Der Sinn des Lebens

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Manuskript
radioWissen
Antonio Vivaldi –Der "rote Priester" des venezianischen Barock
AUTORIN:
REDAKTION:
Christiane Neukirch
Petra Herrmann
ERZÄHLERIN:
Venedig. Pulsierende, prunkvolle Perle des Mittelmeers. Licht, Lagune, Lebenslust.
Stadt der Musik, des Theaters, des Karnevals. Ort der Künstler, Händler, Gondoliere –
und Tausender Touristen, die durch die Gassen strömen. Das ist im Jahr 2014 noch
genau so wie 300 Jahre zuvor. Zurück zum Jahr 1714: Venedig ist noch Republik, zwar
nicht mehr das Handelszentrum Europas, das es einmal war, aber noch immer
kulturelle Metropole. Neben den Touristen, die Unterhaltung suchen, kommen auch
prominente Häupter, Adlige auf Bildungsreise, Könige – und in ihrem Kielwasser jene,
die die Strömungen zu nutzen wissen: fremde Musiker und Künstler, die von den
venezianischen Stars etwas lernen wollen – und jede Menge Prostituierte.
Ohne sie wäre die Kultur Venedigs um einiges ärmer gewesen, und das nicht nur
wegen ihrer Dienste als „inspirierende Musen“. Gerade die Prostituierten sind mit
verantwortlich für eine der größten kulturellen Attraktionen der Stadt: die Ospedali.
Die Ospedali sind soziale Einrichtungen, wie sie gerade in einer so leichtlebigen Stadt
gebraucht werden: Sie dienen als Waisenhäuser für Mädchen, und als Heime für ledige
Mütter mit Säuglingen. Doch weit mehr als das. Dr. Anselm Hartinger, Kurator der
Instrumentensammlung am Landesmuseum Württemberg und Musikwissenschaftler:
O-Ton Anselm Hartinger:
Die Kinder waren ja wahrscheinlich zum großen Teil Kinder von Prostituierten, also
eigentlich völlig randständige Verlorene; aber diese Ospedali haben sicherlich eine
ähnliche Wirkung entfaltet wie später oder zur gleichen Zeit in Neapel die
Konservatorien zum Beispiel; also sehr intensive Ausbildungsinstitute; das ist
sicherlich eine Besonderheit; man weiß ja, dass die Reisenden immer wieder kamen,
um diese jungen Mädchen, oder auch zum Teil waren es ja auch ältere Frauen, die
dann dort noch gelebt haben, um die eben spielen zu hören. Das war eine ganz
besondere Sehenswürdigkeit.
ERZÄHLERIN:
Die größte Attraktion bot das „Ospedale della Pietà“: Dessen Orchester, bestehend aus
jungen Musikschülerinnen, spielte auf höchstem Niveau – und auf allen nur
vorstellbaren Instrumenten, vom Cello bis zur Orgel, von Trompete bis Fagott. Leiter
dieses bemerkenswerten Ensembles war ein temperamentvoller junger Mann, damals
bekannt unter dem Spitznamen: „Il prete rosso“, der rothaarige Priester. Wir kennen
ihn heute unter seinem eigentlichen Namen, als einen der drei bekanntesten
Komponisten des Barock: Antonio Vivaldi. Ein Priester als Leiter eines
Mädchenorchesters – auch das war nur in Venedig möglich; dort, wo die Kirche
toleranter war als anderswo,
ZITATOR:
„… wo Priester und Mönche das Recht haben, während des Karnevals Masken zu
tragen, ihre Konkubinen auszuhalten, als Sänger auf den Bühnen zu erscheinen und
überhaupt zu tun, was ihnen gefällt, solange sie es nicht wagen, ihre Nase in
Staatsgeschäfte zu stecken.“
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ERZÄHLERIN:
Wie ein italienischer Historiker es formuliert hat. Vivaldi hatte das Priesteramt nach
nicht mal einem Jahr wieder an den Nagel gehängt – nach eigenen Aussagen wegen
eines Lungenleidens, das ihm das Lesen der Messe unmöglich mache. Seltsam
allerdings, dass er nicht zu schwach war, um als Geigenvirtuose auf der Bühne zu
stehen, als Geigenlehrer, Orchesterleiter und Verwalter des Instrumentariums einen
Vollzeitjob am Ospedale zu haben und zusätzlich eine Unmenge an
Auftragskompositionen abzuliefern.
