Persönlichkeitsstörung - Rhein

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Trauma und Persönlichkeitsstörungen Wolfgang Wöller Heinrich-­‐Heine-­‐Universität Düsseldorf Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Traumafolgestörungen
§  Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
§  Komplexe Traumafolgestörungen mit variabler
Kombination verschiedener psychischer/
psychosomatischer Störungsbilder
§  depressive Symptome
§  dissoziative Symptome
§  PTBS
§  Somatisierungsstörungen
§  Essstörungen
§  Substanzabhängigkeit
§  Persönlichkeitsstörungen
(Herman 1992, Brown u. Finkelhor 1986, Felitti et al. 2002).
Traumatische Belastung bei
Borderline-Persönlichkeitsstörung
§  Physische, sexuelle oder emotionale Misshandlung bei bis zu 75 % der Patienten mit BPS
§  alle Formen der Kindesmisshandlung (Herman et al. 1989,
Yen 2003, Zanarini et al. 2002)
§  insbes. emotionale Misshandlung (Allen 2009, Kaehler u.
Freyd 2009, Lobbestael et al. 2010, Widom et al. 2009)
§  Komplexe Interaktion mit genetischen Faktoren
§  Zwillingsstudien (Bornovalova et al. 2009, Distel et al. 2008)
§  Gen-Umwelt-Interaktionen (z.B. Ni et al. 2006)
Traumatische Belastung bei
anderen Persönlichkeitsstörungen
§  Dissoziale PS (Gao et al. 2010, Nederlof et al. 2010)
§  Paranoide PS (Lobbestael et al. 2010)
§  Schizoide PS (Yen et al. 2003, Lobbestael et al. 2010)
§  Ängstlich-vermeidende PS: körperl. und emot.
Missbrauch (Rettew et al. 2003), sex. Missbrauch
(Lobbestael et al. 2010) Vernachlässigung (Battle et al. 2004)
Komorbidität der BorderlinePersönlichkeitsstörung mit ...
§  PTBS: 39,2 bis 51 % (McGlashan et al.,
2000, Golier et al. 2003, Grant et al. 2008, Yen et al.
2002)
§  dissoziativen Störungen: 53 % (Zittel et al.
2005) bis 72,5 % (Sar et al. 2006)
Einfluss von Bindungs- und
Beziehungstraumatisierungen
§  Ungünstiges familiäres Umfeld, elterliche Psychopathologie und Misshandlung/Missbrauch
prädizieren unabhängig voneinander das spätere
Auftreten einer BPS (Bradley et al. 2005).
§  Desorganisiertes Bindungsmuster, Misshandlung,
mütterliche Feindseligkeit, unzureichende
Vaterpräsenz und familiärer Stress prädizieren
spätere BPS (Carlson et al. 2009, Sroufe et al. 2005).
§  Kindesmisshandlung, ungünstige elterliche
Erziehungsstile und Trennung von den Eltern
prädizieren unabhängig voneinander das
Auftreten einer PS (Bandelow et al. 2005).
Traumatisierungsmuster bei schweren
Persönlichkeitsstörungen
§  Bindungs- und Beziehungstraumatisierungen
§  Misshandlungs- und Missbrauchstraumen der
Kindheit
§  Traumatisierungen im Erwachsenenalter
(Retraumatisierungsneigung!)
§  Alltagsbelastungen mit traumawertigem
subjektivem Belastungsgrad als Folge der
persönlichkeits-spezifischen Vulnerabilität
Problembereiche bei
Persönlichkeitsstörungen
§  Persönlichkeitsstörungen als Störungen der
interpersonellen Kommunikation
§  Vielzahl interpersoneller Konflikte und
Verwicklungen
§  Neigung zu Instabilität/hohe Komorbidität
§  Diskrepanz zwischen Selbst- und
Fremdwahrnehmung
§  Neigung zu dysfunktionalem, manipulativem
oder (auto)destruktivem Verhalten
(„Agieren“)
Problembereiche bei
Persönlichkeitsstörungen
§  Maladaptive Verhaltensmuster erfassen die
therapeutische Beziehung („schwierige
Patienten“)
§  Problematische Beziehungsgestaltung mit
rascher und heftiger Übertragungsentwicklung
§  Feindselig-entwertende-vorwurfsvolle
Beziehungsgestaltung: Gefahr des Beziehungsoder Therapieabbruchs
§  Abhängig-idealisierende Beziehungsgestaltung:
Gefahr der malignen Abhängigkeitsentwicklung
Plausible und brauchbare Modelle
zur Erklärung klinischer Phänomene bei
schweren Persönlichkeitsstörungen
§  Psychodynamische Modelle
§  Modell des unbewussten Konflikts („Konfliktmodell“)
§  Strukturmodell: Modell des strukturellen Defizits
(„Strukturmodell“)
§  Neurobiologische Modelle
§  Bindungstheoretische Modelle
Problembereiche bei
Persönlichkeitsstörungen auf der
Ebene defizitärer Ich-Funktionen
§  Störung der Emotionsregulierung
§  Störungen der Fähigkeit zur Mentalisierung,
Impulskontrolle, Selbst-Objekt-Differenzierung,
Objektkonstanz, kognitive Defizite
§  Unzureichende Integration der Persönlichkeit
(Identitätsstörung, Identitätsdiffusion)
à maladaptive Verhaltens- und
Beziehungsmuster
Störung der Emotionsregulierung
bei der Borderline-PS
§  rasch wechselnde globale und undifferenzierte
Affektzustände und quälende
Spannungszustände
§  interpersonell reaktiv ausgelöst
§  können bis zu Stunden andauern
§  Oszillieren von Depression, Wut, Angst, Leere
und Depression
(Koenigsberg et al. 2002, Lieb et al. 2004, Stiglmayr 2011, Wolff
et al. 2007).
Traumatische Affekte
Verlassensein
Scham Verzweiflung Ohnmacht Schuldgefühle Leere Wut Selbstschädigende Verhaltensweisen
zur Kompensation der gestörten
Emotionsregulierung
FressaMacken und selbs.ndiziertes Erbrechen Risikoverhalten (schnelles Autofahren) Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen) Selbstverletzendes Verhalten Soziale Wahrnehmung
§  Die soziale Wahrnehmung ist durch ein
verstärktes Bedrohungserleben charakterisiert.
