1 Begleitende Störungen Begleitende Störungen Wann medizieren

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Psychopharmakologie
Derzeitige Situation
bei autistischen Störungen
Luise Poustka
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim
Ulm, 24.09.2010
•
Bisher ist in Deutschland kein Medikament offiziell zur Behandlung autistischer
Störungen im Kindes- und Jugendalter zugelassen
•
Große Zurückhaltung gegenüber medikamentöser Behandlung autistischer
Patienten
•
Vergleich USA: in einer Gruppe von 1538 befragten Familien 53,1 % der
Betroffenen pharmakologisch behandelt (21,7% Antidepressiva, 16,8%
Antipsychotika, 13,9% Stimulantien, davon einige in Mehrfachkombination
(Langworthy-Lam et al., 2002)
•
Deutschland: aus einer Gruppe von 450 autistischen Kinder und Jugendlichen
15% psychopharmakologisch behandelt (1% mit Antidepressiva oder
Benzodiazepinen, 11% mit Antipsychotika, 3,5 % mit Psychostimulanzien)
Begleitende Störungen
109 Kinder mit ASD, Alter 5-17 Jahre
112 Kinder mit ASD, Alter 10-14 Jahre
(Leyfer, Folstein et al., 2006)
(Simonoff et al., 2008)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Spezifische Phobien (44,3%)
Hyperaktivität (ca. 31%, 55% inkl.
subsyndromal)
Zwangsstörungen (37%)
Depressive Störungen (24%)
Trennungsängste (11,9%)
Oppositionelle Störungen (7%)
Soziale Phobien (29,2%)
Hyperaktivität (28,1%)
Oppositionelle Störungen (28,1%)
Generalisierte Angststörungen (13,4%)
Panikstörungen (10%)
Enuresis (7%)
Begleitende Störungen
• Komorbide Störungen und Verhaltenauffälligkeiten verursachen
zusätzliche Funktionseinschränkungen und Belastung für betroffene
Familien
• Sind schwierig zu diagnostizieren, da
• Sprachliche Defizite
• Kognitive Einschränkungen
• Neuropsychologische Besonderheiten
• Können Therapeutische Interventionen erschweren oder verhindern
Beide Untersuchungen geben bei insgesamt 70% der untersuchten
Kinder mit mind. eine komorbide Störung an.
Wann medizieren???
Medikamentöse Therapie
•
Begleitende Störungen können das Funktionsniveau autistischer
Patienten zusätzlich beeinträchtigen und pädagogische und
therapeutische Maßnahmen ernsthaft behindern.
•
Auch
wenn
die
Kernproblematik
autistischer
Störungen
pharmakologisch nicht ausreichend behebbar ist, sind andere
Auffälligkeiten durch Medikamente jedoch häufig erfolgreich
beeinflussbar und
•
können sekundär therapeutische Bemühungen um Verbesserungen im
Interaktions- und Kommunikationsverhalten unterstützen.
Eine Medikation sollte ins Auge gefasst werden, wenn........
1.
die Zielsymptomatik durch andere therapeutischen Interventionen
nicht ausreichend beeinflussbar ist
2.
das Funktionsniveau des Patienten empfindlich eingeschränkt ist
3.
andere nötige Behandlungen ohne medikamentöse Intervention gar
nicht erst greifen können.
4.
Die Zielsymptomatik ein durchgehendes und schwerwiegendes
Problem darstellt und nicht nur eine punktuelle, milde Auffälligkeit,
da sonst der Erfolg eines Medikaments vor allem von den Eltern
nicht beurteilt werden kann.
