Somatische Gentherapie. Chancen und Grenzen von Christoph Klein

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In: Honnefelder, L.; Streffer, C. (Hg.): Jahrbuch Wissenschaft und Ethik 2003, S. 185‐200 Somatische Gentherapie. Chancen und Grenzen
von Christoph Klein
5. Ethische Betrachtung und handlungsrelevante Reflexionen
Die Wissenschaftsjournalisten Jeff Lyon und Peter Corner haben in ihrem Buch
Altered Fates eine interessante Darstellung eines Gegensatzes gegeben, der ein Licht
auf die ethische Reflexion der somatischen Gentherapie werfen kann.8 Auf illustrative
Weise werden gegensätzliche Grundeinstellungen von Wissenschaftlern dargestellt,
die verschiedene Perspektiven, Motivationen und handlungsrelevante
Maximen zum Ausdruck bringen.
Der eine Wissenschafder, French Anderson, ist Kinderarzt und betreut Familien
mit angeborenen Erkrankungen des blutbildenden Systems, denen er mit konventionellen
Methoden keine kurative Therapie anbieten kann. Als früher Protagonist
der Gentherapie knüpft er hohe Erwartungen an seine Forschungen, die erstmals
die Chance für eine erfolgreiche Heilung von tödlichen Erkrankungen wie der Thalassämie
und der angeborenen Immundefekte bieten sollen. French Anderson
erscheint als Arzt in Verantwortung für seine Patienten, dem das „salus aegroti"
zum höchsten Ziel wird.
Auf der anderen Seite der Entwicklung steht Richard Mulligan, ein brillanter
Naturwissenschaftler am Massachusetts Institute of Technology ( ), dessen hohes Ziel
das perfekte Experiment ist, welches einen Erkenntnisgewinn mit sich bringt. Auch
er verpflichtet sich der Gentherapie, ist allerdings viel zurückhaltender und warnt
vor den Risiken vorzeitiger klinischer Anwendungen. Er will erst die Vektortechnologie
vervollkommnen, um alle Bedingungen des Humanexperiments kontrollieren
zu können. So entwickelt er sukzessive Generationen von rekombinanten
Retroviren, und als er maßgebliche Optimierungen vorgenommen hat, die nun
einen möglichen Erfolg in der klinischen Prüfung in die Nähe rücken, wendet er
sich nicht der klinischen Anwendung zu, sondern studiert zunächst die Biologie der
zu transduzierenden Zellen.
Der Arzt und der Naturwissenschaftler — beide arbeiten an der Entwicklung der
Gentherapie, doch ihre Motivation und ihre konkreten Ziele sind sehr unterschiedlich.
Zwei Welten treffen aufeinander, nicht ohne dass Konflikte aufbrechen, die bei
näherer Betrachtung ethisch außerordentlich relevant sind. Dieses Aufeinandertreffen
von gegensätzlichen Perspektiven der Gentherapie ist auch insofern interessant,
als sich gleichsam auf engem Raum zwei Denkströmungen oder Disziplinen ineinander
verschränken, die sich zuvor durch das Entstehen der exakten Naturwissenschaften
auseinander entwickelt hatten.
Der Entzauberung der Natur durch die Naturwissenschaft, eingeleitet durch die
neuzeitlich wissenschaftliche Denkweise zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert und
die Ablösung der aus der Antike tradierten Idee eines hierarchisch geordneten und
wertmäßig abgestuften Kosmos durch den Gedanken eines unendlichen, von „blinden"
Naturgesetzen beherrschten Universums, bemächtigte sich nicht nur der
unbelebten, sondern spätestens seit Darwin auch der belebten Materie. Die Biologie,
die bis ins 18. Jahrhundert noch provokationsfrei betrieben werden konnte, da eine
biologische Betrachtung der Natur einzig und allein dem Lobe Gottes diente, emanzipierte
sich und eröffnete eine Möglichkeit, die Natur gleichsam „aus sich heraus"
zu erklären, ohne Rekurs auf eine schöpferische transzendente Macht. Die Biowissenschaften
brachen mit überkommenen, gesellschaftlich und kulturell verankerten
Vorstellungen und erklärten die belebte Natur nun nach immanenten Prinzipien der
Mutation und Selektion. Damit folgten sie dem Wissenschaftsideal der Physiker und
In: Honnefelder, L.; Streffer, C. (Hg.): Jahrbuch Wissenschaft und Ethik 2003, S. 185‐200 Astronomen, die den Gegenstand ihrer Forschung als „moralisch neutral" betrachteten.
