Ressourcenbasierte psychodynamische Therapie traumaassoziierter Persönlichkeitsstörungen Wolfgang Wöller Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Rhein-Klinik Bad Honnef Persönlichkeitsstörungen Störungen der interpersonellen Kommunikation hohe diagnostische Überlappung der Subtypen von Persönlichkeitsstörungen Dimensionen der Persönlichkeitsgestörtheit sind angemessener als Diagnosekategorien Vielzahl interpersoneller Konflikte und Verwicklungen Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung Neigung zu dysfunktionalem oder (auto)destruktivem Verhalten („Agieren“) Traumatische Belastung bei Borderline-Persönlichkeitsstörung Physische, sexuelle oder emotionale Misshandlung bei bis zu 75 % der Patienten mit BPS alle Formen der Kindesmisshandlung (Herman et al. 1989, Yen 2003, Zanarini et al. 2002) insbes. emotionale Misshandlung (Allen 2009, Kaehler u. Freyd 2009, Lobbestael et al. 2010, Widom et al. 2009) Komplexe Interaktion mit genetischen Faktoren Zwillingsstudien (Bornovalova et al. 2009, Distel et al. 2008) Gen-Umwelt-Interaktionen (z.B. Ni et al. 2006) Traumatische Belastung bei anderen Persönlichkeitsstörungen Dissoziale PS (Gao et al. 2010, Nederlof et al. 2010) Paranoide PS (Lobbestael et al. 2010) Schizoide PS (Yen et al. 2003, Lobbestael et al. 2010) Ängstlich-vermeidende PS: körperl. und emot. Missbrauch (Rettew et al. 2003), sex. Missbrauch (Lobbestael et al. 2010) Vernachlässigung (Battle et al. 2004) Komorbidität der BorderlinePersönlichkeitsstörung mit ... PTBS: 39,2 bis 51 % (McGlashan et al., 2000, Golier et al. 2003, Grant et al. 2008, Yen et al. 2002) dissoziativen Störungen: 53 % (Zittel et al. 2005) bis 72,5 % (Sar et al. 2006) Traumafolgestörungen Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Komplexe Traumafolgestörungen mit variabler Kombination verschiedener psychischer/psychosomatischer Störungsbilder depressive Symptome dissoziative Symptome PTBS Somatisierungsstörungen Essstörungen Substanzabhängigkeit Persönlichkeitsstörungen (Herman 1992, Brown u. Finkelhor 1986, Felitti et al. 2002). Einfluss von Bindungs- und Beziehungstraumatisierungen Ungünstiges familiäres Umfeld, elterliche Psychopathologie und Misshandlung/Missbrauch prädizieren unabhängig voneinander das spätere Auftreten einer BPS (Bradley et al. 2005). Desorganisiertes Bindungsmuster, Misshandlung, mütterliche Feindseligkeit, unzureichende Vaterpräsenz und familiärer Stress prädizieren spätere BPS (Carlson et al. 2009, Sroufe et al. 2005). Kindesmisshandlung, ungünstige elterliche Erziehungsstile und Trennung von den Eltern prädizieren unabhängig voneinander das Auftreten einer PS (Bandelow et al. 2005). Problembereiche bei Persönlichkeitsstörungen Maladaptive Verhaltensmuster erfassen die therapeutische Beziehung („schwierige Patienten“) Problematische Beziehungsgestaltung mit rascher und heftiger Übertragungsentwicklung Feindselig-entwertende-vorwurfsvolle Beziehungsgestaltung: Gefahr des Beziehungsoder Therapieabbruchs Abhängig-idealisierende Beziehungsgestaltung: Gefahr der malignen Abhängigkeitsentwicklung Traumatisierungsmuster bei schweren Persönlichkeitsstörungen Bindungs- und Beziehungstraumatisierungen Misshandlungs- und Missbrauchstraumen der Kindheit Traumatisierungen im Erwachsenenalter (Retraumatisierungsneigung!) Alltagsbelastungen mit traumawertigem subjektivem Belastungsgrad als Folge der persönlichkeits-spezifischen Vulnerabilität Alltagsbelastungen mit traumawertigem subjektiven Belastungsgrad bei Borderline-Patienten Alleingelassenwerden Identitätsbedrohung Beschämung, Gefühl völligen Unwerts Alltagsbelastungen mit traumawertigem subjektiven Belastungsgrad bei Patienten mit ... narzisstischer PS: Beschämung