Anamnese des Schulfrühstücks von Grundschulkindern

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wissenschaft & forschung | Begutachtetes Original
Eingereicht: 22. 7. 2008
Akzeptiert: 24. 11. 2008
Öffentliche Einrichtungen wie Grundschulen sind wichtige Orte für präventive
Ansätze zur Gesundheitsförderung von Kindern. Für die Ableitung des Bedarfs
an präventiven Maßnahmen wie auch zur anschließenden Evaluation stellt das
Schulfrühstück einen sehr gut beobachtbaren Teil des Ernährungsverhaltens dar,
der zudem auch praktisch erprobt und verbessert werden kann. In dieser Arbeit
werden Ergebnisse aus einer Vielzahl von Studien zusammengefasst, mit denen
im Hinblick auf Lebensmittelverzehr und Nährstoffzufuhr beim Schulfrühstück
die Ist-Situation dargestellt wird.
Anamnese des Schulfrühstücks
von Grundschulkindern
Hintergrund und Fragestellung
Aktuelle Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert
Koch-Instituts zeigen den Stand der Adipositassituation in Deutschland [vgl. 1, 2].
Danach sind in Deutschland 15 % aller
Kinder und Jugendlichen im Alter von
3–17 Jahren übergewichtig und 6,3 % adipös. Deshalb werden Forderungen nach
einer präventiven Gesundheitsstrategie
laut, die die wesentlichen Ursachen von
Übergewicht und Adipositas analysiert
und gesundheitsförderliche Maßnahmen
initiiert [3].
eine wichtige Voraussetzung für Leistungsfähigkeit, Konzentration, Gesundheit und Wohlbefinden von Kindern und
Jugendlichen dar. MOLDERINGS [4] fasst
verschiedene Untersuchungen zusammen, die diese Zusammenhänge aufzeigen. So gilt die Auswirkung einer Mahlzeit auf den Blutglukosespiegel, der die
Gedächtnisleistung des Menschen positiv
beeinflusst, als relativ gesichert und eindeutig nachprüfbar. Darüber hinaus findet LOGUE [5] in verschiedenen Studien,
dass Nährstoffe bzw. der Verzehr von Lebensmitteln Auswirkungen auf das Aktivitätsniveau und die Leistungsfähigkeit des
Menschen haben.
Das Schulfrühstück stellt einen wichtigen
Ansatzpunkt bei der Umsetzung dieser
Forderung dar und ist unter verschiedenen Gesichtspunkten von zentraler Bedeutung. Zum einen ist es eine wichtige
Messgröße, da es in einem öffentlichen
Raum eingenommen wird und von Lehrern und Wissenschaftlern beobachtet
werden kann. Mahlzeiten, die zu Hause
eingenommen werden, sind nur schwer
einseh- und messbar. Darüber hinaus können nach einer Bestandsaufnahme der
Ist-Situation und ihrer sorgfältigen Analyse Empfehlungen ausgesprochen, Präventionsangebote erarbeitet und umgesetzt werden. Insbesondere kann die
Wirksamkeit schulischer Maßnahmen
hiermit überprüft werden.
Das Schulfrühstück stellt darüber hinaus
In einer Auswertung von Literaturbefunden [6] zum Zusammenhang zwischen
dem Frühstücksverzehr und der Leistungsfähigkeit von Kindern deuten einige
Studienergebnisse darauf hin, dass Kinder bestimmte kognitive Fähigkeiten besser einsetzen können, wenn ein Frühstück eingenommen wurde. Des Weiteren
scheinen nach einigen Befunden Leistungsfähigkeit, Reaktionsschnelligkeit
und Wachheit von einem Frühstücksverzehr abhängig zu sein. DIEBSCHLAG [7] wie
auch KAISER & KERSTING [6] merken jedoch an, dass es zwar einige Untersuchungen gibt, die einen Zusammenhang
zwischen Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Ernährung aufzeigen, dass diese
aber häufig methodische Schwächen aufweisen, da sie externe Einflussmöglich-
Bedeutung des Schulfrühstücks
Univ.-Prof.
Dr. Günter Eissing
Technische Universität Dortmund
Fakultät 14 –
Hauswirtschaftswissenschaften
Emil-Figge-Str. 50
44227 Dortmund
E-Mail: eissing
@fk14.tudortmund.de
140
Ernährungs Umschau | 3/09
Weitere Autoren:
M. Molderings
T. Nolle-Gösser
N. Bönnhoff
Das Schulfrühstück stellt eine wichtige Voraussetzung für Konzentration, Gesundheit und Wohlbefinden von Kindern dar.
keiten wie soziale und psychische Gegebenheiten vernachlässigen. Darüber hinaus können sie kausale Zusammenhänge zwischen Nährstoffen
und Wohlbefinden nicht explizit
nachweisen. KAISER & KERSTING [6]
betonen resümierend, dass die Verbesserung spezifischer Schulleistungen kein Resultat einer erhöhten Einnahme bestimmter Lebensmittel sein
kann. Durch eine ausgewogene Ernährung können die physiologischen
Bedingungen geschaffen werden, um
„normale“ Leistungen der Kinder zu
ermöglichen und Fehlernährung zu
verhindern.
Bezüglich der Flüssigkeitszufuhr und
der mentalen Leistungsfähigkeit konnten die Rosbacher Trinkstudien [vgl.
9] den Zusammenhang nachweisen,
dass eine bereits geringe Dehydratation sich auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt. Bereits temporäre
Flüssigkeitsdefizite beeinflussen danach die mentale Leistungsfähigkeit
der Schüler sowie die Kapazität des
Kurzzeitgedächtnisses. Eine ausreichende und regelmäßige Flüssigkeitszufuhr beeinflusst die Energieund Nährstoffzufuhr. Weiterhin steigt
der Flüssigkeitsbedarf der Schüler bei
sportlicher Aktivität und beim Spielen in der Schulpause z. T. auf das
Doppelte an [9].
Die Literaturbefunde unterstreichen
die Bedeutung des Schulfrühstücks
und einer damit verbundenen Flüssigkeitsaufnahme entsprechend den
Empfehlungen der Optimierten
Mischkost [vgl. 10] und heben die
Wichtigkeit der Untersuchung des
Schulfrühstücks von Grundschulkindern hervor.
