IHK Energieeinsparung im Gebäudebereich Die neue Energieeinsparverordnung Autor: Dipl.-Ing. Hans-Dieter Hegner, Berlin Die Bundesrepublik Deutschland steht international im Wort, ihre energiebedingten Emissionen bis zum Jahre 2005 um 25 Prozent zu reduzieren. Der Gebäudebereich beteiligt sich an den CO2-Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland mit etwa 30 Prozent. Rund 33 Prozent der Endenergie wird für die Erzeugung von Raumwärme aufgewandt, weitere vier Prozent entfallen auf die Warmwasserbereitung. Dies belegt, dass der Gebäudebereich einen außerordentlich wichtigen Sektor für Energieeinsparung und CO2-Reduktionsmaßnahmen darstellt. Der Koalitionsvertrag stellt dazu fest: „Wir werden das CO2-Minderungsprogramm verbessern. Mit der Energieeinsparverordnung führen wir für den Neubau den Niedrigenergiehausstandard und für den Bestand Energiekennzahlen in zeitlichen Stufen ein.“ ner Verordnung zusammenfassen und das Anforderungsniveau im Neubau im Mittel um 30 Prozent verschärfen. Neben der Optimierung der Gebäudehülle sind nunmehr auch heizungs- und raumlufttechnische Anlagen in die Planung einzubeziehen. Das bedeutet mehr Flexibilität in der Planung. Die Anbindung der Anforderungen an einen primärenergetisch bewerteten Endenergiebedarf des Gebäudes wird die energetische Qualität von Gebäuden und Anlagen besser transparent machen und zu einer verbesserten Orientierung der Verbraucher führen. Mit der EnEV soll - der europäisch harmonisierten Normung folgend – zugleich die Berechnung des Wärme- und Energiebedarfs auf eine neue Grundlage gestellt werden. So kann bei der Berechnung des Energiebedarfs anders als bisher die Effizienz der Heizungsanlage Berücksichtigung finden. Außerdem wird künftig nicht mehr nur der passiven Solarenergienutzung Rechnung getragen, auch die aktive Nutzung regenerativer Energien, zum Beispiel über Solarkollektoren, wird durch den Verordnungsentwurf begünstigt. Die EnEV eröffnet und nutzt damit neue Einsparpotenziale bei größtmöglicher Entwurfsfreiheit für den Neubaubereich. Die Methode des Nachweisverfahren der Energieeinsparverordnung basiert weiterhin auf einem statischen Bilanzierungsmodell der Energieverluste und –gewinne. Die neue Verordnung soll sich vor allem auf die fertig gestellte europäische Norm DIN EN 832 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden“ in Verbindung mit den deutschen Umsetzungsnormen DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 abstützen. Wichtig bei Gebäudeerneuerungen Fotos (2): Ullrich Sorbe Der Referentenentwurf zur Energieeinsparverordnung (EnEV), mit der künftig der Energieverbrauch im Gebäudebereich weiter reduziert werden soll, ist bereits auf den Weg gebracht worden. Über 140 Verbände, die Länder und interessierte Bundestagsabgeordnete haben seit Ende Juni 1999 den vom Bundeswirtschaftsministerium und Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gemeinsam erarbeiteten Verordnungsentwurf erhalten und sich dazu in Stellungnahmen 18 geäußert. Die Anhörungen haben im September 1999 stattgefunden. Nunmehr befinden sich die Unterlagen in einer intensiven abschließenden Überarbeitungs- und Abstimmungsphase. Ziele und Methoden der Verordnung Die EnEV wird die derzeit geltende Wärmeschutzverordnung und Heizungsanlagenverordnung übersichtlicher zu ei- Beim Gebäudebestand soll der Schwerpunkt der EnEV weiterhin auf energetischen Verbesserungen liegen, die mit ohnehin geplanten Modernisierungsmaßnahmen wirtschaftlich