LESEPROBE Vegetarismus Lehrskript Inhaltsverzeichnis Einleitung .....................................................................................................................3 Kapitel 1 – Einführung in die vegetarische Ernährung .................................................5 1.1 Definition Vegetarismus .................................................................................... 7 1.2 Differenzierung der Ausprägungsformen .......................................................... 8 1.2.1 Ovo-Lakto-Vegetarismus ............................................................................ 9 1.2.2 Lakto-Vegetarismus.................................................................................... 9 1.2.3 Ovo-Vegetarismus .................................................................................... 10 1.2.4 Veganismus .............................................................................................. 10 1.2.5 Rohkost-Ernährung .................................................................................. 12 1.2.6 Halbvegetarismus ..................................................................................... 15 1.2.7 Puddingvegetarismus ............................................................................... 16 1.2.8 Fruganismus ............................................................................................. 16 1.2.9 Pescetarismus .......................................................................................... 17 1.2.10 Makrobiotik ............................................................................................. 18 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 1 ............................................................. 22 Kapitel 2 – Hintergrundinformationen ........................................................................ 23 2.1 Geschichte des Vegetarismus......................................................................... 25 2.2 Ausprägung des Vegetarismus ....................................................................... 28 2.2.1 Vegetarismus in Deutschland ................................................................... 28 2.2.2 Vegetarismus weltweit .............................................................................. 29 2.3 Motive des Vegetarismus ................................................................................ 29 2.3.1 Entwicklungsgeschichte der menschlichen Ernährung ............................. 30 2.3.2 Gesundheitliche Motive ............................................................................ 32 2.3.3 Religiöse und ethische Motive .................................................................. 34 2.3.4 Ökologische und ökonomische Motive ..................................................... 36 2.4 Mythen der vegetarischen Ernährung ............................................................. 39 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 2 ............................................................. 44 Kapitel 3 – Grundlagen der vegetarischen Ernährung ............................................... 45 3.1 Die vegetarische Ernährungspyramide ........................................................... 47 3.2 Eiweiße ........................................................................................................... 50 3.3 Fette ................................................................................................................ 52 3.4 Kohlenhydrate ................................................................................................. 53 3.5 Ballaststoffe .................................................................................................... 54 3.6 Vitamine .......................................................................................................... 54 3.7 Mengenelemente ............................................................................................ 58 3.8 Spurenelemente .............................................................................................. 60 3.9 Bioaktive Substanzen ...................................................................................... 62 Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 3 ............................................................. 64 Kapitel 4 – Quellenverzeichnis .................................................................................. 65 Kapitel 5 – Abbildungsverzeichnis ............................................................................. 70 Kapitel 6 – Tabellenverzeichnis ................................................................................. 71 sern78 2.1 Lehrskript Kapitel 7 – Glossar .................................................................................................... 72 Lösungen der Aufgaben zur Selbstüberprüfung ........................................................ 76 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Reproduktion, Vervielfältigung jeder Art, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Bildungsinstitutes. In diesem Lehrskript wird auf die Aufzählung beider Geschlechter (z. B. Mitarbeiterin/Mitarbeiter) oder die Verbindung beider Geschlechter in einem Wort (z. B. MitarbeiterInnen) zugunsten einer möglichst einfachen Leseart des Textes verzichtet. Von einer Schreibweise, in der nur die weiblichen Begriffe verwendet werden, wird ebenfalls Abstand genommen. Aus diesem Grunde weisen wir darauf hin, dass bei allgemeinen Personenbezügen beide Geschlechter gemeint sind und Frauen nicht benachteiligt werden. Seite 2 von 83 Lehrskript „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“, sagen die Fleischkonsumenten. „Es ist Gift für den Körper“, widersprechen die Vegetarier. Mehrere voneinander unabhängige Wissenschaftler haben bestätigt, dass eine gesunde und ausgewogene Ernährung auch fleischlos möglich ist. Das Wichtigste jedoch ist, darauf zu achten, dass der tägliche Speiseplan neben der Ausgewogenheit auch eine Vielfalt an Lebensmitteln aufweist. Wenn Sie die Geschichte der Menschheit betrachten, so können Sie feststellen, dass die Menschen nie reine Fleischesser waren und sind. Fleisch war früher immer sehr schwer zu beschaffen bzw. auch teuer und wurde nur an hohen Feiertagen gegessen. In der heutigen Zeit gehört Fleisch zum täglichen Brot. In Deutschland essen die meisten Menschen im Durchschnitt ca. 80 kg Fleisch und Wurst pro Jahr. Durch diese sehr große Menge an tierischem Eiweiß nehmen aber auch die Zivilisationskrankheiten wie Krebs, Schlaganfälle und Herzinfarkte enorm zu. Kommt es zu der Entscheidung, den Verzehr von tierischen Produkten zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten, dann kann dies ein enormer Beitrag für die Gesundheit der Menschen und das Wohlergehen der Tiere sein. Im Übrigen ist die Beschäftigung mit der menschlichen Ernährung die beste Investition in die individuelle Gesundheit und ein Garant für langes Leben. Autorin des Lehrskriptes: Diplom-Trophologin, Tätigkeitsschwerpunkte Ernährungsberatung und -therapie, Gesundheitsförderung Sabine Haun Hinweis Alle Formen der vegetarischen Kost sowie deren Vertreter sind der Einfachheit halber in diesem Skript unter den Begriffen „Vegetarismus“ bzw. „Vegetarier“ zusammengefasst. Fremdwörter sind in eckigen Klammern erfasst. Eine ausführliche Erläuterung der Fremdwörter finden Sie im Glossar. Seite 3 von 83 Einleitung Einleitung Lehrskript Folgende Inhalte werden Ihnen in den einzelnen Kapiteln vermittelt: In Kapitel 1 lernen Sie die einzelnen Ausprägungsformen des Vegetarismus kennen. Dies beinhaltet das Aufzeigen der prägenden Charakteristika und der Häufigkeitsverteilung sowie eine ernährungsphysiologische Bewertung. In Kapitel 2 erhalten Sie die Möglichkeit, Ihre Hintergrundinformationen zum Vegetarismus zu vertiefen. Neben der Geschichte sowie der Ausprägung erfolgt hier auch eine Abhandlung über die verschiedenen Motive. Sie erfahren, inwieweit eine vegetarische Ernährung entwicklungsgeschichtlich an den Menschen angepasst ist. Um zukünftige Kommunikationen mit einem Pro und Contra zum Begriff Vegetarismus meistern zu können, findet abschließend auch die genauere Betrachtung einiger Mythen statt. Kapitel 3 erklärt anhand der vegetarischen Ernährungspyramide die Grundlagen dieser Kostform und erlaubt einen Vergleich zwischen Mischkost und vegetarischer Ernährungsweise. Somit erhalten Sie die Möglichkeit, eine vegetarische Ernährung begleitend umzusetzen, ohne dass es zum Auftreten gesundheitlicher Probleme kommt. Seite 4 von 83 Lehrskript 1.1 Definition Vegetarismus 1.2 Differenzierung der Ausprägungsformen 1.2.1 Ovo-Lakto-Vegetarismus 1.2.2 Lakto-Vegetarismus 1.2.3 Ovo-Vegetarismus 1.2.4 Veganismus 1.2.5 Rohkost-Ernährung 1.2.6 Halbvegetarismus 1.2.7 Puddingvegetarismus 1.2.8 Fruganismus 1.2.9 Pescetarismus 1.2.10 Makrobiotik Seite 5 von 83 Kapitel 1 Kapitel 1 – Einführung in die vegetarische Ernährung Lehrskript Lernorientierung Nach Bearbeitung dieses Kapitels werden Sie: - die Definition des Vegetarismus kennen, - die verschiedenen Ausprägungsformen des Vegetarismus kennen sowie die gesundheitliche Gewichtung der vegetarischen Ernährung verstehen. Seite 6 von 83 Lehrskript 1.1 Definition Vegetarismus Im Allgemeinen bezeichnet der Vegetarismus eine Ernährungsweise des Menschen mit bewusster Vermeidung von Fleisch und Fisch bzw. Produkten aus getöteten Tieren. Dies bedeutet, dass sich Vegetarier ausschließlich oder vorwiegend von pflanzlichen Lebensmitteln ernähren. Der Vegetarismus selbst als Lehre geht davon aus, der Mensch sei aus ethischen und biologischen Gründen ausschließlich zum Pflanzenesser bestimmt. Dabei ist das stärkste Motiv die Überzeugung, dass kein Tier Tod oder Schaden für die menschliche Existenz erleiden soll. Die International Vegetarian Union (IVU) definierte 2006 Vegetarismus wie folgt: „The practice of not eating meat, poultry or fish or their by-products, with or without the use of dairy products or eggs“. Prof. Dr. Claus Leitzmann (geb. 1933) und Dr. Markus Keller (geb. 1966), zwei angesehene Ernährungswissenschaftler aus Gießen, welche sich mit den Themen Vegetarismus und nachhaltige Ernährung beschäftigen, berücksichtigen in ihrer Definition die bisherigen Erkenntnisse zu dieser Kostform: „Beim Vegetarismus handelt es sich um eine Ernährungsweise, bei der ausschließlich oder überwiegend pflanzliche Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen verzehrt werden. Je nach Form des Vegetarismus können auch Produkte von lebenden Tieren wie Milch, Eier und Honig sowie alle daraus hergestellten Erzeugnisse enthalten sein. Ausgeschlossen sind Lebensmittel, die von toten Tieren stammen, wie Fleisch, Fisch (einschließlich anderer aquatischer Tiere) sowie alle daraus hergestellten Produkte. Anhand der verzehrten Lebensmittel erfolgt eine Unterteilung in Lakto-Ovo-, Lakto- und Ovo-Vegetarier sowie Veganer, die alle tierischen Produkte ablehnen, auch Honig und Gebrauchsgegenstände aus Tierkörperteilen (Wolle, Fell, Leder usw.) Beim Vegetarismus handelt es sich um einen Lebensstil, da neben den gesundheitlichen Aspekten auch ethisch-moralische, ökologische, soziale, ökonomische und politische Anliegen beachtet werden.“ Seit dem 16. Juni 2010 hat das EU-Parlament den Begriff Vegetarismus im Lebensmittelinformationsgesetz Artikel 35 wie folgt definiert: „Der Begriff vegetarisch ist nicht auf Lebensmittel anzuwenden, bei denen es sich um Erzeugnisse handelt oder die aus oder mithilfe von Erzeugnissen hergestellt werden, die aus verendeten, geschlachteten oder aufgrund ihres Verzehrs zu Tode gekommenen Tieren gewonnen wurden. Der Begriff vegan ist nicht auf Lebensmittel anzuwenden, bei denen es sich um Tiere oder tierische Erzeugnisse handelt oder die aus oder mithilfe von Tieren oder tierischen Erzeugnissen Seite 7 von 83 Lehrskript (einschließlich Erzeugnisse von lebenden Tieren) hergestellt wurden.“ Indem der Ergänzungsvorschlag vom EU-Parlament gebilligt und in das Lebensmittelinformationsgesetz übernommen wurde, sind die Begriffe vegetarisch und vegan europaweit gesetzlich definiert und geschützt. 1.2 Differenzierung der Ausprägungsformen Der Vegetarismus lässt sich in unterschiedliche Formen einteilen und auf verschiedenen Arten ausleben. Die jeweiligen Formen grenzen sich hierbei nach dem Anteil tierischer Lebensmittel in der Kost sowie der Art und Zubereitung der pflanzlichen Lebensmittel voneinander ab. In folgende Formen lässt sich der Vegetarismus differenzieren: - Ovo-Lakto-Vegetarismus - Lakto-Vegetarismus - Ovo-Vegetarismus - Veganismus - Rohkost-Ernährung - Halbvegetarismus - Puddingvegetarismus - Fruganismus - Pescetarismus - Makrobiotik Die Unterschiede und Besonderheiten der einzelnen Formen folgen in den anschließenden Kapiteln. Da die Formen Ovo-Lakto-, Ovo- und Lakto-Vegetarismus sowie Veganismus im Skript in den späteren Kapiteln ihren Schwerpunkt haben, erfolgt hier keine tiefere Erläuterung der Kostformen. Alle anderen Formen des Vegetarismus sind zu umfangreich und finden im folgenden Skript von daher keine weitere Beachtung (im Anschluss ist jedoch eine kurze Erläuterung zu den Formen zu finden). Als Vegetarismus sind keine kurzzeitigen Ernährungsformen wie Kuren (z. B. Schroth-Kur, Mayr-Kur) und Reduktionsdiäten (z. B. PsychoDiät, Brigitte-Diät) anzusehen, die zwar oftmals auf einer rein pflanzlichen Ernährungsweise basieren, jedoch vom Grundgedanken her nur als kurzzeitige Therapie anzusetzen sind. Der Vegetarismus an sich ist jedoch als langfristige, fast lebenslange Ernährungsform zu betrachten. Seite 8 von 83 Lehrskript 1.2.1 Ovo-Lakto-Vegetarismus Der Begriff Ovo steht für Eier und daraus hergestellte Produkte; der Begriff Lakto steht für Milch und daraus hergestellte Produkte. Ovo-Lakto-Vegetarier verzichten strikt auf Produkte aus getöteten Tieren (Fleisch, Wurst, Fisch, teilweise Gelatine). Eier, Milch und Milchprodukte sowie Honig sind jedoch erlaubt und finden sich auf dem täglichen Speiseplan. Mit dieser Kostform bilden die Ovo-Lakto-Vegetarier die größte Gruppe unter den Vegetariern in Deutschland (53 %). Bei entsprechend vielfältiger Lebensmittelauswahl ist diese Kostform als sehr empfehlenswert anzusehen. So kommt es aufgrund der Nahrungszusammensetzung zu einer verbesserten Relation der Grundnährstoffe: Zugunsten der erhöhten Aufnahme von komplexen Kohlenhydraten (besonders Stärke und Disaccharide) reduziert sich die Fettaufnahme. Ein weiterer gesundheitlicher Vorteil liegt in der ballaststoffreichen Kost sowie der biologischen Wertigkeit der Eiweiße. Diese verbessert sich, da es in der ovo-laktovegetabilen Kost vermehrt zu einer Kombination von pflanzlichen Eiweißen mit Eiweißen aus Eiern und Milch kommt. Die Eiweißzufuhr ist somit bei Ovo-Lakto-Vegetariern quantitativ ähnlich wie die der Vollköstler (Allesfresser [Omnivoren]). Der große Anteil pflanzlicher Nahrung bewirkt ebenfalls eine geringe Aufnahme von Cholesterin, Purinen und gesättigten Fettsäuren bei gleichzeitig hoher Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen, z. B. Phytosterolen (welche u. a. zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen) und lebensnotwendigen Fettsäuren. Des Weiteren erreichen Ovo-Lakto-Vegetarier ein ausgeglichenes Verhältnis von mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu den gesättigten Fettsäuren [P/S-Quotient]. Ebenfalls positiv ist die optimale Kalium- und die geringe Natriumzufuhr. Nachteilig kann sich die unzureichende Versorgung mit Eisen, Calcium, Vitamin D und Vitamin B12 entwickeln. 1.2.2 Lakto-Vegetarismus Lakto-Vegetarier verzichten neben tierischen Produkten auch auf Eier und daraus hergestellte Produkte, verzehren aber Milch und Milchprodukte. Als Motiv für diese Kostform dient meistens die Betrachtung des Hühnereis als ungeborenes Huhn bzw. Fötus, welches somit ein getötetes Tier darstellt. Ein weiterer Grund liegt oftmals in der Haltung der Tiere selber (Käfighaltung, Bodenhaltung, schnelle Verwendung als Suppenhuhn bei unzureichender Eierproduktion). Welche weiteren Motive ausschlaggebend sind, beinhaltet das Kapitel 2.3. Lakto-vegetabil ernähren sich 28,7 % der Vegetarier in Deutschland. Ernährt sich der Lakto-Vegetarier ausgewogen, treten auch hier bis auf die unter Kapitel 1.2.1 genannten möglichen Probleme keine weiteren Mangelerscheinungen auf. Die Vorteile der lakto-vegetabilen Kost entsprechen somit den Vorteilen der ovo-lakto-vegetabilen Kost. Seite 9 von 83 Lehrskript 1.2.3 Ovo-Vegetarismus Der Ovo-Vegetarier verzehrt zwar Eier, jedoch nur von frei lebenden Hühnern aus artgerechter Haltung (Eier in Bio-Qualität). Das Meiden von Milch und Milchprodukten erfolgt zum einen aus gesundheitlichen Gründen. So leiden ein Teil der Ovo-Vegetarier z. B. unter einer Lactoseintoleranz. Zum anderen lehnen Ovo-Vegetarier den Milchverzehr aus ethischen und ökologischen Gründen ab. Hier spielt die Ausbeutung der Kühe eine Rolle, da es notwendig ist, sie immer wieder zu schwängern, um Milch zu produzieren. Sobald die Milchleistung nachlässt, erfolgt jedoch die Schlachtung der Kuh. Es gibt keine Daten über die Zahl der Anhänger dieser Kostform, sie scheint jedoch im Vergleich zu den Lakto-Vegetariern einen geringeren Anteil auszumachen. Gesundheitliche Nachteile können durch eine zu geringe Calciumzufuhr entstehen, welche sich jedoch durch eine ausgewogene Kost (reich an grünem Gemüse, Nüssen und Sojaprodukten, z. T. mit Calcium angereichert) vermeiden lässt. Ansonsten gleichen sich hier die Vor- und Nachteile ebenfalls an die ovo-lakto-vegetabile Kost an. 1.2.4 Veganismus 9,3 % der deutschen Vegetarier ernähren sich vegan. Sie verzichten hierbei auf Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig und daraus hergestellte Produkte. Allerdings gehen die Veganer noch einen Schritt weiter und lehnen neben tierischen Produkten in der Nahrung auch sämtliche tierische Produkte in ihrem Leben ab. So verzichten sie auf Leder, Wolle und Seide in der Kleidung und benutzen nur Medikamente und Kosmetika, welche frei von tierischen Inhaltsstoffen sind sowie ohne Tierversuche hergestellt wurden. Das Halten von Haustieren erfolgt nur, wenn sie aus Tierheimen oder Tierbefreiungen stammen; ablehnend stehen Veganer der Haltung von gezüchteten Tieren, einer Zwangshaltung ohne Freigang sowie Besuchen von Zoos und Zirkussen gegenüber. Aufgrund ihres konsequenten Lebensstils tragen Veganer oft auch die Bezeichnung strenge bzw. strikte Vegetarier. Die Vegan Society (gegründet am 1. November 1944 von Donald Watson, 1910-2005) definiert den Veganismus wie folgt: „Das Wort Veganismus umschreibt eine Philosophie und einen Lifestyle, der versucht – soweit es praktikabel und möglich ist – alle Formen der Ausbeutung und Quälerei von Tieren für Nahrung, Kleidung oder alle anderen Zwecke auszuschließen. Weiterhin fördert er die Entwicklung und Nutzung von tierfreien Alternativen für die Unterstützung der Tiere, einschließlich Menschen und Umwelt. Im Diätbegriff bedeutet das den Verzicht auf alle Produkte, die ganz oder nur teilweise von Tieren stammen.