnahmen kann durch Aktionen der Dämmtechnik unterstützt werden oder kann sie auch einen eigenen Beitrag zum Erreichen der Ziele leisten? Konzertierte Aktion der Branche Bei aller Euphorie, das Energieproblem durch erneuerbare Energiequellen lösen zu wollen, darf nicht vergessen werden, dass weiterhin an der Absenkung des Verbrauchs gearbeitet werden muss, um den Erneuerbaren eine bessere Chance zu geben ihr Ziel zu erreichen. Für Gebäude und ihre technische Ausrüstung wurde mit der EnEV [1] der legislative Rahmen geschaffen. Aber auch zum Senken des Energieverbrauches von Geräten, Maschinen und Apparaten, egal ob sie für unsere täglichen Bedürfnisse auch im Hinblick auf Komfort und Lebensqualität dienen, oder zur Erzeugung solcher Güter benötigt werden, kann die Dämmung ihren Beitrag zum Energiesparen leisten. Vielleicht nicht mehr, wie in der Vergangenheit mit einem Alleinstellungsmerkmal, aber immerhin stets hoch effizient [2]. Die Frage ist nur, welche technische und auch wissenschaftlich abgesicherte Argumentation hilft der Branche, dies unter Beweis zu stellen. Mit dem Slogan „Isolieren pro Klimaschutz“ startete die Fördergemeinschaft Dämmtechnik e. V. bereits im Jahr 2008 eine Kampagne um ihre Mitgliedsunternehmen für dieses Thema zu qualifizieren. Mit dem durchaus richtigen Ansatz, nämlich sich nicht nur weiterhin auf die Gewährleistung von Oberflächentemperatur der Dämmung zu beschränken, sondern Investoren und Betreibern von betriebstechnischen Anlagen. die für sie relevante Größe des Gesamtwärmeverlustes Q (sprich groß Q-Punkt) [3] zu benennen wurde die Diskussion in der Branche angestoßen. Leider fehlten zu diesem Zeitpunkt belastbare Methoden und Werte für die verschiedensten Bauteile und Komponenten, um diese Argumentation zeitnah umsetzen zu können. Mit einer konstituierenden Sitzung der Führungskräfte unserer Branche wurde am 28. Januar 2009 beim VDI, Düsseldorf eine konzertierte Aktion angestoßen [4] und [5], um die Kräfte zu bündeln und das erforderliche Projekt sowie Aktivitäten zum Erreichen des Zieles angeregt. Diese sind im Einzelnen: • Lenkungsgremium „Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen“ (Obmann Klaus-W. Körner). Der Schwerpunkt des Programms liegt, wie unschwer zu erkennen ist, im Ausbau der erneuerbaren Energien. Abgesehen von der Forderung hinsichtlich der Reduktion von CO2-Emissionen lassen die Zahlen keinen Rückschluss wksb | • Forschungsprojekt unter der Federführung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz e. V. München (FIW) mit dem damit verbundenen Projektbegleitenden Ausschuss. 64/2010 | 57 technik + praxis • | Richtlinienausschuss VDI 4610 zur Erstellung einer Richtlichtlinie mit dem Titel „Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen - Aspekte des Wärme- und Kälteschutzes“ (Obmann Dr.-Ing. Martin Zeitler). Mit eingebunden in diese Aktionen wurde die neu gegründete Stiftung, die European Industrial Insulation Foundation (eiif), Genf, die sich zum Ziel setzt die Dämmung von betriebstechnischen Anlagen unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz zu promoten und Betreiber europaweit für Maßnahmen zum Energiesparen durch Dämmen zu gewinnen. Lenkungsgremium „Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen“ Das Lenkungsgremium ist als ständiger Unterausschuss des Fachausschusses (FA) „Energieanwendung“ der Gesellschaft GEU des VDI installiert worden. Er tagt zweimal im Jahr und hat sich selbst folgendes Selbstverständnis gegeben: • Das Lenkungsgremium soll als ständiger Ausschuss tätig sein mit der Perspektive ein eigener Fachausschuss beim VDI zu werden. • Verschiedene Interessensgruppen für Energieeffizienz müssen eingebunden werden. • Die Ergebnisse sollen eine politische Außenwirkung im Hinblick auf den Beitrag der Dämmstoffindustrie zum Klimaschutz haben. • Um unterschiedliche Wahrnehmungen zu vermindern, ist eine einheitliche Sprachregelung zu vereinbaren. • Die nationalen Richtlinien VDI 2055 und VDI 4610 sollten Grundlage für die internationale Normung bilden, Beispiel: EN ISO Berechnungsnorm. • Analog beginnen wir in Deutschland mit Forschungsaktivitäten mit dem Ziel, die Ergebnisse europäisch einzubinden und eine vernünftige, energieeffiziente Dämmung zu etablieren. Forschungsprojekt: Energieeinsparpotentiale bei technischen Dämmungen im Industrie- und Gewerbebereich Im Rahmen des Forschungsvorhabens sind folgende Arbeiten geplant: a) Bestandsaufnahme und Analyse Anhand einer systematischen Erfassung von ausgewählten Bestandsanlagen bzw. -objekten soll für die Praxis eine 58 | EDV-gestützte Methodik zur vergleichsweise einfachen und dennoch systematischen Objekterfassung entwickelt werden. Durch einen - ebenfalls zu systematisierenden Vergleich der gegebenen Wärmeverluste dieser Bestandsanlagen mit den reduzierten Energieverlusten bei einer technischen Dämmung, die lediglich nur nach dem heutigen Stand der Technik ausgeführt werden würden, ergeben sich schon vordergründig möglicherweise bereits erhebliche Energieeinsparpotentiale. Solche Einschätzungen sind aber weder aus der Sicht von Investoren und Betreibern betriebswirtschaftlich befriedigend, noch sind sie bei einer möglicherweise sich einstellenden negativen Energiebilanz hinsichtlich einer Nachhaltigkeit sinnvoll und somit für den Klimaschutz völlig unwirksam. Es ist deshalb dringend erforderlich, einen Weg aufzuzeigen, wie man durch zusätzliche Maßnahmen den Belangen des Klimaschutzes gerecht werden kann und außerdem einen Mehrwert für alle Beteiligten erzielen kann. b) Entwicklung eines Berechnungsverfahrens und Richtlinienarbeit Auf Basis dieses Datenkatalogs wird für jedes untersuchte Objekt das Energieeinsparpotential im Bereich der technischen Anlagen, das von Alter, Art und Zustand der technischen Dämmung abhängig ist, berechnet. Anhand der Ergebnisse wird eine Methodik zur systematischen und EDV-gestützten Bestandserfassung sowie Berechnung der möglichen Energieeinsparpotentiale bei Nachrüstung/Erneuerung der technischen Dämmung entwickelt. Beide Zwischenergebnisse, das zu erstellende Tool zur Aufnahme des Bestandes und das Verfahren zur Berechnung eines ökonomischen und ökologischen Wärme- und Kälteschutzes sind abschließend in ein bestehendes webbasiertes Berechnungsprogramm für den Wärme- und Kälteschutz auf Basis der VDI 2055 Blatt 1 einzubinden. Dieses für alle Beteiligten (Planer, Anlagenbauer, Isolierfachbetriebe (KMU) und Betreiber) zugängliche Programm ermöglicht es, einfach und effizient das Energieeinsparpotential in Form eines ΔQ zu berechnen. Das Energieeinsparpotential ΔQ ergibt sich aus der Differenz des vorhandenen Wärmeoder Kälteverlustes einer betrachteten Bestandsanlage vor und nach einer Sanierung. Bei Neuanlagen es die Differenz des Energieverlustes, wie er sich nach heutigen Kriterien (Berührungsschutz, Tauwasserverhütung) berechnen ließe und dem Energieverlust einer Dämmung, die mit einem Verfahren nach den Gesichtspunkten des Energiesparens ausgelegt wird. Diese Methode soll in Abstimmung mit dem Richtlinienausschuss VDI 4610 im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelt werden. Da bei betriebstechnischen Anlagen die anlagenbedingten Wärmebrücken, das sind Armaturen, Ventile, Lager, Aufhängungen, Versteifungselemente, etc. einen hohen Anteil, manchmal sogar einen dominanten Anteil am Gesamtwärmeverlust haben, ist es erforderlich, belastbare Kennwerte für diese Anlagenkomponenten zu ermitteln. Die bisheriwksb | 64/2010 | Technik + Praxis gen Berechnungsgrundlagen halten hierfür nur pauschale Anhaltswerte vor, die für eine grobe Abschätzung und allgemeine Aussagen herangezogen werden. Diese sind aber völlig unzureichend für eine individuelle Optimierungsaufgabe des Wärme- oder Kälteschutzes einer betriebstechnischen Anlage. Begleitend zu den o. g. Aufgaben sollen deshalb die Kennwerte für die wichtigsten und am häufigsten auftretenden Komponenten in Form des k .A-Wertes (Wärmedurchgangskoeffizient x Fläche) mit Hilfe von Finiten Elementen Programmen berechnet und katalogisiert werden (Wärmebrückenkatalog). c) Entwicklung und Auswertung von Kennzahlen (Höchst zulässige . Werte z. B. für den spez. Wärmeverlust Q/A) Eine wesentliche Kennzahl für die Energieeffizienz ist der . sogenannte spezifische Wärmeverlust Q/A, der den auf die Oberfläche A einer Anlage bezogenen Wärmeverlust darstellt. Abhängig vom Typ einer betriebstechnischen Anlage, des eingesetzten Energieträgers und des vorhandenen Temperaturniveaus (z. B. bei Produktionsanlagen, Kraftwerken oder Heizungsanlagen sollen empfohlene Kennzahlen oder höchstzulässige Werte erarbeitet werden, an denen sich Planer, Anlagenbauer, Isolierfachbetriebe (KMU) und Betreiber orientieren können. Weiterhin soll in diesem Forschungsvorhaben das Energieeinsparpotential im Bereich technischer Anlagen aufgezeigt werden. Hierzu werden verschiedene, repräsentative Untersuchungsregionen mit unterschiedlichen, für den Gesamtanlagenbestand möglichst repräsentativen Untersuchungsobjekten ausgewählt. Anhand einer Bestands­analyse der ausgewählten Objekte wird ein Katalog technischer Daten von Anlagenteilen unter Berücksichtigung branchentypischer Eigenschaften als EDV-Datenbank erstellt. Das Projekt wurde am 1. April 2010 begonnen und ist Ende März 2012 abgeschlossen. Finanziert wird das Projekt durch die Industrie und dem FIW-München. Öffentlicher Zuwender ist das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. Richtlinienausschuss VDI 4610 „Energieeffizienz betriebstechnischer Anlagen - Aspekte des Wärme- und Kälteschutzes“ Mit der VDI 4610 ist eine Richtlinie geplant, die grundlegende Methoden für eine Auslegung einer Dämmung nach den Gesichtspunkten der Energieeinsparung angibt. Einfließen sollen dazu mehr oder weniger zeitgleich die Ergebnisse aus dem o. g. Forschungsvorhaben. Geplant ist es, eine Methode zur Optimierung von Dämmsystemen zu erstellen. Basis ist zunächst eine Kostenoptimierung unter Einbeziehung aller energierelevanten Kostenbestandteile. Eine reine Energieoptimierung ist nicht anwendbar, da die eingesparte Energie mit zunehmender Betriebstemperatur die energetischen Aufwendungen für die Dämmung wesentlich übersteigt. Die CO2-Emissionen werden im Wärmepreis durch die Zertifikatekosten abgebildet. Zu unterscheiden sind nach ersten Überlegungen folgende Fälle: 1. Anlagenverbesserung: Hier geht es in erster Linie um die wirtschaftliche Verbesserung der Wärmebrücken, die Dämmung ungedämmter oder unzureichend gedämmter Anlagenteile. An dem Forschungsvorhaben sind folgende Partner beteiligt: • Landesverband der Bayerischen Bauinnungen (LBB) in Kooperation mit dem Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), Isoliermeister Peter W. Baum, • Vertreter des Technischen Ausschusses (TA) der Bundesfachgruppe WKSB, Dr.-Ing. Günther Kasparek, • Forschungsinstitut für Wärmeschutz e.V. München (FIW), • Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. (FfE), • COM CAD Burghardt GmbH, • VDI Gesellschaft Energie und Umwelt, • Graber GmbH Dämmtechnik-Trockenbau-Innenausbau, • Bayern Innovativ. wksb | 2. Retrofit: Hier kann ein Dämmungsaustausch ohne Berücksichtigung der Abrisskosten der Altdämmung vorgenommen werden. Das neue Dämmsystem wird hinsichtlich Dämmschichtdicke und Betriebswärmeleitfähigkeit optimiert. 3. Neubau: Dämmsystem wird wie unter 2 optimiert. Damit reduziert sich die Aufgabe in erster Linie auf die diskrete Optimierung des Verhältnisses von Betriebswärmeleitfähigkeit und Dämmschichtdicke λB/s mit Variation der Ummantelung. Iterativ werden dazu für die in Frage kommenden Dämmstoffe und Dämmstoffkombinationen (begrenzt auf 2 Kombinationen), die Wärmeverluste und daraus die Gesamtkosten ermittelt. Die eigentliche Optimierung besteht damit in einer Minimumsuche aus einer diskreten Menge von Werten. 