Diese „Wertneutralität" der Naturwissenschaften ist ein immer noch sehr weit
verbreitetes Paradigma in der Scientific Community mit entsprechenden Verhaltensmustern.
Im Gegensatz zu der naturwissenschaftlich geprägten Sichtweise steht die klinische
Sichtweise. Die Verschiedenheit der klinischen Perspektive liegt darin begründet,
dass sie bei aller notwendigen und fruchtbaren Integration naturwissenschaftlicher
Methodik sich nie auf eine rein theoretische Betrachtungs- bzw. Erklärungsweise
reduzieren lassen kann. Die klinische Medizin ist eine praktische Wissenschaft,
die sich dadurch kennzeichnen lässt, dass sie es ermöglicht, Fragen danach,
was zu tun sei, innerhalb ihrer zu erörtern und auf begründbare Weise zu beantworten.
Ist das Ziel der theoretischen Wissenschaften, Aussagen über Gesetzmäßigkeiten
und ihre Bedingungen zu treffen, so liegt das Ziel der praktischen Wissenschaften
darin, Handlungen selbst zu begründen und zu rechtfertigen.9 Der Arzt ist
in sehr direkter Weise durch seinen Patienten zum Handeln aufgerufen, er kann sich
dieser Pflicht nicht entziehen. Dadurch, dass er qua Arzt-Sein sein theoretischnaturwissenschaftliches
Wissen praktisch zur Anwendung bringen muss, steht er in
einem direkten Handlungszusammenhang. Gefordert ist eine praktische Rationalität
Doch diese ist keineswegs trivial in dem Sinne, dass der Arzt immer schon weiß, auf
welche Weise er dem Anspruch seines Patienten auf Linderung seiner Symptome
bzw. auf Heilung gerecht wird. Eine Festlegung der Pflicht des Arztes, Leben zu
wahren und Krankheit zu heilen, ist zwar von fundamentaler Bedeutung, allerdings
unter den jeweiligen Umstanden nicht immer klar in Handlungsdirektiven übersetzbar.
Gerade die Unkenntnis aller theoretisch möglichen Bedingungen macht die
Begründung des Handelns mitunter schwierig. Die Kenntnis der Randbedingungen
bleibt fragmentarisch, und der beabsichtigte Erfolg kann nicht garantiert werden.
Der Am muss immer weder unter Bedingungen handeln, die er nur schemenhaft
erahnen kann und auf deren Klärung er nicht warten kann, insbesondere dann,
wenn diese dem hohen Standard einer naturwissenschaftlich-theoretischen Wissenschaft
genügen soll.
Die Gentherapie als Disziplin verschränkt beide Sichtweisen, eine theoretische,
dem naturwissenschaftlichen Ideal verbundene, und eine klinisch-praktische, die
sich spätestens bei ihrer Durchführung am Patienten offenbart. In dieser Verflechtung
stellt sich eine Reihe von praxisrelevanten und ethischen Fragen, die hier ohne
Anspruch auf Vollständigkeit kurz skizziert werden sollen.
- Welche Krankheitsmodelle werden für die Untersuchungen gewählt?
