Universität Kassel FB 06 – ASL WS 2010/2011 Seminar: Studienarbeit II. Betreuung: Prof. Dr.-Ing. Anton Maas Das Plus Energie Haus – Haus der Zukunft ? Torsten Strack Reginastrasse 8 34119 Kassel Tel. 0561/5035902 E-Mail: [email protected] Studiengang: Architektur 9. Fachsemester, Diplom 06.05.2011 2 Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 Standards bei Energiesparhäusern 5 Das Niedrig-Energie-Haus 6 Das 3-Liter-Haus 7 Das Passivhaus 8 Das Nullenergiehaus 10 Das Plus-Energie-Haus 12 Das Gebäudekonzept 13 Bauliche Maßnahmen 14 Photovoltaik und Gestaltung 16 Gesetzliche Rahmenbedingungen 20 Gesetze zur Energieeffizient von Gebäuden 20 Energetische Standards und Förderstufen 21 Fazit 23 Bibliographie 25 Darstellungsnachweis 26 3 Einleitung Es besteht wohl kein Zweifel - ökologische Nachhaltigkeit ist das Motto unserer Zeit. Nie gab es so viel Interesse an den ökologischen Folgen von Bauten wie heute. Aber was zeichnet zeitgenössisches Bauen heute aus? Unser Denken und Handeln hinsichtlich der vielschichtigen ökologischen und ökonomischen Probleme hat sich dahingehend relativiert, dass wir uns der planerischen Verantwortung für eine energetisch nachhaltige Gegenwart und Zukunft bewusst geworden sind. Gebäude zählen zu den größten Verbrauchern von natürlichen Ressourcen und sind für einen erheblichen Teil der Treibhausgasemissionen und deren Auswirkungen auf den Klimawandel verantwortlich. So verbrauchen in der EU Gebäude noch 40% der Gesamtenergie.1 Ich bin davon überzeugt, das in einer globalisierten und ökologisch wechselseitigen Welt, verantwortungsvolle Architektur unser Gesundheits- , Bildungs- und Komfortniveau erhalten und verbessern muss. Klar unter der Prämisse, den fossilen Energieverbrauch weitestgehend zu senken und damit zum Fortbestand einer nachhaltiger wirtschaftenden Gesellschaft beizutragen. Aus dieser Verantwortung heraus, sehe ich als angehender Architekt meine zukünftige Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bereich einer nachhaltigen Modernisierung und energetischen Ausgestaltung von Gebäuden. Ich erhoffe mir mit dieser Arbeit ein aktuelles Bild über die Möglichkeiten ökologischen Bauens zu machen, um mich konstruktiv auf einen zukunftsorientierten Gebäudeentwurf für meine Diplomarbeit vorzubereiten. Eckpfeiler sollen die verschiedenen ökologischen Gebäudekonzepte und deren Energiebilanz sein. Ist das Konzept des Plus-EnergieHauses in der Diskussion um die Schonung von Primärenergiequellen und der aktuell viel diskutierten Energiewende das Referenzhaus der Zukunft? Hier interessiert mich neben dem Betrieb des Gebäudes mit passiven Heiz- und Klimasystemen auch der Einfluss der verwendeten regenerativen Energieträger wie Photovoltaik auf Entwurf und Gestaltung von Architektur. Welche Methoden und Techniken sind dazu nötig? Welche Anforderungen gibt es durch Normen und gesetzliche Regelungen für Bestands- und Neubauten? 1 Vgl. Weglage, Andreas; Gramlich, Thomas; Pauls, Bernd; Pauls, Stefan; Schmelich, Ralf; Pwaliczek, Iris; Hg.: Wegelage, Andreas: Energieausweis – Das große Kompendium. Grundlagen – Erstellung -Haftung. 2., aktualisierte Auflage. Vieweg+Teubner: Wiesbaden 2008. S. 3. 