2 Schadensursache - Schadensbilder Schadensdokumentation Michael Stahr 2.1 Natursteinverwitterung 2.1.1 Verwitterungsvorgänge Naturwerksteine werden seit Jahrtausenden von Menschen genutzt. Neben der Errichtung von Gebäuden und Bauwerken aus Lesesteinen erfolgte frühzeitig eine Bearbeitung der Steinoberflächen. Handwerklich und künstlerisch bearbeitete Steine sind Teil der Kulturgeschichte der Menschheit. Auch wenn man im Allgemeinen von einer hohen Beständigkeit der Werksteine ausgeht, sind Veränderungen im Vergleich zu frisch gebrochenen Steinen unübersehbar. Diese treten sowohl im verbauten Zustand als auch bei den in der Natur anstehenden Steinen auf. Je nach optischem Erscheinungsbild der Veränderungen spricht man entweder von „natürlicher“ Alterung, die man häufig mit dem Begriff „Patinierung“ umschreibt oder Schädigung bzw. Zerfall, der sowohl naturbedingt als auch anthropogen verursacht sein kann. Natürliche und anthropogene Ursachen für diese Prozesse sind schwierig zu trennen, zumal es sich um komplexe Vorgänge handelt. Summarisch werden die auf die Werksteinoberfläche einwirkenden Inhaltsstoffe der unmittelbaren Umgebung als Atmosphärilien bezeichnet (Abb. 2.1) Die Wirkung der Atmosphärilien auf die Natursteinoberfläche betrachtet man als umwelteinflussbedingte Veränderung. Eine exakte begriffliche Trennung der Veränderungen und Phänomene wird in der Literatur nicht durchgängig vorgenommen. Dies betrifft sowohl die Verwitterungserscheinungen am natürlich anstehenden Gestein als auch den künstlerisch bearbeiteten bzw. verbauten Werkstein. Die Verwitterungsvorgänge, die an Werksteinoberflächen ablaufen, sind komplexer Natur. Es ist davon auszugehen, dass vielfältige physikalische, chemische und biologische M. Stahr () Leipzig, Deutschland © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 M. Stahr (Hrsg.), Sanierung von Natursteinen, DOI 10.1007/978-3-658-07848-5_2 21 22 M. Stahr Abb. 2.1 Atmosphärilien, die auf die Werksteinoberfläche einwirken. (Quelle: Siedel, Dresden) Vorgänge ablaufen, die sich gegenseitig beeinflussen oder gar bedingen. Unter Werksteinveränderung an der Oberfläche kann im Sinne der Verwitterung naturwissenschaftlich ganzheitlich betrachtet ein Stoff- und Energieaustausch an den Grenzen zwischen den beiden thermodynamisch offenen heterogenen Systemen Lithosphäre (Naturwerkstein) und Atmosphäre (Atmosphärilien) verstanden werden. Beide thermodynamischen Systeme können durch die Zustandsgrößen Temperatur, Volumen, Druck und Stoffmengenanteil beschrieben werden. Die für die Wechselwirkung mit der Werksteinoberfläche zu betrachtenden Inhaltsstoffe der Atmosphäre in Bodennähe werden mit dem Sammelbegriff Atmosphärilien beschrieben. Es handelt sich um gasförmige, feste und flüssige sowie kolloiddispers verteilte Stoffe zuzüglich elektromagnetischer Strahlung und biologischen Materials. Die Abb. 2.1 zeigt in der Übersicht die auf den Werkstein einwirkenden Atmosphärilien auf. Dabei wird auch der Stoffabtrag von der Werksteinoberfläche (Senke) berücksichtigt. Sie sind durch einen physikalisch-chemischen, chemisch-mineralogischen und biochemischen Anteil gekennzeichnet sowie durch die gesamte innewohnende Energie bestimmt (Reinsch 1991). Ein weiterer für den Ablauf der Verwitterungsvorgänge bedeutungsvoller Einflussfaktor ist die Exposition (Reinsch 1991). Die Exposition beschreibt die Umweltbedingungen, 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 23 denen der Werkstein im Einbauzustand ausgesetzt ist. Hierbei sind neben den regionalen klimatischen Bedingungen vor allem die mikroklimatischen Situationen am Bauwerk selbst zu berücksichtigen. Grundhaft lassen sich zwei Expositionen unterscheiden: Es gibt vor Niederschlag, Wind und Sonne „geschützte“ bzw. „frei bewitterte“ Bereiche. Die „frei bewitterte“ Exposition trifft man vor allem an den Wetterseiten der Bauwerke an. An den Nordseiten der Bauwerke ist die „geschützte Exposition“ vorherrschend. Berücksichtigt man bei den Werksteinen die Exposition, so ergeben sich aus der Wechselwirkung mit Abb. 2.2 Ausbildung typischer Verwitterungserscheinungen an der Oberfläche, abhängig von der Exposition und den Werksteineigenschaften. (Quelle: Siedel, Dresden) 24 M. Stahr Abb. 2.3 Abhängigkeit der Verwitterungserscheinungen von der Exposition und den Werkstoffeigenschaften. (Quelle: Siedel, Dresden) 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 25 den Atmosphärilien acht unterschiedliche Situationen, die sich im Erscheinungsbild der Verwitterungsphänomene widerspiegeln. Die Abb. 2.2 und 2.3 stellen unter Berücksichtigung der Werksteineigenschaften und der Exposition mögliche Verwitterungsphänomene schematisch im Überblick dar. 2.1.2 Ursachen der Natursteinverwitterung 2.1.2.1 Verwitterungsarten Die Grenzen zwischen chemischer und physikalischer Korrosion sind fließend. Ein typisch chemischer Prozess ist der Bindemittelverlust eines Baustoffes durch dessen Umwandlung in lösliche Salze („lösender Angriff“). Die Rekristallisation dieser so gebildeten Salze ist jedoch häufig mit einer Volumenvergrößerung verbunden, die dann als „treibender“ und somit physikalischer Angriff bezeichnet wird. Typisch physikalische Verwitterungserscheinungen sind: Salzkristallisation, Salzhydratation, Frost-Tauwechsel, hygrisches Quellen/Schwinden. Die biologische Korrosion, d. h. der Bewuchs und Befall von Baustoffen mit Mikroorganismen wie Algen, Flechten, Moosen und Bakterien, kann durch aggressive Stoffwechselprodukte (z. B. Säuren) einen chemischen Angriff verursachen. Hinzu kommt häufig, dass der Bewuchs auf einer Fassade als Feuchtspeicher fungiert und der befallene Baustoff so nur eingeschränkt austrocknen kann. Die in Zusammenhang mit Salzen und Feuchtigkeit stehenden Schadensprozesse sind noch weit vielfältiger als die hier beschriebene Auswahl. Die Verwitterung ist ein chemisch-physikalischer Prozess, der durch verschiedene Belastungsarten wie Wasser, Klima, Regen, Organismen, Boden und anthropogene Einflüsse zerstörend auf das Gestein wirkt. Damit wird nicht nur die Umwelt belastet, sondern das Gestein kann auch dauerhaft gestört werden (Abb. 2.4). 2.1.2.2 Verwitterungsschäden an historischen Bauwerken Jedem „Baufachmann“ sind die weißen Bärte, die aus feuchtem Mauerwerk zu wachsen scheinen und in alten Gebäuden Putze oder Steine zum Auflösen oder Abplatzen bringen, bekannt. Von Laien werden diese Salzausscheidungen meist „Mauersalpeter“ genannt, eine Bezeichnung, die den wahren Sachverhalt nur selten trifft. Salze sind nicht nur unbedingt notwendiger Bestandteil des Lebens auf der Erde, sie sind auch Bestandteil aller mineralischen Baustoffe. Hinsichtlich bauschädigender Reaktionen spielt die Frage ihrer Löslichkeit eine wichtige Rolle, die zudem auf die enge Verknüpfung von Salzen und Feuchtigkeit hinweist. 26 M. Stahr Abb. 2.4 Verwitterungswirksame Faktoren. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Feuchtigkeitseinfluss Der Zutritt von Wasser und darin gelösten Schadstoffen in das Porensystem der Natursteine ist meist die treibende Kraft bei der Baustoffverwitterung. Der Eintrag von Wasser löst eine Reihe komplexer physikalischer und chemischer Vorgänge aus, die zu Korrosionsbzw. Verwitterungserscheinungen führen können. Ohne Feuchtigkeit würden z. B. Frostschäden oder Schäden durch biologische oder chemische Korrosion niemals die bekannten Ausmaße annehmen. Bauschädliche Salze führen in den porösen Natursteinen in Verbindung mit Feuchtigkeit durch mechanische Belastung des Materialgefüges und/oder durch chemische Wirkungen zu Schäden (Abb. 2.5). Die Wege, über die Feuchtigkeit in einen Baustoff gelangen kann, sind vielfältig: Zum einen besteht die Möglichkeit der Aufnahme von flüssigem Wasser durch kapillare Wasseraufnahme oder durch drückendes Sicker- oder Hangwasser bzw. durch Schlagregen über offene Poren, Risse oder Fugen. Zum anderen kann Feuchtigkeit auch über die Gasphase (Wasserdampf) aufgenommen werden. Dies betrifft insbesondere die Abb. 2.5 Verwitterung durch Feuchtigkeit und Versalzung. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 27 hygroskopische Wasseraufnahme, die Wasseraufnahme durch Kondensation und Kapillarkondensation. Einfluss bauschädlicher Salze Den wichtigsten Typ der chemischen Verwitterung stellt die Wirkung von bauschädlichen Salzen dar, die sich in der Form von Ausblühungen und/oder in der Absprengung der Gesteinsoberfläche äußert. Für die sprengende Wirkung gibt es hauptsächlich zwei Ursachen: Kristallisationsdrücke entstehen dadurch, dass in den Kapillaren das Salz aus den übersättigten Lösungen auskristallisiert. Die Kristallisation ist mit einer Volumenzunahme verbunden, da das Kristallgitter im Vergleich zu den gelösten Ionen einen größeren Raum beansprucht. Dadurch wird ein Druck auf das Gestein ausgeübt, der zu seiner Zermürbung führt. Die Kristallisationsdrücke sind abhängig von der Temperatur und von dem Grad der Übersättigung der Salzlösung. Manche Salze können in unterschiedlichen Hydratationsstufen auftreten und dabei verschiedene Volumina einnehmen. Einige der bauschädlichen Salze (z. B. Na2 CO3 ) verändern unter den Klimabedingungen der gemäßigten Breiten in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchtigkeit ihren Kristallwassergehalt. Na2 CO3 10 H2 O ! Na2 CO3 7 H2 O C 3 H2 O ! Na2 CO3 H2 O C 9 H2 O Die durch die Volumenzunahme bei Kristallwasseraufnahme hervorgerufenen Drücke (Hydratationsdrücke) führen wiederum zu einer Gesteinszermürbung. Abb. 2.6 Materialverlust durch Abtrag von Gestein. (Quelle: Cammenga, Wiesbaden) 28 M. Stahr Die bauschädlichen Salze können auf unterschiedlichen Wegen in den Baustoff gelangen: In geringem Umfang treten Eigensalze in Natursteinen auf. Bei dem Großteil der bauschädlichen Salze handelt es sich aber um von außen zugeführte Substanzen. Tausalz (NaCl, CaCl2 ) verursacht den sogenannten Frost-Tausalz-Schaden. Das Salz dringt hierbei oberflächlich in den Stein ein. Bei Frost gefriert daraufhin zuerst das Wasser im tausalzfreien Gesteinsinneren. Anschließend gefriert das Wasser in den obersten Gesteinsschichten, da dort die niedrigsten Temperaturen vorliegen, und erst danach gefriert es in dem Zwischenbereich. Während des letzten Vorgangs kann keine Ausdehnung des gefrorenen Wassers nach außen oder in das Gesteinsinnere hinein erfolgen, und es kommt daher zu Absprengungen bzw. Zermürbungen (Abb. 2.6). Zudem kann bei Verwendung stark hygroskopischer Salze (z. B. CaCl2 ) als Tausalz – unabhängig von Niederschlägen – eine zusätzliche Durchfeuchtung des Steins erfolgen. Abb. 2.7 Ruine der Klosterkirche Walkenried im Südharz. Durch den verwendeten Gipsmörtel kam es zu einem starken Treiben im oberen Bereich der gotischen Fensterbögen. (Quelle: Reinsch, Stuttgart) 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 29 Abb. 2.8 Großflächige Absprengungen im Sockelbereich durch Frost-Tausalz-Schäden. (Quelle: Cammenga, Wiesbaden) Die Mehrzahl der bauschädlichen Salze wird aber nicht „fertig“ zugeführt, sondern bildet sich erst im Gestein. Dies geschieht prinzipiell entweder über eine Neutralisationsreaktion (Säure + Base ! Salz + Wasser) oder dadurch, dass eine stärkere Säure eine schwächere aus ihren Salzen verdrängt (Abb. 2.7 und 2.8). 2.1.2.3 Verwitterungsformen Die Formen der Natursteinverwitterung (Abb. 2.9) lassen sich übersichtlich ordnen. Chemische Auflösung von der Oberfläche aus (auf Karbonat- und Sulfatsteine beschränkt), graduell abgestufte Auflösungsformen, Aufrauhung glatter Natursteinoberflächen. Krustenbildung (ebenfalls bei Karbonat- und Sulfatgesteinen vorkommend) durch Industriegase und Regenwasser (mit SO3 ) werden Calcit, Aragonit und Anhydrit angegriffen, wobei sich graue oder nahezu schwarze Gipskrusten als Reaktionsprodukte auf der Oberfläche absetzen; auch weiße oder hellbraune Calcitkrusten können auftreten, wenn der im Natursteinmauerwerk verwendete Mörtel auslaugt und CaCO3 wieder ausgefällt wird. Ausblühungen (häufig in Verbindung mit der Schalenbildung) lockere Krusten leicht löslicher Salze auf der Natursteinoberfläche. Absandung (bei klastischen Sedimentgesteinen mit mittelbarer Kornbindung, aber auch bei Graniten, Gneisen oder Marmoren) von der Oberfläche oder von Fugen ausgehend, Hauptursachen: Temperatur-, Frost- und Salzverwitterung. 30 M. Stahr Tab. 2.1 Zusammenstellung bedeutender bauschädlicher Salze Salze Calciumsulfate Chemische Formel CaSO4 Trivialname Anhydrit Natriumsulfate CaSO4 1/2 H2 O CaSO4 2 H2 O Na2 SO4 Gebrannter Gips Gips Thenardit Na2 SO4 10 H2 O MgSO4 Glaubersalz Magnesium-Sulfate Kieserit Natriumchlorid Calciumnitrate MgSO4 H2 O MgSO4 6 H2 O MgSO4 7 H2 O CaCl2 CaCl2 6 H2 O NaCl Ca(NO3 )2 4 H2 O Steinsalz, Kochsalz Mauersalpeter Magnesiumnitrat Calciumcarbonat 5 Ca(NO3 )2 4 NH4 NO3 10 H2 O Mg(NO3 )2 6 H2 O CaCO3 Kalk Natriumcarbonat Na2 CO3 Calcinierte Soda Na2 CO3 H2 O Na2 CO3 7 H2 O Na2 CO3 10 H2 O Soda Calciumchloride Bittersalz Herkunft „Saurer Regen“ + Eigensalze Mörtel S. o. S. o. „Saurer Regen“ + Eigensalze S. o. „Saurer Regen“ + Eigensalze S. o. S. o. S. o Tausalz S. o. Tausalz Nitrat aus Grundwasser, Ammoniak aus Harnstoff (Stallungen) S. o. S. o. Reaktion mit CO2 -haltigen Wässern Behandlung mit Wasserglas oder Siliconat S. o. S. o. S. o. Bröckelzerfall (an Kalksteinen und Sandsteinen mit unregelmäßig verteilten Tonmineraleinlagerungen, auch an magmatischen Gesteinen) Gestein zerfällt nach Rissbildung in größere Kornverbände; Hauptursache: Frostverwitterung; in Gestalt des Abblätterns Übergänge zur Schalenbildung. Schalenbildung (in erster Linie sind quarzhaltige Gesteine betroffen, aber auch poröse quarzfreie Gesteine) Ursachen: Frost- und Temperaturverwitterung, daneben Salzsprengung durch Sulfate. Rahmenverwitterung ist eine Sonderform der Schalenbildung; durch rasches Austrocknen von den Rändern des Natursteinquaders bzw. der Natursteinplatte her kommen die Zerstörungsvorgänge eher in der Umrandung zum Stillstand, während die zentralen Teile abschalen. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 31 Tab. 2.2 Verwitterungsprozesse, Vorgänge und Erscheinungsformen Verwitterungsprozess Chemische Verwitterung Physikalische Verwitterung Biologische Verwitterung Vorgänge Schadbild Abbau von Karbonaten im sauren Milieu, Bildung von Gips und anderen Folgeprodukten durch Bindemittelumwandlung, verbunden mit Festigkeitsverlusten, Bildung von bauschädlichen Salzen, Zerstörung durch säurebildende Mikroorganismen, durch Angriffe aggressiver Stoffwechselprodukte (Säuren) Chemische Umwandlung der Mineralien Frost-Tau-Wechsel, Salzsprengung, Temperatureinflüsse, Winderosion, Hygroskopisches Quellen/Schwinden, Salzhydratation Keine chemische Umwandlung der Mineralien Verwitterung durch Flechten, Bakterien und Algen durch Säurebildung Absanden, Absprengungen, Rissbildungen, Gefügeveränderungen, Gipskrustenbildung Krustenbildung, Schalenbildung, Rissbildungen, Gefügelockerungen Verfärbungen, Vergrünungen, Schäden durch Wurzeln Verfärbung der Oberfläche (sehr verbreitet) wohl meist durch Oxydationsvorgänge hervorgerufen; die Bildung von Fe-Hydroxiden bei der teilweisen oder vollständigen Zersetzung von Pyrit, Markasit, Hämatit, Biotit, Augit, Hornblende wird als „Rosten“ des Natursteins bezeichnet; Silikatgesteine dunkeln in der Regel nach (charakteristische „Patina“-Bildungen), während dichte Kalksteine ausbleichen. Rissbildung als Folge von Wassereindringung. Verschmutzungen durch Anlagerung von Ruß, Staub, Flugasche und anderen Stoffen an der Oberfläche vornehmlich poröser Natursteine. Insbesondere Steine mit mittelbarer Kornbindung zeigen hinsichtlich ihrer Wetterbeständigkeit beträchtliche Unterschiede, die zur Qualitätscharakteristik der Natursteine hinzugezogen wird (Zunahme der Wetterbeständigkeit mit steigendem Silifizierungsgrad des Bindemittels, relativ geringe Beständigkeit bei tonigem oder karbonatischem Bindemittel). Die Verwitterungsprodukte können durch Wasser, Wind, Eis (Gletscher) abtransportiert, dabei noch weiter zerkleinert und an anderen Stellen abgelagert werden. Das Wasser wird wieder zeitnah durch Diffusion abgegeben. Die Schadstoffe bleiben aber an der Gesteinsoberfläche zurück. Durch den immer wiederkehrenden Zyklus kommt es zur Anreicherung der Schadstoffe und schlussendlich zur Gesteinsschädigung. Alle Verwitterungserscheinungen am Werkstein sind ein Resultat aus der Kombination von natürlichen Witterungsfaktoren mit schädigenden Emissionen aus der Umwelt. Die Schadstoffe werden dabei an der Oberfläche bzw. im äußeren Porengefüge des Ge- 32 M. Stahr Abb. 2.9 Verwitterungsformen. a Chemische Auflösung, b Krustenbildung, c Ausblühungen, d Absandung, e Bröckelzerfall, f Rahmenverwitterung, g Schalenbildung, h Verfärbung, i Rissbildung, j Verschmutzung (Quelle: Cammenga, Wiesbaden) steins abgelagert. Innerhalb einer gewissen Zeitspanne erfolgt von der Gesteinsoberfläche ausgehend eine Bindemittelumwandlung und somit ein Festigkeitsverlust. Bei der natürlichen Verwitterung können die Abbauprodukte durch Wasser, Wind, Eis (Gletscher) abtransportiert, dabei noch weiter zerkleinert und an anderen Stellen abgelagert werden. Der Verwitterungsprozess ist ein natürlicher Prozess, der z. B. auch, im Laufe von Jahrmillionen, Sand, Kies, Ton, Kalk und Gipsstein hervorbrachte. