Unterrichtsentwurf zur unterrichtspraktischen

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Studienseminar für das Lehramt Sekundarstufe I/II
Studienseminar Duisburg
Mülheim, 21. November 2006
Unterrichtsentwurf zur unterrichtspraktischen Prüfung gemäß § 34 OVP
im Fach Kunst
Raumgestaltung mit organischer Architektur am Beispiel einer Platzüberdachung.
Studienreferendar:
-------------------------Lehramt Deutsch und Kunst für Gymnasien und Gesamtschulen
Ausbildungsschule: Gymnasium -------Datum:
21. November 2006
Uhrzeit/Raum:
2. Stunde; ----
Lerngruppe
9 Kunst (24 Schüler)
Fachlehrer:
----------------
Prüfungskommission:
--------------------
1
Examensstunde Kunst
Aktuelles Kursthema:
Architektur- Raum gestalten
Thema der Unterrichtsreihe:
Gestaltung eines Innenstadtplatzes
Thema der Unterrichtsstunde:
Raumgestaltung mit organischer Architektur am Beispiel
einer Platzüberdachung
Kernanliegen der Unterrichtsstunde: Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eine
Überdachung und reflektieren diese unter funktionalen
und ästhetischen Gesichtspunkten.
Feinziele:
- Schülerinnen und Schüler erarbeiten problemorientiert
am Modell Lösungen einer Teilüberdachung eines
Platzes.
- Sie arbeiten am Modell und an der Zeichnung in einer
Gruppe (Sozialkompetenz).
- Sie übertragen ihre Ideen (auch aus den Zeichnungen)
in
eine
dreidimensionale
Modellform
(Transfer).
- Sie erweitern ihre Erfahrungen in Bezug auf die
Nylonnetzstoffe (Materialerfahrung), deren funktionelle
(ggf. auch ästhetische) Wirkung und können dieses
Material in ihr eigenes Stadtplatz-Modell integrieren
(Anbindung an bisheriges Wissen/Rückbindung zur
Hauptarbeit der Klasse).
Lernvoraussetzungen/ Einbindung in die Sequenz
2
Die Lerngruppe besteht aus knapp zwei Dutzend Schülerinnen und Schülern. Bisher fiel auf,
dass die Motivationslage und auch die individuelle Arbeitsgeschwindigkeit der Klasse sehr
heterogen ist. Im Kurs sind einige Schülerinnen und Schüler, die sich im Unterricht von sich
aus wenig beteiligen, das Klassenklima ist mäßig, Hausaufgaben wurden am Beginn des
Schuljahres mehrfach vergessen, was z.B. zu der Einführung einer Sanktionsliste führte. Im
ersten Quartal wurde das perspektivische Zeichnen erarbeitet. Da bereits in den Zeichnungen
geometrische Formen (z.B. als Rechtecke in Fluchtpunktperspektive) auftauchten, entschied
ich mich, das vom Hauscurriculum vorgeschriebene plastisch-räumliche Arbeiten zunächst
auf dem Weg geometrisierender Architektur anzugehen.
Durch das neue Thema war die Motivation spürbar besser, was sicherlich auch an der
attraktiven Technik lag, die schnelles Umsetzen von Zeichnungen in plastische Formen
erlaubte. In der ersten Doppelstunde der Reihe entwarfen die Schülerinnen und Schüler nach
selbst entwickelten Leitlinien (Verkehrsfunktion/Erholungsfunktion/...1) einen Aufsichtsplan
eines Innenstadtplatzes und setzten ihn (zu zweit oder zu dritt) im Weiteren zum Teil über
Schablonen oder frei auf einer Styropor-Grundplatte zunächst in ein Grundrelief um. Dabei
wurden von der Gruppe drei Materialien verabredet: Styropor (zugeschnitten mittels
elektrischem Konstantan-Schneidegerät), Pappe und Holzspieße (zum Stecken sowie als
sichtbares Gestaltungsmittel). Mit dieser Stunde wird dieser Materialkanon um den
Nylonnetzstrumpf erweitert.
Zum Arbeitsstand: In der letzten Doppelstunde wurden Möglichkeiten erarbeitet, die Gebäude
durch Wahl der Fassade und der Dachform jenseits einer stereotypen „Blockform“
auszuarbeiten, gestaltungspraktisch wurden von einigen Gruppen bereits erste Bepflanzungen
(getrocknete Pflanzenteile), Wege (aus Pappe) aufgebracht, die meisten arbeiteten noch an der
Grundplatte. Die Gebäude (Styropor, zum Teil Pappe) sind größtenteils zwar in Planung, aber
noch nicht umgesetzt.