4 Standards bei Energiesparhäusern Besonders für neu zu planende Gebäude stehen heute viele ausgereifte Konzepte des energieeffizienten Bauens aber auch Sanierens zur Verfügung. Solche Energiesparhäuser kommen mit weniger Energie aus, als der allgemeine Durchschnitt der Bestandsbauten. Im Zuge der technischen Entwicklung wurde eine Vielzahl verschiedener Energiestandards und Bezeichnungen von Gebäuden in der Bauwirtschaft eingeführt. Unterschiedlich novellierte Vorschriften und Normen, sowie weitere Zertifizierungs- und Qualitätssicherungsangebote dokumentieren das rasche Fortschreiten der verschiedenen Standards von Energiesparhäusern. In Deutschland wird der oft sehr frei definierte Begriff Energiesparhaus als Oberbegriff für verschiedene energetisch und ökologisch optimierte Gebäudetypologien benutzt. Es gibt anerkannte Standards wie z.B. die Förderstufen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV), die als Orientierungsgrößen von Mindestwerten gelten. Eine genaue Angabe der Energiewerte und deren Berechnungsgrundlage ist bei allen Energiesparhäusern ausschlaggebend. Oft sind einschlägige Bezeichnungen zwischen nationalen und internationalen Standards gleich aber in ihrer Berechnungsgrundlage unterschiedlich. 2 Ziel beim energiesparenden Bauen sollte die Verringerung des Energieeinsatzes und die damit verbundenen Umweltbelastung sein, ohne dabei den gewohnten Wohnkomfort zu beschränken. Man kann es als angemessen betrachten, die Qualität des energiesparenden Bauens direkt mit dem Grad der Zielerfüllung, also mit dem Heizenergieverbrauch messen. 3 zu Doch sich nach dem Heizenergieverbrauch zu richten, ist exemplarisch für frühe Energiesparkonzepte. Neuere Gebäudekonzepte verfolgen heute umfassendere Einsparprinzipien, welche sich, je nach ökologischen und ökonomischen Anspruch, in verschieden ambitionierten Gebäudetypologien etabliert haben. 4 2 Vgl. Linhardt, Achim: Energieeinsparverordnung für jedermann – Wie Hauseigentümer die Anforderungen konstengünstig erfüllen. DVA: München 2005. S. 10 ff. 3 Vgl. Feist, Wolfgang: Das Niedrigenergiehaus. 4. Auflage. C.F. Müller Verlag: Karlsruhe 1997. S. 1. 4 Vgl. EU-Palament: 22.04.2009. 1. Lesung: Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 5 Um den Klimawandel nachhaltig zu bekämpfen, will die EU bis 2020 die Treibhausgase um 20 Prozent senken. Zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden hat das Europäische Parlament eine novellierte Richtlinie verabschiedet. Alle Gebäude, die nach 2018 gebaut werden, sollen dabei ihre eigene Energie produzieren. Das Niedrig-Energie-Haus Beim Niedrig-Energie-Haus handelt es sich in erster Linie um einen Standard (einer rein funktionalen Anforderung) und nicht um eine Bauweise. Die geforderten niedrigen Energiekennwerte sind auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen, so erfolgt keine Festlegung etwa von k-Werten, Fensterflächenanteilen, A/V- Verhältnissen oder gar Baukonstruktionen und haustechnischen Einrichtungen. 5 Von einem Niedrig-Energie-Haus kann dann gesprochen werden, wenn ein Gebäude nach DIN EN 12831 maximal 70 kWh/(m²·a) Heizwärmebedarf nicht überschreitet. Im Zentrum des Niedrig-Energie-Haus-Standards steht die Minimierung der Wärmeverluste. Umgelegt auf den Quadratmeter Wohnfläche sollen so im Jahr nicht mehr als 7 Liter Heizöl oder 7 m³ Erdgas verbraucht werden. Beim Niedrig-EnergieHaus ist die Wärmedämmung optimiert, so dass wenig Heizenergie benötigt wird. Da sich der Stand der Technik soweit entwickelt hat, stellt ein Niedrig-EnergieHauses heute keinen höheren baulichen Aufwand mehr da, als der Bau eines konventionell errichteten Gebäudes. Mit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung (EnEV 2007) müssen heute alle Neubauten den Standard eines Niedrig-EnergieHauses erfüllen.6 Der niedrige Heizwärmebedarf gilt zwar gemeinhin als Hauptkriterium zur Definition des Niedrig-Energie-Standards, aber bei den dringend notwendigen Bemühungen um Klimaschutz durch Senkung von unnötigem Energieverbrauch hört der Einfluss des Faktors Nutzung nicht beim Thema Heizen auf. Ein stimmiges, umfassendes Niedrig-Energie-Konzept muss die Senkung der Verluste der Heizanlage, die 5 Vgl. Feist, W.: Das Niedrigenergiehaus. S. 1. 