durchgeführt werden können. Die Anforderungen der EnEV greifen also dann, wenn Teile des Gebäudes, zum Beispiel Dach oder Fenster, erneuert werden oder wenn an ein Gebäude angebaut wird. Das Instrument der bedingten Anforderungen wurde dem neuesten Stand der Technik und Wirtschaftlichkeit angepasst. Unter anderem wurde die Erweiterung der Anwendungsfälle geThema Wirtschaft 9/2000 IHK prüft. So könnte z. B. der Tatbestand des Abklopfens und des Erneuerns des Außenputzes mit wärmetechnischen Forderungen belegt werden. Aber auch die Kerndämmung oder die Ausfachung von Fachwerkwänden könnte mit einbezogen werden. Es ist auch möglich, verschiedene, bereits jetzt bestehende Tatbestände weiter zu differenzieren und dann mit entsprechenden unterschiedlichen Anforderungen zu belegen. Das betrifft insbesondere die vielfältigen Maßnahmen an Steil- und Flachdächern als auch an Wänden und Decken gegen unbeheizte Räume und gegen Erdreich. Nachrüstungsverpflichtungen wird es nur in einem begrenzten Umfang geben, und zwar bei: – Ersatz der vor 1978 eingebauten Heizkessel und nachträgliche Dämmung ungedämmter Rohrleitungen, – Dämmung oberster Geschossdecken unter nicht genutzten Dachräumen. Die Anforderungen der EnEV sind wirtschaftlich und mit vertretbarem Aufwand zu erfüllen. Untersuchungen bei Neubauten zeigten, dass die Mehrkosten maximal 1,5 bis 2 Prozent der heutigen Baukosten betragen (bei Büro- und Verwaltungsbauten unter 0,8 Prozent). Diese Mehrkosten werden sich aber durch die Energieeinsparung weit vor Ablauf der Nutzungsdauer der Gebäude amortisieren. Energiebedarfsausweis für Gebäude Ein Energiezertifikat kann helfen, die Energiefreundlichkeit eines Gebäudes nachzuweisen. Mit einer neuen Energieeinsparverordnung kann der bisher vorgeschriebene Wärmebedarfsausweis zu einem Energiebedarfsausweis weiter entwickelt werden, weil die neuen Anforderungen alle Thema Wirtschaft 9/2000 wesentlichen Energiebedarfsanteile eines Gebäudes erfassen. Der Energiebedarfsausweis soll so ausgestattet werden, dass er auch für Nichtfachleute lesbar ist. Er wird im Wesentlichen auf die Daten zurückgreifen, die ohnehin im Nachweisverfahren zu ermitteln sind, um die Einhaltung der Anforderungen an den Heizenergiebedarf rechnerisch nachzuweisen. Dieser Energiebedarfsausweis wird im Neubau sowie bei der wesentlichen Änderung von Gebäuden obligatorisch. Für den Bestand bleibt er eine freiwillige Option. Die Bundesregierung und verschiedene Bundesländer messen dem Energiepass in Bezug auf die Umsetzung der Verordnung eine große Bedeutung bei. Letztlich können aufgeklärte Bauherren und energiesparbewusste Nutzer mehr für die konsequente Umsetzung der Verordnung tun als jede noch so strenge behördliche Kontrolle. Wie es weitergeht Nach Beschluss durch das Bundeskabinett wird die Verordnung dem Bundesrat zugeleitet, dessen Zustimmung erforderlich ist. Wenn diese vorliegt, sind auch noch die europäischen Partner zu beteiligen; die damit verbundene Stillhaltefrist beträgt in der Regel sechs Monate. Erst nach Ablauf dieser Frist kann die Verordnung endgültig beschlossen und verkündet werden. Sie soll sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft treten. Auf Grund des vorstehend beschriebenen Verfahrens ist also mit einem InKraft-Treten im Laufe des Jahres 2001 zu rechnen. Bis dahin haben alle am Bau Beteiligten genügend Zeit, sich auf die neue Verordnung und die damit verbundenen Neuerungen – vor allem in der Planung – einzustellen. 19