Hauswirtschaftstrakt Blumenau Sanierung Hochbauamt, 2014 | N° 179 Der Bedarf war unbestritten: der Unterricht in Hauswirtschaft ist auch heute noch eine wichtige Komponente des Unterrichts in der Oberstufe. Allerdings waren die Küchen abgenutzt und unhygienisch, die Haustechnik veraltet, das Raumklima aufgrund der fehlenden Dämmung unbehaglich. Der Annex aus dem Jahre 1969 wies viele Probleme auf, die einer Lösung harrten. Doch was war die bessere Strategie: das Gebäude umbauen oder es durch einen Neubau ersetzen? Die Entscheidung fiel auf eine Sanierung mit Augenmass. Die Erneuerung beschränkte sich auf das Nötige und erfolgte mit sanfter Eingriffstiefe. Dadurch wurde die gute Grundstruktur gesichert, die Bauzeit verkürzt und gleichzeitig der Aufwand begrenzt. Hauswirtschaftstrakt Blumenau Sanierung Unterer Brühl 3 Das stattliche Oberstufenschulhaus Blumenau gehört zu den schönsten Häusern der Stadt St.Gallen. Vor der Schaufassade teilt es sich einen gepflegten Park mit der Tonhalle. In seinem rückwärtigen Hof wurde in den 1960er-Jahren ein Hauswirtschaftstrakt erstellt und die Erweiterung durch einen verglasten Gang mit der Schule verbunden. Um das Hauptgebäude nicht zu konkurrenzieren, ordnete sich der Annex bereits bei seiner Erstellung unter und zeigte sich unspektakulär in einem rationalistischen Kleid. Auch nach der Sanierung bleiben die Verhältnisse gewahrt: Mit einer Fassade aus gewellten Zementfaserplatten nimmt der Anbau in einem dezenten Braun die Farbwelt des Schulhauses auf und hält sich im Farbton absichtlich zurück. Seine gestalterische Eigenständigkeit behauptet der Annex, indem er die Zweigeschossigkeit zum Thema macht. Ein Gesims aus Chromstahl trennt die Stockwerke. Zudem unterscheidet sich deren Fassadenverkleidung in differenziertem Abstand der Wellen. Die Wirkung verleiht dem nüchternen Anbau eine spielerische Komponente – ein Leckerbissen für aufmerksame Beobachter. Die diskrete Zierde des Gebäudes sind die Abdeckungen der Lüftungsflügel aus Streckmetall. In den zu Bändern zusammengefassten Fenstergruppen bilden sie mit ihrem geometrischem Muster einen glänzenden Konterpunkt zu den dunklen Wellen der Platten. Baudokumentation Hochbauamt Stadt St.Gallen | N° 179 | Fotos: Jean-Claude Jossen, St.Gallen | Juli 2014 Der Verbindungsgang zwischen Annex und Hauptbau wurde mit filigraner Verglasung versehen. Der Hauswirtschaftstrakt bleibt damit als eigenständige Figur neben der Blumenau bestehen. Eine Rampe ergänzt die skulpturale Treppenanlage aus den 1960erJahren. So zeigt das Gebäude auch im neuen, gut gedämmten Kleid seine alten Tugenden und führt das ursprüngliche Grundkonzept fort: Bescheidenheit und beste Funktionalität. Die gleiche Vorgehensweise bestimmt auch die Erneuerung im Inneren. Der gut zu nutzende Grundriss blieb weitgehend unverändert, lediglich das grosszügige Aufenthaltszimmer für die Hauswartspersonen und ein Lager im Erdgeschoss, das sich neu im Keller befindet, wurden zugunsten eines Esszimmers verkleinert. Bis zum Umbau wurde im unteren Stock im selben Zimmer die Mahlzeit gehalten und unterrichtet. Nun bieten beide Geschosse mit Schulküche, Klassenraum und