6 Vgl. Brück, Jürgen, Hg. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. : Neue Energiekonzepte – für Haus- und Wohnungsbesitzer. Beuth: Berlin, Wien, Zürich 2008. S. 37 f. 6 Optimierung der Warmwasserbereitung (evtl. mit Solaranlagen) und eine deutliche Effizienzsteigerung bei den Stromanwendungen für Haustechnik und Haushalt einbeziehen.7 8 Abbildung 1: Gebäudethermographie: vor und nach einer energetischen Sanierung. Das 3-Liter-Haus Bei Neubauten, oft aber für energetisch sanierte Gebäude wird die Energiebilanz Umgangssprachlich im Heizölverbrauch pro m² Wohnfläche beziffert, was zu Bezeichnungen wie: 2,3,4-Liter-Haus geführt hat. Häuser dieses Typs werden oft auch schon Niedrigst-Energie-Häuser genannt, was aber keine Normgröße ist. Die Berechnung des Energiebedarfes wird gemäß DIN EN V 4108-6 bzw. nach DIN EN 832 ermittelt. So werden Werte für den Energiebedarf von Pumpen, Reglern und Brennern mit einbezogen. Wenn die bauliche Ausführung einwandfrei ist, reduziert sich der bei einem sogenannten 3-Liter-Haus maximale Heizwärmebedarf gegenüber einem herkömmlichen Niedrig-Energie-Haus von jährlich 70 kWh/(m²·a) auf 30 kWh/(m²·a) Heizwärmebedarf, was in etwa 3 Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche entspricht.9 10 11 7 Vgl. Feist, W.: Das Niedrigenergiehaus. S. 1 f. 8 Vgl. Scharping, Heike – Heitmann, Gudrun – Michael, Klaus: Niedrigenergiehäuser in der Praxis. TÜV Rheinland: Köln 1997. S. 12 ff. 9 Vgl. Brück, J.: Neue Energiekonzepte. S. 39. 10 EN 832 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden - Berechnung des Heizenergiebedarfs - Wohngebäude. dt. DIN EN 832:2003-06 (Vorversion 1998-12). 11 Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamteffizienz von Gebäuden, engl. Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) 7 „Der Heizbedarf ist allgemein die Größe, welche thermische Energie zum Heizen notwendig ist. Für die bautechnischen Anwendungen steht speziell die Größe Heizenergiebedarf (EnEV: Qh HEB) zur Verfügung.“ „Der Primärenergiebedarf (EnEV: Qp) eines Systems umfasst zusätzlich zum eigentlichen Energiebedarf an einem Energieträger die Energiemenge, die durch vorgelagerte Prozessketten außerhalb der Systemgrenze bei der Gewinnung, Umwandlung und Verteilung des Energieträgers benötigt wird (Primärenergie). Er beschreibt die Energieeffizienz und den ressourcenschonenden Umgang der Energienutzung. Zur Ermittlung der Energiebilanz wird der entsprechende Energiebedarf unter Berücksichtigung der beteiligten Energieträger mit einem Primärenergiefaktor (PEF, fp genannt) multipliziert.“ Das Passivhaus Das Passivhaus ist heute der führende Standard beim energiesparenden Bauen. Etwa 30000 Wohneinheiten im Passivhausstandard existieren derzeit, davon etwa 18000 in Deutschland. Und es trägt seinen Namen zurecht. Es verfügt in der Regel über kein aktives Heiz- und Klimatisierungssystem. Im Vordergrund steht die passive Nutzung der Sonnenenergie durch einfallende Sonnenwärme, Abwärme von Haushaltsgeräten sowie die Körperwärme der Bewohner. Häuser in dieser Bauweise werden deshalb in ihrer solaren Ausrichtung mit großen Fensterfronten geplant (Südorientierung der Hauptfassaden ± 30°) und haben relativ wenig Öffnungen