34. Das Berufsbild des Unfallchirurgen, seine Weiterbildung

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Teil IV Weiterbildung Krankenhausstruktur zukünftige
Entwicklung
34. Das Berufsbild des Unfallchirurgen, seine Weiterbildung und
Fortbildung
A. Ekkernkamp
Einleitung
Das Berufsbild des Unfallchirurgen ist unzweideutig aus der historischen Entwicklung der
Chirurgie heraus definiert "die Beschäftigung mit dem verletzten Menschen". Die
Entwicklung des Gebietes Chirurgie in den letzten 100 Jahren in seiner Vielfältigkeit und in
seinen Schwerpunktbildungen hat dazu geführt, daß die eigentliche Bedeutung dieser
Tätigkeit periodenweise unterschätzt oder mißverstanden worden ist. Aufgrund
gesellschaftlicher Veränderungen muß eine Neuorientierung in der Definition des
Berufsbildes Unfallchirurgie stattfinden. Nicht vermeintliche Bedürfnisse der Unfallchirurgie
selbst, sondern ihre Bedeutung für den kranken und verletzten Menschen sind Maßstab der
Beurteilung und der Existenz dieses chirurgischen Schwerpunktes.
Verhütung von Unfällen durch Analyse der technischen Bedingungen chirurgischer
Verletzungen, Beseitigung oder mindestens Linderung der Unfallfolgen und Verbesserung der
Behandlung Unfallverletzter im Hinblick auf ihre Risiken und Effizienz bestimmen das
Berufsbild.
Die Aufgabe der Unfallchirurgie
Vor 125 Jahren wurde der erste Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie mit einem
Referat des Chirurgen Richard von Volkmann über vergleichende Statistik analoger Kriegsund Friedensverletzungen eröffnet. Seine Beobachtungen über die Prognose von
Verletzungen haben heute noch unverändert Gültigkeit.
Die rasch sich ausdehnende Entwicklung der Chirurgie führte dazu, daß sich Schwerpunkte
bildeten, die sich zunehmend von dieser chirurgischen Basis entfernten. Eine Spezialisierung
nachwachsender Chirurgen in neue Richtungen der Bauch-, Gefäß- und Thoraxchirurgie
überholte die Entwicklung in der meist konservativen Unfallbehandlung zunehmend.
Es ist das bleibende Verdienst von Lorenz Böhler (1885-1973), Organisationsstrukturen
entwickelt und praktiziert und Behandlungsergebnisse einer großen Zahl vergleichbarer Fälle
erstmals veröffentlicht und anhand deren ein unfallchirurgisches Berufsbild definiert zu
haben: "Unfallchirurgen müssen auch die Allgemeine Chirurgie beherrschen, da durch einen
Unfall manchmal nicht nur Weichteile und Knochen, sondern auch innere Organe verletzt
werden." Auch Heinrich Bürkle de la Camp (1895-1974), Chefarzt am Bergmannsheil in
Bochum, dem ältesten Unfallkrankenhaus der Welt, forderte: "Nur wer die Allgemeine
Chirurgie beherrscht, ist auch in der Lage, Unfallverletzungen umfassend zu behandeln."
Diese beiden Aussagen machen deutlich, daß Unfallchirurgen Chirurgen sind, die sich
speziell mit Unfallverletzungen befassen. Der Unfallchirurg ist somit nicht ein
Organspezialist, sondern "der Fachmann für das Trauma" (Weller). Dieses Berufsbild
verpflichtet, die Unfallmedizin ganzheitlich zu sehen. Es umfaßt die präklinische Versorgung
durch Notfall- und Rettungsmedizin, beinhaltet die unfallchirurgische Intensivmedizin und
verfügt über die Kompetenz, neben Extremitätenverletzungen auch Verletzungen der
Körperhöhlen und deren Organe erkennen und versorgen zu können. Die Rehabilitation der
Verletzten und die Begutachtung der verbliebenen Folgen sind integrierte Aufgaben.
Dies zeigt das weite Spektrum der Unfallchirurgie und verdeutlicht, wie gefährlich es wäre,
würde ein Unfallchirurg sich ausschließlich auf die Behandlung frischer Knochenbrüche
beschränken. Aktuell nimmt dazu die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie in ihrem
1997 herausgegebenen Strukturpapier definierend Stellung:
Die Unfallchirurgie in Deutschland beschäftigt sich mit der Unfallprävention, der
Unfallrettung, der Erkennung und operativen sowie konservativen Behandlung aller
Verletzungen und deren Folgen bei Patienten aller Altersstufen.