Forschungsbedarf und
-hintergrund
Von diesen Hinweisen ausgehend,
dass das Frühstück eine für die kognitive und physische Leistungsfähigkeit der Kinder wichtige Mahlzeit darstellt, begründet sich die Forderung
nach der Evaluation des Schulfrühstücks sowie der Implementierung geeigneter Interventionsprogramme
und deren Bewertung. Erstaunlicherweise sind zu diesem Bereich kaum
Untersuchungen bekannt und der
Evaluation wurde bislang nur wenig
Beachtung geschenkt.
Eine der wenigen neuen Untersuchungen, die sich eingehender mit
dieser Thematik befasst, stammt von
MOLDERINGS [4]. Hierbei ging es um
die Evaluation verschiedener päda-
Methodik
Studiendesign
Im Rahmen verschiedener Forschungsarbeiten wurden die Frühstücksgewohnheiten in der Schule
von 1 554 Grundschulkindern der
1. und 2. Klasse untersucht. Die einzelnen Studien stammen aus den Jahren 2004–2007 (vgl. 쏆 Tabelle 1). In
den Untersuchungen wurden beglei-
Nr.
Studie
Erhebungsjahr
Schuljahr
1
MOLDERINGS [4]
2004
2005
2
EISSING [12]
3
ROBBEN [13]
Literaturtipp zum Thema:
Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) (Hg.): Empfehlungen für das Frühstück. Das Frühstücks-Zweimaleins. Dortmund
(2006 + erste Auflage 1994)
gogisch-didaktischer Ansätze im Rahmen der gesundheitsförderlichen Ernährungserziehung in der Grundschule. Erforscht wurde der Einfluss
von Unterrichtsformen, Elterneinbeziehung und Zielvereinbarung hinsichtlich einer Veränderung des Ernährungsverhaltens [vgl. 11].
Der vorliegende Aufsatz richtet sein
Augenmerk auf das Frühstück von
Grundschulkindern. Dabei stehen
die Ergebnisse hinsichtlich des Lebensmittelverzehrs und des Getränkekonsums im Vordergrund. Durch
diese wird eine umfassende Betrachtung des Schulfrühstücks in Abhängigkeit von Gewohnheiten, Präferenzen, Abwechslung, Nährstoffversorgung und Energiezufuhr möglich.
Anzahl
Klassen
Anzahl
Schüler
1. + 2. Klasse
1. Klasse
12
17
289
403
2006
1. + 2. Klasse
14
306
2005/2006
2006/2007
1. Klasse
1. + 2. Klasse
6
18
148
408
Gesamt
1 554
쑺
Tab. 1: Der Studie zugrundeliegende Untersuchungen
Ernährungs Umschau | 3/09
141
wissenschaft & forschung | Begutachtetes Original
tend zu schulischen Interventionen
Prä- (vor der Intervention), Post- (direkt nach der Intervention) und Follow-up-(ca. 6 Monate nach der Intervention)Frühstücksanamnesen
durchgeführt. Da die Datenerhebung
jeweils durch eine einwöchige (5-tägige) Protokollierung des Schulfrühstücks der Kinder erfolgte, liegen von
1 554 Schülern insgesamt 22 500
Frühstücksanamnesen vor.
Im Rahmen dieses Aufsatzes wurden
jedoch nur die Prä-Daten einbezogen, da diese die Frühstücksgewohnheiten von Grundschulkindern ohne
Interventionseffekte widerspiegeln.
Frühstücksanamnese
ben, die dem Brotbelag zugeordnet
werden können, wurden meist in
Scheiben oder Gramm (g) notiert,
die sich an einer standardisierten Vorgabe orientierten. Diese Mengenangaben wurden gewählt, um eine
schnellere Notation zu gewährleisten.
Bei der späteren Auswertung der
Daten wurde eine Umwandlung der
Mengen aller Lebensmittel, soweit erforderlich, in Gramm (g) oder Milliliter (ml) anhand der „MONICAMengenliste“ [14] und der „Mengenlehre für die Küche“ [15] vorgenommen [vgl. 4]. Dies diente in erster Linie der Vergleichbarkeit der
Daten bei nachfolgenden Analysen
und wurde in allen oben genannten
Studien angewandt.
Die Frühstücksanamnesen erfolgten durch geschulte Mitarbeiter, die vor der Frühstückspause die mitgebrachten Lebensmittel der Kinder mit Hilfe
eines Protokoll- bzw. Anamnesebogens notierten. Für eine
schnelle Notierung der einzelnen Lebensmittel sind auf dem
Anamnesebogen folgende Gruppen vorgegeben: Brot, Cerealien,
Belag, Obst, Gemüse, Süßwaren,
Milcherzeugnisse, Getränke. In
jeder Kategorie können neben
den angegebenen Lebensmitteln, die in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet sind, auch
weitere Produkte unter der Rubrik „Sonstiges“ eingetragen werden [4].
Bei der Anamnese wurde darauf
geachtet, dass ausschließlich die Musterfrühstück nach OptimiX
Lebensmittel notiert wurden, die
die Schüler von zu Hause mitbrach- Dateneingabe und -auswertung
ten. Lebensmittel, die anlässlich eines
Geburtstages von Schülern an Mit- Die Dateneingabe der Protokolle erschüler verteilt wurden, wurden dem- folgte zunächst mit der Standardsoftentsprechend nicht berücksichtigt. ware Microsoft Excel. Berechnet
Da die Erhebung vor der ersten Früh- wurde zunächst der Wochenmittelstückspause (i. d. R. nach der 2. Un- wert. Die weitere statistische Auswerterrichtsstunde) stattfinden musste tung erfolgte mit dem Statistik-Pround somit zeitlich begrenzt war, gramm SPSS, Version 15.0.
wurde von einer Wägung der Le- Um übersichtliche und zusammenbensmittel abgesehen.
fassende Aussagen zu ermöglichen,
Die Mengenangabe erfolgte in der wurden die meist spezifisch protokolRegel in direkt beobachtbaren Ein- lierten Lebensmittel in Obergruppen
heiten wie Stück (Stk.), Scheibe zusammengefasst. Die vorliegende
(Sch.) oder Milliliter (ml). Die Anga- Einteilung und die damit verbun-
142
Ernährungs Umschau | 3/09
dene Begriffsbestimmung der Lebensmittelgruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie größtenteils auf
der Grundlage des Lebensmittelrechts [16] gebildet wurden. Die Einordnung der Lebensmittel in die
Oberkategorien „wünschenswert“
und „nicht wünschenswert“ erfolgte
auf der Basis der D-A-CH-Referenzwerte [17] sowie den Empfehlungen
von OptimiX [10].
