VEREINIGUNG DER HESSISCHEN UNTERNEHMERVERBÄNDE Ja zum Umbau des Energiesystems, aber nicht gegen die Wirtschaft! Auszug aus der VhU-Programmatik; Beschluss des VhU-Präsidiums vom 27.10.2015 Die hessische Wirtschaft benötigt eine jederzeit sichere Versorgung mit Energie in Form von Elektrizität, Wärme und Kraftstoffen, die umweltverträglich und zu möglichst geringen Kosten bereitgestellt werden soll. Die hessische Wirtschaft befürwortet den Umbau des Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien und einer höheren Energieeffizienz aus ökologischen Gründen, wie sie in Politik und Wissenschaft mehrheitlich vertreten werden: Durch eine Verminderung des Ausstoßes an Treibhausgasen sollen eine zu starke Erwärmung des Klimas und ihre negativen Folgen verhindert werden. Das ließe sich – wenn überhaupt – nur global erreichen, indem weltweit der Treibhausgasausstoß gesenkt wird. Der Anteil Deutschlands (2,6 Prozent in 2012) und der EU (12,7 Prozent in 2012) an den weltweiten CO2-Emissionen ist gering. Klimapolitik kann nur global funktionieren. Die meisten Staaten lehnen verbindliche Verpflichtungen zur Senkung der Treibhausgasemissionen ab, insbesondere jene mit hohem CO2-Ausstoß. Die Nachfolgekonferenzen von Kyoto erreichten hierzu keine relevanten Vereinbarungen. Viele Staaten zweifeln, ob der Umbau des Energiesystems in Deutschland gelingt. Sie sehen die ökonomischen Kosten und Risiken, die Folgen der hohen Geschwindigkeit des Umbaus sowie des unangemessen hohen Fokus auf den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung sind. Ein weiterer schwerer Fehler in der deutschen Energiepolitik liegt in der fehlenden Verlässlichkeit. Die Wirtschaft braucht Rahmenbedingungen, die langfristige Planung großer Investitionen ermöglicht. Es ist zu erwarten, dass kaum ein Staat in der Welt dem ökologisch motivierten Umbau unseres Energiesystems folgen wird, wenn der Eindruck bestehen bleibt, Deutschland könnte so den Erfolg seiner industriell geprägten Wirtschaft beeinträchtigen. Eine Umfrage des Weltenergierates aus dem Jahr 2015 unter den Vorsitzenden der nationalen Komitees seiner Mitgliedsländer zeigt, dass rund 50 Prozent der befragten Experten die ‚deutsche Energiewende‘ komplett ablehnen. Für komplett nachahmenswert wird die ‚deutsche Energiewende‘ von fast niemand eingeschätzt. Hauptgrund hierfür scheint die Einschätzung von rund 75 Prozent der Befragten zu sein, dass Deutschland seine Volkswirtschaft durch seine Energiepolitik schwäche. Deshalb liegt der Erhalt einer starken deutschen Wirtschaft inklusive einer starken Industrie nicht nur in unserem ökonomischen Interesse, sondern er ist auch erforderlich zur Erreichung weltweiter klimapolitischer Ziele. Beispielsweise müssen insbesondere die geschlossenen Wertschöpfungsketten erhalten bleiben, die wesentlicher Bestandteil des Industriestandorts Deutschland sind. Nur, wenn der Umbau Deutschlands im Ausland sowohl als ökologisches als auch als ökonomisches Erfolgsmodell betrachtet wird, werden andere Länder diesen oder einen ähnlichen Kurs hin zu mehr erneuerbaren Energien und höherer Energieeffizienz einschlagen. Dafür müssen die Kosten sinken! Bisher verursachte der deutsche Staat durch den planwirtschaftlichen Ansatz der Energiepolitik allein durch die EEG-Umlage Kosten von weit über 20 Milliarden Euro pro Jahr. Der staatlich verteuerte Strompreis verschafft stromintensiven Unternehmen einen Nachteil im globalen Wettbewerb, der für jene Unternehmen gravierend ist, die bei EEG-Umlage und -2- Netzentgelten nicht entlastet werden. Die staatliche Strompreisverteuerung trägt dazu bei, dass Industriebetriebe Investitionen ins Ausland verlagern. Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss und kann mit deutlich geringeren Kosten erfolgen. Befürworter der gegenwärtigen Energiepolitik führen an, der Umbau des Energiesystems biete – neben der ökologischen Zielerreichung – langfristig auch wirtschaftliche und technische Chancen: Die Energieimportrechnung Deutschlands könne sinken. Und in einer überwiegend regenerativ betriebenen Stromerzeugung sei nur noch mit geringen variablen Kosten zu rechnen, sobald genügend Anlagen installiert und ökonomische und technische Antworten auf das Problem der fluktuierenden Einspeisung gefunden seien. Der Umbau könne die Chance bieten, weitere neue Märkte zu erschließen. Dies gelte sowohl für exportorientierte Industriebetriebe als auch für das Handwerk und weitere Dienstleister im Inland. Deutschland könne Leitmarkt für Innovationen im Energiesystem bleiben bzw. werden, wenn heimische Unternehmen Technik und Systeme erfolgreich anwenden, vorzeigen und exportieren würden. Doch lassen sich diese positiven Effekte nicht seriös quantifizieren oder prognostizieren. Die Frage, ob sich der Umbau des Energiesystems gesamtwirtschaftlich oder aufgrund technischer Innovationen „rechnet“, kann ex ante nicht beantwortet werden. Die Antwort hängt zu sehr von dem betrachteten Zeitraum (Jahre, Jahrzehnte, Generationen?) und dem zugrunde gelegten Rechenzins ab. Deshalb kann ein erhofftes positives gesamtwirtschaftliches Kalkül nicht als Rechtfertigung für die sog. „Energiewende“ und die massiven Interventionen des Staates herhalten. Der staatlich verordnete Umbau des Energiesystems lässt sich – wenn überhaupt – nur mit ökologischen Argumenten und in einer globalen Perspektive rechtfertigen. Eine planwirtschaftliche Industriepolitik à la française als Begründung des Umbaus der Energieversorgung ist abzulehnen. Viele der Ineffizienzen, die zu der Verteuerung beim Ausbau der erneuerbaren Energien geführt haben, lassen sich darauf zurückführen, dass Maßnahmen mit Neben- und Unterzielen überfrachtet werden, die für die effiziente Erreichung des eigentlichen Ziels nicht notwendig sind. Bei der Entscheidungsfindung in den einzelnen Handlungsfeldern müssen grundsätzliche Prinzipien feststehen, damit eine schlüssige und wettbewerbliche, zukünftige Marktordnung entstehen und bestehen kann.