§  Borderline-Patienten nehmen neutrale Gesichter
tendenziell als bedrohlich und nicht wohlwollend
wahr (Donegan et al. 2003, Lynch et al. 2006, Scott et al. 2011,
Koenigsberg et al. 2009).
Selbstbezogene schädigende
Verhaltensmuster als Ausdruck komplexer
traumabedingter Funktionsdefizite
§  Gefahren nicht antizipieren (können)
§  nicht für sich sorgen können (können)
§  sich nicht abgrenzen (können)
§  sich nicht schützen (können)
§  hilflos sein, nicht handeln (können)
§  à erneuter Opferstatus
(Reviktimisierungsneigung)
Interpersonelle schädigende
Verhaltensweisen zur Kompensation
der gestörten Emotionsregulierung
§  zum Schutz vor Kränkungen, Verletzungen
und Ohnmachtserleben
§  Aufmerksamkeit oder Zuwendung
erzwingen
§  unter Druck setzen
§  Erpressen
§  Drohen
§  beschuldigen
§  sich unangemessen verführerisch verhalten
Neurobiologische Befunde bei BorderlinePersönlichkeitsstörung
§  präfrontale Dysfunktion beim Anhören
persönlicher Scripts von Verlassenheit und
Misshandlung (Schmahl et al., 2003, 2004, Silbersweig et al. 2007)
à Verstärktes Bedrohungserleben
Neurobiologische Befunde bei
Borderline-Persönlichkeitsstörung
§  Dysfunktionales kortikolimbische Netzwerk
§  gesteigerte Amygdala-Aktivierung bei Darbietung
emotional aufgeladener Bilder (Herpertz et al., 2001) oder
Gesichtern (Donegan et al., 2003)
§  Volumenminderungen im Bereich des präfrontalen
Kortex und des Hippokampus (Irle et al. 2005) sowie des
vorderen zingulären Kortex (Minzenberg et al. 2008)
§  verminderte Aktivität des orbitofrontalen Kortex (OFC)
und des vorderen zingulären Kortex (New et al. 2002,
Silbersweig et al. 2007)
Neurobiologie bei
chronischer PTBS
Neurobiologie der
Borderline-Störung
§  Überaktivität und erhöhte
Reaktionsbereitschaft der
Amygdala (Shin et al. 2006)
§  gesteigerte AmygdalaAktivierung bei Darbietung
emotional aufgeladener
Bilder (Donegan et al., 2003)
§  vermindertes Hippokampus-Volumen (Karl et al.
§  Volumenminderungen im
Bereich des präfrontalen
Kortex und des Hippokampus (Irle et al. 2005;Tebartz van
Elst et al. 2003) sowie des
vorderen zingulären Kortex
2006)
§  verminderte Volumina und
Aktivität des präfrontalen
Kortex (PFC) einschl. des
(Minzenberg et al. 2008)
vorderen zingulären Kortex
(ACC) (Rauch et al. 2003, Woodward §  verminderte Aktivität des
orbitofrontalen Kortex (OFC)
et al. 2006).
und des vorderen zingulären
Kortex (New et al. 2002)
Modell der erfahrungsabhängigen
Hirnentwicklung
§  Das Wachstum des
präfrontalen Cortex (als
Zentrum der
Emotionsregulierung) ist
in hohem Maße
abhängig von der
Qualität des mütterlichen
Attunement und der
Bindungserfahrung
Modell der erfahrungsabhängigen
Hirnentwicklung
§  Unangemessene elterliche Reaktionen auf kindliche
Affektzustände à
§  negative emotionale Zustände des Kindes bleiben
über längere Zeit unreguliert
§  „chaotische“ biochemische Veränderungen im
kindlichen Gehirn:
§  dauerhaft erhöhte Cortisonspiegel, exzessive Freisetzung
von Adrenalin und Noradrenalin und anderer toxischer
Substanzen
§  vermindertes neuronales Wachstum im Bereich der
präfrontalen Strukturen
Rückgang von Synapsen und Beschleunigen des normalen Prozesses des programmierten Zelltodes (Zhang et al. 1997, McLaughlin et al. 1998). ↓ Verminderte Funk.onsfähigkeit der emo.onsregulierenden Struktur des präfrontalen Cortex Modell der verminderten Top-Down-Modulation basaler
emotionaler Systeme, insbes. der Amygdala
à erhöhte Bereitschaft zur Wahrnehmung von Bedrohungssignalen
§  1 – Orbitofrontaler Cortex
§  2 – Region des vorderen Cingulum
§  3 – Amygdala
§ 
Lebenslange Möglichkeit der Modifikation und
Neuorganisationen neuronaler Verbindungen in
Abhängigkeit vom Gebrauch (Huether et al. 1999)
à Vielfach
wiederholte Aktivierung neuronaler
Netzwerke bis zur Etablierung neuer Muster
à Üben und Durcharbeiten neuer Muster
Trauma und Persönlichkeitsstörungen Wolfgang Wöller Heinrich-­‐Heine-­‐Universität Düsseldorf Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Persönlichkeitsstörungen als
Bindungsstörungen
§  Borderline-PS
§  unsicher-ambivalente Bindungsstile (Buchheim 2011;
Fonagy et al. 1996; Levy et al. 2006, 2011; Timmerman u. Emmelkamp
2006)
§  unsicher-desorganisierte Bindungsmuster
(„unresolved“) (Agrawal et al., 2004, Fonagy et al., 1996, 2000;
Patrick et al. 1994)
§  Übrige Persönlichkeitsstörungen
§  dissoziale PS: überwiegend unsicher-distanzierte
Bindungsstile (Timmerman u. Emmelkamp 2006).
§  Clusters C-PS: überwiegend unsicher-ambivalente
Bindungsmuster (Rosenstein & Horowitz 1996, West u. Sheldon
1988).
Desorganisierte Bindungen
§  entstehen, wenn die Bindungsfigur gleichzeitig
die Quelle von Trost und Angst ist (Main u. Hesse
1990).
