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SII
Architektur 5
Peter Zumthor
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Die atmosphärische Architektur des Peter Zumthor:
unverwechselbare Präsenz von Ort, Licht, Material und Gelassenheit
Claudia Schönherr-Heinrich, Berlin
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Schülerarbeit: Entwurfsskizzen für einen kleinen Versammlungsraum
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Peter Zumthor ist einer der bedeutendsten
Architekten der Gegenwart. Seine Bauwerke
gehen in besonderer Weise mit den Orten um,
an denen sie stehen. Sie bieten Räume an, die
die Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, die der
Baumeister auch bei ihrer Erarbeitung für sich
in Anspruch nimmt. Aussagekräftige Materialien, deren sorgfältige Bearbeitung, berührende
Lichtsituationen und bestechende Konstruktionen bringen Gebäude hervor, die in ihrer ästhetischen Qualität unverwechselbar sind.
In der vorliegenden Unterrichtseinheit lernen
Ihre Schülerinnen und Schüler die wichtigsten
Bauwerke Zumthors sowie seine Arbeitsweise
kennen. Eine zweiteilige praktische Arbeit bildet
die Klammer: Zunächst wird die Atmosphäre
eines Ortes erfasst, um am Ende der Einheit in
einem Entwurf eines kleinen Versammlungsraumes für diesen Ort Licht, Material und Form zu
konkretisieren.
Klassenstufe: 11/12
Dauer:
10 Doppelstunden (ohne Klausur)
Bereich:
Architektur
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RAAbits Kunst Februar 2016
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M1
Peter Zumthor
Architektur 5
SII
Wahrnehmung und Visualisierung eines Ortes
Fotos: Thinkstock/iStock
Der visuelle Eindruck der Umgebung ist nur ein Teil der
Wahrheit …
Aufgabe 1
Gehen Sie an eine beliebige Freifläche in Ihrem Schulumfeld und lassen Sie sich dort nieder. Nehmen Sie sich
Zeit, um diesen Ort möglichst genau wahrzunehmen.
Nehmen Sie den Ort wahr.
Erkunden Sie natürliche Gegebenheiten wie Boden und
Pflanzen, aber auch Formen und Strukturen der umgebenden Gebäude und Verkehrswege
(vertikale, horizontale, runde Linien und Formen) sowie die Farbigkeit des Ortes insgesamt
und im Einzelnen. Nehmen Sie auch Gerüche, Geräusche und Lichtverhältnisse des Ortes
wahr, sodass für Sie ein Gesamteindruck dieses Ortes entsteht.
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Aufgabe 2
Finden Sie mithilfe von Kohle und farbigen Pastellkreiden eine skizzenhaft-abstrahierte Form,
um diesen Ort zu charakterisieren. Zeichnen Sie keine konkreten Formen wie Bäume und
Häuser, sondern reduzieren Sie alles Sichtbare und Erlebbare auf Farbflächen und Richtungen, sodass ein atmosphärisches Bild des Ortes entsteht.
Arbeiten Sie auf DIN A4. Fertigen Sie mehrere Blockstudien an und wählen Sie diejenige
aus, die Ihrer Ansicht nach am aussagekräftigsten ist. Fixieren Sie Ihre Skizze nach der Rückkehr in den Unterrichtsraum nach 45 Minuten.
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Erläuterungen (M 1)
Schreiben Sie vor der Unterrichtsstunde die wichtigsten Aspekte der Aufgabe stichpunktartig
an die Tafel. Erläutern Sie dann die Aufgabe anhand der Stichpunkte und zeigen Sie ggf. ein
Beispiel. Nach Fertigstellung und Fixierung der Skizzen werden diese im Unterrichtsraum aufgehängt. Lassen Sie nach einer Betrachtungsphase einzelne Schülerinnen und Schüler ihre Wahrnehmungen sowie die Schwierigkeiten bei der Umsetzung in eine abstrahierte Form nennen.
Ziel der Besprechung soll ein vertieftes Bewusstsein der Lernenden dafür sein, dass jeder Ort
durch Farben, Formen, Richtungen, Lichtverhältnisse und Materialien eine spezifische Atmosphäre erhält.