1
Ziele pharmakologischer
Interventionen
Was steht grundsätzlich zur Verfügung…
Externalisierende Verhaltensweisen
– Unaufmerksamkeit, Hypermotorik, Impulsivität, Aggression,
SIB, Stereotype Verhaltensweisen
Internalisierende Verhaltensweisen
– Zwänge, erhöhte Ängstlichkeit, Depression, Schlafstörungen
Andere Assoziierte Auffälligkeiten
•
•
•
•
Atyipsche Neuroleptika/niederpotente NL
Stimulantien und Atomoxetin
Antidepressiva (v.a.SSRI)
Stimmungsstabilisatoren/Antikonvulsiva
– Epilepsie/ Ausscheidungsstörungen, Esstörungen, Tics
Kernsymptomatik?
Atypische Neuroleptika
Atypische Neuroleptika
aggressives und hyperkinetisches Verhalten, Impulsivität, Reizbarkeit
Stereotypien, Rigidität, selbstverletzenden Verhaltensweisen (SIB)
Früher:
Sie finden Anwendung bei:
• aggressivem und hyperkinetischem Verhalten
• erhöhter Impulsivität und Reizbarkeit
• Stereotypien, Rigidität
• selbstverletzenden Verhaltensweisen
Halperidol, Pimozid, Sulpirid
Probleme klassischer Neuroleptika
– extrapyramidalmotorische Symptome (EPS): Rigor, Tremor, Akinese; Sitzunruhe,
Spätdyskinesien
Aktuell
•
•
•
•
•
•
Risperidon
Olanzapin
Quetiapin
Ziprasidon
Aripiprazol
Paliperidon
weniger „typische“ Nebenwirkungen (va. EPS)
– neues NW-Spektrum: Gewichtszunahme, metabolisches Syndrom
Atypische Neuroleptika
•
•
Risperidon (mittlere Dosis 1,8 mg/Tag)
• (bisher 13 Studien mit positiven Effekten, 4 randomisierte,
plazebokontrollierte Studien (RUPP)
Clozapin
• (Zuddas et al.196; Chen et al., 2001)
• Nur Fallberichte, positive Effekte auf Aggression und Hyperaktivität
• Ungünstiges NW Profil (Leukopenie, Senkung der Krampfschwelle)
• Aufdosieren nur sehr langsam möglich
•
Olanzapin (2,5-10 mg/Tag)
– Insg. 4 offene Studien, zB Kemner et al. 2002: 10, 7 mg/ Tag; HKS,
exzessives Reden, begrenzte Wirksamkeit.
•
Quetiapin (50-150-350 mg /Tag )
• 2 offene, 1 retrospektive Studie (Martin et al, 1999; Findling et al.,2004;
Corson et al 2001), Effekte unbefriedigend
Atypische Neuroleptika
• Ziprasidon, (mittlere Dosis 59 mg/Tag)
-
McDougle et al. 2002, offene Studie
N= 12 ,(mittleres Alter 11,6),
Bei 50% CGI 
Keine EPS, keine Gewichtszunahme!!
• Aripiprazol (mittlere Dosis 12 mg/Tag)
-
Stigler et al., 2004, Valicenti-McDermott, 2006
Marcus et al, 2009:plazebokontrollierte Studie, n=118 (Dos:5/10/15mg)
Signifikant positive Effekte auf Aggression und Reizbarkeit
NW+: Keine EPS, geringe Gewichtszunahme (bis 1,5 kg unter 15 mg);
NM - : Müdigkeit, Tremor
• Paliperidon
-
Zugelassen seit 2007 zur Behandlung schizophrener Psychosen, bisher keine
Untersuchungen zu ASD
2
Studiendesign
RUPP: Risperidon bei Autismus
Wirkung von Risperidon auf Begleitsymptome
– 101 Kinder; 8.8 Jahre (5-17)
– frühkindlicher Autismus
– 8 Wochen doppelblinde, plazebokontrollierte
Studie
– schrittweises Eindosieren
– mittlere Dosis 1.8 mg (0.5-3.5)
RUPP: Risperidon bei Autismus