64/2010 | 59 | Quelle: FIW München technik + praxis Bild 1: Qualitative Darstellung der Gesamtkosten von Dämmaßnahmen in Abhängigkeit von der Dämmschichtdicke und der Betriebswärmeleitfähigkeit (grüne Fläche) mit dem Emmisionsgrad der Ummantelung als Parameter (rotes Netz). Anhaltswerte für Wärmeverluste von anlagenbedingten Bauteile und Wärmebrücken werden in der VDI 4610 angegeben. Zusammenfassung Viele Jahre war Energiesparen das Allstellungsmerkmal der Dämmung. Kein Gewerk in Handwerk und Industrie hat sich - zumindest vor der sogenannten ersten Energiekrise 1971 - ernsthaft mit diesem Thema auseinander gesetzt. Energie effizient zu nutzen wurde mit zunehmender Verknappung der Ressourcen auch für Energiewandler, Geräte, Apparate und Maschinen entdeckt. Erneuerbare Energien reduzieren inzwischen den Verbrauch fossiler Energieträger und tragen ihren Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei. Obwohl der Fokus der Dämmung von betriebstechnischen Anlagen in den letzen Jahren mehr auf die betrieblichen Belange gerichtet war, war Dämmen stets mit Energiesparen verbunden. Mit der konzertierten Aktion der Branche und den angestoßenen Projekten stehen die Chancen gut, auch der Dämmung bei betriebstechnischen Anlagen ihren Stellenwert als energieeffiziente Maßnahme zum Schutze des Klimas zurückzugeben. 60 | Literatur [1] Energieeinsparverordnung (vom 29.04.2009) - EnEV 2009. [2] Kosten und Potentiale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland, McKinsey & Company. [3] Martin Zeitler, Die Bedeutung des Gesamtwärmeverlusts „Q“, ISOLIERTECHNIK Jahrgang 2010, Heft 2, Seiten 14 bis 15. [4] „Energieausweis“ für betriebstechnischen Anlagen, ISOLIERTECHNIK Jahrgang 2009, Heft 1, Seite 10. [5] „Energieeffizienz betriebstechnischen Anlagen“ ISOLIERTECHNIK Jahrgang 2009, Heft 2, 6 und 7. wksb | 64/2010 | Technik + Praxis Platzsparendes Kraftwerk dank Hochleistungsdämmstoff Neue Energiezentrale für moderne Klinik Armin Ph. Schmitt* Bereits 1879 wurde in Scheßlitz im Kreis Bamberg das damalige Destriktkrankenhaus gegründet. Mit einem grundlegenden Neubau entstand dort 1958/1962 die heutige Juraklinik, die in den Jahren 1990 bis 1996 generalsaniert und zu einem modernen Krankenhaus mit 120 Betten ausgebaut wurde. In 2009 und 2010 folgten nun Erweiterungen und Modernisierungen, die auch die Energiezentrale der Juraklinik betrafen. Der Einbau eines modernen Blockheizkraftwerkes stellte dabei das Kernstück der nachhaltigen Investition für die Zukunft dar. Wesentlich erleichtert wurde diese Realisierung durch die Bewilligung von rund 1 Million Euro Fördergeldern aus dem Konjunkturpaket II. Um sowohl elektrische Energie als auch Wärme, die im Krankenhaus in erhöhtem Maße benötigt wird, direkt vor Ort zu erzeugen, entschied man sich für ein Blockheizkraftwerk. Dieses zeichnet sich durch einen besonders hohen Bild 1: Die Juraklinik in Scheßlitz erneuert ihre Energiezentrale mit einem modernen Blockheizkraftwerkes. Gesamtnutzungsgrad aus: Neben dem mittels Generator erzeugten Strom werden auch die heißen Abgase zur Dampferzeugung sinnvoll genutzt. In einem Wärmetauscher wird die thermische Energie zur Erhitzung von Nutzwasser eingesetzt. Die Abgabe von ungenutzter Abwärme an die Umgebung wird dabei weitgehend vermieden. Mit dieser Technik ausgestattet können Blockheizkraftwerke bis zu 40 % Primärenergie einsparen. Um dem im Tagesablauf unterschiedlichen Bedarf an Wärme und Warmwasser gerecht werden zu können, stehen Wasser- und Dampfspeicher bereit. Sie sind als Puffer gedacht und gewährleisten damit die ausreichende Versorgung * Armin Ph. Schmitt, Akademie und Marketing, SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb | rund um die Uhr. Damit auch die Speicherbehälter dem energieeffizienten Konzept der modernen Energiezentrale gerecht werden, bedarf es der fachmännisch kompetenten Beratung, Planung und Umsetzung. Beauftragt wurde hiermit die AGO AG Energie + Anlagen in Kulmbach, die das gesamte Blockheizkraftwerk projektierte. Als zuverlässigen Partner für Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutzisolierung unterstützte dabei die F. K. Isoliermontage GmbH aus Ahorntal. Gemeinsam entwickelte man einen sehr platzsparenden Aufbau des Blockheizkraftwerkes. Dank moderner Materialien konnte trotz geringem Platzangebot eine besonders energieeffiziente Dämmlösung für die zwei Speicherbehälter der Anlage gefunden werden. Der 70 m³ große Warmwasserspeicher mit seinem 120 Bild 2: Für den 70 m³ große Warmwasserspeicher und °C heißen Inhalt steht dabei den Dampfspeicher mit 45 m³ konnte mit der ISOVER eng am Dampfspeicher. Die- U Tech Wired Mat 5.0 trotz geringem Platzangebot eine besonders energieeffiziente Dämmlösung gefunser beinhaltet 45 m³ Dampf, den werden. der auf 200 °C erhitzt ist. Um den Wärmeverlust der beiden Behälter an die Umgebung zu minimieren waren zunächst 200 mm Dämmung für den Wasserspeicher und 300 mm für den Dampfspeicher vorgesehen. Allerdings war das mit dem bisherigen Plan eines platzsparenden Aufbaus schwer realisierbar. Mit dem im Rahmen des ISO Awards 2010 ausgezeichneten Produkts ULTIMATE Tech Wired Mat 5.0 von ISOVER hatte die F. K. Isoliermontage bald eine passende Lösung 64/2010 | 61 technik + praxis | gefunden. Sie stellte erneute Berechnungen an, wie die Behälter sicher und zuverlässig wärmetechnisch auszulegen sind. Mit Hilfe der DämmCalc Technik 2.0 Software war schnell erwiesen, dass mit der neuen Drahtnetzmatte ein wesentlich schlankerer und damit der geplante, platzsparende Aufbau leicht umsetzbar war. Die deutlich geringere Wärmeleitfähigkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht brachte zudem weitere Vorteile. Der 120°C heiße Stahl-Wasserspeicher benötigte mit U Tech Wired Mat 5.0 nur noch eine 120 mm dicke Dämmschicht. Diese wurde in zwei fugenversetzten Lagen mit je 60 mm ausgeführt. Das entspricht einer Platzeinsparung von 40 % bei gleich gutem Wärme- und Brandschutz. Beim Dampfspeicher waren es sogar 47 %, da hier mit der Produktinnovation von einer geplanten Dicke von 300 mm auf gerade einmal 160 mm reduziert werden konnte. Für die Mitarbeiter des Montagebetriebs erleichterte sich die Arbeit zudem spürbar: Zum Einen ließ sich der Dämmstoff trotz eng stehender Behälter mühelos verlegen. Gerade zwischen den Speichern machten sich die deutlich schlankeren Dämmschichten positiv bemerkbar. Zum Zweiten wurde die geringere Rohdichte bei zudem noch dünnerem Material als sehr angenehm zum Verarbeiten wahrgenommen. Die leichten Drahtnetzmatten, die zugleich den hohen Anforderungen des Projekts gerecht wurden, überzeugten durch ein müheloses und einfaches Handling. Und zum Dritten konnte bei der Montage Arbeitszeit eingespart werden - denn statt bisher geplanter 3-lagiger Verlegung beim Dampfspeicher konnte mit U Tech Wired Mat 5.0 auf eine Lage verzichtet werden. Ein grundsätzlicher Vorteil schlanker Konstruktionen mit den leichten U Tech Wired Mats sei zudem erwähnt: Nicht nur, dass die Gesamtanlage eine Gewichtsersparnis und damit in etlichen Fällen auch Konstruktionsvorteile mit sich bringt. Durch die konstruktiven Veränderungen verringert sich auch der Materialaufwand für die Außenverkleidung. Hierdurch ist es möglich, die ursprünglich geplante Verkleidung mit verzinktem Glattblech ohne Mehrkosten gegen eine optisch und technisch anspruchsvollere Verkleidung mit lackiertem Trapezblech zu ersetzten. Im Beispiel der neuen Energiezentrale der Juraklinik war der Einsatz des neuen Produkts U Tech Wired Mat 5.0 für den Erfolg entscheidend. Die Verarbeitung vor Ort sowie die Effizienz des späteren Betriebs der Anlage konnten zusätzlich optimiert werden. Die Energieeffizienz, Betriebskosten und CO2-Emissionen der Anlage wurden durch den Hochleistungsdämmstoff positiv beeinflusst. Mit dem Einbau des Blockheizkraftwerkes betreibt die Juraklinik aktiven Klimaschutz und tätigt eine nachhaltige Investition für die Zukunft. Alle Bilder - Quelle: Saint-Gobain ISOVER g+h ag 62 | Fokus Bild 3: Die leichten Drahtnetzmatten, die zugleich den hohen Anforderungendes Projekts gerecht wurden, überzeugten durch ein müheloses und einfaches Handling. Gerade zwischen den Speichern machten sich die deutlich schlankeren Dämmschichten positiv bemerkbar. Bild 4: Bei der Montage konnte Arbeitszeit eingespart werden - denn statt bisher geplanter 3-lagiger Verlegung beim Dampfspeicher konnte mit U Tech Wired Mat 5.0 auf eine Lage verzichtet werden. Bild 5: Mit Hilfe der DämmCalc Technik 2.0 Software von ISOVER wurde die Dämmung der Behälter für die angenommene, sommerliche Umgebungstemperatur von 35 °C ausgelegt. Dank hoher Dämmleistung ermöglichte schon die zweilagige Verlegung von 80 mm U Tech Wired Mat 5.0 beim 200 °C heißen Dampfspeicher die Oberflächentemperatur von 40,73 °C. Mit dieser schlanken Konstruktion konnte der geplante, platzsparende Aufbau des Blockheizkraftwerkes realisiert werden. wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Beste Noten für die Sicherheit Anspruchsvolles Brandschutzkonzept für Grundschule Die Evangelische Schule Neuruppin wurde 1993 als Gymnasium eröffnet und war damals die erste Neugründung einer konfessionellen Schule in Brandenburg. 2007 wurde das Lehrangebot um eine Grundschule erweitert. Um die dafür benötigten Räumlichkeiten zu schaffen, wurde ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude auf einem benachbarten Grundstück aufwändig saniert. Insbesondere das mit geeigneten Trockenbaumaßnahmen umzusetzende Brandschutzkonzept forderte die Kompetenz eines erfahrenen Ausbaubetriebes. Insgesamt acht Klassenzimmer, zwei Atelierbereiche, mehrere Veranstaltungs- und Gruppenräume sowie eine Dachterrasse mit einem Schulgarten (dem „Grünen Klassenzimmer“) finden in dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude der „Alten Seekaserne“ in Neuruppin ausreichend Platz. Rund 50 Grundschüler pro Jahrgang absolvieren hier den ersten Abschnitt ihrer schulischen Laufbahn. Etwas mehr als sieben Monate verbrachte das Team um Thomas Frahn, Geschäftsführer der Treskower Innenausbau GmbH mit dem Um- und Ausbau der Evangelischen Grundschule Neuruppin. Pünktlich zum neuen Schuljahr sollten sämtliche Räume im Souterrain und den drei Etagen für den Unterricht bereitstehen. „Für unser Unternehmen war die Ausführung der Trockenbauarbeiten an diesem Objekt eine interessante, weil anspruchsvolle Aufgabe“, so Thomas Frahn. „Neben den Anforderungen im Schallund Wärmeschutz galt unser besonderes Augenmerk der Umsetzung des Brandschutzkonzeptes in den verschiedenen Bauteilbereichen. In enger Zusammenarbeit mit dem Objektbetreuer der Schulstiftung der EKBO - Bauherrin der neuen Grundschule - und dem Planungs- und Bauleitungsbüro RAI GbR sowie dem technischen Service unseres Partners Rigips haben wir hier viele interessante Detaillösungen realisiert.“ Brandschutz schafft Strukturen Insbesondere die Holzbalkenkonstruktionen im Geschossdecken- und Mansardenbereich sowie im Dachgeschoss machten den Einsatz verschiedener Brandschutzsysteme notwendig. Entsprechend lag ein Schwerpunkt der Trockenbauarbeiten darin, diese Geschossdecken und neu eingebaute Stahlträger und -stützen brandschutztechnisch zu ertüchtigen. Neben der neuen Grundrissgestaltung, die mithilfe von Einfach- und Doppelständerwänden geschaffen wurde, gab damit gleichzeitig der Brandschutz die Strukturen der neuen Räumlichkeiten vor: So entstand beispielsweise im Dachgeschoss ein Multifunktionsraum, dessen Raumaufteilung im Wesentlichen durch die brandschutztechnischen Verkleidungen bestimmt wurde. wksb | Neue Stahlträger, vorhandene Holzbalken Zunächst erhielt der Rohboden im Dachgeschoss zum Ausgleich einen belastbaren Belag aus 20 mm dicken „Rigidur Estrichelementen“ (F 30) auf einer 20 bis 50 mm dicken Trockenschüttung. Die aus statischen Gründen neu eingesetzten Stahlträger (260 x 280 mm, 260 x 260 mm und weitere Maße) erhielten einen Mantel aus einlagig montierten 25 mm dicken „Glasroc F (Ridurit)“-Feuerschutzplatten (F 90-A). Diese Feuerschutzplatten der Baustoffklasse A1 nach DIN 4102-1 bieten aufgrund ihrer Materialzusammensetzung aus Gips und einer Armierung aus Glasfaservlies einen besonders hohen Gefügezusammenhalt und erlauben die brandschutztechnische Ertüchtigung von Stahlträgern und -stützen bei vierseitiger Brandbeanspruchung bis zu F 120-A - je nach Bekleidungsdicke. „Durch die verschiedenen Formen und Stärken der Stahlträger war hier ein sehr präzises Zuschneiden und Anarbeiten der Feuerschutzplatten gefordert“, erinnert sich Thomas Frahn. Die vorhandenen, unmittelbar an die Stahlträger angrenzenden Holzbalken wurden anschließend dreilagig mit „Rigips Feuerschutzplatten RF“ (12,5 mm) auf F 90 ertüchtigt. Für die restlichen Holzbalken war eine F 30-Beplankung aus 12,5 mm starken Feuerschutzplatten ausreichend. Selbstständige Brandschutzdecke Gleichermaßen in F 90 ertüchtigt wurden Geschossdecken sowie der gesamte Mansardenbereich und alle Holzbalkenkonstruktionen. „Zur Ertüchtigung der Geschossdecken haben wir eine selbstständige Brandschutzdecke mit MetallUnterkonstruk­tion als System vorgeschlagen und realisiert. Hierfür haben wir das Grund- und Tragprofil (CD 60/2706) der Unterkonstruktion über Noniusabhänger circa 120 bis 200 mm tief - an einigen Stellen auch direkt - von den vorhandenen Decken abgehängt. Der Achsabstand betrug 750 mm. Anschließend haben wir die Tragprofile zweilagig mit ,Rigips Die Dicke 20’ beplankt. Durch diese Lösung konnten wir sogar auf die sonst bei F 90-Holzbalkendecken vorgeschriebene Mineralwolle verzichten, so dass wir eine maximale Deckenhöhe beibehalten konnten.