Lebensmittel mit einer geringen
Nährstoffdichte wie z. B. süße und
fettreiche Snacks sowie Limonaden
werden im Rahmen einer vollwertigen Ernährung als „weniger empfehlenswerte“ Lebensmittel aufgelistet. Lebensmittel mit einer hohen
Nährstoffdichte wie z. B. Vollkornbrot, Obst und Gemüse werden im
Gegensatz dazu ausdrücklich empfohlen [18–20]. In die Kategorie der
„wünschenswerten Lebensmittel“
wurden somit Lebensmittel aufgenommen, die zu einer ausgewogenen und vollwertigen Ernährung
der Kinder gehören [4].
Um weitere Aussagen zur Energieund Nährstoffzufuhr treffen zu können, wurden die Mittelwerte der einzelnen Lebensmittel in das Nährwertberechnungsprogramm PRODI,
Version 5 expert, eingegeben und differenziert nach einzelnen Nährstoffen ausgewertet.
Ergebnisse
Stichprobenbeschreibung
Für 793 Jungen (51 %) und 761 Mädchen (49 %) liegen die Ergebnisse
der Frühstücksanamnesen vor (insgesamt 1 554 Kinder). In die Studie
wurden nur die Daten von Schülern
der 1. und 2. Klasse einbezogen, dementsprechend waren die Kinder zwischen sechs und acht Jahre alt.
Lebensmittelverzehr
Einen Überblick über die Verzehrsdaten des Schulfrühstücks der Schülerinnen und Schüler der 1. und 2.
Klasse gibt 쏆 Tabelle 2. Die Ergebnisse sind in Anlehnung an die Le-
Verzehr von Getreideund Getreideerzeugnissen
Getreide und Getreideerzeugnisse
wurden differenziert nach ihrem Vollkornanteil betrachtet. Zur Gruppe
mit Vollkornanteil wurden z. B.
Schwarzbrot,
Vollkornbrot/-brötchen, Toastbrot mit Vollkornanteil
sowie ungesüßte Frühstückscerealien
mit Vollkorn oder Vollkornanteil gezählt. Unter einer zweiten Gruppe
wurden Brot- und Brötchensorten
ohne Vollkorn oder Vollkornanteil
zusammengefasst, z. B. Weißbrot/
-brötchen, Roggenbrot/-brötchen,
Milchbrötchen, Fladenbrot und (gesüßte) Frühstückscerealien ohne Vollkorn oder Vollkornanteil. Getreideerzeugnisse ohne Vollkornanteil
wurden von den Schülerinnen und
Schülern vorwiegend (MW = 37,8 g)
und Getreideerzeugnisse mit Vollkorn oder Vollkornanteil dagegen
nur in geringer Menge (MW = 3,7 g)
verzehrt. Jungen verzehrten insgesamt etwas mehr als Mädchen, konsumierten aber weniger Vollkornprodukte. Die tägliche mittlere Verzehrsmenge an Getreide und Getreideerzeugnissen betrug 41,5 g; diese
Menge entspricht etwa einer Scheibe
Brot oder einem Brötchen.
Obst- und Gemüseverzehr
30,0
25,0
Anteil Schüler (%)
bensmittelgruppen der DGE [21]
dargestellt, differenziert nach Mädchen und Jungen. Um die Verzehrsdaten später mit den Empfehlungen
vergleichen zu können, werden diese
in höher aggregierten Lebensmittelgruppen dargestellt. Unter Getreide
und Getreideerzeugnisse sind alle
Brot- und Brötchensorten sowie Frühstückscerealien gefasst. Konsummilch
(verschiedene Fettstufen), Milchmischgetränke (z. B. Kakao, Vanillemilch) und Milcherzeugnisse (z. B.
Käse, Jogurt) fallen in die Lebensmittelgruppe Milch- und Milcherzeugnisse. Dementsprechend werden
Milch und Milchmischgetränke nicht
den Getränken zugeordnet.
20,0
15,0
10,0
5,0
0,0
0
is
1b
50
51
bis
1
10
bis
0
15
1
15
bis
0
20
is
1b
20
0
25
1
25
bis
0
30
M
r
eh
als
0
30
Verzehrsmengen (ml)
Abb. 1: Milch und Milchmischgetränke (ml) für das Schulfrühstück
Obst und Gemüse verzehrt, diese
Menge kommt etwa einem Viertel
Apfel oder einem Drittel Möhre
gleich. Mengenmäßig überwiegt der
Obstverzehr mit 22,8 g. Mädchen verzehrten mit 36,6 g 32 % mehr als Jungen mit 27,6 g.
