Evolution der Erde

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Wolfgang Oschmann
Evolution der Erde
basics
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Aspekte und Methoden
Restanteil der radioaktiven Atome
Abb. 1-7 |
Die Menge einer radioaktiven Substanz nimmt mit der Zeit exponentiell ab. Wenn die Hälfte der
Ausgangsmasse zerfallen ist, spricht man von der Halbwertszeit (modifiziert nach Stanley 2001).
Links: Nach zwei- oder dreimaligem Durchlauf der Halbwertszeit reduziert sich die Ausgangsmasse
auf ein Viertel bzw. ein Achtel der Ausgangsmasse. Rechts: Die Halbwertszeiten einiger radio­aktiver
Elemente, die zur Datierung verwendet werden.
1
1/
2
1/
4
1/
8
1
/16
0
0
1
2
3
Zeit in Halbwertszeiten
Radioaktives
Halbwertszeit Halbwertszeit
Zerfallsprodukt
Radioaktives
Isotop Isotop
(Jahre)
(Jahre)
Zerfalls
87Rubidium
48,6 Milliarden48,6
87Stontium
87 Rubidium
Milliarden
232Thorium
1
3,9
Milliarden
Blei
232 Thorium
13,9208
Milliarden
238 Uran
Blei
238 Uran 4,5 Milliarden 4,5206
Milliarden
40Kalium
1,3Milliarden 1,3 40Argon
40 Kalium
Milliarden
235 Uran
Blei
235 Uran 700 Millionen 700207
Millionen
234 Uran
Thorium
234 Uran 250 000
250 000
14
5 720
14Kohlenstoff
5720
14Sticktoff
87 Stro
208 Ble
206 Ble
40 Arg
207 Ble
230 Tho
4
nale vorgenommen wird. Die chemischen Signale können Spurenelementanteile,
charakteristische Verhältnisse stabiler Isotope (z. B. δ18O, δ13C, δ34S) oder der Gehalt
an organischem Kohlenstoff sein.
▲
1.3 | Archive der Erd- und Lebensgeschichte
Das wesentliche Datenarchiv, das Geowissenschaftlern als Informationsquelle zur Verfügung steht, sind die Gesteine. Für die jüngste Erdgeschichte sind auch die kontinentalen Eisschilde mit eingeschlossenen
Gasbläschen verfügbar, aus denen die Zusammensetzung der Atmosphäre zur Zeit der Eisbildung erkennbar ist. Direkte Informationen
über die Atmosphäre, Ozeane und Biosphäre sind aber in der Regel
nicht zugänglich. Doch auch aus den Gesteinen (Lithosphäre) können Informationen darüber gewonnen werden. Die Sedimentgesteine
geben uns Informationen über Verwitterungsprozesse, Transport und
Ablagerung. Aus der Art der Ablagerungen können Geowissenschaftler
das Klima und die ozeanographischen Rahmenbedingungen verschiedener Zeiten rekonstruieren (Paläoklimatologie und Paläoozeanographie). Aus dem Fossilinhalt (Körperfossilien, Spurenfossilien und Chemofossilien) kann auf die oft komplex vernetzte Biosphäre und ihre
Veränderungen durch die Zeit geschlossen werden (Paläoökologie und
Archive der Erd- und Lebensgeschichte
Evolution). Spurenelementuntersuchungen und die Analysen stabiler
Isotopenverhältnisse in Gesteinen und Fossilien erlauben Rückschlüsse
auf Temperatur und Salinität im Ozean und z. T. auch auf die Treib­
haus­gasanteile in der Atmosphäre. Zur Rekonstruktion der Verhältnisse
in Raum und Zeit ist die gedankliche Umsetzung der Beobachtungen an
den Gesteinen durch Kombination und Abstraktion notwendig. Dazu
einige Beispiele: Klastische Sedimente erlauben anhand ihrer Korngrößen Rückschlüsse auf die Wasserenergie bei der Ablagerung, Tone
repräsentieren niedrige, Sand und Kiese hohe bis sehr hohe Wasserenergien. Reiche Fossilgehalte treten normalerweise im Flachwasser der
Schelfbereiche auf. Kohle entsteht über Torf aus Wäldern und belegt
somit eine üppige Vegetation und ein humides Klima. Gipse, Chloride
(z. T. auch Dolomite) sind Eindampfungsgesteine, die teilweise oder
ganz abgeschnürte Wasserbecken (Seen oder Nebenmeere) unter dem
Einfluss eines ariden Klimas belegen.