“ Abschlie- 64/2010 | 63 Innovative Systemlösungen | fokus ßend verspachtelt wurden die Brandschutzdecken mit dem „VARIO Fugenspachtel“ in Q 2. Bild 1 rechts: Das ehemalige Wirtschaftsgebäude der „Alten Seekaserne“ dient nach seiner Renovierung der Evangelischen Grundschule Neuruppin als neues Zuhause. Die restlichen Dachschrägen jenseits der Mansarden bereiche wurden wiederum in F 30 realisiert. Sie erhielten eine Metallunterkonstruktion sowie einen 180 mm dicken Spannfilz aus nichtbrennbarer Mineralwolle in der Wärmeleitfähigkeitsgruppe 035. Die Beplankung besteht aus einlagigen „Rigips Feuerschutzplatten RF“ (15 mm). Unsichtbarer Lebensretter Vor allem der richtige Material-Mix sorgt also in der Neuruppiner Grundschule für ein hohes Maß an Brandschutz. „Die Schulkinder und Lehrer nehmen bewusst sicherlich eher den ästhetischen und raumakustischen Wert der Ausbaumaßnahmen wahr. So profitieren sie beispielsweise in den Klassenräumen und den Fluren von einem Deckensegelsystem aus schallabsorbierender Mineralwolle. Die ,unsichtbaren’ Brandschutzmaßnahmen bleiben ihnen verborgen. Für den Bauherrn, die Planer und für uns als ausführenden Betrieb kommt jedoch, gerade in Schulgebäuden, dem vorbeugenden Brandschutz eine mindestens ebenso große Bedeutung zu“, so Thomas Frahn abschließend. Bild 2 oben: Die Stahlträger erhielten einen Mantel aus einlagig montierten, 25 mm dicken „Glasroc F (Ridurit)“-Feuerschutzplatten und wurden so auf F 90-A ertüchtigt. Bild 3 oben: Die an die Stahlträger angrenzenden Holzbalken wurden dreilagig mit „Rigips Feuerschutzplatten RF“ (12,5 mm) auf F 90 ertüchtigt. Bauherr: Schulstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Geschäftsstelle Berlin. Planung: Rheinsberger Architektur & Ingenieur GbR, Rheinsberg. Bild 4 links: Das brandschutztechnisch ertüchtigte Dachgeschoss beherbergt heute einen multifunktional nutzbaren Gruppenraum. Trockenbau: Treskower Innenausbau GmbH, Neuruppin. Alle Bilder - Quelle: Saint-Gobain Rigips GmbH Bild 5: Bild 6: Für die sonstigen Holzbalken sowie die Dachschrägen war eine F 30-Beplankung aus Feuerschutzplatten ausreichend. Neben der neuen Grundrissgestaltung, die mithilfe von Einfach- und Doppelständerwänden geschaffen wurde, gab der Brandschutz die Strukturen der neuen Räumlichkeiten vor. 64 | wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Dublins gläsernes Pantheon Mit dem Criminal Courts of Justice (CCJ) in Dublin wurde Irlands größtes staatliches Bauvorhaben seit 1796 eröffnet: Das 140 Millionen Euro teure Bauvorhaben des Architekten Henry J. Lyons gilt als modernstes Gerichtsgebäude der Welt. Das Saint-Gobain Deutsche GlasWerk Flachglas Radeburg lieferte das Glas. Aufgrund seiner gigantischen Ausmaße hat der Volksmund den neuen, kreisrunden Criminal Courts of JusticeKomplex in der Parkgate-Street unlängst „Pantheon“ getauft. Das 23.000 m² große, elf Stockwerke hohe Gebäude beherbergt sämtliche Gerichte der irischen Hauptstadt. In 22 Gerichtssälen sollen bis zu 250.000 Fälle pro Jahr verhandelt werden. Hinzu kommen 450 weitere Räume, ein Restaurant sowie ein unterirdischer Aufenthaltstrakt für bis zu 100 Gefangene. Dabei besticht das Gebäude durch ein ausgeklügeltes Wegekonzept: Opfer, Verdächtige und deren Angehörige begegnen sich im CCJ erst im Gerichtssaal. Das ist weltweit einzigartig. Auch in den übrigen Gebäudeteilen kommen Gläser des Flachglaswerks Radeburg zum Einsatz: 2.520 m² SGG COOL-LITE SKN 165 sowie 138 m² SGG COOL-LITE SKN 174 sorgen für Sonnenschutz und 1.626 m² anthrazitfarbenes SGG EMALIT runden das Erscheinungsbild des imposanten Gerichtsbaus ab. Das insgesamt realisierte Umsatzvolumen betrug 1,15 Mio. Euro. Metallbauer war das Emsdettener Unternehmen Feldhaus Fenster + Fassaden GmbH & Co. Quelle: SAINT-GOBAIN Deutsche Glas GmbH Die Hautfassade besteht aus bronzefarbenem eloxierten Aluminium, das Blicke von Innen nach Außen gewährt, von außen betrachtet aber opak wirkt. Insgesamt fast 2.000 m² wärmedämmendes SGG CLIMAPLUS ULTRA N des Flachglaswerks Radeburg wurden in der Gebäudefassade verbaut. Der Außenhülle ist eine gläserne Fassade aus insgesamt 2.485 m² größtenteils rahmenverklebten VSGmono-Scheiben vorgehängt. Viele dieser Scheiben sind bis zu sechs Meter lang, was sowohl das Verkleben als auch den Transport zur Herausforderung gemacht hat. Neben dem Sichtschutz erfüllt die aufwändige Fassadenkonstruktion gleich mehrere Funktionen: Die vorgehängten Glasscheiben sind nach vorne gekippt und stehen in unterschiedlichen Winkeln zueinander, wodurch die Akustik in den Innenräumen erheblich verbessert wird. Ebenso harmonisiert der gläserne Schleier die Gebäudeansicht, indem er die unterschiedlich großen Fensteröffnungen der zweiten Hautfassade kaschiert. Bild: Criminal Courts of Justice-Komplex, Dublin wksb | 64/2010 | 65 Innovative Systemlösungen | Glas wird weiter eine wichtige Rolle spielen Trends bei Bau und Planung von Fassaden Fassaden mit hohem Glasanteil stehen unter dem Aspekt der Energieeffizienz besonders in der Diskussion. Zukunftsfähige Lösungen müssen unterschiedliche Ansprüche an Energieeinsparung und Nutzerkomfort mit rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Einklang bringen. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über aktuelle Trends und Entwicklungen und zeigt, welche Möglichkeiten das Bauen mit Glas bietet. Standard Dreifach-Isoliergläser Ein hoher Glasanteil bei Fassaden stellt unter dem Aspekt der Energieeffizienz von Gebäuden besondere Anforderungen an die Planung und Ausführung. Die Herausforderungen sind vielfältig - ebenso wie die Lösungsansätze. Hinsichtlich des Wärmeschutzes ist die bedeutendste Entwicklung aktuell, bedingt durch die Verschärfungen der EnEV in den letzten Jahren, sicher die zunehmende Verwendung von Dreifach-Isolierglas wie SGG CLIMATOP mit einem thermisch getrennten Abstandshalter in entsprechend dämmenden Rahmensystemen. Mit weiter steigender Tendenz. Dabei können Dreifach-Isoliergläser mit Zusatzfunktionen wie Sonnenschutz und Schallschutz kombiniert werden. Grundsätzlich gilt: Was bisher mit Zweifach-Isoliergläsern möglich war, wird jetzt auch von Dreifach-Isoliergläsern erwartet. Auch die Integration von Sicherheitsfunktionen in das Glas spielt eine zunehmend größere Rolle - von der passiven Sicherheit über die Absturzsicherung bis hin zum Einsatz von durchbruch-, durchschuss- und explosionshemmenden Gläsern. Extrem guter Sonnenschutz Im Hinblick auf sommerlichen Wärmeschutz gilt es, Anforderungen an maximalen Sonnenschutz einerseits mit größtmöglichem Tageslichteinfall andererseits bei bestmöglichem Ug-Wert zu vereinen. Hier sind Sonnenschutzgläser eine ebenso wirksame wie kostengünstige Lösung. So verfügt das neue SGG COOL-LITE XTREME 60/28 über eine bislang in Deutschland einzigartige Selektivität größer zwei. Gleichzeitig bietet das Glas mit einem Ug-Wert von 1,0 W/m2k im Standardaufbau beste Möglichkeiten für eine hervorragende Wärmedämmung. Dipl.-Ing. Peter Fromhold, Objektberater bei SAINTGOBAIN GLASS Deutschland: „Das Verhältnis von Lichttransmission zu Gesamtenergiedurchlassgrad wurde mit diesem Sonnenschutzglas auf ein neues Niveau gehoben. Ich würde sogar sagen, es handelt sich um einen Meilenstein in der Entwicklung von Sonnenschutzgläsern. Das Wertepaar 60/28 und die absolute Neutralität haben schon 66 | zu sehr positiven Reaktionen bei Planern und Architekten geführt“. SGG COOL-LITE XTREME 60/28 kann auch bei Dreifach-Isoliergläsern zum Einsatz kommen. Das Atrium als Klimahülle Mit Atriendächern und -fassaden lassen sich energetisch sparsame Heiz- und Kühlkonzepte von Gebäuden realisieren. Für Dipl.-Ing. Herwig Barf, Teamleiter Fassade bei der DS-Plan Ingenieurgesellschaft Stuttgart, bietet eine Loslösung der äußeren Hülle von den eigentlich raumbegrenzenden Innenfassaden hinsichtlich des ökologischen Konzepts wesentliche Vorteile. So fungieren Kalt- und Warmatrien gleichsam als isolierende Klimahülle. Pufferräume vor den Arbeitsbereichen im Inneren von Gebäuden verbessern nicht nur das Verhältnis von Hüllfläche zu Raumvolumen. Sie ermöglichen, so Barf, auch das ganze Jahr über eine individuelle Fensterlüftung und vermeiden eine starke Auskühlung im Winter. Auf der Nordseite fungieren Atrien als unbeheizte „Wintergärten“, deren Temperatur auch im Winter nicht unter 5 °C fällt. Werden Atrien auf der Südseite als leicht temperierte, stützenfrei überspannte Räume ausgeführt, lassen sich dort Aufenthaltsbereiche einrichten, die rund ums Jahr als Arbeitsplätze genutzt werden können. Im Winter führt die Überströmung der erwärmten Luft aus den Bürobereichen in einem Nebeneffekt zugleich zur leichten Temperierung der Atrien. Lüften die Nutzer nicht über die Atrienfassade, kann die Wärmeenergie der Büroabluft z. B. mittels einer hocheffizienten Wärmerückgewinnungsanlage wieder der mechanischen Grundlüftung der Büroflächen zugute kommen. Ein weiterer Vorteil von Atrien sind die große Transparenz und Tageslichtausbeute, die eine gute Tageslichtversorgung der Büros auch in den unteren Ebenen garantieren. Fassaden der Zukunft Die Verschärfung der EnEV hat auch Auswirkungen auf die Fassaden der Zukunft. Speziell bei Fenstern und Fassaden werden erhöhte Anforderungen an die Gesamtenergiebilanz eines Gebäudes zur Verbesserung bzw. Optimierung der Wärmedämmung der Rahmenmaterialien führen. In wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Abhängigkeit von der Gebäudenutzung und den Anforderungen an die Fassade könnten dabei möglicherweise Kastenfensterkonstruktionen mit Dreifach-Isolierglas, externem Sonnenschutz und einer äußeren Prallscheibe zunehmen. Eine weitere Entwicklung geht in Richtung so genannter „closed cavity“ Fassaden. Dabei handelt es sich um Doppelfassaden, deren Fassadenzwischenraum keinerlei Öffnungen, weder nach außen noch nach innen, hat. Die Vorteile sind sehr hohe Dämmeigenschaften und sehr gute Gesamt-g-Werte bei möglicher, raumhoher Verglasung. Wobei das Konzept der geschlossenen Doppelfassade, auf Grund der damit einhergehenden Parameter wie erforderliche Trocknung der Luft im Fassadenzwischenraum, Vermeidung von Kondensat sowie absolute Dichtigkeit der Fugen und Anschlüsse nach Einschätzung von Barf kein großes Wachstumspotenzial verspricht, „da bei solchen Fassaden u. a. der Nutzereingriff, sprich natürliche Be- und Entlüftung, nicht möglich ist“. Die Fassaden der Zukunft werden aber nicht nur helfen, Energie zu sparen. Teile der Fassade werden überall dort, wo es sinnvoll ist, zur Energie-, Strom- und/oder Warmwassererzeugung genutzt werden - fassaden- oder glasintegrierte Fotovoltaik ist hier ein Stichwort. Eine echte Verringerung des Anteils von Glas in der Fassade ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt, nach Ansicht von Peter Fromhold, nicht abzusehen. „Die aktuellen technischen Möglichkeiten von hoch dämmenden Verglasungen verleiten gerade zu einer verstärkten Nutzung von Glas zur Schaffung von natürlich beleuchteten Arbeits- und Lebenswelten in modernen Gebäuden. Da wird Glas weiter eine wichtige Rolle spielen.“ Bild 1: Der Einsatz von Energiespar- und Sonnenschutzgläsern sorgt für eine besondere Arbeits- und Wohlfühlqualität bei erstklassiger Energieeffizienz. Objekt: Landesbank Baden-Württemberg, Karlsruhe. wksb | Bild 2: Fassaden mit großen Glasflächen stellen hohe Anforderungen an den Sonnenschutz. Objekt: Peek & Cloppenburg, Chemnitz. Bild 3: Atrien wirken das ganze Jahr wie isolierende Klimapuffer. Objekt: VHV Hauptverwaltung, Hannover. Alle Bilder - Quelle: Christoph Seelbach, ©CLIMAplusSECURIT-Partner. 