Die Entwicklung gentherapeutischer Strategien kann nicht wie ein konkretes
naturwissenschaftliches
Experiment von einem einzelnen Wissenschaftler durchgeführt
werden, sondern erfordert eine langfristige konzertierte Anstrengung von vielen
Akteuren. Dies gebietet vor Beginn eines solchen Projektes eine sorgfältige Sondierung
der möglichen Handlungsräume. In der Perspektive der Naturwissenschaft, die
auf Klarheit der Bedingungen Wert legt, wäre eine erste Entwicklung anhand derjenigen
Krankheitsmodelle vorrangig, die sich monokausal erklären lassen. Monogene
Erkrankungen zeigen eine definierte Pathophysiologie; im Gegensatz dazu ist
die Pathophysiologie komplexer Erkrankungen wie die Entstehung von Krebs oder
die Manifestationen der Herz-Kreislauf-Erkrankungen sehr viel schwieriger zu verstehen
und kausal zu behandeln. Es ist nicht verwunderlich, dass die erste erfolgreiche
klinische Gentherapiestudie gerade deswegen erfolgreich war, da eine geeignete
Modellerkrankung sorgfältig ausgewählt wurde.
Es ist offensichtlich, dass bereits die Frage nach der Wahl der klinischen Modelle
In: Honnefelder, L.; Streffer, C. (Hg.): Jahrbuch Wissenschaft und Ethik 2003, S. 185‐200 geprägt ist von der Dichotomie der wissenschaftlichen Sichtweisen. Das
naturwissenschaftliche
Interesse, anhand definierter Bedingungen klare Aussagen über
die Durchführbarkeit genetischer Therapien zu machen, steht dem klinischen Interesse
gegenüber, welches motiviert ist durch den Appell der Patienten, bislang nicht
oder nicht zureichend heilbare Erkrankungen mit Hilfe neuer Methoden zu therapieren.
10 Insbesondere sieht der Kliniker die schweren, unheilbaren Erkrankungen,
u.U. auch die sehr häufig auftretenden Erkrankungen als vordringliche Gegenstände
seines Handelns an.
— Wann und unter welchen Bedingungen sollte eine experimentelle Therapie klinisch getestet
werden?
Diese Frage wurde bereits in einem vorausschauenden Artikel von Theodore
Friedmann und Richard Roblin aus dem Jahre 1972 kritisch diskutiert11 Die Autoren
nennen eine Serie von fünf „ethisch-wissenschaftlichen" Kriterien, die vor einer
klinischen Anwendung erfüllt sein sollten. So fordern sie, dass der genetische Defekt
der Erkrankung biochemisch charakterisiert sein sollte. Dies bezieht sich z.B. auf die
Frage, welche Restmengen an Protein der betroffene Patient noch bildet, bzw. auf
die Frage der Restaktivität eines Proteins bei Vorliegen einer Mutation. Als weiteres
Kriterium wird angeführt, dass eine ausreichende klinische Erfahrung mit den
jeweiligen Krankheiten bestehen soll. Diese Expertise ist wichtig zur Einschätzung
von Aussagen über den natürlichen Verlauf der Erkrankung und zur Evaluierung
alternativer Therapieverfahren. Dieses Kriterium resultiert aus der Erfahrung, dass
Defekte in ein und demselben Gen zu leichteren und schwereren Verläufen prädisponieren
können, und soll sicherstellen, dass nicht äußerst milde Varianten eines
Gendefektes einer experimentellen risikobehafteten Therapie zugeführt werden.
Friedman und Roblin fordern weiter, dass ein zu verwendendes Vektorsystem adäquat
charakterisiert sein muss. In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren
explizit auf die Notwendigkeit einer zentralen Aufsichtsbehörde. Weiterhin werden
vor einer klinischen Prüfung ausreichende tierexperimentelle Vorarbeiten vorausgesetzt,
so dass eine adäquate Risikobewertung erfolgen kann. Ausdrücklich wird die
Generierung von Tiermodellen menschlicher Erkrankungen (wie sie erst durch die
Entwicklung transgener Tiere möglich werden sollte) gefordert. Schließlich wird ein
Kriterium dargestellt, welches eine ausreichende in w/to-Analyse von genetisch veränderten
Zellen der Patienten fordert Die Autoren argumentieren, dass man in vielen
Fällen Primärzellen aus dem Patienten gewinnen, diese in vitro manipulieren und
den Erfolg der genetischen Manipulation analysieren könne. Auf diese Weise ist
nicht nur ein Wirksamkeitsnachweis, sondern auch eine Untersuchung auf toxische
Nebenwirkungen (z.B. chromosomale Stabilität, maligne Entartung) möglich.