Milch und Milcherzeugnisse
Milch und Milcherzeugnisse werden
differenziert nach Milch und Milch-
mischgetränken (z. B. Konsummilch,
Kakao, Vanillemilch) und Milcherzeugnissen (z. B. Käse, Jogurt). Probiotische Getränke sind der Gruppe
der Milch und Milchmischgetränke
zugeordnet worden. Während die
Mädchen weniger Milch und Milchmischgetränke verzehrten (100,7 ml)
als die Jungen (121,3 ml), aßen diese
weniger Milcherzeugnisse wie Käse
oder Jogurt (vgl. 쏆 Tabelle 2). Insgesamt lag die Zufuhrmenge von Milch
Lebensmittel
Geschlecht
männlich
(n = 793)
–
x
s
Gesamt
–
x
weiblich
(n = 761)
(n = 1 554)
s
–
x
s
Getreide u. Getreideerzeugnisse (g)
Getreide/Getreideerzeugnisse
mit Vollkorn oder Vollkornanteil (g)
Getreide/Getreideerzeugnisse
ohne Vollkorn oder Vollkornanteil (g)
42,5
25,4
40,4
22,8
41,5
24,2
3,4
8,6
4,0
9,8
3,7
9,2
39,1
25,9
36,4
23,1
37,8
24,6
Obst und Gemüse Gesamt (g)
Gemüse (g)
Obst (g)
27,6
7,4
20,2
37,8
17,8
32,3
36,6
11,1
25,5
43,4
23,1
33,6
32,0
9,2
22,8
40,9
20,7
33,1
Milch und Milcherzeugnisse (ml)
Milch und Milchmischgetränke (ml)
Milcherzeugnisse (g)
133,0
121,3
11,7
119,8
118,2
23,5
114,8
100,7
14,1
119,4
116,9
25,3
124,1
111,2
12,9
119,9
118,0
24,4
Getränke (gesamt) (ml)
Ungesüßte Getränke (ml)
Gesüßte Getränke (ml)
223,9
140,0
83,8
180,1
163,2
130,4
239,0
167,6
71,4
174,2
166,2
111,0
231,3
153,6
77,7
177,4
165,2
121,4
13,3
13,8
12,7
11,7
13,0
12,8
6,1
5,1
5,9
4,7
6,0
4,9
13,1
25,7
12,8
16,7
13,0
21,8
Fleisch und Wurstwaren (g)
Streichfett (g)
Süßwaren und Backwaren (g)
Durchschnittlich wurden von den
Schülerinnen und Schülern 32,0 g
0
10
Tab. 2: Lebensmittelmengen des Schulfrühstücks nach Lebensmittelgruppen
Ernährungs Umschau | 3/09
143
쑺
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Schule gebracht. Im Gesamt-Durchschnitt betrug die Menge 231,3 ml.
쏆 Abbildung 2 zeigt die durchschnittlich mitgebrachte Menge an Getränken, differenziert nach Mineralwasser, Fruchtsäften (z. B. Apfelsaft,
Orangensaft, Multivitaminsaft und
Bananensaft), Fruchtsaftgetränken
(alle Getränke mit Zuckerzusatz und
geringem Fruchtsaftanteil), stark zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken
(Colagetränk, Limonaden, Eistee
und Energy-Drinks), Fruchtschorlen,
Tees (Kräuter- und Früchtetees) und
sonstigen Getränken (Vitaminbrause,
Gummibärchentee). Es zeigt sich,
dass Mineralwasser (49,4 ml) und
Fruchtsäfte (49,2 ml) die mengenmäßig am häufigsten mitgebrachten
Getränke sind. Weiterhin werden diverse Fruchtsaftgetränke und Limonaden, also Getränke mit zugesetztem Zucker mitgebracht. Fruchtsaftgetränke liegen bei einer mittleren
Verzehrsmenge von 40,4 ml und Limonaden von 34,8 ml. Tees werden
mit 20,3 ml deutlich weniger konsumiert.
und Milcherzeugnissen bei 124,1 ml.
쏆 Abbildung 1 zeigt die Verteilung
der Verzehrsmengen von Milch und
Milchmischgetränken. 20 % der Schüler trinken in der Schule keine Milch
oder Milchmischgetränke. Ein Viertel
trinkt bis zu 50 ml, etwa 15 % konsumieren zwischen 50 ml und 200 ml.
Von 35 % werden 200 bis 300 ml verzehrt. Nur eine geringe Anzahl der
Schüler konsumiert mehr als 300 ml
(3,2 %). Verzehrsspitzen finden sich
einmal in der Kategorie 201 ml bis
250 ml, da hier die Schulmilch mit
250 ml zum Tragen kommt. Eine weitere Spitze liegt bei der Kategorie
1 ml bis 50 ml vor, die sich vornehmlich durch gelegentlichen Verzehr
probiotischer Drinks (meist 125 ml)
erklärt.
Getränke
Getränke wurden unterteilt in ungesüßte (z. B. Wasser, Kräuter- und
Früchtetees, Fruchtsaftschorlen und
Fruchtsäfte) sowie gesüßte Getränke (z. B. Limonaden, Fruchtsaftgetränke). Die mittlere Verzehrsmenge an mitgebrachten Getränken
beträgt 223,9 ml bei den Jungen und
239,0 ml bei den Mädchen. 쏆 Tabelle
2 zeigt, dass Mädchen etwas weniger
gesüßte Getränke zu sich nahmen als
Jungen, die dementsprechend weniger ungesüßte Getränke tranken.
Etwa 78 % der Schülerinnen und
Schüler haben Getränke mit in die
Süßwaren und Backwaren
Die Gruppe der Süß- und Backwaren
umfasst verschiedene Sorten Süßigkeiten mit und ohne Schokolade
sowie süße Brotbeläge (z. B. Schaumkuss, Nuss-Nougat-Creme, Marmelade), gesüßte Cornflakessorten, Müsliriegel, verschiedene Sorten Gebäck
60
Verzehr (ml)
50
40
Im Mittel wurden von den Schülern
mit dem Schulfrühstück 486 kcal
(2035 kJ) aufgenommen. Eine Auswertung der Verzehrsdaten wurde
weiterhin nach Nährstoffen durchgeführt (쏆 Tabelle 3). In der Auswertung wurde hinsichtlich Jungen und
Mädchen nicht unterschieden, da
sich die Referenzwerte lediglich in
Bezug auf die Energiezufuhr und
dementsprechend auf die energieliefernden Nährstoffe hinsichtlich des
Geschlechts unterscheiden. Weiterhin ist der relative Anteil an dem Referenzwert für den Tag angeführt.
Die Energiezufuhr beträgt 27 % des
Tagesreferenzwertes. Für die Betrachtung der Nährstoffe wird ein Toleranzfeld von 20–30 % zugrunde gelegt. Im Vergleich hierzu weisen Protein mit 50 %, gesättigte Fettsäuren
mit 47 % sowie Phosphor mit 32 %
und Magnesium mit 43 % höhere
Werte auf. Sehr hoch sind die Werte
für Natrium mit 103 % und Vitamin K
mit 91 %. Niedriger als das Toleranzfeld sind die Werte für mehrfach ungesättigte Fettsäuren mit 12 %, Cholesterin mit 9 %, Jod mit 12 % sowie
Folsäure mit 10 % und Vitamin D
mit 6 %.