§  Bindungsdesorganisation ist das Ergebnis einer
gleichzeitigen Aktivierung des Bindungs- und des
Bedrohungssystems gegenüber der gleichen
Bezugsperson (Lyons-Ruth u. Jacobvitz 2008).
§  Annäherungs-Vermeidungskonflikt, der die
Informationsverarbeitung und Problemlösung stört
à Hemmung der Mentalisierungsfunktion durch die
Aktivierung des Bedrohungs-Abwehr (fight-flightSystem)
Psychodynamische Therapieansätze
bei Persönlichkeitsstörungen
§  Übertragungsfokussierende Psychotherapie
(TFP) für Borderline-Patienten (Kernberg 1993;
Clarkin et al. 2001)
§  Psychoanalytisch-interaktionelle
Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994)
§  Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004)
§  Mentalisierungsbasierte Psychotherapie für
Borderline-Patienten (Bateman u. Fonagy 2004)
Übertragungsfokussierte
Psychotherapie (TFP) für BorderlinePatienten (Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001)
§  Ziele: §  Integra.on der gespaltene Repräsentanzenwelt §  Pathogene „nur gute“ und „nur böse Teilselbst-­‐ und Teilobjektrepräsentanzen à integrierte Selbst-­‐ und Objektrepräsentanzen §  Analyse unreifer Abwehrmechanismen à realitätsadäquateren Sicht von sich und ihren wich.gsten Bezugspersonen à Verbesserung der Bindungs-­‐ und Beziehungsfähigkeit Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) für Borderline-Patienten
(Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001)
§  Vorgehen: §  Konzentra.on auf die Analyse der Übertragung §  Philosophie: innere Welt der Objektbeziehungen und unreife Abwehrmechanismen manifes.eren sich in besonderem Maße in der Übertragungsbeziehung und sind dort therapeu.sch gut beeinflussbar §  Fokussierung und Klarifizierung der sich in der Übertragung darstellenden dominanten Objektbeziehungsmuster §  Pa.enten und Therapeuten in wechselnder Täter-­‐ und Opferposi.on Psychoananalytisch-interaktionelle
Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994)
§  Ziele §  Nachreifung der gestörten Ich-­‐Funk.onen §  Differenzierung ihrer Selbst-­‐ und Objektrepräsentanzen §  basal gestörten Teil-­‐Objektbeziehungen à ganzheitlichen Objektbeziehungen zu gelangen §  Einleitung gutar.ger Internalisierungsprozesse §  pathogene Introjekte sollen durch gutar.ge ersetzt werden Psychoanalytisch-interaktionelle
Psychotherapie (Heigl-Evers u. Ott 1994)
§  Therapeutische Haltung:
§  Die Therapeutin steht der Patientin als reale Person
„antwortend“ zur Verfügung
§  Übernahme von Hilfs-Ich-Funktionen:
§  Vermittlung und Einübung realer Fähigkeiten der
interpersonellen Interaktion
§  „Prinzip Antwort“:
§  „selektiv-authentische“ Mitteilung eigener
Gefühlsreaktionen und der vermuteten oder
wahrscheinlichen Gefühlsantworten alltäglicher
Interaktionspartner
Strukturbezogene Psychotherapie
(Rudolf 2004)
§  Ziel:
§  nicht das Verstehen der Störung im Hinblick
auf ihre Konfliktdynamik und biographische
Bedingtheit,
§  sondern der veränderte Umgang des
Patienten mit seinen Ich-FunktionsDefiziten.
Strukturbezogene Psychotherapie
(Rudolf 2004)
§  Vorgehen: Den Pa.enten anleiten §  das Verhalten und Erleben als Muster sehen zu lernen §  das Muster als etwas biografisch Gewachsenes zu akzep.eren, das auch Bewäl.gungsversuche beinhaltet §  die heu.ge Funk.onalität/Dysfunk.onalität des Verhaltensmusters zu untersuchen §  das Verhaltensmuster als etwas eigenes akzep.eren und Verantwortung dafür zu übernehmen §  alterna.ve Möglichkeiten zu erproben. Mentalisierungsbasierte Psychotherapie für
Borderline-Patienten (Bateman u. Fonagy 2004)
§  Behandlungsziele §  Iden.fika.on und adäquater Ausdruck von Affekten §  Entwicklung stabiler innerer Repräsentanzen §  Bildung eines kohärenten Selbstgefühls §  Förderung der Fähigkeit, sichere Bindungen herzustellen. Psychodynamisch-imaginative
Psychotherapie (PITT) für
komplexe Traumafolgestörungen
(Reddemann 2011, Sachsse 2010)
§  Phasenorien.erung §  Imagina.ve Techniken zur Stabilisierung und Traumabearbeitung §  Keine ausschließliche Heilung durch Beziehung §  Nachbeelterung auf der inneren Bühne §  Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen Psychodynamische Therapieansätze bei
Persönlichkeitsstörungen
Evidenz auf der Basis von Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) für BPS RCT Psa.interak.onelle Psychotherapie (Heigl-­‐Evers u. OM 1994) Strukturbezogene
Psychotherapie (Rudolf 2004) Mentalisierungsbasierte PT für BPS (Bateman u. Fonagy 2004) kontrollier-­‐ Leichsenring ten Studien (2008) (Kernberg 1993; Clarkin et al. 2001) Clarkin et al. (2007) kontrollier-­‐ Rudolf et al. ten Studie (2004) RCT Bateman & Fonagy (2002) Psychodynamische Therapieansätze bei
komplexen Traumafolgestörungen
Evidenz auf der Basis von PITT (Psychodynamischimaginative Traumatherapie (Reddemann
2011; Sachse 2010) kontrollier-­‐ Sachsse et al.
ten Studien 2006; Lampe et
al. 2008, Kruse
et al. 2010) 40 . Ressourcenbasierte Pychodynamische Therapie (RPT) zur Behandlung von Pa.enten mit traumaassoziierten Persönlichkeitsstörungen Zielgruppen des Konzepts
§  Primäre Zielgruppe: Persönlichkeitsstörungen
mit Komorbidität
§  einer Posttraumatischen Belastungsstörung (i. S.
d. ICD-10) und/oder
§  einer dissoziativen Störung
§  in zweiter Linie:
§  Persönlichkeitsstörung ohne komorbide
Posttraumatische Belastungsstörung oder
dissoziative Störung
42 . Ressourcenbasierte Pychodynamische Therapie (RPT) zur Behandlung von Pa.enten mit Borderline-­‐
Persönlichkeitsstörung Allgemeines Spezifika der Beziehungsgestaltung Komorbide Störungen Familien-­‐ und paartherapeu.sche Aspekte §  Sta.onäre Psychotherapie
§ 
§ 
§ 
§ 
Phasenorientiertes Therapiekonzept
1.
