Grundlagen der Modernisierung im Aufzugbau Ein neuer Kurs der VFA-Akademie Im Vergleich zu den etwa 12 500 Neuanlagen, die jährlich in Deutschland installiert werden, stellt der Bestand von knapp 700 000 Aufzügen ein erhebliches Potential für die Modernisierung dar. Diese kann von einer einfachen Reparatur bis zum Gesamttausch der Anlage reichen. Dabei ist unter Modernisierung immer zu verstehen, dass die Aufzugsanlage auf den aktuellen „Stand der Technik“ gebracht wird und die hierbei stattfindende Beratung des Kunden eindeutig nachgewiesen werden kann! Aufzüge stellen ein extrem sicheres Verkehrsmittel dar. Es sind nur sehr wenige Unfälle mit ernsthaften Folgen zu beklagen. Hieraus kann gefolgert werden, dass das wichtigste Ziel einer Modernisierung der Erhalt und die Verbesserung eines sicheren Betriebszustandes ist. Neben einer fach- und sachgerechten Wartung und Reparatur ist die Modernisierung also eine wichtige Voraussetzung, die Sicherheit der Aufzüge für Benutzer und Wartungspersonal auch in Zukunft sicherzustellen. Es ist eine Besonderheit der Kurse der VFA-Akademie, dass sie an den Standorten von VFA-Mitgliedsunternehmen stattfinden. Mit dem Pilotkurs „Grundlagen der Modernisierung im Aufzugbau“ war die VFA-Akademie zu Gast bei der Firma SLC Sautter Lift Components in Stuttgart. Die Kursteilnehmer kamen aus allen relevanten Tätigkeitsfeldern des Aufzugbaus, von Planung, Entwicklung, Konstruktion und Arbeitsvorbereitung, Montage und Wartung bis hin zum Betrieb der Aufzuganlagen. Die Dozenten sind Experten aus den VFA-Mitgliedsunternehmen und stellen ihr Fachwissen im Rahmen der VFA-Kurse den Kursteilnehmern zur Verfügung. Hierzu gehören die Erstellung der Manuskripte und die Präsentation des jeweiligen Fachgebiets in den Kursen. Der Kursleiter von „Grundlagen der Modernisierung im Aufzugbau“, Dipl.-Ing. Volker Lenzner, Technischer Leiter bei LiftEquip GmbH Elevator Components in Neuhausen/Stuttgart, zeichnet verantwortlich für die Kursteile „Konzeptlösungen für die Modernisierung“ und „Rechtliche Grundlagen – Relevantes Regelwerk“. Gründe für eine anstehende Modernisierungsmaßnahme können sein: • • • • • • • Erforderlicher Tausch einer Komponente Behebung von technischen oder optischen Mängeln Maßnahmen, die aufgrund einer sicherheitstechnischen Bewertung notwendig werden (hierbei ist zu beachten, dass der Bestandsschutz aufgehoben ist und der aktuelle Stand der Technik erreicht werden muss, die sicherheitstechnische Bewertung sollte alle 5 Jahre erfolgen) Geänderte Nutzungsbedingungen für den Aufzug Maßnahmen, die aufgrund einer Gebäudesanierung anstehen Erhöhung der Energieeffizienz Behindertengerechte Gestaltung Grundsätzlich zählt der Erhalt eines betriebssicheren Zustandes der Aufzugsanlage eindeutig zum Verantwortungsbereich des Betreibers. Nach der Analyse des Anlagenzustandes müssen die Anforderungen an die Modernisierungsmaßnahmen erfasst und die Wünsche des Betreibers berücksichtigt werden. Alle Absprachen müssen sorgfältig dokumentiert werden. Ein umfassender Maßnahmenplan, eine klare Leistungsabgrenzung und Möglichkeiten eines Ersatzbetriebes sind weitere Vorgaben, die zu erfüllen sind. Mögliche Maßnahmen und Lösungsansätze für die Modernisierung sind die Folge einer fachlich fundierten Beratung. Hierbei ist zu beachten, wer seitens des Kunden veranlassen und entscheiden kann. Es werden dann Arbeitspakete definiert und die weiteren Schritte festgelegt. Wichtig dabei ist auch die Abwägung zwischen