“ Seite 10 von 83 Lehrskript Der Satzteil „… soweit es praktikabel und möglich ist …“ erlaubt somit den Veganern, ihren eigenen Maßstab zu setzen, inwieweit sie die vegane Lebensphilosophie ausleben. Der Verzicht auf die Verwendung von Nahrung aus tierischem Ursprung oder Abstammung ist ein Muss für jeden Veganer. Ob eine Ausweitung des veganen Gedanken auch auf das weitere Lebensumfeld stattfindet (Kosmetika, Kleidung usw.), steht den Veganern laut der Definition jedoch frei. Die Motive für den Veganismus sind dabei vielfältiger Natur. Häufig spielen die Tierethik, das Tierrecht und der Tierschutz eine Rolle. Ausschlaggebend können aber auch der Umweltschutz (z. B. Methanbildung) oder die eigene Gesundheit (z. B. Allergien) sein. Viele Veganer wollen mit dieser Kostform auch auf die Verteilungsgerechtigkeit sowie die Welternährungsprobleme öffentlich hinweisen. In Deutschland etwas seltener spielt die Religion als Motiv eine Rolle. Im Zuge der Umweltschutzaktivitäten finden sich neuerdings bei den veganen Motiven oft auch herrschaftskritische Ansätze (abgeleitet vom Öko-Anarchismus, welcher gegen die Ausbeutung des Menschen und die Zerstörung der Natur kämpft). In den letzten Jahren ist eine weitere Richtung des Veganismus entstanden: der Freeganismus. Freeganer ernähren sich ebenfalls vegan, allerdings vermeiden sie es, Geld für Lebensmittel auszugeben. Ihre Nahrung beziehen sie stattdessen aus Mülltonnen von z. B. Supermärkten und Restaurants. Dabei erfolgt weniger die Nutzung für den Eigenverzehr als vielmehr das Verschenken von daraus zubereiteten Speisen an Obdachlose und Bedürftige. Mit diesem Boykott wollen Freeganer auf die Konsumverschwendung in unserem Alltag hinweisen. Obwohl der Veganismus die gleichen gesundheitlichen Vorteile wie der Ovo-Lakto-Vegetarismus mit sich bringt, zeigt er gravierende gesundheitliche Risiken. So ist es langfristig nur sehr schwer möglich, den Bedarf an Vitamin B12, Eisen, Vitamin D und Jod zu decken. Aus diesem Grund lehnt u. a. die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) eine vegane Ernährung für Kinder, Jugendliche unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende ab. Näheres zur optimalen Umsetzung und zu den Risiken erfahren Sie in Kapitel 3. Übung Was würden Sie einer jungen Frau raten, die einen Kinderwunsch äußert und ihre Ernährung gleichzeitig auf den Veganismus umstellen möchte? Seite 11 von 83 Lehrskript 1.2.5 Rohkost-Ernährung Die Rohkostbewegung in Deutschland entstand in den Jahren 1896 und 1897, als zum einen der Arzt Adolf Just (1859-1936) im Eckertal/Harz einen „Jungborn“ gründete und zum anderen der Arzt Maximilian Bircher-Benner (1867-1939) seine Klinik „Lebendige Kraft“ in Zürich eröffnete. Abbildung 1 – Der Schweizer Arzt und Ernährunsgwissenschaftler Maximilian Bircher-Benner entwickelte das Bircher-Müsli und gilt als Pionier der Vollwertkost (Quelle: www.praxisbenner.de) Die Idee für die Rohkost entstand aus der Überlegung heraus, dass der menschliche Körper über keinerlei Anpassung an gekochte Nahrung verfügt und somit aus den Speisen keine Nährstoffe mehr ziehen kann. Auf der anderen Seite gingen die Begründer der Rohkostbewegung davon aus, dass nur unerhitzte bzw. schwach erhitzte Lebensmittel in der Lage sind, Giftstoffe im Körper zu binden und zu eliminieren. Um also die Inhaltsstoffe für den menschlichen Körper wieder verwertbar zu machen und Giftstoffe binden und ausscheiden zu können, sollte die Nahrung zu mindestens 80 % aus Rohkost bestehen, wobei die Rohkost ihre Lebensmittel so definiert, dass deren Verzehr ohne vorheriges Erhitzen (Kochen, Braten, Backen) und/oder im naturbelassenen Zustand erfolgen sollte. Es ist erlaubt, einen Teil der Lebensmittel zur Haltbarmachung oder besseren Verarbeitung zu erhitzen, jedoch maximal auf 40 °C. Der Erhitzungsvorgang erfolgt dann meist über Trocknen oder Dörren. Bei auf über 40 °C erhitzten Lebensmitteln gehen die darin enthaltenen Enzyme verloren und besitzen somit keine verdauungsunterstützende Wirkung mehr. Des Weiteren entstehen beim Erhitzen durch chemische Veränderung der natürlichen Inhaltsstoffe u. a. krebserregende Stoffe [Karzinogene], erbgutschädigende Moleküle [freie Radikale] und erbgutverändernde Stoffe [Mutagene]. Diese wiederum stehen in Verdacht, u. a. für die Entstehung von Gelenkentzündungen [Arthritis], Gelenkverschleiß [Arthrose], koronaren Herzkrankheiten, Diabetes und Krebs verantwortlich zu sein. Seite 12 von 83 Lehrskript Die Einteilung der empfohlenen Lebensmittel in der ursprünglichen Rohkostbewegung erfolgt in vier Gruppen: - Obst - Gemüse - Eiweiße (Nüsse, Pilze, Avocados, Keimsaaten) - Zucker (Honig und Trockenfrüchte) Der Grund für die Einteilung beruht darauf, dass alle diese genannten Lebensmittel von ihrer Entstehung her älter sind als der erste Kochprozess und somit zu der natürlichen, ursprünglichen Nahrung des Menschen gehören. In der heutigen Bewegung sind teilweise auch Fleisch und Fisch sowie Milch und Milchprodukte anzutreffen. Gemeinsam ist jedoch allen, dass die Lebensmittel regional und saisonal ausgewählt sowie bevorzugt aus biologischem Anbau stammen sollten. Die Auswahl der Lebensmittel sowie der unverarbeitete, rohe bzw. schwach erhitzte Zustand bewirken weiterhin, dass die Rohkost zu den basenbildenden, den Stoffwechsel ausgleichenden Kostformen gehört, wohingegen eine erhitzte Kost sich eher säurebildend und den Stoffwechsel belastend auswirkt. Der pH-Wert (Maß für sauren oder basischen Charakter) des Blutes beträgt 7,37-7,45 und ist unabdingbar für die biochemische Regulation des Stoffwechsels. Die Rohkost vertritt hierbei die Ansicht, dass der Blut-pH direkt durch die Nahrung beeinflussbar ist und dass Krankheiten erst nach langanhaltender Übersäuerung entstehen. Eine wissenschaftliche Absicherung für die Säure-Basen-Theorie steht jedoch noch aus. Um den Einstieg in die Rohkost zu erleichtern, empfiehlt sich eine Fastenzeit von sieben bis zwölf Tagen. So besteht für den Körper die Möglichkeit der Reinigung und Entschlackung. Fasten sollte jedoch stets unter fachmännischer Aufsicht (Arzt oder Fastenleiter) stattfinden. Seite 13 von 83 Lehrskript Die heutige Rohkostbewegung zeichnet sich durch verschiedene Strömungen aus. Die vier häufigsten sind: - Vegane Rohkost: rohe Frischkost mit Verzicht auf Rohmilch, Honig, Fisch, Fleisch und Eier. - Sonnenkost: Die Nahrung besteht aus Obst, Früchten, Gemüse, Nüssen und Samen; die Pflanzen müssen jedoch über der Erde wachsen, um so viel Sonnenenergie wie möglich aufzunehmen; dieser erhöhte Photonengehalt (Gehalt an Lichtteilchen) in der Nahrung soll dem Körper Lebensenergie zuführen. - Urkost/Urzeittherapie: Die menschliche Ernährung ist durch die Evolution vorgegeben, von daher soll sich die Kost an die Ernährung der Affen annähern (da der Mensch direkt vom Affen abstammt); die Kost besteht zu 50 % aus Beeren und Früchten, zu 35 % aus Wildpflanzen, Blättern und Sprossen, zu 14 % aus Nüssen, Samen und Wurzeln, zu 1 % aus tierischer Nahrung; bevorzugt sind Pflanzen, die ohne Zucht und Anbau entstanden sind. - Instinktotherapie: Ernährung erfolgt nach dem Instinkt (Geruch und Geschmack); der Verzehr erfolgt vollkommen roh und unverarbeitet (u. a. auch rohes Fleisch und Insekten); pro Mahlzeit gibt es immer nur ein Lebensmittel. In Deutschland ist überwiegend die Rohkost nach Schnitzer vertreten. Sie wurde in den 1960er Jahren vom Zahnarzt Dr. Johann Georg Schnitzer (geb. 1930, Abbildung 2) entwickelt und basiert auf seinen Beobachtungen bezüglich der mangelnden Zahngesundheit der Bevölkerung. Schnitzer vertritt dabei die Ansicht, dass viele Krankheiten ihre Ursachen in der Abkehr von der Urkost haben. Um ein gesundes Leben zu erreichen, empfiehlt er eine unterkalorische, energiearme und rohe Kost, welche hauptsächlich auf pflanzlicher Nahrung basiert. Die Tolerierung tierischer Lebensmittel erfolgt zu einem kleinen Teil, insgesamt soll die Nahrung jedoch eiweißarm sein. Die Schnitzer-Kost unterteilt sich in zwei Formen: Die Schnitzer-Intensivkost besteht aus einer veganen Rohkost mit Verzicht auf erhitzte Speisen, Reis, Kartoffeln, Brot und weitere Lebensmittel mit einem tierischen Ursprung. Die Schnitzer-Normalkost entspricht der ovo-lakto-vegetabilen Kost, duldet Obst jedoch nur in geringen Mengen. Abbildung 2 – Ernährungspionier Dr. Johann Georg Schnitzer (Quelle: www.dr-schnitzer.de) Seite 14 von 83 Lehrskript Zu den gesundheitlichen Vorteilen kursieren verschiedene Gerüchte. Zum einen soll die Rohkost präventiv in Bezug auf Krebs wirken. Hier gehen die wissenschaftlichen Meinungen jedoch weit auseinander, besonders wenn ein hoher Fleischkonsum (wie z. B. bei der Instinktotherapie) eine Rolle spielt. Nachgewiesen ist jedoch die förderliche Wirkung auf das Stuhlverhalten. Aufgrund des hohen Ballaststoffgehaltes erfolgt die Anregung des Darms und verhindert somit das Auftreten von Verstopfung [Obstipation] (das stellt eine Schutzmöglichkeit gegenüber Darmkrebs dar). Rohkost reduziert nachweislich das Risiko von Diabetes, Allergien, Neurodermitis, Bluthochdruck, Gicht und Magen-Darm-Problemen. Ebenfalls als sehr förderlich sind der geringe Salz- und Fettanteil in der Nahrung zu bewerten. Aufgrund von teilweise sehr einseitiger Kost und dem schlechteren Erschließen der Nahrungsbestandteile (bestimmte Inhaltsstoffe wie z. B. die Vitamin A-Vorstufe Carotin erzielen ihre optimale physiologische Wirkung unter Erhitzung) können jedoch auch viele Mangelerscheinungen auftreten. So führt ein Mangel an Eisen und Vitamin B 12 zu Blutarmut [Anämie]. Zahnschäden können aufgrund einer zu geringen Zufuhr an Zink, Magnesium, Calcium, Kieselsäure, Strontium, Bor und Vitamin D entstehen. Ein möglicher Eiweißmangel fördert die Entstehung von Untergewicht und führt zu einem massiven Muskelabbau. Und schließlich steigt das Risiko, an Knochenschwund [Osteoporose] zu erkranken, da sich die Zufuhr von Calcium und Vitamin D mit der Nahrung oft mangelhaft gestaltet. Aufgrund von fehlendem Getreide und hohem Wasseranteil in der Nahrung ist ein Verzehr sehr großer Mengen an Lebensmitteln (2-3 kg Obst und/oder Gemüse sind keine Seltenheit) notwendig, um die tägliche Bilanz auszugleichen. Da die Rohkost selbst in einigermaßen ausgewogener Form ein zu großes Risiko für Mangelerscheinungen birgt, sollte sie bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern keine Anwendung finden. Bedingt und nur unter Aufsicht bzw. fachlicher Anleitung empfehlenswert ist Rohkost für ältere Menschen und Menschen mit Magen-Darm-Problemen (im letzteren Falle spielen Blähungen eine sehr große Rolle). 1.2.6 Halbvegetarismus Der Halbvegetarismus lässt sich auch als Semi-, Pseudo- oder Flexitarismus bezeichnen. Dabei findet kein vollständiger Verzicht auf Fleisch und Fisch statt, es liegt jedoch ein positiv wahrgenommener vegetarischer Hintergrund vor. So kommt es z. B. zur Ablehnung der Massentierhaltung sowie dem Einsatz bestimmter Medikamente in der Tierzucht. Doch auch gesundheitliche Gründe können zum Halbvegetarismus führen, da die Reduktion von Fleisch z. B. zu einer Verbesserung von Krankheiten bzw. deren Symptomen führen kann, etwa bei Gicht, Rheuma und Gelenkverschleiß. Der Konsum von Fleisch beschränkt sich jedoch meist auf helle Fleischsorten (Geflügel) und re- Seite 15 von 83 Lehrskript duziert sich auf zwei- bis dreimal pro Woche oder seltener. Dieser bewusste und maßvolle Umgang mit Fleisch bewirkt oft einen gesteigerten Verzehr von Obst, Gemüse und Getreide (besonders Vollkorngetreide). Es liegen keine gesundheitlichen Nachteile dieser Kostform vor. Als vorteilhaft gestaltet sich die Umsetzung durch die Anlehnung an die Empfehlungen der DGE, lediglich 300-600 g Wurst und Fleisch pro Woche zu konsumieren. Des Weiteren kommt es hier zu einer ausreichenden Deckung mit Vitamin C, Vitamin E, Folsäure, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. 1.2.7 Puddingvegetarismus Der Begriff Puddingvegetarismus steht für eine Ernährungsform, die sich zwar völlig frei von Fleisch und Fisch gestaltet, in der jedoch der gesundheitliche Aspekt keine Beachtung findet. Der Begriff wurde in den 1920er Jahren vom schwedischen Naturphilosophen Are Waerland (1876-1955) geprägt und lehnt sich an den englischen Pudding an, der eine hohe Energiedichte bei gleichzeitig geringer Nährstoffdichte aufweist. Bei dieser Kostform gibt es nur wenig Vollkornprodukte, aber viele Fertigprodukte und Süßigkeiten. Die Motive sind ebenfalls ethischer und/oder moralischer Art. Allerdings fehlt den Puddingvegetariern oft die Erfahrung beim Kochen oder das Interesse, sich eingehender mit der vegetarischen Kostform auseinanderzusetzen. Übergewicht und Mangelernährung (aufgrund von zu wenig Eiweiß und Vitamin B12) sind oft die Folge des Puddingvegetarismus. Gegenüber der ovo-lakto-vegetabilen Kost und der normalen Mischkost sind keine Vorteile ersichtlich. Somit hat diese Kostform keinen empfehlenswerten Charakter. 1.2.8 Fruganismus Eine vegane Ernährungsweise auf Basis von Früchten (z. B. Obst, Nüssen und Samen), trägt die Bezeichnung Fruganismus. Dabei achtet der Fruganer jedoch darauf, dass das Ernten der Pflanzen ohne Beschädigung stattfindet, dass also nur die Teile der Pflanze zum Verzehr bestimmt sind, welche bei der Ernte keinen Schaden an der Stammpflanze verursachen. So gestaltet sich z. B. die Ernte von Tomaten und Äpfeln problemlos. Die Ernte eines Blumenkohls bedeutet jedoch, dass es zu einer Schädigung der Pflanze kommt. Es folgen der Nährstoffentzug sowie die Vernichtung der Pflanze. Ziel des Fruganismus ist es aber, die Pflanze zu erhalten und ihr damit die Seite 16 von 83 Lehrskript Möglichkeit zum Leben zu geben. Fruganismus entsteht aus der Motivation heraus, mit der Natur im Einklang zu leben und den ökologischen Kreislauf aufrechzuerhalten. Sehr strenge Fruganer essen sogar nur die Früchte, welche von selbst vom Baum bzw. von der Pflanze gefallen sind. Aufgrund der Erntebedingungen steht Gemüse nur sehr selten auf dem Speiseplan (da es meistens notwendig ist, es von der Pflanze abzuschneiden). Knollen, Blätter und Wurzeln finden im Speiseplan der Fruganer keine Verwendung. Pflanzliche Öle und keimende Getreidekörner sind ebenfalls sehr umstritten und nur teilweise in der Nahrung einiger Fruganer wiederzufinden. Bei der Auswahl der Früchte findet eine Bevorzugung von Lichtpflanzen bzw. Lichtnahrung statt, um die Sonnenenergie aufnehmen und in Lebensenergie umwandeln zu können. Mit der fruganen Lebensweise ist auf natürlichem Wege keine Deckung des Bedarfs an Eiweißen, Vitaminen (besonders Vitamin B12), Calcium, Zink, Eisen und Jod möglich. Von daher ist von einer Umsetzung dringend abzuraten. Keinesfalls frugan sollten sich Schwangere, Stillende, Säuglinge, Kinder, chronisch Kranke und Leistungssportler ernähren. 