Sicherheit, Halt und die Stärkung der
Bewältigungskompetenz
2.
Emotionsregulierung und Selbstfürsorge
3.
Mentalisierung und die Entwicklung stabiler
Repräsentanzen
4.
Schonende Traumabearbeitung
5.
Konfliktorientiertes Arbeiten an maladaptiven
Verhaltensmustern
Phase 1:
Sicherheit, Halt und die Stärkung der
Bewältigungskompetenz
Externe Emotionsregulierung zur
Reduktion des erhöhten Bedrohungserlebens: Maximaler Kontrast zur
traumatischen Situation
Traumatische Situation
Therapeutische Situation
Bedrohung, Unsicherheit
Kontrollverlust
Verwirrung, Intransparenz
Alleingelassensein
Sicherheit
Kontrolle
Aufklärung, Transparenz
reale Präsenz
Sicherheit
§  Äußere Sicherheit (Täterkontakte?)
§  Soziale Sicherheit
§  Sicherheitsgefühl in der therapeutischen
Beziehung
§  Bedingungen der Behandlungssituation (z.B.
Sitzanordnung)
§  Antizipation des Unsicherheitsgefühls der
Patienten
Kontrolle
§  Kontrollbedürfnis der Patienten respektieren
§  Einbezug der Patientin in therapeutische
Entscheidungen
§  Wahlmöglicheiten anbieten
§  fortgesetztes Einholen des Einverständnisses
der Patientin
Therapeutische Haltung
§ 
Antiregressives Beziehungsangebot mit
Stärkung der Eigenverantwortung der Pat.
à  Vermittlung von Bindungssicherheit, jedoch
möglichst geringe Aktivierung des NotfallBindungssystems zur Erhaltung der
Mentalisierungsfunktion
à  möglichst geringe Aktivierung von Retter- oder
Täterübertragungen
à  dadurch geringere emotionale Belastung der
Therapeuten
Zusammenhang zwischen
Mentalisierungsfunktion und
Emotionsregulierung
§  Die Fähigkeit zur Mentalisierung ist in hohem
Maße von der Qualität der Emotionsregulierung
abhängig.
§  emotionaler Dysregulation à potenziell vieldeutige
Verhaltensweisen anderer Menschen werden
vorschnell im Sinne einer gegen die eigene Person
gerichteten Schädigungsabsicht interpretiert
§  Verstärkung des Bedrohungserlebens bei
eingeschränkter Mentalisierungsfunktion
„Individuals with borderline personality disorder are normal mentalizers except in the context of a=achment rela'onships.“ (Fonagy & Bateman 2007) Fonagy P, Bateman AW (2007). Mentalizing and borderline personality disorder. J Ment Health; 16(1): 83 – 101. Inverse Beziehung zwischen Mentalisierungsfunktion und Aktivierung des Bindungssystems
§  Aktivierung des Notfall-Bindungssystems hemmt die
Mentalisierungsfähigkeit normaler Erwachsener (Bartels u .
Zeki 2004, Mikulincer u. Shaver 2007).
§  Sicher gebundene Personen: Mentalisierungsfunktion
(präfrontale Aktivität) bleibt auch bei aktiviertem
Bindungssystem erhalten
§  Bei unsicher gebundenenen Personen wird die
Mentalisierungsfunktion um so stärker deaktiviert, je
mehr das Bindungssystem aktiviert ist.
à Borderline: Tendenz zur schnellen Aufnahme enttäuschend
verlaufender Beziehungen
à Therapeutische Konsequenz: Deaktivierung des stark
aktivierten Bindungssystem, um die Mentalisierungsfunktion zu
stärken (Levy et al. 2011)
Unterstützende Techniken zur
Reduktion des Bedrohungs- und
Spannungserlebens
§ 
Bilaterale Stimulationstechniken
§  („Butterfly-Hug“)
§ 
Klopftechniken der energetischen
Psychologie
§  Klopfroutinen mit Stimulation
definierter Akupunktur-Punkte (Gallo; TFT
nach Callahan etc.)
53 . Ressourcenbasierte Pychodynamische Therapie (RPT) zur Behandlung von Pa.enten mit traumaassoziierten Persönlichkeitsstörungen Einteilung der Ressourcen
nach Smith & Grawe (2003)
interpersonale intrapsychische •  z.B. wert-­‐
schätzende Beziehungen •  z.B. soziale Kompetenzen mo.va.onale potenziale • Ziele zur Erreichung von Grund-­‐
bedürfnissen • Kompetenzen zur Erreichung von Grundbedürfnissen Definition von Ressourcen
nach Nestmann (1996)
§  "Letztlich alles, was von einer bestimmten
Person (ohne selbstschädigend zu sein) in
einer bestimmten Situation wertgeschätzt wird
oder als hilfreich erlebt wird, kann als eine
Ressource betrachtet werden.”
