Kampf gegen Klinik-Keime: Berlin verlangt mehr Hygiene

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ZEitunG
Dienstag, 24. März 2015
Nr. 70 • 13. Woche • Preis 1,60 €
h a n n oV e r s c h e r a n Z e I g e r Vo n 1 8 9 3
aBergläuBIsch, herr olsen?
Bauch schlägt Kopf
Der dänische Krimi-Star
im HAZ-Interview Seite 6
Internet Ist nIcht alles
Deshalb hält Martin Kind an Trainer
Tayfun Korkut fest Seite 21
Hannovers Schülerzeitungen
haben neuen Ideen Seite 19
Mehr Kinder –
aber zu wenig
Krippenplätze
themen des tages
hannover
Busfahrer überrumpeln
Üstra-Tochter mit streik
Mit einem ganztägigen Streik haben gestern Busfahrer einer Üstra-Tochterfirma das
Unternehmen gänzlich unvorbereitet erwischt. 20 Prozent der Fahrten von ÜstraReisen in der Stadt und dem stadtnahen
Umland fielen aus. Leidtragende waren viele Kinder auf dem Schulweg.
seite 13
stadt stellt 20
Integrationshelfer ein
Die Verwaltung will 20 zusätzliche Sozialarbeiter einstellen, die gezielt helfen sollen, Flüchtlinge auf das Leben in Deutschland vorzubereiten. Die Personalkosten für
das Projekt belaufen sich auf 1,5 Millionen
Euro – Hannover fordert dafür von Bund
und Land Unterstützung.
seite 14
nIedersachsen
Weil erwartet Zustimmung
zum Masterplan ems
Als letzte Kommune entscheidet heute der
Kreistag in Leer über den umstrittenen Masterplan zur Sanierung der Ems. Ministerpräsident Stephan Weil ist überzeugt, dass das
Gremium zustimmen wird.
seite 5
WIrtschaft
Versicherer Talanx hat
Probleme mit der Technik
Fast zehn Jahre nach der Übernahme des
Kölner Konkurrenten Gerling hat der Versicherungskonzern Talanx die Fusion immer noch nicht verdaut. Die Integration
und Modernisierung der Informationstechnik wurde verschlafen.
seite 9
Rätsel
Finanzen
Familienanzeigen
ZiSH
Medien
Fernsehprogramm
Täglich (fast) alles, Wetter
Seite 7, 18
Seite 10
Seite 18
Seite 19
Seite 23
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Seite 24
MI
Probleme im grauen Haus am Maschsee: Der umstrittene
Anbau des Sprengel-Museums wird drei Monate später er-
öffnet als bisher zugesagt. Im Inneren hat es Verzögerungen beim Einbau des Terrazzobodens gegeben – aber an-
geblich keine neuen Baukostensteigerungen. Im September sollen sich die Türen nun endlich öffnen.
seite 14
Kampf gegen Klinik-Keime:
Berlin verlangt mehr Hygiene
Tsipras
präsentiert
Reformliste
Schulz fordert bessere
Bedingungen für Griechen
Bundesregierung verschärft Regeln / Hannoversche Häuser schon aktiv
Von FranK lIndscHeId
und VeronIKa THomas
BerlIn/hannoVer. Jedes Jahr sterben
in deutschen Krankenhäusern bis zu
15 000 Patienten an einer Infektion mit
gefährlichen Keimen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will nun
den Kampf gegen multiresistente Krankheitserreger verstärken – also gegen
Keime, die widerstandsfähig gegen Antibiotika sind. Ein Zehn-Punkte-Plan
sieht unter anderem vor, die Meldepflichten für Kliniken zu verschärfen,
wie eine Ministeriumssprecherin am
Montag in Berlin sagte. Gefährliche Erreger müssten danach bereits beim ersten Nachweis gemeldet werden. Kliniken sollen verpflichtet werden, regelmäßig über ihre Hygienestandards zu informieren. Kliniken in der Region – etwa
die Medizinische Hochschule Hannover
(MHH) – befürworten die Initiative.
In den Krankenhäusern sollen verbindliche und einheitliche Empfehlungen für das sogenannte „Screening“ –
die Untersuchung von Risikopatienten –
gelten. Bei den Untersuchungen sollen
Standards des Robert-Koch-Instituts angewandt werden. Ein weiterer Schwerpunkt des Gröhe-Plans ist die Verbesserung der Hygiene in den Einrichtungen.
Der Bund hat ein Hygiene-Förderprogramm im Umfang von 365 Millionen
Euro aufgelegt. Überdies soll es verpflichtende Fortbildungen des medizinischen Personals geben.