20
Diskussion
10
Das Erhebungsverfahren
se
as
lw
a
r
e
)
ml
r(
c
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Fr
)
ml
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a
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Te
l)
(m
e
eG
g
sti
on
)
ml
(
ke
n
trä
S
Getränkeart
Abb. 2: Getränke des Schulfrühstücks differenziert nach verschiedenen
Getränkearten (* inkl. Eistee und Energy-Drinks)
144
Energie- und Nährstoffzufuhr
30
0
n
Mi
(Zwieback, Waffeln, Crepes, Donuts,
Muffins, Nussecken, Kekse, Rührkuchen), süße Brötchen (Schokoladenbrötchen und (Schokoladen-)Croissants). Die mittlere Verzehrsmenge
dieser Produkte lag bei 13,0 mg. Jungen und Mädchen unterschieden
sich hinsichtlich der mitgebrachten
Menge fast nicht (vgl. 쏆 Tabelle 2).
Ernährungs Umschau | 3/09
Als Erhebungsverfahren wurde ein
prospektives Verfahren gewählt, welches den laufenden Lebensmittelverzehr bzw. die mitgebrachten Lebensmittel, die zum Verzehr bestimmt
sind, protokolliert [vgl. 9]. Demnach
werden die zu verzehrenden Lebensmittel aufgeschrieben, nicht aber die
verzehrten. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass die angege-
Nährstoff
% TagesReferenzwert
Energiezufuhr
486 kcal
Nährstoff
27
Natrium
% TagesReferenzwert
475,0 mg
103
2,0 mg
21
Energiezufuhr
2 036 kJ
27
Eisen
Kohlenhydrate
69,0 g
25
Jod
Fett
17,0 g
29
Zink
1,9 mg
27
Protein
12,0 g
50
Vitamin B1 (Thiamin)
0,2 mg
20
Gesättigte Fettsäuren
7,0 g
47
Vitamin B2 (Riboflavin)
0,3 mg
27
Einfach ungesättigte Fettsäuren
6,3 g
26
Niacin-Äquivalent
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren
2,3 g
12
Vitamin B6 (Pyridoxin)
26,0 mg
9
Cholesterin
Wasser
Ballaststoffe
366,0 g
23
17,0 μg
Folsäure
Vitamin B12 (Cobalamin)
4,0 g
22
Vitamin C (Ascorbinsäure)
249,0 mg
28
Retinol-Äquivalent
Kalium
516,0 mg
32
74,0 mg
254,0 mg
Phosphor
0,2 mg
29,9 μg
Calcium
Magnesium
3 451,3 μg
12
29
29
10
0,7 μg
22,9 mg
29
188,4 μg
24
Vitamin D (Calciferol)
0,3 μg
6
43
Vitamin E (Tocopherol)
2,3 mg
24
32
Vitamin K (Phyllochinon)
27,4 μg
91
Tab. 3: Mittlere Nährstoffzufuhr durch das Schulfrühstück
benen bzw. vorgezeigten Lebensmittel auch verzehrt werden, weil Eltern
oder Erziehungsberechtigte in der
Regel Art und Menge der Lebensmittel anpassen, wenn diese gehäuft wieder mit nach Hause gebracht werden.
Diese direkte Methode [22] wurde
einer retrospektiven Erhebungsmethode, bei der nach der vergangenen
Lebensmittelaufnahme gefragt wird,
vorgezogen. Das Ernährungsprotokoll oder die Ernährungsanamnese
kann als eine genauere Erhebungsmethode im Vergleich zur eine retrospektiven Methode oder einer schriftlichen sowie mündlichen Befragung
angesehen werden, da sie den methodischen Vorteil besitzt, dass sie
nicht auf eine Erinnerungsfähigkeit
der Probanden angewiesen ist, bei
der es häufig zu unvollständigen oder
falschen Angaben kommt. Darüber
hinaus fehlt den Schülern für eine eigenständige Protokollierung in diesem Alter die nötige Sachkundigkeit
und Schreibkompetenz. Der Einsatz
dieser Methode eignet sich daher besonders für die Ernährungserhebung
bei Kindern und kommt somit der
Forderung nach einer objektiven Erhebungsmethode im Bereich der Er-
nährung nach [22]. Außerdem unterscheiden sich aufgrund dieses Vorgehens die vorliegenden Studien von
vielen anderen, die meist nur eine
schriftliche Befragung mittels Fragebögen als Erhebungsmethode zugrunde legen.
OLTERSDORF [22] macht aber auch auf
die Nachteile einer Protokoll-Methode aufmerksam, bei der allein
durch die Anwesenheit der protokollierenden Personen und die Tatsache, dass sich die Probanden beobachtet und überprüft fühlen, eine
Verhaltensänderung eintritt. Diese
Tatsache hat in der vorliegenden Studie insofern nur eine geringe Bedeutung, da davon ausgegangen wird,
dass die Frühstückslebensmittel vorrangig von den Eltern bestimmt werden und die direkte Ankündigung
der Anamnese über eine Woche vermieden wurde.
Empfohlene Lebensmittelverzehrsmengen
Für das 1. und 2. Frühstück wurden
die Richtwerte anhand der empfohlenen Lebensmittelverzehrsmengen
der Optimierten Mischkost berechnet1. 쏆 Tabelle 4 gibt die daran orientierten empfohlenen Frühstücksverzehrsmengen der 6- bis 7-Jährigen
wieder. Sie sollen dem Vergleich mit
den hier erhobenen Daten dienen.
Die durch die Frühstücksanamnesen
erfassten Verzehrsmengen für das
Schulfrühstück werden mit den Empfehlungen verglichen. Die Menge der
mitgebrachten Getreide und Getreideerzeugnisse (41,5 g) lag mit 21 %
unter den Empfehlungen (50,57 g).
Bei Obst und Gemüse wurden nur
ein Drittel der Empfehlungen verzehrt. Die mitgebrachte Menge und
somit der Konsum sollte hier deutlich
höher liegen (+ 66 g). Milch und
Milcherzeugnisse lagen mit 124,1 g/
ml weit über den Vergleichswerten,
was insbesondere im Hinblick auf die
Calciumversorgung positiv zu bewerten ist. Getränke lagen mit 231,3 ml
ebenfalls über den Empfehlungen
von 205 ml. Die Flüssigkeitsversorgung ist somit als ausreichend zu bewerten. Ebenfalls positiv ist zu bewer1
Dr. KERSTING und Dr. CLAUSEN (FKE Dortmund) gilt
unser Dank für die Bereitstellung der Daten.