Als Ressource kann alles genutzt werden, was einen posi.ven Körperstate hervorruv! Ressourcenaktivierung
§ 
§ 
Aktivierung bisheriger Bewältigungsformen
Aktives Herbeiführen von State-Wechseln im
Sinne positiver emotionaler Zustände durch
§  positive Aktivitäten
§  Aktivierung positiver Erinnerungsbilder
§  imaginative Techniken
Ressourcen- und Traumadiagnostik
§  zu Behandlungsbeginn §  ressourcenreiche Momente des Lebens, Stärken, Fähigkeiten und hilfreiche Beziehungen explorieren §  Bewäl.gungsstrategien der Gegenwart und Vergangenheit erfragen §  Keine ver.eve Explora.on trauma.scher Ereignisse §  spontanes Berichten trauma.scher Erfahrungen eher begrenzen Ressourcen- und Traumadiagnostik
§  bei tragfähiger therapeu.scher Beziehung und ausreichender Emo.onskontrolle §  mit der Erfassung von Alltagsstressoren beginnen §  bei Kindheitstraumen subjek.ven Belastungsgrad der Befragung und der Inhalte abschätzen §  Pa.en.n bes.mmen lassen, ob und was sie erzählt §  Distanzierungstechniken vermiMeln §  in der Phase der Traumabearbeitung §  Erfragen von Details nur soweit notwendig Perspektive reiferer und unreiferer
Persönlichkeitsanteile
§  Aus ressoucenorien.erter Sicht sollen persönlich-­‐
keitsgestörte Menschen nicht über ihre unreifen oder destruk.ven Persönlichkeitsanteile definiert werden, selbst dann nicht, wenn diese aktuell sehr dominant sind. §  Kontextabhängigkeit des Reifenniveaus §  Referenzpunkte ist das reifste Organisa.onsniveau Perspektive reiferer und unreiferer
Persönlichkeitsanteile
§  ... hilft persönlichkeitsgestörte Patienten nicht
ausschließlich über den momentan
aktualisierten Zustand als Person zu definieren
§  unter auslösenden Bedingungen Rückgriff auf
regressive Erlebens- und Verhaltensmuster
§  Rettungswünsche und Vernichtungsängste (z.B.
Kleinkind)
§  Wutreaktionen (z.B. größeres Kind)
§  Heftige Entwertungen und gewaltsame Handlungen
(z.B. pubertär, adoleszent)
Regeln, Vereinbarungen, Verträge
§ 
zum Schutz der Patientin, der Therapeutin
und der Therapie vor destruktiven Persönlichkeitsanteilen
§ 
Einbezug der Patienten bei der Erarbeitung
von Vereinbarungen und Therapieverträgen
(„Schlupflöcher“)
Regeln, Vereinbarungen, Verträge
§ 
zum Schutz der Patientin, der Therapeutin
und der Therapie vor destruktiven Persönlichkeitsanteilen
§ 
Einbezug der Patienten bei der Erarbeitung
von Vereinbarungen und Therapieverträgen
(„Schlupflöcher“)
Phase 2:
Emotionsregulierung und
Selbstfürsorge
Selbstwahrnehmung fördern
§  Kein unmiMelbares Handeln, sondern durch Selbstexplora.on des gegenwär.gen Erlebens §  erkennen, dass das aktuelle Erleben nicht die Gegenwart widerspiegelt, sondern einem früheren Zustand zuzuordnen ist §  „Sor.eren“ des Affekts: Anteile der Gegenwart vs. Anteile der Vergangenheit Förderung der Affektwahrnehmung
und Affektdifferenzierung
§ 
§ 
Differenzierung von Vergangenheits- und
Gegenwartsanteilen undifferenzierter
Affektzustände
Imaginatives „Wegpacken“ der
Vergangenheitsanteile
Förderung der Selbstfürsorge
§ 
§ 
§ 
§ 
§ 
Arbeit an verinnerlichten Verboten
Bestätigung, dass Selbstfürsorge erlaubt ist
Mahnung, dass Selbstfürsorge geboten ist
Hilfe beim Einüben („was tut Ihnen gut?“)
Konkrete Möglichkeiten selbstfürsorglichen
Umgangs nennen
Emotionsregulierung: Pendeltechnik
§ 
Ausgiebige Aktivierung von Ressourcen-States
§  Positives Erinnerungsbild oder
Imagination
§  Positives Körpergefühl
im Wechsel mit
§ 
ultrakurzer Aktivierung des negativ-emotionalen
Trauma-States
§ 
Ggf. in Verbindung mit Distanzierungstechniken
(Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998; Reddemann et al. 2011, Knipe
2011)
Emotionsregulierung: Pendeltechnik
§ 
Verankerung der Ressourcen-States mit
§ 
§ 
bilateraler Stimulation: 5-6 langsame
Augenbewegungen/Tappings
Langsame Steigerung der Expositionszeit
negativer States
Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998; Reddemann et al.
2011;
Knipe 2011: CIPOS (Constant Installation of of Present
Orientation and Safety)
Phase 3:
Mentalisierung und die Entwicklung
stabiler Repräsentanzen
Ich-Funktionsdefizite
§  Eingeschränkte Fähigkeit zu ...
§  Impulskontrolle
§  Kognitive Funktionen, u.a. Mentalisierung
§  Objektkonstanz
§  Erzeugung kohärenter Narrative
§  Lösung interpersoneller Konflikte
§  Inanspruchnahme von Hilfe
§  Abgrenzung von schädigenden Interaktionen
§  Artikulation eigener Bedürfnisse
§  Motivation zu konstanter Arbeit
Allgemeines zu Ich-Funktionsdefiziten
§  Kompetenzen wurden in einem beziehungstraumatischen Umfeld nicht ausreichend erlernt
§  Kompetenzen sind andauernd oder vorübergehend situations- und kontextabhängig nicht
verfügbar
§  als Folge eines allgemein verminderten
Kompetenzgefühls
§  als Folge einer Blockade durch verinnerlichte
Verbote
Aufbau spezifischer Ich-Funktionen mit
Hilfe ressourcenaktivierender Techniken
§  Wie hoch ist die subjektive Belastung durch den aktuellen
Stressor? (SUD 1-10).
§  Welche Fähigkeit/Kompetenz brauchen Sie zur Bewältigung des aktuellen Stressors?
§  Wann in Ihrem Leben stand Ihnen diese Kompetenz
einmal zur Verfügung?
§  Erinnern Sie diese Situation möglichst lebendig. Spüren
Sie auch das zugehörige positive Körpergefühl.
§  Verankerung der Ressourcenerinnerung und des positiven
Körpergefühls mittels Stimulationstechniken
§  Wie hoch ist die subjektive Stressbelastung jetzt?