Teilersatz und Komplettersatz. Unabdingbar ist auch die Beachtung des relevanten Rechtsrahmens. Neben Gesetzen und Verordnungen sind es vor allem die Normen der EN 81-Familie und die TRBS. Schon heute sollten aber auch neuere Regelwerke in Betracht gezogen werden. Dies sind z. B. die PCR, Produkt-Kategorie-Regel für Aufzüge, mit der die Öko-Bilanz eines Aufzuges nachgewiesen wird, vor allem aber die neue EN81-20/50, oder auch Verordnungen und Normen, die aktuell geändert werden. Bei der Umsetzung von technischen Lösungen nach neueren Vorgaben des Regelwerkes, die auch einer Baumusterprüfung unterliegen können, sollten rechtzeitig die überwachenden und abnehmenden Organisationen mit ins Boot geholt werden. Beispiel hierfür ist die sog. A3-Lösung für die Vermeidung von unbeabsichtigten Bewegungen des Fahrkorbs in der Haltestelle. Um die Anforderungen an den Schallschutz nach VDI 2566 und das EMV-Verhalten gemäß DIN EN 12015 und DIN EN 12016 nachzuweisen, sollten vor und nach der Modernisierungsmaßnahme entsprechende Messungen durchgeführt werden. Schon in der Planungsphase einer Modernisierung sollten dem Brandschutz und den berufsgenossenschaftlichen Anforderungen an den Aufzug als Arbeitsmittel und als Arbeitsplatz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Einige praktische Lösungsansätze bei Modernisierungsmaßnahmen an Aufzügen werden ausführlich dargestellt: • • • • • Bessere Ausnutzung des Schachtes Modernere Antriebe, z.B. hocheffiziente Getriebe, Gearless oder Sonderlösungen wie Trommelantriebe Neue Maschinenrahmen und Sicherheitstechnik Neue Bedien- und Anzeigeelemente in Verbindung mit moderner Steuerungstechnik Energieeffiziente LED-Beleuchtung Am Beispiel einer Modernisierung in einem Wohn-/Geschäftshaus und einem hochfrequentierten Aufzug werden auch die Möglichkeiten der verbesserten Gebäudenutzung und Energieeffizienz, einschließlich der Messungen und Zertifizierungen, aufgezeigt. Schon in der Angebotsphase können dem Kunden mit Hilfe entsprechender Auslegeprogramme Alternativen bezüglich des Energiebedarfs aufgezeigt werden. Alle Maßnahmen und der Ablauf der Modernisierung sollten mit Hilfe einer geeigneten Checkliste verfolgt werden. „Praktische Lösungen und Erfahrungen“ bei der Modernisierung insbesondere von Seilaufzügen präsentiert Dipl.-Ing. Christoph Piorek, Technischer Leiter der Firma Hübschmann Aufzüge in Korbach. Ausgehend von den Gründen, die zu einer Modernisierung von Aufzügen führen, wird das praktische Vorgehen ausführlich dargestellt. Bei der Erfassung des Istzustandes wird zunächst die vorhandene Dokumentation gesichtet und auf Aktualität und Vollständigkeit geprüft. Der Benutzerkreis muss neu erfasst und mögliche Nutzungsänderungen festgestellt werden. Großes Gewicht haben Umweltaspekte und Brandschutz. Die entsprechenden Vorgaben sind unbedingt zu berücksichtigen! Im Rahmen der Fachbetriebspflicht des ausführenden Unternehmens muss überlegt werden, ob die Modernisierungsmaßnahmen komplett aus einer Hand angeboten werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass an die fachliche Qualifikation der Mitarbeiter, die Modernisierungsmaßnahmen durchführen, sehr hohe Anforderungen gestellt werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Rahmenbedingungen des Umbaus, bzw. der Modernisierung hingewiesen, die in vielen Fällen einen erheblichen Umfang annehmen können. Ein Beispiel hierfür ist die Bereitstellung von Toiletten. Auch der Abtransport des ausgebauten Materials