O-Ton Anselm Hartinger:
Wenn man jetzt wie Vivaldi eher aus einer Musikerfamilie stammt, ist natürlich der
Weg in die Kirche hinein eigentlich ein Weg in die Seriosität. Ein Weg in eine etwas
gesicherte, etwas weniger von den Konjunkturen des musikalischen Marktes
abhängigere Lebenslaufbahn; scheinbar ist aber dann bei ihm doch das Musikalische
durchgebrochen, und er hat für sich einen Weg gefunden, wie er sich sozusagen
dispensieren lassen kann; wie er vielleicht auch ein bisschen kokettieren kann mit dem
„Prete rosso“, nicht, das ist ja auch irgendwie eine spannende Sache, eigentlich ein
Geistlicher, der musiziert, es gibt ja heute noch Bands, die aus Priestern bestehen,
und das hat immer noch einen gewissen Werbeeffekt. Das mag vielleicht bei ihm auch
eine gewisse Rolle gespielt haben.
ERZÄHLERIN:
Über Vivaldis Privatleben ist nicht allzu viel bekannt; viele hübsche Anekdoten
basieren auf reinen Mutmaßungen. Tatsache ist, dass er eine Freundin hatte, die ihn
auch auf seinen musikalischen Reisen begleitete: die Sängerin Anna Giró. Ihre genaue
Rolle im Leben Vivaldis war schon zu beider Lebzeiten Objekt weitschweifender
Spekulationen. Doch wichtiger ist das, was er uns als Musiker hinterlassen hat: rund
800 Werke sind im Werkeverzeichnis aufgeführt. Opern, Oratorien, Orchesterwerke
und vor allem Violinkonzerte. Kein Wunder, war Vivaldi doch selbst Geiger und stand
oft als Virtuose auf der Bühne. Mit großer Wirkung, wie ein deutscher Konzertbesucher
schildert, der Vivaldi live erlebt hat:
ZITATOR:
„Gegen das Ende spielte der Vivaldi ein Accompagnement Solo, admirabel, woran er
zuletzt eine Phantasie anhing, die mich recht erschrecket, denn dergleichen
ohnmöglich so jemals ist gespielt worden, noch kann gespielet werden, denn er kam
mit den Fingern nur einen Strohhalm breit an den Steg, dass der Bogen keinen Platz
hatte, und das auf allen 4 Saiten mit Fugen und einer Geschwindigkeit, die unglaublich
ist.“
O-Ton Anselm Hartinger:
Ich würde gerne Vivaldi hören; ich glaube, die Musiker in frühen Zeiten haben live
oftmals mehr riskiert, wussten ja auch: Es kommt auf den Moment des Augenblicks
an, so wie wenn Sie heute sagen: Ich halte eine freie Rede irgendwo, dann sagen
Ihnen Experten: Fünf Minuten später haben die Leute das meiste vergessen; was
ihnen in Erinnerung blieb, war eben sozusagen der Eindruck, war die Präsenz im
Moment. Und in diesem Sinne war Vivaldi sicherlich ein großer Performer, und seine
Musik ist auch Musik fürs Performen. Und nach wenigen Minuten wird man sich daran
auch nicht mehr erinnern. Man wird sich erinnern an einen fantastischen,
beschwingten Moment und eine große Energie. Vivaldis Musik bringt natürlich
unheimlich viel Energie in den Raum.
ERZÄHLERIN:
Bald war Vivaldi als Geiger und Komponist über die Landesgrenzen hinaus berühmt.
Studierende, die die Kulturmetropole besuchen, kommen zu ihm, um zu lernen, wie
man spielt und wie man schreibt. Der deutsche, sieben Jahre jüngere
Komponistenkollege Johann Sebastian Bach kann zwar nicht zu ihm reisen, vertieft
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sich aber in die Noten seiner Werke, denn er merkt schnell, dass er daraus etwas
lernen kann:
ZITATOR:
„Bachs erste Versuche in der Composition waren wie alle ersten Versuche mangelhaft.“
ERZÄHLERIN:
Scheibt Bachs Biograf Johann Nikolaus Forkel 1802.