Arbeit mit dem „Inneren Kind“
§ 
§ 
Mitarbeit der akzeptierenden und nicht
verurteilenden Erwachsenenanteile
gewinnen
Mit dem „inneren Kind“ in Kontakt treten
§ 
§ 
§ 
§ 
vorsichtige Annäherung an das „Kind“
ressourcenreiche Seiten des „Kindes“ nutzen
Ängste vor den negativen Seiten „Kindes“
bearbeiten
die erwachsene Person auffordern, dem
„Kind“ entsprechend seinem „Lebensalter“
das zu geben, was es braucht
Von der Identifikation mit dem kindlichen Anteil
zur Arbeit mit dem „Inneren Kind“
§ 
kindliche Identifikation (d.h. Identifikation der
Gesamtperson mit dem kindlichen
Persönlichkeitsanteil) erkennen
§ 
§ 
§ 
evtl. inneren Beobachter zu Rate ziehen
Erwachsenenperspektive einnehmen
kindlichen Persönlichkeitsanteil versorgen
Phase 4:
Schonende Traumabearbeitung
Interventionen auf der Basis des Modells
der adaptiven Informationsverarbeitung
§  Ziel: Verarbeitung dysfunktionaler Erinnerungen
durch Einbindung in funktionale Netzwerke
§  Voraussetzung: Es müssen genügend funktionale
Netzwerke vorhanden sein
§  Traumaspefische Stabilisierung: Aktivierung
funktionaler Netzwerke („Ressourcennetzwerke“)
§  Traumabearbeitung: Verknüpfung der
dysfunktionalen Erinnerungen mit funktionalen
Netzwerken
Modell der adaptiven Informationsverarbeitung (Shapiro 2002, S. 28) §  Physiologisches Informationssystem
§  sorgt für Assimilation des Erlebten
§  integriert sensorische Eindrücke in ein assoziiertes
Erinnerungsnetzwerk
§  Trauma stört das Informationssystem
§  à Wahrnehmungen
werden gespeichert, wie sie
aufgenommen wurden, d.h. mit den durch den
Erregungszustand verursachten Verzerrungen
§  à unverarbeitete Erinnerungen lösen dysfunktionale
Reaktionen aus und verhindern adäquates Lernen
79 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Modell der adapJven InformaJons-­‐verarbeitung (AiP-­‐Modell) (Shapiro 2002) §  liefert ein modellhaftes Verständnis der
Prozesse, die bei der Anwendung traumakonfrontativer Methoden (z.B. EMDR) ablaufen
§  nicht nur bei PTBS und nicht nur bei Traumen
i.e.S., sondern auch bei Alltagsbelastungen mit
traumatischem Hintergrund
§  gut mit neurobiologischen Theorien kompatibel
§  Modifikation von Erinnerungen im
Rekonsolidierungsprozess
80 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Störungs- und Therapiemodelle in der
psychodynamischen Therapie
Störungsmodell Therapiemodell Modell des unbewussten Konfliktes („Konfliktmodell“) Bewusstmachung unbewusster Konflikte Modell des strukturellen Defizits („Strukturmodell“) Nachentwicklung defizitärer Ich-­‐
Funk.onen Trauma-­‐Modell ?????? ??????????? 81 Mögliche Defizite der
psychodynamischen Krankheitslehre
und Behandlungstheorie?
Rhein-­‐Klinik Bad Honnef §  ausschließliche Bezugnahme auf die Krankheitsund Behandlungstheorien der Psa. wird
zunehmend als nicht ausreichend angesehen
§  Krankheitstheorie: oft unzureichende
Kompatibilität mit neurobiologischen Befunden
§  Behandlungstheorie: Lücken insbes. bei
traumaassoziierten Störungen
§  Unreflektierte Übernahme psa-fremder krankheitsoder behandlungstheoretischer Elemente wirft
Fragen der theoretischen Integration auf
82 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Problematik einer nicht integrierten
Trauma-Perspektive
§  Universalitätsanspruch
§  Klinische Phänomene werden nur noch unter dem
Trauma-Aspekt gesehen
§  Bruch der theoretischen Ebene beim Auftreten
von Traumaphänomenen
§  Abbruch der psychodynamischen Hypothesenbildung
und unvermittelter Übergang in neurobiologische
Erklärungsmuster
§  „überaktive Amygdala“, „deaktivierter
präfrontaler Cortex“ etc.
§  Vernachlässigung der konflikt- und strukturbezogenen
Aspekte psychischer Traumatisierungen
83 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Zusammenfassung der Problembereiche
bei Traumaphänomenen
§  Lücken des behandlungstheore.schen Repertoire bei §  PTBS §  hoch stressbelasteten Alltagskonflikten mit assozia.ver Verbindung zu Kindheitstrauma.sierungen §  dissozia.ven Störungen §  Eklek.sche Integra.on traumatherapeu.scher Elemente in psychodynamische Therapien §  ohne angemessene theore.sche Integra.on und ov mit „schlechtem Gewissen“ §  Brüche der logischen und sprachlichen Ebenen §  teilweise Universalitätsanspruch traumatherapeu.scher Methoden beim Auvreten von Traumaphänomenen 84 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Störungs- und Therapiemodelle in der
psychodynamischen Therapie
Störungsmodell Therapiemodell Modell des unbewussten Konfliktes („Konfliktmodell“) Modell des strukturellen Defizits („Strukturmodell“) Bewusstmachung des unbewussten Konfliktes (freie Assozia.on, Sicherheit, Abwehranalyse) -­‐ Nachentwicklung defizitärer Ich-­‐
Funk.onen -­‐ Ak.vierung adap.ver Netzwerke Modell der Assozia.onsstörung („Assozia.onsmodell“) Assozia.on unverarbeiteter psychischer Inhalte an die Repräsentanzen des Alltagslebens Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Konfliktmodell-­‐-­‐-­‐à 85 Stukturmodell -­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐à 86 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef „Assoziations-Modell“