Die gesundheitspolitische Sprecherin
der SPD, Hilde Mattheis, begrüßt das
Vorhaben des Gesundheitsministeriums
– dringt jedoch auf Nachbesserungen:
„Wir fordern ein generelles Screening
für alle Patienten. Diese präventive Maßnahme ist immer billiger als teure Nachfolgetherapien“, sagte Mattheis der
HAZ. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, bezeichnete Gröhes Pläne als „ehrgeizig“.
Er bemängelte jedoch, dass Vorschläge
für eine solide Finanzierung fehlten.
„Wir warten nicht ab, bis das Gesetz
einer erweiterten Meldepflicht beschlossen worden ist“, erklärte Uwe Mai, Leiter des Hygieneinstituts des Klinikums
Region Hannover (KRH). Schon jetzt sei
das KRH darauf vorbereitet, in Kürze
alle verfügbaren Daten an das RobertKoch-Institut zu liefern. Seit einem Jahr
würden alle Risikopatienten der Intensivstationen im Klinikum Siloah und im
Lehrter Krankenhaus auf multiresistente
Keime getestet, sagte Mai. Demnächst
soll dieses Verfahren auf alle Häuser des
KRH ausgeweitet werden.
Zu den Risikopatienten zählt das KRH
unter anderem Patienten mit chronischen Wunden, direktem beruflichen
Kontakt zu Tieren in der Landwirtschaft,
Dialysepatienten sowie chronisch Pflegebedürftige. In der Region Hannover
wurde bereits vor drei Jahren das
„MRSA-plus-Netzwerk“ gegründet, in
dem Kliniken, aber auch Krankenkassen, Ärztekammer, Apothekerkammer
und der Fachbereich Gesundheit zusammenarbeiten. Die Medizinische Hochschule Hannover wies darauf hin, dass
bei ihr schon heute ein Screening bei
den Patienten auf multiresistente Keime
üblich sei. Das Hygienefachpersonal der
MHH berate und schule Ärzte und Pflegepersonal im Umgang mit multiresistenten Keimen.
gefährliche erreger
resistent gegen Medikamente: Wenn
Menschen im Krankenhaus mit Erregern
in Kontakt kommen, bedeutet dies nicht
unbedingt eine große Gefahr für ihre Gesundheit. Normalerweise wirkt das körpereigene Immunsystem als Schutz. Gefährlich können Keime allerdings für immungeschwächte Menschen werden.
Meist lassen sich Infektionskrankheiten
mit Medikamenten – den Antibiotika –
behandeln. Problematisch sind jedoch
sogenannte multiresistente Keime. Dies
sind Krankheitserreger, die eine Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte Medikamente entwickelt haben – etwa weil
Antibiotika zu häufig bei Menschen oder
in der Tiermast verwendet werden. Die
Entwicklung neuer Antibiotika hinkt dem
bislang hinterher.
Die Verbreitung multiresistenter Erreger hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Relativ weit verbreitet ist
etwa der Methicillin-resistente Erreger
Staphylococcus aureus (MRSA). Diese MRSA-Keime können beim Menschen
unter anderem Wundinfektionen und
Entzündungen der Atemwege hervorrufen. Da sie widerstandsfähig gegen viele
Antibiotika sind, kann eine Infektion im
schlimmsten Fall tödlich enden.
Von dIeTer WonKa
BerlIn. Der Präsident des Europäischen
Parlaments, Martin Schulz, hat anlässlich des Treffens von Kanzlerin Angela
Merkel mit Griechenlands Premier Alexis Tsipras an beide Seiten appelliert,
sich für Verbesserungen „für die Menschen in Griechenland einzusetzen, die
am Ende ihrer Kräfte sind“. Der HAZ
sagte der Sozialdemokrat: „Bei den Reformvorschlägen kann es sicherlich nicht
darum gehen, Rentnern, denen schon
dreimal die Rente gekürzt wurde, diese
jetzt ein viertes Mal zu kürzen oder weitere soziale Einschnitte vorzunehmen.“
Notwendig seien vielmehr Beschlüsse
zur Verbesserung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Tsipras müsse
„jetzt endlich ernst machen etwa mit
dem Aufbau einer handlungsfähigen
Steuerverwaltung oder eines modernen
Steuer- und Katasterwesens“.
Tsipras stellte Merkel eine Liste mit
Reformen zur Überwindung der Finanzund Schuldenkrise seines Landes vor.