ZITATOR:
„Er fing bald an zu fühlen, dass es mit dem ewigen Laufen und Springen nicht
ausgerichtet sei, dass Ordnung, Zusammenhang und Verhältnis in die Gedanken
gebracht werden müsse, und dass man zur Erreichung solcher Zwecke irgendeine Art
von Anleitung bedürfe. Als eine solche Anleitung dienten ihm die damals neu
herausgekommenen Violinkonzerte von Vivaldi.“
ERZÄHLERIN:
Mäzene bestellen Stücke für ihren Hof, Theaterbetreiber ordern Opern. Und Vivaldi
nutzt die Welle des Erfolgs, surft wendig auf dem Wellenkamm und steht so 15 Jahre
lang auf der Hitliste ganz oben.
ERZÄHLERIN:
Umso seltsamer mutet es an, dass Vivaldi nach seinem Tod im Jahr 1741 rasant in
vollkommene Vergessenheit geriet. Stefana Titeica, Violinistin des Münchner
Rundfunkorchesters, hat die Geschichte von Vivaldis Schicksal und Wiederentdeckung
eng verfolgt:
O-Ton Stefana Titeica:
Es wird gesagt, dass dreißig Jahre nach dem Tod von Vivaldi, als der berühmte,
Musikwissenschaftler aus England, Charles Burney, der die ersten Musikgeschichten
geschrieben hat, nach Venedig fuhr, unter anderem um Vivaldi-Spuren zu suchen,
nichts gefunden hat. Dreißig Jahre nach dem Tod wusste in Venedig keiner mehr
irgendwas über Vivaldi.
ERZÄHLERIN:
Warum ist das so? Viele Faktoren haben dazu beigetragen; der gravierendste liegt
wohl in der Musikszene, die ganz eng an einen schnell wechselnden Markt gekoppelt
war. Das betraf nicht nur Vivaldi, sondern auch seine Zeitgenossen:
O-Ton Stefana Titeica:
Die Vergessenheit ist zum Teil dadurch zu erklären, dass über lange Zeit immer nur
frisch komponierte Musik geschrieben wurde. Bach schrieb jeden Sonntag eine
Kantate. Eine neue! Die wurde gespielt, nicht die von vor zwei Wochen und auch nicht
die von vor zwei Jahren, geschweige denn irgendein Werk von vor 50 oder 100 Jahren.
Haydn hat 104 Sinfonien geschrieben, weil zu jedem Anlass, zu jedem Konzert
brauchte es eine neue Sinfonie. Die Mode wechselte in der Kleidung, in der Musik, in
der Malerei, in der Architektur, und es war immer nur das Zeitgenössische, das
damalige Zeitgenössische „in“. Im Gegensatz zu heute. Ich meine: Heutzutage könnte
man sich nicht vorstellen, dass der Konzertbetrieb nur aus frisch komponierten
Uraufführungen besteht. Dem war aber über lange, lange Zeit so.
O-Ton Anselm Hartinger:
Er hat sehr stark auf den spezifischen Geschmack einzelner Besteller hin geschrieben.
Die Leute sind zu ihm gekommen, weil sie – würde ich jetzt mal sagen – sechs VivaldiKonzerte haben wollten. Sie wollten einen bestimmten Stil haben; dieser Mode oder
diesem Markt ist er total gefolgt; das ist aber dann ein Problem, weil wenn sich die
Mode ändert, ändern sich die Stücke nicht. Und Leute z. B. wie Johann Sebastian Bach
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oder Carl Philipp Emmanuel Bach, die haben eben auch schon Erwartungen erfüllt,
haben aber immer gegen den Stachel gelöckt, und haben immer sozusagen eine
überschüssige Qualität in die Werke hineingegeben, die dann eben auch von anderen
Zeiten, von anderen Menschen, von anderen Komponisten oder von Schülern entdeckt
werden konnte, und da hat Vivaldi sicherlich ein bisschen zu stark von der Tagesmode
gezehrt, was ihm dann später ein bisschen zum Verhängnis geworden ist.