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 33 Abb. 2.10 Gesteinsverwitterung. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Diese Produkte können über die technologische Aufbereitung zu Baustoffen umgewandelt werden. Abb. 2.10 zeigt das Verlaufsschema von der Gesteinsverwitterung bis zum Baustoff. 2.2 Schadensursachen 2.2.1 Erscheinungsformen Bereits in früheren Jahrhunderten war es Aufgabe der Dombauhütten, der Steinverwitterung entgegenzuwirken, um die Bausubstanz zu erhalten. Für die dauerhafte Sicherung von Bauwerken aus Naturstein muss man mögliche Schäden, ihre Erscheinungsform und ihre Ursachen kennen, damit vorhandene Gefährdungen richtig eingeschätzt und durch sinnvolle Maßnahmen behoben werden können. Die Vielfalt auftretender Schädigungen an verschiedenen Gesteinssorten und die Überlagerung verschiedener Schadensursachen erschweren eine zuverlässige Einschätzung und Bewertung. Die beiden nachfolgenden Skizzen (Abb. 2.11) verdeutlichen die häufigsten Schadensursachen. Der Verwitterungsprozess verläuft bei den einzelnen Natursteinarten unterschiedlich, wird aber in der Hauptsache durch Wasser- und Schadstoffaufnahme ausgelöst. Der Schutz der Natursteine ist wichtig, um die in älteren und ältesten Bauten vorliegenden Kulturdenkmäler vergangener Zeiten, die unter den Auswirkungen der ständig 34 M. Stahr Abb. 2.11 Schadensursachen. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) zunehmenden Verschlechterung der Großstadtluft durch industrielle und andere Abgase erheblich leiden, vor dem weiteren Verfall zu bewahren. Weitere Schadensursachen sind in den nachfolgenden Abb. 2.12, 2.13 und 2.14 zu sehen. Das Schema in Tab. 2.3 zeigt die Bereiche von Schadensursachen und bestimmende Faktoren für die Widerstandsfähigkeit des Bauwerks. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation Abb. 2.12 Kennzeichen von mikrobakteriellem Befall einer Natursteinoberfläche. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.13 Schadensintensivierung durch Verwendung zu harter Restaurier- und Fugenmörtel. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.14 Reliefbildung durch Absanden. Schadensursache: Salzkristallisation. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Tab. 2.3 Schadensursachen Aus der Natur Aus der Konstruktion Aus fehlerhaften Erhaltungsversuchen Wasser, Hitze und Ungeeigneter Stein, VerarbeiFalsche Reinigung, Reparaturfehler, Kälte, Luft und tungsfehler, rostende Eisenanker, Störung der Tragwerkskonstruktion, Wind, Pflanzen, schlechter Fugenmörtel falsche Schutzmittelanwendung Tiere Schadenseinflüsse, die die Dauerhaftigkeit beeinträchtigen 35 36 M. Stahr Tab. 2.4 Widerstandseigenschaften Der Widerstand gegen schädigende Einflüsse aus der Natur wird bestimmt durch Eigenschaften des verwendeten Steins: Anwendungsformen des Steins am Bauwerk: Festigkeit und Härte, Mineralbestand, Verschiedene Bauelemente, Lage im Gebäude, Poren- und Hohlraumgefüge, Aufbau konstruktiver Schutz, Klimazone, Mikroklima, Himund Struktur, Gemengeteile, Bindemittel, melsrichtungsorientierung Homogenität 2.2.2 Ursachen der Natursteinschädigung Ursachen für die Natursteinschädigung sind in Tab. 2.5 aufgeführt. Grundsätzlich lassen sich schädigende Einflüsse, die die Dauerhaftigkeit von Bauwerken aus Naturstein beeinträchtigen können, in der Praxis drei Ursachenbereichen zuordnen: Einflüsse aus der Natur/der Umwelt, Einflüsse aus der vorhandenen Konstruktion, Einflüsse durch fehlerhafte Erhaltungsversuche. Zusammengefasst bleibt festzustellen, dass es Steine mit „guten“ und Steine mit „schlechten“ Gesteinseigenschaften nicht gibt. Vielmehr sind sämtliche Natursteinarten für ihren speziellen Verwendungszweck entweder geeignet (richtig eingesetzt) oder eben nicht geeignet (falsch eingesetzt). Tab. 2.5 Ursachen der Natursteinschädigung Befund: Ursachen: Wasseraufnahme: Schadstoffaufnahme: Folgen: Physikalische Korrosion: Chemische Korrosion: Biologische Korrosion: Absanden, Abschuppen, Bröckelzerfall, Schalenbildung, Krustenbildung, Rissbildung In Wasser gelöste Salze, in Wasser gelöste saure Gase wie SO2 und SO3 Frost-Tau-Wechsel, Salzkristallisation, hygrisches Quellen/Schwinden, Temperaturschwankungen Bindemittelverluste durch Umwandlung ungelöster Bindemittel in lösliche Salze (lösender Angriff), häufig verbunden mit einer Volumenvergrößerung (treibender Angriff). Beispiel: Kalk + Schwefelsäure, Gips + Wasser + Kohlendioxid, Volumenvergrößerung Kalk zu Gips ca. 100 %! Bewuchs und Befall der Baustoffe mit Mikroorganismen wie Algen, Flechten, Moose und Bakterien rufen chemische Angriffe aggressiver Stoffwechselprodukte (Säuren) hervor. Tierische Exkremente, Sprengkraft von Wurzeln 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 37 Gegen Einflüsse aus der Natur/der Umwelt müssen Außenbauteile aus Naturstein so weit wie möglich geschützt werden. Hierzu zählen vor allem: a. Umweltschutz – Reinhaltung von Luft und Gewässern. b. Ständige Überprüfung der Steinsubstanz und wenn notwendig rechtzeitige Einleitung von Konservierungsmaßnahmen. c. Nachteilige Einflüsse aus der vorhandenen Konstruktion müssen durch Austausch und Ergänzung dem heutigen Kenntnisstand entsprechend an den betreffenden Bauelementen vermieden werden. d. Folgen unsachgemäßer Baumaßnahmen sind konstruktiv und ausführungstechnisch zu beseitigen, und neue Maßnahmen sind auf die fehlerhaften Anwendungsversuche abzustimmen. Eine Schadensanalyse muss also im Hinblick auf diese vier Ursachenbereiche zuverlässig die Vorgaben einer Maßnahmenplanung klären. Für die zuverlässige Bewertung muss daher eine Aufteilung nach Bewertungsbereichen erfolgen, die neben den verschiedenen Steinsorten als Kriterien berücksichtigen sollte: unterschiedliche Bauelemente, unterschiedliche Lage des Bauelements im Bauwerk, konstruktiver Schutz des Bauelements, Klimazone und Mikroklima am Bauwerk, Himmelsrichtungsorientierung. Abb. 2.15–2.24 zeigen einige Beispiele bestimmender Faktoren für die Dauerhaftigkeit: unterschiedliche Bauteile (Abb. 2.15 und 2.16), unterschiedliche Lage im Bauwerk (Abb. 2.17 und 2.18), Konstruktiver Schutz (Abb. 2.19 und 2.20), konstruktiver Schutz (Abb. 2.19 und 2.20), Klimazone und Mikroklima (Abb. 2.21 und 2.22) und Himmelsrichtungsorientierung (Abb. 2.23 und 2.24). Abb. 2.15 Exponierte Skulpturen an der Spitze des Leipziger Völkerschlachtdenkmals waren besonders stark Witterungseinflüssen wie Wind, Hitze und Kälte aus der Natur ausgesetzt. (Quelle: IBW-Archiv, Weimar) 38 Abb. 2.16 Massives Quadermauerwerk nimmt durch aufsteigende Feuchtigkeit, Diffusion und Kondensation am Feuchtehaushalt des Bauwerkes teil. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.17 Turmspitzen sind Witterungseinflüssen besonders stark ausgesetzt, Steinmetze verwenden hier nur besonders dauerhaften Kernstein. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.18 Portalnischen besitzen geschützte und exponierte Bereiche. Schädigende Einflüsse wirken hier unterschiedlich durch Auswaschungen oder Anreicherung von Schadstoffen. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) M. Stahr 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation Abb. 2.19 Unkontrolliert eindringendes Regenwasser aus der Natursteinfassade verursachte in der Reiterkuppel aus Beton im Völkerschlachtdenkmal Schäden wie flächige Bindemittelablagerungen, Salzausblühungen und Gefügeschäden. Es ist also auf ständig dichte Fugen zu achten. (Quelle: IBW-Archiv, Weimar) Abb. 2.20 Die Überdachung von Schmuckteilen wie Skulpturen schützt gegen Witterungseinflüsse. Die Anreicherung mit Schadstoffen aus der Luft muss jedoch überprüft werden. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.21 Je nach Steinsorte sind unter mikroklimatischen Einflüssen unterschiedliche Schädigungszonen an verschiedenen Bauwerksteilen zu erwarten, zum Beispiel großflächige Abwitterungen. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.22 In geschützten, teilweise der Feuchtigkeit ausgesetzten Bereichen bilden sich oft Angriffspunkte für biologische Schädigungen durch Algen und Bakterien. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) 39 40 M. Stahr Abb. 2.23 Sehr stark besonnte Bauwerksteile trocken schnell ab, sind aber häufig thermischen Spannungen durch Aufheizung und Abkühlung ausgesetzt (Würzburger Residenz). (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Abb. 2.24 An wetterabgewandten, wenig besonnten Bauwerksteilen sind oft erhebliche Schädigungen durch Schadstoffkonzentrationen festzustellen, da sich dort geringere Feuchtemengen länger halten (Gebäude vorn), im Hintergrund das Neue Rathaus, Leipzig. (Quelle: Institut für Lernsysteme, Hamburg) Das gilt jedoch nicht pauschal für das gesamte Bauwerk, sondern es müssen die verschiedenen Anwendungsformen des Natursteins am Bauwerk beachtet werden. Zum einen ist an Natursteinbauwerken im Allgemeinen nicht nur eine Steinsorte anzutreffen, sondern mehrere, die nach verschiedenen Beanspruchungsbereichen ausgewählt wurden und die eine unterschiedliche Widerstandsfähigkeit gegen verschiedenartige Einflüsse besitzen. Zum anderen sind diese Einflüsse in einzelnen Zonen am Bauwerk sehr unterschiedlich und variieren sogar je nach Form. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 41 2.2.3 Auswirkungen verschiedener Schadenseinflüsse Wasser, Luft und Wind können bereits zur Verwitterung beitragen, indem sie Teilchen der Steinsubstanz mechanisch abtragen und aus dem Steinmaterial herauslösen. Beim Wasser kommen Lösungs- und Quellvorgänge im Stein hinzu, die bei den durch Bindemittel gebundenen Steinsorten Materialschädigungen zur Folge haben. Wasser ist auch die Voraussetzung für Frostsprengungen, die das Steingefüge zerstören. Häufige Gründe für die Zerstörung sind, dass die in der Gesteinsmasse vorhandenen Kristalle verschiedene Ausdehnungskoeffizienten haben und durch die ständig sich wiederholende Erwärmung und Abkühlung und die hierdurch ausgelöste Bewegung eine Lockerung des Gefüges eintritt, was zu einem Abbröckeln oder Zerbröckeln des Steins führt. Besonders schädlich wirken verhältnismäßig plötzliche Erwärmungen und Abkühlungen, wie sie im Frühjahr und Herbst häufig auftreten und wie sie vor allem für das Hochgebirge charakteristisch sind. Die größten Feinde jedes Natursteins sind abwechselndes Feuchtwerden und Austrocknen sowie Frost-Tau-Wechsel, also Feuchtigkeitseinwirkungen. Frostverwitterung Zur Wirkung der Temperaturschwankungen kommt bei der Frostverwitterung als Hauptfaktor hinzu, dass sich das Wasser beim Gefrieren im Bereich des Nullpunktes um 9 % seines Volumens ausdehnt. Diese Volumenvergrößerung beim Übergang von der flüssigen in die feste Phase führt zu Spannungen im Gestein, die umso größer werden, je mehr der Porenraum des Gesteins mit Wasser gefüllt ist (Abb. 2.25). Wie bei der Temperaturverwitterung stellt sich erst nach einem mehrfachen Wechsel von Gefrieren und Auftauen eine Gefügeauflockerung ein, die schließlich das Gestein zerstört. Demzufolge treten Frostsprengungen im Gestein hauptsächlich bei häufigem FrostTau-Wechsel (Hochgebirgsregion der tropischen und gemäßigten Klimazonen) oder bei Dauerfrosteinwirkung (kontinentale Winterkältegebiete) auf. Dem physikalisch gleichen Vorgang wie die Frostsprengung ist auch die Salzsprengung bzw. Salzverwitterung (Kristallisationsdruck bei der Aus- und Umkristallisation leicht löslicher Salze) zuzuordnen (Cammenga 1996). Es ist darum wichtig, Wasser weitgehend von Steinen fernzuhalten und aus diesem Grunde seinen Abfluss zu erleichtern. Zerstörungen der Steine sind unter den gleichen atmosphärischen Bedingungen stark von ihrer Lage im Bauwerk abhängig. Auf der Seite der vorherrschenden Windrichtung (Wetterseite) werden stets die stärksten Korrosionen zu finden sein. Resistent gegen saure Wässer, wie sie oft auch im Regen enthalten sind, sind ausschließlich Eruptivgesteine und kieselige Sandsteine mit dichtem Gefüge. 42 M. Stahr Abb. 2.25a–e Schematische Darstellung der Frostwirkung. a geschlossene Pore, zur Hälfte mit Wasser gefüllt, keine Druck- bzw. Sprengwirkung, b geschlossene Pore, zu 90 % mit Wasser gefüllt, Druckwirkung bei 1 °C noch nicht erreicht (Grenzfall), bei 22 °C noch geringer (Zusammenziehung des Eises), c geschlossene Pore, vollständig mit Wasser gefüllt, beim Abkühlen starke Druckzunahme (Wasser bleibt dabei flüssig), durch starken Druck wird das Gestein zerstört (Rissbildung), dadurch Druckentlastung und Gefrieren des Wassers, d Poren unvollkommen geschlossen; bei langsamer Abkühlung Druckausgleich (keine Zerstörung), rasche Abkühlung oder tiefe Temperaturen sprengen das Gestein; bei weiter Öffnung auch bei rascher Abkühlung Druckausgleich, e porenreiches Gestein (Poren zusammenhängend), Gestein vollständig mit Wasser getränkt (punktiert), schraffiert: Gestein von Eis durchsetzt; meist Eispanzer, dadurch wird das Innere geschlossener Raum; bei weiterer Abkühlung durch Druck von innen Aufbruch der Randzone. (Quelle: Peschel, Weimar) 2.3 Schadensbilder 2.3.1 Schadensrelevante Gesteinseigenschaften Erscheinungsformen Der Widerstand des Baustoffs Naturstein gegen einwirkende Schadenseinflüsse wird bestimmt durch die besonderen Eigenschaften, die der Stein aufweist. Ob ein Schaden tatsächlich eintritt, hängt mit dem Grad des Einwirkens von schädigenden Einflüssen zusammen, der in einzelnen Zonen des Bauwerks sehr unterschiedlich sein kann. Wichtige Eigenschaften von Naturstein können an Bauwerken im Hinblick auf mögliche Schädigungen sein: 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 43 Gewicht und Struktur: Dichte – Korngrößenanteile – Porosität Mechanische Festigkeit: Druckfestigkeit – Biegezugfestigkeit – Stoßfestigkeit – Ausbruchsfestigkeit – Abriebfestigkeit – Oberflächenfestigkeit Zusammensetzung: Mineralgehalt – Salz-/Alkaligehalt – säurelösliche Bestandteile – wasserlösliche Salze, Bindemittel Feuchteverhalten: Feuchtegehalt – Wasseraufnahme – Wasserdurchgang – Dampfdurchlässigkeit – hygroskopische Gleichgewichtsfeuchte Temperaturverhalten: Wärmeleitfähigkeit – Rauchgasbeständigkeit – Frostbeständigkeit Eine Übersicht über die Beständigkeit der wichtigsten im Bauwesen verwendeten Naturgesteine gibt Tab. 2.6. Tab. 2.6 Beständigkeit der wichtigsten im Bauwesen verwendeten Natursteine Gesteinsart Dichte in g/cm3 Wasseraufnahme Sonstige Beständigkeit in Vol.-% (Frostbeständigkeit) Basalt 2,6. . . 3,3 0,3. . . 1,1 Wetterbeständigkeit erheblich, ausgenommen solche mit „Sonnenbrand“, resistent gegen Säuren, sehr druckfest Diabas 2,8. . . 3,0 0,3. . . 0,4 Wetterbeständigkeit gut Diorit 2,75. . . 3,0 0,3. . . 0,4 Wetterbeständigkeit im Allgemeinen gut, nur bei Anwesenheit von Schwefelkies schlechter, frostbeständig, politurbeständig Gabbro 2,5 . . . 3,0 0,3. . . 0,4 Wetterbeständigkeit im Allgemeinen sehr gut, nur bei labradorit- und olivinreichen Sorten schlechter, frostbeständig Granit 2,3. . . 2,80 0,3. . . 0,4 Wetterbeständigkeit gut, nur bei Anwesenheit von Schwefelkies schlechter, resistent gegen Säuren, frost- und politurbeständig Kalkstein 1,9. . . 2,8 reiner Kalk- 0,2. . . 2,9 Wetterbeständigkeit bei den dichten stein = 2,7. Dieser Wert Sorten gut, nicht resistent gegen Säuren, wird durch MgCO3 nicht alle Kalksteine sind frostbeständig und nur begrenzt politurfähig erhöht, durch Ton und SiO2 erniedrigt Porphyr 2,6. . . 2,9 0,6. . . 0,7 Wetter- und Frostbeständigkeit gut Quarzpor- 2,5. . . 2,6 0,2. . . 0,7 Wetterbeständigkeit gut, ausgenommen phyr tonige Sorten Quarzit 2,6. . . 2,7 0,2. . . 0,7 Wetterbeständigkeit vorzüglich, resistent gegen alle Säuren, gegen Alkalien unbeständig Sandstein 2,0. . . 2,9 0,2. . . 0,6 und Wetterbeständig nur Steine mit kieselimehr gem Bindemittel, diese sind auch gegen Säuren bedingt beständig 44 M. Stahr Die Werte für die Wasseraufnahme sind besonders wichtig, weil sie in Korrelation mit der Resistenz gegen aggressive Medien und auch mit der Frostbeständigkeit stehen. Aus der Tab. 2.6 geht hervor, dass die Eruptivgesteine (Basalt, Diabas, Diorit, Gabbro, Granit, Porphyr, Quarzporphyr) die beste Beständigkeit besitzen. Auch die Sedimentgesteine (Sandsteine, Grauwacken) sind bei entsprechender Struktur gut wetterbeständig. Quarzit, ein Sandstein mit mindestens 90 % Kieselsäure besitzt eine vorzügliche Wetterbeständigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen saure Agenzien. Dagegen ist bei Umwandlungsgesteinen (Gneisen, Glimmerschiefer) eine gewisse Vorsicht am Platze, weil sie unter Einwirkung von Kohlensäure, Luftfeuchtigkeit und Wasser verhältnismäßig leicht verwittern. Maßgebend für die Eignung eines Gesteins ist aber nicht die geologische Formation oder die chemische Zusammensetzung, sondern vor allem sein Gefüge hinsichtlich der Härte der einzelnen Mineralkörner, der Dichtigkeit und der Haftfestigkeit seiner Bestandteile untereinander. Porigkeit der Steine begünstigt ihren Zerfall durch Verwitterung. 