Ernährungs Umschau | 3/09
145
쑺
wissenschaft & forschung | Begutachtetes Original
OptimiX Lebensmittelverzehrsmengen (FKE)
Empfohlene
Verzehrsmenge
für das
1. & 2. Frühstück
(g bzw. ml)
Empfohlene
Verzehrsmenge
für das
2. Frühstück
(g bzw. ml)
Schulfrühstück
Mittlere
Verzehrsmenge
aus Anamnese
Schulfrühstück
(g bzw. ml)
Lebensmittelgruppe
Getreide/Getreideerzeugnisse
118
51
42
Obst und Gemüse
195
99
32
Milch/Milcherzeugnisse
185
26
124
Getränke
334
206
231
13
–
13
Gesamtmenge
845
381
442
sonstige, nicht in Lebensmittelgruppen
erfasste Lebensmittel (Nüsse, Wurstwaren,
Streichfett etc.)
24
4
8
869
385
449
zucker- und fettreiche Lebensmittel
Tab. 4: Empfohlene Lebensmittelverzehrsmengen der Optimierten Mischkost1 und ermittelte Lebensmittelverzehrsmengen des Schulfrühstücks
ten, dass doppelt so viele ungesüßte
Getränke konsumiert wurden wie gesüßte. Der Konsum von gesüßten Getränken kann aber durchaus noch reduziert werden. Zucker- und fettreiche Lebensmittel in Form von
Süßigkeiten und Backwaren sind in
den Empfehlungen für das 2. Frühstück nicht vorgesehen, werden aber
häufig verzehrt. Da es sich bei der
Gruppe der sonstigen Lebensmittel
(Nüsse, Wurstwaren, Streichfette etc.)
um sehr fettreiche Produkte handelt,
könnte diese auch der Gruppe der
zucker- und fettreichen Lebensmittel
zugeordnet werden, so dass diese
dann entsprechend anders zu bewerten ist. Der Konsum von zucker- und
fettreichen Lebensmitteln läge dann
mit 20,7 g über den Empfehlungen
von 4,29 g (+ 16,4 g).
Nährstoff
Anteil der Energiezufuhr (%)
Referenzwerte
Schulfrühstück
Kohlenhydrate
50–55
58
Fett
30
32
Protein
15–20
10
Tab. 5: Anteil der Energiezufuhr durch die energieliefernden Nährstoffe nach Referenzwerten [17]
und Schulfrühstückanamnese
146
Ernährungs Umschau | 3/09
Bei der Bewertung und Interpretation der vorliegenden Verzehrsmengen muss beachtet werden, dass diese
mitunter nicht nur das 2. Frühstück
widerspiegeln, sondern als Bestandteil des 1. Frühstücks und Mittagessens zu berücksichtigen sind. Die
Schüler sind bei der Erhebung nicht
gefragt worden, ob sie bereits gefrühstückt haben oder wie lange sie an
der Schule verweilen und ob das mitgebrachte Frühstück mehrere Mahlzeiten abdecken muss.
Energiezufuhr
Es werden im Mittel 70 g Kohlenhydrate (58 % der Energiezufuhr; auf
쏆 Tabellen 3 und 5), 17 g Fett (32 %
der Energiezufuhr) und 12 g Protein
(10 % der Energiezufuhr) aufgenommen. Als Empfehlungen für die
Verteilung der Energie [vgl. 17] auf
die energieliefernden Nährstoffe gilt,
dass 50–55 % der Energie aus Kohlenhydraten, 30 % aus Fett und 15–
20 % aus Protein stammen sollten
(쏆 Tabelle 5). Der Vergleich der
Werte zeigt, dass die erhobenen
Werte nur geringfügig von den Referenzwerten abweichen. Besonders die
Energieversorgung aus Protein liegt
etwas unter den Empfehlungen.
Die berechnete Energiezufuhr lag bei
den Schülern bei 486 kcal (2 036 kJ).
Der Energiebedarf für das 2. Frühstück wird von OptimiX mit 200 kcal
angegeben (der Tagesenergiebedarf
für 6- bis 7-Jährige wurde aus den Referenzwerten interpoliert). Das sind
12,5 % des Tagesenergiebedarfes von
1 600 kcal. Bezogen auf die einzelnen
Mahlzeiten sollten das 1. und 2. Frühstück etwa 37,5 % der Gesamtenergiezufuhr ausmachen [23]. Im Vergleich zu diesen Empfehlungen lag
die Energiezufuhr der Schüler mit
486 kcal um mehr als das Doppelte
über dem empfohlenen Wert für das
2. Frühstück; andererseits betrug die
Energiezufuhr 81 % des Referenzwertes für das 1. und 2. Frühstück.
Dieses Ergebnis lässt verschiedene
Schlüsse zu: Zum einen könnte für einige Schüler das mitgenommene
Schulfrühstück eine Kombination aus
erstem und zweitem Frühstück sein.
Viele Menschen mögen direkt nach
dem Aufstehen noch nichts essen
(Frühstücksmuffel). Für andere wiederum könnte das mitgebrachte
Frühstück auch die Mittagsmahlzeit
teilweise abdecken, da einige Schüler
angaben, nach der Schule noch
Ganztagsangebote zu nutzen, so dass
sie erst nachmittags nach Hause
kämen. Möglich ist auch eine Veränderung der Verzehrsgewohnheiten,
indem das 1. Frühstück reduziert und
das 2. Frühstück aufgrund der sozialen Situation des Klassenfrühstücks
ausgeweitet wird. Durch das gemeinsame Schulfrühstück in der Klassengemeinschaft und im Klassenraum
besteht eine hohe soziale Kontrolle
durch die Klassengemeinschaft und
die Lehrkraft. Kinder und Eltern werden daher eher für ein ausreichendes
Schulfrühstück als für ein 1. Frühstück zu Hause sorgen, um die sozialen Normen zu erfüllen. Dies kann
eine Begründung für das umfangreiche und in allen Klassen von allen
Schülern bis auf ein oder zwei Schüler mitgebrachte Frühstück angesehen werden. Die angewendete Methodik ließ es nicht zu, zugleich auch
das 1. Frühstück zu erheben.