1.2.9 Pescetarismus Der Begriff Pesce leitet sich vom lateinischen piscis = Fisch ab. Der Pescetarismus stellt somit den Verzicht auf Fleisch gleichwarmer Tiere (Warmblüter) bei gleichzeitigem Verzehr von Fischen (Kaltblütern) dar. Die Motive für den Pescetarismus sind sehr vielfältig. Zum einen kann es der fehlende Appetit auf Fleisch sein, zum anderen der Wunsch nach einer gesünderen Ernährung. Einige Pescetarier vertreten auch die Meinung, dass Fische weniger fühlen als Tiere und evolutionstechnisch vom Menschen deutlich entfernter sind. Für den Verzehr erlaubt sind jedoch nur Fische, welche ein Bio- oder Umweltsiegel tragen. Neben Fisch und daraus hergestellten Produkten stehen teilweise auch Wirbellose (Muscheln, Schnecken, Krabben), Eier, Milch und Honig auf dem Speiseplan. Ebenso ist die Verwendung tierischer Nebenprodukte (Leder, Wolle, Daunen) möglich. Der Pescetarismus ist, ernährungsphysiologisch betrachtet, eine vollwertige Ernährungsform und birgt bei ausgewogener Zusammensetzung keine gesundheitlichen Risiken. Seite 17 von 83 Lehrskript 1.2.10 Makrobiotik Makrobiotik steht für eine Lebensweise, die zu einem gesunden und langen Leben führen soll. Das Wissen basiert dabei auf taoistischen Lehren und asiatischen Traditionen, welche davon ausgehen, dass alles im Leben auf dem Chi, der Energie, beruht und Gesundheit nur dann entsteht, wenn dieses Chi sich in einem optimalen Fluss befindet. Allerdings widersprechen die Grundsätze der Makrobiotik allen wissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnissen. Der Begriff selbst wurde bereits in der Antike geprägt, die eigentliche Makrobiotik wurde jedoch erst gegen 1925 vom japanischen Philosophen Georges Ohsawa (1893-1966, Abbildung 3) entwickelt, wobei dieser wiederum sein Wissen aus den theoretischen Erkenntnissen des japanischen Arztes Sagen Ishizuka (1850-1909) zog. Abbildung 3 – Georges Ohsawa, japanischer Philosoph und bedeutendster Vertreter der makrobiotischen Ernährungslehre (Quelle: de.academic.ru) Die makrobiotische Ernährung ist eine weitestgehend vegetarische Kostform, die in ihrem Ursprung nur ganze und unverarbeitete Lebensmittel duldet und einen Verzicht auf Milch und tierische Produkte vorsieht. Die Nationale Verzehrstudie ergab, dass der Anteil der Menschen, die sich in Deutschland makrobiotisch ernähren, unter 0,1 % liegt. Als Motiv für die Entstehung der makrobiotischen Ernährung dient zum einen die Länge des menschlichen Darmes: Diese entspricht, von der Evolution her betrachtet, mehr der Darmlänge von Pflanzenfressern als der von Fleischfressern. Des Weiteren gilt die Auffassung, dass durch Bestrahlung und/oder Erhitzung der Lebensmittel deren Energie verlorengeht. Um die Lebendigkeit zu erhalten und das Chi im Körper zu verstärken, muss der Verzehr der Lebensmittel in ganzem, unverarbeitetem Zustand erfolgen. Die Auswahl der Nahrungsmittel basiert auf dem Yin-Yang-Prinzip. Yin steht für Ausdehnung und Yang für Zusammenziehen. Dabei sind die Lebensmittel so auszuwählen, dass ein Gleichgewicht zwischen Yin und Yang entsteht. Denn eine zu Yang-betonte Ernährung führt zu innerer Verspannung, wohingegen eine zu Yin-betonte Ernährung Konzentrationsschwäche und Gedächtnismangel mit sich bringt. Seite 18 von 83 Lehrskript Die Zuordnung der Lebensmittel zu Yin bzw. zu Yang ist wie folgt: - Yin-Lebensmittel: Wasser, Schwarzer Tee, Alkoholische Getränke, Milch, Joghurt, Obst, wasserreiches Gemüse (z. B. Gurken und Tomaten) - Yang-Lebensmittel: Anis- und Fencheltee, Fleisch, Fisch, Nüsse, Trockenobst, scharfes Gemüse (z. B. Knoblauch), Gewürze (z. B. Chili und Pfeffer) - Neutrale Lebensmittel: Butter, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, Eier, Datteln und Feigen, Gemüse mit geringem Wassergehalt (z. B. Möhren und Kohlrabi) Das Verhältnis von Yin und Yang beträgt dabei 5:1 und ist abgeleitet vom Verhältnis der Mineralstoffe Kalium und Natrium im braunen Reis, welcher in der Makrobiotik das optimale Lebensmittel darstellt. Neben braunem Reis dienen jedoch auch andere Getreidesorten, solange sie in Form des ganzen Kornes vorliegen, als Nahrungsgrundlage. Bei der Nahrungsmittelauswahl ist ebenfalls darauf zu achten, dass die Lebensmittel aus der jeweiligen Region und Saison kommen. Für die Zubereitung sind nur bestimmte Utensilien erlaubt, die keine Unterbrechung des Energieflusses bewirken. So dürfen die Küchengeräte in der makrobiotischen Küche nur aus Holz, Glas, Emaille oder rostfreiem Edelstahl bestehen. Die ursprüngliche Makrobiotik unterteilt sich in 10 Stufen, nummeriert von -3 bis 7. Je höher der Makrobiotiker in den Stufen steigt, umso besser soll sich die Gesundheit entwickeln. So bezeichnet Ohsawa die 7. Stufe als den leichtesten, einfachsten und klügsten Weg zur Gesundheit. Welche Stufe als Einstieg dient, hängt vom jeweiligen Gesundheitszustand ab. In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Stufen dargestellt. Stufe Getreide Gemüse Suppe Tierisches 7 100 % 6 90 % 10 % 5 80 % 20 % 4 70 % 20 % 10 % 3 60 % 30 % 10 % 2 50 % 30 % 10 % 10 % 1 40 % 30 % 10 % 20 % -1 30 % 30 % 10 % 20 % -2 20 % 30 % 10 % 25 % -3 10 % 30 % 10 % 30 % Tabelle 1 – Die Stufen der Makrobiotik nach Ohsawa (Quelle: de.wikipedia.org) Obst/Salat Nachtisch 10 % 10 % 15 % 5% 5% Seite 19 von 83 Getränke * * * * * * * * * * Lehrskript Das Ablehnen tierischer Lebensmittel beruht zum einen darauf, dass Fleisch laut der Makrobiotik ein schwerverdauliches und toxinbildendes Lebensmittel darstellt. Zum anderen gelten Milchprodukte als schädlich, da sie dem menschlichen Körper den Fremdkörper Kasein zuführen, welcher zu einer Schleimbildung in Darm und Atemwegen führt. Bei Getränken und Flüssigkeiten ist eine sparsame Zufuhr laut Makrobiotik ausreichend. Des Weiteren fordert Ohsawa keine Zuführung von Vitamin C, da seiner Ansicht nach der menschliche Körper in der Lage ist, selbst ausreichend Vitamin C zu bilden. Allerdings konnten schon im 18. Jahrhundert Schiffsärzte feststellen, dass Zitrusfrüchte einen Stoff enthalten, welcher die Seefahrer vor einem Vitamin C-Mangel [Skorbut] schützt; die eigentliche Entdeckung von Vitamin C erfolgte erst 1921. Heute ist bekannt, dass außer Meerschweinchen, einigen Fischen und Vögeln nur die Primaten (Menschen und Menschenaffen) außerstande sind, Vitamin C aus Glucose selbst zu synthetisieren. Somit ist die Aussage von Ohsawa bezüglich der Vitamin C-Versorgung wissenschaftlich widerlegt. Michio Kushi (geb. 1926), ein Schüler von Ohsawa, wichtiger Vertreter der Makrobiotik in den Vereinigten Staaten sowie Begründer der modernen Makrobiotikbewegung, gab die Einteilung der Ernährung in die Stufenform auf und modifizierte sie. So soll der Mitteleuropäer sich wie folgt ernähren: - 50 % Getreide (nur Vollkorn, in verschiedenen Zubereitungsarten) - 25 % Gemüse (nur zum kleinen Teil roh; nur aus biologischem Anbau) - 13 % pflanzliches Eiweiß (Hülsenfrüchte, Tofu, Algen) - 6 % Suppen/Getränke (nur Tee, Getreidekaffee und Wasser) - bei Bedarf: 6 % Fisch und Dessert Vom Prinzip her basiert die tägliche makrobiotische Ernährung auf Naturreis, etwas gekochtem Gemüse sowie Hülsenfrüchten, Meeresalgen, reichlich Salz und einem Minimum an Flüssigkeit. Nahrungsergänzungsmittel sind in der Makrobiotik laut deren Begründer weder erwünscht noch benötigt, da der Körper aus den angebotenen Speisen sämtliche notwendigen Stoffe ziehen kann. In der heutigen Makrobiotik sind dennoch verschiedene Angebote über Nahrungsergänzungsmittel zu finden, wobei diese jedoch die Deklaration „natürlicher Ursprung“ tragen und somit als geeignet gelten. Um den Bedarf an Vitamin B12 zu decken, erfolgt eine teilweise Duldung des Verzehrs von Eiern. Trotz der gelegentlichen Zufuhr von Eiern ist das Risiko, einen Vitamin B12-Mangel zu erleiden, sehr groß. Des Weiteren ist bei langanhaltender makrobiotischer Kost oftmals ein Calcium- und Magnesiummangel Seite 20 von 83 Lehrskript zu beobachten, der wiederum die Entstehung von Störungen des Knochenstoffwechsels im Kindesalter [Rachitis], Knochenschwund und Blutarmut fördert. Aus diesem Grund bietet sich keine Empfehlung der Makrobiotik an. Besonders riskant ist sie für Schwangere, Stillende und Kinder. Gerade bei makrobiotisch ernährten Kindern kam es wiederholt zu verlangsamtem Wachstum, gestörter Grobmotorik und verzögerter Sprachentwicklung. Das Durchführen der strikten Form nach Ohsawa (Erreichen der 7. Stufe) ist in den USA mittlerweile verboten, nachdem mehrere Todesfälle auftraten, welche auf die makrobiotische Ernährung zurückführten. Der Ernährungswissenschaftler Claus Leitzmann von der Universität Gießen kann aber auch die sanftere Form nach Kushi für Erwachsene nur bedingt empfehlen, da hier das Risiko einer Mangelernährung ebenfalls zu groß ist. Die Makrobiotik soll sich vorteilhaft auf die Krebsprävention auswirken, da sie aufgrund ihres hohen Anteils pflanzlicher Komponenten reich an den sekundären Pflanzenstoffen Phytoöstrogenen ist, welche nachweislich einen positiven Einfluss auf die Prävention von Brustund Prostatakrebs ausüben. Für die Makrobiotik gibt es jedoch keine wissenschaftlich gesicherten Studien, die eine Krebsprävention bescheinigen. Laut Erfahrungen und Berichten kann sich die Makrobiotik positiv auf Allergien, Rheuma, Neurodermitis und Verdauungsbeschwerden auswirken. Vom ernährungsphysiologischen Standpunkt betrachtet stellt die Makrobiotik keine empfehlenswerte Kostform auf die Dauer dar. Aufgabe Würden Sie einer jungen Frau mit Kinderwunsch zu Makrobiotik raten bzw. sie in ihrem Wunsch, sich makrobiotisch zu ernähren, unterstützen? Können Sie sich vorstellen, sich selbst makrobiotisch zu ernähren? Seite 21 von 83 Lehrskript Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 1 Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Fragen schriftlich und erarbeiten Sie erst dann die richtige Lösung aus dem Text. 1) Erläutern Sie den Begriff Vegetarismus! 2) Welche Formen des Vegetarismus gibt es? 3) Welche Formen des Vegetarismus sind aufgrund von gesundheitlichen Risiken weniger empfehlenswert? 4) Erklären Sie den Unterschied zwischen Ovo-Lakto-, Lakto- und Ovo-Vegetarismus in Bezug auf die Lebensmittelauswahl sowie die Motive für die jeweilige Ernährungsform! 5) Was zeichnet die vegane Lebensweise zwingend sowie obligatorisch aus? 6) Welche Motive stehen hinter der Rohkost-Ernährung? 7) Was hat der Puddingvegetarismus mit Pudding gemein? 8) Wodurch unterscheidet sich der Fruganer vom Freeganer? 9) Welche Prinzipien vertritt die Makrobiotik? 10) Was ist der Unterschied zwischen Halbvegetariern und Pescetariern? Die Antworten der Aufgaben finden Sie am Ende des Lehrskriptes. Seite 22 von 83 Lehrskript 2.1 Geschichte des Vegetarismus 2.2 Ausprägung des Vegetarismus 2.2.1 Vegetarismus in Deutschland 2.2.2 Vegetarismus weltweit 2.3 Motive des Vegetarismus 2.3.1 Entwicklungsgeschichte der menschlichen Ernährung 2.3.2 Gesundheitliche Motive 2.3.3 Religiöse und ethische Motive 2.3.4 Ökologische und ökonomische Motive 2.4 Mythen der vegetarischen Ernährung Seite 23 von 83 Kapitel 2 Kapitel 2 – Hintergrundinformationen Lehrskript Lernorientierung Nach Bearbeitung dieses Kapitels werden Sie: - die Geschichte des Vegetarismus kennen, - das Auftreten und die Ausprägung des Vegetarismus in Deutschland sowie weltweit überblicken und einordnen können, - diverse Motive zur Führung eines vegetarischen Ernährungsstils beschreiben, unterscheiden und bewerten können, - Mythen der vegetarischen Ernährung überblicken und bewerten. Seite 24 von 83 Lehrskript 2.1 Geschichte des Vegetarismus Die ersten Impulse für den Vegetarismus setzte im 6. Jahrhundert v. Chr. die Orphik, eine Mysterien- und Erlösungsreligion um die mythische Gestalt des Orpheus (Dichter und Sänger). Das Bestreben der Orphik bestand darin, Reinheit und somit Befreiung der eigenen Seele zu erlangen, die aufgrund früherer Schuld im Körper eingeschlossen ist. Nur eine befreite Seele hat die Möglichkeit auf eine Wiedergeburt und ein glückseliges Leben im Jenseits. Dafür ist jedoch das Meiden der Nutzung beseelter Wesen notwendig. Dies schließt neben dem Verzicht auf Fleisch auch den Verzicht von Eiern und Wolle mit ein. Als einer der ersten Begründer des klassischen Vegetarismus gilt Pythagoras, ein griechischer Philosoph, welcher von 570-500 v. Chr. gelebt hat und den Gedanken des Orphik aufgriff und weiterführte. Seine Reisen in die asiatische Welt brachten ihn u. a. mit Buddha, Lao-Tse und Konfuzius zusammen. Hier lernte Pythagoras die Reinkarnation sowie die damit verbundene Aufgabe kennen. Ausgehend von Pythagoras wurde der Vegetarismus auch lange Zeit als Pythagoreismus bezeichnet. Der griechische Philosoph Plutarch (46-120 n. Chr.) äußerte sich wie folgt zum Fleischverzehr und der Einstellung von Pythagoras: „Du fragst, was Pythagoras bewog, kein Fleisch zu essen. Ich aber frage dich, was für einen Mut der Mensch gehabt haben muss, der zuerst ein blutiges Stück Fleisch in den Mund steckte von Tieren, die noch im Augenblicke vorher blökten, brüllten, liefen und sehen konnten. Wie konnte seine Hand einem empfindsamen Wesen ein Messer ins Herz stoßen, und wie konnten seine Augen einen Mord ertragen? (…) Staunen muss man über diejenigen, die diese grausamen Mahlzeiten anfingen, nicht über diejenigen, die sich ihrer enthielten“. Der vegetarische Gedanke in der Antike hatte jedoch keinen Einfluss auf das Töten von Tieren als mythischer Kraftspender vor Kämpfen oder als Opfer für die Götter. Abbildung 4 – Pythagoras, Pythagoreismus (Qulle: www.hbnweb.de) griechischer Philosoph und Begründer des Seite 25 von 83 Lehrskript Welche gesundheitlichen Folgen ein zu hoher Fleischkonsum mit sich bringen kann, erkannte Hippokrates (griechischer Arzt, 460-370 v. Chr.) und verordnete Fasten, Vollkornbrot, Obst und rohes Gemüse. Mit seinen Empfehlungen kommt er dabei sehr nahe an die heutigen Empfehlungen der DGE. Im Mittelalter, als die katholische Kirche als oberste Instanz und Richtungsweiserin galt, wurde der Vegetarismus nur unterschwellig ausgelebt. Tiere wurden als Wesen ohne Verstand angesehen und bedurften von daher keiner weiteren Rücksichtnahme. Erst mit Renaissance und Humanismus wurde die vegetarische Lebensweise wieder ein Teil der Öffentlichkeit. Ausgehend vom französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) entstand die Lebensreform-Bewegung, welche das Verhältnis des Menschen zu Natur und Gesellschaft in Frage stellte und dazu aufrief, zurück zu den Wurzeln, also zurück zur Natur zu gehen. Somit wurden ein Gegengewicht zur Industrialisierung geschaffen und soziale Missstände, Luftverschmutzung und die Schnelllebigkeit des modernen Lebens offen thematisiert. Die Bewegung umfasste alle Lebensbereiche, u. a. die Naturheilbewegung, den Vegetarismus, die Tierschutzbewegung sowie die Reformpädagogik. Ihr gehörten auch bekannte medizinische Vertreter an, z. B. die deutschen Ärzte Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) und Samuel Hahnemann (1755-1843). Sie erkannten, dass der Verzicht auf Fleisch einen wesentlichen Bestandteil der Therapie und Prophylaxe von Krankheiten ausmacht. Als Ergebnis des Zusammenwirkens von Naturheilkunde und vegetarischer Ernährung entstand das Werk „Die naturgemäße Diät, die Diät der Zukunft“ vom deutschen Apotheker Theodor Hahn (1824-1883). Der Schweizer Arzt Max Bircher-Benner griff diesen Gedanken auf und ging damit ganz neue Wege in der Ernährungstherapie. Der Beginn des Vegetarismus in Deutschland 1833 veröffentlichte der deutsche Rechtsanwalt Gustav von Struve (1805-1870) den Roman „Mandaras Wanderungen“ als erste vegetarische Schrift in deutscher Sprache. Der seit 1850 stetig steigende Fleischkonsum sowie die steigende Zahl der Zivilisationskrankheiten bewirkten schließlich eine öffentliche Kritik der modernen Lebensweise und riefen die moderne Vegetarierbewegung ins Leben. Dabei steht der Begriff Vegetarismus neben einer fleischfreien Lebensweise auch für tierfreie Kleidung, Gesundheit und Sexualität. An dieser Stelle ist jedoch die Anmerkung notwendig, dass zu diesem Zeitpunkt die Lebensmittelversorgung zum ersten Mal ausreichte, um den Nährstoffbedarf der Bevölkerung zu decken, und die seit dem Mittelalter herrschende chronische Unterversorgung abgeschafft wurde. Seite 26 von 83 Lehrskript 1847 gründeten Bibelchristen in England die Vegetarian Society, welche als Muttergesellschaft aller Vegetariervereine gilt. Dem folgte 1867 die Gründung des ersten vegetarischen Vereins in Deutschland („Verein für natürliche Lebensweise“), gegründet vom deutschen Theologen und Demokraten Eduard Wilhelm Baltzer (18141887). Dabei legte Baltzer neben den religiösen und moralischen Motiven bereits politische, volkswirtschaftliche und gesundheitliche Motive zugrunde. Es folgten weitere Vereinsgründungen und der Zusammenschluss mehrerer Vereine zum Deutschen Vegetarier-Bund 1892 in Leipzig (unter dem Hitler-Regime 1935 aufgelöst). Die IVU wurde 1908 in Dresden gegründet und veranstaltet seitdem regelmäßig internationale Kongresse. Um die Nachfrage nach vegetarischen Lebensmitteln zu decken, entstanden 1887 mit dem Berliner Versandhaus Carl Braun die ersten Reformwarenläden. Der heutige Vegetarier-Bund Deutschland e. V. entstand 1946 unter dem Namen Vegetarier-Union Deutschland, dieser wurde 1986 in den heutigen Namen VEBU (Vegetarier-Bund Deutschland e. V.) umgewandelt. Abbildung 5 – Das Logo des Vegetarier-Bund Deutschland e.V. (Quelle: www.vebu.de) Die aufkommende Umweltschutz- und Ökologiebewegung in den 1970er Jahren prägte und formte letztendlich den heutigen Vegetarismus in Deutschland. Die Anerkennung in unserer Gesellschaft beruht auch auf herausragenden Persönlichkeiten, welche sich öffentlich zum Vegetarismus bekennen bzw. bekannten (siehe Tabelle 2). Haben Sie gewusst … … dass das Grahambrot auf den Ernährungsreformer und Priester Sylvester Graham zurückgeht? Er vertrat die Meinung, selbstgebackenes Brot aus Weizenvollkornschrot sei ein wichtiger Bestandteil der rohkostreichen vegetarischen Ernährung. Seite 27 von 83 Lehrskript Pythagoras (Philosoph, Griechenland, 570-500 v. Chr.) Francois-Marie Arouet, genannt Voltaire (Schriftsteller, Frankreich, 1694-1778) Wilhelm Busch (Dichter, Deutschland, 1832-1908) George Bernhard Shaw (Schriftsteller, Irland, 1856-1950) Albert Einstein (Physiker, Deutschland/ USA, 1879-1955) Ovid (Dichter, Italien, 43 v.-17 n. Chr.) Leonardo da Vinci (Maler und Erfinder, Italien, 1452-1519) Arthur Schopenhauer Leo Tolstoi (Philosoph, Deutschland, (Dichter, Russland, 1788-1860) 1828-1910) Bertha von Suttner (Schriftstellerin, Österreich, 1843-1914) Mahatma Gandhi (Rechtsanwalt, Indien, 1869-1948) Franz Kafka (Schriftsteller, Deutschland, 1883-1924) Paul McCartney Reinhard Mey (Musiker, (Musiker, Großbritannien, *1942) Deutschland, *1942) Tabelle 2 – Berühmte Vegetarier (Quelle: 07191914917Leitzmann; 2012; S. 19) Thomas Alva Edison (Erfinder, USA, 1847-1931) Christian Morgenstern (Dichter, Deutschland, 1871-1914) Jane Goodall (Verhaltensforscherin, Großbritannien, *1934) Nina Hagen (Musikerin, Deutschland, *1955) 2.2 Ausprägung des Vegetarismus 2.2.1 Vegetarismus in Deutschland Durchschnittlich leben in Deutschland ca. 8 % der Einwohner vegetarisch (das entspricht > 6 Millionen Menschen), wobei keine genauen Zahlen vorliegen. So gibt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) z. B. nur 0,9 %, das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (INFAS) jedoch 9,1 % vegetarisch lebende Deutsche an. Was jedoch feststeht, ist, dass die Tendenz steigt. Ausgehend von der Gießener Vegetarierstudie sind 9,3 % der Vegetarier vegan, 28,7 % lakto-vegetarisch, 53 % ovo-lakto-vegetarisch und 9 % teilweise vegetarisch. Bezogen auf das Gesundheitsverhalten der Vegetarier stellte diese Studie fest, dass 94 % der Vegetarier Nichtraucher sind, 72,4 % Sport betreiben (31 % täglich und 18,7 % mehrmals die Woche). Entspannung setzen 69 % der befragten Vegetarier regelmäßig um (28 % Yoga, 13,8 % autogenes Training, 27,2 % Meditation). Regelmäßiges Fasten gaben 41,4 % an. Eine prospektive epidemiologische Studie1 des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg bei Vegetariern konnte feststellen, dass der deutsche Vegetarier im Schnitt 36-50 Jahre alt ist. Diese Aussage Bei prospektiven Studien liegen der Studienbeginn sowie der Beobachtungszeitraum nah beieinander, die Untersuchung der Gruppe erfolgt „in die Zukunft“ (prospektiv), und der Krankheitsstatus ist noch unbekannt. (Quelle: Wikipedia) 1 Seite 28 von 83 Lehrskript weicht jedoch von den Ergebnissen der Jenaer Vegetarierstudie ab, welche ein Durchschnittalter von 20-29 Jahren ermittelte. Eine Übereinstimmung ist jedoch in allen Studien zu finden: Der Großteil der Vegetarier in Deutschland gehört dem weiblichen Geschlecht an. 2.2.2 Vegetarismus weltweit Bei einem Vergleich der Länder und deren prozentualem Anteil an Vegetariern sticht Indien besonders hervor. Hier lebt fast die Hälfte der Bevölkerung vegetarisch (40 %), was seine Ursache u. a. im Hinduismus hat (Kapitel 2.3.3). Auf Platz 2 mit 10 % liegt Italien, dicht gefolgt von Großbritannien (9 %) und Israel (8 %). Auch hier beruhen die Angaben nur auf Schätzungen und lassen sich evtl. nach unten korrigieren. 