• Jedes Kind wöchentlich eingeschätzt durch 2 Kliniker (blind
gegenüber Verum / Placebo)
– Ein Kliniker schätzte die Nebenwirkungen ein und passte
die Dosierung der Medikation an
– Ein weiterer Kliniker schätzte die Behandlungswirkung ein
• Messinstrument:
– Skalenwerte der ABC Skala (Aberrant Behavior Checklist )
nach 8 Wochen (Elternrating)
– CGI-I durch den Kliniker
• Bewertung eines Erfolgs:
– Mind. 25% Symptomreduktion auf der „Irritability“
Subskala der ABC
– Verbessert oder sehr verbessert auf der CGI-I Skala
Clinical Global Impression CGI
„Irritabilität“ im Studienverlauf
Anteil von Respondern
d = 1.2
75.5 %
Risperidon
Plazebo
-14%
Risperidon
Plazebo
-57%
11.5 %
„stark verbessert“ oder „sehr stark verbessert“
auf der Clinical Global Impressions - Improvement Scale
Risperidon: n=49; Plazebo: n=52
RUPP: Risperidon bei Autismus
RUPP: Risperidon bei Autismus
von Eltern genannte Zielsymptome
„Parent-defined target symptoms“
– „familienorientierter Ansatz“
– Symptome, die von Eltern als belastend erlebt
werden
5
4
3
– „Welche 1-2 Probleme machen Ihnen bei Ihrem Kind
am meisten Sorgen?“
– „Tantrums“ (Wutanfälle, „Ausraster“)
– Aggression
– Motorische Unruhe
– Selbstverletzendes Verhalten
Plazebo
Risperidon
2
1
0
Effektstärke
Aggression
Selbstverl.
1.7
2.1
Tantrums
2.0
motor. Unruhe
1.3
Arnold et al., JAACAP 2003
3
RUPP: Risperidon bei Autismus
Wer profitiert?
•
Unerwünschte Wirkungen - Gewichtszunahme
Höhere Schwergrad der Symptomatik (Baseline):
•
Symptomreduktion stärker unter Risperidon geg. Placebo
•
Höherer Gewichtszuwachs:
•
Compliance:
•
Höhere Dosierung:
•
Unspezifische Faktoren:
•
•
•
•
•
•
•
Symptomreduktion stärker unter Placebo als unter Risperidon
Korreliert mit Outcome bei Risperidon, nicht Placebo.
Korreliert mit schlechterem Outcome für Placebo, nicht Risperidon
Bildungsstand der Eltern und Einkommen
Niedriger Baseline -Prolaktinspiegel
Fehlen von Komorbidität
Aktivität der 5-nucleotidase erniedrigtes Zink, assoziiert mit Verbesserung unter Risperidon, nicht
Placebo
• 2.8  2.9 kg nach 2 Monaten
– vs 0.8 kg Plazebo
• 5.2  3.9 kg nach 6 Monaten
(16.7%)
• breite Streuung: -4.0 bis +15.3 kg
• kein Einfluss von Dosis, Alter,
Geschlecht, Ausgangsgewicht
• Prädiktor: Zunahme nach 1
Monat
• Folgeerkrankungen ?
Arnold et al., 2010
Martin et a., l Am J Psychiatry 2004
RUPP: Risperidon bei Autismus
Unerwünschte Nebenwirkungen
Unerwünschte Wirkungen
–
–
–
–
kein Studienabbruch wegen UW
kein „serious adverse event“
UW meist mild und vorübergehend
häufiger als unter Plazebo
• Müdigkeit und Schläfrigkeit
• Appetitsteigerung
• erhöhter Speichelfluss
• Tachykardie
• Tremor
• sonst keine extrapyramidal-motorischen
Symptome
Stärkste Gewichtszunahme
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Olanzapin
Clozapin
Risperidon
Quetiapin
Ziprasidon
Aripiprazol
Paliperidon ?