Gefühl der Wertlosigkeit histrionischer PS: Nicht- WahrgenommenWerden Gefühl der Wertlosigkeit abhängiger PS: Alleingelassenwerden Existenzangst unsicher-vermeidender PS: Gefühl der Wertlosigkeit schizoider PS: Gefühl der Wertlosigkeit, des Identitätsverlusts Plausible und brauchbare Modelle zur Erklärung klinischer Phänomene bei schweren Persönlichkeitsstörungen Psychodynamische Modelle Modell des unbewussten Konflikts („Konfliktmodell“) Strukturmodell: Modell des strukturellen Defizits („Strukturmodell“) Neurobiologische Modelle Bindungstheoretische Modelle Problembereiche bei Persönlichkeitsstörungen auf der Ebene defizitärer Ich-Funktionen Störung der Emotionsregulierung Störungen der Fähigkeit zur Mentalisierung, Impulskontrolle, Selbst-Objekt-Differenzierung, Objektkonstanz, kognitive Defizite Unzureichende Integration der Persönlichkeit (Identitätsstörung, Identitätsdiffusion) maladaptive Verhaltens- und Beziehungsmuster Störung der Emotionsregulierung bei der Borderline-PS rasch wechselnde globale und undifferenzierte Affektzustände und quälende Spannungszustände interpersonell reaktiv ausgelöst können bis zu Stunden andauern Oszillieren von Depression, Wut, Angst, Leere und Depression (Koenigsberg et al. 2002, Lieb et al. 2004, Stiglmayr 2011, Wolff et al. 2007). Hyperreagibilität Borderline-Patienten sind hyperreagibel und wachsam überempfindlich gegenüber negativen Stimuli (Sieswerda et al. 2007). schon nach schwachen Reizen schnelle und intensive Erregungsmuster (Jacob et al. 2009). bemerken oft kleinste mimische Veränderung im Gesicht Soziale Wahrnehmung Die soziale Wahrnehmung ist durch ein verstärktes Bedrohungserleben charakterisiert. Borderline-Patienten nehmen neutrale Gesichter tendenziell als bedrohlich und nicht wohlwollend wahr (Donegan et al. 2003, Lynch et al. 2006, Scott et al. 2011, Koenigsberg et al. 2009). Traumatische Affekte Verlassensein Scham Verzweiflung Ohnmacht Schuldgefühle Leere Wut Selbstschädigende Verhaltensweisen zur Kompensation der gestörten Emotionsregulierung Fressattacken und selbstindiziertes Erbrechen Risikoverhalten (schnelles Autofahren) Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen) Selbstverletzendes Verhalten Störung der Emotionsregulierung bei anderen Persönlichkeitsstörungen Depressive, Angst- oder somatoforme Symptombildung bei Wegfall der kompensatorischen Abwehr-und Bewältigungsformen, z.B. Wegfall der Selbstwertstabilisatoren bei narzisstischer PS Wegfall der steuernden Bezugsperson bei abhängiger PS Wegfall der Aufmerksamkeitszufuhr bei histrionischer PS Wegfall der Vermeidungsstrategien bei unsichervermeidender PS Selbstbezogene schädigende Verhaltensmuster als Ausdruck komplexer traumabedingter Funktionsdefizite Gefahren nicht antizipieren (können) nicht für sich sorgen können (können) sich nicht abgrenzen (können) sich nicht schützen (können) hilflos sein, nicht handeln (können) erneuter Opferstatus (Reviktimisierungsneigung) Interpersonelle schädigende Verhaltensweisen zur Kompensation der gestörten Emotionsregulierung zum Schutz vor Kränkungen, Verletzungen und Ohnmachtserleben Aufmerksamkeit oder Zuwendung erzwingen unter Druck setzen erpressen Drohen beschuldigen moralisch unter Druck setzen sich unangemessen verführerisch verhalten Neurobiologische Befunde bei BorderlinePersönlichkeitsstörung präfrontale Dysfunktion beim Anhören persönlicher Scripts von Verlassenheit und Misshandlung (Schmahl et al., 2003, 2004, Silbersweig et al. 2007) Verstärktes Bedrohungserleben Neurobiologische Befunde bei Borderline-Persönlichkeitsstörung Dysfunktionales kortikolimbische Netzwerk gesteigerte Amygdala-Aktivierung bei Darbietung emotional aufgeladener Bilder (Herpertz et al., 2001) oder