64/2010 | 67 Innovative Systemlösungen | Fenster und Fassaden in der Energieeinsparverordnung 2009 Ist Dreifach-Isolierglas die Antwort Wolfgang Böttcher* Durch die Novellierung der Energieeinsparverordnung 2009 werden die Beschlüsse der Bundesregierung zum integrierten Energie- und Klimaprogramm im Gebäudebereich umgesetzt. Ziel ist es, den Energiebedarf für Heizung und Warmwasser um etwa 30 % zu senken. In weiteren Schritten sollen ab 2012 bis 2020 die energetischen Anforderungen nochmals erhöht werden, mit der Zielstellung eines „Plusenergiehauses“. 1.4 Fenster, Fenstertüren 1.5 Dachflächenfenster 1.6 Lichtkuppeln 1.7 Außentüren Gebäudehülle“. Maximale U-Werte für Glas oder Fenster im Einzelnen sind hier nicht definiert. Dieses Verfahren nimmt Einfluss auf die maximalen Fensterflächen der Gebäudehülle [1]. Neu ist, dass die Höchstwerte für den Primärenergiebedarf auch für Wohngebäude mithilfe eines Referenzgebäudes ermittelt werden. Das Gebäude wird mit einer „ReferenzAusstattung“ von Gebäudehülle und Referenzausführung / Wert Anlagentechnik berechnet. Das tat( Maßeinheit ) Wärmedurchgangkoeffizient Uw = 1,30 W / (m²K) sächlich zu errichtende Gebäude darf Gesamtenergiedurchlassgrad aber von dieser Ausstattung abweichen, der Verglasung g = 0,60 muss dabei aber maximal den PrimärWärmedurchgangkoeffizient Uw = 1,40 W / (m²K) Gesamtenergiedurchlassgrad energiebedarf des theoretischen Reg = 0,60 der Verglasung ferenzgebäudes, das für Fenster- und Wärmedurchgangkoeffizient Uw = 2,70 W / (m²K) Fassadenbauteilen mit entsprechenden Gesamtenergiedurchlassgrad der Verglasung g = 0,64 Referenzwerten (UW) hinterlegt ist, aufU = 1,80 W / (m²K) Wärmedurchgangkoeffizient weisen. Tabelle 1: Auszug aus Anlage 1, Tabelle 1 der EnEV 2009, Ausführung des Referenzgebäudes. Damit stellen sich Fragen nach den Auswirkungen, die sich durch die Anforderungsänderungen an Fenster, Fassaden und die Verglasungen ergeben. Für den Neubau gibt es neben den Höchstwerten des Jahres-Primärenergiebedarfs Neu ist auch, dass ein Referenzwert (≤ 0,6) für den Gesamtenergiedurchlassgrad (g, DIN EN 410-12/98) für die Verglasung angegeben wird. Damit finden solare Gewinne durch das Glas eine stärkere Bedeutung und es wurde eine Bewertung aufWohngebäude und Zonen Zonen von gegriffen, die in früheren VerordZeile Bauteile Maßnahme von Nichtwohngebäuden Nichtwohngebäuden mit nach mit Innentemperaturen ? Innentemperaturen von nungen durch einen „äquivalenten 19°C 12 bis< 19° C Höchstwerte des Wärmedurchgangskoeffizienten k-Wert“ die Bilanzierung von WärmeU max. 1 2 3 4 verlusten und Gewinnen berücksich2a Außen liegende tigte. Fenster, Fenster Nr. 2 a und b 1,30 W / ( m²K ) 1,90 W / ( m²K ) Die genannten Werte sind ausschließtüren 2b Dachflächenfenster Nr. 2 a und b 1,40 W / ( m²K ) 1,90 W / ( m²K ) lich Referenzwerte und keine Maxi2c Verglasungen Nr. 2 c 1,10 W / ( m²K ) keine Anforderungen malanforderungen. Kommen schlech2d Vorhangfassaden Nr. 6 Satz 1 1,50 W / ( m²K ) 1,90 W / ( m²K ) 2e Glasdächer 2,00 W / ( m²K ) 2,70 W / ( m²K ) Nr. 2 a und c tere Werte zur Anwendung können Tabelle 2: Auszug aus Anlage 3 , Tabelle 1 der EnEV 2009, Höchstwerte der Wärmedurchdiese durch „bessere“ Werte anderer gangskoeffizienten bei erstmaligem Einbau, Ersatz und Erneuerung von Bauteilen. Bauteile kompensiert werden. In der Renovation bei Änderungen von Außenbauteilen im Gebäudebestand sind Maximalwerte Maximalanforderungen an die Qualität der Gebäudehülle für Bauteile (Fenster, Türen, Glas) vorgegeben. Für Sondurch den Höchstwert des spezifischen, auf die wärmederfälle der Konstruktionen und Zusatzfunktionen sind übertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissiauch höhere Werte genannt. onswärmeverlustes HT' - eine Art „mittlerer U-Wert der * Wolfgang Böttcher, Leiter Anwendungstechnik, SAINT-GOBAIN Deutsche Glas GmbH 68 | In der amtlichen Fassung der EnEV 2009 sind die U-Werte mit zwei Nachkommastellen angegeben, was eine Verschärwksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen fung der Anforderungen bedeutet. Im Widerspruch dazu steht, dass in den Normen (EN 673 § 9.1; EN ISO 10077-1 § 7.5) zur Berechnung der U-Werte auf eine Nachkommastelle, bzw. zwei Werteanzeigende Ziffern gerundet wird. Die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz hat über Auslegungsfragen zur Energieeinsparver- Art der Verglasung Ug W(m²K) Messungen nach EN 12412-2 möglich. In der Regel ergeben Messungen oder Berechnungen bessere Werte, da Tabellenwerte aus Normen „Sicherheitszuschläge“ beinhalten. Für Verglasungen bestehen vergleichbare Möglichkeiten der Berechnungen (EN 673) bzw. der Messung (EN 674 oder 675). Wärmedurchgangskoeffizienten für typische Arten von Abstandhaltern Uf W(m²K) 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,6 3,0 3,4 3,8 7,0 1,4 1,1 1,0 1,4 1,4 1,2 1,2 1,1 1,1 1,5 1,3 1,2 1,5 1,3 1,3 1,6 1,4 1,3 1,7 1,5 1,4 1,7 1,5 1,4 1,8 1,6 1,6 2,0 1,7 1,7 2,1 1,9 1,8 2,2 2,0 1,9 2,3 2,1 2,0 3,2 3,0 2,9 0,7 0,6 0,5 0,9 0,9 0,8 0,9 0,7 0,8 1,0 0,9 0,9 1,1 1,0 0,9 1,1 1,0 1,0 1,2 1,1 1,0 1,2 1,2 1,1 1,3 1,3 1,2 1,5 1,4 1,3 1,6 1,5 1,3 1,7 1,6 1,6 1,8 1,8 1,7 2,7 2,6 2,5 Tabelle 3: Auszug aus EN ISO 10077-1:2006 , Tabelle F3 - Wärmedurchgangskoeffizient für vertikale Fenster mit einem Flächenanteil des Rahmens von 30 % an der Gesamtfensterfläche und mit wärmetechnisch verbesserten Abstandhaltern. ordnung [2] eine Korrektur zu einer Nachkommastelle vorgenommen. Wie die konträren Anforderungen solare Gewinne und der sommerliche Wärmeschutz in Einklang gebracht werden, ist ebenso eine Planungsaufgabe, wie generell anzumerken ist, dass die komplexe Berechnung eines Gebäudes mit den daraus resultierenden Bauteilanforderungen eine Aufgabe der Fachplaner darstellt. Dass heute schon Bauteilwerte mit Eigenschaften weit unter denen der EnEV 2009 gefordert werden, ist mit der Tendenz steigender Energiepreise, dem gestiegenen Umweltbewusstsein vieler Bauherren verbunden mit dem Wunsch nach weiterer Energieeinsparung, aber auch mit den Förderrichtlinien der KfW-Bank zu begründen. Energieeffizientes Bauen wird besonders gefördert. Die Investition in einen hohen Wärmeschutzstandard und alternative Heizenergien lohnt sich auch, weil die Unterhaltskosten des Hauses dauerhaft niedrig bleiben. Eigenschaften von Mehrscheiben-Isolierglas Der Energietransport durch eine Isolierglaseinheit ist abhängig von der Wärmeleitung durch das Glas und den Wärmeübergängen infolge von Luftbewegungen vor und hinter den Glasflächen. Zwischen den Glasoberflächen des Scheibenzwischenraumes der Isolierglaseinheit findet ein Strahlungsaustausch statt. Beschichtete Glasoberflächen können mit low-E-Schichten den Strahlungsaustausch gegenüber anderen Einflussgrößen stark verringern und somit die Wärmedämmung der Isolierglaseinheit verbessern. Die Wärmeleitfähigkeit des im Scheibenzwischenraum eingefüllten Spezialgases (Argon, Krypton) und die Emissivität der Glasoberfläche sind die beiden bestimmenden Kenngrößen für die Verbesserung der Wärmedämmung. Zu beachten ist, dass der U-Wert von der Neigung der Verglasung abhängig ist [3], und die Werteangaben in der Regel für den vertikalen Einbau gelten. Mit den vorher beschriebenen Änderungen und Anforderungen der EnEV 2009 ist es notwendig, die Auswirkungen auf Fenster, Fassaden und Glas neu zu bewerten. Aus dem Zusammenspiel Rahmen und Glas ergibt sich die Bewertung der Energieeffizienz des gesamten Bauteils. Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, die Leistungseigenschaften für komplexe Fenster- und Fassadenelemente, Einzelkomponenten der Konstruktion wie Rahmen, Übergang Glas zu Rahmen und für die Verglasung festzulegen. Zur Ermittlung der Eigenschaften der Rahmenprofile stehen Tabellenwerte nach EN ISO 10077-1 zur Verfügung, alternativ sind Berechnungen nach EN ISO 10077-2 oder wksb | Bild1: Wärmetransport Mehrscheiben-Isolierglas. 64/2010 | 69 Innovative Systemlösungen | Zwei Scheibenzwischenräumen mit Spezialgasfüllungen und zwei Beschichtungen mit niedriger Emissivität (0,03 0,01) erklären die Verbesserung der Wärmedämmung von Dreifach-Isolierglas. War bisher die Doppelverglasung mit Weitere Produktverbesserungen sind durch Optimierungen der low-E-Schichten bei der Lichttransmission und den g-Werten zu erwarten. Die seit Jahrzehnten diskutierte Vakuumverglasung kann auch keine niedrigeren Ug-Werte SGG CLIMAPLUS ULTRA N Wärmedurchgangskoeffizient - Ug-Wert (W/m²K) nach EN 673-6/2003 - für senkrechte Verglasung Lichttransm. 80 % SZR SZR SZR SZR SZR 12 mm 15/16 mm g - Wert 63 % 10 mm 18 mm 20 mm SZR Luft 1,8 1,6 1,4 1,4 1,4 SZR Argon 1,5 1,3 1,1 1,1 1,2 SZR Krypton 1,0 1,1 SGG PLT ULTRA N / Beschichtungen Pos. 3 - Emissivität 0,03 / Glasdicke 4 mm Tabelle 4: Strahlungsphysikalische Eigenschaften Zweifach-Isolierglas. SGG CLIMATOP ULTRA N Wärmedurchgangskoeffizient – Ug-Wert (W/m²K) nach EN 673-6/2003 - für senkrechte Verglasung Lichttransm. 71 % SZR SZR SZR g-Wert 50 % 2 x 8 mm 2 x 10 mm 2 x 12 mm SZR Luft 1,3 1,1 0,9 0,7 0,8 SZR Argon SZR Krypton 0,7 0,6 0,5 SGG PLT ULTRA N / Beschichtungen Pos. 2 + 5 - Emissivität 0,03 / Glasdicke 4 mm Tabelle 5: Strahlungsphysikalische Eigenschaften Dreifach-Isolierglas. Grenzwerten von Ug 1,1 - 0,9 W/m²K der Maßstab, können Dreifach-Verglasungen Ug-Werte von 0,8 - 0,4 W/m²K erreichen. Mit den erreichbaren Werten sind die wärmetechnischen Eigenschaften von Mehrscheiben-Isoliergläsern weitgehend ausgeschöpft. Neben der Reduzierung der Energieverluste als eine Dreifach-Isolierglas erreichen. Sie hat zwar den Vorteil, dass sie leichter und dünner, jedoch derzeit nicht verfügbar ist. Bei der Bewertung von Ug und g-Wert ist zu beachten, dass die Regelwerke verschiedene Rechenverfahren mit entsprechenden Toleranzen, z. B. für die Beschichtung des Basisglases, ermöglichen. Bei Produktvergleichen ist es daher wichtig gleiche Bemessungsregeln zu verwenden. Der Glasrand, ein wichtiges Detail Durch die Abstandhalterprofile im Isolierglas-Randverbund entsteht am Bauteil Fenster eine linienförmige Wärmebrücke von beachtlicher Länge. Der Psi-Wert (ψ) ergibt sich aus den Eigenschaften des Rahmenprofils, der Geometrie der Glaseinfassung und des Isolierglas-Randverbundes einschließlich der Wärmeleitfähigkeit des Abstandhalterprofils. Übliche metallische Aluminium-Abstandhalterprofile führen an der Glaskante zur Abkühlung der raumseitigen Oberflächentemperatur - der Glasrandbereich wird kalt. Bild 2: Raumseitige Oberflächentemperaturen von verschiedenen Verglasungen. führt die verbesserte Wärmedämmung durch Erhöhung der raumseitigen Oberflächentemperaturen auch zu einem verbesserten Behaglichkeitsklima. 