sowie die Anlieferung und der Transport des neuen Materials und der neuen Komponenten zum Einbauort an der Anlage stellen ggfs. große Probleme dar. So kann die Vorbereitung der Modernisierungsmaßnahme einen bedeutenden Teil des Gesamtaufwands ausmachen. Der Arbeitsschutz und sichere Arbeitsmittel sind nicht nur ein Thema für die Berufsgenossenschaften. Auch Gewerkschaften wenden sich diesem Thema zu, denn sie fordern für ihre Mitglieder einen optimalen Arbeits- und Gesundheitsschutz. Hieraus kann abgeleitet werden, dass auch von dieser Seite eine Modernisierung von Aufzugsanlagen verlangt wird. Von großer Bedeutung ist auch eine rechtzeitige Vorabstimmung mit den zugelassenen Überwachungsstellen ZÜS. Dabei sind die TRBS 1121 und die zugehörige DAfA-Handlungsanleitung zu berücksichtigen. Dies ist vor allem wichtig, wenn auch andere, abweichende Lösungen in Betracht gezogen werden können. Bei der Modernisierung von elektrischen Seilaufzügen steht häufig die Erneuerung des Antriebes im Vordergrund. Dabei ist grundsätzlich zu bevorzugen, dass hochwertige Lösungen mit Gearless-Antrieben oder mit hocheffizienten, neuen Getriebe-Antrieben zum Einsatz kommen. Dominant in der Funktionskette Treibscheibe – Getriebe – Motor – Frequenzumrichter ist auf jeden Fall der Einsatz des Frequenzumrichters, denn nur damit lassen sich die Anforderungen an die Haltegenauigkeit und Nachreguliergenauigkeit erfüllen. Beim Betrieb eines neuen Frequenzumrichters mit dem alten Motor der Aufzugsanlage muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob der Motor für diesen Betrieb geeignet ist und ob die alten, vorhandenen Schwungmassen reduziert werden können. Bei der Modernisierung der Antriebe von Seilaufzügen muss aber auch den Seilen, den Treibscheiben und Umlenk- und Ableitrollen mit ihren Rillenformen große Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ebenso ist zu überprüfen, ob sich die Seilbeanspruchungen ändern. Sehr sorgfältig muss bei der Erneuerung und Modernisierung der Aufzugsteuerung vorgegangen werden. Neue Schaltsequenzen müssen u.U. berücksichtigt werden, ebenso wie der Berührungsschutz, da evtl. die alte Steuerung eine Steuerspannung von 40 VDC im Sicherheitskreis hatte, und die neue Steuerung 230 VAC. Es muss hieraus folgend der Berührungsschutz der elektrischen Komponenten überprüft werden. Auch ist zu prüfen, ob alle elektromagnetischen Komponenten, also Schaltschütze und Betätigungsmagnete, beschaltet sind. Ein besonders wichtiger Aspekt bei allen Modernisierungsmaßnahmen am Aufzug ist die Erhöhung der Energieeffizienz des Aufzugs. Hierzu sind in den vergangenen Jahren neue Verordnungen und Normen erschienen, beispielsweise die neue EnEV, die VDI-Richtlinien 4707 und die ISO-Standards DIN EN ISO 25745. In der Praxis der Modernisierung sind rasch umzusetzende Maßnahmen beispielsweise der Einsatz von LED-Beleuchtungen im Fahrkorb, wobei zu beachten ist, dass die Lebensdauer vorwiegend durch die Netzgeräte bestimmt wird. Eine besonders energieeffiziente Lösung ist der Einsatz rückspeisefähiger Frequenzumrichter. Dies muss beim Energieversorgungsunternehmen (EVU) angemeldet werden – ohne dessen Zustimmung ist eine Rückspeisung in das öffentliche elektrische Versorgungsnetz nicht möglich. Die rückfließende Energie kann dann aber trotzdem innerhalb der elektrischen Anlage des Gebäudes als Beitrag zum Abdecken des Energiebedarfs zum Einsatz kommen. Über die Modernisierung von hydraulischen Aufzügen referiert Conradin