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Die Skizzen der Lernenden kommen im Rahmen von M 11 erneut zum Einsatz!
Erwartungshorizont (M 1)
Schülerarbeit: farbige Pastellskizze eines Ortes im Schulumfeld
RAAbits Kunst Februar 2016
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SII
Architektur 5
Peter Zumthor
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Nehmen Sie in Partnerarbeit anhand der gegebenen Abbildungen und des
Textes eine Werkanalyse vor. Tragen Sie beide zu den jeweiligen Aspekten in
der Tabelle Ihre Beobachtungen und Erkenntnisse ein, die Sie vorher miteinander abgestimmt haben. Sie haben 45 Minuten Zeit.
Aspekte und Fragestellungen
Foto: Imago
Aufgabe
Beobachtungen / Erkenntnisse
allgemeine Daten
(Architekt, Jahr der Fertigstellung,
Standort, Funktion)
erster Eindruck
(Form, statisch oder dynamisch?,
Einbindung in die Umgebung,
Gliederung und Materialien
der Fassade, Besonderheit des
Gebäudes)
Materialien, Konstruktion
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Baukörper
(Gesamtform und Elemente),
Dimensionen
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Blickführung, Bewegung,
Rhythmus
Fassade
(Gestaltung, Materialien, Farbe,
Licht, Verhältnis Fassade und
Konstruktion)
Innenraum
(Gliederung, Dimensionen,
Lichtverhältnisse, Raumwirkung)
Außenraum
(Verhältnis zwischen Baukörper
und Außenraum, z. B. Entstehung
eines Platzes?)
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RAAbits Kunst Februar 2016
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Architektur 5
SII
Das Kolumba-Museum, die Bruder-Klaus-Kapelle und die
Therme in Vals
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Fotos: a)/b) C. Schönherr-Heinrich; c) Centpacrr/CC BY-SA 3.0; d) picture alliance/DUMONT Bildarchiv; e) Micha/CC BY-SA 3.0; f) picture alliance/KEYSTONE
M5
Peter Zumthor
Peter Zumthor: a) Kolumba, Köln, 2007; Außenansicht Westseite, b) Kolumba, Außenansicht Südseite, c) Bruder-KlausKapelle, Mechernich-Wachendorf, 2007; Außenansicht, d) Bruder-Klaus-Kapelle, Dachöffnung, e) Therme Vals, Graubünden, 1996; Außenansicht, e) Therme Vals, Innenansicht
RAAbits Kunst Februar 2016
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SII
M8
Architektur 5
Peter Zumthor
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Auf dem Feld: die Bruder-Klaus-Kapelle in MechernichWachendorf
Lage:
Die 2007 eingesegnete Bruder-Klaus-Kapelle steht auf einem
Feld der Bauherrenfamilie in der Voreifel. Sie ist nur über einen
1,3 Kilometer langen, ansteigenden Feldweg zu erreichen.
Planung:
Das Landwirtehepaar Scheidtweiler aus Wachendorf wollte
aus Dankbarkeit für ein gelungenes Leben und zum Lob des
Schutzheiligen Nikolaus von der Flüe einen kleinen Andachtsraum bauen lassen. Sie hörten von dem Architekten Peter
Zumthor, der zu dieser Zeit das Kolumba-Museum in Köln
Lageplan
plante, und wandten sich an ihn. Da Zumthor als Schweizer
zu dem ebenfalls Schweizer Heiligen Bruder Klaus eine besondere Beziehung hat, verzichtete
er weitgehend auf sein Honorar. Er legte sogar in der letzten Bauphase selbst mit Hand an.
Konstruktion und Bau:
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Für die Konstruktion wurden 112 Fichtenstämme aus der
Umgebung auf einer Betonplatte zeltartig aufgerichtet. Als
Ummantelung wurden 50 cm hohe Stampfbetonschichten
bis zu einer Gesamthöhe von 12 Metern errichtet, die von
insgesamt 24 Tragwerken gehalten wurden. Die Werkstoffe
für den Beton stammen aus der Umgebung und wurden vor
Ort gemischt. Die Arbeit an der Ummantelung dauerte ein
Jahr. Anschließend wurde für drei Wochen ein Mottbrand in
Gang gesetzt, nachdem die 350 röhrenförmigen Öffnungen,
die aus bautechnischen Gründen von außen ins Innere eingelassen wurden, sowie die Dachöffnung verschlossen worden
war. Durch den Mottbrand lösten sich die Baumstämme von
der Verschalung, wurden entfernt und hinterließen dunkelrußig ihre Negativform. Bis heute ist der Brandgeruch in der
Kapelle wahrzunehmen. Der Boden besteht aus Zinnblei,
das vor Ort geschmolzen und mit Schöpflöffeln ausgegossen wurde. Dadurch ist der Boden uneben.
