2114_Chemiereport_8_11_neu_CR_2010_neues_Layout 06.12.11 15:18 Seite 42 LIFE SCIENCES/SPITZENTECHNOLOGIE AUS TIROL AMiSTec Dauerhaft keimfrei Ein Tiroler Unternehmen entwickelt eine neue Technologie, um Oberflächen zuverlässig gegen die Besiedlung durch unerwünschte Mikroorganismen zu schützen. © Catherine Yeulet – iStockphoto.com Zuverlässig: Die neue Technologie von AMiSTec funktioniert ähnlich wie der Säureschutzmantel der Haut und ist herkömmlichen Desinfektionsmethoden überlegen. moleküle (H3O+-Ionen, bekannt als Oxoniumionen), die die Proteinstrukturen der Keime zerstören, wodurch letztere absterben. Wie seitens AMiSTec betont wird, ist das erheblich wirksamer als die bisher übliche Bekämpfung der Mikroorganismen mit Nanosilber, Kupfer, Antibiotika und Desinfektionsmitteln. In Versuchen gelang es, Kunststoffoberflächen binnen dreier Stunden von mehr als 98 Prozent der aufgebrachten Keime (Staphylokokkus aureus, Escherichia Coli sowie Pseudomonas) zu befreien. Die AMiSTecSäuretechnologie hat dabei eine Reihe von Vorteilen: Sie befreit die behandelten Oberflächen rasch und dauerhaft von vielen Arten unerwünschter „Bewohner“, selbst dann, wenn diese gegen Antibiotika resistent sind. Genauso wichtig ist, dass die Technologie selbst keine Resistenzen hervorruft. Nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt gibt es ebenfalls nicht, die eingesetzten Stoffe sind nicht toxisch. Breites Anwendungsspektrum S ie werden zunehmend zum Problem: Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, die sich auf fast allen unbelebten Oberflächen ansiedeln und sogenannte „Biofilme“ bilden. Besonders gut gedeihen die üblicherweise unerwünschten Winzlinge auf Kunststoffoberflächen, wie sie heute gang und gäbe sind. In Gesundheitseinrichtungen können sie heilungsverzögernde und manchmal sogar lebensbedrohliche Infektionen auslösen, die unter der Bezeichnung „Krankenhausinfektion“ (nosokomiale Infektion) bekannt sind. Und die Gefahr wächst: Immer häufiger werden multiresistente Keime entdeckt, die nur schwer zu bekämpfen sind, wenn sie erst einmal eine Infektion ausgelöst haben. In Europa sind jedes Jahr etwa 1,75 Millionen Menschen von Krankenhausinfektionen betroffen, etwas mehr, als Wien Einwohner hat. Etwa 180.000 davon sterben. Das entspricht einem Prozent aller Patienten in Europa oder zehn Prozent all jener Personen, die sich in einem Krankenhaus infizieren. Österreich ist dabei keineswegs eine „Insel der Seligen“: Die hiesige Sterblichkeits- 42 | chemiereport.at 8/11 rate durch Krankenhausinfektionen liegt im europäischen Mittelfeld. Oxonium schützt Eine neuartige Lösung hat die Tiroler AMiSTec mit Sitz in Kössen entwickelt: Dem Team um Prof. Dr. J. P. Guggenbichler und Priv.-Doz. Dr. Maximilian Lackner gelang es weltweit erstmals, inhärent sowie dauerhaft keimfreie Oberflächen herzustellen. Diese bieten einen besseren, zuverlässigeren und noch dazu kostengünstigeren Ersatz für Desinfektionsmittel sowie Antibiotika, die üblicherweise zum Einsatz kommen. Das Vorbild für die AMiSTecTechnologie ist der natürliche Säureschutzmantel der menschlichen Haut. Durch Lewis-Säuren (Säuren, die Elektronenpaare anlagern können) wird der pH-Wert der zu schützenden Oberfläche auf 3,5 bis 5,5 gesenkt. Zu diesem Zweck werden spezielle Übergangsmetallverbindungen auf die Oberfläche aufgebracht. Kommt diese mit Wasser in Berührung, bilden sich protonierte Wasser- Doch nicht nur in Spitälern kann die neue Methode eingesetzt werden, erläutert Guggenbichler: „Wir entwickeln maßgeschneiderte Lösungen für die konkreten Anwendungen unserer Kunden.“ In Kühltürmen etwa verhindert die AMiSTec-Technologie das Algenwachstum, was längere Wartungsintervalle und höhere Energieeffizienz erlaubt. Bei der Anwendung auf technischen Kunststoffen (Elastomeren) im Bergbau, in der Landwirtschaft sowie im Erdbau kann sie die derzeit verwendeten giftigen Biozide, wie etwa Arsenverbindungen, ersetzen. Auch Armlehnen, Kopfstützen und Handschlaufen in öffentlichen Verkehrsmitteln lassen sich mit der AMiSTecTechnologie desinfizieren. Weitere Anwendungsgebiete sind unter anderem Anstriche, Verpackungen – nicht zuletzt auch in der Lebensmittelindustrie –, Wasserleitungen, Duschen und Duschköpfe, Boiler und Lüftungsrohre, aber auch maritime Beschichtungen von Schiffen, Bojen und Stegen. Auch wer seine Kleidung sowie sein Schuhwerk desinfizieren will, findet bei AMiSTec Rat und Hilfe. Nähere Informationen: www.amistec.at