2.3 Motive des Vegetarismus Unabhängig davon, welche Motive für jeden Einzelnen ausschlaggebend für den Vegetarismus sind (Tabelle 3), ist an dieser Stelle der Hinweis wichtig, dass (u. a. laut Claus Leitzmann) aus ernährungsphysiologischer Sicht kein Grund dafür besteht, Fleisch zu essen. Es besteht keine Notwendigkeit für den Menschen, sich vegetarisch zu ernähren, aber auch keine Notwendigkeit des täglichen Fleischkonsums. Bei genauerer Betrachtung der Nahrungsmittelauswahl einiger Naturvölker ist feststellbar, dass sich z. B. Inuit in den nördlichen Polarregionen fast ausschließlich von Fischfang und Jagd ernähren, wohingegen Naturvölker in tropischen Regionen überwiegend auf pflanzliche Nahrung zurückgreifen. Letztendlich spielen also immer das jeweilige Nahrungsmittelangebot sowie die vorherrschende Kultur eine entscheidende Rolle für die Nahrungsmittelauswahl. Des Weiteren müssen die Motive für jeden Einzelnen keine dauerhafte Fixierung erfahren, sondern können sich im Verlauf der vegetarischen Lebensweise ändern bzw. es können neue Motive hinzukommen. So kann z. B. die eigene Gesundheit ein Motiv für den Einstieg sein. Dieses Motiv kann sich jedoch ändern oder ergänzen mit ethischen Motiven, wenn der Vegetarier tiefer in die Materie vordringt. Das Umdenken und Hinwenden zum Vegetarismus erfolgt dabei entweder vollständig oder stufenweise, z. B. mit einem eingeschränkten Fleischverzehr und darauf folgendem Fleischverzicht. Zum besseren Verständnis, da dieser Punkt oft Thema kontroverser Diskussionen über den Vegetarismus ist, geht das folgende Kapitel noch einmal kurz auf die Entwicklungsgeschichte der menschlichen Ernährung ein. Seite 29 von 83 Lehrskript 2.3.1 Entwicklungsgeschichte der menschlichen Ernährung Vor 60 Millionen Jahren Hier lebten die ältesten Vorfahren der Primaten, eichhörnchengroße und spitzmausartige Säugetiere. Ihre Nahrung bestand hauptsächlich aus Insekten. Vor 50 Millionen Jahren Die Primaten begannen, Bäume als neuen Lebensraum zu betrachten. Dieser Wechsel bedingte eine Umstellung der Nahrung, welche nun hauptsächlich aus Früchten und Blättern bestand. Die tierische Nahrung über Insekten stellte nur noch einen geringen Anteil dar. Vor 4-5 Millionen Jahren Die Primaten verließen die Bäume und gewöhnten sich einen aufrechten Gang an. Der Australopithecus („Süd-Affe“) als ein menschlicher Vorfahr erweiterte sein Nahrungsspektrum um Samen und stärkehaltige Wurzeln sowie erjagte Kleinstlebewesen bzw. Tierkadaver. Er passte sein Essverhalten somit den Gegebenheiten der Savanne an. Diese Form der Ernährung ist heute noch bei den Menschenaffen anzutreffen, welche sich hauptsächlich von reifen Früchten, Blättern und Pflanzen ernähren; tierische Nahrung mit 4-8 % spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Vor 2,5 Millionen Jahren Der Homo rudolfensis sowie der Homo habilis („befähigter Mensch“) als erste Vertreter der menschlichen Gattung waren in der Lage, einfache Steinwerkzeuge zu benutzen. Dadurch erhielten sie die Befähigung, Tiere zu zerlegen und neue Nahrungsquellen zu erschließen – eine Zunahme des Fleischverzehrs war die Folge. Vor 1,8 Millionen Jahren Die Nutzung des Feuers gab dem Homo erectus („aufrecht gehender Mensch“) die Möglichkeit, rohes Fleisch durch Erhitzen bekömmlicher zu machen. Dennoch bildete die pflanzliche Nahrung weiterhin den Schwerpunkt der Ernährung, da diese im Gegensatz zu Fleisch einfacher und risikoloser zu beschaffen war. Dies trifft auch auf den Homo sapiens zu, welcher vor 400.000 Jahren lebte. Der Verzehr von Gehirn und Knochenmark reicherte die Kost mit langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren an und bewirkte eine Verdopplung des Hirnvolumens vom Australopithecus bis zum Homo sapiens. Seite 30 von 83 Lehrskript Vor 10.000 Jahren Im Ackerbauzeitalter, der Neolithischen Revolution, begann der Mensch mit dem systematischen Anbau von Nahrungspflanzen (Getreide und stärkehaltige Knollen) und reduzierte infolgedessen den Verzehr von Wildpflanzen. Vor 6500-4000 Jahren Die Domestizierung von Tieren als Nutz- und Haustiere bewirkte in der Jungsteinzeit einen Anstieg der tierischen Nahrung. Genutzt wurden überwiegend Schafe, Ziegen, Schweine und Rinder. Vor 200 Jahren Die Industrielle Revolution brachte zum einen Erkenntnisse in der verbesserten Herstellung von Gebrauchsgütern und zum anderen auch eine Industrialisierung der Nahrungsmittel. Neben der Massenproduktion kam es zu einer stetigen Verbesserung der Konservierung und Transportmöglichkeiten – das Beziehen von Lebensmitteln war nun schneller und günstiger möglich. Aus der naturbelassenen kohlenhydrat- und ballaststoffreichen Nahrung wurde eine stark verarbeitete, energieund fettreiche, aber ballaststoffarme Kost. Die günstigen Preise sowie die leichte Beschaffung der Nahrung, besonders tierischer Lebensmittel, bewirkten einen Anstieg der tierischen Kost. Parallel zu der erhöhten Energieaufnahme kam es zu einer Verringerung der körperlichen Aktivität aufgrund verschiedener Erleichterungen in den Arbeitsabläufen. In der heutigen Zeit herrscht die sogenannte Zivilisationsnahrung vor, die sich Stück für Stück den veränderten Lebensumständen des Menschen anpasst. Abbildung 6 – Die menschliche Evolution (Quelle: scienceblogs.de) Seite 31 von 83 Lehrskript Fazit Der Mensch lässt sich entwicklungsgeschichtlich als Vollköstler einstufen, jedoch mit einer klaren Betonung auf pflanzlicher Kost. Als Beweis für diese Theorie dient die Anatomie der menschlichen Verdauung. Bei Fleischfressern [Carnivoren] wie z. B. der Katze nimmt der Magen 70 % des gesamten Verdauungstraktes in Anspruch. Der Dünndarm weist ebenfalls ein größeres Volumen und eine größere Fläche als der Dickdarm auf. Bei Pflanzenfressern [Herbivoren] hingegen beanspruchen der Blindund Dickdarm mehr Verdauungsfläche. Der menschliche Dünndarm nimmt 60 % des Verdauungsapparates in Anspruch, was dem Menschen eine Stellung zwischen Tier- und Pflanzenfresser gibt und gleichzeitig auf die Abstammung vom Primaten hinweist. Im menschlichen Dickdarm wiederum sind Gärkammern zum Abbau unverdaulicher Nahrungsbestandteile, sog. Tänien, zu finden. Tänien sind typische Merkmale von Pflanzenfressen und pflanzenbetonten Allesfressern. Weitere Anzeichen sind die Zähne (mehr Mahlzähne als Reißzähne), die Kau- und Schluckbewegungen (kein Hinunterschlingen wie bei Raubtieren), die Bildung stärkespaltender Enzyme im Speichel (keine Fähigkeit bei reinen Fleischfressern) und die Unfähigkeit zur körpereigenen Vitamin C-Synthese (im Gegensatz zu Fleischfressern). Bei genauerer Betrachtung der Phasen der menschlichen Evolution lässt sich jedoch feststellen, dass weder eine rein pflanzliche noch eine rein tierische Kost einen arterhaltenden oder auslesefördernden Charakter trägt. Entscheidend für die jeweils vorherrschende Kostform waren immer die jahreszeitlichen, geografischen und klimatischen Bedingungen, sodass die unterschiedlichen Kulturen unserer Vorfahren bezüglich der pflanzlichen und tierischen Anteile der Nahrung deutliche Unterschiede aufweisen. 2.3.2 Gesundheitliche Motive Die Kosten für die Behandlung ernährungsabhängiger Erkrankungen betragen laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) sowie Bundesministerium für Gesundheit (BMG) rund 70 Mrd. Euro jährlich. Eine Möglichkeit der Kostensenkung ist die vegetarische Lebensweise. Denn mehrere Studien konnten den Beweis erbringen, dass Vegetarier im Vergleich zu Mischköstlern seltener an Übergewicht und Bluthochdruck erkranken. Ebenso geringer ist das Risiko für die Entstehung weiterer ernährungsabhängiger Erkrankungen, z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen, Erkrankungen des Skelettund Bewegungsapparates, verschiedene Krebsarten und Gicht. Des Weiteren verfügen Menschen mit einer ausgewogenen vegetarischen Seite 32 von 83 Lehrskript Ernährung über günstigere Blutcholesterinwerte und haben eine höhere Lebenserwartung. Diese gesundheitlichen Vorteile ergeben sich jedoch nur unter Berücksichtigung einer generellen gesundheitsbewussten Lebensweise (moderater Umgang mit Alkohol, Verzicht auf Nikotin, regelmäßige Bewegung). Der Grund für die gesundheitlichen Vorteile liegt in der Nahrungszusammensetzung sowie der niedrigeren Nahrungsenergiedichte. So weist der Vegetarier in der Regel eine geringere Zufuhr von gesättigten Fettsäuren, Cholesterin und Purinen auf. Gleichzeitig gewährleistet die vegetarische Ernährung eine hohe Zufuhr von komplexen Kohlenhydraten (Oligo- und Polysaccharide), Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Fakt ist, dass Vegetarier: - seltener an Übergewicht leiden als Mischköstler - deutlich seltener rauchen - häufiger und regelmäßiger Sport treiben - niedrigere Blutdruckwerte als Mischköstler aufweisen - seltener an Diabetes mellitus Typ II erkranken - seltener von einem erhöhten Harnsäurespiegel [Hyperurikämie] und Gicht betroffen sind - im Vergleich zu Mischköstlern günstigere Werte hinsichtlich des Verlustes an Knochenmasse aufweisen - seltener als die Durchschnittsbevölkerung an bösartigen Krebsarten erkranken - eine deutlich höhere Lebensqualität aufweisen Neben den langfristigen Vorteilen zeigt sich auch eine Verbesserung des individuellen Wohlbefindens (körperliche, geistige und seelische Aspekte), deren individuelle Wahrnehmung von werdenden Vegetariern bereits sehr schnell nach Einstieg in den Vegetarismus erfolgt. So berichten viele Vegetarier von einer geistigen Leichtigkeit, welche sich in erhöhter Kreativität, Konzentrationsfähigkeit und geistiger Ausdauer wiederspiegelt. Praxis Was tun Sie bereits für Ihre Gesundheit? Was würden Sie noch alles tun? Seite 33 von 83 Lehrskript 2.3.3 Religiöse und ethische Motive Die älteste ethische Überzeugung liegt darin, dass es ungerecht ist, Tieren ein Leid zuzufügen und sie zu töten, um daraus selbst einen Nutzen zu ziehen. Diese Überzeugung stammt von Philosophen aus der Antike, als die ersten und auch meisten Impulse für den Vegetarismus gesetzt wurden. Ein weiteres Motiv ist die Frage, ob Tiere leiden können („Die Frage ist nicht: Können sie denken? Oder: Können sie sprechen? Sondern: Können sie leiden?“, Bentham, Moralphilosoph, England, 1748-1832). Ausgehend davon entwickelte der australische Philosoph Peter Singer (geb. 1946) das Gleichheitsprinzip, welches im Buch „Animal Liberation“ 1982 veröffentlicht wurde. Es besagt, der Mensch solle den ähnlichen Interessen derer, die von seinen Handlungen betroffen sind, gleiches moralisches Gewicht verleihen. Singer fordert jedoch neben Gleichbehandlung auch gleiche Berücksichtigung, was durchaus zu unterschiedlicher Behandlung führen kann. Um das Gleichheitsprinzip auf Tiere übertragen zu können, prägte Singer den Begriff Speziesismus. Seiner Meinung nach rechtfertigen Speziesisten das Quälen, Einsperren, Töten und Essen von Tieren mit ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Art. In Wirklichkeit ist ihr Verhalten laut Singer jedoch genauso willkürlich, falsch und unhaltbar wie Diskriminierung von Menschen aufgrund von Rasse oder Geschlecht. Der deutsche Philosoph und Arzt Albert Schweitzer (1875-1965) setzte sich ebenfalls für ein ethisches und barmherziges Miteinander von Mensch und Tier ein, obwohl er selbst kein strikter Vegetarier war. Er vertrat die These, dass der Mensch nur dann Ehrfurcht vor dem eigenen Leben erfahren könne, wenn er die Fähigkeit des Mitleidens mit anderen Lebewesen entwickelt. „Ethik ist ins Grenzenlose erweiterte Verantwortung gegen alles, was lebt“ (Schweitzer). Heute rücken immer mehr und mehr die Probleme der Massen- und Intensivtierhaltung (siehe Abbildung 7) in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Zweifel an der artgerechten Haltung und den Bedingungen bei Aufzucht, Mast und Transport sind nur ein paar ausgewählte Fakten, die heute ein Umdenken und ein Zuwenden zum Vegetarismus bewirken. Abbildung 7 – Massentierhaltung bei Hühnern – Dauerkunstlicht, riesige, fensterlose Hallen und Kraftfutter (Quelle: www.helles-koepfchen.de) Seite 34 von 83 Lehrskript Hinweis Es besteht kein Grund zu der Behauptung, der Fleischesser sei schlecht und nur der Vegetarier edel und rein, da schließlich auch Vegetarier (mit Ausnahme der Fruganer) Pflanzen und somit Existenzen für ihr eigenes Wohl vernichten. Bei den religiösen Gründen gehen die Anregung zum Vegetarismus oft aus religiösen Verhaltensempfehlungen bzw. deren Deutung hervor (z. B. Streben nach ethischen und moralischen Grundsätzen, Gewaltlosigkeit, Nächstenliebe und Barmherzigkeit). Der Hinduismus, eine der ältesten Religionen, vertritt den Vegetarismus sehr konsequent. So steht in den Veden, der ältesten indischen Glaubensschrift, das Prinzip der Ahimsa, das Prinzip des Nicht-Tötens und Nicht-Verletzens sowie der Güte und Rücksichtsnahme gegenüber allen Kreaturen. Mahatma (Mohandas Karamtschad Gandhi, 1869-1948), indischer Rechtsanwalt, legte dieses Prinzip als Aufruf zum konsequenten Vegetarismus aus und regte die strikte Umsetzung im Hinduismus an. Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung der Ahimsa ist die Verehrung der Kuh, da ein Lieferant für Milch und Brennstoff ein viel wertvolleres Gut darstellt als eine zur Fleischgewinnung getötete Kuh. Abbildung 8 – Mahatma Gandhi (Quelle: http://www.biography.com) Als religiöses Verbot wurde der Fleischverzehr im 6. Jahrhundert im Buddhismus eingeführt. Buddhisten glauben an die Reinkarnation, die Seelenwanderung und die Wiedergeburt. Um Weisheit zu erlangen und das Nirwana zu erreichen, ist jedoch Barmherzigkeit gegenüber allen Lebewesen notwendig. Eine vegetarische Ernährung ist somit für einen wahren Buddhisten unumgänglich. Der Dalai Lama (religiöses Oberhaupt des tibetischen Volkes, geb. 1935) beschreibt die Notwendigkeit der vegetarischen Ernährung folgendermaßen: „Selbstverständlich stehen wir auf einer höheren Stufe als die Tiere aufgrund unserer Intelligenz und Geisteskraft. Aber im Hinblick auf das Recht zu leben befinden wir uns natürlich auf derselben Stufe wie die Tiere.“ Seite 35 von 83 Lehrskript Abbildung 9 – Tendzin Gyatsho, der 14. Dalai Lama (Quelle: http://fc00.deviantart.net) Neben Verweisen in den Glaubensschriften zum Aufruf an den Vegetarismus gibt es auch gegenteilige Anregungen. So enthält der Koran den Hinweis: „Kein Geschöpf bewegt sich auf Erden, das Er nicht an der Stirnlocke hielte.“ Von einem rücksichtsvollen Umgang mit Tieren ist der Islam jedoch weit entfernt. Im jüdischen Glauben findet ebenfalls ein Aufruf zum rücksichtsvollen Umgang mit Tieren statt. Als Grundlage dienen hier die jüdischen Speisegesetze, die fast alle pflanzlichen Lebensmittel als rein (koscher) einstufen, die meisten tierischen Lebensmittel aufgrund ihres unreinen Charakters (trefe) ablehnen. Ebenfalls erfolgt eine Einschränkung des Fleischverzehrs durch Vorschriften wie das Schächten (Ausblutenlassen der Tiere) und die strikte Trennung fleischiger und milchiger Lebensmittel bei Zubereitung und Verzehr. 2.3.4 Ökologische und ökonomische Motive Um ein Kilogramm Fleisch zu erzeugen, ist je nach Tierart die fünf- bis siebenfache Menge an Getreide als Futter notwendig. Dafür ist jährlich eine Verfütterung von 60 % des in der EU bzw. 70 % des in der USA produzierten Getreides notwendig. Zusätzlich erfolgt ein Import von Getreide aus den Entwicklungsländern, insbesondere Soja und Maniok. Um das Getreide in den Entwicklungsländern anzubauen, ist Platz notwendig, der sich oft nur durch die Rodung des Regenwaldes schaffen lässt. So kommt es zu einem drastischen Verbrauch an Getreide in der Fleischproduktion. Stark erhöht ist ebenfalls der Verbrauch von Primärenergie (Strom, Wärme), um die Tiere zu halten, zu schlachten und ihr Fleisch zu verarbeiten. Dabei kostet die Produktion tierischer Lebensmittel mehr Energie als die Produktion pflanzlicher Lebensmittel (siehe Abbildung 10). Seite 36 von 83 Lehrskript Abbildung 10 – Der Energieaufwand für die Produktion tierischer und pflanzlicher Nahrungsmittel (Quelle: veginsalzburg.bplaced.net) Der Fleischkonsum in Deutschland beträgt derzeit ca. 60 kg Fleisch/Kopf/Jahr (die DGE-Empfehlung beläuft sich auf 600 g/Woche bzw. 31,2 kg/Jahr). Um den stetig steigenden Bedarf zu decken, ist Massentierhaltung notwendig, die u. a. eine artgerechte Haltung weitestgehend unmöglich macht. Weitere Probleme der Massentierhaltung liegen im enormen Ackerflächenverbrauch, dem Verlust der Artenvielfalt durch die Züchtung von Hochleistungsrassen und der Umweltbelastung. So kommt es zur Grundwassergefährdung durch Gülle und Pestizide sowie zu Rückständen von Masthilfen und Tierarzneimitteln im Endprodukt und Grundwasser. Die Bildung von Methan und Ammoniak durch Wiederkäuer bzw. der Ausstoß von Lachgas durch Gülle und Mist fördern den Treibhauseffekt und schädigen weltweit das Klima mehr als der globale Verkehrssektor (siehe Abbildung 10). . Seite 37 von 83 Lehrskript Abbildung 11 – Klimabelastung der verschiedenen Ernährungsweisen (Quelle: www.vegetarismus.ch) Eine Reduzierung der Massentierhaltung und des hohen Fleischverzehrs hätten zur Folge, dass genügend Anbaufläche für pflanzliche Lebensmittel (ein Drittel der Weltackerfläche dient für den Anbau von Futtermitteln) vorhanden und somit die Nahrungsversorgung der kompletten Weltbevölkerung sichergestellt ist. Die Realität sieht jedoch anders aus: Von ca. sechs Milliarden Menschen auf der Erde müssen rund 800 Millionen hungern. Ethisch Töten als Unrecht Recht der Tiere auf Leben und Unversehrtheit Mitgefühl mit Tieren Ablehnung der Massen- bzw. Intensivtierhaltung Ablehnung der Tiertötung als Beitrag zur Gewaltfreiheit in der Welt Ablehnung des Fleischverzehrs und Einschränkung des Verzehrs tierischer Lebensmittel als Beitrag zur Lösung des Welthungerproblems Gesundheitlich Allgemeine Gesunderhaltung Körpergewichtsabnahme Prävention bestimmter Erkrankungen Heilung bestimmter Erkrankungen Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit Ökologisch Beitrag zum globalen Klimaschutz durch bevorzugten Verzehr pflanzlicher Lebensmittel Verminderung der durch Tierhaltung bedingten Umweltbelastungen Vermeidung von Veredelungsverlusten Seite 38 von 83 Lehrskript Religiös Töten als Sünde Fleischverzehr als religiöses Tabu Barmherzigkeit gegenüber Tieren Fleischverzicht als Teil einer asketischen Lebensweise Körperliche, geistige und seelische Reinheit Ästhetisch Abneigung gegen den Anblick toter Tiere bzw. Tierteile Ekel vor Fleisch Höherer kulinarischer Genuss vegetarischer Gerichte Hygienisch-to- Bessere Küchenhygiene in vegetarischen Küchen xikologisch Verminderung der Schadstoffaufnahme Kosmetisch Körpergewichtsabnahme Beseitigung von Hautunreinheiten Ökonomisch Begrenztes Angebot tierischer Lebensmittel Begrenzte finanzielle Möglichkeiten Politisch Ablehnung des Fleischverzehrs und Einschränkung des Verzehrs tierischer Lebensmittel als Beitrag zur Lösung des Welthungerproblems Ablehnung des Fleischverzehrs als Bestandteil einer patriarchalen Gesellschaftsordnung Sozial Erziehung Gewohnheit Gruppeneinflüsse Spirituell Freisetzung geistiger Kräfte Spirituelle Weiterentwicklung Unterstützung von meditativen Übungen und Yoga Mäßigung bzw. Beherrschung des Geschlechtstriebes Tabelle 3 – Motive für eine vegetarische Ernährung (Quelle: Leitzmann, Keller; 2010; S. 24) Übung Leben Sie vegetarisch oder vegan? Wenn ja, was sind Ihre Beweggründe? Überlegungen dieser Art sind wichtig, um zukünftig die Beweggründe Ihrer Klienten nachvollziehen zu können. 