Jost BSc MBA, Leiter der Vertriebsadministration und Produktmanager Aufzüge und industrielle Systeme der Firma Bucher Hydraulics in Neuheim/Schweiz. Von den bereits genannten knapp 700 000 in Betrieb befindlichen Aufzügen in Deutschland haben etwa 20 %, also etwas mehr als 120 000 Aufzüge, einen hydraulischen Antrieb. Häufig wird dem hydraulischen Aufzug angelastet, dass er gegenüber dem elektrischen Seilaufzug eine höhere Umweltbelastung aufweist. Dies ist aber nur bedingt der Fall, denn wenn tatsächlich eine erhöhte Umweltbelastung zu beklagen ist, ist dies meist im Zeitraum der Installation und der Umbaumaßnahmen der Fall. Da dabei aber Experten am Werk sind, ist davon auszugehen, dass mit entsprechender Sorgfalt im Rahmen der Arbeiten diese mögliche Gefährdung vermieden werden kann. Im Vordergrund der möglichen Modernisierungsmaßnahmen steht die Erneuerung im Bereich des Antriebs. Dies wird am Beispiel eines Wohnhausaufzuges gezeigt. Die Ist-Situation an veralteten Anlagen ist dabei vor dem Beginn der Modernisierungsmaßnahme auf jeden Fall sorgfältig zu erfassen. Die Verbesserung der Anhaltegenauigkeit ist dabei die dominierende Anforderung. Vorzugsweise wird in diesem Fall je nach Umfang dreistufig vorgegangen: • • • Erneuerung des Steuerblocks mit den Ventilen Austausch des kompletten Hydraulikaggregats Umfangreiche Modernisierung des gesamten Hydrauliksystems Den entscheidenden und normalerweise ersten Schritt zur Modernisierung von Hydraulikaufzügen erreicht man also durch den Einsatz moderner, elektronisch geregelter Ventilsysteme. Bucher Hydraulics hat hierfür die sog. MultikitModernisierung entwickelt. Wichtig ist, die Ansteuerung der Ventile durch die übergeordnete Steuerung zu beachten. Vor dem Tausch des Hydraulikaggregats müssen unbedingt die Gewichtsverhältnisse am Aufzug überprüft und möglicherweise neu bestimmt werden. Neue Hydraulikaggregate bieten zusätzliche Funktionen, die wiederum zu einer Verbesserung der Aufzugsanlage führen. Erfreulich ist, dass auch mit der Modernisierung von Hydraulikaufzügen deren Energieeffizienz deutlich gesteigert und damit der Energieverbrauch spürbar gesenkt wird. Elektronisch geregelte Ventilsysteme im Steuerblock können den Energiebedarf um 30% senken. Durch Einsatz aller heute verfügbaren technischen Möglichkeiten, also beispielsweise von Frequenzumrichtern zur Ansteuerung des Pumpenmotors und von Druckspeichern zur Aufnahme und anschließenden Wiedergabe der vom System rückfließenden Energie kann der Energiebedarf um bis zu 80% gesenkt werden. Der Druckspeicher hat dabei gewissermaßen die Funktion eines hydraulischen Gegengewichts. Besonders wichtig dabei ist auch die Reduzierung der elektrischen Anschlusswerte. Damit allerdings werden eigentlich einfach aufgebaute, hydraulische Aufzüge doch wieder aufwändiger, d.h. sowohl Betriebsverhalten als auch Aufwand von elektrischen Seilaufzügen und hydraulischen Aufzügen halten sich dann in etwa die Waage. Mit dem neu entwickelten Kurs „Grundlagen der Modernisierung im Aufzugbau“ schließt die VFA-Akademie eine Lücke im Aus- und Weiterbildungsangebot der Aufzugsbranche. Besonders gefallen hat den Teilnehmern des Pilotkurses am 20.03.2014 der hohe Praxisbezug, der durch die erfahrenen Dozenten gewährleistet wurde. Es ist deshalb erfreulich, dass die VFA-Akademie den nächsten Kurs „Grundlagen der Modernisierung im Aufzugbau“ am 12. November 2014 bei der Firma Hübschmann in Korbach anbieten kann. OIng. Dipl. Ing. Werner A. Boehm