Gesichtern (Donegan et al., 2003) Volumenminderungen im Bereich des präfrontalen Kortex und des Hippokampus (Irle et al. 2005) sowie des vorderen zingulären Kortex (Minzenberg et al. 2008) verminderte Aktivität des orbitofrontalen Kortex (OFC) und des vorderen zingulären Kortex (New et al. 2002, Silbersweig et al. 2007) Neurobiologie bei chronischer PTBS Neurobiologie der Borderline-Störung Überaktivität und erhöhte Reaktionsbereitschaft der Amygdala (Shin et al. 2006) gesteigerte AmygdalaAktivierung bei Darbietung emotional aufgeladener Bilder (Donegan et al., 2003) vermindertes Hippokampus-Volumen (Karl et al. Volumenminderungen im Bereich des präfrontalen Kortex und des Hippokampus (Irle et al. 2005;Tebartz van Elst et al. 2003) sowie des vorderen zingulären Kortex 2006) verminderte Volumina und Aktivität des präfrontalen Kortex (PFC) einschl. des vorderen zingulären Kortex (ACC) (Rauch et al. 2003, Woodward et al. 2006). (Minzenberg et al. 2008) verminderte Aktivität des orbitofrontalen Kortex (OFC) und des vorderen zingulären Kortex (New et al. 2002) Modell der erfahrungsabhängigen Hirnentwicklung Das Wachstum des präfrontalen Cortex (als Zentrum der Emotionsregulierung) ist in hohem Maße abhängig von der Qualität des mütterlichen Attunement und der Bindungserfahrung Modell der erfahrungsabhängigen Hirnentwicklung Unangemessene elterliche Reaktionen auf kindliche Affektzustände negative emotionale Zustände des Kindes bleiben über längere Zeit unreguliert „chaotische“ biochemische Veränderungen im kindlichen Gehirn: dauerhaft erhöhte Cortisonspiegel, exzessive Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin und anderer toxischer Substanzen vermindertes neuronales Wachstum im Bereich der präfrontalen Strukturen Rückgang von Synapsen und Beschleunigen des normalen Prozesses des programmierten Zelltodes (Zhang et al. 1997, McLaughlin et al. 1998). ↓ Verminderte Funktionsfähigkeit der emotionsregulierenden Struktur des präfrontalen Cortex Modell der verminderten Top-Down-Modulation basaler emotionaler Systeme, insbes. der Amygdala erhöhte Bereitschaft zur Wahrnehmung von Bedrohungssignalen 1 – Orbitofrontaler Cortex 2 – Region des vorderen Cingulum 3 – Amygdala Lebenslange Möglichkeit der Modifikation und Neuorganisationen neuronaler Verbindungen in Abhängigkeit vom Gebrauch (Huether et al. 1999) Vielfach wiederholte Aktivierung neuronaler Netzwerke bis zur Etablierung neuer Muster Üben und Durcharbeiten neuer Muster Persönlichkeitsstörungen als Bindungsstörungen Borderline-PS unsicher-ambivalente Bindungsstile (Buchheim 2011; Fonagy et al. 1996; Levy et al. 2006, 2011; Timmerman u. Emmelkamp 2006) unsicher-desorganisierte Bindungsmuster („unresolved“) (Agrawal et al., 2004, Fonagy et al., 1996, 2000; Patrick et al. 1994) Übrige Persönlichkeitsstörungen dissoziale PS: überwiegend unsicher-distanzierte Bindungsstile (Timmerman u. Emmelkamp 2006). Clusters C-PS: überwiegend unsicher-ambivalente Bindungsmuster (Rosenstein & Horowitz 1996, West u. Sheldon 1988). Desorganisierte Bindungen entstehen, wenn die Bindungsfigur gleichzeitig die Quelle von Trost und Angst ist (Main u. Hesse 1990). Bindungsdesorganisation ist das Ergebnis einer gleichzeitigen Aktivierung des Bindungs- und des Bedrohungssystems gegenüber der gleichen Bezugsperson (Lyons-Ruth u. Jacobvitz 2008). Annäherungs-Vermeidungskonflikt, der die Informationsverarbeitung und Problemlösung stört Hemmung der Mentalisierungsfunktion durch die Aktivierung des Bedrohungs-Abwehr (fight-flightSystem) Psychodynamische Therapieansätze bei Persönlichkeitsstörungen Übertragungsfokussierende Psychotherapie (TFP) für Borderline-Patienten (Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001) Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994) Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004) Mentalisierungsbasierte Psychotherapie für Borderline-Patienten (Bateman u. Fonagy 2004) Psychodynamisch-imaginative Psychotherapie (PITT) für komplexe Traumafolgestörungen (Reddemann 2011, Sachsse 2010) Phasenorientierung Imaginative Techniken zur Stabilisierung und Traumabearbeitung Keine ausschließliche Heilung durch Beziehung Nachbeelterung auf der inneren Bühne Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen Psychodynamische Therapieansätze bei Persönlichkeitsstörungen Evidenz auf der Basis von Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) für BPS RCT Clarkin et al. (2007) (Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001) Psa.interaktionelle Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott kontrollier- Leichsenring ten Studien (2008) 1994) Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004) kontrollier- Rudolf et al. ten Studie (2004) Mentalisierungsbasierte PT für BPS (Bateman u. Fonagy 2004) RCT Bateman & Fonagy (2002) Psychodynamische Therapieansätze bei komplexen Traumafolgestörungen Evidenz auf der Basis von PITT (Psychodynamischimaginative Traumatherapie (Reddemann 2011; Sachse 2010) kontrollier- Sachsse et al. ten Studien 2006; Lampe et al. 2008, Kruse et al. 2010) 35 . Ressourcenbasierte Pychodynamische Therapie (RPT) zur Behandlung von Patienten mit traumaassoziierten Persönlichkeitsstörungen Zielgruppen des Konzepts Primäre Zielgruppe: Persönlichkeitsstörungen mit Komorbidität einer Posttraumatischen Belastungsstörung (i. S. d. ICD-10) und/oder einer dissoziativen Störung in zweiter Linie: Persönlichkeitsstörung ohne komorbide Posttraumatische Belastungsstörung oder dissoziative Störung 37 . Ressourcenbasierte Pychodynamische Therapie (RPT) zur Behandlung von Patienten mit BorderlinePersönlichkeitsstörung Allgemeines Spezifika der Beziehungsgestaltung Komorbide Störungen Familien- und paartherapeutische Aspekte Stationäre Psychotherapie Phasenorientiertes Therapiekonzept 1. Sicherheit, Halt und die Stärkung der Bewältigungskompetenz 2. Emotionsregulierung und Selbstfürsorge 3. Mentalisierung und die Entwicklung stabiler Repräsentanzen 4. Schonende Traumabearbeitung 5. Konfliktorientiertes Arbeiten an maladaptiven Verhaltensmustern Phase 1: Sicherheit, Halt und die Stärkung der Bewältigungskompetenz Externe Emotionsregulierung zur Reduktion des erhöhten Bedrohungserlebens: Maximaler Kontrast zur traumatischen Situation Traumatische Situation Therapeutische Situation Bedrohung, Unsicherheit Kontrollverlust Verwirrung, Intransparenz Alleingelassensein Sicherheit Kontrolle Aufklärung, Transparenz reale Präsenz Sicherheit Äußere Sicherheit (Täterkontakte?) Soziale Sicherheit Sicherheitsgefühl in der therapeutischen Beziehung Bedingungen der Behandlungssituation (z.B. Sitzanordnung) Antizipation des Unsicherheitsgefühls der Patienten Kontrolle Kontrollbedürfnis der Patienten respektieren Einbezug der Patientin in therapeutische Entscheidungen Wahlmöglicheiten anbieten fortgesetztes Einholen des Einverständnisses der Patientin Therapeutische Haltung Antiregressives Beziehungsangebot mit Stärkung der Eigenverantwortung der Pat. Vermittlung von Bindungssicherheit, jedoch möglichst geringe Aktivierung des NotfallBindungssystems zur Erhaltung der Mentalisierungsfunktion möglichst geringe Aktivierung von Retter- oder Täterübertragungen dadurch geringere emotionale Belastung der Therapeuten Unterstützende Techniken zur Reduktion des Bedrohungs- und Spannungserlebens Bilaterale Stimulationstechniken („Butterfly-Hug“) Klopftechniken der energetischen Psychologie Klopfroutinen mit Stimulation