Auch die endogenen Prozesse sind an den Gesteinsmerkmalen
ablesbar. So sind etwa Gesteinsdeformation, Kompaktion, Faltung,
Störungen und Diskordanzen durch Bewegungen der Erdkruste entstanden, oft im Zusammenhang mit Gebirgsbildungen und durch die
Plattentektonik. Damit gehen in der Regel auch Gesteinsumwandlungen durch Lösung und Rekristallisation während der Diagenese und
Metamorphose einher. Magmenbildung findet überwiegend an den
Plattenrändern statt. An den ozeanischen Rücken dringt Magma aus
dem oberen Mantel auf, an den Subduktionszonen kommt es durch
Auspressung von Wasser aus der abtauchenden Platte zur partiellen
Aufschmelzung und ebenfalls zum Magmenaufstieg. Petrologen können aus den Mineralparagenesen die Temperatur und Druckentwicklung bei der Metamorphose bzw. den Magmenaufstieg und die Erstarrungsgeschwindigkeit rekonstruieren. Magmenaufstieg findet auch an
den sogenannten Plumes statt, an denen sehr heißes Magma aus dem
tiefen Erdmantel aufsteigt. Aus der Erdgeschichte sind Plumes als riesige Flutbasaltareale bekannt und häufig mit Katastrophen und Massenaussterben verbunden. Die Sibirischen Flutbasalte etwa treten an
der Perm/Trias-Grenze auf, die Zentralatlantische Magmenprovinz an
der Trias/Jura-Grenze und die Dekkan-Trapp Flutbasalte in Indien an
der Kreide/Tertiär-Grenze. Auch extraterrestrische Ereignisse prägen
die Erd- und Lebensgeschichte. Mehrere Massenaussterbeereignisse
lassen Hinweise auf den Einschlag eines oder mehrerer Asteroiden oder
Kometen erkennen. Am bekanntesten ist der Chicxulub-Krater in Yucatan (Südmexiko) mit einem Durchmesser von etwa 200 km, der an der
Kreide/Tertiär-Grenze durch den Einschlag eines etwa 10–15 km großen Einschlagskörpers entstanden ist.
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Aspekte und Methoden
Diese kurze Auflistung zeigt, dass Informationen aus allen geowissenschaftlichen Teilbereichen zusammengetragen werden müssen, um
die Geschichte unseres Planeten zu rekonstruieren.
Weiterführende Literatur
Blakey, R.: http://cpgeosystems.com/paleomaps.html; Northern Arizona University;
Paläogeographische Karten
Boardman, R.S., Cheetham, A.H. & Rowell, A.J. (1987): Fossil invertebrates.- 713 S.;
Oxford (Blackwell).
de Boer, P. L. & Smith, D. G. (1994, eds.): Orbital Forcing and Cyclic Sequences. Blackwell
559 pp.
Clarkson, E.N.K. (1998): Invertebrate palaeontology and evolution. 452 S., Blackwell;
London.
Deutsche Stratigraphische Kommission (2012): Stratigraphische Tabelle von Deutschland.
Gradstein, F. M., Ogg, J. G. & Hilgen, F. J. (2012): On the geological time scale.- Newsletters
on Stratigraphy 45: 171–188.
Gradstein, F. M., Ogg, J. G., Schmitz, M. & Ogg, G. (2012): The Geologic Time Scale.Vol. 1 & 2, Elsevier 1176 pp.
Miall, A. D. (1997): The geology of Stratigraphic sequences.- 433 pp; Springer.
Posamentier, H. W., Summerhayes, C. P., Haq, B. U., George P. & Allen, G. P. (1993, eds.):
Sequence Stratigraphy and Facies Associations.- Special Publication 18: International
Association of Sedimentologists. Blackwell 644 pp.
Wegener, A. (1929): Die Entstehung der Kontinente und Ozeane.- Vieweg, Braunschweig
1915, 1929; Borntraeger, Berlin 2005 (Repr. d. 4.Aufl.).
Ziegler, B. (1972): Allgemeine Paläontologie.- 248 S. Schweizerbart; Stuttgart.