§  „Assozia.on dissoziierter psychischer Inhalte“ §  Das Modell nimmt an: §  Im Normalfall besteht die Möglichkeit, §  psychische Inhalte (Sinneseindrücke, Körperwahr-­‐
nehmungen, Kogni.onen) aus emo.onal hoch belastenden bzw. bedrohlichen (Objekt-­‐)Beziehungs-­‐
erfahrungen so an die Repräsentanzen der Gedanken-­‐, Gefühls-­‐ und Beziehungswelt des Alltagslebens zu assoziieren, §  dass diese Erfahrungen zwar als früher belastend, aber auch aus der gegenwär.gen Perspek.ve als abgeschlossenes Geschehen und als nicht mehr unmiMelbar belastend wahrgenommen werden. 87 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Dies kann beispielsweise geschehen, §  wenn sich die Repräsentanz der Erfahrung, einen schmerzhaven Verlust erliMen oder eine lebensbedrohliche Situa.on überstanden zu haben, mit der Repräsentanz der Erfahrung von Unterstützung und Verständnis in einer hilfreichen Beziehung der Gegenwart verbindet §  und somit eher mit einem entlastenden Gefühl bzw. einer posi.ven Wertung und nicht mehr mit subjek.v überwäl.gendem Stress einhergeht. 88 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Die Repräsentanz des schmerzhaven Verlusterlebens oder der überstandenen Lebensbedrohung wird dann mehr und mehr zu einem Teil der umfassenderen Repräsentanz der posi.ven Beziehungserfahrung. §  Der Begriff der „(Objekt-­‐)Beziehung“ ist hier in einem erweiterten Sinne zu verstehen, indem auch Erfahrungen der Ohnmacht durch Naturkatastrophen oder Unfälle eingeschlossen sind. 89 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Diese Möglichkeit, psychische Inhalte aus emo.onal hoch belastendenden bzw. bedrohlichen (Objekt-­‐)Beziehungs-­‐
erfahrungen an die Repräsentanzen der Gedanken-­‐, Gefühls-­‐ und Beziehungswelt des Alltagslebens zu assoziieren, kann außer Krav gesetzt sein, §  wenn die Repräsentanz der belastenden bzw. bedrohlichen Beziehungserfahrung sehr stark und §  die Repräsentanzen posi.ver Beziehungserfahrungen des Alltagslebens im Vergleich dazu nur schwach ausgebildet sind. §  Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Verlust-­‐ oder Bedrohungserfahrung überwäl.gend ist, und die Möglichkeit Unterstützung und Verständnis zu erhalten, aus inneren oder äußeren Gründen unzureichend gegeben ist. 90 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Das Aussetzen der Assozia.onsvorganges häMe dann die Funk.on, §  die zwar schwach ausgebildete, für die Bewäl.gung des Alltagslebens jedoch unentbehrliche hinreichend gute Repräsentanzenwelt vor einer möglichen Desintegra.on zu schützen und §  dem Selbst die Vorstellung eines sicheren, vorhersagbaren und geordneten Lebens zu erhalten. 91 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Die belastenden oder bedrohlichen psychischen Inhalte bleiben ohne symbolische Repräsentanz außerhalb der Repräsentanzenwelt des Alltagslebens §  in Form hoch stressbelasteter Erinnerungsfragmente, Körperempfindungen, Gefühle, Kogni.onen und Perspek.ven auf sich selbst und auf die Welt präsent und §  brechen unter bes.mmten auslösenden Bedingungen in das Alltagsbewusstsein ein. 92 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Das Modell nimmt weiter an, dass spezifische Interven.onen in der Lage sind, einen weniger dysfunk.onalen Assozia.onsprozess in Gang zu bringen. 93 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Das „Assozia.ons-­‐Modell“ ist nicht nur gut mit Modell-­‐
vorstellungen und Befunden der neueren Gedächtnis-­‐
forschung kompa.bel, §  insbesondere solchen, die sich auf die Modifika.on von Erinnerungen im Rekonsolidierungsprozess beziehen (2005). §  Es bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die Wirkungsweise ressourcenorien.erter traumaspezifischer Stabilisierung im Kontext der psychodynamischen Behandlungstheorie zu beschreiben: §  als Assozia.on von Repräsentanzen früherer posi.ver (Objekt)-­‐
Beziehungserfahrungen an die Repräsentanzen der Gedanken-­‐, Gefühls-­‐, Beziehungsund Körperwelt des Alltagslebens. 94 Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Assoziations-Modell
§  Möglichkeit der Prüfung von Modellannahmen, mit welchem therapeu.schen Vorgehen die Assozia.on bedrohlicher Inhalte an die Repräsentanzenwelt des Alltagslebens am zweckmäßigsten gefördert werde kann §  z.B. „bifokalen Aufmerksamkeit“ (Hofmann 2014) §  Aufmerksamkeit wird wiederholt und gleichzei.g gerichtet §  auf die bedrohlichen Inhalte §  und auf aktuelle Sinneswahrnehmungen oder Vorstellungen (= Erleben von Sicherheit, Kontrolle und therapeu.scher Hilfe im Hier-­‐und-­‐Jetzt als Ausdruck einer hinreichend posi.ven Beziehungserfahrung) Rhein-­‐Klinik Bad Honnef Konfliktmodell-­‐-­‐-­‐à 95 Stukturmodell -­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐à EMDR (Eye Movement Desensitization
and Reprocessing) (Shapiro 1989)
§  Identifikation der traumatischen Szene sowie der
zugehörigen stehenden negativen Überzeugung über
die eigene Person
§  Prozessieren der traumatischen Szene durch
„bilaterale Stimulation“
§  Sequenzen von 20-30 seitenalternierenden
Augenbewegungen (oder akustischen bzw.