70 | Mit thermisch optimierten Abstandhalterprofilen (warm edge) lässt sich nicht nur die Tauwasserproblematik besser beherrschen, auch eine Verbesserung des UW-Wertes von bis zu 0,2 W/m²K, je nach Glasgröße, ist für das gesamte Fenster möglich. Beide Wirkungen werden in EN 10211-1 beschrieben: wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Glastyp G-Wert Ug-Wert (%) EN 410 EN 410 W / (m²K ) EN 673 SGG Climaplus UN SGG Climaplus ONE SGG Climaplus 80 71 60 63 50 33 1,1 1,0 1,1 SGG Climatop UN SGG Climatop LUX SGG Climatop 71 73 54 0,50 0,62 0,30 0,7 0,8 0,7 Cool Lite SKN 165 Zweifach : SZR 16 mm Argongas Dreifach : SZR : 2 x 12 mm Argongas Cool Lite SKN 165 Lichttrans – mission Tabelle 7: Mehrscheiben-Isolierglas SGG Climaplus, SGG Climatop ,typische Glasaufbauten mit unterschiedlichen strahlungsphysikalischen Eigenschaften Glasdicken oder zusätzlichen low-E-Schichten (DreifachIsolierglas). Neuere Entwicklungen in der Beschichtungstechnologie ermöglichen bei Dreifach-Isolierglas vergleichbare g-Werte zum Zweifach-Isolierglas. Sind solare Energiegewinne in der Heizperiode erwünscht, so kann der Energieeintrag in der Übergangszeit und im Sommer zur Überhitzung der Innenräume führen. Sommerlicher Wärmeschutz ist auch wichtig Sinkt die Oberflächentemperatur unter die Taupunkttemperatur der umgebenden Luft, fällt dort Tauwasser an - ein oft von Verbrauchern reklamierter Komfort- und Hygienemangel. Neben der Gesundheitsgefahr für die Bewohner können bei längerem Auftreten von Tauwasser Schäden an den Fensterrahmen und Schimmelbildung entstehen. Solares Bauen erfordert eine auf solare Gewinne optimierte Lage des Gebäudes, hohe g-Werte der Verglasung, keine Verschattung durch andere Gebäude oder Bepflanzungen sowie schnelle Heizsysteme, aber auch steuerbare zusätzliche Verschattungseinrichtungen. Zu beachten ist, dass in der EnEV 2009, § 3, Absatz 4, der Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes mit Einhaltung der höchstzulässige Sonneneintragskennwerte der in der DIN 4108-2: 2003-07 Abschnitt 8 festgelegten Werte gefordert ist. Ziel ist es die solaren Erträge in der warmen Jahreszeit zu begrenzen und die Überhitzung der Räume zu vermeiden. Eine Forderung, die zwar durch ein Sonnenschutz-Isolierglas zu erfüllt werden kann, jedoch die solaren Gewinne reduziert. Eine sorgfältige Abwägung der Produktvorteile Sonnenschutz-Isolierglas zu einem höheren solaren Gewinn ist daher notwendig. Isothermenberechnungen zeigen, dass konventionelle Abstandhalterprofile eine wesentliche Ursache für die Wärmebrücke am Übergang vom Glas zum Rahmenprofil sind. Mehrscheiben-Isolierglas mit variabler Beschattung Tabelle 6: Kennwerte Psi-Werte SGG Swisspacer V mit verschiedenen Rahmenmaterialien • Der Wärmeverlust durch den linearen Wärmedurchgangskoeffizienten ψ (Psi-Wert) W/mK. • Die Tauwassergefahr durch den dimensionslosen Temperaturfaktor f. Solare Gewinne reduzieren den Energieverbrauch Eine weitere Größe der strahlungsphysikalischen Eigenschaften einer Verglasung hat jedoch an Bedeutung gewonnen (vgl. Referenzwert g-Wert). Der Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert nach DIN EN 410: 12-1998) ist für die Berücksichtigung der solaren Gewinne notwendig. Grundsätzlich liegt dieser bei Sonnenschutzverglasungen im niedrigen Bereich (< 0,45) bzw. er sinkt im Vergleich zu Standardverglasungen mit 4 mm Glasdicke bei höheren wksb | Eine interessante Alternative die beiden Forderungen gleichermaßen berücksichtigt ist ein Mehrscheiben-Isolierglas mit einer im Scheibenzwischenraum integrierten Jalousie. Bild 3: SGG limaplus/SGG Climatop Screen 64/2010 | 71 Innovative Systemlösungen | G-Werte sind zwischen 0,1 bis 0,6 variabel einstellbar und mit Ug-Werten von 1,2 W/m²K (Zweifach-) und 0,7 W/m²K (Dreifach-Isolierglas) sind zu erreichen. verfahren aufwendiger gestaltet, es stehen jedoch zwei Verfahren zur Verfügung: Ein vereinfachtes und ein Komponentenverfahren. Das Grundprinzip der Berechnung ist jedoch vergleichbar zur Berechnungsmethode für Uw. Mehrscheiben-Isolierglas ist mehr als nur Wärmedämmung Mehrscheiben-Isoliergläser haben jedoch in der Regel neben dem Wärmeschutz noch weitere Aufgaben zu erfüllen - etwa durch die Verwendung dickerer Gläser, durch Einscheiben- oder Verbund-Sicherheitsglas bzw. zusätzliche Funktionsbeschichtungen oder Kombinationen aus Glasprodukten. Dazu zählen u. a. • Statik, • Lärmschutz, • Sonnenschutz, • Sicherheit: 0 Einbruchhemmung 0 Verletzungsschutz 0 Absturzsicherung • Selbstreinigung, • Design. Trotz Erleichterungen in der EnEV mit höheren Ug-Werten bei Nebenforderungen des erhöhten Schallschutzes oder des Brandschutzes und der Einbruchhemmung sind die niedrigen Ug-Werte auch bei Funktionsisoliergläsern möglich. Welche Verglasung für welches Fenster? Die komplexen Berechnungen für ein Gebäude, aus denen Bauteilanforderungen UWD und UCW resultieren, sind Aufgaben von Fachplanern. Eine Ausnahme besteht bei Maßnahmen am Gebäudebestand und bei Nichtwohngebäuden mit normalen Temperaturen, bei denen UW-Werte vorgegeben sind. Grundsätzlich kann für beheizte Wohngebäude aufgrund verschiedener Vorgaben ein UW-Wert von 1,3 W/m²K und damit niedriger als der Richtwert angenommen werden. Er muss jedoch der aber im Einzelfall rechnerisch nachgewiesen werden. Der U-Wert eines Fensters oder eine Fassade setzt sich aus den spezifischen U-Werten für den Rahmens (Uf) und das Glas (Ug) zusammen, die entsprechend ihrer Flächanteile gewichtet werden [4]. Zusätzlich ist der Einfluss des längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten ψ in W/mK zu berücksichtigen, der die Wärmeverluste in der Übergangszone Isolierglasrand/Rahmenprofil beschreibt. Etwas schwieriger stellt sich die Ermittlung des Ucw-Wertes für Fassadensysteme nach EN 13947 dar. Aufgrund der Komplexität der Fassadenquerschnitte ist das Berechnungs72 | Bild 4: Einflußgrößen auf den UW -Wert eines Fensters. Die Entwicklung von Rahmenprofilen hat in den letzten Jahren mit der Erhöhung der Konstruktionstiefen, mit zusätzlichen Dämmebenen und IR-reflektierenden Oberflächen in den Profilen eine deutliche Verbesserung erfahren. Uf-Werte können die Eigenschaften von Zweifach-Isolierglas und teilweise niedriger erreichen. Eine Unsicherheit bleibt in der Angabe des richtigen UW-Wertes. Regelwerke wie die EnEV, DIN 4108-4, EN 14351-1, Prüfzeugnisse, CE-Zeichen, Berechnungen oder Anforderungen von Leistungsverzeichnissen lassen widersprüchliche Aussage zu, welche Werte für ein konkretes Bauvorhaben verbindlich anzugeben sind. Planer sind aufgefordert, eindeutige Anforderungen zu definieren. Mit Caluwin 4.6 steht unter www.swisspacer.com ein kostenfreies und zertifiziertes Berechnungsprogramm zum Download zur Verfügung. Auf Basis der neusten Normen, Rechenverfahren und technischen Werte lässt sich für Zweifach- und Dreifach-Isolierglas nicht nur der Wärmedurchgangskoeffizient UW eines Fensters oder einer Fassade berechnen, sondern auch der Taupunkt am Glasrand unter vorgegebenen Randbedingungen ermitteln. Dreifach-Isolierglas wird Standard Mit der Erhöhung der Anforderungen der EnEV 2009 sowohl an den maximalen Jah­res-Primärenergiebedarf als auch an die Re­ferenzwerte, ist die Einhaltung der Anforde­ wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen rungen derzeit sowohl mit Zweifach- als auch mit DreifachWärmedämmglas möglich. Kommt es zu einer weiteren Verschärfung der Anforderungen oder liegen weitere Entscheidungskriterien wie Förderprogramme der Bundesländer und der KfW-Bank oder zukunftsorientierte Gebäudetechnik (Passivhausstandard) zugrunde, wird der Einsatz von Dreifach-Wärmedämmglas zum Standard. Folgt man den ungünstigen Szenarien zur mittel- und langfristigen Verfügbarkeit und der damit prognostizierten Preisentwicklung für fossile Brennstoffe, hat der EnEV 2009- Standard schon heute nur noch Altbauniveau. Dass die Problematik bereits erkannt wurde, bestätigt den heute schon hohen Produktanteil von Dreifach-Isolierglas mit bis zu ~ 40 %. Die häufig beklagten hohen Elementgewichte für die Fenstermontage erhöhen sich weiterhin noch um das zusätzliche Gewicht der dritten Scheibe; Sind aber nur bei einer „manuellen“ Montage problematisch. Werden wie bei Fassaden oder größeren Elementen Hilfsgeräte benutzt, führt das Zusatzgewicht nicht zu zusätzlichen Aufwendungen. Für begrenzte Fenstergrößen können unter bestimmten Anwendungsbedingungen dünnere und damit auch leichtere Glasarten (SGG Climatop light) eingesetzt werden. Die Verbesserung der Wärmedämmung von Rahmenprofilen ist nur über eine Erhöhung der Konstruktionstiefe zu lösen. Betrug die Rahmendicke bisher etwa 60 - 70 mm liegt sie bei hoch gedämmten Profilsystemen bei 80 - 100 mm und bietet damit auch ausreichend Raum für ein DreifachIsolierglas. Ist Dreifach-Isolierglas gebrauchstauglich? Es liegen jahrzehntelange gute Erfahrungen in der Anwendung von Zweifach-Isolierglas vor. Mit den positiven Funktionseigenschaften von Dreifach-Isolierglas stellen sich die Fragen nach der Eignung in Fenstern und Fassadensystemen und nach einer vergleichbaren Produktqualität. Bild 5: Gesamtdicke von Mehrscheiben-Isolierglas. Die am häufigsten genannten Einwände sind das erhöhte Scheibengewicht durch die dritte Scheibe und die höhere Einbaudicke, was für die Tragkonstruktionen neue Überlegungen erfordert. Durch die zusätzliche mittlere Glasscheibe, je nach Formatgröße 4 - 6 mm, erhöht sich das Scheibengewicht um 10 - 15 kg/m². Bei Festverglasungen kann dies weitgehend vernachlässigt werden, da die erhöhten Lasten durch den Baukörper und ggf. verstärkte Befestigungselemente abgetragen werden können. Bei beweglichen Öffnungselementen, die in der Regel nicht mehr als zwei m² Glasfläche haben, müssen die Beschläge die zusätzlichen Lasten aufnehmen. Lagen bisher die Gewichtsgrenzen für Beschlagsysteme bei 75 kg, hat die Beschlagindustrie darauf reagiert und bietet heute Systeme für 100 - 150 kg je Öffnungselement an. wksb | Isolierglaseffekt stärker bei Dreifach-Isolierglas Eine Änderung der Temperatur oder des barometrischen Drucks erzeugt eine Druckdifferenz zwischen den Scheibenzwischenräumen einer Isolierglasscheibe und dem Außenraum und führt zu einer Belastung der Einzelscheiben. Im Allgemeinen hängt das Verhalten der Scheiben von der Steifigkeit des Systems ab. Dieser als Isolierglaseffekt oder Klimalast bezeichnete Lastfall von Isolierglas ist seit langem gut bekannt [5] und im statischen Nachweisverfahren (TRLV) berücksichtigt. Bei Dreifach-Isolierglas ist der Isolierglas-Effekt stärker ausgeprägt, da sich die beiden Scheibenzwischenräume addieren und somit wie ein sehr großer Zwischenraum wirken. Auf einen Überdruck im Scheibenzwischenraum reagieren diese Scheibenformate mit einer Aufweitung des Randverbundes und zu einem Ausbauchen der Glasscheiben. Bei einem Unterdruck im Scheibenzwischenraum wird der Randverbund zusammen gedrückt und die Scheiben bauchen ein. Das Randverbundsystem muss gegen die Verformungen so stabil sein, dass die Haftung der Dichtung an Glas und Abstandhalter nicht beschädigt wird und das Rückstellvermögen der Dichtstoffe langjährig erhalten bleibt. Dazu muss der Randverbund den Bewegungen ausreichende Kräfte entgegen setzen. Werden die Klimalasten nicht ausreichend berücksichtigt, können Glasbruch und Schäden am Randverbund die Folge sein. [6] Als kritisch haben sich große Scheibenzwischenräume (> 2 x 12 mm), schmale Glasformate von < ~ 600 mm Kantenlänge, asymmetrische Glasaufbauten und große (> 200 m) Höhenunterschiede zwischen Herstell- und Einbauort, oder eine Überlagerung der Faktoren ergeben. Eine genaue Analyse der Randbedingungen für einen funktionsfähigen Glasaufbau ist im Einzelfall erforderlich. 64/2010 | 73 Innovative Systemlösungen | SGG CLIMATOP ULTRA N Wärmedurchgangskoeffizient - Ug Wert ( W/m²K ) nach EN 673-6/2003 - für senkrechte Verglasung Lichttransm. 71 % SZR SZR SZR SZR SZR SZR SZR g–Wert 50 % 2x8 2 x 10 2 x 12 2 x 14 2 x 15 2 x 16 2 x 18 SZR Luft 0,9 0,8 0,8 0,8 0,6 1,3 1,1 1,0 0,8 0,7 SZR Argon 0,6 0,6 0,6 0,5 SZR Krypton 0,7 0,6 0,5 SGG Planitherm ULTRA N / Beschichtungen Pos. 2 + 5 - Emissivität 0,03 / Gasfüllgrad nach Produktspezifikation / Basisglas SGG Planilux / Glasdicke 4 mm / SZR in mm Tabelle 8: Ug-Werte nach EN 673 in Abhängigkeit des SZR. Wenn auch größere Scheibenzwischenräume niedrige UgWerte mit der preiswerten Argongasfüllung ermöglichen, gibt es eine allgemeine Empfehlung [7], diese nicht über 2 x 12 mm auszuführen und damit auf das „letzte“ Zehntel des rechnerischen Ug-Wertes zu verzichten. • Dreifach-Isolierglas ist aufgrund physikalischer Eigenschaften ein komplexes System und bei Berücksichtigung der veränderten Belastungssituation ein technisch beherrschbares Produkt. Es ist schwerer und dicker, wobei sich die Fenster- ,Fassaden- und Zubehörindustrie auf die geänderten Randbedingungen eingestellt hat. Innen weniger Tauwasser - außen Tauwasser möglich • Klimalasten wirken sich stärker aus als bei Zweifach-Isolierglas, führen zu hohen Beanspruchungen der Glasscheiben und des Randverbundes und müssen bei der Glasauswahl berücksichtigt werden. Aufgrund höherer Oberflächentemperaturen sinkt das Tauwasserrisiko auf der inneren Glasoberfläche. Umgekehrt sinkt durch die gute Wärmedämmung die Temperatur der Außenscheibe und bei Erfüllung einiger klimatischer Randbedin- • Qualitätsanforderungen aufgrund der zusätzlichen Scheibenflächen, der Beschichtungen und des Randverbundes sind bereits in Technischen Regelwerken [9, 10] umfassend beschrieben und bieten Sicherheit in der Anwendung. • Für die Architektur von Gebäuden bestehen mit DreifachIsolierglas keine Einschränkungen. Alle Bilder - Quelle: Saint-Gobain Deutsche Glas GmbH Literatur Bild 6: Tauwasser an der Außenscheibe. gungen des Außenklimas kann auf der äußeren Scheibenoberfläche Tauwasser entstehen - ein physikalischer Effekt aller gut dämmenden Bauteile [8]. Eine wirksame Abhilfe dagegen, außer bauliche Maßnahmen, gibt es derzeit nicht, Dachvorbauten und geschützte Lagen können im Einzelfall helfen. Zusammenfassung • Dreifach-Isolierglas bietet eine deutlich verbesserte Wärmedämmung als übliches Isolierglas und wird mittelfristig das Zweifach-Isolierglas ablösen. Mit seinen Eigenschaften bewegt es sich im Spannungsfeld der Bauphysik zwischen Sonnenschutz und solaren Gewinnen, Tageslicht und Blendschutz. 