•
•
•
•
•
Müdigkeit
Gewichtszunahme
Sexuelle Dysfunktionen
Extra pyramidale Nebenwirkungen
Prolaktinerhöhung (Nicht bei Clozapin und
Quetiapin)
• Senkung der Krampfschwelle
• Seltener: Kardiale Nebenwirkungen
Gewichtszunahme (Atypika)
• Gefahr des metabolischen Syndroms
– Adipositas
– Diabetes
– Erhöhter Blutdruck
Einer der häufigsten Gründe für Therapieabbrüche!
4
Monitoring Guidelines für atypische Neuroleptika
Was kann man tun?
Kontrolle des Gewichts durch:
1. Konservative Maßnahmen
• Diätische Maßnahmen (abgepacktes Essen,
Ernährungsberatung, Kochgruppe; Elternberatung)
• Sportliche Betätigung
2. Alternative Medikation:
– Dosisreduktion
– Wechsel zu anderem Präparat
– Aripiprazol?
(Am Diabetes Assoc., 2005)
•
(Familien-) Anamnese:
– baseline / Jährlich
•
Gewicht / BMI:
– baseline, 4-8-12 Woche / vierteljährich (Gewichtsanstieg zu Anfang
richtungsweisend)
•
Taillenumfang :
– baseline, jährlich
•
Blutdruck :
– baseline, 12. Woche , jährlich
•
Blutzuckerspiegel (Blutzuckertagesprofil):
– Baseline, 12, Woche, jährlich
•
Lipide (Triglyceride, HDL, LDL):
– Baseline, 12. Woche, 5-Jährlich
Risperidon: Wirkung auf Kernsymptome
Atypische Neuroleptika
Repetitives, restriktives und stereotypes
Verhalten
Praktisches Vorgehen
• EKG (cave QTc)
– V.a. Ziprasidone, Clozapine
• EEG
•
•
•
•
stereotype, ungewöhnliche Handlungen
eng begrenzten Spezialinteressen
zwanghaftes Festhalten an Handlungen oder Ritualen
extrem ängstliche oder beunruhigte Reaktion beim Unterbrechen dieser
Handlungen
• repetitive motorische Manierismen
– Einmalig, nach 1 Monat (Clozapin mind. halbjährlich)
• Körperliche Untersuchung
– Inkl. Gynäkomastie/Galaktorrhö
– Familienanamnese (Kardiale Probleme,plötzliche Todesfälle,
Synkopen)
– Extrapyramidale oder sonstige Bewegungsstörungen
– Erektionsstörungen
• Labor
– Blutbild/ Leberfunktionen/ Blutzucker/Blutfette,
Prolatkinspiegel (6 M monatlich), Clozapin wöchentlich!!
• Skala für Zwangssymptome (Scahill et al 2006)
modifizierte Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (YBOCS)
+
Stereotypien, repetitives Verhalten
-
Widerstand leisten
Handlung darf nicht unangenehm sein
Ergebnisse
In der Praxis: Kombinationstherapie häufig
•
Penzner et al., 2009
Wenige Untersuchungen zu Kombinationstherapien (Aman et al., 2004, Kronenberger et
al. 2007; Calarge et al., 2009, )
• Frage: Effekte Atypischer Neuroleptika als Monotherapie vs.
Kombination mit Stimulantien
Ausgleichen der NW?
1.
Keine Interaktion der Stimulantien mit Atyp.
–
–
Kein physischer Effekt: BMI
Kein metabolischer Effekt: Cholesterin, HDL-C, Triglyceride, HDL-ratio,
Insulinspiegel oder -Resistenz, Prolaktinspiegel
•Penzner et al, 2009: Naturalistische Studie, N=153 Kindern, 4-19 Jahre (11,3 +/- 3,0)
•Indikation:
ausagierendes Verhalten mit Aggression
•Diagnosen:
Opp. Strg, Ver. / “disruptives Verhalten“ / Impuls-Kontrollstörung
„Intermittierende, explosive Störung“ / Tourette Syndrom /
Autismus-Spektrum-Störung (ASD)
2.