쏆 Tabelle 6 zeigt ein typisches Frühstück, wie es von vielen Schülern mitgebracht wurde. Die für diese
Mahlzeit berechnete Energiezufuhr
liegt bei 453 kcal/1 904 kJ. Diese Angabe deckt sich ziemlich genau mit
den Empfehlungen für ein erstes
Frühstück.
50 g
Vollkornbrot , Brötchen
mit Rosinen
100 g
Obst und Gemüse frisch
26 g
138 g
70 g
5g
Kuhmilch Trinkmilch
fettarm
Natürliches Mineralwasser mit Kohlensäure
Kalbsleberwurst
Tab. 7: OptimiX empfohlenes Musterfrühstück für das 2. Frühstück
(Basis: Empfohlene Lebensmittelverzehrsmengen der Optimierten Mischkost; [19])
Der Vergleich des typischen Frühstücks der Studie mit einem Musterfrühstück der Empfehlung aus OptimiX zeigt, dass aufgrund der bestehenden Verzehrsgewohnheiten Wurst
und Streichfett regelmäßig vorzufinden sind. Die empfohlenen Mengen
können aufgrund des niedrigen Wertes nur im Wochendurchschnitt erreicht werden. Dies verlangt hohe
Fleischwurst / Stadtwurst
30 g
Apfel frisch
250 g
25 g
Milchmischgetränk (3,5 %)
Sandkuchen
Tab. 6: Typisches Frühstück, wie es von
den Schülern häufig verzehrt
wird
Verzehr (g/ml)
20 g
Für die Variablen „Wünschenswerte
Lebensmittel“ lag der Verzehr bei
den Jungen mit 343 g/ml niedriger
400
Graubrot-Mehrkornbrot
Margarine
Es konnten geschlechtsspezifische
Unterschiede im Ernährungsverhalten der Schüler ermittelt werden, die
auf ein gesundheitsförderlicheres
Verhalten der Mädchen im Vergleich
zu den Jungen hinweisen. Dies zeigt
sich am Beispiel von Gemüse und
Obst, Getreideerzeugnissen aus Vollkorn oder mit Vollkornanteil, hier jedoch nur geringfügig und am Konsum von gesüßten bzw. ungesüßten
Getränken. Im Folgenden werden anhand einzelner Lebensmittelgruppen
die Mittelwertsangaben sowie statistisch bedeutsame Unterschiede für
die Jungen und Mädchen beschrieben.
Apfelsaft
männlich
weiblich
300
6g
Unterschiede des Frühstücksverhaltens der Schüler im Hinblick
auf das Geschlecht
kcal 204; kJ 856; KH 38 g; F 2,6 g; EW 5,8 g
Menge/ Zutaten
Einheit
30 g
Kompetenz in der Zubereitung, die
häufig nicht vorausgesetzt werden
kann. Daher ist die Schulung der Eltern [11] ein wichtiger Ansatzpunkt
der Prävention.
Menge/ Zutaten
Einheit
200
***
*
***
*
100
*
0
*** **
**
*
n
rz.
rn
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Nic
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Legt man die Empfehlungen nach
OptimiX (s. 쏆 Tabelle 4) zugrunde,
kann aus den Empfehlungen für das
2. Frühstück aus der Optimierten
Mischkost [19] das in 쏆 Tabelle 7 angegebene Musterfrühstück zusammengestellt werden. Für dieses Musterfrühstück ergibt sich eine Energiezufuhr von 204 kcal.
Lebensmittelgruppen
Abb. 3: Signifikante Unterschiede hinsichtlich der Variable „Geschlecht“ in Bezug
auf den Verzehr einzelner Lebensmittelgruppen (LM = Lebensmittel);
* p ≤ 0,5 (signifikant); ** p ≤ 0,1 (sehr signifikant); *** p ≤ 0,01 (hochsignifikant)
Ernährungs Umschau | 3/09
147
쑺
wissenschaft & forschung | Begutachtetes Original
als bei den Mädchen (360 g/ml).
Obst und Gemüse wurden von den
Mädchen (36,6 g) mehr verzehrt als
von den Jungen (27,6 g). Der Unterschied ist hoch signifikant. Der
Gesamtgetränkeverzehr unterschied
sich nur geringfügig. Während er bei
den Jungen bei durchschnittlich
224 ml lag, betrug der Mittelwert bei
den Mädchen 240 ml. Wie die Mittelwerte zeigen, tranken die Mädchen
weniger gesüßte Getränke (71 ml) als
die Jungen (84 ml) und mehr ungesüßte Getränke (168 ml) als diese
(140 ml). Die Unterschiede sind für
die ungesüßten Getränke hoch signifikant (p ≤ 0,01) und für die gesüßten
signifikant (p ≤ 0,43).
Bezüglich der Milch und Milcherzeugnisse zeigten die Jungen
(133 ml) einen sehr signifikant höheren (p ≤ 0,03) durchschnittlichen
Wert als die Mädchen (115 ml).
Milch- und Milchmischgetränke wurden von den Jungen (121 ml) hoch
signifikant mehr (p ≤ 0,01) verzehrt
als von den Mädchen (101 ml).
Milcherzeugnisse wurden hingegen
von den Mädchen (14,1 g) im Vergleich zu den Jungen (11,7 g) bevorzugt verzehrt; dieser Unterschied ist
signifikant (p ≤ 0,49).
Resümee
Die ermittelten Daten zum Schulfrühstück von Grundschulkindern
zeigen, dass die Schüler insgesamt ein
weitgehend ausgewogenes Schulfrühstück in der Schule einnehmen,
indem das Schulfrühstück zunächst
alle wichtigen Lebensmittelgruppen
enthält. Die Verzehrsmengen entsprechen dabei allerdings nicht in
jedem Fall den empfohlenen Lebensmittelverzehrsmengen der Optimierten Mischkost. Als positiv kann
die angemessene Flüssigkeitszufuhr
durch Getränke (23 % der Empfehlungen) sowie der Verzehr von Milch
und Milchmischgetränken der Schüler hervorgehoben werden, die einen
großen Teil der Empfehlungen für
das 1. und 2. Frühstück abdecken.