ERZÄHLERIN:
Musik wurde rasant konsumiert, „vom Ofen frisch auf den Tisch“, von einem
nimmersatten Publikum. Vivaldi wusste, was ankam. Entsprechend hatte er bald eine
Art kompositorischen Setzbaukasten entwickelt; mit dessen Bausteinen konnte er in
Windeseile neue Stücke zusammensetzen. Er komponierte so rasant, dass man sagte,
ein Kopist könne kaum so schnell die Noten abschreiben. Es gab bestellte Konzerte,
die er noch am selben Tag bei den verblüfften Auftraggebern ablieferte. Opern
entstanden innerhalb weniger Wochen, 94 Stück flossen allein aus Vivaldis Feder.
Wenn man im Tempo zurückfiel, war man schnell „out“.
Auch Vivaldi bekam das gegen Ende seines Lebens zu spüren: eine bestellte Oper
konnte er nicht abliefern, weil plötzlich doch die Kirche dazwischenfunkte – in Gestalt
des Erzbischofs von Ferrara, der nicht durchgehen lassen wollte, dass der Priester
Vivaldi sich im Theatermilieu herumtrieb...
ZITATOR:
und wegen meiner „amicizia“ mit der Sängerin Giró. Eure Exzellenz können sich
meinen Zustand nach einem solchen Schlag vorstellen.
ERZÄHLERIN:
Dazu kam, dass sein Stil von der Mode überholt wurde; und Vivaldi gelang es nicht
mehr, Anschluss zu finden. Sein Stern sank schnell. Vivaldi starb wenig später verarmt
im Ausland, in Wien, wo er vergebens versucht hatte, sich ein neues Spielfeld zu
erschließen. 200 Jahre lang war Vivaldi vergessen – abgesehen von den paar Stücken,
die als Bearbeitungen von Bach, dem Dresdner Hofkapellmeister Pisendel und anderen
überlebten. Erst im 20. Jahrhundert wurde seine Musik buchstäblich wieder zutage
gefördert. Wie so oft half Freund Zufall.
O-Ton Stefana Titeica:
Und zwar der Fund einiger Kisten mit Manuskripten von Vivaldi im Jahr 1926. In einem
katholischen Internat im Piemont wurden diese Kisten mit alten Noten entdeckt; die
Leitung der Schule wollte die verkaufen, hat sie zu Bewertung, also materieller
Bewertung nach Turin geschickt, und da hat ein Musikwissenschaftler gute Augen
gehabt und gesagt: Das ist wertvoll, dabei waren nämlich knapp hundert Manuskripte
und Druckausgaben von Vivaldis Werken; mit dem Geld war es nicht so leicht für die
staatliche Bibliothek in Turin; es wurde schlussendlich ein Sponsor gefunden, und es
wurde gekauft für diese Bibliothek in Turin. Da wurde festgestellt: Ein Teil dieser
Materiale ist nicht komplett. Da kam eine Detektivarbeit, um das wiederherzustellen,
die Manuskripte, schlussendlich gelang das, und heutzutage ist die Sammlung der
Turiner Vivaldiana bei weitem die reichste und die interessanteste, die es gibt, mit
über 300 Werken.
ERZÄHLERIN:
Von da an erklang seine Musik wieder. Ab den Dreißigerjahren zelebrierten
regelmäßige Festivals seine Musik. 1942 spielte der Geiger Bernardino Molinari die
„Vier Jahreszeiten“ auf Schallplatte ein. Sie sollten Vivaldis erfolgreichstes Werk
werden und bleiben. Damit war er schließlich auch wieder in den Charts: 1992 hielt die
Aufnahme der „Jahreszeiten“ mit dem Punk-Geiger Nigel Kennedy ein Jahr lang den
ersten Platz.
Warum verzaubert Vivaldi uns auch heute noch? Was hebt ihn hervor unter seinen
Zeitgenossen, die heute weniger bekannt sind?