Über die Hälfte erhielt der Kinder mit ADHD erhielt nur Atypikum
–
Komb. (+ Stimulantien): 71 Pat. (davon 94% mit komorb. ADHD)
nur Atypikum: 82 Pat. (davon 67 % mit komorb. ADHD)
5
Stimulantien
Autismus und ADHS
und andere Stoffgruppen zur Behandlung von
Hyperaktivität
• Autismus ist Ausschlußkriterium für ADHS
– ICD-10:
Bedingung für ADS: „Die Störung erfüllt nicht die
Kriterien für eine tiefgreifende Entwicklungsstörung
(F84)“
Zur Verfügung stehen:
• Lang-und kurzwirksame Methylphenidatpräparate
• Atomoxetin
• Amphetamine
• A2-Agonisten
– ähnlich in DSM-IV-TR
RUPP: Methylphenidat bei Autismus
Autismus und ADHS
Behandlung von komorbider ADHS bei
Autismus
Methylphenidat
– Stimulanzienbehandlung - eines der am besten erforschten Gebiete der
Psychopharmakologie bei Kindern
– 49 % MPH-Responder (35/72)
– 18 % (!) Abbrecher wg. intolerabler NW (13/72)
– Methylphenidat: Wirksamkeit in unabhängigen Studien an über 5.000
Patienten belegt
Reizbarkeit, emotionale Durchbrüche, Schlafstörung,
Appetitverlust
– wirksam bei 70-80% normal entwickelter Kinder (MTA-Studie)
– gepoolte Effekstärke 0.9-1.8 (Banaschewski et al 2006)
– Fazit:
effektiv bei der Hälfte der Patienten,
bei Autismus
~ 10x häufiger unerwünschte Wirkungen
klinischer Eindruck: geringeres Ansprechen und mehr Nebenwirkungen
– Besser in Kombination mit Risperidon?
–
RUPP Autism Network. Arch Gen Psychiatry. 2005 Nov;62:1266-74.
Atomoxetin bei Autismus
Atomoxetin
Behandlung von komorbider ADHS bei
Autismus
Behandlung von komorbider ADHS bei
Autismus
– gehört nicht in die Gruppe der Stimulanzien
– selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
– zugelassen seit 2005
(Strattera®)
– keine missbrauchstypischen Verhaltensmuster in klinischen
Studien
– fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
– Pilotstudie n = 16 (Arnold et al. (2006) JAACAP 45:1196-1205)
– 6 Wochen Atomoxetin, 6 Wochen Plazebo (crossover)
– Dosis: 44.2 (21.9) mg/d (range 20-100mg)
– 43 % Responder (vs ~60 % bei nicht-autistischen ADHS-Patienten)
– 7 % Abbrecher wg. intolerabler NW (1/16)
– Fazit: effektiv bei knapp der Hälfte der Patienten
– Wirksamkeit bei ADHS in 6 Studien belegt
– gepoolte Effekstärke d = 0.7 (Banaschewski et al 2006)
Posey et al. (2006) J Child Adolesc Psychopharmacol. 16: 599-610.
Troost et al. (2006) J Child Adolesc Psychopharmacol. 16: 611-619.
Arnold et al. (2006) JAACAP 45: 1196-1205.
6
Stimulantien
Andere .......
Praktisches Vorgehen
•
Insgesamt größeres Risiko für NW als bei „nur“-ADHS- Kindern, auch für
Entwicklung von Tics unter MPH
•
•
•
•
langsamer aufdosieren als gewöhnlich
Dosis etwas niedriger planen
Wachstum alle 4-6 Monate Kontrollieren (McCracken , 2005)
Kurzwirksame Präparate werden schnell absorbiert und erreichen schnell
hohe Plasmakonzentrationen
fallen auch schnell wieder ab
Diese Konzentrationsspitzen-und Abfälle könne das Risiko von NW
erhöhen
Retardpräparate?