Handlungsbedarf besteht vorrangig
hinsichtlich des Obst- und Gemüse-
148
Ernährungs Umschau | 3/09
verzehrs, dessen Zufuhr weit unter
den Empfehlungen liegt.
Dabei zeigten sich bezüglich fast
jeder Lebensmittelgruppe geschlechtsspezifische Unterschiede.
Zusammenfassend kann hier festgestellt werden, dass die ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmittel
signifikant mehr von den Schülerinnen verzehrt wurden als von den
Schülern.
Der Vergleich der hier erhobenen
Daten mit den beispielhaften Speiseplänen für das 2. Frühstück bzw. das
Schulfrühstück der Optimierten
Mischkost lassen den Schluss zu, dass
diese für Schüler schwer umsetzbar
sind; dies begründet sich vor allem
durch die empfohlenen Mengenangaben. Besonders der Milch bzw.
Milchmischgetränkeverzehr wird in
der Schulfrühstückspause durch die
subventionierte Schulmilch in 250 mlVerpackungen bestimmt.
Die Betrachtung der Energiezufuhr
zeigt darüber hinaus eine Überschreitung der Empfehlungen. Die
erhöhte Energiezufuhr kann dabei
auf verschiedene Begründungen zurückgeführt werden. Als erstes ergibt
sich der bereits diskutierte Aspekt der
Zusammenführung des 1. und 2.
Frühstücks. Viele Schüler haben voraussichtlich nichts oder wenig zu
Hause zum Frühstück verzehrt, sodass sich eine logische Erhöhung des
Verzehrs bezüglich des Schulfrühstücks ergibt. Die zweite Begründung
betrifft die Zusammensetzung des
Schulfrühstücks der Schüler im Zusammenhang mit der vergleichenden
Betrachtung der Nährstoffzufuhr
sowie der Art des Lebensmittelverzehrs. Dabei kann die hohe Zufuhr
gesättigter Fettsäuren besonders auf
den Verzehr von Wurst sowie weiteren süßen und fettreichen Brotbelägen zurückgeführt werden. Insgesamt
kann die Fettzufuhr durch den Verzehr fettarmer Milch reduziert werden. Die Proteinzufuhr mit 50 % des
Tagesreferenzwertes erklärt sich vorrangig durch den hohen Anteil von
Milch bzw. Milchmischgetränken.
Auch der Ernährungsbericht 2004
[24] weist auf die hohe Proteinzufuhr
hin. Bei dem Schulfrühstück erfolgt
die Proteinzufuhr durch den Milchverzehr; dies ist als positiv zu werten,
da hiermit dem Mangel an Calcium
entgegengewirkt wird (28 % des Tagesreferenzwerts). Diese Zufuhr
könnte nur durch wenige Lebensmittel ersetzt werden.
Der summierte Anteil an gesüßten
Getränken und Milchmischgetränken (hier ist der zugesetzte Zucker zu
berücksichtigen) erklärt die hohe
Kohlenhydratzufuhr im Rahmen des
Schulfrühstücks. Der hohe Anteil gesättigter und der niedrige Anteil
mehrfach ungesättigter Fettsäuren ist
auf die für ein Frühstück typische Lebensmittelauswahl zurückzuführen.
Eine Kompensation kann nur durch
andere Mahlzeiten erfolgen.
Aus den Ergebnissen der Studie ergibt sich die Forderung nach geeigneten schulischen Interventionsprogrammen, die an dem beschriebenen
Handlungsbedarf ansetzen und zu
einer Verbesserung des Schulfrühstücks von Grundschulkindern sinnvoll beitragen können. Molderings
[4] und Eissing [12] konnten dahingehend geeignete Interventionsansätze empirisch nachweisen, die zu
einer Verbesserung des Schulfrühstücks von Grundschulkindern führten sowie die Zusammensetzung des
Frühstücks positiv beeinflussten. Entsprechende Unterrichtsmaterialien
liegen bereits in veröffentlichter
Form vor [vgl. 11].
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Frankfurt/Main (2004)
Zusammenfassung
In verschiedenen Interventionsstudien wurde
eine einwöchige Protokollierung zur Evaluation
des Schulfrühstücks verwendet. Diese Ergebnisse aus 67 ersten und zweiten Grundschulklassen (insgesamt 1554 Kinder) werden zusammengefasst. Als prospektive Methode
wurde eine Anamnese durch geschulte Beobachter eingesetzt, mit der jeweils über eine
Woche die mitgebrachten Lebensmittel aufgezeichnet wurden. Die Verzehrsmengen werden
für die einzelnen Lebensmittelgruppen dargestellt und können damit in Zukunft als Vergleichswerte Anwendung finden. Weiterhin
wird die berechnete Energie- und Nährstoffzufuhr dargestellt und mit den Empfehlungen von
OptimiX verglichen. Die Werte des Schulfrühstücks liegen über den Empfehlungen für die
erste Zwischenmahlzeit, aber unter den Empfehlungen für das erste und zweite Frühstück.
Eine mögliche Verschiebung des Verzehrs vom
ersten zum zweiten Frühstück wird diskutiert.
Summary
Anamnesis of primary school breakfasts
Eissing G, Molderings M, Nolle-Gösser
T, Bönnhoff N, Dortmund
The school breakfast has been used as an evaluation parameter in several intervention studies. The results from 67 first and second primary school classes – a total of 1,554 children
– were summarised. In a prospective approach,
trained observers recorded the food the children brought with them over the course of a
week. The quantities consumed of the individual groups of food were recorded for future
comparison. The calculated energy and nutrient supply was recorded and compared with
the OptimiX recommendations. The values for
the school breakfast are greater than the recommendations for the first snack between
meals, but less than the recommendations for
the first or second breakfast. The possibility is
considered that consumption is shifted from
the first to the second breakfast.
Key words: school breakfast, optimised mixed
diet, balanced nutrition, KiGGS, breakfast consumption, school performance
Ernährungs Umschau 56 (2009)
S. 140–149
Ernährungs Umschau | 3/09
149
쎱
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