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O-Ton Anselm Hartinger:
Was ganz wichtig ist bei ihm, ist eben dieses Gefühl: Jetzt bin ich in der Tonika, jetzt
kommt die Dominante – ich muss es nicht wissen, dass es das ist, aber ich weiß, ich
bin ein Stückchen in einen anderen Raum gegangen, vielleicht eine Etage höher, ich
weiß aber, ich komme auch wieder zurück, und nachher gehe ich nochmal in den
Keller, und dann komme ich wieder ins Erdgeschoss zurück. Also das macht natürlich
die Faszination dieser Musik zumindest auch für sehr, sehr breite Hörerschichten
wesentlich aus; die Machart war sehr einleuchtend, sie war revolutionär, sie hat auch
zum Beispiel jemanden wie Bach tief geprägt, praktisch sein ganzes Komponieren
herausgefordert; zugleich konnte man eben was Neues draufsetzen, man könnte heute
scherzhaft sagen: Vivaldis beste Stücke sind eigentlich in Deutschland komponiert
worden.
ERZÄHLERIN:
Und noch etwas zeichnet ihn aus:
O-Ton Anselm Hartinger:
Was in Vivaldis Stil immer ganz interessant ist, ist, dass er es schafft, relativ wenig
Musik und eine auch durchaus bescheidene Besetzung größer aussehen zu lassen.
Also, das ist oft so, dass sich die beiden ersten Stimmen die Motive so zuwerfen, dass
man denkt, das sind eigentlich zwei Orchester; was für ihn ja auch typisch ist, sind
natürlich diese oft in rasanter Folge aufeinander treffenden Oktavbrechungen,
überhaupt Akkordbrechungen. Und da hab ich immer gedacht, das ist praktisch, als
würde ich in einer Badewanne versuchen, Schaum zu erzeugen. Wenn ich einfach nur
das Wasser reinlaufen lasse, passiert nichts; wenn ich aber mit dem Brausekopf richtig
schleudere und schaukle, dann kommt eben der Schaum hoch. Und er ist kein
musikalischer Schaumschläger, aber er ist jemand, der es schafft, dass es sozusagen
sehr viel wirkungsvoller ist als es ist. Vielleicht kein Schaum, sondern ein ganz, ganz
leckeres Soufflé.
ERZÄHLERIN:
Auffällig ist: Es gibt extrem schwere, virtuose Stücke, geschrieben für seine eigenen
geigerischen Auftritte oder die seiner versiertesten Schüler; aber ebenso existieren
Konzerte, die man mit gehobenem Musikschulniveau ohne weiteres spielen kann. Das
wissen zum Beispiel all jene zu schätzen, die Geige lernen und nach der Durststrecke
der Anfängerstückchen und Etüden dann das Stück Sahnetorte aufs Notenpult
bekommen:
ERZÄHLERIN:
Ein echtes Violinkonzert! Das klingt schon nach was. Diesmal ist Vivaldis Stern nicht so
schnell im Sinken begriffen, im Gegenteil: Der Erfolg hält an; und mit dem Erschließen
der zahlreiche Werke sind wir noch lange nicht am Ende; immer weiter entstehen neue
Erstaufnahmen. 800 Stücke sind eine Menge Material, und vielleicht sind das noch gar
nicht alle.
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O-Ton Anselm Hartinger:
Ich denke, Vivaldis Musik wird ihren Zauber immer behalten, weil sie eben auch eine
ganz gute Einstiegsdroge in den Barock ist, nicht, weil: Sie ist nicht zu schwer, sie ist
auch jetzt nicht entstellt, sagen wir mal von den geistlichen Texten, deren Ansehen ja
auch geschwankt hat. Manche schätzen sie sehr, aber im 19. Jahrhundert hat man sie
verflucht wegen ihrer protestantischen Ernsthaftigkeit; bei Vivaldi über die
Instrumente kann man also sehr viel anschließen, es ist irgendwie eine sehr
jugendliche Musik, also für mich selber gilt das auch, ich hab nie Probleme mit
klassischer Musik gehabt, im Gegenteil, bin ja dann auch Musikwissenschaftler
geworden; aber ich kann mich auch an so eine Phase erinnern, als ich so 12, 13, 14
war, wo ich ganz viel Albinoni und Vivaldi hörte. Und von dort aus hat man dann die
Chance auch, weiterzugehen und vielleicht Musik zu entdecken, die ähnlich
schwungvoll ist, die aber doch noch ein bisschen tiefgründiger und auch reicher
ausgestaltet ist.
ENDE
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