haptischen Reizen) unter Beachtung unter
Beachtung des subjektiven Erlebens des Patienten
und der Körperempfindungen
à Reduktion der subjektiven Stressbelastung der
traumatischen Szene
à Modifikation der negativen Überzeugungen
EMDR
§  Ideal bei einfacher PTBS nach Monotraumen bei
prämorbid gesunden Patienten
§  Beachtung der Indikationskriterien und der
Kontraindikationen
§  Gefahr der Retraumatisierung bei nicht sachgemäßer
Anwendung, inbes. bei
§  unzureichender Stabilität des Patienten
§  schwerer dissoziativer Komorbidität
§  anhaltendem Täterkontakt mit Traumatisierungsrisiko
Schonende Traumabearbeitung
§ 
Ausgiebige Ressourcenaktivierung im Wechsel mit
ultrakurzer Traumaexposition
§  Pendeltechnik (Fine u. Berkowitz 2001; Levine 1998)
§  CIPOS (Constant Installation of of Present
Orientation and Safety) (Knipe 2011)
ê
§ 
EMDR im „umgekehrten“ Standardprotokoll (Hofmann
2001)
§ 
§ 
Beginn mit klar umschriebenen und gut
erinnerbaren Traumen oder belastenden
Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit
Arbeit mit persönlichkeitsspezifischen
Alltagsstressoren
5
Phase 5:
Konfliktorientiertes Arbeiten an
maladaptiven Verhaltensmustern
Konfliktorientierte Arbeit
§ 
§ 
§ 
§ 
§ 
Arbeit an unbewussten Konflikten
Klarifizierung, Konfrontation, Deutung von
unbewussten Inszenierungen zur Abwehr
früher Ängste
Analyse früher Abwehrmechanismen
thematische Fokussierung von Identität und
Intimität
ggf. therapeutische Nutzung von
Übertragungsphänomenen
5
Komorbide dissoziative Störungen
Dissoziative Amnesie
(„Erinnerungsaussetzer“)
§  Erinnerungsverlust
§  nicht durch übliche Vergesslichkeit oder Ermüdung
erklärbar
§  keine organische Genese
§  bezogen auf traumatische oder traumaassoziierte Ereignisse
§  für Minuten bis Stunden in der Gegenwart
§  für ganze Lebensperioden in der Vergangenheit
Depersonalisations- und
Derealisationsphänomene
§  veränderte – verzerrte oder verfremdete –
Wahrnehmung der eignen Person bzw. der
Umgebung
§  Erleben
§ 
§ 
§ 
§ 
„wie in einem Film“
„wie neben sich“
„wie durch eine Glaswand oder Nebelwand“
Verhalten als beefinde sich Pat. in einer völlig
anderen, bedrohlichen Welt voller Täter und
Verfolger
Psychodynamik dissoziaJver Symptome
§  Versuch der Abkoppelung trauma.scher Inhalte zum Schutz vor emo.onaler Überflutung und zur Sicherstellung der Alltagsfunk.onalität §  Diskon.nuität des bewussten Erlebens §  Fragmen.erung sowie Kompar.mentalisierung des Gedächtnisses (Spiegel 1997) §  gene.sch determinierte Fähigkeit zum Dissoziieren Psychodynamik dissoziaJver Symptome
§  Kontext von Bindungs-­‐ und Beziehungstrauma.sierungen §  Funk.on dissozia.ver Phänomene, die Bindungs-­‐
beziehung zu den primären Bezugspersonen trotz Misshandlung und Vernachlässigung zu erhalten §  Verrat durch eine Person, von der das Kind abhängig ist, darf nicht erinnert werden (Freyd) §  Neuere prospek.ve Langzeitstudien: §  Auch emo.onale Vernachlässigung (fehlende Responsivität und gestörte Kommunika.on der frühen Bezugspersonen sind Prädiktoren für die Entwicklung dissozia.ver Störungen im Erwachsenenalter (Dutra et al. 2009; Lyons-­‐Ruth et al. 2006). Schweregrade dissoziaJver Symptome §  flüch.ge Depersonalisa.ons-­‐ und Derealisa.ons-­‐
phänomene und „Trancen“ des Alltagslebens §  dissozia.ve Amnesien in Form leichterer oder ausgeprägter Erinnerungslücken §  schwere dissozia.ve Störungen §  schwere dissozia.ve Anfälle §  strukturellen Dissozia.onen der Persönlichkeit, z.B. Dissozia.ve Iden.tätsstörung (Boon et al. 2013; Gast 2011; Huber 2003, 2010; MaMheß 2013, MaMheß u. Schüepp 2013; van der Hart et al. 2008). Dissoziative Identitätsstörung
(sog. „Multiple Persönlichkeit“)
§  wechselnde Persönlichkeitszustände –
Identitätswechsel („Persönlichkeiten“)
§  Persönlichkeitszustände erhalten
abwechselnd die Kontrolle über die Person
§  es kann, aber muss nicht eine Amnesie für
andere „Persönlichkeiten“ bestehen
§  zu 95% schwerwiegende und oft sehr
gewaltsame Formen der körperlichen,
sexuellen und/oder emotionalen Gewalt
(Putnam 1989)
Spezifische Hinweise auf eine dissoziaJve Erkrankung (nach KluT, Putnam, Ross, Steinberg) §  Amnes.sche Lücken: Im Alltag „Zeit verlieren“ §  S.mmen im Kopf (80%) §  Verwenden von „wir“ für die eigne Person §  Bericht von anderen über (spontane) Änderung des Verhaltens §  Auvreten von getrennten oder deutlich unterschiedlichen „Persönlichkeitsanteilen“ in einem längeren Gespräch 108 Gründe für die Schwierigkeit der DiagnosJk dissoziaJver Phänomene §  Betroffene berichten selten spontan über dissozia.ve Symptome §  Pa.enten suchen Behandlung wegen Folgeproblemen bzw. Begleitsymptomen auf (Essstörungen, Depressionen) §  Dissozia.ve Symptome werden nicht als krankhav wahrgenommen §  aus Scham §  Fehlende Erinnerung an die dissozia.ve Episoden ("Amnesie für die Amnesie“) §  Ak.ves anamnes.sches Erfragen §  Screening-­‐Fragebögen (z.B. FDS-­‐Fragebogen) 109 Therapie „einfacher“ dissoziaJver Störungen
§  Stabilisierung §  Sicherheit, Kontrolle §  Ressourcenak.vierung §  Alltagsfunk.onalität verbessern §  dissozia.ve Zustände kontrollieren lernen §  pharmakologisch §  mit Hilfe von Opiatantagonisten, z.B. niedrig dosiertem Naltrexon §  schonende Traumabearbeitung DissoziaJve Zustände kontrollieren lernen §  Bereitschav und Bemühen, auf erste Anzeichen einer Änderung der Bewusstseinslage (des „Wegtretens“) zu achten §  Bereitschav und Bemühen, im „Hier und Jetzt“ bleiben zu wollen §  Hinwendung der Aufmerksamkeit auf Sinnesreize: Eisbeutel, Igelball, Düve, Klopvechniken etc. §  Nega.ve Affekte ggf. aushalten oder „wegpacken“ lernen 
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