Bei der Rezeption/Reflexion ist der Kurs eher schwach, am besten gelangen bisher an
konkreten Problemen orientierte Ansätze z.B. zur optimalen Wegeführung auf einem Platz,
was hier auch die Stundenplanung beeinflusste.
1
Die Funktionalität stand bislang deutlich im Vordergrund, was der Lerngruppe zum größeren Teil entgegen
kam und auch die ersten Stunden im Gestaltungsprozess geprägt hatte. In Abgrenzung von Aufgaben á la
„Bau dein Traumhaus“ ist das Nachdenken über Funktion notwendig, vgl. M. Ziegler: Architektur macht
Schule. in: KUNST&UNTERRICHT (293/2005); S. 5
3
Didaktisch-methodische Überlegungen / Sachanalyse
Der Einstieg erfolgt in der Konfrontation mit einem gestalterischen Problem, einer Vorgabe
und einem neuen Material. Die Vorgabe ist ein (der Kursarbeit ähnlicher) Innenstadtplatz als
Styropormodell plus Aufsichtsplan, der allerdings weniger Details als die meisten der
Schüler-Versionen hat und insgesamt größer ist, um dem praktischen Arbeiten und der
optischen Anschaulichkeit in den Reflexionsphasen entgegen zu kommen. Die Aufgabe ist
eine „Teilüberdachung“ des Platzes und das Material ist auf der Modellebene Spieße, Nylon
und Nadeln. Pate stand dabei nach längerer Auswahl der deutsche Architekt Frei Otto 2, da
dessen Konstruktionen von Seilnetzflächen gut als Außenarchitektur-Element in eine
Platzsituation einbettbar sind.
Die Materialerfahrung des Nylonnetzstrumpfes ist zunächst eine andere als die des Styropors,
sowohl was die haptische Qualität, Volumina und Formbarkeit3 als auch im Umgang. Bisher
stand mit dem Styropor(ab)schneiden quasi ein abtragend-skulpturales Arbeiten im
Vordergrund, nun wird aufbauend plastiziert. Gleichzeitig erfüllt die Kombination aus den
(bekannten) Spießen und dem Nylon auch ein für die Stunde wichtige Veränderbarkeit, - die
Bauschritte können jederzeit recht einfach rückgängig, die Aufstellung geändert werden, was
beim Styropor nicht so einfach geht.
Da Materialerfahrung auch zu neuen Ideen führen kann und nicht nur Ideen zur Suche nach
neuen Materialien führt4, werden die Schülerinnen und Schüler auch aufgefordert, das
Material auszuprobieren (Dehnen, Aufspannen), bevor sie es einsetzen.
Der Auftrag wird zunächst mit einem Vorschlag zur Arbeitsweise und ein Zeitlimit gegeben:
-Material ausprobieren/in die Hand nehmen, Modell ansehen; Diskutieren, wo eine
Überdachung sinnvoll ist und wie sie auszuführen ist (ggf. Zeichnung anfertigen); Bauen.
Zudem muss jeder aus der Gruppe über den Prozess und die Begründung der Überdachung
Bescheid wissen, die Präsentation übernehmen können, damit sich in der Gruppe keine
„Verantwortungsdiffusion“ abspielt.
2
3
4
Frei Otto: Natürliche Konstruktionen. DVA. Stuttgart 1982
Diese Kriterien werden auch vom Lehrplan für die Aufgabeneinführung vorgeschlagen; symptomatisch für
die Einseitigkeit des jetzigen SekI-Lehrplans allerdings nicht an Architektur oder Plastik, sondern an Bildern
(!) vgl. Richtlinien und Lehrpläne für die Sek.I an Gymnasien/Gesamtschulen – Kunst, Düsseldorf 1993; S.
57
vgl.: Richtlinien und Lehrpläne für die Sek.I an Gymnasien/Gesamtschulen – Kunst, Düsseldorf 1993; S. 39
4
Die Gruppenarbeit kann bei (lösungsoffener) Problemorientierung meiner Einschätzung nach
nicht völlig strukturell offen sein, weil die Klasse trotz Interesse am Problemlösen nicht
immer genügend Selbstkompetenz mitbringt, um z.B. Prozesse/ Schritte effektiv zu
verabreden.