•Amphetamine
-Häufig Alternative zu MPH (Barkley et al., 1990)
-Derzeit keine Studie, die Wirksamkeit bei autistischen Kindern
und Jugendlichen belegt
-Zunahme von motorischen Stereotypien?
•Alpha-2 Agonisten (Clonidin + Guanfacin)
•
•
-Retrospektive Studien (Posey et al., 2004)
-positive Effekte auf ADS-Sympt.
-Müdigkeit und Blutdruckabfall häufige unerwünschte NW
•
SSRI und ASD
Antidepressiva
-
Fluoxetin (Hollaender et al., 2005)
-
Sie finden Anwendung bei:
• Depressionen
• Angst• Zwangstörungen
• Einnässen
• Aggressionen
• Stereotypien
• repetitiven Verhaltensweisen
-
-
Fluvoxamin (McDougle et al., 1996, Posey et al., 2000, Sugie et al., 2005))
-
-
Erwachsene: positive Effekte auf Angst – und Zwangssymptomatik
Kinder: Niedrig dosiert, positiver Effekt geg. Placebo für repetitives Verh., NW wie Placebo, Kein Verbesserung
der globalen Anpassung
Erwachsene positive Effekte auf Rep Verhalten und Aggression
Kinder : Kaum Effekt, ungünstiges NW Profil
Citalopram (King et al., 2009)
-
Randomisierte, Placebokontrollierte Studie (n= 149), keine Überlegenheit geg. Placebo bei Stereotypien und in der
globalen Anpassung; deutl. erhöhtes Vorkommen von unerwünschten NW
-
Sertralin (Steingard er at.,1997)
-
Escitalopram (Owley et al., 2001)
-
-
Bisher nur kleine, offen Studie, kaum Effekt
Bisher nur offene Studie, Hinweise aus Wirksamkeit auf Irritabilität, Hyperaktivität, Stereotypien, Aggression
SSRI
SSRI
Praktisches Vorgehen
- Im Kindesalter bisher in kein Wirkungsnachweis im Hinblick auf
Kernsymptomatik, Verbesserung der Globalen Anpassung oder
Aggression, NW ungünstig (ausser Fluoxetin)
Aber:
- Bisher wenig kontrollierte Untersuchungen, kleine Stichproben,
outcome measures sehr variabel, geringe Dosen
- Escitalopram und Sertralin bisher nicht evaluiert
- NW deutlich günstiger geg. Trizyklischen AD
•
•
Keine Unterschiede zwischen einzelnen Präparaten bezüglich der
Wirksamkeit (Metaaanylse von Moore et al., 2004)
Aber:
– Unterschiede in der Non-Linearität
Berechenbarkeit der NW
– Halbwertszeit
– Affinität zu Cytochrom P-450 Familien
Kombination mit
Neuroleptika
• Cave Kombinationsbehandlungen:
– Schwindel in Komb. mit Vitaminpräparaten
– Homöopathische Mittel erhöhen freie Verfügbarkeit oder vermindern
den Abbau
Größte
Non-Linearität
Längste HWZ
Paroxetin
Fluoxetin Citalopram Escitalopram Sertralin Fluvoxamin
Geringste
Linearität
Kürzeste HWZ
Willimiams et al., 2010; West et al., 2009
Kolevzon et a., 2006; Posey et al., 2006
7
Andere Stoffgruppen......
Stimmungsstabilisatoren
– Naltrexon
• Opoidantagonist
• Valproat
• Kontrollierte Studien: nur milde Effekte auf Hyperakt. (Kolmen et al, 1995 &
1997,Willemsen-Swinkels 1995 & 1996), Feldman, 1998: Kein
Effekt!!!!!!!!!!!