definierter Akupunktur-Punkte (Gallo; TFT nach Callahan etc.) Einteilung der Ressourcen nach Smith & Grawe (2003) interpersonale intrapsychische • z.B. wertschätzende Beziehungen • z.B. soziale Kompetenzen motivationale potenziale • Ziele zur Erreichung von Grundbedürfnissen • Kompetenzen zur Erreichung von Grundbedürfnissen Definition von Ressourcen nach Nestmann (1996) "Letztlich alles, was von einer bestimmten Person (ohne selbstschädigend zu sein) in einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird oder als hilfreich erlebt wird, kann als eine Ressource betrachtet werden.” Als Ressource kann alles genutzt werden, was einen positiven Körperstate hervorruft! Ressourcenaktivierung Aktivierung bisheriger Bewältigungsformen Aktives Herbeiführen von State-Wechseln im Sinne positiver emotionaler Zustände durch positive Aktivitäten Aktivierung positiver Erinnerungsbilder imaginative Techniken Ressourcen- und Traumadiagnostik zu Behandlungsbeginn ressourcenreiche Momente des Lebens, Stärken, Fähigkeiten und hilfreiche Beziehungen explorieren Bewältigungsstrategien der Gegenwart und Vergangenheit erfragen Keine vertiefte Exploration traumatischer Ereignisse spontanes Berichten traumatischer Erfahrungen eher begrenzen Ressourcen- und Traumadiagnostik bei tragfähiger therapeutischer Beziehung und ausreichender Emotionskontrolle mit der Erfassung von Alltagsstressoren beginnen bei Kindheitstraumen subjektiven Belastungsgrad der Befragung und der Inhalte abschätzen Patientin bestimmen lassen, ob und was sie erzählt Distanzierungstechniken vermitteln in der Phase der Traumabearbeitung Erfragen von Details nur soweit notwendig Phase 2: Emotionsregulierung und Selbstfürsorge Selbstwahrnehmung fördern Kein unmittelbares Handeln, sondern durch Selbstexploration des gegenwärtigen Erlebens erkennen, dass das aktuelle Erleben nicht die Gegenwart widerspiegelt, sondern einem früheren Zustand zuzuordnen ist „Sortieren“ des Affekts: Anteile der Gegenwart vs. Anteile der Vergangenheit Förderung der Affektwahrnehmung und Affektdifferenzierung Differenzierung von Vergangenheits- und Gegenwartsanteilen undifferenzierter Affektzustände Imaginatives „Wegpacken“ der Vergangenheitsanteile Förderung der Selbstfürsorge Arbeit an verinnerlichten Verboten Bestätigung, dass Selbstfürsorge erlaubt ist Mahnung, dass Selbstfürsorge geboten ist Hilfe beim Einüben („was tut Ihnen gut?“) Konkrete Möglichkeiten selbstfürsorglichen Umgangs nennen Regeln, Vereinbarungen, Verträge zum Schutz der Patientin, der Therapeutin und der Therapie vor destruktiven Persönlichkeitsanteilen Einbezug der Patienten bei der Erarbeitung von Vereinbarungen und Therapieverträgen („Schlupflöcher“) Perspektive reiferer und unreiferer Persönlichkeitsanteile Aus ressoucenorientierter Sicht sollen persönlichkeitsgestörte Menschen nicht über ihre unreifen oder destruktiven Persönlichkeitsanteile definiert werden, selbst dann nicht, wenn diese aktuell sehr dominant sind. Kontextabhängigkeit des Reifenniveaus Referenzpunkte ist das reifste Organisationsniveau Perspektive reiferer und unreiferer Persönlichkeitsanteile ... hilft persönlichkeitsgestörte Patienten nicht ausschließlich über den momentan aktualisierten Zustand als Person zu definieren unter auslösenden Bedingungen Rückgriff auf regressive Erlebens- und Verhaltensmuster Rettungswünsche und Vernichtungsängste (z.B. Kleinkind) Wutreaktionen (z.B. größeres Kind) Heftige Entwertungen und gewaltsame Handlungen (z.B. pubertär, adoleszent) Umgang mit aggressiven bzw. kindlichen (verletzten) Persönlichkeitszuständen Dominanz aggressiver (z.B. täteridentifizierter) Persönlichkeitsanteile externe (entschlossene) Begrenzung auf der Handlungsebene