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Grundriss mit Dachöffnung
Konstruktion im Bau
Innenraum:
Durch einen niedrigen und
schmalen Eingangsbereich, über
dem ein kleines Kreuz auf den
Zweck hinweist, gelangt man
in den finsteren, an eine Höhle
erinnernden Innenraum, der
höchstens 12 Personen Platz
bietet. Dort befinden sich eine
Sitzbank, ein kastenförmiges,
mit Sand gefülltes Gestell für
Kerzen, eine Stele mit der Büste
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RAAbits Kunst Februar 2016
SII
M 11
Architektur 5
Peter Zumthor
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Ein kleiner Versammlungsraum für einen spezifischen Ort:
Entwurfsarbeit
Foto: Thinkstock/Digital Vision
Hier kommt Ihre erste Skizze erneut zum Einsatz!
Aufgabe
Entwerfen Sie für den am Anfang der Unterrichtseinheit
abstrahiert skizzierten Ort einen kleinen Versammlungsraum für zehn bis zwölf Personen, der im Sinne Peter
Zumthors einen Ortsbezug herstellt. Planen Sie passende
Materialien ein und denken Sie an eine sinnvolle Berücksichtigung natürlichen Lichts.
Was für ein Versammlungsraum
passt zum Ort?
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– Fertigen Sie zunächst eine Reihe von Ideenskizzen auf DIN A4-Papier an.
– Zeichnen Sie dann auf DIN A3-Papier einen Lageplan, zwei farbige Seitenansichten
sowie einen Grundriss des Gebäudes. Geben Sie in lesbarer Schrift die gedachten Materialien an. Fügen Sie ggf. weitere wesentliche Informationen schriftlich hinzu. Arbeiten
Sie mit Bleistift, Buntstiften und schwarzem Fineliner. Ordnen Sie die vier Zeichnungen auf
einer Seite des Blattes an, sodass sie gleichzeitig zu sehen sind.
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– Sollten Sie vorzeitig fertig sein, fertigen Sie bitte eine zweifluchtpunktperspektivische
Zeichnung Ihres geplanten Gebäudes an – möglichst ebenfalls auf dem DIN-A3-Blatt.
Sie haben für die Aufgabe sechs Unterrichtstunden Zeit.
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Erläuterungen (M 11)
Teilen Sie die im Rahmen von M 1 entstandenen Skizzen und die Aufgabe M 11 in schriftlicher
Form aus. Stellen Sie die für die Bearbeitung der Aufgabe benötigten Materialien bereit. Sollten
die Schülerinnen und Schüler kein oder wenig Vorwissen über die Anfertigung von Architekturentwürfen haben, hängen Sie Beispiele an die Tafel oder legen Sie entsprechende Bücher aus.
Nach Fertigstellung der Arbeiten werden diese an einer ausreichend großen Wand nebeneinandergehängt. Die Lernenden erhalten die Gelegenheit, sich die Ergebnisse 15 Minuten anzusehen. Erteilen Sie dann den Auftrag, individuell eine Arbeit, die für besonders gelungen gehalten
wird, auszuwählen und diese noch einmal genauer anzusehen. Lassen Sie anschließend drei
Schülerinnen oder Schüler die ausgewählten Arbeiten vorstellen. Abschließend wird in einem
Unterrichtsgespräch darüber diskutiert, inwieweit Prinzipien, die Peter Zumthor in seiner Architektur anwendet, bei den Arbeiten Berücksichtigung fanden.
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Erwartungshorizont (M 11)
Schülerarbeiten: Skizzenblatt und Entwurfszeichnung
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RAAbits Kunst Februar 2016
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