Die Unfallchirurgie führt wiederherstellende, korrigierende und plastische Eingriffe aus und
behandelt Erkrankungen des Skelettsystems und der Weichteile.
Der Unfallchirurgie obliegt die gebietsbezogene intensivmedizinische Betreuung, die
Nachsorge und die Rehabilitation ihrer Patienten, die Qualitätssicherung sowie die
Sicherstellung der begleitenden klinischen und grundlagenorientierten Forschung.
Weiterbildung
Die geltende Weiterbildungsordnung gründet sich in der Chirurgie auf vier gleichrangige
chirurgische Schwerpunkte: Gefäß-, Thorax-, Unfall- und Viszeralchirurgie. Jeder dieser
Schwerpunkte befaßt sich nicht mehr ausschließlich mit einer Teilmenge des Gesamtgebietes,
vielmehr umfaßt er sowohl im Gebiet enthaltene als auch exkludierte Inhalte. Dies führt zu
wesentlichen, häufig noch nicht berücksichtigten Konsequenzen:
•
•
Der Chirurg, also der "Basischirurg" ohne Schwerpunktbezeichnung, verfügt nicht
mehr über sämtliche Kenntnisse und Fertigkeiten des früheren Teilgebiets-(Unfall)chirurgen und darf sich daher nur noch mit einer inhaltlich einfachen Teilmenge des
Schwerpunktes befassen. Hieraus resultieren Exklusivzuständigkeiten des
Schwerpunkt-Unfallchirurgen.
Die veränderte Bewertung des Schwerpunktes definiert die "Basischirurgie" als sich
überschneidende Inhalte der Schwerpunkte.
Im Hinblick auf die Weiterbildung bedeutet dies, daß mehrere Schwerpunktchirurgen
zusammen verantwortlich sind für die fünfjährige Weiterbildung zum (Basis-)Chirurgen, an
die sich eine dreijährige Weiterbildung im Schwerpunkt anschließt. Eine leitende Stellung am
Krankenhaus ohne Schwerpunktbezeichnung ist daher künftig undenkbar.
Welche Leistungen darf ein Unfallchirurg erbringen?
Widerstreitende Gebietsinteressen, Berufspolitik und Wirtschaftlichkeitsprobleme haben dazu
geführt, daß immer wieder versucht wurde, neue Gebiete zu etablieren, die auch Teile des
jetzigen Schwerpunktes Unfallchirurgie abdecken. Dies ist nicht durchgängig gelungen; als
gesetzliche Institution hat jedoch der Deutsche Ärztetag, dem Konsens verpflichtet, eine
Vielzahl von Zertifizierungen eingeführt, ohne die ein Unfallchirurg heute seine Aufgaben
nicht vollständig erfüllen kann. Diese Totalkompetenz bezieht sich nicht nur auf den
Fachkundenachweis in rechtlicher Hinsicht, sondern auch auf das Liquidationsrecht. Ohne
Notfall- und Intensivmedizin entfallen die gesamte präklinische Versorgung, die
Schockbehandlung und die Intensivtherapie; die Versorgung von Handverletzungen bedarf
eines gesonderten Nachweises, wie ein solcher ebenso für Laboratoriumsmedizin und
Schmerztherapie notwendig ist. Für die Rehabilitation und Nachbehandlung sind belegte
Kenntnisse in Physikalischer Therapie ebenso erforderlich wie das Dokumentieren von
Kenntnissen und Erfahrungen in der Sonographie. Allein um eine Röntgenuntersuchung
anordnen zu können, ist der Sach- und Fachkundenachweis des Strahlenschutzes gesetzlich
vorgeschrieben, der Unfallchirurg hat sich an die Richtlinien zum ambulanten Operieren zu
halten ebenso wie an die Vorgaben zur Durchführung endoskopischer Maßnahmen.
Letztendlich wirken auch die Ausführungsbestimmungen des neuen SGB VII durch
Verordnungen zur Behandlung Arbeitsunfallverletzter auf den Unfallchirurgen unmittelbar
ein.
Diese Entwicklung läßt deutlich erkennen, daß die ausschließliche Schwerpunktbezeichnung
"Unfallchirurgie" in rechtlicher Hinsicht eine Einengung des Berufsbildes bedeutet. Der
Unfallchirurg, der - aus welchen Gründen auch immer - die notwendigen Sach- und
Fachkundenachweise nicht besitzt, reduziert seine Aufgaben erheblich.