Aktivierung „erwachsener“ Persönlichkeitsanteile selbstregulatorische Begrenzung Dominanz kindlicher (verletzter) Persönlichkeitsanteile externe (entschlossene) Begrenzung auf der Handlungsebene Aktivierung „erwachsener“ Persönlichkeitsanteile Hinweis auf die selbstregulatorische Versorgung (Nachbeelterung) kindlicher verletzter Anteile Umgang mit aggressiven bzw. kindlichen (verletzten) Persönlichkeitszuständen Externe Regulation: Aktivieren der Erwachsenenebene Pat. soll erkennen, auslösende Bedingungen dazu geführt haben, dass er sich mit einem regressiven (kindlichen, aggressiven usw.) Persönlichkeitsanteil identifiziert hat er dem entsprechenden emotionalen Zustand (kindlichabhängig bzw. aggressiv) die Dominanz überlassen hat Wiederherstellen des Erwachsenen-States Aufforderung zur Selbstbegrenzung und Nachbeelterung auf der inneren Bühne Phase 3: Mentalisierung und die Entwicklung stabiler Repräsentanzen Ich-Funktionsdefizite Eingeschränkte Fähigkeit zu ... Impulskontrolle Kognitive Funktionen, u.a. Mentalisierung Objektkonstanz Erzeugung kohärenter Narrative Lösung interpersoneller Konflikte Inanspruchnahme von Hilfe Abgrenzung von schädigenden Interaktionen Artikulation eigener Bedürfnisse Motivation zu konstanter Arbeit Allgemeines zu Ich-Funktionsdefiziten Kompetenzen wurden in einem beziehungstraumatischen Umfeld nicht ausreichend erlernt Kompetenzen sind andauernd oder vorübergehend situations- und kontextabhängig nicht verfügbar als Folge eines allgemein verminderten Kompetenzgefühls als Folge einer Blockade durch verinnerlichte Verbote Aufbau spezifischer Ich-Funktionen mit Hilfe ressourcenaktivierender Techniken Wie hoch ist die subjektive Belastung durch den aktuellen Stressor? (SUD 1-10). Welche Fähigkeit/Kompetenz brauchen Sie zur Bewältigung des aktuellen Stressors? Wann in Ihrem Leben stand Ihnen diese Kompetenz einmal zur Verfügung? Erinnern Sie diese Situation möglichst lebendig. Spüren Sie auch das zugehörige positive Körpergefühl. Verankerung der Ressourcenerinnerung und des positiven Körpergefühls mittels Stimulationstechniken Wie hoch ist die subjektive Stressbelastung jetzt? Arbeit mit dem „Inneren Kind“ Mitarbeit der akzeptierenden und nicht verurteilenden Erwachsenenanteile gewinnen Versuch, mit einem mitfühlenden Blick auf das Kind zu schauen, das man selbst war Bestehen negative Gefühle beim Gedanken an das Kind? Angst? Scham? Ekel? Tendenz, das Kind zu beschuldigen oder zu entwerten? Klärung der „Gegenübertragung“ gegenüber dem inneren Kind aus der Erwachsenenperspektive Arbeit mit dem „Inneren Kind“ Eigene Angst vor Überflutung durch traumatische Erinnerungen? Distanzierungstechnik: das Kind von der Ferne betrachten Eigene Angst vor eigener Überforderung durch eigene Instabilität? Hinzuziehung imaginärer Helferfiguren Eigene Angst vor der Ansprüchlichkeit des „Kindes“? Selbstschutz und Begrenzung des Kindes Arbeit mit dem „Inneren Kind“ Angst des „Kindes“ vor der „Erwachsenen“ (Täter-Übertragung auf der inneren Bühne) Sicherheitsbedürfnis des „Kindes“ vor dem Hintergrund seiner Bindungsängste beachten Kontaktaufnahme aus der Distanz Schutzmaßnahmen für das innere Kind, z.B. Unterbringung an „sicherem Kinderort“ vorsichtige Kontaktaufnahme dem „Kind“ entsprechend seinem „Lebensalter“ symbolisch das geben, was es braucht Typische Gegenübertragungsmanifestationen bei traumatisierten und persönlichkeitsgestörten Patienten Mitgefühl, intensive Wut auf Täter Rettungsimpulse Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit Gefühle des Ungenügens oder der Inkompetenz sexuelle Wünsche und Handlungsimpulse Gefühl der Abneigung und des Abgestoßenseins keinen Glauben schenken und Schuld zuweisen Gefühl, manipuliert und