Man mag auch einwenden, dass die Schülerinnen und Schüler nicht an ihrem eigenen Modell
arbeiten können, sondern an einem vom Lehrer vorgegebenen. Das liegt darin begründet, dass
sich noch nicht alle Schülerarbeiten auf einem angemessen Stand (d.h. mit fertigen Gebäuden)
befinden, um eine Überdachung zu bauen, dass die Vergleichbarkeit nicht gewährleistet ist
und dass sicherlich die notwendige Auswahl aus den etwa zwölf Einzelarbeiten eine (von der
Gruppe als positiv oder negativ empfundene5) Diskriminierung bedeutet. Das vorbereitete
Modell bietet mit der Bühne wie auch mit dem Museumseingang zwei Bereiche, in dem die
Überdachung grundsätzlich funktionell sinnvoll wäre, somit kann man hier verschiedene
Schülerlösungen in Bezug auf den Ort erwarten.
Nach der ersten Arbeitsphase werden Ergebnisse auch unterschiedlich sein, was die Qualität
der Ausführung angeht. Trotz der Möglichkeiten des Materials könnten auch Variationen
einer konventionellen Überdachung herauskommen, also z.B. Pultdächer sozusagen als
„borniertes Stereotyp“.
Für die erste Reflexionsphase möchte ich zunächst eine Beschreibung (möglichst wertneutral)
von den Schülerinnen und Schüler bekommen, damit die Unterschiede der Modelle deutlich
werden. Anschließend soll je ein Gruppenvertreter die Entscheidungen „Wo?“ und „Wie?“
darstellen.
Erst danach kann man darüber sprechen, welche Vorteile/Nachteile diese Architektur haben
könnte – vor allem in Abgrenzung zu einer kastenförmigen Festkörperarchitektur. Dabei
stehen funktionale Sichtweisen im Vordergrund (Sichtachsen, Wasserablauf, etc.), die Frage
nach der „ästhetischen Wirkung“ wird den Schülerinnen und Schüler voraussichtlich
Probleme bereiten. Schwierig ist auch, dass die Betrachter am Modell natürlich keine
Ersterfahrung als Besucher unter der Überdachung haben, sondern uns dieses Erlebnis
„imaginieren“ müssen6. Leitfragen wie „An welcher Stelle würde ein Besucher vielleicht
stehen bleiben?“, „Was ist die Schokoladenseite?“, „Aus welcher Sicht würdet ihr ein Foto
der Architektur machen?“, „Ihr geht um die Architektur, welcher Anblick von wo könnte euch
5
6
Sicher ist nicht jeder der Schülerinnen und Schüler begeistert, wenn eine neu zusammengestellte Gruppe sich
ans eigene Modell für ein „Experiment“ heranmacht.
vgl. auch zu dieser Problematik: K. Bering (Hrsg.): Kunstdidaktik. Athena-Vlg. Oberhausen 2004; S. 192
5
überraschen?“, „Ihr geht um die Architektur/in der Architektur umher, was passiert?“ könnten
hier helfen, trotz des vagen Modells ein Raumerlebnis zu erfassen.
Wenn die Reflexion bereits markante Einschätzungen auch in Bezug auf das Raumempfinden
bringt (etwa „Umriss/Silhouettenwirkung, luftige Wirkung, Andersartigkeit/spannende/
spektakuläre Wirkung7,
Zeltatmosphäre“), gehen die Schülerinnen und Schüler in eine
Überarbeitungsphase mit dem Auftrag bei Beibehaltung der funktionalen Vorteile die
entsprechenden Wirkungen noch zu steigern.
Sollten die Gruppenergebnisse keinen Ansatzpunkt bieten und auch die erste Reflexionsphase
nicht ertragreich sein, kann als Option der Schwenk zur Architektur Frei Ottos (entweder als
Vorlage Spinnenetz, Bild.1) oder direkt als Modell (Bild 2)8 führen. Nach einer kurzen
Beschreibung/Reflexion
wäre
die
geplante
Überarbeitungsphase
entsprechend
zu
akzentuieren: „Baut euer Modell bei Beibehaltung der Funktionalität im Sinne Frei Ottos
um!“
Eine
Abschlussreflexion
soll
nach
einer
Besprechung
des
Prozesses
der
„Wirkungssteigerung“ vor allem der Sicherung und dem Transfer in die Schülerarbeiten
dienen.