2.3.2 Physikalische Eigenschaften Härte Ein Körper setzt dem Eindringen eines anderen Körpers einen Widerstand entgegen. Diesen Widerstand bezeichnet man als Härte. Die Wetterbeständigkeit einer Beschichtung, Abrieb und Kratzfestigkeit, Säuren- und Laugenbeständigkeit, Mineralöl- und Chemikalienbeständigkeit hängen weitgehend von der Härte ab. Zur Messung der Härte gibt es unterschiedliche Verfahren. Das einfachste, aber sehr ungenaue Verfahren ist die Kratzprobe mit dem Fingernagel. Eine andere Prüfungsmethode ist die Kratzprobe mit unterschiedlichen Bleistiftminen. Daneben gibt es noch eine Reihe komplizierterer Prüfverfahren. Mohssche Härteskala Die Mohssche Härteskala, von dem Mineralogen Friedrich M. Mohs (1773 bis 1839) aufgestellt, teilt die Mineralien in 10 Härtegrade ein, wonach jedes folgende Mineral das vorhergehende ritzt. Gleich harte Mineralien ritzen einander nicht. Die Mohs-Härte ist nur relativ, sie gibt keinen Aufschluss über die wirkliche Zunahme der Härte innerhalb der Skala. Außerdem täuschen z. B. ausgewitterte Mineralien geringere Härtegrade vor. Manche Mineralien weisen zudem auf verschiedenen Flächen und nach bestimmten Richtungen recht unterschiedliche Härte auf. Der weichste Stoff steht am Anfang der Skala, der härteste am Ende. Schleifpapiere müssen eine höhere Härtestufe aufweisen als der zu schleifende Untergrund. Die Härte hängt jeweils vom Schleifmittel ab und hat mit der Korngröße nichts zu tun. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 45 Tab. 2.7 Härteskala nach Mohs Porosität Die Porosität spielt eine wichtige Rolle für die Verwitterungsbeständigkeit, da ihr Vorhandensein das Eindringen von Schadstoffen in den Stein ermöglicht und zu Zerstörungen im Steininneren führen kann. Dichte Steine mit sehr geringer Porosität wittern vorwiegend an der Oberfläche ab. Poren im Stein sind die Voraussetzung für das Eindringen von Wasser und für den Wassertransport im Stein. Damit werden Frostsprengungen begünstigt und Lösungsprozesse von Bindemitteln ermöglicht. Andererseits ist das Vorhandensein einer Porosität die Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Steinschutzmitteln, die über die Poren in den Stein eindringen können müssen, um wirksam zu werden (Abb. 2.26). Dichte Steine nehmen keine Schutzmittel in ausreichendem Umfang auf. Karbonatisch gebundene Sedimentgesteine haben eine höhere Anfälligkeit für die chemische Verwitterung, tonig-silikatisch gebundene Sedimentgesteine dagegen eine überwiegende Anfälligkeit für physikalische Verwitterungsprozesse. Abb. 2.26 Schemadarstellung der Gesamtporosität einiger Naturwerksteine 46 M. Stahr 2.3.3 Schäden – Ursachen – Vermeidung Natursteinschäden sind hauptsächlich an historischen Bauwerken durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern. Sind sie bereits vorhanden, handelt es sich nicht nur um natürliche Alterungsschäden, sondern auch um solche, die auf die Zunahme der Luftemission sowie auf Mängel im Feuchtigkeitsschutz zurückzuführen sind. Die für die Witterungsbeständigkeit der Natursteine ausschlaggebende Festigkeit, Porosität und Wasseraufnahmefähigkeit ist von der Gesteinsart abhängig. Eruptivgesteine, z. B. Granit, Syenit und Basalt, sind im Allgemeinen sehr druck- und abriebfest, wenig porig und gering wasseraufnahmefähig. Sedimentgesteine, z. B. Kalkstein und Sandstein, lassen sich infolge des Parallelgefüges gut spalten und zeichnen sich größtenteils durch Druckfestigkeit, stärkere Porosität und Wasseraufnahme aus. Metamorphe Gesteine sind bei körnig-kristalliner Struktur (Marmor) den Eruptivgesteinen und bei blättriger Struktur manchen Sedimentgesteinen ähnlich. Allerdings bestehen zwischen Gesteinen gleicher Art aus verschiedenen Lagerstätten, ja sogar aus verschiedenen Schichten eines Steinbruchs häufig in der Zusammensetzung und in den Eigenschaften erhebliche Unterschiede. Tab. 2.8 Schäden an Natursteinen Schaden, Ursachen Absanden von Naturstein Folgeerscheinung der Verwitterung, die hauptsächlich bei kalk- und tongebundenen Sandsteinen auftritt. Von der Oberfläche her wird das Kalziumkarbonat von der Luftkohlensäure und eventuell von schwefligen Luftverunreinigungen in wasserlösliche Verbindungen umgesetzt, die gemeinsam mit dem Ton vom Regen herausgewaschen werden. Die freigelegten Quarzkörner sanden ab. Vermeiden, Beseitigen Sandsteine mit einem wasserlöslichen tonigen Bestandteil sind für außenstehende Bauteile nicht geeignet. In Gebieten mit sauer reagierender Luftemission sollte kalkhaltiger Naturstein nicht eingesetzt werden. Wichtig ist auch der Schutz vor übermäßiger Durchfeuchtung durch richtige Verarbeitung der Sandsteine. Absandende Natursteinoberflächen können nach trockenem Abbürsten in trockenem Zustand durch mehrmaliges Tränken mit verdünnter Kaliwasserglaslösung wieder gefestigt werden. Absprengung von Naturstein Konstruktionsfehler vermeiden. Eindringen von Wasser und aggressiven StofGesteinsschädigung infolge vorhandener fen der Luftemission an falsch konstruierten, Mängel durch Kunststoff-, Zinn- oder Zinkwasserstauenden Gesimsen, Fenstersohlbänken abdeckungen verhindern. u. a. oder Fehlen von Abdeckungen führt zu Absprengungen durch Frost, Treiberscheinungen. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 47 Tab. 2.8 (Fortsetzung) Schaden, Ursachen Beim Verarbeiten die natürliche Schichtung der Gesteine nicht beachtet, Folge erhöhte Wasseraufnahme, Absprengung durch Frost oder bei Belastung. Absprengungen an den Kanten zur Fuge von größeren Blöcken sind auf Fehler im Schnitt oder in der Breite der Fugen zurückzuführen. Obwohl Naturstein nur wenig „arbeitet“, kommt es zu „Zwängungen“ in den Fugen, sodass an Steinen mit rauen unebenen Auflagerflächen Kantenabsprengungen und Verschiebungen auftreten können, wenn sie mit sehr schmalen Fugen versetzt werden. Rost von eingesetzten oder durchgehenden Stahlteilen, z. B. Gitter und Zuganker, sprengt Gestein ab. Ausblühungen auf Naturstein Aus dem Baugrund in nicht gegen Bodenfeuchtigkeit abgesperrte Wände aus porigem Naturstein mit der Bodenfeuchtigkeit eingedrungene Salze, z. B. Sulfate, Chloride und Nitrate, die beim Verdunsten der Feuchtigkeit über der Geländelinie auf dem Stein abgelagert werden. Umsetzung des Kalziumkarbonats kalkgebundener Natursteine durch schwefelsaure atmosphärische Feuchtigkeit (gebildet aus Schwefelverbindungen der Verbrennungsabgase) in zum Teil wasserlösliches, ausblühendes Kalziumsulfat. Auslaugung von Naturstein Herauslösen weicher Gesteinsbestandteile, z. B. des Tons aus Mergel- und Tonsandstein oder der wasserlöslichen Anteile aus Gipsstein durch Regenwasser. Auflösen der wasserlöslichen Reaktionsprodukte, die das Kalziumkarbonat kalkgebundener Natursteine mit Luftkohlensäure (Kalziumhydrogenkarbonat) oder mit Schwefelsäure aus der Luftemission (Kalziumsulfat) bildet. Vermeiden, Beseitigen Besonders Sedimentgesteine so einsetzen, dass das Eindringen von Regen- und Schneeschmelzwasser durch die natürliche Schichtung nicht begünstigt wird. Nur Natursteine mit plan geschliffenen Fugenflächen können mit schmalsten Fugen (evtl. ohne Mörtel wie bei Marmor) versetzt werden. Steine mit rauen oder unebenen Fugenflächen müssen breitere, voll mit Mörtel ausgefüllte Fugen haben. Rostfreien oder verzinkten Stahl verwenden – mit elastischerem Plastmörtel (oder Bleiverguss) befestigen. Aufnahme von Bodenfeuchtigkeit durch nachträglich einzubeziehende Sperrschicht oder Elektroosmose verhindern. Vorhandene Ausblühungen nach der Austrocknung trocken abbürsten. Feuchtigkeitsaufnahme weitestgehend verhindern: Abdeckungen, Umsetzung des Kalziumkarbonats der Steinoberfläche durch Fluatieren im Kalziumfluorid, Tränken mit hydrophob wirkenden Mitteln, z. B. Methylsilikonbautenschutzstoffe. Regen- und Schneeschmelzwasser dürfen nicht durch Mängel in der Konstruktion, fehlende oder nicht weit genug vorkragende Abdeckungen oder durch verstopfte, beschädigte Dachrinnen und Fallrohre an den betroffenen Bauteilen herunterlaufen – es muss für die Ableitung des Wassers von den Wänden gesorgt werden. Die Oberflächenrandzone ausgelaugter Natursteine kann nach dem Abbürsten in ausgetrocknetem Zustand wie folgt abgedichtet und gefestigt werden: Tränken mit stark verdünnter Kaliwasserglaslösung (1 : 5), nach dem Trocknen Fluatieren mit einer sauren Fluatlösung, nach dem Trocknen zwei- bis dreimalige Wiederholung dieses Verfahrens. 