kontrolliert zu werden Impuls, die Patientin meiden zu wollen Schuldgefühle Schamgefühle Quellen der Gegenübertragung Übertragungsangebot der Patienten aktualisiertes Bindungsverhalten der Patienten reale Aspekte der Beziehung zu den Patienten die Tatsache und Qualität der Traumatisierung eigene Übertragungen auf die Patienten Gegenübertragungsreaktionen im Täter-Opfer-Retter-Schema Patientin als Therapeutin als zu Rettende Retterin Opfer Täterin Täterin Opfer Retterin zu Rettende Projektive Identifizierung: Unbewusste Emotionsregulierung zu Lasten der Interaktionspartner unerträgliche emotionale Zustände werden zur inneren Druckentlastung in Interaktionspartner „deponiert“ Interaktionspartner werden subtil so manipuliert, dass sie sich für die Projektionen eigener unerträglicher Emotionszustände eignen negative Emotionen unterschiedlichster Art in der Gegenübertragung (Ärger, Hilflosigkeit, Lähmung usw.) Therapeuten-Selbstfürsorge (1) Allgemeine psychohygienische Grundsätze beachten nicht zu viele schwer gestörte Patienten gleichzeitig behandeln ausreichende Pausen etc. Distanz zum Gegenübertragungsaffekt anstreben mit der Möglichkeit deponierter Patientenaffekte rechnen Verständnis eigener emotionaler Dysregulationen in der Gegenübertragung als Resultat projektiv-identifikatorischer Vorgänge des Pat. wirkt entlastend Phase 4: Schonende Traumabearbeitung Interventionen auf der Basis des Modells der adaptiven Informationsverarbeitung Ziel: Verarbeitung dysfunktionaler Erinnerungen durch Einbindung in funktionale Netzwerke Voraussetzung: Es müssen genügend funktionale Netzwerke vorhanden sein Traumaspezifische Stabilisierung: Aktivierung funktionaler Netzwerke („Ressourcennetzwerke“) Traumabearbeitung: Verknüpfung der dysfunktionalen Erinnerungen mit funktionalen Netzwerken Reden über traumatische Erfahrungen? „Normale“ Informationsverarbeitung mit hoher Stressbelastung entlastende Wirkung „Traumatische“ Informationsverarbeitung mit hoher Stressbelastung Aktivierung weiterer Traumanetzwerke Verschlechterung EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) (Shapiro 1989) Identifikation der traumatischen Szene sowie der zugehörigen stehenden negativen Überzeugung über die eigene Person Prozessieren der traumatischen Szene durch „bilaterale Stimulation“ Sequenzen von 20-30 seitenalternierenden Augenbewegungen (oder akustischen bzw. haptischen Reizen) unter Beachtung unter Beachtung des subjektiven Erlebens des Patienten und der Körperempfindungen Reduktion der subjektiven Stressbelastung der traumatischen Szene Modifikation der negativen Überzeugungen EMDR Ideal bei einfacher PTBS nach Monotraumen bei prämorbid gesunden Patienten Beachtung der Indikationskriterien und der Kontraindikationen Gefahr der Überflutung durch traumatisches Material bei nicht sachgemäßer Anwendung, inbes. bei unzureichender Stabilität des Patienten schwerer dissoziativer Komorbidität anhaltendem Täterkontakt mit Traumatisierungsrisiko Schonende Traumabearbeitung Beginn mit klar umschriebenen und gut erinnerbaren Traumen oder belastenden Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit mit persönlichkeitsspezifischen Alltagsstressoren mit traumawertigem Belastungsgrad später klar erinnerte Traumen der Kindheit (mit Anfang und Ende) zuletzt unscharf erinnerte Traumen bei dissoziativer Komorbidität 5 Phase 5: Konfliktorientiertes Arbeiten an maladaptiven Verhaltensmustern Konfliktorientierte Arbeit Arbeit an unbewussten Konflikten Klarifizierung, Konfrontation, Deutung von unbewussten Inszenierungen zur Abwehr früher Ängste Analyse früher Abwehrmechanismen thematische Fokussierung von Identität und Intimität ggf. therapeutische Nutzung von Übertragungsphänomenen