74 | [1] Ralf Vornholt, Saint-Gobain Glass, Die Bilanz muss stimmen, Glaswelt 7. 2010. [2] Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz, Dr. Justus Achelis, DIBt, Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung - Teil 12, Auslegung zu Anlage 1, 2 und 3 Tabelle 1 der EnEV 2009. [3] DIN EN 673; Juni 2003 Pkt. 5.3.2. - Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert). [4] Dipl.-Ing. Steffen Schäfer, BIV Hadamar, U-Wert Berechnung nach Bauregelliste, TI 1. 2009. [5] Prof. Dr. Franz Feldmeier FHS Rosenheim, Klimabelastung und Lastverteilung bei Mehrscheiben-Isolierglas, Stahlbau 6. 2006. [6] Prof. Dr. Franz Feldmeier FHS Rosenheim, Kleine Dreifach-Isoliergläser, Fassade 4. 2009. [7] ift forum Forschung und Technik, Fragen aus der Praxis Verglasung, BAU Bauelemente 9. 2009. [8] Dipl.-Ing. Marcus Hermes, Klimaschutz verhindert Durchblick, GFF 2. 2008. [9] Richtlinie zur Beurteilung der visuellen Qualität von Glas für das Bauwesen 5. 2009 - BIV Hadamar, BF Troisdorf. [10] Leitfaden zur Verwendung von Dreifach-Wärmedämmglas 5. 2009 - BF Troisdorf. wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Topdec DP 1-032 ULTIMATE Kopf hoch - auch bei niedrigen Kellern und Tiefgaragen Erstmals ist ab September 2010 eine Deckenplatte für Keller und Tiefgaragen erhältlich, die sowohl sehr gute Dämmleistung der Wärmeleitstufe 032 als auch einen Schmelzpunkt ≥ 1.000 °C mit den Vorteilen des leichten ULTIMATE Hochleistungsdämmstoffs vereint: Topdec DP 1-032 ULTIMATE. Sie ermöglicht energieeffiziente und sichere Dämmlösungen auch bei niedriger Raumhöhe. Die einfache Verarbeitung durch Kleben oder Dübeln bleibt weiterhin erhalten. Eine Innovation von ISOVER, die Gestaltungsfreiräume ermöglicht und nachträgliche Energieeinsparung optimiert. Erstmals ist ab September 2010 eine Deckenplatte für Keller und Tiefgaragen erhältlich, die sowohl sehr gute Dämmleistung der Wärmeleitstufe 032 als auch einen Schmelzpunkt ≥ 1.000 °C mit den Vorteilen des leichten ULTIMATE Hochleistungsdämmstoffs vereint: Topdec DP 1-032 ULTIMATE. Sie ermöglicht energieeffiziente und sichere Dämmlösungen auch bei niedriger Raumhöhe. Die einfache Verarbeitung durch Kleben oder Dübeln bleibt weiterhin erhalten. Eine Innovation von ISOVER, die Gestaltungsfreiräume ermöglicht und nachträgliche Energieeinsparung optimiert. Mit der Topdec DP 1-032 ULTIMATE ist es ISOVER gelungen, eine überzeugende Lösung für die energieeffiziente Dämmung von Kellerdecken und Tiefgaragen zu entwickeln. Die Platten tragen erhöhten Brandschutzanforderungen genauso Rechnung wie den steigenden Ansprüchen zukunftsweisender Baukonstruktionen. Aufgrund der niedrigen Wärmeleitfähigkeit 032 werden mit der angebotenen Dicke von 110 mm effiziente aber schlanke Dämmlösungen in der Modernisierung ermöglicht. Für den Neubau wird zusätzlich der Referenzwert der Energieeinsparverordnung (EnEV) „Decke gegen Außenluft“ von U = 0,28 W/(m²K) mit 110 mm Topdec DP 1-032 ULTIMATE eingehalten. Damit werden Forderungen wksb | an die Dämm-Maßnahmen sowohl im Neubau als auch in der Modernisierung leicht erfüllt und das niedrige Untergeschoss kann trotz Deckendämmung mit erhobenem Haupt verlassen werden. Die mit Glasvlies kaschierte, nichtbrennbare Deckenplatte entspricht der Euroklasse A1 und bietet mit dem Schmelzpunkt ≥ 1.000 °C hohe Sicherheit, gerade auch in abgelegenen Räumen, in denen ein Brand nicht sofort bemerkt würde. Dank der Wärmeleitfähigkeit λ =0,032 W/(mK) können energieeffiziente Konstruktionen besonders schlank ausgeführt werden. Verglichen mit einem Standard-Produkt in WLG 040 bedeutet das eine Platzersparnis von rund 30 mm, bei einer Dämmung in WLG 045 sind es bereits 50 mm. Zusätzlich zum effizienten Wärme- und Brandschutz reduziert die Platte die Halligkeit in Räumen und bietet ein hohes Maß an Schallschutz. Die ULTIMATE Deckenplatte der Generation 032 ist angenehm im Handling und bei vergleichweise geringem Gewicht je Platte außergewöhnlich robust und stabil. Die Verarbeitung ist daher leicht und Kraft sparend. Als Deckendämmung kommt sie im Gebäudeinneren zur Anwendung und trägt daher - wie übrigens alle ISOVER Mineralwolle-Dämmstoffe 64/2010 Die neue Topdec DP 1-032 ULTIMATE vereint erstmals die niedrige Wärmeleitstufe 032 mit einem Schmelzpunkt ≥1.000 °C. Die einfache Verarbeitung der DeckenDämmplatte durch Kleben oder Dübeln bleibt auch bei der Topdec DP1-032 ULTIMATE erhalten. Kopf hoch - mit der neuen ULTIMATE Deckenplatte bleibt wertvolle Raumhöhe erhalten. für Innen - die Auszeichnung „Der Blaue Engel - schützt die Gesundheit“. Weitere Informationen zu Topdec DP 1-032 ULTIMATE erhalten Interessierte über ISOVER Dialog (Telefon: 0621/501 200, Fax: 0621/501 201, E-Mail: [email protected]) und auf der Internetseite www.ISOVER.de. | 75 Innovative Systemlösungen | Photovoltaik-Anlage senkrecht installiert J. Lehde GmbH setzt Zeichen für innovativen Klimaschutz Mit der ungewöhnlichen SenkrechtInstallation einer Photovoltaik-Anlage an der Fassade seines Produktionsgebäudes an der Sassendorfer Straße setzt der Soester Hochbauspezialist und Betonfertigteilhersteller J. Lehde GmbH ein Zeichen für innovative und klimafreundliche Technik. Die rund 460 Quadratmeter große Anlage, die aus 353 Photovoltaik-Modulen besteht, ist jetzt in Betrieb gegangen. Ihre installierte Leistung beträgt 76 KWp. Dies reicht aus, um etwa 20 Haushalte mit CO2 -neutralem Strom zu versorgen. Prokurist Martin Butz dazu. „Wir sind stolz, ein innovatives Projekt für den Klimaschutz zusammen mit einem lokalen Partner zu realisieren.“ Teamwork mit lokalem Partner Hans Stahl GmbH Bau und Installation der Anlage übernahm im Wesentlichen die ebenfalls aus Soest stammende Hans Stahl GmbH und Co. KG. Für sie ist dieser Auftrag eine Premiere: Zum ersten Mal installierte Stahl eine Photovoltaik-Anlage senkrecht an einer Fassade. Üblicherweise werden derartige Anlagen auf dem Dach montiert. Auf dem Flachdach der J. Lehde GmbH wären dazu jedoch aufwändige Beschwerungselemente oder eine Dachdurchdringung erforderlich gewesen, um einen optimalen Halt zu gewährleisten. Da die elf Meter hohe Fassade des Lehde-Gebäudes ebenfalls eine ausreichend große Fläche für eine Photovoltaik-Anlage bietet, entstand in einem gemeinsamen Denkprozess mit der Hans Stahl GmbH die Idee der innovativen Senkrecht-Installation. Während die Lehde GmbH die Statik berechnete und die Unterkonstruktion produzierte, fertigte die Stahl GmbH die Photovoltaik76 | Quelle: J. Lehde GmbH Projekt für den Klimaschutz Bild: Senkrecht-Installation einer Photovoltaik-Anlage an der Fassade seines Produktionsgebäudes Module und zeichnete sich für deren Befestigung und Verkabelung auf der Unterkonstruktion verantwortlich. Um die Anlage vor den vor Ort verkehrenden Lkw zu schützen, ist sie erst oberhalb einer Höhe von 5 Metern montiert. Der Einstrahlwinkel der Anlage ist so gewählt, dass es keine Beschattung gibt: Die Sonnenstrahlen erreichen die gesamte Photovoltaik-Fläche. Der Strom der Anlage wird direkt ins öffentliche Strom-Netz eingespeist; die gewonnene Energie würden ausreichen, um damit ca. 65 % des jährlichen Stromverbrauchs des Unternehmens zu decken. Das Soester Traditionsunternehmen rechnet damit, innerhalb von etwa 13 Jahren die Kosten für die Anlage refinanziert zu haben. Das Unternehmen Das Unternehmen wurde 1946 gegründet und machte sich zunächst als Spezialist für Betonfertigteile einen Namen. Inzwischen hat sich Lehde auch durch Architekturleistungen (Planung und Projektabwicklung) für Industriebauten eine umfangreiche Reputation erworben. Die Kompetenzen liegen seit jeher in den Bereichen Beratung, Planen und Bauen sowie in der Herstellung von schlüsselfertigen Industriebauten und Betonfertigteilen. Das Unternehmen aus Soest (Westf.) befindet sich seit über 60 Jahren in Familienbesitz. Jahresumsatz 14 Mio. Euro. Mitarbeiter: Derzeit 110. J. Lehde GmbH Sassendorfer Weg 8 59494 Soest Telefon:0 29 21 / 89 06 - 0 Telefax: 0 29 21 / 89 06 - 77 www.lehde.de wksb | 64/2010 | Innovative Systemlösungen Weniger Arbeitsunfälle am Bau Die Zahl der Arbeitsunfälle in der Bauwirtschaft ist erneut zurückgegangen. 2009 verunglückten bundesweit 115.177 Beschäftigte. Das waren 5.428 weniger als im Vorjahr und über 160.000 weniger als vor zehn Jahren, berichtete Jutta Vestring, Mitglied der Geschäftsführung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: "Jeder verhütete Unfall bedeutet weniger menschliches Leid und eine wirtschaftliche Entlastung für die Unternehmen." Die BG BAU betreut über 420.000 Mitgliedsunternehmen mit 2,6 Millionen Versicherten. Auch "konjunkturbereinigt" gingen die Zahlen zurück: Die Unfallquote je 1.000 Beschäftigte war 2009 mit 65,1 Arbeitsunfällen so niedrig wie noch nie. Im Vorjahr lag sie um drei Prozent höher, zehn Jahre zuvor waren es sogar über 50 Prozent mehr. Thema "Gut gerüstet" für den Gerüstbau. Solche Aktionen sind auf Berufsgruppen mit besonderen Unfallgefahren ausgerichtet. Ein anderes Beispiel sind die Aktivitäten der BG BAU zur Kampagne "Risiko raus" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). In Betrieben, Ausbildungszentren und in praktischen Schulungen will die BG BAU in diesem und im kommenden Jahr das Gefahrenbewusstsein der Verkehrsteilnehmer stärken. Für den Bau heißt das konkret, Unfälle im Zusammenhang mit schweren Baumaschinen sollen durch mehr KameraMonitorsysteme oder Wendesitze auf Fahrzeugen und durch das Tragen von Warnkleidung vermieden werden. Durch Aktionen und betriebliche Beratungen wollen Experten der BG BAU zudem das Verantwortungsgefühl der Beschäftigten für die Risiken durch fehlerhafte Ladungssicherung verstärken. Zu den Erfolgen der letzten Jahre dürfte beigetragen haben, dass die BG BAU ihre Präventionsarbeit intern neu organisiert hat. Die Unternehmen können jetzt noch zielgenauer und intensiver beraten werden. Aber auch viele Betriebsinhaber selbst achten vermehrt auf die Arbeitssicherheit, unfallbedingte Ausfälle in der Produktion wollen sie unbedingt vermeiden. "Die intensive Zusammenarbeit der BG BAU mit den Arbeitgebern und Versicherten in Sachen Unfallverhütung und Arbeitsschutz spielt dabei eine große Rolle", sagte Vestring Den rückläufigen Trend erklärt die BG BAU vor allem mit der Wirksamkeit ihrer Unfallprävention. Vestring: "Dazu gehörten 2009 weit über 190.000 Betriebsbesichtigungen mit zahlreichen aktiven Beratungsgesprächen in den Betrieben, 2.500 Schulungen mit 48.000 Teilnehmern - Unternehmer und Versicherte zu Themen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz." Ein wichtiges Feld sind zum Beispiel auch Gewerke spezifische Schwerpunktaktionen, wie die zum wksb | 64/2010 Quelle: BG Bau Tödlich gingen 2009 noch 114 Unfälle aus, 55 weniger als im Vorjahr und 217 weniger als vor zehn Jahren. Die meisten tödlichen Unfälle geschahen durch Abstürze von Gerüsten, Dächern und Leitern. An zweiter Stelle folgten Rutsch- und Sturzunfälle sowie Unfälle durch herab fallende Gegenstände. Die Zahl schwerer Arbeitsunfälle, die 2009 zu neuen Renten führte, ist seit dem Vorjahr ebenfalls um zwei Prozent auf 3.573 gesunken. Für die Opfer von Arbeitsunfällen zahlte die BG BAU im Jahr 2009 1,4 Milliarden Euro für Heilbehandlungen, Rehabilitationsmaßnahmen und Renten. | 77 Leserforum | Liebe Leserinnen und Leser, hier wollen wir Ihnen ab sofort Raum für Ihre Meinungen zu aktuellen Themen und Inhalten der wksb geben. Das neue Layout, Fachbeiträge unserer Gastautoren oder sonstige aktuelle Ereignisse aus dem Umfeld von Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz - gerne erwarten wir dazu Ihre persönliche Kommentierung. Selbstverständlich nehmen wir auch gerne Anregungen zu Themen für die nächsten wksb Ausgaben entgegen. 78 | Bitte schreiben Sie an: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb-Redaktion Postfach 21 05 65 67005 Ludwigshafen Oder per E-Mail an: [email protected] Wir freuen uns über Ihre Zuschriften. wksb | 64/2010 | Interessante Termine 15. Internationale Passivhaustagung 2011 Einreichung von Beiträgen bis zum 15. November 2010 Die Veranstalter der Internationalen Passivhaustagung 2011 laden alle Aktiven herzlich ein, ihre Beiträge bis zum 15. 