spIele Und Idee I. - Deutsche Olympische Akademie

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I.
Spiele und Idee
Ansatzpunkte für Olympische Erziehung
in der Schule
•Pädagogisch-didaktische Begründung
Die Olympischen Spiele ziehen weltweit die Menschen in
­ihren Bann, nicht nur die speziell am Sport interessierten.
Die Faszination geht dabei sowohl von dem besonderen
­Rahmen des Ereignisses und den erwarteten sportlichen
Höchst­leistungen aus als auch von der lnternationalität der
­Teilnehmer, Zuschauer und Kulturen, die sich zusammen­
finden, um das Weltfest des Sports mit Offenheit füreinander, in gegenseitiger Achtung und im Geiste des Fairplay zu
feiern. Solche Anlässe, die die Menschen in einem im Kern
­friedlichen Ereignis zusammenführen, sind in unserer Welt
von besonderer Bedeutung.
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Die Olympische Idee steht für diese Werte und will sie durch
eine Erziehung im olympischen Sinne erfahrbar ­machen.
Probleme und Missbräuche, die bei der Vor­bereitung und
Durchführung der Olympischen Spiele, wie im olympischen
Hochleistungssport allgemein, z­utage t­reten, ­können ­deren
ideelle Ziele letztlich nicht außer Kraft setzen. Diese Ziele
­sollen vielmehr dazu ermutigen, Missstände zu ­bekämpfen
und das Weltereignis des Sports und der Menschen pädagogisch und erzieherisch zu nutzen. Die ­Olympische Idee mahnt
stets einen „wert-vollen“, ­menschenwürdigen Sport an.
Aus zweierlei Gründen sind die Olympischen Spiele ein
wichtiges Thema für Unterricht und Erziehung in der ­Schule.
Zum einen stellen sie ein Stück Lebenswirklichkeit dar, von
dem auch Schüler tangiert sind. Sie sind interessiert an diesem besonderen Sportereignis und nehmen über die ­Medien
daran teil. Dies hat die Schule konstruktiv zu begleiten, indem sie die medienvermittelte Wirklichkeit deutend und
erläuternd aufgreift, die Neugier und ein entsprechendes
Konsumverhalten pädagogisch lenkt (Schwerpunkt: Sach­
orientierung, Sacherschließung, Sachbewertung).
Zum anderen bieten die olympische Thematik und eine
olympische Werteerziehung gute Chancen für grund­legende
Sinnvermittlung und anzubahnende Handlungsorientierung.
Die kind- und jugendgemäße Umsetzung im Unterricht kann
zu geistigen, sozialen und ethischen Impulsen, Erlebnissen
und Erfahrungen führen, die Hilfen für das Hineinwachsen
in die Welt der Gleichaltrigen wie der Erwachsenen geben
(Schwerpunkt: Freude am sportlichen Tun und an der Gestaltung gemeinsamer Arbeit, Erfahrung sinnvoll-befriedigenden Handelns, Verknüpfung schulischen Lernens mit Phänomenen der Lebenswirklichkeit).
Beide Begründungsansätze sollten in der schulischen Arbeit, insbesondere in den Klassen eins bis sechs, ­möglichst
miteinander verknüpft werden. Dies gelingt umso besser, je
eher eine Thematik viele Sachperspektiven der Behandlung
bietet, verschiedenste Formen der Erarbeitung, insbesondere des kommunikativen Arbeitens ermöglicht, vor allem
­handlungsorientiertes Lernen begünstigt und außerschulische Erfahrungen und Anwendungsmöglichkeiten aufgreift. In diesem Sinne erweist sich der Themenkomplex
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­ Olympische Spiele und Olympische Idee“ als besonders
„
fruchtbar. Worin besteht nun aber das Besondere dieses erzieherischen Anliegens?
•Die Olympische Idee
Der französische Baron Pierre de Coubertin (1863 – 1937) ist der
Begründer der neuzeitlichen Olympischen Spiele. Er wollte
ganz bewusst eine pädagogische Bewegung schaffen, deren öffentlicher Höhepunkt die alle vier Jahre stattfindenden
Olympischen Spiele sind. Die von Coubertin so genannte
Olympische Bewegung zielte von Beginn an auf eine verbesserte körperliche und ethische Erziehung der Jugend auf
dem Wege des Sports. Von der Begegnung im friedlichen und
fairen sportlichen Wettkampf versprach sich Coubertin auch
eine bessere Verständigung und größere Achtung zwischen
den Menschen und Völkern.
Im herausfordernden Sporttreiben sah Coubertin das geeignete Mittel, um die Persönlichkeits- und Charakterentwicklung junger Menschen positiv zu beeinflussen. Darum
setzt die Olympische Bewegung bis heute auf anspruchsvolle
körperlich-sportliche Leistungen, die in fairer Gesinnung
­erreicht werden sollen.