2.4 Mythen der vegetarischen Ernährung Hinweis „Trotz aller Erkenntnisgewinne gibt es weiterhin Vorurteile und Vorbehalte gegenüber dem Vegetarismus. Fundierte Informationen auf Basis der wissenschaftlichen Fakten können dabei helfen, diese Vorbehalte abzubauen. Hilfreich kann auch eine gezielte Ernährungsberatung sein, insbesondere für diejenigen Vegetarier, die ihre Lebensmittel nicht optimal zusammenstellen.“ Leitzmann, Keller 2010: 8 Seite 39 von 83 Lehrskript Milchwirtschaft ist unschädlich für die betreffenden Tiere. Ab dem 2. Lebensjahr verbringt die moderne Milchkuh neun Monate jährlich damit, ein Kalb auszutragen. Kommt es dann ein bis drei Tage nach der Geburt zur Trennung des Kalbes von der Mutter, bedeutet das für beide schreckliches Leiden. Danach erfolgt das Melken der Kuh für zehn Monate. Während dieser Zeit muss sie zehnmal mehr Milch produzieren, als ihr Kalb benötigt hätte. Daher überrascht es kaum, dass jährlich ein Drittel der Milchkühe an Mastitis leiden, einer schmerzhaften Entzündung des Euters. Um den Milchertrag zu steigern, kommt es zum Einsatz von hochdosierten Eiweißkonzentraten im Tierfutter. Da dies jedoch noch immer keine ausreichende Menge darstellt, müssen sie u. U. ihr eigenes Körpergewebe angreifen, um der ständigen Nachfrage zu entsprechen („milking off her back“). Infolge der daraus resultierenden Blutübersäuerung, der sogenannten Azidose, beginnen jährlich 25 % der Milchkühe zu lahmen. Im Alter von fünf Jahren, verbraucht und erschöpft, erfolgt schließlich die Schlachtung. Ihre natürliche Lebenserwartung beträgt durchschnittlich 20 Jahre. Hennen legen unbefruchtete Eier, die sonst nutzlos weggeworfen würden. Wildlebende Hennen legen äußerst selten unbefruchtete Eier. Nur domestizierte Hennen tun dies, weil sie manipuliert wurden. Calcium Meinung von Vegetariern und Veganern: Es hat sich gezeigt, dass tierisches Eiweiß eine schnellere Ausscheidung von Calcium verursacht als pflanzliches. Dies ist vielleicht einer der Gründe dafür, dass Veganer und Vegetarier weniger anfällig für Knochenschwund sind. Meinung der Fachwelt: Es gibt Studien, die auf einen positiven Zusammenhang zwischen dem Verzehr von tierischem Eiweiß und der Häufigkeit von Hüftfrakturen hinweisen. Diese Ergebnisse sind jedoch unabhängig von der Calciumaufnahme. Tierisches Eiweiß enthält schwefelhaltige Aminosäuren, welche, bedingt durch ihren Abbau zu Sulfationen, die Säurelast im Körper erhöhen. Um diese Säurelast abzupuffern, finden u. a. die Mobilisation von Calciumionen aus dem Knochen und das Ausscheiden mit den Sulfationen über die Niere statt. Pflanzliches Eiweiß aus Getreide und Hülsenfrüchten enthält jedoch genauso viele schwefelhaltige Aminosäuren wie tierisches Eiweiß. Lediglich Obst und Gemüse sind aufgrund Seite 40 von 83 Lehrskript ihres basischen Verhaltens in der Lage, der Säurelast entgegenzuwirken. Somit bleibt die Rolle von pflanzlichen und tierischen Eiweiß auf den Knochenstoffwechsel weiterhin kontrovers in der Diskussion. Pflanzliche Eiweiße sind unvollständig. Die Eiweißkombinationen in der üblichen Kost sind vollständig; in bestimmten Nahrungseiweißen kann der Gehalt bestimmter Aminosäuren niedriger sein als in anderen. Tierische Eiweiße sind hochwertiger als pflanzliche Eiweiße. Die Eiweißqualität hängt von der Eiweißquelle und der Mischung der pflanzlichen Nahrungseiweiße ab; die Eiweißqualität kann der von tierischen Eiweißen entsprechen (Kapitel 3.2). Eiweiße aus verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln sind innerhalb einer Mahlzeit zu verzehren, um einen hohen ernährungsphysiologischen Wert zu erreichen. Dass Eiweiße aus verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln gleichzeitig zu verzehren seien, ist mittlerweile veraltet; wichtiger ist eine über den Tag ausgewogene Verteilung. Pflanzliche Eiweiße sind schlecht verdaulich. Die Verdaulichkeit hängt vom Lebensmittel und der Art der Zubereitung ab; sie kann auch bei pflanzlichen Eiweißen sehr hoch sein. Allein mit pflanzlichen Eiweißen ist keine ausreichende Eiweißversorgung zu erreichen. Die bedarfsdeckende Zufuhr unentbehrlicher Aminosäuren ist entscheidend; sie lässt sich durch pflanzliche oder pflanzliche und tierische Lebensmittel umsetzen. Vegane/vegetarische Ernährung ist zu teuer. Tierprodukte, insbesondere Fleisch und Käse, sind die teuersten Nahrungsmittel überhaupt. Ein Ersetzen dieser Produkte durch preiswerteres und gesünderes Obst und Gemüse bewirkt langfristig eine Ersparnis. Seite 41 von 83 Lehrskript Inwieweit können Pflanzen leiden? Nach heutigem Erkenntnisstand setzt Leidensfähigkeit zum einen die Existenz eines zentralen Nervensystems voraus, welches das Empfinden von Schmerz erst ermöglicht, zum anderen Intelligenz, welche Schmerz in Leid oder Kummer umwandelt. Bei Pflanzen sind weder ein zentrales Nervensystem noch Intelligenz nachgewiesen. Somit gibt es derzeit keinen Grund für die Annahme, Pflanzen könnten leiden. Auch Tiere töten. Einige Tiere sind sogenannte Raubtiere. Sie müssen andere Tiere töten, um zu überleben. Menschen hingegen bringen Tiere oft aus Profitgründen, Eitelkeit und/oder des Fleischgeschmacks wegen um. Für Raubtiere gibt es keine andere Wahl, der Mensch hingegen kann sich tatsächlich komplett fleischfrei ernähren. Menschen sind intelligenter als Tiere. Viele Menschen behaupten, sie seien aufgrund von überlegener Intelligenz wichtiger und wertvoller als andere Tiere. Das würde aber bedeuten, dass der Wert eines Menschen seiner Intelligenz proportional ist: Menschen mit höherem IQ wären demzufolge wertvoller als solche mit niedrigerem IQ; manche behinderte Menschen wären weniger wert als Tiere. Zudem sind Tiere im Gegensatz zu Menschen in der Lage, geologische und klimatische Veränderungen bzw. Katastrophen vorherzusehen. Bezogen auf das Essen gibt es einen weiteren gravierenden Unterschied: Tiere sind in der Lage, ihr Futter instinktiv so auszuwählen, dass sie ihre physiologischen Bedürfnisse komplett befriedigen – der Mensch hingegen wählt in erster Linie nach dem Geschmack und Aussehen aus, weniger der Inhaltsstoffe wegen. Tiere leiden weniger intensiv als Menschen. In Bezug auf Schmerzempfindung reagieren alle höher entwickelten Organismen gleich. Schmerz bleibt Schmerz, egal ob Vogel, Fisch, Maus oder Mensch ihn verspüren. Dennoch kann sich menschliches Leid von dem anderer Tiere unterscheiden. So kann ein Mensch, der für kurze Zeit im Gefängnis sitzt, sich beispielsweise damit trösten, dass seine Strafe bald abgebüßt ist, während ein gefangenes Tier vermutlich nur die gegenwärtige Agonie (den länger andauernden Todeskampf) des Gefangenseins kennt. Andererseits ist ein gefangenes Tier frei von dem Wissen (und dem damit einhergehendem Leiden), dass ihm am folgenden Morgen die Exekution bevorsteht. Seite 42 von 83 Lehrskript Es besteht somit kein quantitativer, sondern höchstens ein situativer Unterschied. Hinweis Welche Vorurteile gegenüber Vegetariern fallen Ihnen spontan ein? Abbildung 12 – Die Reaktionen von Vollköstlern, wenn sich ein Veganer „outet“ (Quelle. http://4.bp.blogspot.com) Seite 43 von 83 Lehrskript Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 2 Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Fragen schriftlich und erarbeiten Sie erst dann die richtige Lösung aus dem Text. 11) Welche religiösen und ethischen Fakten zur Entstehung des Vegetarismus fallen Ihnen ein? 12) Welche Lebensstilfaktoren zeichnen den Vegetarier üblicherweise aus? 13) Welche gesundheitlichen Vorteile kann eine vegetarische Ernährung bewirken? 14) Welche Beweggründe für eine vegetarische Ernährung gibt es? 15) Wenn es um die Vor- und Nachteile einer vegetarischen Ernährung geht, dient oftmals die geschichtliche Entwicklung und Abstammung des Menschen als Grundlage für „falsch“ oder „richtig“. Fassen Sie bitte stichpunktartig die Entwicklung des Menschen, bezogen auf sein Essverhalten, zusammen und belegen Sie die Fakten anhand morphologischer Merkmale! 16) Wann und von wem wurde der klassische Vegetarismus begründet? 17) Welchen Namen trägt die Dachorganisation für Vegetarier in Deutschland? 18) Gibt es vorgegebene Motive für den Vegetarier oder sind unterschiedliche Auffassungen möglich? 19) Anghörige welcher Religionen leben strikt vegetarisch? 20) Wie bewerten Sie den Verbrauch an Rohstoffen für die Herstellung pflanzlicher Nahrung im Vergleich zur Herstellung tierischer Nahrung? Die Antworten der Aufgaben finden Sie am Ende des Lehrskriptes. Seite 44 von 83 Lehrskript 3.1 Die vegetarische Ernährungspyramide 3.2 Eiweiße 3.3 Fette 3.4 Kohlenhydrate 3.5 Ballaststoffe 3.6 Vitamine 3.7 Mengenelemente 3.8 Spurenelemente 3.9 Bioaktive Substanzen Seite 45 von 83 Kapitel 3 Kapitel 3 – Grundlagen der vegetarischen Ernährung Lehrskript Lernorientierung Nach Bearbeitung dieses Kapitels werden Sie: - die vegetarische Ernährungspyramide kennen, verstehen und umsetzen können, - die Anforderungen an die Aufnahme der Hauptnährstoffe und Ballaststoffe kennen, einordnen und umsetzen, - die Anforderungen an die Aufnahme der Vitamine, Mineralstoffe und bioaktiven Substanzen kennen, einordnen und umsetzen. Seite 46 von 83 Lehrskript 3.1 Die vegetarische Ernährungspyramide Eine ausgewogene und bedarfsgerechte Ernährung muss sich an die ernährungsphysiologischen Bedürfnisse des Menschen anpassen, um einen Stellenwert im Rahmen einer gesunden Lebensführung einnehmen zu können. Neben einer optimalen Zufuhr an Fetten, Kohlenhydraten, Eiweißen, Vitaminen, Mineralstoffen und bioaktiven Stoffen soll die Zufuhr weniger wünschenswerter Stoffe (Cholesterin und Purine sowie Schad- und Fremdstoffe) relativ gering sein. Eine vegetarische Ernährung bringt wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge genau diese Eigenschaften mit sich. Vorausgesetzt, das Ersetzen der gemiedenen Lebensmittel findet in einem ausgewogenen Verhältnis statt. Bei allen soziologischen, ökonomischen, ökologischen und religiösen Betrachtungen zählt hier jedoch nur der ernährungsphysiologische und medizinische Standpunkt. Die vom VEBU entwickelte und wissenschaftlich fundierte (von Dr. Markus Keller und Prof. Dr. Claus Leitzmann wissenschaftlich konzeptionierte) Ernährungspyramide (Abbildung 13) eignet sich dabei als Grundlage. Sie leitet sich von der aid-Ernährungspyramide ab, allerdings wurden die tierischen Eiweißquellen durch pflanzliche Eiweißquellen ersetzt. Die Einteilung der Lebensmittelgruppen sowie deren Verzehrempfehlungen lauten wie folgt: Wasser: Getränke bilden die Basis der Pyramide. Die tägliche Aufnahme sollte ein bis zwei Liter in Form von Wasser und anderen alkoholfreien sowie kalorienarmen Getränken betragen. Gemüse: Zusammen mit Obst bildet die Lebensmittelgruppe Gemüse die Grundlage der vegetarischen Ernährung. Über den Tag verteilt sind drei bis vier Portionen empfehlenswert, das entspricht ca. 400 g. Um Gemüse als ausreichende Quelle für Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe nutzen zu können, empfiehlt es sich, weitestgehend frisches Gemüse, unerhitzte Frischkost und Säfte zu verzehren. Obst: Auch hier finden sich reichlich Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe sowie Ballaststoffe. Um den Bedarf zu decken, ist der Verzehr von täglich zwei bis drei Portionen bzw. 300 g frischem Obst, ergänzt durch Trockenobst (max. 50 g) und Säfte, sinnvoll. Getreide und Kartoffeln: Diese Gruppe hat ihren Platz auf der dritten Ebene der Pyramide und ist die bedeutendste Eiweißquelle in der vegetarischen Ernährung. Von Vorteil ist Vollkorngetreide wegen seines Gehaltes an komplexen Kohlenhydraten, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Des Weiteren stellen Vollkornprodukte eine gute Quelle für Vitamine (besonders B-Vitamine) und Mineralstoffe (z. B. Eisen, Zink und Magnesium) dar. Kartoffeln sind reich an Vitamin C, Seite 47 von 83 Lehrskript Kalium und Magnesium und sollten daher laut DGE-Empfehlung mindestens dreimal wöchentlich fettarm zubereitet auf dem Speiseplan stehen. Zwei bis drei Mahlzeiten täglich sollten auf dieser Gruppe basieren. So können Sie pro Mahlzeit 80 g (roh) bzw. 250 g (gekocht) Getreide/Reis, zwei bis drei Scheiben Vollkornbrot (je 50 g), 125 g (roh) bzw. 300 g (gekocht) Vollkornteigwaren oder zwei bis vier Kartoffeln (200-350 g) verzehren. Eiweißprodukte: Sie sind in der vierten Ebene der Pyramide zu finden. Als Eiweißquelle eignen sich dabei zum einen Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Kichererbsen und Linsen (ein bis zwei Mahlzeiten wöchentlich; 40 g roh bzw. 100 g gekocht). Neben hochwertigem pflanzlichem Eiweiß liefern Hülsenfrüchte auch Ballaststoffe, B-Vitamine, Magnesium, Kalium, Eisen und sekundäre Pflanzenstoffe. Zum anderen sollten auch Sojaprodukte (z. B. Sojamilch und -joghurt) sowie Fleischalternativen (z. B. Seitan) zur Deckung des Eiweißbedarfes Verwendung finden. Hier empfiehlt sich eine tägliche Aufnahme von 50-150 g Sojaprodukten pro Tag. Nüsse und Samen: Diese Lebensmittelgruppe liefert lebensnotwendige [essentielle] Fettsäuren und befindet sich ebenfalls in der vierten Ebene der Pyramide. Zusätzlich dient diese Gruppe zur Deckung des Bedarfs an Eiweiß, Vitaminen (Folsäure, Vitamin E), sekundären Pflanzenstoffen und Mineralstoffen (Kalium, Magnesium, Eisen, Zink). Pro Tag empfiehlt sich eine Aufnahme von 30-60 g. Pflanzliche Öle und Fette: Täglicher zwei bis vier Esslöffel versorgen den Körper ausreichend mit lebensnotwendigen Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K). Bevorzugt ist mit naturbelassenen, kaltgepressten Ölen (z. B. Raps- und Leinöl) zu arbeiten, da diese zusätzlich einen hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure aufweisen. Milchprodukte (optional): Je nach Differenzierung der vegetarischen Ernährung sind Milchprodukte eine gute Quelle für Calcium, Vitamin B2 und B12 sowie Eiweiß. Die empfehlenswerte tägliche Menge für Milchprodukte beträgt dabei 250 g Milch bzw. Joghurt sowie 50 g Käse. Eier (optional): Eier enthalten viel Eiweiß, die Vitamine A, D und B12 sowie Eisen. Gleichzeitig sind sie auch reich an gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Die empfohlene Menge beträgt daher zwei bis drei Eier pro Woche (dies schließt versteckte Eier in z. B. Nudeln und Aufläufen mit ein). Snacks, Alkohol und Süßigkeiten (optional): Rein theoretisch ist diese Lebensmittelgruppe nicht notwendig für eine gesunde Ernährung. Allerdings sollte auch in der vegetarischen Ernährung der Genuss nach etwas Besonderem regelmäßig möglich sein. Von daher ist diese Gruppe in Maßen zu genießen, wobei die tägliche maximale Menge bei einer gestrichenen Handvoll liegt. Seite 48 von 83 Lehrskript Abbildung 13 – Die vegetarische Ernährungspyramide (Quelle: Leitzmann und Keller; 2010; S. 310) Bei Einhaltung und Umsetzung der oben vorgegebenen Ernährungspyramide ist eine ausreichende Deckung des täglichen Bedarfs an Energie und Nährstoffen sowie Vitaminen und Mineralstoffen möglich. Die tägliche Energieaufnahme überschreitet dabei selten die Empfehlungen der DGE, u. a. wegen der hohen Ballaststoffzufuhr, der damit einhergehenden Sättigung sowie des hohen Wasseranteils pflanzlicher Lebensmittel. Bei einer veganen Ernährung kann es dagegen passieren, dass aufgrund von der Lebensmittelauswahl keine ausreichende Energiedeckung erfolgt. Hier ist ein guter Ausgleich mit Kohlenhydraten und Fetten notwendig, da der Körper bei einem längeren Energiedefizit ansonsten die Eiweiße für die Energiegewinnung nutzt, was wiederum zu einem Abbau von Muskelmasse führt. An sich sind Veganer jedoch in der Lage, ihren Energiebedarf zu decken. Seite 49 von 83 Lehrskript Grundsätze zu einer gesundheitsfördernden vegetarischen Ernährungsweise (nach Prof. Dr. Leitzmann) - Überwiegend pflanzliche Lebensmittel verzehren, auch als unerhitzte Frischkost Wenn Milch, Milchprodukte und/oder Eier gewünscht sind, dann nur in mäßigen Mengen verzehren Möglichst gering verarbeitete Lebensmittel bevorzugen Lebensmittel aus der Region und entsprechend der Saison einkaufen Ökologische erzeugte Lebensmittel favorisieren Speisen schonend und schmackhaft zubereiten Ausreichend trinken (Wasser und andere zucker- und alkoholfreie Getränke) Wenn Zwischenmahlzeiten gewünscht sind, Obst und/oder Nüsse verzehren Wenn überhaupt Alkohol, dann nur in mäßiger Menge trinken Möglichst wenig Zucker und Salz verwenden Möglichst wenig geräucherte und gegrillte Produkte essen Maßvoll und langsam essen und trinken Jeden Bissen gründlich kauen Essen und Trinken möglichst gemeinsam genießen Angenehmes Ambiente und Tischkultur beim Essen schaffen Möglichst alle Ablenkungen beim Essen ausschalten Kurze Ruhe und Entspannung nach dem Essen erlauben 3.2 Eiweiße Lange Zeit galt die Meinung, mit vegetarischer Ernährung sei keine Deckung des Eiweißbedarfs (10 % der Nahrungsenergie bzw. 0,8 g/kg Körpergewicht) möglich – aufgrund von geringerem Eiweißgehalt und geringerer biologischen Wertigkeit im Vergleich zu tierischen Lebensmitteln. Obwohl diese These seit langem wissenschaftlich widerlegt ist, führen viele Kritiker diesen Punkt oft an. Tatsächlich ist jedoch die Eiweißversorgung in einer ausgewogenen vegetarischen Ernährung optimal. Vegetarier nähern sich damit mehr den Empfehlungen der DGE an als die meisten Mischköstler. Obwohl tierische Lebensmittel ein Aminosäuremuster aufweisen, das dem Aminosäurebedarf des Menschen sehr nahe kommt, und damit ihre biologische Wertigkeit2 wesentlich höher ist als die pflanzlicher Lebensmittel, lässt sich durch geschickte Kombination verschiedener pflanzlicher Lebensmittel ebenfalls die biologische Wertigkeit erhöhen. Je mehr das Aminosäuremuster des Nahrungseiweißes dem Aminosäurebedarf des Organismus entspricht, desto höher ist seine biologische Wertigkeit; die Bestimmung erfolgt durch limitierende Aminosäuren (der Aminosäure, welche den geringsten Anteil am Gesamteiweiß in einem Lebensmittel ausmacht). Je höher die biologische Wertigkeit eines Eiweißes, umso weniger Nahrungseiweiß muss für die Deckung des Eiweißbedarfs (eigentlich Aminosäurebedarf) zugeführt werden. 