11. 2010 beim Passivhaus Institut einzureichen. Auch wenn die Tagung erst im Mai 2011 stattfindet, werden jetzt schon die Kurzfassungen der Vorträge vom Tagungsbeirat begutachtet. Erstmals findet die Passivhaustagung mitten im Gebirge statt: Das Land Tirol (Österreich) präsentiert eine ganze Reihe herausragender Passivhaus-Projekte und hochwertiger Sanierungen bestehender Gebäude. Einer der ersten Hersteller von Passivhausfenstern ist hier tätig. Einladung 15. Internationale Passivhaustagung mit Passivhaus-Fachausstellung Datum: Freitag 27. Mai und Samstag 28. Mai 2011 Ort: Congress Innsbruck www.passivhaustagung.de Veranstalter der 15. Internationalen Passivhaustagung sind das Passivhaus Institut Darmstadt, das Land Tirol und die Universität Innsbruck. Die internationale Passivhaustagung wendet sich gleichermaßen an neue Interessenten wie an erfahrene PassivhausPioniere. Sie wechselt jedes Jahr den Standort und den Themenschwerpunkt. Dieses Jahr trafen sich während der 14. Passivhaustagung in Dresden mehr als 1.100 Teilnehmer aus 44 Ländern. 13. Internationale Passivhaustagung 2009 in Frankfurt Quelle: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Das Thema Regionalisierung bildet einen wichtigen Schwerpunkt der kommenden Passivhaustagung. „Die klimatischen Bedingungen und die baukulturellen Hintergründe unterscheiden sich zwischen den Regionen. Es gibt daher keine Schema-Lösung für alle Standorte - und der Passivhaus-Standard strebt eine solche auch nicht an. Er liefert vielmehr die Hilfsmittel um unter den jeweiligen Bedingungen das klimatisch und architektonisch bzw. städtebaulich bestangepasste Objekt mit extrem niedrigem Energiebedarf zu entwerfen. Das stellt hohe Ansprüche an die Architekten und Ingenieure - und es eröffnet Chancen für die Vielfalt sowie für regionale Bauträger, Produzenten und Handwerker,“ so Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Feist, vom Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen der Universität Innsbruck und wissenschaftlicher Leiter am Passivhaus Institut. Quelle: Passivhaus Institut Global denken, regional handeln Der Synergieeffekt: „Die kreativen Lösungen, die in den Regionen entstehen, sind Impulsgeber für andere und schaffen damit Mehrwert für alle - die Tagung bietet ein einzigartiges Forum für diesen Austausch“, ergänzt Prof. Feist. 14. Internationale Passivhaustagung 2010 in Dresden wksb | 64/2010 | 79 Interessante Termine | Nachhaltiges Bauen - Top-Thema auf der BAU 2011 Der Begriff der Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auf Gebäude bezogen bedeutet das: Sie sollen wirtschaftlich effizient, umweltfreundlich und Ressourcen sparend sein, ihren Nutzern Komfort, Wohlbehagen und Gesundheit sichern und sich außerdem optimal in ihr soziokulturelles Umfeld einfügen. Ob das geht und wie das geht, ist das Top-Thema der BAU 2011, Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme. Vom 17. bis 22. Januar 2011 steht auf dem Münchner Messegelände die nachhaltige Planung, Gestaltung und Bewirtschaftung von Gebäuden im Mittelpunkt des Interesses sowohl in den Messehallen als auch im Rahmenprogramm. Die BAU hat sich das Thema Energieeffizienz bereits in den Vorjahren auf die Fahnen geschrieben. Es wird auf der BAU 2011 fortgeschrieben. Unter dem Stichwort Nachhaltigkeit kommen jetzt Themen wie Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit, aber auch gesundheitliche und soziale Aspekte hinzu. Industrie reagiert auf Anforderungen von Investoren Die BAU 2011 zeigt, was die Zulieferer, also die Hersteller von Baumaterialien, Techniken und Systemen, zum Thema Nachhaltigkeit beitragen. Praktisch alle der rund 1.900 ausstellenden Unternehmen - die BAU ist damit erneut komplett ausgebucht - werden entsprechende Lösungen anbieten: Ob es sich nun um innovative Materialien, intelligente Gebäudetechnik oder sogar konkrete Bewirtschaftungsmodelle im Zusammenspiel mit Bauunternehmen und Immobilienexperten handelt. Die ausstellende Industrie reagiert damit auf die Anforderungen von Investoren und Immobilienbesitzern, denn klar ist: Immer mehr Investoren wollen in den kommenden Jahren in nachhaltige Gebäude investieren. Experten gehen davon aus, dass Immobilien, die bestimmte Mindeststandards nicht erfüllen, schon in Kürze deutlich schwerer zu vermarkten sein werden. Auch das Rahmenprogramm der BAU 2011 wird „nachhaltig“ sein Auch das Rahmenprogramm der BAU 2011 wird das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten beleuchten. So wird es beispielsweise in den Foren der BAU, insbesondere im Forum „Zukunft des Bauens“, dazu zahlreiche Vorträge geben. „Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern hochkarätige Experten einladen, die auf die konkreten Anforderungen nachhaltigen Bauens eingehen und diese anhand 80 | von Projektbeispielen veranschaulichen“, verspricht der neue Projektleiter der BAU Mirko Arend. Sonderschauen rund um das Thema Nachhaltigkeit Die Sonderschauen der BAU 2011 werden sich, jeweils aus verschiedenen Blickwinkeln, ebenfalls mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Das ift Rosenheim zeigt gemeinsam mit führenden Herstellern, wie mit leistungsfähigen und innovativen Fenstern und Fassaden nachhaltiges Bauen und Energiegewinnhäuser realisiert werden können. Die Fraunhofer-Allianz Bau präsentiert in der Sonderschau "Intelligentes Bauen" innovative Technologien aus der Bauforschung - Nachhaltigkeit steht dabei ganz oben auf der Agenda. Das nachhaltige Bauen steht auch im Fokus einer Sonderschau zum Thema „Generationengerecht Bauen wirtschaftlich, flexibel, barrierefrei“, welche die BAU in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik ® (GGT) präsentiert. Die BAU und die Fraunhofer-Allianz BAU haben sich auf eine strategische Allianz verständigt Die Fraunhofer-Allianz BAU wird die BAU künftig mit ihrem Know How und ihrem Netzwerk unterstützen - und umgekehrt. Die Allianz legt ihren Forschungsschwerpunkt auf Fragen zur Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, aber auch auf den Aspekt der Gesundheitsverträglichkeit des Bauens und Wohnens sowie auf Problemstellungen von Produkt-, System- und Prozessoptimierung. Auf der BAU 2011 wird die Zusammenarbeit in eine von der Fraunhofer-Allianz BAU präsentierten Sonderschau zum Thema „Intelligentes Bauen“ münden. Mit der Sonderschau leistet die Fraunhofer-Allianz auch einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der BAU-Leitthemen „Nachhaltig bauen“ sowie „Forschung und Innovation in der Bauwirtschaft“. Vom Werkstoff über Bauteil, Raum und Gebäude bis hin zum kompletten Siedlungskonzept zeigen die 16 Fraunhofer-Institute der Allianz BAU auf der Sonderschau innovative Lösungen zu den Forschungsthemen Innenräuwksb | 64/2010 | Interessante Termine me und Menschen, klima- und kulturangepasstes Bauen sowie Hochleistungswerkstoffe und intelligente Gebäudeleitsysteme. Solar Decathlon Europe Wie ein Gebäude unter dem Primat der Nachhaltigkeit geplant und realisiert werden kann, das zeigt die BAU 2011 ganz konkret am Beispiel der Wettbewerbsbeiträge zum „Solar Decathlon Europe 2010“. 19 Universitäten aus Europa, Amerika und Asien nehmen an diesem Wettbewerb teil. Aufgabe der Studententeams ist es, ein Gebäude zu entwerfen, dessen Energie allein durch die Sonnenenergie gedeckt wird. Die Gebäude der vier deutschen Universitäten, die beim Solar Decathlon Europe ins Rennen gehen, werden auf der BAU 2011 zu sehen sein und dort erstmals einem breiten Fachpublikum vorgestellt - sicher ein ganz besonderes Highlight. Darüber hinaus ist geplant, von allen anderen Wettbewerbsbeiträgen zumindest Modelle zu präsentieren. „Die BAU gibt damit einen exzellenten Überblick, was beim solaren Bauen möglich ist und wie sich neueste Forschungsergebnisse ganz konkret umsetzen lassen“, so Projektleiter Arend. Das Angebot ist nach Baustoffen sowie nach Produkt- und Themenbereichen gegliedert. Zukunftsweisende Themen wie „Nachhaltiges Bauen“ spielen quer durch alle Ausstellungsbereiche eine wichtige Rolle. Die zahlreichen attraktiven Veranstaltungen des Rahmenprogramms, darunter hochkarätige Foren mit Experten aus aller Welt, runden das Messeangebot ab. (ag) Die Blitzkarriere der Nachhaltigkeit Themen wie Umweltschutz und niedriger Energieverbrauch begleiten die Immobilien- und Bauwirtschaft schon seit den 70er Jahren. Mittlerweile haben diese Themen in Politik und Wirtschaft höchste Priorität - nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Der eigentlich aus der Forstwirtschaft stammende Begriff der Nachhaltigkeit wurde kurzerhand für ganze Gesellschaftsbereiche - das Bankwesen vielleicht ausgenommen - adaptiert. Heute wird praktisch jedes Produkt auf seine Nachhaltigkeit hinterfragt, jeder Produktionsprozess wird entsprechend optimiert. Der Grund für diese Blitzkarriere ist der weiter zügellose Verbrauch von Ressourcen und Energie, verbunden mit steigenden Preisen, Klimawandel und CO2-Diskussion. Quelle: © Messe München Zur BAU 2011 Die BAU 2011, Weltleitmesse für Architektur, Materialien, Systeme, findet vom 17. bis 22. Januar 2011 auf dem Gelände der Neuen Messe München statt. Erwartet werden mehr als 1.900 Aussteller aus über 40 Ländern sowie mehr als 210.000 Besucher aus rund 150 Ländern. Auf 180.000 m² Fläche präsentiert die BAU Architektur, Materialien und Systeme für den Industrie- und Objektbau, den Wohnungsbau und den Innenausbau. Sie führt, weltweit einmalig, alle zwei Jahre die Marktführer der Branche zu einer Gewerke übergreifenden Leistungsschau zusammen. Mit über 38.000 Planern ist die BAU zugleich die weltgrößte Fachmesse für Architekten und Ingenieure. wksb | Quelle: © Messe München - P.G. Loske 64/2010 | 81 Aus- und Weiterbildung | MASTERSTUDIENGANG PASSIVHAUS+ National und international ausgezeichnete Berufsaussichten für AbsolventInnen der Architekturfakultät der Fachhochschule Erfurt Prof. Ludwig Rongen* Wir machen ArchtitektInnen…, denn ich rede nicht über einen „Baufachmann“, sondern ein Architekt wird der sein, der gelernt hat, mittels eines bewundernswerten Plans in Gedanken und Gefühl ein hervorragendes Gebäude zu entwerfen…“, so sinngemäß Leon Battista Alberti in der Vorrede zu seinen zehn Büchern über Architektur. So beginnt der Flyer zum Masterstudienprogramm der Architekturfakultät an der Fachhochschule Erfurt. Architekten waren sich immer ihrer hohen sozialen Verantwortung bewusst. Energie und Klimaschutz hängen unmittelbar miteinander zusammen und sind zu zwei der wichtigsten Themen, wenn nicht sogar zu den Themen unserer Zeit geworden. Tagtäglich berichten die Medien über kontinuierlich steigende Energiepreise, Klimaveränderungen und Naturkatastrophen. Inzwischen hat es sich überall herumgesprochen: Die Energieressourcen sind endlich! „Der Zug der globalen Klimaveränderung rollt“ (Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber). Eine Qualität volle Gestaltung ist selbstverständlich Voraussetzung für ein „hervorragendes Gebäude“, kann aber für sich alleine noch lange nicht den Anspruch erheben, damit schon alle Voraussetzungen für ein „hervorragendes Gebäude“ zu erfüllen. Gute Architektur ist mehr als nur Gestaltqualität. Schon immer war es Aufgabe der Architekten, sich den Herausforderungen/den Problemen der Zeit zu stellen und darauf geeignete Antworten zu finden. Gute Dies bestreitet heute niemand mehr seriös. Und der Mensch ist die Ursache dafür, wie wir inzwischen alle wissen. Quelle: Fachhochschule Erfurt Es hat sich auch herumgesprochen, dass wir den Klimawandel nicht mehr aufhalten, schon gar nicht mehr rückgängig machen können. Wir können uns allenfalls bemühen, die Auswirkungen zu begrenzen, aber wir dürfen nicht länger warten! Aus der Klimaveränderung, die selbst Experten in diesem Ausmaß bei weitem nicht vorhergesehen haben, sollten wir gelernt haben. Den zur Neige gehenden Energieressourcen durch weiteren Ausbau des Kernkraftwerknetzes entgegen zu wirken, das ist keine Alternative und in Deutschland sicher auch nicht so schnell umzusetzen, was auch gut so ist. * Prof. Dipl.