Auf diese Weise mögen Respekt und ein friedliches Mit­ein­
ander unter den Beteiligten gefördert werden. Die ­dadurch
Angesprochenen sind aber nicht nur die Sportler, die an
den Olympischen Spielen teilnehmen. Die Olympische Idee
ruft vielmehr jeden Menschen, insbesondere die ­jungen
­Menschen, auf in diesem Sinne Sport zu treiben und sich
­generell „olympisch“ zu verhalten.
Eine solche Pädagogik entspricht den Wertvorstellungen
der Olympischen Idee. Der Weg dorthin, vor allem in der ­Schule
und in der Kinder- und Jugendarbeit der Sportvereine, ist als
Olympische Erziehung zu verstehen und auszugestalten. Sie
stellt eine verschränkte Leistungs- und ­Werteerziehung und damit ein Anliegen dar, das ­heute besonders wichtig ist. Sie bietet eine Orientierung für respektvolles Miteinander, stellt eine
psychische Stärkung der Kinder und Jugendlichen dar, begrüßt
Zielgerichtetheit und ­Initiative, Anstrengung und Übung.
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•Komponenten Olympischer Erziehung
•Viele Fächer sind angesprochen
Um die vielfältigen Ansätze Olympischer Erziehung in die
­verschiedenen Schulstufen einzubringen, können wir ­nahezu
alle Schulfächer in Betracht ziehen. Vom Sportunterricht soll
die Praxiserfahrung der Schüler mit einem Sportlernen und
Sporttreiben im olympischen Sinne ausgehen. Weiter­hin
stehen besonders Sachkunde, Mathematik, Kunst, ­Musik,
Deutsch und Religionslehre/Ethik im Blickpunkt. In der
Weiter­führung der Sekundarstufe kommen Sozialkunde, Geschichte oder Naturwissenschaften dazu. Olympia­bezogene
Themen können differenziert in den einzelnen Fächern,
besser jedoch im Rahmen fächerübergreifender Unterrichts­
projekte (oder als Teil eines solchen), bei Klassenfahrten und
im Schullandheim zum Gegenstand werden. Je mehr Fächer
entsprechend miteinander verzahnt werden, desto effizienter wird das Thema in der Vernetzung verschiedenster Ansätze
und Fragestellungen erschlossen werden können; umso eher
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werden aber auch die unterschiedlichen Sinne und Fähig­
keiten angesprochen und verschiedene methodische Formen
notwendig, sodass ein adressatengemäßes, ganzheitliches
Lernen erreicht werden kann.
Die Olympischen Spiele und das Miteinander im
­olympischen Sinne eignen sich besonders als Rahmen­thema
für fächerübergreifendes Arbeiten bis hin zu „olympischen
Tagen“ oder einer „olympischen Woche“ für alle Fächer und
Schüler einer Jahrgangsstufe oder der gesamten Schule. Doch
auch ohne einen fächerübergreifenden Ansatz stellen die
­Olympischen Spiele eine thematische Belebung und Bereicherung des Unterrichts dar, insbesondere in den Wochen
vor den jeweiligen Spielen und – sofern die Ferienkalender
es erlauben – in den Tagen der Spiele selbst. Die Altersgruppe
der Sechs- bis Zwölfjährigen mit ihrem hohen Anteil an Vereinsmitgliedschaften ist durch olympische Themen schulisch
besonders motivierbar.
Zur Beschäftigung mit der Olympiathematik gehört immer
auch die kritische Auseinandersetzung mit den ­Olympischen
Spielen und den vielfältigen Problemen, die die Olympische
Bewegung und insbesondere den olympischen Spitzensport
heute betreffen. Der Unterricht muss dieses altersgemäß ansprechen und den Schülern helfen, eigene Standpunkte zu
entwickeln.
Wenn die Schüler sich im fairen Sporttreiben gern anstrengen, wenn sie im Kunstunterricht „Olympisches“ gestalten,
wenn sie im Sport-, Deutsch- oder Religionsunterricht über
den Fairplay-Gedanken sprechen und selbst Fairplay-Slogans
erfinden, wenn sie ein olympisches Sportfest vorbereiten,
vielleicht sogar mit festlichem Rahmenprogramm für die
ganze Schulgemeinde, dann erfüllt die Schule ihren Auftrag,
ein vielfältiger Erfahrungsraum zu sein, der sich auf gemeinsames Lernen, Leben und Handeln gründet. Die Olympischen Spiele und ihre pädagogische Idee bieten hierzu eine
thematisch-sachliche wie erzieherische Chance. Dabei ist
­Olympische Erziehung, wie jede Erziehung, ein lang­fristiges
An­liegen. Aktionismus und olympische „Spaß-Events“
­können ihm nicht gerecht werden.
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