2 Seite 50 von 83 Lehrskript Diese kann dann teilweise sogar über 100 % liegen. Als Kombinationsmöglichkeiten bieten sich z. B. Getreide und Hülsenfrüchte, Milch und Getreide sowie Sojabohnen und Getreide an. Sojaeiweiß nimmt hier sogar eine Sonderstellung ein: Dessen biologische Wertigkeit ist nämlich durchaus mit der tierischer Eiweiße vergleichbar (siehe Tabelle 4). Lebensmittel Biologische Wertigkeit Hühnerei 1,00 Milch 0,86 Rindfleisch 0,87 Weizen 0,59 Soja 0,84 Mais 0,74 Reis 0,83 Kartoffel 0,95 Bohne 0,73 Tabelle 4 – Biologische Wertigkeit ausgewählter Lebensmittel (Quelle: Leitzmann, Keller; 2010; S. 193 Der Beitrag zur Eiweißversorgung hängt zum einen vom Eiweißgehalt im Lebensmittel ab. Zum anderen spielen die Verfügbarkeit und das Aminosäuremuster eine Rolle. Da pflanzliche Eiweiße oft von einer Zellwand aus unlöslichen Ballaststoffen umgeben sind, ist deren Verdaulichkeit geringer als die tierischer Eiweiße. Eine Verbesserung der Aufnahme findet durch Veränderung der Struktur (z. B. Einfluss von Hitze oder Säure) statt. Auch eine vegane Kost kann bei ausgewogener Zusammenstellung den Eiweißbedarf decken. Hier ist es jedoch zusätzlich wichtig, ausreichend Nahrungsenergie zuzuführen, um zu vermeiden, dass der Körper die Nahrungseiweiße zur Energiegewinnung heranzieht. Ebenfalls empfiehlt es sich, die absolute Eiweißzufuhr (bezogen auf die Gesamtenergiezufuhr) zu betrachten. Diese liegt meistens unter den Empfehlungen. Probleme mit einer optimalen Eiweißversorgung können bei vegetarisch und vegan ernährten Säuglingen und Kleinkindern auftreten und sollten daher eingehend Beachtung finden. Seite 51 von 83 Lehrskript Beispiele für Eiweißkombinationen - Rote Bohnen mit Reis Kichererbsen mit Couscous Spalterbsensuppe mit Brot Hummus (Kichererbsenmus) und Lavashbrot (ungesäuertes Fladenbrot) Bohnensalat mit Tabbouleh (Bulgursalat) Dhal (indisches Hülsenfruchtgericht) mit Pitabrot (Fladenbrot aus Hefeteig) Linsenbratling auf Brötchen Erdnussbutter auf Toast Falafel (Kichererbsenbällchen) mit Pitabrot Bohnen mit Tortillachips Gebackene Bohnen auf Vollkorntoast 3.3 Fette Die DGE empfiehlt, 25-30 % der Nahrungsenergie über Fette abzudecken (etwa 80 g pro Tag). Dabei sollten diese zu maximal einem Drittel aus gesättigten Fettsäuren (max. 10 %), zu mindestens einem Drittel aus einfach ungesättigten (mind. 10 %) und zu maximal einem Drittel aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren (7-max. 10 %) bestehen. Zusätzlich ist es angebracht, 2,5 % über Linolsäure (ω-6) und 0,5 % über α-Linolensäure (ω-3) abzudecken (Verhältnis Omega-6- zu Omega-3Fettsäuren 5:1 oder weniger). Während Mischköstler zumeist eine erhöhte Fettzufuhr aufweisen, entsprechen Vegetarier in der Regel den Empfehlungen (bezogen auf deren Gesamtenergiezufuhr). Bei einer ovo-lakto-vegetabilen Kost kann es jedoch auch zu einer Überschreitung kommen, bedingt durch einen erhöhten Verzehr von fettreichen Milchprodukten und/oder der zu großzügigen Verwendung pflanzlicher Fette und Öle. Eine vegane Kost neigt dazu, die Empfehlungen zu unterschreiten, was jedoch nur bis zu einem gewissen Bereich als optimal gilt. Aufgrund der Lebensmittelauswahl ist eine ovo-lakto-vegetabile Kost ebenfalls reich an ungesättigten Fettsäuren und benötigt zusätzlich eine erhöhte Vitamin EZufuhr (Vitamin E verhindert die Oxidation ungesättigter Fettsäuren in den Membranlipiden und wirkt somit als starkes Antioxidans). Dies stellt jedoch bei einer ausgewogenen ovo-lakto-vegetabilen Kost kein Problem dar. Die Zufuhr von Trans-Fettsäuren3, welche bei der industriellen Fetthärtung entstehen und u. a. in Milch und Milchprodukten zu finden sind, spielen bei der vegetarischen Ernährung nur eine untergeord- Trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren, bei denen es aufgrund einer unvollständigen Härtung des Fettes zu einer Umlagerung der Doppelbindungen von der Cis- in die Trans-Stellung kommt. 3 Seite 52 von 83 Lehrskript nete Rolle, da der Anteil in der Nahrung (im Vergleich zu Mischköstlern) sehr gering ist. Dies kommt der Empfehlung von einer Aufnahme < 1 % gleich. Die Abdeckung des Cholesterinbedarfs bei Ovo-Lakto-Vegetariern erfolgt über Milchprodukte und/oder Eier und liegt meist unter den Zufuhrempfehlungen von 300 mg täglich. Die rein vegane Kost hingegen ist weitestgehend cholesterinfrei; wegen der körpereigenen Bildung entstehen dem Veganer diesbezüglich aber keine gesundheitlichen Nachteile. Bei näherer Betrachtung der Fett- und Cholesterinzufuhr sowie der Fettzusammensetzung der vegetarischen Kost ist diese Kostform in Bezug auf die Fettaufnahme ernährungsphysiologisch sehr positiv zu bewerten. 3.4 Kohlenhydrate Im Vergleich zu tierischen Lebensmitteln enthalten pflanzliche Nahrungskomponenten einen sehr hohen Anteil an Kohlenhydraten. Dazu gehören u. a. die Getreideprodukte (einschl. Backwaren, Teigwaren, Kartoffeln), Obst und Gemüse (sowie daraus hergestellte Produkte wie z. B. Säfte) und Hülsenfrüchte. Die DGE empfiehlt, 50-60 % der Nahrungsenergie in Form von Kohlenhydraten zu decken. Optimal eignen sich dafür weitestgehend komplexe Kohlenhydrate (stärke- und ballaststoffhaltige Nahrungsmittel). In der Mischkost erfolgt zugunsten der Fett- und Eiweißmenge eine durchschnittliche Abdeckung von 45 % der Kohlenhydrate (bezogen auf die Nahrungsenergie). Erschwerend kommt hinzu, dass hier besonders niedermolekulare Kohlenhydrate (Mono- und Disaccharide) eine große Rolle spielen. Hier empfiehlt die DGE eine Begrenzung der Zufuhr auf 10 % der Gesamtenergie, um die Energiedichte gering zu halten. Doch auch eine vegetarische Kost erreicht nur selten die gewünschten 50-60 %, wie Untersuchungen gezeigt haben. Gerade Ovo-Lakto-Vegetarier liegen aufgrund des hohen Konsums an fetthaltigen Milchprodukten unter den Empfehlungen; Veganer erreichen sie schon eher. Als positiv ist der hohe Stärkeanteil (Polysaccharide) wegen des hohen Anteils an Getreideprodukten in der vegetarischen Ernährung zu erwähnen. Der hohe Verzehr von Obst bewirkt jedoch im Vergleich zu den Mischköstlern eine erhöhte Aufnahme von Monosacchariden (besonders Fructose). Seite 53 von 83 Lehrskript 3.5 Ballaststoffe In der europäischen Kost sind besonders die wasserunlöslichen Ballaststoffe Cellulose und Hemicellulose sowie die wasserlöslichen (z. B. Pektine) zu finden. Deren Verzehr wirkt sich nachweislich präventiv auf das Entstehen verschiedener Zivilisationskrankheiten aus. Die gesundheitsprophylaktischen Wirkungen liegen im direkten (früheres Sättigungsgefühl, schnellere Passagezeit des Nahrungsbreis, Erhöhung des Stuhlvolumens) und im indirekten (krebshemmende, blutzuckerbeeinflussende, cholesterinsenkende, immunmodulierende Wirkung4) Bereich. Zu den möglicherweise nachteiligen Wirkungen zählen die Fähigkeit der Ballaststoffe, Mineralstoffe und Spurenelemente (z. B. Calcium und Zink) zu binden, sowie das Auftreten von Blähungen. Reich an Ballaststoffen sind Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte. Obst und Gemüse selbst verfügen über einen geringeren Ballaststoffanteil, stellen allerdings durch deren regelmäßigen Verzehr einen wesentlichen Beitrag zur Ballaststoffaufnahme dar. Die Zufuhrempfehlungen der DGE liegen bei 30 g pro Tag (bzw. 12,5 g/1000 kcal bei Frauen und 10 g/1000 kcal bei Männern), anzustreben sind jedoch eher 4050 g. Die durchschnittliche Bevölkerung schafft jedoch nur eine Aufnahme von 25 g täglich. Eine ausgewogene vegetarische Ernährung liegt bei 30 g täglich, teilweise auch mehr. Die wünschenswerten 40-50 g täglich stellen bei einer ausgewogenen veganen Kost kein Problem dar. Wegen der hohen Ballaststoffaufnahme zählen Vegetarier zu der Bevölkerungsgruppe, die das geringste Risiko für Diabetes mellitus, Arterienverkalkung [Arteriosklerose] und Dickdarmkrebs aufweist. 3.6 Vitamine Eine ausgewogene vegetarische Ernährung deckt auch hier den Bedarf an allen gewünschten Vitaminen ab. Die pflanzlichen Lebensmittel versorgen den Vegetarier zusätzlich günstig mit Vitamin C und E, β-Carotin, Folsäure und Vitamin B1. Lediglich Vitamin D, B2 und B12 können aufgrund der Reduzierung bzw. des vollständigen Meidens tierischer Lebensmittel einen Mangelzustand auslösen (Tabelle 5). Vitamin A (Retinol): Eine vegetarische sowie eine vegane Kost decken den Bedarf an Vitamin A aufgrund des hohen Verzehrs carotinhaltiger pflanzlicher Lebensmittel vollständig ab (β-Carotin ist die Vorstufe von Vitamin A). Die Vitamin A-Werte im Blut von vegetarischen Kindern und Erwachsenen liegen dabei im Normbereich, die Blutcarotinwerte sind teilweise leicht erhöht im Vergleich zu den Mischköstlern. Immunmodulation bedeutet Beeinflussung des Immunsystems durch pharmakologisch wirksame Substanzen. (Quelle: Wikipedia) 4 Seite 54 von 83 Lehrskript Vitamin D (Calciferole): Vegetarier liegen mit ihrer tatsächlichen Vitamin D-Zufuhr ebenso wie Mischköstler unter den Empfehlungen (Säuglinge 10 μg/Tag, alle anderen 20 μg/Tag; neue Zufuhrempfehlungen der DGE). Allerdings zeigen Vegetarier und auch Veganer nur sehr selten Mangelerscheinungen, so dass davon auszugehen ist, dass die körpereigene Synthese (angeregt durch UVB-Strahlung) in ausreichendem Maße funktioniert. Laut DGE ist schließlich eine Produktion von 80-90 % des benötigten Vitamin D über die Haut bzw. die Sonneneinstrahlung möglich und nur 10-20 % entfallen auf die Nahrung. Allerdings sollten Frauen, die länger als sechs Monate stillen und sich vegetarisch ernähren, zusätzlich Vitamin D supplementieren, um eine Störung des Knochenstoffwechsels bei den Kindern zu vermeiden. Bei veganen Frauen ist bereits eine Supplementierung im letzten Drittel der Schwangerschaft ratsam. Vitamin E (Tocopherole): Ausschließlich Pflanzen sind in der Lage, Vitamin E zu produzieren. Allerdings sind sie aufgrund der Nahrungskette in fast allen Lebensmitteln zu finden. Besonders gute Quellen sind kaltgepresste Keimöle und Pflanzenöle sowie Lebensmittel, die reich an ungesättigten Fettsäuren sind (z. B. Nüsse und Fisch). Die hohe Zufuhr ungesättigter Fettsäuren mit einer vegetarischen Kost bedingt eine erhöhte Zufuhr von Vitamin E, die jedoch bei einer ausgewogenen Lebensmittelauswahl für den Vegetarier und Veganer kein Problem darstellt. Vitamin K (Phyllochinon): Der Verzehr von grünem Gemüse sowie die körpereigene Synthese reichen aus, um den Bedarf an Vitamin K in der vegetarischen Kost zu decken. Vitamin B1 (Thiamin): Während Mischköstler oftmals unter den Zufuhrempfehlungen liegen, sind Vegetarier ausreichend versorgt, da hier eine Bevorzugung von Getreideprodukten in Form von Vollkorn stattfindet. Vitamin B2 (Riboflavin): Der Verzehr von Milch und Milchprodukten reicht bei Vegetariern aus, um die gewünschte Zufuhr zu erreichen. Veganer zeigen zwar auch kaum Mangelerscheinungen, allerdings gestaltet sich hier das Erreichen der geforderten Zufuhr schwieriger. Vitamin B6 (Pyridoxin): Obwohl Vegetarier nur selten die Zufuhrempfehlungen erreichen bzw. überschreiten, nehmen sie doch mehr Vitamin B6 zu sich als Mischköstler. Die vegane Ernährung erlaubt eine noch eingeschränktere Zufuhr von Vitamin B6 im Vergleich zur vegetarischen Ernährung, da das Vitamin zwar im Getreide vorkommt, daraus aber nur sehr schlecht verfügbar ist. Vitamin B12 (Cobalmin): Die ovo-lakto-vegetabile Kost mit ihrem Gehalt an Milch und Eiern deckt den benötigen Vitamin B 12-Bedarf ausreichend ab. Kontrovers in der Diskussion ist jedoch die Rolle von Vitamin B12 in der veganen Ernährung. Mangelerscheinungen treten hier Seite 55 von 83 Lehrskript sehr selten auf; auch haben Studien gezeigt, dass Veganer im Schnitt täglich 0,3-1,2 μg Vitamin B12 zu sich nehmen. Dies erklärt sich u. a. dadurch, dass möglicherweise die Mund- und Darmflora dieses Vitamin synthetisieren bzw. es zu Kontaminationen mit Lebensmitteln und Essgeschirr kommen kann. Ebenfalls einen geringen Vitamin B 12-Gehalt weisen fermentierte Lebensmittel auf. Eine Vitamin B12-Supplementation während der Schwangerschaft scheint für vegane Frauen ratsam, um das Risiko von Gedeihstörungen und Mangelerscheinungen beim gestillten Kind zu minimieren. Folsäure: Die Durchschnittsbevölkerung liegt weit unter der Empfehlung. Wie genau die Deckung bei Vegetariern aussieht, ist aufgrund der mangelnden Studienlage nur grob abschätzbar. Es scheint jedoch Fakt zu sein, dass der große Anteil von rohem Obst und Gemüse in der vegetarischen Kost bewirkt, dass die Zufuhr von Vegetariern über der von Mischköstlern liegt. Niacin: Obwohl eine vegetarische Kost den Niacinbedarf nur selten komplett deckt, sind keine Mangelerscheinungen bei Vegetariern bekannt. Von daher liegt die Vermutung nahe, dass die intermediäre Synthese von Niacin bei Vegetariern aus der Aminosäure Tryptophan verstärkt abläuft. Pantothensäure: Eine ausgewogene vegetarische Kost scheint keine Mangelerscheinungen hervorzurufen, was sich damit begründen lässt, dass das Vitamin in den meisten Nahrungsmitteln vorkommt. Biotin: Bisher gab es noch keine alimentären Mangelerscheinungen bei Menschen. Eine vegetarische Ernährung scheint also wie die Mischkost den Bedarf zu decken. Vitamin C (Ascorbinsäure): Der große Anteil von Obst und Gemüse in der vegetarischen Ernährung führt dazu, dass die Zufuhr und auch die Blutwerte von Vegetariern weit über denen von Mischköstlern liegen und somit den Empfehlungen entsprechen. Die hohe Vitamin C-Aufnahme wirkt sich überdies günstig auf die Resorption von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln aus. Seite 56 von 83 Lehrskript Vitamin Quelle (vegetarisch) A (Retinol) bzw. Vorstufe Käse (> 40 % F. i. Tr.), β-Carotin Ei, gelbes, grünes und oranges Gemüse und Obst D (Calciferole) bzw. Vor- Milch, Eigelb, Steinpilze, stufe Cholesterin Eigensynthese nach UVEinstrahlung E (Tocopherole) Nüsse, Getreide, Gemüse, Ölsamen, pflanzliche Öle K (Phyllochinon) Grünes Blattgemüse und Kohlsorten, Vollkornprodukte, Milchprodukte, Sauerkraut, Maiskeim-, Olivenöl, Eier, Eigensynthese durch Darmbakterien B1 Vollkornprodukte, Hefe, Hülsenfrüchte (bes. Sojabohnen), Sonnenblumenkerne, Sesam, Paranüsse B2 Milchprodukte, Ei, Vollkornprodukte, Hefe, Mandeln, Sojabohnen, Pilze, Brokkoli B6 Gemüse, Vollkornprodukte, Hefe, Walnüsse, Sonnenblumenkerne, Hülsenfrüchte, Bananen B12 Milchsaure Nahrungsmittel, Milchprodukte Folsäure Grünes Blattgemüse, Kohlarten Hefe, Ei, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte Niacin Pilze, Vollkornprodukte, Obst, Gemüse, Erdnüsse, Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse Pantothensäure Fast alle Nahrungsmittel, bes. Hefe, Erdnüsse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte Biotin Hefe, Hülsenfrüchte (bes. Sojabohnen), Nüsse, Ei, Getreide (bes. Haferflocken, Naturreis), Erdnüsse C (Ascorbinsäure) Obst (bes. Sanddornbeeren), Gemüse Tabelle 5 – Vorkommen und Funktionen der Vitamine (Quelle: Leitzmann; 2012; S. 65) Funktion Wachstum, Sehvorgang, Reproduktion, Immunantwort Stoffwechsel von Calcium und Phosphat, Knochenstoffwechsel Oxidationsschutz Blutgerinnung, Knochenstoffwechsel Kohlenhydratstoffwechsel Energie- und Fettsäurenstoffwechsel Eiweißstoffwechsel Regulation der Zellteilung, Funktionsfähigkeit des Zentralnervensystems Eiweiß- und Nucleinsäurestoffwechsel Energiestoffwechsel Stoffwechsel der Hauptnährstoffe Stoffwechsel der Hauptnährstoffe Universelles Reduktionsmittel, Oxidationsschutz Seite 57 von 83 Lehrskript 3.7 Mengenelemente Der Begriff Mengenelemente bezeichnet Mineralstoffe, die mit einer Konzentration von mehr als 50 mg/kg Körpertrockenmasse im Organismus vorkommen. Natrium: Da viele Lebensmittel von Natur aus Natrium enthalten, sind bisher keine Mangelerscheinungen bekannt. Es kommt eher zu einer erhöhten Zufuhr, was wiederum mit einem Bluthochdruck einhergehen kann. Wichtig ist jedoch neben der alleinigen Zufuhr von Natrium auch das Verhältnis von Natrium zu Kalium in der Ernährung. Eine ausgewogene vegetarische Kostform mit einem geringen Anteil von verarbeiteten Lebensmitteln stellt für Vegetarier jedoch nur selten ein Problem bezüglich eines Natriumüberschusses dar. Kalium: Es sind keine Mangelerscheinungen bekannt, zumal Kalium in pflanzlichen Lebensmitteln reichlich vorhanden ist. Calcium: Die Versorgung mit Calcium ist bei Ovo-Lakto-Vegetariern wegen des erhöhten Verzehrs von Milch und Milchprodukten höher als bei Mischköstlern. Von einer überhöhten Calciumzufuhr ist jedoch abzuraten, da ein Überschuss im Körper die Resorption von Zink und Eisen beeinträchtigt. Obwohl Veganer mit ihrer Kost weniger Calcium aufnehmen, treten auch hier nur selten Mangelerscheinungen auf, was auf die gesteigerte Resorptionsrate und die niedrige Eiweißzufuhr (geringere Ausscheidung von Calcium über den Urin) zurückzuführen ist. Kritisch ist jedoch die Calciumversorgung von vegan ernährten Kleinkindern zu bewerten. Magnesium: Als Bestandteil des Blattgrüns (Chlorophyll) ist