Damit hofft er, die europäischen und internationalen Geldgeber zur Auszahlung
bereits in Aussicht gestellter Finanzhilfen zu bewegen. Die Regierungskoalition in Athen will offenbar mit einem Mix
aus Steuererhöhungen, Privatisierungen
und dem Eintreiben von Steuerschulden
Geld in die leeren Staatskassen bringen.
„Wir möchten, dass Griechenland wirtschaftlich stark ist und Wachstum hat“,
betonte Merkel nach dem Treffen. Beiden Seiten sei an einer vertrauensvollen
Zusammenarbeit gelegen.
» Eine schwierige Begegnung
Seite 3
Dicke Luft in Paris
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20013
4 190347 301604
Von BIrgIT HolZer
M
ehr als 80 Mikrogramm FeinstaubPartikel je Quadratmeter – in Paris
herrscht dicke Luft. Seit Tagen ächzt die
französische Hauptstadt unter einer
Smog-Glocke, stellenweise waren am
Wochenende Wahrzeichen wie Eiffelturm
und Notre-Dame nur noch schemenhaft
zu erkennen.
Bürgermeisterin Anne Hidalgo setzte
sich deshalb mit einer drastischen Maßnahme zum Wochenstart dafür ein, dass
die Bürger wieder durchatmen können:
Gestern durften nur Autos durch Paris
und den Ballungsraum Île-de-France fahren, deren Kennzeichen mit einer ungeraden Ziffer endet. 700 Polizisten sorgten
an Durchgangsstraßen und Autobahnab-
fahrten dafür, dass Landsleute mit „geradem“ Kennzeichen Auto oder Roller stehen ließen. Neben einer Verwaltungsstrafe von 22 Euro drohte auch die ganztägige Stilllegung des Fahrzeuges. Viele
Franzosen machten sich deshalb gestern
per Metro oder Bus auf den Weg, der
Nahverkehr war für einen Tag gratis. Und
auch mit dem oft besungenen „Taxi nach
Paris“ ging es für manchen zur Arbeit.
Die Aktion zur Luftreinhaltung zeigte
offenbar Wirkung – trotz mancher Ausnahmen etwa für Kühltransporter und
Fahrschulen. Mit dem sogenannten alternierenden Fahrverbot haben die Franzosen gute Erfahrungen gemacht, schon
1997 und im März 2014 zählte die richtige
Endziffer auf dem Nummernschild. Mit
einem Schlag ging dadurch der Verkehr
Foto: afp
Mit speziellen Fahrverboten geht Frankreich gegen Smog in der Hauptstadt vor
11° 3°
Ein Kuss
für die Griechen
dauert ...
Wetter
DI
Von
Jörg Kallmeyer
S
Foto: Stratenschulte/dpa
hannoVer. Die Stadtbevölkerung wird
jünger – die Verwaltung in Hannover wird
daher aber ihre selbst gesteckten Ziele
beim Krippenausbau nicht erreichen. Statt
65 Prozent wie eigentlich geplant wird die
Versorgungsquote wahrscheinlich bei 54
Prozent bleiben – das ist immer noch deutlich mehr als die bundesweit angepeilte
Quote von 35 Prozent. Der Grund ist eigentlich ein schöner: In der Stadt gibt es
mittlerweile mehr als 10 000 Ein- und
Zweijährige. Nach Angaben der Verwaltung setzt sich das Geburtenhoch des vergangenen Jahres fort, sodass auch in naher Zukunft mit vielen Kleinkindern zu
rechnen ist. Die Stadt prüft jetzt, ob sie
kurzfristig zusätzliche Betreuungsgruppen schaffen kann. Konkret gibt es Erweiterungsideen in Linden, im Sahlkamp und
in der Südstadt. Für Neubauten aber fehlt
der Stadt der notwendige Platz. Im Jugendhilfeausschuss wurde gestern auch
das Gelände des Klinikums Oststadt ins
seite 13
Gespräch gebracht.
Das
leItartIKel
Mit strikten Kontrollen setzte die Pariser
Polizei das teilweise Fahrverbot durch.
um 18 Prozent zurück, die Feinstaubkonzentration in der Luft sank um 15 Prozent
und die von Stickstoffdioxid um 20 Prozent. Dennoch ging dem Beschluss ein
handfester politischer Streit voraus – dicke Luft herrschte zwischen Bürgermeisterin Hidalgo und Umweltministerin Ségolène Royal. Royal hatte erklärt, sie wolle den Vororten nicht „unvernünftig und
vorschnell eine Plackerei zumuten“.
„Über die Gesundheit der Pariser lässt
sich nicht verhandeln“, widersprach Hidalgo.