• Positive Effekte auf affektive Instabilität, Aggressionen, Impulsivität
(Hollander et al., 2006)
• Symons et al., 2004 (Review): positive Effekte auf SIB
• Lamotrigin
• Keine Wirksamkeit (Belsito et al., 2001), kaum untersucht
– Buspiron
• Anxiolytikum, Agonist an 5HT1A- R.,zugelassen für Gen. Angststörungen
• Lithium
• Pos. Effekte auf Hyperaktivität, Angst und Irritabilität bei Pat zw. 6-17 Jahren
(Buitelaar et al., 1998; Realmutoet al., 1989), kleine, nicht kontrollierte
Studien
• Nur einzelne Fallberichte (Martinez et al., 1985),außerhalb der ASD
gute Wirksamkeit auf aggressive VW nachgewiesen.
• Carbamazepin, Topimarat
– Cholinesterase- Inhibitoren
• Nicht untersucht
• Vorläufige Daten, unkontrollierte Studien (Hardan, 2002; Chez , 2004)
• Schwache Effekte auf Hyperaktivität und expressive Sprache
Schlafstörungen
Placebokontrollierte Studien:
• Melatonin (Circadin 0,5-10mg):
– schlafanstoßende Wirkung, Verbesserung hinsichtl. Einschlaflatenz und
der Schlafdauer , positive Effekte auf Angst und
Verhaltensprobleme(Wright et al., 2010, Wasdell et a., 2008; Garstang et
al., 2006)
Open-Label mit kleinen Stichproben, Fallberichte
• Clonidin (Ming et al., 2008, )
• Mirtazepin (Posey et al., 2001)
• Ramelteon (Stigler et al., 2006)
Biologische Behandlungsansätze?
Glutamat- bzw GABA- Stoffwechsel
•
•
Amantadin/ Memantin: positiven Effekten auf Aufmerksamkeit und Rückzugverhalten
(Erickson et al. 2007) und Gedächtnisfunktionen (Owley et al.,2006)
D-Cycloserin: positive Wirkung auf einige Aspekte der sozialen Beeinträchtigungen bei
autistischen Störungen (Posey et al, 2004)
Neuropeptide
•
Oxytocin und Vasopressin (sozialen Ängsten, sozialer Kognition, Kernsympomatik
autistischer Störungen (aktuelle Übersichten bei Bartz & Hollander, 2008 und MeyerLindenberg, 2008)
Omega-3 Fettsäuren
•
geringer Effekt auf Hyperaktivität in einer Placebo-kontrollierten Studie, (Amminger et al.,
2007) ; ebenso Bent et al., 2010
Möglichkeit frühzeitiger pharmakologischer Interventionen in sensiblen Phasen erhöhter
Plastizität des Gehirns?.
Unwirksame Medikation
-Sekretin: Völlige Unwirksamkeit
Und sonst…..
• Gluten (Bird 1977, Einzelfallstudie mit Gluten),
-Peptidhormon, Erhöhung von Natriumhydrogencarbonat im GIT, Hemmt Gastrinskretion
- Fallberichte von 3 autistische Kindern bezüglich Verbesserungen der sozialen und sprachl.
Fähigkeiten nach Sekretingabe
-Roberts et al, 2001 – Alter der Untersuchten: 2-7 Jahre; 55 Jungen und 9 Mädchen mit sehr
unterschiedlichen intellektuellen und verbalen Leistungsvermögen: kein Effekt
-Coniglio et al. 2001 – randomisierte, Plazebo-kontrollierte Doppelblindstudie mit intravenös
applizierten Sekretin (60 Fälle und Kontrollgruppe, ergab randständige Verbesserungen in
Einzelfällen, aber keinerlei Unterschiede zwischen der Autismusgruppe und der Kontrollgruppe).
-Ähnliche Untersuchungen mit negativen Resultaten fahnden sich bei: Owley et al. 1999, 2001;
Chez et al. 2000 oder Sandler et al. 1999.