-Ing. Ludwig Rongen, Fachhochschule Erfurt 82 | Architekten haben in aller Regel das berechtigte Ziel (s. o.), Gebäude von hoher Gestaltqualität zu schaffen. Und gerade hier scheiden sich häufig die Geister! Gerade diejenige Berufsgruppe, die bei der Bewältigung der o. g. Probleme besonders gefragt ist, - nämlich die der ArchitektInnen ist bei Weitem noch längst nicht so sensibilisiert wie dies zwingend erforderlich wäre (zumindest ist es in Deutschland leider immer noch nicht so). Vielleicht hängt dies mit Unwissen („Hochenergieeffiziente Gebäude können keine hohe Gestaltqualität aufweisen“, ist immer noch eines der Hauptargumente warum ArchitektInnen sich dem hochwksb | 64/2010 | Aus- und Weiterbildung „PASSIVHAUS+“ vermittelt werden und sie damit für die größten Herausforderungen unserer Zeit qualifizieren. energieeffizienten Bauen immer noch gerne verschließen; derartige Vorurteile, oft von gestandenen und renommierten Architekten geäußert und gelebt, gilt es abzubauen) oder auch mit der Berührungsangst mit „ein wenig“ Bauphysik zusammen? Quelle: Fachhochschule Erfurt In jedem Fall stellen insbesondere auch die Architektenkammern immer wieder fest, dass Architekten sich dem Thema „Energieeffizientes Bauen“ nur sehr zögerlich nähern. Die Architekturfakultät der Fachhochschule Erfurt hat sich das ehrgeizige Ziel gesteckt, dem mit Nachdruck entgegen zu wirken. Deshalb ist das Thema „Energie und Form“ der Schwerpunkt in allen Vertiefungsprogrammen des seit dem Wintersemester 2008/2009 bestehenden Masterstudiengangs „Masterhaus - Energie und Form“. Der Begriff „Masterhaus“ bezeichnet eine besondere Form der Lehre. Ähnlich der Arbeit in einem Architekturbüro, das Projekte in hoher baulicher Qualität entwirft, plant und umsetzt, sollen hier praxisnahe Inhalte und Methoden vermittelt werden. In den von der Hochschule zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten arbeitet jeder Student an seinem eigenen, festen Arbeitsplatz. Der Studiengang vermittelt dafür nicht nur das architektonische Wissen, sondern verbindet dies auch mit erforderlichen Kenntnissen zur Bauphysik. Zeitgemäße ArchitektInnen können sich auf diese Weise dem Thema „Energieeffizientes Bauen“ stellen und Architektur, Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu einem Ganzen machen. Die Studierenden aller Mastervertiefungsstudiengänge erreichen mit erfolgreichem Abschluss ihres Studiums den akademischen Grad eines „Masters of Art“. Sie können sich darüber hinaus zum(r) durch das Passivhaus Institut Darmstadt „Zertifizierten Passivhausplaner(in)“ qualifizieren, was ihnen hervorragende Berufsaussichten im In- und Ausland verspricht. Auch der „geistige Vater“ des Passivhauses, Prof. Dr. Wolfgang Feist, Universität Innsbruck und Leiter des Passivhaus Instituts Darmstadt wirkt selbst als Lehrender in diesem Studiengang mit. Der Masterstudiengang an der Architekturfakultät der Fachhochschule Erfurt ist ein 2-jähriges Studienprogramm. Es richtet sich an ArchitektInnen mit Berufspraxis und Absolventen der Fachrichtung Architektur, die bereits über einen Bachelor- oder einen Diplom-Abschluss verfügen. Der Mastervertiefungsstudiengang Passivhaus+ vermittelt konzeptionelle, experimentelle und analytische Fähigkeiten zur Entwicklung innovativer Gebäude-Konzepte. Inhalte des 4-semestrigen konsekutiven Studiengangs sind neben vielen anderen Themen, die hohe Arbeitsmarktchancen über Deutschland hinaus eröffnen, u. a. das Erlernen konzeptioneller, experimenteller und analytischer Fähigkei- Hochenergieeffizientes Bauen ist bei Weitem nicht nur Physik. Qualität volles hochenergieeffizientes Bauen ist Architektur auf höchstem Niveau, ist Städtebau, ist Baukonstruktion, ist Ökonomie und Ökologie und nicht zuletzt auch Soziologie und Psychologie. Dieses und vieles mehr soll den Studierenden in dem Mastervertiefungsstudiengang wksb | Quelle: Fachhochschule Erfurt Eines der Vertiefungsprogramme heißt PASSIVHAUS+. Das „+“ steht dabei dafür, dass hochenergieeffiziente Gebäude mehr als nur supergedämmte Hüllen, also keine unproportionierten, gesichtslosen Kisten minderer Gestaltqualität sind. Genauso wie eine Qualität volle Gestaltung allein noch lange nicht den Anspruch für sich erheben kann, „gute Architektur“ zu sein, so kann man bei einem Passivhaus nicht schon deshalb von „guter Architektur“ sprechen, nur weil es ein Passivhaus ist. Dass aber gerade auch Passivhäuser alle Anforderungen, die man an „gute Architektur“ stellt, erfüllen können, das beweisen mittlerweile zahlreiche in höchster Architekturqualität realisierte Passivhäuser. ten zur Entwicklung zukunftsweisender Gebäude-Konzepte sowie die Integration neuer intelligenter Technologien in den Bau- und Planungsprozess. Schwerpunkte des international ausgerichteten Masterprogramms sind „Energie und Gebäudeentwurf“, „Energie und Neue Technologien“ sowie „Energie und Stadtentwicklung“. 64/2010 | 83 Aus- und Weiterbildung | Internationales Studium Internationale Option: New York-Studio, USA Das neue Programm bietet zudem die Option international und interdisziplinär zu arbeiten und unterstützt ein international ausgerichtetes Studium, das zu Arbeitserfahrungen in neuen räumlichen und sozialen Welten führt. Das Studieren im Ausland hat in der Architekturausbildung eine lange Tradition - das Programm bietet die Möglichkeit an Exkursionen teilzunehmen (mit ausländischen Architekten vor Ort). In Zusammenarbeit mit der Faculty of Architecture der Parsons New School for Design, New York, werden urbane Entwicklungen analysiert und nach neuen Lebens- und Wohnformen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten gesucht. Im Wintersemester 2010/2011 wird es ein gemeinsam zu bearbeitendes Semesterprojekt (ein Hochhaus in Manhattan nach Passivhauskriterien) der kooperierenden Fakultäten (Parsons New School for Design, New York und Architekturfakultät FH Erfurt) geben. Dieses Projekt wird Bestandteil eines internationalen Studentenwettbewerbs - ausgelobt und unterstützt durch saint-Gobain ISOVER G+H AG - sein. Bei dem gleichartigen Wettbewerb konnten im Sommersemester zwei Studierende des Masterstudiengangs PASSIVHAUS+ der Architekturfakultät Erfurt in der internationalen Endausscheidung in Innsbruck einen erfolgreichen 3. Preis erzielen. Für das gemeinsame Lehrkonzept zusammen mit der Parsons New School for Design, New York, wurde die Architekturfakultät der FH Erfurt im Frühjahr 2010 im Rahmen eines Hochschulwettbewerbs mit einem von 3 gleichrangigen (ersten) Förderpreisen ausgezeichnet. Internationale Option: Chengdu-Studio, China Am Chengdu-Studio können Architekturstudenten mit guten akademischen Leistungen teilnehmen. Hauptthemen sind hier Klima Design und Ausstellungsarchitektur. In Zusammenarbeit mit der Architekturfakultät der Southwest Jiaotong University Chengdu (Sichuan Provinz) stehen hier im Fokus: Klima-Design und energieeffizientes Bauen in unterschiedlichen Klimazonen sowie Phänomene urbaner Dynamik. Internationale Option: Bandung-Studio, Indonesien Am Bandung-Studio können Architekturstudenten mit guten akademischen Leistungen teilnehmen. Gegenstand des Kurses ist die Dynamik stadtregionaler Entwicklungen. In Zusammenarbeit mit der School of Architecture, Planning and Policy Development, ITB Bandung stehen hier im Fokus: Konzepte für Umwelt gefährdete Regionen (Tsunami/Erdbeben) und Phänomene urbaner Dynamik. Kontakt: Internationale Option: Neu Delhi-Studio, Indien Prof. Dipl.-Ing. Rolf Gruber In Zusammenarbeit mit der Faculty of Architecture and Ekistics, Jamia Millia Islamia University werden hier Phänomene urbaner Dynamik thematisiert. Prof. Dipl.-Ing. Ludwig Rongen Architekt und Stadtplaner BDA, Zertifizierter Passivhausplaner,Gastprofessor Southwest Jiaotong University, Chengdu (VR China), Gastprofessor Sichuan University, Chengdu (VR China) [email protected] Architect and City Planner AKT, Econceptual Design/Building Typology, International Relation [email protected] Seminarangebote der Saint-Gobain ISOVER G+H AG Architektenseminare Seminar Termin Ort Thema KIC-1 12. 11. 2010 Ladenburg Kundenorientierte Energieberatung KIC-2 24. 11. 2010 Ladenburg Berücksichtigung von Wärmebrücken nach EnEV KIC-3 08./09. 11. 2010 Ladenburg Modul 1 Energieausweise für Nichtwohngebäude DIN V 18599 und EnEV KIC-3 10. 11. 2010 Ladenburg Modul 2 Energieausweise für Nichtwohngebäude DIN V 18599 und EnEV KIC-1 21. 02. 2011 Kassel Kundenorientierte Energieberatung Anmeldungen per E-Mail an: [email protected] Alle Termine finden Sie auch unter www.ISOVER.de - Dialog+Downloads/ISOVER akademie 84 | wksb | 64/2010 | Vorschau Ausblick Heft 65 Im nächsten Heft werden wir unter anderem über folgende Themen berichten: | Titelthema „Die Geschichte der Dämmstoffe“ Vor dem Hintergrund der aktuellen Energiediskussionen bekommen Dämmstoffe eine immer höhere Bedeutung im Hochbau und in der technischen Isolierung. wksb beleuchtet die Entwicklung von Dämmstoffen in den letzten Jahrzehnten hinsichtlich der Materialien und der stetig steigenden Marktanforderungen. | Netzwerke „Netzwerke für die Modernisierungsberatung“ Mit steigenden Anforderungen an die Energieeffizienz von Wohn- und Nutzgebäuden wird der Informationsbedarf von Gebäudebesitzern größer. Komplizierte Berechnungsverfahren erfordern dazu intensivere Kenntnisse bei Beratern, Planern und Handwerkern. Diese Komplexität beherrschbar zu machen ist das Ziel von Netzwerken, die Gebäudebesitzern möglichst umfassende Beratung und Ausführungsempfehlungen bis hin zur Umsetzung anbieten. wksb wird Sinnhaftigkeit und Erfolgsaussichten solcher Netzwerke beleuchten. | Technik + Praxis „Problemfeld Dachmodernisierung“ Die Modernisierung von Gebäuden bestimmt den Hochbaumarkt wie nie zuvor. Diese im Einklang mit den Erwartungen der Hausbewohner umzusetzen ist zeitweise eine große Herausforderung. wksb berichtet über Systemlösungen und Praxiserfahrungen speziell zur Dachmodernisierung. Hinweis: Dieser Artikel war bereits für Heft 64 geplant, musste aus technischen Gründen leider verschoben werden. Wir bitten dies zu entschuldigen. Die Redaktion. | innovative systemlösungen „Innenseitige Dämmung von Außenwänden“ Die Innendämmung stellt oftmals die einzige Lösung zur energetischen Verbesserung von Außenwänden dar. In der nächsten Ausgabe werden Systemlösungen vorgestellt. Dabei werden auch wichtige Anschlussdetails betrachtet. | normen und richtlinien „Dauerhaftigkeit von Klebeverbindungen E DIN 4108-11“ Die Dauerhaftigkeit von Luftdichtheitsschichten stellt eine essentielle Anforderung der gesetzlichen Regelungen zum Energie effizientem Bauen dar. Bisher fehlte ein gesicherter Nachweis der Eignung und Dauerhaftigkeit von Klebebändern und Klebemassen als Bestandteil eines Luftdichtheitssystems. Diese Lücke wird mit dem Entwurf der DIN 410811 geschlossen. wksb | 64/2010 | 85 Impressum | Herausgeber SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG Verantwortlich: Michael Wörtler Redaktionsteam wksb Die Zeitschrift für Wärmeschutz · Kälteschutz · Schallschutz · Brandschutz führt die Tradition der Zeitschrift »wärme · kälte · schall« fort. Die erste Ausgabe von »wärme · kälte · schall« erschien 1956. Mit Beginn der »Neuen Folge« wurde 1975 der Themenkreis um den Bereich des Brandschutzes und um Architekten-Informationen über Dämmstoffe und Glas erweitert. Redaktionsleitung Dipl.-Ing. Alexander Geißels Tel: 06 21 / 47 01 - 600 E-Mail: [email protected] Redaktion SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG wksb-Redaktion Postfach 21 05 65 67005 Ludwigshafen Tel: 06 21 / 47 01 - 603 Fax: 06 21 / 47 01 - 607 E-Mail: [email protected] Redaktion Schwerpunkt Normen Dr. Franz-Josef Kasper Tel: 06 21 / 47 01 - 640 E-Mail: [email protected] Druck und Verlag Zeittechnik-Verlag GmbH Friedhofstraße 13 63263 Neu-Isenburg Tel.: 06102 / 367370 Fax: 06102 / 31960 E-Mail: [email protected] Redaktion Schwerpunkt Bauphysik Dipl.-Ing. Dominik Noé Tel: 06 21 / 47 01 - 605 E-Mail: [email protected] Jahresabonnement Abonnement (2 Hefte/Jahr): 20,- € inklusive MwSt. und Versand Einzelpreis: 12,- € Auflage: 5.000 Exemplare ISSN 0341-0293 Redaktion Schwerpunkt Bauphysik Dipl.-Ing. René Ohl Tel: 06 21 / 47 01 - 617 E-Mail: [email protected] Nachdruck und Vervielfältigung - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Die mit Namen der Verfasser gezeichneten Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung von Herausgeber und Redaktion wieder. Redaktion Schwerpunkt PR und Koordination Betriebsw. (VWA) Valbone Zeqiraj Tel: 06 21 / 47 01 - 603 E-Mail: [email protected] 86 | wksb | 64/2010 wksb | 64/2010 | 87