Interessenvertretung
Die Novellierung der Musterweiterbildungsordnung von 1992 und die noch andauernde
Umsetzung in den einzelnen Landesärztekammern hat zu einschneidenden Veränderungen
innerhalb der Fachgesellschaften und Berufsverbände geführt. Kinderchirurgen, Plastische
Chirurgen und Herzchirurgen haben sich verselbständigt und sind jetzt für die Weiterbildung
ihres Nachwuchses selbst zuständig. Die wissenschaftlichen Vertretungen der früheren
Teilgebiete unterliegen nun als Schwerpunktrepräsentanten neuen Anforderungen.
Die bisherige originäre wissenschaftliche Vertretung der gesamten Chirurgie, die Deutsche
Gesellschaft für Chirurgie, muß jetzt einen neuen Operationsmodus mit den Repräsentanten
der neuen Nachbargebiete finden. Wesentlicher Ausfluß dieser Entwicklung ist die Gründung
einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Viszeralchirurgie. Die dauerhaften
Konsequenzen für die Muttergesellschaft und die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Chirurgie bleiben abzuwarten.
Die Bedürfnisse der Konzentration, wie sie nun von viszeralchirurgischer Seite dokumentiert
sind, hat die Unfallchirurgie bereits hinter sich. Vor wenigen Jahren wurde die
interdisziplinäre Gesellschaft für Unfallheilkunde in Deutsche Gesellschaft für
Unfallchirurgie umbenannt, um die Interessenlage nach innen und außen zu verdeutlichen.
Damit ist die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) die wissenschaftliche
Schwerpunktgesellschaft, deren Struktur auf die Bedürfnisse aller Chirurgen, seien sie in
Weiterbildung, in der Praxis, am Krankenhaus oder an der Universität tätig, abstellt. Dennoch
hat der wissenschaftliche Anspruch der DGU die berufspolitischen Aktivitäten derartig
überstrahlt, daß - in ökonomisch angespannter Zeit - Defizite beklagt wurden. Berufspolitik
muß zunehmend auch Aufgabe einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft sein, sie kann sich
dieser Anforderung nicht entziehen.
Auf der anderen Seite müssen die erheblichen berufspolitischen Bedürfnisse der
Unfallchirurgen auch außerhalb der wissenschaftlichen Gesellschaft klar erkennbar fokussiert
werden, wozu neue Organisationsformen entweder innerhalb oder außerhalb der bisher
zuständigen Verbände gefunden werden müssen.
Wesentlich daran ist aber, daß nicht allzuviele Zungen die Öffentlichkeit verwirren, sondern
im Rahmen einer internen Diskussion über die zukünftige Entwicklung ein Grundkonsens
gefunden wird, der dann gemeinsam nach außen vertreten werden kann.
Unfallchirurgie an den Hochschulen
Nach Abschaffung der formalen und inhaltlichen Definition "Unfallchirurgie ist Teilgebiet
der Chirurgie" in den Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern und damit in den
Heilberufsgesetzen der Bundesländer müssen diese als Träger der Landesuniversitäten ihre
Strukturen anpassen. Auch die traditionsreiche "Chirurgische Klinik und Poliklinik" einer
Universität bedarf der Gliederung. Dies gilt für die neuen, jetzt gleichberechtigten Gebiete
ebenso wie für die Schwerpunkte, deren über das Fach Chirurgie hinausgehender Lehrinhalt
nicht mehr von dem imaginären, im Berufsrecht gar nicht vorgesehenen
"Allgemeinchirurgen", schon gar nicht von dem Viszeralchirurgen vermittelt werden kann.
Allein hieraus ergibt sich die Einrichtung gleichberechtigter und gleichrangiger, mit Personalund Finanzhoheit ausgestatteter Abteilungen und Kliniken, die jedoch strukturell in einem
Zentrum zusammengefaßt werden. Dies ist notwendig, um die Schwächung
gesamtchirurgischer Interessen innerhalb der Fakultät zu verhindern; auch die Wahl eines
geschäftsführenden Direktors der Chirurgischen Klinik kann diese Zusammenfassung
vermitteln. Darüber hinaus ist eine Zentrumskonferenz zur Koordination der studentischen
Lehre und der ärztlichen Weiterbildung erforderlich, da neben Wissenschaftlern und
kompetenten Schwerpunktchirurgen auch "Basischirurgen" und praktische Ärzte mit
chirurgischen Kenntnissen heranzubilden sind.