48 M. Stahr Tab. 2.8 (Fortsetzung) Schaden, Ursachen Durchfeuchtung von Naturstein Wasser- und schneestauende Konstruktionen oder die natürliche Schichtung der Gesteine beim Verarbeiten nicht beachtet. Sperrschichten gegen Bodenfeuchtigkeit fehlen oder sind durch Auffüllen des Geländes oder spätere Anbauten unwirksam geworden. Zu dichter Fugenmörtel, z. B. Zementmörtel, für porige Natursteine verwendet. Dadurch sättigen sich die Steine über der Lagerfuge mit Wasser. Verkrusten, Moose, Flechten, Staub- und Vogelmistablagerungen speichern Feuchtigkeit. Krustenbildung auf Naturstein Besonders durch die Verbrennung von Kohle und Erdöl wird die Atmosphäre durch Kohlendioxid, CO2 und Schwefeldioxid, SO2 verunreinigt. CO2 bildet mit der Luftfeuchtigkeit Kohlensäure, SO2 geht zum Teil in SO3 und dieses mit der Luftfeuchtigkeit in Schwefelsäure über. Beide Säuren greifen kalkhaltige Natursteine stark an. Kohlensäure löst Kalziumkarbonat unter Bildung von Kalziumhydrogenkarbonat Ca(HCO)2 , das sich an der Gesteinsoberfläche durch Abgabe von CO2 zu einer porösen Kalziumkarbonatkruste zurückbildet. Mit Schwefelsäure reagiert das Kalziumkarbonat zu Kalziumsulfat, das ebenfalls in den Verkrustungen vorzufinden ist. Der mit den chemischen Reaktionen verbundene Kristallisationsdruck führt auch zu Treiberscheinungen. Unter den weißen oder durch Ruß- und Staubeinlagerungen auch schwärzlichen Krusten läuft der Zerstörungsprozess weiter. Treiben von Naturstein Kristallisationsdruck bei der chemischen Umsetzung von Kalziumkarbonat kalkhaltiger Natursteine durch saure Stoffe der Luftemission. Vermeiden, Beseitigen Kunststoff-, Zinn-, Blei- und Zinkabdeckungen, für schnelle Wasserableitung sorgen, Steine, deren Draufsicht dem Regen ausgesetzt ist, nicht mit dem Schichtenquerschnitt nach oben setzen. In nicht gesperrten Wänden kann die Feuchtigkeit bis zu 2 m über die Geländelinie hochsteigen. Abdichtung der Außenflächen treibt die Feuchtigkeit noch höher. Abgeholfen wird durch Freilegen und Belüften der Mauern, Dränagegraben um das Bauwerk, Einziehen von Sperrschichten, evtl. auch durch Elektroosmose. Der Mörtel muss in seiner Porigkeit und Wasserdurchlässigkeit der Porigkeit der Steine angeglichen werden, z. B. für Sandstein Kalkmörtel verwenden. Scharf abbürsten oder abscheuern, offene Fugen verstreichen. Fluatieren verzögert den erneuten Bewuchs. In Großstädten, im Bereich der Schwerindustrie und anderen Gebieten, in denen mit stärkerer Verunreinigung der Atmosphäre mit Verbrennungsabgasen, Ruß und Flugasche zu rechnen ist, sollten kalkhaltige Naturwerksteine nicht mehr eingesetzt werden. Bei der Instandhaltung von Bauwerksteilen aus kalkhaltigem Naturstein darf die Krustenbildung nicht unbeachtet bleiben, sondern es sind, ausgehend von den objekt- und standortbezogenen Bindungen nach der Entfernung vorhandener Krusten geeignete Schutzmaßnahmen einzuleiten. Siehe unter „Krustenbildung“. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 49 2.3.4 Gesteinsfehler Gesteinsfehler können einen Werkstein unter Umständen unbrauchbar machen, je nach Art und Grad des Mangels. Da Naturstein relativ teuer ist, sollten Sie Ihr Augenmerk besonders auf die Qualitätsmerkmale richten (Weber, Hill 1999). Zu den typischen Gesteinsfehlern, die praktisch in allen Arten vorkommen können, ist der sogenannte „Stich“ zu zählen (Abb. 2.27). Dabei handelt es sich um eine Rissbildung von unterschiedlicher Breite und beliebiger Richtung. Die Ursachen sind meist tektonischer Art und in der Lagerstätte im Boden durch Gebirgsdruck oder kleinere Erdbeben zu suchen. Natürlich können auch die Abbaumethoden, wie z. B. Sprengen, das Gefüge im Stein zerstören, was zu feinsten Haarrissen führt. Oft sind Stiche durch eine dunklere Einfärbung zu erkennen, wenn sich Staub und Feuchtigkeit einlagern. Im Zweifel hilft die Nagelprobe, indem man mit dem Fingernagel quer zum Stichverlauf streicht. Auch ein Benetzen der Stelle mit Wasser kann Aufschluss geben, denn ein Riss nimmt die Flüssigkeit auf. Das Anklopfen mit einem kleinen Hammer zur Klangprobe ist besser etwas für geübte Steinkenner. Ein weiterer Hinweis auf „Stiche“ können Ausbrüche und fransige Ränder entlang der Risskante sein. Als „Naht“ bezeichnet der Fachmann eine besondere Form der Rissbildung im Kalkstein durch unvollständige Ausheilung während der Entstehung und lückenhaften Einlagerung von Ton. Charakteristisch ist der verzahnte Verlauf quer zur Schichtung des Gesteins (Abb. 2.28). Nicht alle spezifischen Eigenheiten eines Natursteins sind „Fehler“. Vor allem Einlagerungen aus pigmentierten Stoffen wie Vulkanasche, die schwarze Spuren hinterlässt, Eisen, das zu rostroten Stellen führt oder Verfärbung durch Verwitterung sind keine Mängel im Stein. Abb. 2.27 Stich (Quelle: Autorenkollektiv, München) 50 M. Stahr Abb. 2.28 Naht (Quelle: Autorenkollektiv, München) Besonders Kalksteine sind reich an fossilen Einschlüssen, die oft als dunkle Stellen im sonst hellen Gefüge erscheinen und vom Laien als Qualitätsminderung angesehen werden (Abb. 2.29). Eine weitere Eigenschaft von Kalkstein und ebenso von Marmor ist ihre Anfälligkeit gegen Säuren jeglicher Art. Auch hier wird die mangelnde Resistenz oft als mindere Qualität angesehen. Die Schäden reichen von matten Flecken über helle Ränder bis zum Lochfraß in extremen Fällen. Auch schwache Konzentrationen wie Fruchtsäure in Säften und Kohlensäure in Limonaden bzw. im Bier greifen Kalkstein an. Gleiches gilt für säurehaltige Putzmittel wie Essigreiniger, die deshalb durch ph-neutrale Reiniger ersetzt werden sollten. Sogar in Tongefäßen wie einfachen Blumentöpfen können Spuren von Säuren (Salpeter) ent- Abb. 2.29 Fossile Einschlüsse (Quelle: Autorenkollektiv, München) 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 51 Abb. 2.30 Schadensvarianten (Quelle: Autorenkollektiv, München) halten sein, die beim Gießen ausgewaschen werden. Sichere Anzeichen dafür sind weiße Verfärbungen oder Flockenbildung an der Außenseite der Töpfe (Abb. 2.30). Farbstoffe aus Lebensmitteln und Gewürzen, aber auch aus Kosmetika, etwa farbige Seifen und Duschmittel und dergleichen, können bei längerem Einwirken in den Stein eindringen und farbige Rückstände bilden (Abb. 2.31). Vermeintliche „Sprünge“ oder „Risse“ im Kalkstein oder Marmor entpuppen sich bei der fachmännischen Analyse in der Regel als Kalzitadern, die wegen ihres transparenten, glasigen Aussehens tatsächlich wie „geklebt“ erscheinen. Hier handelt es sich aber um Kalk, der sich zu reinen Kristallen ausgebildet hat (Abb. 2.32). Dennoch sei darauf hingewiesen, dass manche Kalksteinsorten bevorzugt entlang solcher Adern reißen. Abb. 2.31 Rückstände (Quelle: Autorenkollektiv, München) 52 M. Stahr Abb. 2.32 Kalzitadern. (Quelle: Weber, Trier) 2.3.5 Verfärbungen und Ausblühungen Zunächst empfiehlt sich eine grundsätzliche Unterteilung in zwei verschiedene Schadensarten: Verfärbungen, Ausblühungen. Die Zweiteilung ist deshalb nötig, weil es sich bei den Schadensursachen um unterschiedliche chemische Ausgangsstoffe handelt und weil sich die Schadensbilder stark voneinander unterscheiden. Verfärbungen Zum besseren Verständnis unterscheidet man drei verschiedene Entstehungsarten von Verfärbungen (Abb. 2.33): a. Verfärbungen durch Schmutzeintrag von oben, b. Verfärbungen durch gesteinsimmanente Minerale, c. Verfärbungen durch Substanzen aus dem Belagsunterbau. Die verschiedenen chemischen und physikalischen Vorgänge sind jedoch nur möglich, wenn ein ausreichendes Feuchtigkeitsangebot zur Verfügung steht. Dies bedeutet, nur mittels Wasser können verfärbungsintensive Substanzen überhaupt befördert werden. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um organische oder anorganische Stoffe handelt. