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TAZ, 24.4.2014 – Ralf Sotscheck
http://www.taz.de/Foerderung-fuer-CCS-Technologie/!137281/
Förderung für CCS-Technologie
EU-Kohle für Kohle
Im britischen Selby entsteht ein fossiles Kraftwerk. Dessen CO2-Emissionen sollen unter die
Nordsee geleitet und dort gespeichert werden.
Keine 20 Kilometer von Selby entfernt, in Ferrybridge, gibt es schon ein
Kohlekraftwerk. Bild: imago/blickwinkel
DUBLIN taz | In Großbritannien entsteht das erste von der Europäischen Union geförderte
Projekt zur Lagerung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) unter der Erdoberfläche. 300
Millionen Euro will Brüssel für ein Kohlekraftwerk bei Selby in der nordenglischen Grafschaft
Yorkshire bereitstellen, das Strom für 630.000 Haushalte liefern soll. Der Clou: 90 Prozent
der CO2-Emissionen sollen aufgefangen und durch ein Rohrsystem an einen Speicherplatz
unter dem Meeresboden der Nordsee geleitet werden – immerhin zwei Millionen Tonnen im
Jahr. Das Projekt trägt den Namen „White Rose CCS“. CCS steht für Carbon Capture and
Storage.
Gebaut wird „White Rose“ von Capture Power, einem Konsortium aus der französischen
Alstom, der britischen Stromfirma Drax und dem Industriegas-Unternehmen BOC. Das Geld
wird allerdings erst im Sommer 2015 fließen – wenn die Betreiber bis dahin nachgewiesen
haben, dass das Projekt realisierbar und das nötige Eigenkapital da ist.
CCS ist eine umstrittene Möglichkeit, die Aufheizung der Atmosphäre durch zu viel CO2Einleitung zu verringern, ohne beispielsweise komplett auf Kohlekraftwerke zu verzichten. In
den letzten Jahren hatten vor allem die hohen Kosten die Entwicklung zurückgeworfen.
Experten schätzen, dass sich der Strompreis um die Hälfte erhöht oder gar verdoppelt,
wenn ein Kraftwerk mit CCS arbeitet.
Die EU hatte gehofft, dass der Handel mit CO2-Ausstoßrechten einen Anreiz für die CCSEntwicklung bieten würde, weil CCS-Kraftwerke entweder keine Zertifikate kaufen oder aber
ihnen zugeteilte Rechte weiterverkaufen könnten. Doch nach dem Preisverfall sind die wenig
attraktiv. Nun setzt die EU auf direkte Subventionen, die sie allerdings ebenfalls wie
Sauerbier anbieten muss.
Abhängig von der politischen Lage
Auch die britische Regierung hatte bereits vor sieben Jahren erfolglos einen CCS-Wettbewerb im Wert von einer Milliarde Pfund ausgeschrieben. Sie hat aber weiterhin vor, eine
Vorreiterrolle zu übernehmen, und plant die Förderung eines weiteren Projekts: Das
Energie-Unternehmen Scottish and Southern Energy will CCS in einem Gaskraftwerk im
schottischen Aberdeen installieren und das CO2 100 Kilometer nördlich in ein erschöpftes
Erdgasfeld unter der Nordsee leiten. Dieses Projekt hängt aber von der politischen Lage ab.
Wenn die Schotten im September für Unabhängigkeit stimmen, wird es mit den Zuschüssen
aus London nichts.
Der Weltklimarat gehört zu den CCS-Skeptikern. Im jüngsten Teil ihrer Klimaberichte
schreiben die Forscher: „Wenn nicht rasch gehandelt wird, helfen nur noch Verfahren wie die
noch unausgereifte Speicherung von CO2 unter dem Erdboden oder eine verstärkte
Biomassenutzung.“
Der Europa-Abgeordnete und umweltpolitische Sprecher der Liberalen Demokraten, Chris
Davies, äußerte sich dennoch erfreut über die zu erwartende EU-Förderung von „White
Rose“. „Die finanzielle Unterstützung für das erste CCS-Kraftwerk in unserem Land oder gar
in Europa ist ein großer Gewinn für Großbritannien“, sagte er. „Es unterstreicht das politische
Engagement der Regierung, sicherzustellen, dass wir weiterhin fossile Brennstoffe verwenden können, ohne zum Problem der globalen Erwärmung beizutragen.“ Kritiker sehen
genau darin die Gefahr. Sie warnen, dass die Technologie Ländern eine Ausrede liefere, ihre
CO2-Emissionen nicht zu reduzieren.
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