Unfallchirurgie und Berufsgenossenschaften
Aus den gesetzlichen Anforderungen des SGB VII ziehen die Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung zahlreiche Konsequenzen zur Bewahrung der Versorgungsqualität ihrer
Versicherten. Die Anforderungen an die Behandlung "mit allen geeigneten Mitteln unter
Berücksichtigung des medizinischen Fortschrittes" werden ernst genommen, aber auch
ökonomische Grenzen finden zunehmend Beachtung.
Die Bindung der Bestellung zum Durchgangsarzt an den Besitz der Schwerpunktqualifikation
"Unfallchirurg" bestätigt das Vertrauen der gesetzlichen Unfallversicherung in die
Kompetenz. Prävention, Behandlung Unfallverletzter, Rehabilitation und Begutachtung
werden künftig grundsätzlich in den Händen von Unfallchirurgen liegen.
Fortbildung
Die Übergänge zwischen Weiter- und Fortbildung sind fließend. Die Erlangung von
speziellen Qualifikationen ist nur durch eine Mischung aus traditioneller Weiterbildung unter
Leitung eines befugten Arztes und durch Ableistung von Fortbildungskursen möglich, wie
dies beispielsweise für die Physikalische Therapie, Schmerztherapie, Rettungsmedizin oder
für den Leitenden Notarzt gilt.
Dieser Verpflichtung dürfen sich weiter- und fortbildende Unfallchirurgen nicht entziehen,
wenn sie ihrem Nachwuchs nicht schaden wollen.
Die Fortbildung des Unfallchirurgen stellt sich nicht als besonderes Problem dar. Die
kritischen Stimmen aus dem Kreis der Gesundheitsministerkonferenz und der
Arbeitsgemeinschaft der leitenden Medizinalbeamten des Bundes und der Länder hinsichtlich
der mangelhaften Fortbildung der Ärzteschaft trifft Unfallchirurgen nur in sehr
eingeschränktem Maße. Die seit Jahrzehnten beeindruckenden Teilnehmerzahlen an den
Kursen der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO), der hohe Zuspruch bei den
Jahrestagungen der wissenschaftlichen Gesellschaften, eine fast hundertprozentige Präsenz
aller Durchgangsärzte an den Unfallmedizinischen Tagungen der Landesverbände der
gewerblichen Berufsgenossenschaften sind eindeutige Belege für den Fortbildungsdrang der
Unfallchirurgen.
Angesichts des Hochrisikobereiches, der Notwendigkeit, rasch umfassende Entscheidungen
zu treffen, aber auch wegen der permanenten forensischen Kritik stehen Unfallchirurgen
untereinander in ständigem Dialog. Die Zahl hervorragend besuchter Fortbildungsangebote ist
nicht nur deshalb unüberschaubar groß geworden. Den Regularien der Berufsordnung und
dem Wunsch der Exekutive folgend, wird eine Fortbildungszertifizierung einzuführen sein.
Vorstand der Bundesärztekammer und Deutscher Senat für ärztliche Fortbildung erarbeiten
gegenwärtig ein Ärztekammer- oder Fortbildungsdiplom. Dies wird zusätzlich die hohe
Fortbildungsmotivation der Unfallchirurgen dokumentieren.
Kritik
Inhaltlich ergeben sich die Grenzen des eingangs definierten Berufsbildes "Unfallchirurg" aus
dem Können und der Erfahrung des Leitenden Arztes. Hat dieser seine Weiterbildung in einer
Klinik mit umfassendem Anspruch und festen Zuordnungen absolviert, so wird er zukünftig
seinen Mitarbeitern die Möglichkeit geben können, den gesamten definierten Rahmen
auszufüllen. Erfolgt die Weiterbildung dagegen in einer auf akute Extremitätentraumen
beschränkten Abteilung mit wenigen schwerverletzten Patienten und eingeschränkten
Hospitationsmöglichkeiten auf Notarztwagen und Intensivstation, werden Patienten mit
Verbrennungen und Handverletzungen von Plastischen Chirurgen versorgt, erfolgt die
Rehabilitation durch einen Facharzt für Physiotherapie und geschieht die Stabilisierung von
Wirbelkörperfrakturen ausschließlich durch Neurochirurgen oder Orthopäden, ist die Zukunft
solcher "Unfallchirurgen" düster.