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 53 Abb. 2.33 Arten von Verfärbungen. (Quelle: Weber, Trier) Eine der häufigsten Ursachen für Verfärbungen ist der Schmutzeintrag von oben (Abb. 2.34). Alle möglichen Substanzen, wie z. B. Eisenbestandteile, Salze und Humussäuren, die meist von außen hereingetragen werden, gehen mit Wasser in Lösung und dringen über die Kapillare des Natursteins und der Mörtelfugen ein. Diesen Vorgang nennt man Fremdeinwirkung von oben. Günstige Voraussetzungen für Schmutzeintrag sind: Offenporige Gesteinsstruktur, Hohe Kapillarität, Dünne Kapillardurchmesser, glatte Innenwände, Wasser mit geringer Oberflächenspannung, Raumtemperiertes Wasser, Stark frequentierte Eingangsbereiche, 54 M. Stahr Abb. 2.34 Verfärbungsart A. (Quelle: Weber, Trier) Fehlende Sauberlaufzonen, Fehlende Politur bzw. geringe Güte des Schliffbildes. Dringt kaum Wasser bzw. Feuchtigkeit in das Gestein ein, können die beschriebenen Mechanismen auch nicht gründlich ablaufen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der Naturstein über eine günstig niedrige Wasseraufnahme und über eine möglichst hochwertige Politur der Oberfläche (hoher Glanz) verfügt. Als geeignete Präventivmaßnahme bietet sich folgende Oberflächennachbehandlung, die Hydrophobierung, an. Verfärbungen durch gesteinseigene Minerale treten weniger häufig auf als im Allgemeinen vermutet wird (Abb. 2.35). Unter dem Einfluss der Verwitterung können sich verfärbungsverursachende Minerale ohne massive Fremdeinwirkung verändern. Gesteine unterliegen nicht nur im Außenbereich, sondern auch im Innenbereich Verwitterungseinflüssen. Mechanische Beanspruchung und chemische Reinigungsmittel tragen in nicht unerheblichem Maße zur Verwitterung chemisch labiler Minerale bei. Nachstehend sind relevante verfärbungsintensive Minerale auf anorganischer Basis, die in Natursteinen enthalten sind, aufgeführt: Biotit-Glimmer (Magmatite/Metamorphite), Granat (Granulite), 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 55 Abb. 2.35 Verfärbungsart B. (Quelle: Weber, Trier) Pyrit (Marmor, Schiefer, Magmatit), Markasit (Kalkstein/Tonschiefer), Glaukonit (Sandstein). Nachstehend sind relevante verfärbungsintensive Substanzen auf anorganischer Basis, die in Natursteinen enthalten sein können, aufgeführt: Limonit (Eisenhydroxid), Pyrit (Eisensulfid), Magnetit (Eisenoxid), Markasit (Eisensulfid). Verfärbungen, verursacht durch Substanzen von unten, also aus dem Mörtelbett und der Lastverteilungsschicht, gehören zu den häufigsten Schadensursachen. So steigen anorganische und organische Stoffe mithilfe von Feuchtigkeit des Überschusswassers kapillar zur Unterseite der Platte auf und werden dort vom Naturstein angesaugt und zur Oberfläche transportiert. Dort verdunstet die Feuchtigkeit und die Festsubstanz bleibt zurück und führt zu Verfärbungen (Abb. 2.35 und 2.36). Ausblühungen Hiermit sind ausschließlich sogenannte Calcium-Carbonat-Ausblühungen gemeint. Sie entstehen, wenn freie Calciumhydroxidione der Zemente mit dem Transportmedium Wasser in den Kapillaren zur Oberfläche gefördert und durch Kohlendioxid aus der Luft zu Calcium-Carbonat umgewandelt werden. Zementgebundene Systeme „bluten“ nur so lange aus, wie freier Kalk und Wasser zur Verfügung stehen. Im Außenbereich sind Ausblühungen daher wesentlich häufiger anzutreffen, weil in den Unterkonstruktionen ein 56 M. Stahr Abb. 2.36 Verfärbungsart C. (Quelle: Weber, Trier) wesentlich größeres Feuchtigkeitsangebot durch einfallende Niederschläge zur Verfügung steht. Dabei entstehen gerade durch den Wechselzustand nass/trocken ideale Bildungsbedingungen. Im Innenbereich treten Kalkausblühungen normalerweise nur während der Austrocknungsphase auf, wenn Überschusswasser Calciumhydroxid über die beschriebenen Mechanismen zur Oberfläche transportiert. Dann werden sie als weiße Austragungen vornehmlich im Fugenbereich sichtbar und sollen möglichst unmittelbar danach trocken abgebürstet werden. Randzonenverfärbung So bezeichnet man spezielle Verfärbungen, die im Randbereich von Werkstücken durch ungeeignete elastische Fugenmassen verursacht werden. Natursteine verfügen über eine unterschiedlich stark wirkende Kapillarität. Aufgrund des inneren Drucks im Gesteinsgefüge saugen die Kapillargefäße natürlich auch im Flankenbereich von Werkstücken jegliche Art von Flüssigkeit an. Untersuchungen haben ergeben, dass die sogenannten Randzonenverfettungen meist aus Weichmacherölen der dauerelastischen Dichtstoffe resultieren. Um solchen Ärgernissen aus dem Weg zu gehen, empfiehlt sich die Verwendung von speziellen Naturstein-Silikonen, bei denen eine Abwanderung von Weichmachern ausgeschlossen ist, oder weichmacherfreies Silikon. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 57 2.3.6 Schadensbilder an der Werkstoffoberfläche Veränderungen an der Werkstoffoberfläche führen zu unterschiedlichen Schadensbildern. Die Abb. 2.37 zeigt mögliche auftretende Schadensbilder in der Übersicht. Optisch wahrnehmbare Verwitterungsphänomene. Anlagerungen Anlagerungen (Abb. 2.38) besitzen einen geringen Verbund zum Untergrund. Auf horizontalen Oberflächen werden häufig größere Partikel angetroffen als an vertikalen Flächen. Filmbildung Bei dem Phänomen der Filmbildung handelt es sich um bis zu 100 µm dicke, fest anhaftende Schichten, die aus verkitteten Staubpartikeln bestehen oder biologischen Ursprungs sind (Abb. 2.39). Häufig sind chemische und biologische Ursachen für die Bildung von Filmen heranzuziehen. Die Filme bestehen chemisch aus schwer löslichen Silizium-, Eisen-, Aluminium-, Phosphor-, Mangan-, Kalium- und Calciumverbindungen. Sie können jedoch auch Ruß und biologische Abbauprodukte wie Melanine enthalten. Nicht selten ist eine Besiedlung durch Mikroorganismen anzutreffen. Filme treten bevorzugt auf silikatischen Werksteinoberflächen, z. B. quarzitischen Sandsteinen, Granit, Basalt, Porphyr, in „frei bewitterter“ Abb. 2.37 Schadensbilder an der Werkstoffoberfläche. (Quelle: Siedel, Dresden) 58 M. Stahr Abb. 2.38 Anlagerungen. (Quelle: Siedel, Dresden) Exposition auf. Je intensiver die Bewitterung war, umso eher sind die Filme auf anorganisch chemische Bestandteile zurückzuführen. Krustenbildung Das Schadensbild der Krustenbildung ist gekennzeichnet durch dicke zusammenhängende Schichten auf der Werksteinoberfläche. Man kann Kalksinterkrusten und Gipskrusten unterscheiden. Die Kalksinterkrusten bilden sich aus gelösten Carbonaten durch Verdunsten des Wassers an der Werksteinoberfläche. Sinterkrusten bestehen im Allgemeinen aus zusammenhängenden Schichten von kleinsten Calcitkristallen (Abb. 2.40 und 2.42). 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 59 Abb. 2.39 Typische Filme auf silikatischem Gestein. (Quelle: Siedel, Dresden) 2.4 Schadensdokumentation 2.4.1 Bestandsaufnahme Die Planung von Maßnahmen zur Erhaltung von Bauwerken aus Naturstein muss von der vorhandenen Bausubstanz ausgehen, deren Art und Zustand entscheidenden Einfluss auf die vorzusehenden Erhaltungsmaßnahmen besitzt. Gegenüber der Planung von Neubaumaßnahmen besteht hier der erste Schritt der Maßnahmenvorbereitung in einer ausführlichen Erfassung und Bewertung des vorhandenen Baubestands. Eventuell sind Grundlagenuntersuchungen zur exakten Klärung des vorgefunden Bestandes vorzunehmen. Unzureichende Erhaltungsmaßnahmen können unter Umständen schädlich für das Bauwerk sein. Die Ergebnisse derartiger bereits durchgeführter baulicher Maßnahmen sind bei einer Bestandsaufnahme zu erfassen und zu bewerten. Natursteine zu sanieren heißt, bei allen Maßnahmen den Schadensgrad feststellen. 60 M. Stahr Abb. 2.40 Kalksinterkruste. (Quelle: Siedel, Dresden) Die Untersuchungen des Schadensgrades, die Feststellung des Sanierungsziels und damit verbunden auch der Sanierungsplan sollten dabei dem abgebildeten Schema (Abb. 2.43) folgen. Erst auf der Basis dieser Bestandsaufnahme kann die vergleichende Wertung möglicher Sanierungsverfahren und die Erstellung eines Maßnahmenplans erfolgen. Bestandsaufnahmen an Bauwerken aus Naturstein zur Klärung der Erfordernisse von Konservierung und Restaurierung gliedern sich organisatorisch in drei Arbeitsbereiche: kunsthistorische/baugeschichtliche Erfassung und Bewertung des Bauwerks, konstruktive/baustofftechnische Erfassung und Bewertung, gesteinskundliche Erfassung von schädigenden Einflüssen und Schädigungen des Bauwerks, Standortbedingungen. Das Erfassen und Beschreiben des Objekts und des Schadensbildes stehen am Anfang der Bestandsaufnahme. Um ein genaues Schadensbild zu erhalten, werden Zeichnungen, Fotografien, textliche Beschreibungen und im Einzelfall die Photogrammetrie benötigt. Nach der Bestandsaufnahme muss eine genaue Schadenskenntnis des Objekts vorliegen. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 61 Abb. 2.41 Anlagerungskrusten, geschützte Exposition. (Quelle: Siedel, Dresden) Hierzu hat sich eine Reihe von Verfahren bewährt. Die Verfahren sind dabei in zerstörungsfreie und zerstörende Methoden zu unterteilen. Bearbeitungsschritte Notwendige Voraussetzung für das Vorgehen der Sanierung ist die Festlegung der Arbeitsschritte. Eine mögliche Vororientierung ist die Gliederung nach Substanzerhaltungsstufen (Tab. 2.9). Tab. 2.9 Substanzerhaltungsstufen Substanzerhaltungsstufen S1 S2 S3 Zulässige Untergrundvorbehandlung Vollständiger Erhalt der Originalsubstanz (kein Abtrag, ggf. Festigung) Nach technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geringstmöglicher Abtrag Abtrag geschädigter Bereiche bis auf den tragfähigen, ungeschädigten Untergrund 62 Abb. 2.42 Gips-Reaktionskrusten. (Quelle: Siedel, Dresden) Abb. 2.43 Schema Untersuchungsphase M. Stahr 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 2.4.2 63 Arbeitsbereiche der Bestandserfassung und Bewertung Erst nach einer gründlichen Untersuchung von Ausmaß und Art der Schäden kann über erhaltende Maßnahmen an Steindenkmälern entschieden werden. Je nach Schadensbild und Art des Objekts sind dabei unterschiedliche Formen und Methoden der Bestandsaufnahme möglich. Dies soll zunächst ohne Eingriffe in die Substanz vorgenommen werden. Durch maßstäblich gewonnene Zeichnungen kann das Objekt in einzelne Ebenen, z. B. Grundriss, Schnitt und Ansicht, zerlegt werden. Über die Photogrammetrie können entzerrte Fotos hergestellt und durch moderne laseroptische Verfahren Daten ermittelt werden, die das Erreichen des Sanierungsziels erheblich erleichtern. Zur Bestandsaufnahme gehört auch das Erfassen und Auswerten vorhandener Unterlagen, die über Entstehung, Nutzung Abb. 2.44 Schema Objektinstandsetzung 64 M. Stahr und Geschichte des Objekts, über früher vorgenommene Veränderungen oder Restaurierungsmaßnahmen Auskunft geben können. Umfangreiches Akten- und Literaturstudium ist dabei oft unumgänglich. Ältere Zeichnungen oder Fotos können Hinweise auf frühere Zustände geben. Abb. 2.44 zeigt das Zusammenwirken der Beteiligten. Aus der Kenntnis der fiktiv gewählten Substanzerhaltungsstufen lässt sich eine Vielzahl organisatorischer Arbeitsbereiche ableiten. Drei Verfahren haben sich bei der Bestandserfassung und -bewertung herauskristallisiert: kulturhistorische baugeschichtliche Aufnahme, gesteinskundige Aufnahme, Standortbedingungen, konstruktive bautechnische Aufnahme. Diese Verfahren werden kurz erläutert. 2.4.3 Kulturhistorische baugeschichtliche Aufnahme Wichtig sind: Bauwerksbeschreibung mit Datierung und Herkunft, weiterführende Beschreibung bau- und kunstgeschichtlicher Art, Plandokumentation mit evtl. Veränderungsstufen, Fotodokumentation. Unterstützend wirken dabei: Literaturquellen, Akten aus Bauarchiven, Berichte über Restaurierungsmaßnahmen, Zeitungsartikel, Bauberichte, Informationen von Eigentümern, Heimatpflegern, Baubeamten, Nachbarn, Baufirmen. Im Einzelnen sind folgende Fragen zu klären: Woher und aus welcher Zeit stammt das Bauelement, seit wann befindet es sich am jetzigen Ort, sind Besonderheiten des Werkstoffs oder seiner Verarbeitung bekannt, wurde das Bauelement nachträglich verändert, wurde das Bauelement bereits behandelt – wenn ja, wie und womit, wie ist das Bauelement konstruktiv in das Bauwerk integriert – ist es demontabel, sind handwerkliche und künstlerische Bearbeitungsspuren vorhanden, sind Besonderheiten der Oberflächenstruktur und der Elementumrisse vorhanden, die auf die Bearbeitung zurückzuführen sind, sind Putz- und Farbfassungen vorhanden und wie ist ihr Zustand, 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 65 wie ist die Bedeutung des Bauelements für das gesamte Bauwerk als Denkmal einzuschätzen, erfordern die vorhandenen Elementschädigungen eine differenzierte restauratorische Fachbehandlung? Gesteinskundige Aufnahme, Standortbedingungen Wichtig sind: Untersuchungen und Analysen am Bauwerk, falls notwendig mit Einrüsten oder Hubwageneinsatz, Probenentnahme nach der Festlegung der zu untersuchenden Eigenschaften, Laboruntersuchungen, wenn sie nach dem Gutachtenanforderungsprofil erforderlich sind, Messdaten über Standortbedingungen und Umweltbelastungen in der Umgebung des Bauwerks. Unterstützend wirken dabei: zerstörungsarme Untersuchungsverfahren für Analysen am Bauwerk, Schnelltestverfahren für Bauwerksuntersuchungen zur Vermeidung aufwendiger Laboruntersuchungen, Messreihen über Umweltbelastungen und Standorteinflüsse für den Bauwerksstandort. Im Einzelnen sind zu klären: Gesteinszusammensetzung mit Mineralanteilen, chemischen Anteilen, Gefüge, Porosität (DIN 52 102), Feuchtigkeitsgehalt, Salzgehalt, Löslichkeit von Bestandteilen, Wasserlöslichkeit, Säurelöslichkeit, Wasseraufnahme nach DIN 52 103, Sättigungswert nach DIN 52 113, Kapillarwasseraufnahme nach DIN 52 617 E, mechanische Eigenschaften wie Druckfestigkeit, Ausbruchsfestigkeit, Abriebsfestigkeit, Temperaturdehnungsverhalten, Verwitterungsverhalten mit Frost-/Tau-Wechsel, Salzkristallisationsversuch (DIN 52 111 und VDI 3797), Schnelltest in sauren Medien nach Luckat, Standortfaktoren wie Klimadaten, Hauptwindrichtung, mittlere Luftfeuchtigkeit, Regentage pro Jahr, Meerwasseraerosole, Baugrund und Grundwasser, Immissionsbelastungen wie Erschütterungen, Schadstoffbelastungen der Luft, Schadstoffbelastung in der unmittelbaren Bauwerksumgebung, biologische Belastungen durch Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. 66 M. Stahr Konstruktive bautechnische Aufnahme Wichtig sind: Konstruktionsbeschreibung des Bauwerks, Bestandspläne ausreichender Genauigkeit, die dem aktuell vorhandenen Zustand entsprechen, Baubeschreibungen nachträglicher Veränderungen und Maßnahmen. Unterstützend wirken dabei: Umbaupläne und Veränderungsplanungen, Bauakten, Bautagebücher, Firmenangebote und Abrechnungen, Baubeschreibungen, vorliegende Gutachten, Fotos, Informationen von Bauwerksnutzern, Baubetreuern, Bauleitern und Handwerksfirmen. Im Einzelnen sind zu klären: Gesamtzustand des Bauwerks in Hinblick auf Standsicherheit, Festigkeit und mechanische Beanspruchung, Einbindung der Bauelemente in das Bauwerk und in andere Werkstoffe, erkennbare schädigende Einflüsse für einzelne Bauelemente, Umweltbelastungen, Beschaffenheit und Zustand von Steinoberflächen, Zustand und mögliche schädigende Einflüsse von Fugen, Putz, Anstrichen, Einflüsse von Schutzelementen wie Dächer, Abdeckungen für die Dauerhaftigkeit des Steins, bereits durchgeführte frühere Baumaßnahmen und evtl. Schutzmittelanwendungen, dringliche Maßnahmen der Sicherung des Bauwerks, die sofort zu veranlassen sind, Quantifizierung erkennbarer Schädigungen nach Grad und Ausmaß. 2.4.4 Checklisten zur Bestandserfassung Eine ausreichende und genaue Erfassung und Bewertung der zu sanierenden Bauteile kann nicht nur durch eine augenscheinliche Erfassung erfolgen. Um zuverlässige Planungsunterlagen zu bekommen, erscheint es sinnvoll, folgende Bauteile getrennt zu erfassen und zu bewerten: unterschiedliche Bauwerksteile (Hauptbau, Nebenbauten), Bauelemente wie Fassaden, Treppen, Skulpturen, Bodenbeläge aus Naturstein. Dabei ist es sinnvoll, sich auf ein abgestuftes Bewertungsraster festzulegen, nach dem die vorgefundenen Sachverhalte einheitlich eingestuft werden. Ein derartiges Bewertungsraster kann zum Beispiel wie in Tab. 2.10 aufgebaut sein. 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 67 Tab. 2.10 Beispiel für ein mögliches Bewertungsraster Prüfen auf Festigkeit Absanden Abblättern Durchfeuchtung Einschätzung Überwiegend fest Schwach entfestigt Stark entfestigt Zerbröckeln mit der Hand Zerfall bei Berührung Abrieb nur mit Messer möglich Leicht durch Fingerreibung Ecken/Kanten abgerundet Stark bei Berührung Sandanhäufung am Boden Lockerung nur an Steinrand Ablösungen am Steinrand Ablösungen in Einzelflächen Stark über die gesamte Fläche Tiefergehend, gesamtflächig In der Standfläche Vertikale Flächen In geschützter Lage In der Spritzwasserzone Durch ablaufendes Regenwasser Kurzzeichen A B C D E A B C D E A B C D E A B C D E Ein abschließendes Bestandsaufnahmebeispiel soll Ihnen die Anwendung in der Praxis verdeutlichen. 68 2.4.5 Bestandsaufnahmeprotokoll M. Stahr 2 Schadensursache - Schadensbilder - Schadensdokumentation 69 Literatur Autorenkollektiv (2003) Selbstbauen mit Natursteinen. Compaktverlag, München Cammenga H (1996) Bauchemie. Vieweg-Verlag, Wiesbaden Institut für Lernsysteme, Hamburg Peschel A (1982) Natursteine. Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig Reinsch D (1991) Natursteinkunde. Enke-Verlag, Stuttgart Remmers Denkmalspflege und Bauwerkserhaltung. Löningen Siedel H, Wiedemann G (2002) Laserstrahlreinigen von Naturstein. Fraunhofer IRB Verlag, Dresden Weber R, Hill D (1999) Naturstein für Anwender. Ebner-Verlag, Ulm Internet-Links www.dnv.naturstein-netz.de www.biv.naturstein-netz.de www.naturstein-netz.de www.deutsches-natursteinarchiv.de www.natursteinonline.de www.geodienst.de http://www.springer.com/978-3-658-07847-8