Dieser Katalog von Kriterien beansprucht auch heute noch Gültigkeit, wenn
auch das eine oder andere Kriterium im Detail auf unseren aktuellen Kenntnisstand
angepasst werden kann.
- Nach welchen Kriterien sollte eine Risiko- und FoIgenabschätzung durchgeführt werden?
Wie jedes neue Therapieverfahren muss auch die somatische Gentherapie vor einer
Anwendung am Patienten einer kritischen Abwägung von Nutzen und Risiko unterzogen
werden. In diesem Sinne unterscheidet sie sich nicht prinzipiell von konventionellen Therapien. Kontrovers diskutiert wird allerdings die Frage, welche Risiken
und welche Folgen verantwortbar sind. Im Gegensatz zu vielen (durchaus nicht
allen) konventionellen Therapieverfahren ist ein gentherapeutischer Eingriff in der
Regel irreversibel, insbesondere dann, wenn genetisch manipulierte Stammzellen
verabreicht werden. So erscheint eine experimentelle Gentherapie bei primären
Immundefekten, die ohne adäquate Therapie in den ersten Lebensjahren zum Tode
In: Honnefelder, L.; Streffer, C. (Hg.): Jahrbuch Wissenschaft und Ethik 2003, S. 185‐200 führen, eher gerechtfertigt als bei manchen Stoffwechselerkrankungen, die diätetisch
gut zu kontrollieren sind. Konkrete Kataloge mit Kriterien, anhand derer Nutzen
und Risiko definiert werden können, fehlen .bisher allerdings. Die Diskussion um die
schwer wiegenden Nebenwirkungen, die in den vergangenen Jahren beschrieben
wurden, wird neue Forschungsinitiativen begünstigen, die sich insbesondere mit
dem Toxizitätsprofil gentherapeutischer Interventionen befassen. Es ist zu hoffen,
dass aus diesen Initiativen nicht nur experimentelle Daten resultieren, die eine adäquate
Folgenabschätzung erlauben werden, sondern auch eine Vergewisserung der
ethischen Grundlagen durch praktizierte Formen eines interdisziplinären Dialoges.
- In welchem therapeutischen Kontext befindet sich der Patient?
Viele Analysen haben gezeigt, dass sich die tradierte Arzt-Patient-Beziehung, in welcher
der Arzt jeder institutionellen Beeinflussung enthoben nur dem Patienten
gegenüber verpflichtet war, nicht mehr der Realität entspricht. Die Dyade von Arzt
und Patient wurde längst durch die rasant zunehmende medizinische Subspezialisierung
und durch die Einflussnahme der Krankenhausverwaltungen und Versicherungen
aufgebrochen, ein Faktum, welches interessante und äußerst wichtige ethische
Implikationen hat. Dies trifft in besonderem Maße für die Gentherapie zu. Die
institutionellen Bedingungen ärztlichen gentherapeutischen Handelns werden durch
die notwendige Einbeziehung weiterer Akteure zusätzlich kompliziert. Oftmals werden
wissenschaftliche Vorbereitungen zur Durchführung gentherapeutischer Studienprotokolle
vor Ort von Pharmaunternehmen unterstützt, manchmal auch verantwortlich
dirigiert. Die Gewinnung, Züchtung und genetische Veränderung primärer
Zellen von Patienten erfolgt heute unter strengen behördlichen Auflagen. Die
dazu notwendigen Laboratorien arbeiten unter so genannten GMP-Bedingungen
(„good manufacturing practice'*), labortechnische Voraussetzungen, die sich auch
ein hoch spezialisiertes Universitätsklinikum kaum mehr leisten kann. Folge ist, dass
diese Tätigkeit an Unternehmen delegiert wird. Ähnliches trifft auch für die Produktion
von qualitätsgeprüften viralen Vektoren zu. Der Patient findet sich also in
einem äußerst komplexen Interaktionsfeld, dessen Akteure Vertreter von klinischer
Medizin, Naturwissenschaft, Krankenhausverwaltung und Privatwirtschaft sind.