•Diäten und Vitamingaben:
• Salizylate u.a. (Feingold, 1975)
• Oder : das Weglassen von Nahrungsmittelzusätzen, die den
Geschmack, die Farbe oder die Haltbarkeit beeinflussen
• sowie Untersuchungen mit Zucker, Koffein, Tryptophan ohne
Bedeutung. Manche dieser Diätvorschriften wie etwa die nach
Feingold oder auch die Beimischungen nach Rimland waren
zeitweise sehr populär ohne je gesicherte Erfolge aufweisen zu
können (Ellis et al. 1999).
-zb. bei den sog. „U“ Serien (Turkel, 1961, 1975): Vitamine, Mineralien, Enzyme ;
-Harrell (1981) schlug die Gaben von Vitaminen (Megavitamine, Mineralien, Folsäure Vitamin B6
(+Magnesium) mit Schilddrüsenhormon vor ohne gesicherten Erfolg (Übersicht in Ellis et al., 1999).
8
Und als nächstes……
Elterntraining + Risperidon (COMB)
vs Risperidon Monotherapie (MED)
Pharmakotherapie autistischer Störungen
– Pharmakotherapie wird nicht isoliert genutzt
– 124 Kinder mit ASD (4-13 Jahre)
– aus RUPP wird RUPP-PI: psycho-social
– 24 Wochen, randomisierte, kontrollierte Studie
– Welchen Benefit bringen psychosoziale
– schrittweises Eindosieren von Risp. (0,5-3,5 mg/Tag) in
beiden Gruppen
Interventionen zusätzlich zur Pharmakotherapie?
– MED n=49; COMB n=75 (mit 10 Elterntrainingssitzungen
zusätzlich)
– Medikament alleine vs Medikament +
Verhaltenstherapie
Signifikant höhere Reduktion von Irritabilität (p=.01), Stereotypien
(p=.04) und Hyperaktivität (p=.04) in der COMB-Gruppe
bei geringerer Risperidon-Dosierung (2,26mg/Tag vs 1,98mg/Tag)
+
Aman et al., J Am Ac Child Adolesc Psychiatry Dez 2009
1.
Zusammenfassung I
Zusammenfassung II
Pharmakotherapie autistischer Störungen
Pharmakotherapie autistischer Störungen
Pharmakologische Behandlung begleitender Auffälligkeiten
als ergänzende Maßnahme sinnvoll
2.
•
gute Wirksamkeit auf begleitende Aggression,
Selbstverletzungen, Wutanfälle (v.a. Risperidon und
Aripiprazol)
•
Hyperaktivität: Methylphenidat, Atomoxetin
•
Kontrollierte Untersuchungen zu Atypischen NL mit
günstigerem NW-Profil erforderlich
Kausale Behandlung der Kernsymptome autistischer
•
Aufklärung der Eltern über begrenzte Ziele der Behandlung
Störungen ist bislang nicht möglich, Ausnahme:
•
Kombination pharmakotherapeutischer Maßnahmen und
psychotherapeutischer Interventionen sinnvoll!
Kann nach klinischem Eindruck Ansprechen auf
pädagogische und psychotherapeutische Interventionen
deutlich verbessern
3.
4.
5.
Verringert den Leidensdruck des Patienten
Stereotype und repetitive Veraltensweisen sind begrenzt
beeinflussbar
Literatur
Parikh MS, Kolevzon A &Hollander E (2008) psychopharmacology of aggression in children
and adolescents with autism: a crticial review of efficacy and tolerability . J Child Adolesc
Psychopharmacol. 2008 Apr;18(2):157-78.
Poustka L & Poustka F (2007) Psychopharmakologie Autistischer Störungen.
Zeitschrift für Kinder-und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 35 (2), 87-94
King BH & Bostic JQ (2006). An update on pharmacologic treatments for autism spectrum
disorders. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am. 15, 1, 161-175.
Findling RL (2005) Pharmacologic treatment of behavioral symptoms in autism and pervasive
developmental disorders. J Clin Psychiatry. 2005;66 Suppl 10, 26-31.
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