Dieses unterschiedliche Leistungsspektrum kann derzeit in der Weiterbildungsordnung nicht
dargestellt werden, es wird jedoch in naher Zukunft durch die Umsetzung des SGB VII
reflektiert werden.
Auch die Diskussionen über die Zusammenführung von Orthopädie und Unfallchirurgie zum
angeblich international gesellschaftsfähigen "Orthopädischen Chirurgen" müssen vor dem
Hintergrund des Berufsbildes gesehen werden. Der bewußte Verzicht auf Notfall- und
Intensivmedizin und auf das über die Extremitäten hinausgehende Verletzungsspektrum ist
mit der Anerkennung als Durchgangsarzt nicht vereinbar und gefährdet langfristig die
Existenz der niedergelassenen Unfallchirurgen. Zudem ist die derzeitige Weiterbildung der
Orthopäden mit nur einem Pflichtjahr Chirurgie zur Erfüllung traumatologischer
Anforderungen ungeeignet, wie auch dem Unfallchirurgen für mindestens zwei weitere
Generationen die traditionellen Aufgaben der deutschen Orthopädie mit den Schwerpunkten
Skoliose, Hüftdysplasie, kindliche Mißbildungen, Heil- und Hilfsmittelversorgung etc. fremd
bleiben werden.
Ausblick
Das existente, wenn auch nicht flächendeckend umgesetzte Berufsbild "Fachmann für das
Trauma" bedarf der breiten Diskussion innerhalb der unfallchirurgischen berufspolitischen
Gruppierungen. Die Klage über Fremdbestimmung ist verfehlt; denn weder
Bundesärztekammer noch die Vertreter anderer Schwerpunkte oder Fachgebiete des
operativen Bereiches wollen und können einschneidende Veränderungen unseres Berufsbildes
bewirken, wenn dies nur innerhalb der eigenen Gruppe konsensfähig ist.
Die Klage der übergeordneten Weiterbildungsgremien über divergierende Aussagen
unfallchirurgischer Ansprechpartner, die Dialoge selbsternannter unfallchirurgischer
Repräsentanten mit anderen Gruppen sind häufig kontraproduktiv, zumindest aber so lange
verfrüht, wie ein tragfähiger Kompromiß über die Zukunft der Unfallchirurgie intern nicht
existiert.
Existenzängste, ökonomische Erwägungen oder zunehmende Inkompetenz sind schlechte
Ratgeber für Zukunftsentscheidungen.
Hinsichtlich Ausfüllung der Weiterbildungsordnung bedarf es unfallchirurgischen
Sachverstandes und Einsatzes. Zertifizierungsepidemien müssen gestoppt werden. Zur
Erlangung der Nachweise für Chirurgie, Unfallchirurgie, Handchirurgie, Physikalische
Therapie, Chirurgische Intensivmedizin etc. benötigt ein Berufsanfänger inzwischen die
inakzeptable Weiterbildungszeit von 15 Jahren.
Die Fortbildung muß nationale Grenzen überschreiten dürfen, die Institutionalisierung
internationaler Fachkongresse ist begrüßenswert. Die Fortbildung darf nicht als lästige
Verpflichtung, sondern muß als wesentlicher Bestandteil der Berufsbildstabilisierung
angesehen werden.
Fazit
Um das Berufsbild "Unfallchirurg" in dem von der Deutschen Gesellschaft für
Unfallchirurgie definierten Umfange zu erfüllen, sind Einsatzfreude, Fleiß, Mut, Selbstkritik
und Pflichtbewußtsein notwendig. Die Pflege dieser chirurgischen Traditionen muß gefördert
werden, um durch permanente Anpassung an die veränderten Bedingungen zugunsten der
verletzten Unfallopfer jederzeit erfolgreich und kompetent bleiben zu können.
Zusammenfassung
Der Unfallchirurg ist nicht Organspezialist, sondern Fachmann für das Trauma. Die
Traumatologie hat sich als Schwerpunkt der Chirurgie mit breitem Aufgabenspektrum und
Einsatz moderner Techniken bewährt und etabliert. Interessante Tätigkeiten und meßbare
Behandlungserfolge bei unfallverletzten Patienten motivieren den Nachwuchs.
Die berufspolitischen Gefahren einer Aufgabe des Faches zugunsten der Orthopädie, eine
Zersplitterung der Interessenvertretung der Unfallchirurgen und die Atomisierung der
Gesamtchirurgie mit einer Zertifizierungsvielfalt sind erkannt und werden die Unfallchirurgie
als Entität nicht schwächen.
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