Magnesium in allen grünen Pflanzen vorhanden, jedoch nur bedingt verfügbar. Der regelmäßige Verzehr von Gemüse und Vollkornprodukten reicht jedoch aus, um den Bedarf von Vegetariern an Magnesium vollständig zu decken. Chlor: Die Aufnahme von Chlor erfolgt hauptsächlich in Form von Kochsalz. Vegetarier wie auch Mischköstler decken die Empfehlungen hinreichend ab. Phosphor: Obwohl Phosphor ausreichend in Milchprodukten vorhanden ist, erfolgt die Deckung bei Mischköstlern zumeist über zugesetztes Phosphat, z. B. in Cola, Wurstwaren und Schmelzkäse. Der steigende Verzehr dieser verarbeiteten Lebensmittel führt zu einer erhöhten Phosphatzufuhr. Gestaltet der Vegetarier seine Ernährung abwechslungsreich (wenig verarbeitete Produkte, viele naturbelassene Milchprodukte), erreicht er ein besseres Calcium-Phosphat-Verhältnis (0,7:1) als der Mischköstler, liegt dabei aber immer noch leicht über den Empfehlungen. Seite 58 von 83 Lehrskript Schwefel: Da kein isolierter Bedarf für Schwefel besteht, gibt es keine Zufuhrempfehlungen. Das Vorkommen in tierischen und pflanzlichen Eiweißen verhindert zudem unabhängig von der Kostform das Auftreten von Mangelerscheinungen. Mineralstoff Natrium Quelle (vegetarisch) Kochsalz Kalium Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse Milch, Milchprodukte, Nüsse (bes. Mandeln, Haselnüsse), dunkelgrünes Gemüse (z. B. Grünkohl, Spinat, Brokkoli), Ölsaaten (bes. Sesam), Trockenfrüchte, versch. Mineralwasser Vollkornprodukte, Nüsse, Ölsaaten, grünes Gemüse (z. B. Spinat, Fenchel, Kohlrabi), Hülsenfrüchte, Käse Kochsalz Calcium Magnesium Chlor Phosphor Funktion Osmoregulation, SäureBasen-Bilanz, Membranpotential, Zucker- und Aminosäurenresorption Osmoregulation, Membranpotential Knochenbau, Blutgerinnung, Erregbarkeit von Nerven und Muskeln, Cofaktor von Enzymen Knochenbau, Cofaktor von Enzymen, Erregbarkeit von Nerven und Muskeln Magensäure, Osmoregulation, Säure-Basen-Bilanz Knochenbau, Energie- und Nukleinsäurestoffwechsel Milchprodukte (bes. Käse), Ei, Vollkornprodukte, Nüsse, Zusatzstoffe (Phosphat), Ölsamen Schwefel Eiweißreiche Lebensmit- Energiestoffwechsel, Enttel (z. B. Ei, Milchprogiftungsreaktionen dukte, Nüsse, Hülsenfrüchte) Tabelle 6 – Vorkommen und Funktionen der Mengenelemente (Quelle: Leitzmann; 2012; S. 71) Seite 59 von 83 Lehrskript 3.8 Spurenelemente Der Begriff Spurenelemente steht für Mineralstoffe, die mit einer Konzentration von weniger als 50 mg/kg Körpertrockenmasse im Organismus vorkommen. Eisen: Neben Vitamin B12 ist auch dieser Stoff Gegenstand kritischer Diskussionen. Lange Zeit galt die Meinung, eine vegetarische Kost bewirke eine unzureichende Deckung des Eisenbedarfs, da das tierische, organisch komplexierte Eisen besser resorbiert wird als das ionische Eisen aus pflanzlicher Nahrung. Studien haben allerdings belegt, dass das Risiko eines Eisenmangels bei Mischköstlern und Vegetariern gleich hoch ist. Die Ursache liegt in der hohen Eisenaufnahme durch Vollkorngetreide, Blattgemüse und angereicherte Lebensmittel. Diese erhöhte Zufuhr kompensiert die schlechtere Verfügbarkeit des pflanzlichen Eisens. Zusätzlich nehmen Vegetarier viele vitamin C-reiche Lebensmittel wie z. B. Obst zu sich, welches wiederum die Resorption von Eisen unterstützt. Im Vergleich zu Mischköstlern weisen Vegetarier tatsächlich einen geringeren Eisenspeicher auf, was sich auf Erkrankungen wie Herzinfarkt und Krebs günstig auswirkt. Schwierigkeiten können bei einem erhöhten Eisenbedarf auftreten, z. B. während einer Schwangerschaft. Hier ist eine Supplementation meistens unumgänglich. Zink: Vegetarier liegen ebenso wie Mischköstler unter den Empfehlungen, da gerade pflanzliches Zink schlechter verfügbar ist. Der Status von Vegetariern zeigt jedoch keine Mangelerscheinungen auf. Kupfer: Die Aufnahme entspricht der Zufuhr von Mischköstlern und liegt im Normbereich. Mangan: Dieses Spurenelement ist besonders in pflanzlichen Lebensmitteln zu finden. Somit deckt eine vegetarische Kost die Zufuhrempfehlungen weitestgehend ab. Doch selbst ein Mangel von Mangan ist unbekannt, da Magnesium bei fehlendem Mangan dessen Position in Enzymen ersetzen kann. Molybdän: Ein Molybdänmangel ist weder bei Vegetariern noch bei Mischköstlern bekannt. Chrom: Als Bestandteil des Glucosetoleranzfaktors in Getreide ist Chrom wesentlich an der Glucoseaufnahme und -speicherung beteiligt. Mangelerscheinungen sind keine bekannt. Selen: Ein Selenmangel ist weder bei Vegetariern noch bei Mischköstlern bekannt. Seite 60 von 83 Lehrskript Jod: Hier zeigen Vegetarier genau wie Mischköstler eine deutliche Unterversorgung. Eine bessere Versorgung erreicht der Vegetarier durch jodiertes Speisesalz, wobei auch hier nur selten der Optimalzustand herrscht. Fluor: Inwieweit eine vegetarische Ernährung die Empfehlungen abdeckt, ist aufgrund der aktuellen Datenlage nur schwer abschätzbar. Auch die Angaben über den Fluoridgehalt in den Lebensmitteln schwanken. Als Quelle kann der Vegetarier fluoridhaltige Mineralwasser sowie Schwarztee nutzen. Spurenelement Eisen Quelle (vegetarisch) Funktion Gemüse (bes. Spinat, Sauerstofftransport, MusFenchel, Mangold, Feld- kelfunktion salat), Vollkorngetreide, Ei, Hülsenfrüchte, Ölsamen (bes. Sesam), Nüsse Zink Vollkornprodukte, HülCofaktor von Enzymen senfrüchte, Nüsse, Käse, Ei, Ölsamen Kupfer Vollkorngetreide, Nüsse, Cofaktor von Enzymen Hülsenfrüchte Mangan Nüsse, Vollkorngetreide, Cofaktor von Enzymen Hülsenfrüchte, Blattgemüse (bes. Grünkohl, Spinat), schwarzer Tee Molybdän Vollkorngetreide, Hülsen- Cofaktor von Enzymen früchte, Ei, Nüsse, Milchprodukte Chrom Schwarzer Tee, Käse, Glucosetoleranzfaktor Vollkorngetreide, Eigelb Selen Vollkorngetreide, Nüsse Cofaktor von Enzymen (bes. Paranüsse), Se(Oxidationsschutz, Entsam, Knoblauch, Hülsen- giftung, Biosynthese der früchte, Ei, Steinpilze, Schilddrüsenhormone) Rosenkohl Jod Gemüse (z. B. Brokkoli, Bestandteil der SchildSpinat, Grünkohl), Milch, drüsenhormone Milchprodukte, jodiertes Kochsalz, Champignons, Ei Fluor Mineralwasser, schwarKnochen- und Zahnaufzer Tee, Walnüsse, Soja- bau bohnen Tabelle 7 – Vorkommen und Funktion der Spurenelemente (Quelle: Leitzmann; 2012; S. 74) Hinweis – Bioverfügbarkeit Die Bioverfügbarkeit der Mengen- und Spurenelemente lässt sich durch den Gehalt im Lebensmittel, die Bindungsform des Elementes, die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung und die Wechselwirkungen mit anderen Nahrungsbestandteilen beeinflussen. Seite 61 von 83 Lehrskript 3.9 Bioaktive Substanzen Bioaktive Stoffe sind nicht lebensnotwendig, aber dennoch in der Lage, bei ausreichender Zufuhr die Gesundheit positiv zu beeinflussen. Zu den bioaktiven Stoffen zählen die sekundären Pflanzenstoffe, Substanzen in fermentierten Lebensmitteln sowie Ballaststoffe. Sekundäre Pflanzenstoffe entstehen im Sekundärstoffwechsel der Pflanzen (im Primärstoffwechsel entstehen Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette) und dienen u. a. der Abwehr von Schädlingen sowie der Regulation des Wachstums. Sie bestehen aus über 10.000 verschiedenen Substanzen und tragen national die Bezeichnung phytochemicals. Im Wesentlichen lassen sie sich in folgende Gruppen unterteilen: - Carotinoide (in grünblättrigem Gemüse und farbigen Früchten; antioxidativ5, antikanzerogen, immunmodulatorisch) - Phytosterine (in fettreichen Pflanzen; cholesterinsenkend, antikanzerogen) - Saponine (in Pflanzen und Hülsenfrüchten; cholesterinsenkend, antikanzerogen) - Proteaseinhibitoren (in Hülsenfrüchten, Kartoffeln und Getreide; antikanzerogen) - Sulfide (in Knoblauch, Senf, Meerrettich und Kohlarten; antimikrobiell, antikanzerogen) - Glucosinolate (Vorstufe der Sulfide) - Polyphenole (in Pflanzen; Flavonoide, Phenolsäuren, Phytoöstrogene; antioxidativ, antikanzerogen) - Monoterpene (in Kräutern, Obst und Gemüse; antikanzerogen) - Andere sekundäre Pflanzenstoffe, z. B. Phytinsäure (Blutglucoseregulierend, antikanzerogen) Fermentierte Lebensmittel enthalten als bioaktive Substanz die Milchsäure (Lactat), für deren Bildung Mikroorganismen Kohlenhydrate enzymatisch umwandeln. Die Bildung von Lactat in Lebensmitteln fördert die Haltbarkeit durch eine Absenkung des pH-Wertes und findet somit Einsatz in der Konservierung von Gemüse, Hülsenfrüchten, Getreide, Milch, Fleisch und Fisch. Als bioaktive Substanz fördert Milchsäure die Lactosetoleranz und wirkt Cholesterinsenkend, antimikrobiell sowie antikanzerogen. In welcher Höhe die Zufuhr bioaktiver Substanzen mit der täglichen Nahrung erfolgen sollte, um positive Effekte auf die Gesundheit zu haben, ist bisher unbekannt. Auch die synergistischen (sich gegenseitig bedingenden) Wirkungen, die einzelne bioaktive Stoffe im Körper ausüben, sowie deren mögliche Nachteile sind nur schwer vorauszusagen. Um jedoch den größtmöglichsten Effekt in Bezug auf die Krebsprävention zu erzielen, empfiehlt sich die vielfältige Kombination, z. B. Antioxidativ beschreibt die Eigenschaften von niedermolekularen Gruppen oder Enzymen, die den Organismus vor krankheitsauslösenden Stoffwechsellagen schützen können. (Quelle: Doccheck) 5 Seite 62 von 83 Lehrskript durch eine breite Auswahl an verschiedenen Obst- und Gemüsesorten. Die Lebensmittel sind dabei zu einem Großteil als Rohkost zu verzehren, da Hitze die meisten sekundären Pflanzenstoffe zerstört. Eine isolierte Aufnahme durch Präparate bringt keinen nachhaltigen Nutzen. Eine ausgewogene vegetarische Ernährung ist reich an bioaktiven Substanzen und erklärt, warum Vegetarier im Vergleich zu Mischköstlern weniger an Zivilisationskrankheiten leiden. So konnten verschiedene Studien eine höhere Carotinoidkonzentration im Blutplasma (aufgrund von erhöhtem Obst- und Gemüseverzehr) sowie eine höhere Blutkonzentration von Isoflavonen (wegen des regelmäßigen Verzehrs von Sojaprodukten) bei Vegetariern und Veganern nachweisen. Seite 63 von 83 Lehrskript Aufgaben zur Selbstüberprüfung – Kapitel 3 Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Fragen schriftlich und erarbeiten Sie erst dann die richtige Lösung aus dem Text. 21) Wie setzt sich die empfohlene Nahrungsenergiemenge für Vegetarier zusammen? Geben Sie die Anteile in Prozent an. 22) Erklären Sie den Unterschied zwischen der relativen und absoluten Zufuhr an Nährstoffen! Warum ist eine Unterteilung so wichtig? 23) Welche Vitamine könnten bei einer vegetarischen bzw. veganen Kost aufgrund der zu geringen Aufnahme zu Mangelerscheinungen führen? 24) Erklären Sie die Vorteile einer vegetarischen Kost anhand der besseren Energie- und Nährstoffversorgung im Vergleich zu Mischköstlern. 25) Welche Mineralstoffe sind in der vegetarischen Kost aufgrund eines möglichen Mangels als kritisch zu betrachten? 26) Welche Vitamine sind in der vegetarischen Kost aufgrund eines möglichen Mangels als kritisch zu betrachten? 27) Was sind sekundäre Pflanzenstoffe und wie wirken sie im menschlichen Organismus? 28) Worauf sollten Sie bei der vegetarischen Ernährung achten, um den Eiweißbedarf zu decken? 29) Welche Wirkungen üben Ballaststoffe auf den menschlichen Organismus aus? 30) Was ist der Unterschied zwischen Spuren- und Mengenelementen? Die Antworten der Aufgaben finden Sie am Ende des Lehrskriptes. Seite 64 von 83 Lehrskript Kapitel 4 – Quellenverzeichnis Literatur: Biesalski HK, Grimm P; Taschenatlas der Ernährung; Georg Thieme Verlag; Stuttgart; 1999; ISBN: 313-1153552-0 Biesalski HK, Fürst P, Kasper H, Kluthe R, Pölert W, Puchstein C, Stähelin HB; Ernährungsmedizin; Georg Thieme Verlag; Stuttgart; 1995; ISBN: 3-13-100291-3 Clemens K; Vegan – Über Ethik in der Ernährung & die Notwendigkeit eines Wandels; Echo-Verlag; Göttingen; 1996; ISBN: 3-926914-28-9 Cowles-Hamar D; Veganissimo zwei – Das Handbuch der Tierrechte; by FACE IT! – Menschen für Tierrechte Kiel; Kiel; 1995 Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung; Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr; Umschau Braus GmbH; Frankfurt am Main; 2001; ISBN: 3-8295-7114-3 Deutsche Gesellschaft für Ernährung; 12. 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Zugriff am 03.05.2013) Seite 69 von 83 Lehrskript Kapitel 5 – Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 – Der Schweizer Arzt und Ernährunsgwissenschaftler Maximilian BircherBenner entwickelte das Bircher-Müsli und gilt als Pionier der Vollwertkost .................. 12 Abbildung 2 – Ernährungspionier Dr. Johann Georg Schnitzer .................................... 14 Abbildung 3 – Georges Ohsawa, japanischer Philosoph und bedeutendster Vertreter der makrobiotischen Ernährungslehre ................................................................................ 18 Abbildung 4 – Pythagoras, griechischer Philosoph und Begründer des Pythagoreismus ...................................................................................................................................... 25 Abbildung 5 – Das Logo des Vegetarier-Bund Deutschland e.V................................... 27 Abbildung 6 – Die menschliche Evolution ..................................................................... 31 Abbildung 7 – Massentierhaltung bei Hühnern – Dauerkunstlicht, riesige, fensterlose Hallen und Kraftfutter .................................................................................................... 34 Abbildung 8 – Mahatma Gandhi ................................................................................... 35 Abbildung 9 – Tendzin Gyatsho, der 14. Dalai Lama .................................................... 36 Abbildung 10 – Der Energieaufwand für die Produktion tierischer und pflanzlicher Nahrungsmittel .............................................................................................................. 37 Abbildung 11 – Klimabelastung der verschiedenen Ernährungsweisen ....................... 38 Abbildung 12 – Die Reaktionen von Vollköstlern, wenn sich ein Veganer „outet“ ......... 43 Abbildung 13 – Die vegetarische Ernährungspyramide ................................................ 49 Seite 70 von 83 Lehrskript Kapitel 6 – Tabellenverzeichnis Tabelle 1 – Die Stufen der Makrobiotik nach Ohsawa ................................................... 19 Tabelle 2 – Berühmte Vegetarier ................................................................................... 28 Tabelle 3 – Motive für eine vegetarische Ernährung ..................................................... 39 Tabelle 4 – Biologische Wertigkeit ausgewählter Lebensmittel ..................................... 51 Tabelle 5 – Vorkommen und Funktionen der Vitamine .................................................. 57 Tabelle 6 – Vorkommen und Funktionen der Mengenelemente .................................... 59 Tabelle 7 – Vorkommen und Funktion der Spurenelemente ......................................... 61 Seite 71 von 83 Lehrskript Kapitel 7 – Glossar ADA American Dietetic Association BfR Bundesinstitut für Risikobewertung BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz BMG Bundesministerium für Gesundheit DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung DONALD-Studie Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed ESPGHAN European Society of Peadiatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition EVU European Vegetarian Union FKE Forschungsinstitut für Kinderernährung GFK Gesellschaft für Konsumforschung INFAS Institut für angewandte Sozialwissenschaft IVU International Vegetarian Union VEBU Vegetarier Bund Deutschland WHO World Health Organization Seite 72 von 83 Lehrskript Anämie Verminderung der sauerstofftransportierenden Eiweiße im Blut; geht i. d. R. mit einem Mangel an roten Blutkörperchen einher. Ursachen sind u. a. Blutverluste, Mangelernährung sowie Hormonstörungen. (Quelle: Wikipedia) Arteriosklerose Arteriosklerose, auch Arterienverkalkung genannt, steht für eine Systemerkrankung der Schlagadern (Arterien), die zu Ablagerungen von Blutfetten, Blutpfropfen, Bindegewebe und in geringen Mengen auch Kalk in den Gefäßwänden führt. (Quelle: Wikipedia) Arthritis Eine entzündliche Gelenkerkrankung und typischerweise mit Überwärmung, Gelenkergussbildung, Schwellung und Rötung verbunden. (Quelle: Wikipedia) Arthrose Gelenkverschleiß, der das altersübliche Mass übersteigt. Ursache ist ein Übermaß an Belastung, Fehlstellungen der Gelenke oder Knochenschwund. (Quelle: Wikipedia) Atrophie Gewebsschwund. Sie kann durch Volumen- bzw. Größenabnahme der Zellen oder durch Abnahme der Zellzahl jeweils mit oder ohne gleichzeitige Veränderungen in der Zellstruktur auftreten. (Quelle: Wikipedia) Carnivoren Fleischfresser; Tiere und Pflanzen und Pilze, die sich hauptsächlich oder ausschließlich von tierischem Gewebe ernähren. (Quelle: Wikipedia) Desaturierung Umwandlung von gesättigten in ungesättigte Verbindungen. (Quelle: wissenschaft-online.de) Essentiell Als essentielle Stoffe lassen sich Substanzen beschreiben, welche keine eigenständige Synthese im Organismus erfahren. Eine Zufuhr über die Ernährung ist somit unabdingbar. (Quelle: Doccheck) Freie Radikale Teile von Molekülen. An der Bruchstelle befindet sich ein Atom mit einem sogenannten ungepaarten Elektron. Freie Radikale verursachen oxidativen Stress und können u. a. zur Krebsentstehung beitragen. (Quelle: Doccheck) Gastritis Eine Gastritis, auch Magenschleimhautentzündung genannt, ist eine entzündliche Erkrankung der Schleimhaut des Magens. (Quelle: Wikipedia) Herbivoren Pflanzenfresser; Tiere, welche sich hauptsächlich von Pflanzen ernähren. (Quelle: Wikipedia) Seite 73 von 83 Lehrskript Hyperkalzämie Der Zustand eines erhöhten Calciumspiegels im Blutserum (> 2,7 mmol/l). Symptome sind Erbrechen, Fieber, Psychosen und anschl. Koma. (Quelle: Wikipedia) Hypertonie Die arterielle Hypertonie, umgangssprachlich auch Bluthochdruck genannt, ist ein Krankheitsbild, bei dem der Blutdruck des arteriellen Gefäßsystems (Schlag- und Pulsadern) chronisch erhöht ist. Nach Definition der WHO gilt ein systolischer Blutdruck (Zusammenziehen des Herzen) von mind. 140 mm Hg oder ein diastolischer Blutdruck (Entspannung des Herzen) von mind. 90 mm Hg als Hypertonie. (Quelle: Wikipedia) Hyperurikämie Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut; kann zu einer Gicht führen. (Quelle: Wikipedia) Hypokalzämie Zustand, wenn der Calciumspiegel im Blutserum unter 2,2 mmol/l (9 mg/dl) oder der Gehalt von Calciumionen unter 1,1 mmol/l (4,5 mg/dl) liegt. Sie bewirkt eine Störung des Gleichgewichtes zwischen verschiedenen Elektrolyten und kann zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems führen, was sich in Krämpfen in der Skelettmuskulatur äußert. (Quelle: Wikipedia) Hypothyreose Mangelnde Versorgung des Körpers mit Schulddrüsenhormonen. Meist ist eine Unterfunktion der Schilddrüse dafür verantwortlich. Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse läuft der Stoffwechsel des Körpers langsamer ab als normal. Die Folgen sind geringere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. (Quelle: Wikipedia) Karzinogen Ein Karzinogen ist eine Substanz, ein Organismus oder eine Strahlung, die Krebs erzeugen oder die Krebserzeugung fördern kann. (Quelle: Wikipedia) Mutagen Äußere Einwirkungen, die Veränderungen des Erbgutes auslösen. Sie lassen sich in physikalische Mutagene, z. B. Strahlung und hohe Temperaturen, sowie chemische Mutagene, z. B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (u. a. Benzopyren) unterteilen. (Quelle: Wikipedia) Obstipation Verstopfung; steht für eine erschwerte oder seltene (weniger als dreimal wöchentliche) Darmentleerung. Ursachen können Darmerkrankungen, Fehlernährung, Stoffwechselstörungen oder geringe körperliche Bewegung sein. (Quelle: Wikipedia) Omnivor Als Omnivore oder Allesfresser werden Tiere bezeichnet, deren Nahrung sich aus verschiedenartiger Kost aus Pflanzen und Tieren zusammensetzt. (Quelle: Wikipedia) Seite 74 von 83 Lehrskript Osteomalazie Die Osteomalazie ist eine schmerzhafte Knochenerweichung bei Erwachsenen, meist durch einen Vitamin D- oder Calciummangel ausgelöst. Durch eine unzureichende Mineralisierung der Knochengrundsubstanz kommt es zu dumpfen Schmerzen, teilweise auch zu schleichenden Frakturen (Brüchen). (Quelle: Wikipedia) Osteoporose Eine häufige Alterserkrankung des Knochens, die ihn für Brüche anfälliger macht. Die auch als Knochenschwund bezeichnete Krankheit ist gekennzeichnet durch eine Abnahme der Knochendichte durch den übermäßig raschen Abbau der Knochensubstanz und -struktur. (Quelle: Wikipedia) Protein-Energie-Malnutration (PEM) Unter dem Begriff Protein-Energie-Malnutration lassen sich die schwersten Formen der Mangelernährung Marasmus, Kwashiorkor sowie die Übergangsform marasmischer Kwashiorkor zusammenfassen. Sie beruhen auf einer zu geringen Zufuhr an Energie und Eiweißen und bewirken einen verstärkten Abbau von körpereigenem Eiweiß für die Energiegewinnung. (Quelle: Doccheck) P/S-Quotient Der P/S-Quotient steht für das Verhältnis von mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu gesättigten Fettsäuren in der menschlichen Ernährung. Ein hoher P/S-Quotient gilt als günstig zur Vorbeugung gegen Arterienverkalkung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. (Quelle: Debinet) Rachitis Erkrankung des wachsenden Knochens mit gestörter Mineralisation der Knochen bei Kindern. Ursache ist meistens Calcium- und/oder Vitamin D-Mangel. (Quelle: Wikipedia) Sekundäre Pflanzenstoffe Chemische Verbindungen, welche Pflanzen weder im Energiestoffwechsel noch im aufbauenden oder abbauenden Pflanzenstoffwechsel bilden. Die Herstellung erfolgt nur in speziellen Zelltypen und grenzt sich von primären Pflanzenstoffen dadurch ab, dass sie für die Pflanze keinen lebensnotwendigen Charakter besitzen. Sie besitzen jedoch für die Pflanze sowie für den Menschen einen hohen Stellenwert (z. B. die Abwehr von Schadstoffen und antioxidative Wirkung). (Quelle: Wikipedia) seborrhoische Dermatitis Als seborrhoische Dermatitis lässt sich ein Hautauschlag bezeichnen, der besonders auf der Kopfhaut und im Gesicht auftritt und meist mit Schuppungen verbunden ist. (Quelle: Wikipedia) Skorbut Vitaminmangelkrankheit, die bei anhaltendem Fehlen von Vitamin C nach zwei bis vier Monaten auftritt. (Quelle: Wikipedia) Seite 75 von 83 Lehrskript Lösungen der Aufgaben zur Selbstüberprüfung Tipp Sollten Sie beim Lösen der Aufgaben Probleme haben, können Sie sich im Online Campus in der Lerngruppe dieses Lehrgangs über die Pinnwand mit Ihren Lehrgangskollegen austauschen. Natürlich steht Ihnen Ihr fachlicher Tutor ebenfalls über den Online Campus für Fragen zur Verfügung. Kapitel 1 – Einführung in die vegetarische Ernährung 1. Erläutern Sie den Begriff Vegetarismus! Vegetarismus steht für eine Form der menschlichen Ernährung, die ganz oder teilweise auf pflanzlichen Lebensmitteln beruht. Vegetarier lehnen den Verzehr getöteter Tier und daraus hergestellter Produkte ab. Einige Unterformen verzichten dabei auch auf den Konsum von Produkten lebender Tiere. Die Motive können dabei auf unterschiedlichen Ursprüngen basieren, allen geht jedoch die Überzeugung voraus, dass Tiere nicht zum Wohl der menschlichen Existenz leiden sollen. Beim Vegetarismus spielt neben der Betrachtung der Ernährung auch der Lebensstil eine Rolle, welcher von gesundheitlichen Aspekten geprägt ist. 2. Welche Formen des Vegetarismus gibt es? - Ovo-Lakto-Vegetarismus Lakto-Vegetarismus Ovo-Vegetarismus Veganismus Rohkost-Ernährung Halbvegetarismus Puddingvegetarismus Fruganismus Pescetarismus Makrobiotik 3. Welche Formen des Vegetarismus sind aufgrund von gesundheitlichen Risiken weniger empfehlenswert? - Veganismus: kann bei falscher Zusammensetzung zu einem Vitamin B12-Mangel führen; ebenfalls kritisch ist die Versorgung mit Eisen, Vitamin D und Jod Rohkost-Ernährung: bedingt durch das teilweise schlechte Erschließen einiger Nahrungsbestandteile sind Mangelerscheinungen bei Eisen und Vitamin B12 sowie Zink, Magnesium, Calcium und Vitamin D zu erwarten Puddingvegetarismus: die hochkalorische Kost fördert die Entstehung von Übergewicht und Mangelernährung Seite 76 von 83 Lehrskript - Fruganismus: keine Bedarfsdeckung von Vitamin B12, Calcium, Zink, Eisen und Jod möglich Makrobiotik: erfordert sehr viel Ernährungswissen und kann bei falscher Zusammenstellung einen Mangel an Vitamin B12, Calcium und Magnesium hervorrufen; die strenge Form der Makrobiotik kann sogar tödlich wirken - 4. Erklären Sie den Unterschied zwischen Ovo-Lakto-, Lakto- und Ovo-Vegetarismus in Bezug auf die Lebensmittelauswahl sowie die Motive für die jeweilige Ernährungsform! - Ovo-Lakto-Vegetarismus Lebensmittel: keine Produkte von getöteten Tieren, jedoch Eier, Milch und Milchprodukte sowie Honig Motive: Tierliebe/-ethik, die eigene Gesundheit, Krankheiten/Allergien, Umweltschutz… - Lakto-Vegetarismus Lebensmittel: keine Produkte von getöteten Tieren einschl. Eier, jedoch Milch und Milchprodukte sowie Honig Motive: das Hühnerei stellt ein ungeborenes Lebewesen dar; fehlende artgerechte Haltung der Hühner - Ovo-Vegetarismus Lebensmittel: keine Produkte von getöteten Tieren einschl. Milch und Milchprodukte, jedoch Eier in Bio-Qualität sowie Honig Motive: gesundheitliche Gründung (z. B. Lactoseintoleranz); fehlende artgerechte Haltung der Kühe 5. Was zeichnet die vegane Lebensweise zwingend sowie obligatorisch aus? - Zwingend: Verzicht auf sämtliche tierische Produkte in der Nahrung, unabhängig davon, ob sie von lebenden oder getöteten Tieren stammen - Obligatorisch: Verzicht auf Wolle, Leder und Seide; Verzicht auf Kosmetika, Putzmittel sowie Medikamente, welche tierische Inhaltsstoffe enthalten und/oder bei deren Produktion Tierversuche notwendig sind; Verzicht auf das Halten von Haustieren ohne Freigang (Ausnahme: Tiere aus Tierheimen oder Tierbefreiungsaktionen), den Besuch von Zoos und Zirkussen 6. Welche Motive stehen hinter der Rohkost-Ernährung? - Der menschliche Körper besitzt keine Möglichkeiten, gekochte Nahrung zu verwerten Giftstoffe lassen sich nur durch unerhitzte bzw. schwach erhitzte Lebensmittel binden und ausscheiden Lebensmittelinhaltsstoffe sind nur im unverarbeiteten Zustand für den menschlichen Körper verwertbar Rohkost ist basenbildend und wirkt somit einer Übersäuerung entgegen Seite 77 von 83 Lehrskript 7. Was hat der Puddingvegetarismus mit Pudding gemein? Der schwedische Naturphilosoph Waerland verglich die Ernährungsweise der Puddingvegetarier mit dem englischen Pudding: beide zeigen eine hohe Energiedichte bei gleichzeitig geringer Nährstoffdichte auf 8. Wodurch unterscheidet sich der Fruganer vom Freeganer? - - Der Fruganer ernährst sich vegan, jedoch nur von Früchten, bei deren Ernte keine Verletzung der Strammpflanze erfolgt (teilweise auch nur Früchte, welche von alleine abfallen); als Motiv liegen der Erhalt der Pflanze und somit die Möglichkeit, ihr Leben zu geben, zugrunde Der Freeganer ernährt sich ebenfalls vegan, greift jedoch auf Lebensmittel zurück, für welche er kein Geld ausgeben muss; als Motiv liegt die Konsumverschwendung zugrunde 9. Welche Prinzipien vertritt die Makrobiotik? - Taoistische Lehren und asiatische Traditionen (das Leben beruht auf dem Chi, der allumfassenden Energie) Weitestgehend vegetarische Kost, das der menschliche Darm eher dem von Pflanzenfressern entspricht Durch Bestrahlung und Erhitzung geht das Chi in den Lebensmitteln verloren Lebensmittel sind in neutral, Yin und Yang eingeteilt (Verhältnis Yin:Yang = 5:1) Nur mit der makrobiotischen Kost ist ein optimaler Fluss des Chi im Körper möglich und nur so lässt sich Gesundheit erreichen 10. Was ist der Unterschied zwischen Halbvegetariern und Pescetariern? - Der Halbvegetarier schränkt seinen Fleischkonsum auf wenige Mahlzeiten pro Woche ein (zwei- bis dreimal pro Woche oder seltener) und verzehrt meist nur helle Fleischsorten Der Pescetarier verzehrt nur Fisch, kein Fleisch; bevorzugt sind Fischsorten mit einem Bio- und/oder Umweltsiegel Kapitel 2 – Hintergrundinformationen 11. Welche religiösen und ethischen Fakten zur Entstehung des Vegetarismus fallen Ihnen ein? - Die alten Griechen vertraten die Meinung, dass es Unrecht ist, Tiere für den eigenen Nutzen zu quälen und zu töten Philosophen erkannten, dass Tiere in Bezug auf das Leiden auf der gleichen Ebene stehen wie Menschen Albert Schweitzer: Die Ehrfurcht vor dem eigenen Leben schließt einen barmherzigen Umgang mit Tieren ein Seite 78 von 83 Lehrskript - Massentierhaltung mit fehlerhafter artgerechter Haltung kann keine Grundlage für die menschliche Ernährung sein Eine reine Seele lässt sich nur durch ein Nichttöten aller Lebewesen erfahren Reinkarnation ist nur bei Barmherzigkeit und Güte möglich Tiere sind Lebewesen wie Menschen und durch das Gebot „Du sollst nicht töten“ geschützt 12. Welche Lebensstilfaktoren zeichnen den Vegetarier üblicherweise aus? - Nichtraucher regelmäßig Bewegung und Sport regelmäßig Entspannung gesunde und ausgewogene Ernährung 13. Welche gesundheitlichen Vorteile kann eine vegetarische Ernährung bewirken? - Verringerung bzw. Prävention von Übergewicht niedrigere Blutdruckwerte Prävention von Diabetes mellitus verringertes Risiko von erhöhten Harnsäurespiegelwerten und Gicht geringere Verluste der Knochenmasse Prävention bei ernährungsbedingten Krebserkrankungen höhere Lebensqualität bessere Blutfettwerte 14. Welche Beweggründe für eine vegetarische Ernährung gibt es? - ethisch, z. B. Tiere haben ein Recht auf Leben gesundheitlich, z. B. Prävention bestimmter Erkrankungen ökologisch, z. B. Verringerung der Umweltbelastung religiös, z. B. Barmherzigkeit gegenüber Tieren ästhetisch, z. B. Ekel vor Fleisch hygienisch-toxikologisch, z. B. Verringerung der Schadstoffaufnahme kosmetisch, z. B. Reduktion des Körpergewichtes ökonomisch, z. B. begrenzte finanzielle Möglichkeiten politisch, z. B. Verbesserung der Welthungerproblematik sozial, z. B. Erziehung spirituell, z. B. Freisetzung geistiger Kräfte 15. Wenn es um die Vor- und Nachteile einer vegetarischen Ernährung geht, dient oftmals die geschichtliche Entwicklung und Abstammung des Menschen als Grundlage für „falsch“ oder „richtig“. Fassen Sie bitte stichpunktartig die Entwicklung des Menschen, bezogen auf sein Essverhalten, zusammen und belegen Sie die Fakten anhand morphologischer Merkmale! - Die Urform der menschlichen Vorfahren ist von der Ernährung her ein Allesfresser Seite 79 von 83 Lehrskript - Eine Erweiterung des Lebensraumes bewirkte eine Zunahme der pflanzlichen Kost bei gleichzeitiger Reduktion der tierischen Bestandteile Aufgrund territorialer Wanderungen entstanden Gruppierungen, die sich vorwiegend pflanzlich bzw. tierisch ernährten – ausschlaggebend waren hier die vorhandenen Ressourcen Der menschliche Dünn- und Dickdarm machen prozentual die größte Fläche des Verdauungstraktes aus (genauso wie bei Allesfressern der Dünn-, bzw. bei Pflanzenfressern der Dickdarm) Der menschliche Dickdarm besitzt Gärkammern, wie reine Pflanzenfresser und pflanzenbetonte Allesfressern Der Mensch ist außerstande, selbst Vitamin C zu synthetisieren (im Gegensatz zu reinen Fleischfressern) Der Mensch besitzt Reißzähne (wie Fleischfresser) und Mahlzähne (wie Pflanzenfresser) Der Mensch kaut und schluckt wie Allesfresser (reine Fleischfresser schlingen) Der Mensch bildet im Speichel stärkespaltende Enzyme (im Gegensatz zu reinen Fleischfressern) Weder eine rein pflanzliche noch eine rein tierische Kost hat sich bisher als arterhaltend gezeigt 16. Wann und von wem wurde der klassische Vegetarismus begründet? - Pythagoras, im alten Griechenland 17. Welchen Namen trägt die Dachorganisation für Vegetarier in Deutschland? - Vegetarier-Bund Deutschland e.V. (VEBU e.V.) 18. Gibt es vorgegebene Motive für den Vegetarier oder sind unterschiedliche Auffassungen möglich? - Der Grund für die Hinwendung zum Vegetarismus ist bei jedem Vegetarier unterschiedlich, die Gründe lasen sich jedoch in Gruppen zusammenfassen. Oftmals wandeln sich die Motive während des Vegetarismus oder es kommen neue hinzu. 19. Angehörige welcher Religionen leben strikt vegetarisch? - Hinduismus Buddhismus (Das Judentum regt zu einem rücksichtsvollen Umgang mit Tieren an.) Seite 80 von 83 Lehrskript 20. Wie bewerten Sie den Verbrauch an Rohstoffen für die Herstellung pflanzlicher Nahrung im Vergleich zur Herstellung tierischer Nahrung? - Um 1 kg Fleisch zu erzeugen, sind mind. 5 kg Getreide als Futter notwendig Die Produktion tierischer Nahrungsmittel verbraucht mehr Strom und Wärme als die Produktion pflanzlicher Lebensmittel Für die Produktion tierischer Lebensmittel ist mehr Ackerfläche notwendig als für die Produktion pflanzlicher Lebensmittel Kapitel 3 – Grundlagen der vegetarischen Ernährung 21. Wie setzt sich die empfohlene Nahrungsenergiemenge für Vegetarier zusammen? Geben Sie die Anteile in Prozent an! - Eiweiße: 10 % Fette: 25-30 % Kohlenhydrate: 50-60 % 22. Erklären Sie den Unterschied zwischen der relativen und absoluten Zufuhr an Nährstoffe! Warum ist eine Unterteilung so wichtig? - relative Zufuhr: Angabe der Zufuhr unter Ausschluss der Betrachtung der Gesamtenergie absolute Zufuhr: Angabe der Zufuhr in Bezug auf die Gesamtenergie Die relative Zufuhr ermöglicht nur eine Aussage bezüglich der zugeführten Gesamtmenge, die absolute Zufuhr hingegen bewertet die Gesamtmenge nach den Empfehlungen der DGE 23. Welche Vitamine können bei einer vegetarischen bzw. veganen Kost aufgrund der zu geringen Aufnahme zu Mangelerscheinungen führen? - Vitamin D Vitamin B12 Vitamin B2 24. Erklären Sie die Vorteile einer vegetarischen Kost anhand der besseren Energieund Nährstoffversorgung im Vergleich zu Mischköstlern! - Energie: Nur selten ist ein Überschreiten der DGE-Empfehlung möglich, meist liegen Vegetarier im Rahmen oder unter den Empfehlungen Eiweiße: Obwohl auch hier oft erhöhte Zufuhrwerte vorliegen, nähern sie sich doch mehr an die Empfehlungen der DGE an Fette: Überschreitungen sind nur bei Fehlernährung möglich, eine ausgewogene Kost liegt im Rahmen der Empfehlungen oder darunter Kohlenhydrate: Die Empfehlungen werden nur sehr selten erreicht, was durch die hohe Zufuhr an Milchprodukten bedingt ist; Vorteilhaft ist jedoch die hohe Zufuhr an Stärke Seite 81 von 83 Lehrskript - Ballaststoffe: Eine ausgewogene vegetarische Kost deckt die Zufuhr mit mind. 30 g täglich weitestgehend optimal ab Vitamine: Unter Ausschluss einer veganen Kost sind im Vergleich zu Mischköstlern keine Mangelerscheinungen zu erwarten Mineralstoffe: Unter Ausschluss einer veganen Kost sind im Vergleich zu Mischköstlern keine Mangelerscheinungen zu erwarten Bioaktive Substanzen: Es sind keine konkreten Empfehlungen vorhanden, eine ausgewogene vegetarische Kost bewirkt jedoch eine hohe und breit gestreute Zufuhr 25. Welche Mineralstoffe sind in der vegetarischen Ernährung aufgrund eines möglichen Mangels als kritisch zu betrachten? - Calcium (bei Veganern) Eisen Zink Jod 26. Welche Vitamine sind in der vegetarischen Ernährung aufgrund eines möglichen Mangels als kritisch zu betrachten? - Vitamin D Vitamin B2 (bei Veganern) Vitamin B6 (bei Veganern) Vitamin B12 (bei Veganern) Folsäure 27. Was sind sekundäre Pflanzenstoffe und wie wirken sie im menschlichen Organismus? - Sie entstehen im Sekundärstoffwechsel der Pflanze (außerhalb des Energiestoffwechsels der Pflanze) und stellen weder für die Pflanzen noch für den Menschen eine lebensnotwendige Funktion dar Wirkung: antikanzerogen, antioxidativ, immunmodulierend, cholesterinsenkend, blutzuckerregulierend, antimikrobiell 28. Worauf sollten Sie bei der vegetarischen Ernährung achten, um den Eiweißbedarf ausreichend zu decken? - Auf eine ausreichende Kombination der Lebensmittel, um die biologische Wertigkeit zu erhöhen Die Verdaulichkeit einiger Eiweiße (z. B. aus Hülsenfrüchten) lässt sich durch Hitze- oder Säureeinwirkung verbessern Die Eiweiß- sowie die Energiemenge muss abgedeckt sein, da ansonsten der Körper auf das Nahrungseiweiß für die Energiegewinnung zurückgreift Seite 82 von 83 Lehrskript 29. Welche Wirkungen üben Ballaststoffe auf den menschlichen Organismus aus? - Direkt: frühes Sättigungsgefühl, schnellere Passagezeit des Nahrungsbreis, Erhöhung des Stuhlvolumens Indirekt: antikanzerogen, blutzuckerbeeinflussend, cholesterinsenkend, immunmodulierend 30. Was ist der Unterschied zwischen Spuren- und Mengenelementen? - Spurenelemente: kommen im Organismus mit einer Konzentration von weniger als 50 mg/kg Körpertrockenmasse vor Mengenelemente: kommen im Organismus mit einer Konzentration von mehr als 50 mg/kg Körpertrockenmasse vor Seite 83 von 83