Esszimmer das gleiche Raumprogramm. Für die Gestaltung der Küchen wendeten die Architekten dieselbe Strategie an wie bei den Fassaden: Sie variierten standardisierte Produkte und konnten dadurch mit einfachen Mitteln einen individuellen Entwurf umsetzen. Für die Plattenbeläge der Küchen und Toiletten wählten sie fünf erdige Farbtöne aus und kombinierten die kleinformatigen Grundriss Erdgeschoss Platten zu einem geometrischen Muster. Dabei drücken sich Funktionalität und Handwerk in schönen Details aus, wie zum Beispiel durch Abschlüsse mit Hohlkehlen. Bevor der Umbau beginnen konnte, musste das Gebäude zuerst einer Asbestsanierung unterzogen werden. Das belastete Material wurde unter grossem Aufwand und den erforderlichen Schutzvorkehrungen beseitigt. Dass die Deckenbeschichtung entfernt werden musste, hatte aber auch seine guten Seiten; hinter dem gespritzten Deckenputz kam eine schöne Sichtbetondecke zum Vorschein. Und wo die Akustik es zuliess, wie zum Beispiel im grosszügigen Treppenhaus, wurde sie so belassen – in den Küchen wurden Akustikdecken eingebaut, in den Essund Klassenzimmern kamen Decken aus Holzwolle zum Einsatz. Da in der Erschliessungszone auch die grossformatigen Platten aus geschliffenem Kunststein belassen wurden, herrscht dort nun eine authentische, aber gepflegte Vintage-Atmosphäre. Die Risse im Boden wurden geflickt, die Schrankfronten aufgefrischt. Was noch verwendet werden konnte, wurde behalten. Was neu hinzukam, fügt sich in die bestehende Gestaltung ein. Um die Behaglichkeit zu steigern und den Energiebedarf zu verringern, kommt unter der Oberfläche moderne Technik zum Einsatz. Eine neue Wärmepumpe entzieht der Abluft aus den Toiletten Energie, mit der das Brauchwasser erhitzt wird. Über die Küchen wird die verbrauchte Luft abgesogen, in die Esszimmer wird aufbereitete Frischluft zugeführt. Dies bedingt eine Überströmöffnung zwischen den beiden Räumen. Neben den Türen in Eiche entwarfen die Architekten eine elegante Öffnung mit Holzlamellen – ein perfektes Beispiel, wie das Nötige mit dem Schönen zusammenkommen kann. Stadt St.Gallen Hochbauamt Amtshaus Neugasse 1 9004 St.Gallen Telefon +41 71 224 55 82 N [email protected] www.hochbauamt.stadt.sg.ch Bauherrin Stadt St.Gallen, vertreten durch das Hochbauamt Projektleiterin Susann Adolph Architektur Bauleitung Daniel Cavelti Architektur AG baumed. bauleitung, Heinz Hafner Bauingenieur Elektroingenieur HLK-Ingenieur Sanitäringenieur Bauphysik Borgogno Eggenberger + Partner AG Inelplan AG IG Energietechnik GmbH Tomaschett + Cioce AG Gerevini Ingenieurbüro AG Projektablauf Planerwahlverfahren Baubeginn Bezug Fertigstellung Umgebung Baukosten Vorbereitungsarbeiten inkl. Schadstoffsanierung Gebäude Umgebung Baunebenkosten Ausstattung Gesamtkosten CHF CHF CHF CHF CHF CHF Nettogeschossfläche Gebäudekosten (BKP 2) Gebäudevolumen Gebäudekosten (BKP 2) m² CHF / m² m³ CHF / m³ Projektdaten m² nach SIA 416 CHF / m² nach SIA 416 m³ nach GVA CHF / m³ nach SIA 416 St.Gallen St.Gallen St.Gallen St.Gallen St.Gallen Rorschach St.Gallen 2011 Oktober 2013 August 2014 September 2014 316 000 2 360 000 215 000 65 000 59 000 3 015 000 868 2 719 3 613 653