Ziegler, B. (1983): Einführung in die Paläontologie I.- 408 S., Schweizerbart; Stuttgart.
Ziegler, B. (1998): Spezielle Paläontologie II.- 666 S. Schweizerbart; Stuttgart.
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Der Platz der Erde im Weltall
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Inhalt
2.1 Die Entstehung des Kosmos und die Entwicklung des Weltalls
2.2 Die Entwicklung der Galaxien und der Sterne
2.3 Kernfusion, Supernovae und Sterne späterer Generationen
2.4 Stern- und Planetenentstehung am Beispiel der Sonne
Nach der derzeitigen Vorstellung ist unser Kosmos und damit Materie, Raum und Zeit vor etwa 13.7 Mia. Jahren aus einer nicht definierbaren Singularität entstanden. Diese Theorie wurde 1931 vom
belgischen Astronom Lemaître aufgestellt und wird heute oft als
Urknall- oder «Big Bang»-Theorie bezeichnet. Die Bedingungen zur
Zeit des «Big Bang» werden deshalb als Singularität bezeichnet, weil
es in der heutigen Physik keine Theorie gibt, die den Zustand des
Universums am Anfang beschreiben kann. Lemaître und der amerikanische Astronom Edwin Hubble leiteten aus der bereits 1912
gemessenen Rotverschiebung die Ausdehnung der Raumzeit ab,
die sich in immer größeren Fluchtgeschwindigkeiten weit entfernter Galaxien zeigt. Sie wird allgemein als Expansion des Weltalls
bezeichnet. Das sich ausdehnende Weltall kühlte sich ab und bildete nach etwa 380 000 Jahren neutralen Wasserstoff und Helium,
dadurch wurde der Kosmos «durchsichtig», was die Ausbreitung von
Strahlung ermöglichte. Von da an konnte der «Nachklang» des Big
Bang das gesamte Weltall erfüllen und ist noch heute in der kosmischen Hintergrundstrahlung (3K-Strahlung) in allen Raumrichtungen messbar. Durch die enorme Ausdehnung der Raumzeit ist die
ursprünglich sehr heiße Strahlung auf heute etwa 3 K (≈ –270 °C)
abgekühlt. Nach neuen Untersuchungen zeigt die kosmische Hintergrundstrahlung eine heterogene Verteilung. Daraus wird das Alter
des Universums auf etwa 13.7 Mia. Jahre abgeleitet und vermutet,
dass es eine euklidische räumliche Geometrie aufweist. Seine heutige Zusammensetzung besteht mutmaßlich aus 5 % konventioneller Materie, 25 % dunkler Materie und 70 % dunkler Energie.
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Der Platz der Erde im Weltall
2.1 | Die Entstehung des Kosmos und die Entwicklung
des Weltalls
Mit dem Big Bang entstand die Raumzeit. Bei ihrem Beginn waren die
vier heute getrennten Grundkräfte noch vereint; dieser Abschnitt der
Kosmologie wird nach dem deutschen Physiker Max Planck (1858–
1947) als Planck-Ära bezeichnet. Nahezu unmittelbar nach der Entstehung kam es zur «Inflation», einer plötzlichen gewaltigen Aufblähung
des Weltalls mit «Überlichtgeschwindigkeit» um mindestens den Faktor 1030. Mit zunehmender Ausdehnung der Raumzeit und mit abnehmender Energiedichte und Temperatur trennten sich in der Anfangsphase des Kosmos, noch bevor er «durchsichtig» wurde, nacheinander
die vier Grundkräfte, und es entstanden die Eichbosonen (Wechselwirkungsteilchen) und Fermionen (Materieteilchen). Zu den Eichbosonen
gehört das hypothetische Graviton, welches mutmaßlich die Ursache
der Schwerkraft ist, die Gluonen für die starke Kraft, W- und Z-Bosonen
für die schwache Kraft und Photonen für die elektromagnetische Kraft.
Bei den Materieteilchen entstanden die Quarks, die sich später zu Hadronen (z. B. Protonen und Neutronen) zusammenfügten, und Leptonen
Abb. 2-1 |
Graphische Darstellung der Entwicklung des Kosmos seit dem Urknall in Abhängigkeit von Zeit,
Raum, Temperatur und Energie (NASA).
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