Diese Entwicklung erfordert eine kritische Analyse und Offenlegung der jeweiligen
Interessen der Beteiligten, so dass sichergestellt ist, dass der Patient im Zentrum
des Geschehens bleibt. Die Begutachtung durch unabhängige Expertenkommissionen
spielt hierbei eine zentrale Rolle. In Deutschland werden alle klinischen
Gentherapiestudien nicht nur von den lokalen Ethikkommissionen der medizinischen
Fakultäten bzw. Landesärztekammern begutachtet, sondern auch von
einem Expertengremium, welches bei der Bundesärztekammer angesiedelt ist. Die
Kernaufgabe der Kommission Somatische Gentherapie der Bundesärztekammer ist die
Somadsche Gentherapie - Chancen und Grenzen 199
fachlich-inhaltliche Begutachtung der geplanten Gentransferstudien.12 Sie spricht
empfehlende Voten aus, welche den lokalen Ethikkommissionen als Leitlinie für
ihre Entscheidungen dienen. Neben den wissenschaftlichen und ethischen Aspekten
sind dabei mit Blick auf die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und des
Gentechnikgesetzes
behördliche Auflagen zu berücksichtigen; als Bundesaufsichtsbehörde
dient das Paul-Ehrlich-lnstitut.
Die Entwicklung und klinische Umsetzung der Gentherapie stellt also eine
äußerst komplexe Aufgabe dar. Naturwissenschaftliche, klinische und ethische
Aspekte spielen eine fundamentale Rolle. In diesem Sinne kann die Gentherapie als
moderne Konkretion der Medizin auf vielschichtige Wurzeln blicken. Ihre erfolgreiche
Umsetzung und Realisierung im klinischen Kontext kann nur in kompetenten
In: Honnefelder, L.; Streffer, C. (Hg.): Jahrbuch Wissenschaft und Ethik 2003, S. 185‐200 Netzwerken mit interdisziplinärer Expertise gemeistert werden.
6. Zusammenfassung
Die somatische Gentherapie ist eine junge Disziplin der Medizin, die sich auf der
Grundlage einer genetischen Sicht der Medizin unter methodischer Hilfe der
Molekularbiologie
und Biotechnologie entwickelt hat. Angesichts des hohen Ranges von
individualspezifischer Gesundheit hat die Gentherapie einen hohen gesellschaftlichen
Zuspruch erfahren. Grundlage für die Umsetzung des Konzeptes der Gentherapie
war die Entwicklung von Genfahren durch die genetische Manipulation
von Viren. Die klinische Umsetzung des Konzeptes erfolgt heute bereits erfolgreich
bei ausgewählten monogenen Erkrankungen. Es ist zu erwarten, dass die Gentherapie
auch das therapeutische Armamentarium in der Behandlung komplexer Krankheitsentitäten
maßgeblich bereichern wird.
Die Grenzen der Gentherapie sind einerseits kontingenter Natur, sofern sie die
Erkenntnisse der Pathophysiologie vererbter Erkrankungen oder die Limitationen
der Vektortechnologie betreffen. Darüber hinaus sieht sich die somatische Gentherapic
aber auch ethischen Grenzen gegenüber, die jenseits der technologischen
Machbarkeitsgrenzen liegen. Die notwendigen ethischen Analysen der somatischen
Gentherapie erscheinen allerdings nicht kategorial verschieden von den Analysen
konventioneller experimenteller Therapieverfahren. Die Disziplin der Gentherapie
verschränkt die Handlungsraume von Naturwissenschaft und klinischer Medizin.
Diese Dichotomie der Sichtweisen kann zu Konflikten fuhren. Eine philosophische
Reflexion sollte dazu beitragen, die Verschiedenheit der jeweiligen Begründungskontcxtc
und der jeweiligen normativen Kräfte zu identifizieren und transparent werden zu lassen.
Im Antlitz des Patienten ist diese Klarheit ein Desiderat, um die
klinische Medizin vor der Gefahr zu bewahren, zum Erfüllungsgehilfen einer blinden
Technokratie zu degenerieren-
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