Mittlerweile ist die Luft in Paris zwar
nicht rein, aber etwas sauberer. Fahrverbote soll es deshalb vorerst nicht mehr
geben. Vielleicht spielen auch Erfahrungen eine Rolle, die Mexiko bei einer solchen Vorgehensweise wie in Paris gemacht hat. Dort soll sich mancher Bewohner von Mexiko-Stadt ein Zweitfahrzeug
zugelegt haben. Mit diesem Trick kann
man Fünfe auch mal gerade sein lassen.
o manche kriselnde Beziehung ist
nicht durch viele Worte, sondern
durch einen Kuss gerettet worden. Die
Aktion kam daher zur rechten Zeit: Vor
dem Kanzleramt trafen sich gestern
deutsch-griechische Paare zum demonstrativen Küssen. Dem Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland
hat das sicher gutgetan – wie alles, was
gestern geschah. Auch die Politik hat ihren Teil dazu beigetragen, dass nach turbulenten Wochen wieder Zeichen der
Normalität im Umgang von zwei Ländern miteinander registriert wurden, die
sich traditionell eng verbunden fühlen.
Hilfreich war sicher, dass die beiden
Finanzminister Wolfgang Schäuble und
Gianis Varoufakis einen freien Tag hatten. Die Euro-Krise ist auch in Berlin
wieder Chefsache. Dass es 57 Tage gedauert hat, bis Angela Merkel den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras
im Kanzleramt empfing, mag bemerkenswert sein. Aber, Hand aufs Herz:
Hätte ein früheres Treffen wirklich viel
bewirken können?
Das Abwarten hat Merkel und Tsipras
taktisch in eine komfortable Lage gebracht. Das Porzellan hatten zuvor andere zerschlagen, jede kleine Geste der
Regierungschefs konnte als Fortschritt
gedeutet werden. „Wir wollen nicht das
Positive der letzten Jahre kaputt machen“, sagte ein entspannter Tsipras am
Abend nach dem Treffen mit Merkel.
Dass der Regierungschef eine Reformliste für Griechenland im Gepäck hatte,
war mehr als nur ein kleiner Schritt nach
vorn. Die Regierung in Athen signalisiert
damit, dass sie die politischen Notwendigkeiten erkennt. Ohne Reformversprechen wird es kein weiteres Geld aus
Brüssel geben. Zugleich aber schwindet
der Rückhalt bei den Wählern, die sich
von Syriza das Blaue vom Himmel haben versprechen lassen. Dass sich Tsipras in dieser Lage auf die Geldgeber in
Europa zubewegt, weckt Hoffnung.
Ausgerechnet die linke Regierung in
Athen also will die Menschen länger bis
zur Rente arbeiten lassen und Staatsbetriebe privatisieren? Nüchtern betrachtet
liegt in dieser Konstellation eine besondere Chance: Auch in Deutschland ist
die Agenda 2010 von Rot-Grün umgesetzt worden, einer Regierung, von der
man Korrekturen im Sozialstaat am wenigsten erwartet hatte. In Griechenland
sind viele Reformbemühungen bislang
im Keim erstickt worden – von Lobbygruppen und Gewerkschaften, die das
Land mit Streiks überziehen. Gelingt es
Tsipras, diese Macht zu brechen, kann
er sein Land voranbringen.
In diesem Sinne hat Europa also ein
Interesse daran, dass die Regierung in
Athen Erfolg hat. Vorausgesetzt, sie hält
sich an die Vereinbarungen mit Brüssel.
Merkel wird auch weiterhin darauf pochen. Zugleich aber räumt auch die
Kanzlerin jetzt ein, dass es in Europa
nicht nur darum gehen kann, Banken zu
retten, sondern auch Not leidenden
Menschen zu helfen. Tsipras kann das
als Erfolg verbuchen – und Erfolge hat er
bitter nötig.
NPD-Verfahren
steht auf
der Kippe
Karlsruhe. Im NPD-Verbotsverfahren
müssen die Bundesländer nun nachweisen, seit wann sie ihre V-Leute in der
Führungsebene der rechtsextremen Partei zurückgezogen haben. Dies hat das
Bundesverfassungsgericht gestern entschieden. Die bisher vorgelegten Beweise reichten nicht. Das Gericht prüft in einem sogenannten Vorverfahren, ob und
wann es gegebenenfalls in eine mündliche Verhandlung zu dem Verbotsantrag
der Länder eintritt. Karlsruhe fordert
überdies einen Nachweis dafür, dass das
Parteiprogramm der NPD von Juni 2010
„quellenfrei“ ist und demnach keine VLeute der Nachrichtendienste für Passagen des Programms verantwortlich sind.
» Karlsruhe will mehr Beweise
Seite 2
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