Literatur/Quellen:
●
●
●
●
●
M. Ziegler: Architektur macht Schule. in: KUNST&UNTERRICHT (293/2005); Friedrich Vlg. Seelze
http://www.learn-line.nrw.de/angebote/abitur-gost/download/2006_D_GK_2_Aufgabe_Fontane.pdf
(Abruf: 12.11.2006)
Richtlinien und Lehrpläne für die Sek.II an Gymnasien/Gesamtschulen – Deutsch. Herausgegeben vom
Schulministerium, Düsseldorf, 1999
K. Bering (Hrsg.): Kunstdidaktik. Athena-Vlg. Oberhausen 2004
Frei Otto: Natürliche Konstruktionen. DVA Vlg. Stuttgart 1982
Erklärung:
„Ich versichere, dass ich diese Stundenplanung selbstständig verfasst und keine anderen
Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt habe.“
Mülheim, Ruhr (20.11.06)
7
_________________________________
Grade die „kreativ, anders, ungewöhnlich“ gebauten spektakulären Einzelbauten sind nach einer
Untersuchung von R. Rambow diejenigen Architekturen, die von Jugendlichen favorisiert werden. vgl.: M.
Ziegler: Architektur macht Schule. in: KUNST&UNTERRICHT (293/2005); S. 5
8
6
Verlaufsplan der UPP Kunst 21.11. 2006
Zeit
Phase
Unterrichtsverlauf
Methode/M Anmerkungen
edien
5 min
8.55
Begrüßung
Thema und Ziel der
LehrerEin Grobschema der zu
Unterrichtsstunde wird
vortrag, ggf. lösenden Teilaufgaben
grob skizziert.
Tafelbild
hilft den Gruppen bei dem
Aufgabeneinführung/Herangehen an das
stellung: „Baut mit den
Problem.
vorhandenen Materialien
eine Teilüberdachung auf
dem Platz! Jeder aus der
Gruppe sollte die Lösung
später präsentieren
können.“
15 min Arbeitsphase 1
9.15
(Bau eines
Modells)
Die Schülerinnen und
Schüler diskutieren und
bauen das Modell
Material,
Modell,
Aufsichtspläne
Bei technischen
Schwierigkeiten kann der
Lehrer beraten.
10-15 Reflexionsphase
1
min
9.25
Beschreibung der
Modelle, Stellungnahme
der Gruppen.
Bewertung der
Charakteristika dieser
neuen Architektur
UG
(leitfragengestützt),
Schülerpräsentation;
Plakate
Je nach Verlauf und den
Ergebnissen sollten hier
schon Impulse
eingebracht werden.
siehe Arbeitsphase 1
siehe
Arbeitsphase
1, zusätzlich
ggf.Bildmaterial 1&2
(Frei Otto)
5-8
min
9.30
Unter Beibehaltung der
Arbeitsphase 2
(Modifikation des Funktionalität soll die
Wirkung noch gesteigert
Modells)
werden.
5 min
9.35
Reflexionsphase
„Was hat sich geändert in UG
eurem Modell?“
(leitfragengestützt)
Optionalphase
Was kann man für die
gestaltungspraktische
Aufgabe übernehmen?
Aufräumen/HA
am
Ende
der
Stunde
UG
(leitfragengestützt)
Bereitet die HA bereits
vor.
„ Erstellt eine Skizze, in
der ihr das neue Material
auf eurem Platz einsetzt.“
7
Charakteristika in Funktion:
-Sichtachsen offen
-Lichteinfall auf Platz
-Regenschutz
-Zutritt von überall möglich
-leicht
-einfach zu ändern
-Belüftung ok
Ästhetik
-spannende Abwechslung, Ansicht ändert
sich ständig („Was erlebt der Betrachter,
wenn er um das Gebäude geht?“)
-organische Form („Vergleicht die Form, die
entsteht mit den anderen Formen!“)
-Zeltgefühl („An was erinnert diese
Überdachung?“)
- spektakuläre Form („Was macht diese Art
von Überdachung mit dem Platz?“)
-Freiluft-Atmosphäre (OLYMPIA-BILD)
8
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