in Nordrichtung. Dabei spielt die Gebäudeform eine wichtige Rolle. Je kompakter das Haus geplant und gebaut wird, desto geringer werden seine Wärmeverluste ausfallen. Kleinere Gebäude weisen naturgemäß ein etwas ungünstigeres A/V-Verhältnis auf als größere. Generell sind Wände, Decken, Böden und Fenster in ihren Wärmedämmwerten optimal und mit einem automatischen Lüftungssystem kombiniert. Damit kann der Heizwärmebedarf über die Wärme der Abluft zurückgewonnen und zusammen mit der erforderlichen Frischluftmenge, der Raumluft zugeführt werden. Folglich muss auch eine konsequente Luftdichtheit des Gebäudes gegeben sein, um die im Innern vorhandene Wärme am unkontrollierten 8 Entweichen zu hindern. Falls die Luftdichtheit nicht erreicht wird, kann die installierte Wärmerückgewinnung den erforderlichen Wirkungsgrad auch nicht erreichen. Besonderes Augenmerk gilt hier Undichtigkeiten bei Bauteilen b.z.w. Bauteilanschlüssen. Die Luftdichtheit der Gebäudehülle wird mittels Druckverfahren, dem so genannten BlowerDoor-Test überprüft.12 Durch die Summe dieser Maßnahmen, benötigt ein Passivhaus lediglich 10% der Energie durchschnittlicher Altbauen. Die Energieeinsparung beim Heizen beträgt über 80% gegenüber den gesetzlich vorgeschriebenen Standards (EnEV 2009). Der Heizwärmebedarf liegt in unseren gemäßigten Breiten unter 15 kWh/(m²·a). Ein weiterer Unterschied zu anderen Energiesparhäusern ist die energetische Berechnungsgrundlage.13 Für Passivhäuser ist es das PHPP (Passivhaus Projektierungs Paket), in der aktuellen Fassung PHPP 2007. Damit ein Neubau als Passivhaus oder ein Bestandsgebäude zu einem Passivhaus saniert werden kann, müssen nicht nur spezielle Bauteile und Komponenten eingesetzt, sondern auch verschiedenste Randbedingungen eingehalten werden. Der Berechnungsnachweis beinhaltet insbesondere folgende Bereiche14: • Energiebezugsflächen und Wärmebrücken • U-Werte der Bauteile • Wärmeverluste gegen Erdreich • Qualitäten der Fenster mit den solaren Einträgen • Berücksichtigung von Verschattungselementen • Berücksichtigung der mechanischen Belüftung und Luftqualität • Heizwärmebedarf, Heizlast und Warmwassergewinnung • Sommerlicher Wärmeschutz, einschließlich Verschattung und Kühlung • Anlagentechnik • Strombedarf mit Haushaltsstrom • Hilfsströme zum Betrieb der Anlagen • interne Wärmegewinne • Primärenergiekennwert 12 Vgl. Krapmeier, Helmut - Drössler, Eckart: CEPHEUS – Wohnkompfort ohne Heizung. Springer: Wien, NewYork 2001. S. 18 f. 13 Vgl. ebd. S. 13 f. 14 Vgl. Friedl, Werner: Greenpassivhaus – das nachhaltige Passivhaus. In: Passivhaus Kompendium 2011, S. 40-41. Laible: Allensbach 2011. 9 Abbildung 2: Passivhaus im Vergleich zu Neubauten nach EnEv. Das Null-Energie-Haus Das Null-Energie-Haus ist eine Variante des Passivhauses, mit dem finalen Ziel ein energie-autarkes Gebäude zu schaffen. Als Null-Energie-Haus werden Gebäude bezeichnet, die rechnerisch in der jährlichen Bilanz keine externe Energie (Strom, Gas, Öl) beziehen. Der Null-Energie-Haus-Standard kommt also im Jahresmittel ohne Netto-Energiebezug von außen aus. Die benötigte Energie (Heizung, Warmwasser, Elektrizität) wird im bzw. am Haus selbst erzeugt. Dieser Standard sagt jedoch nichts über den Energiebedarf des Hauses selbst aus. Es existieren bereits einige sogenannte Null-Energie- oder Null-Emissionsgebäude, die Bilanzgrenzen von diesen sind aber nicht einheitlich definiert, so dass ein Vergleich schwierig ist. Einige Gebäude betrachten nur die Heizenergie, andere den gesamten Endenergieverbrauch (Wärme für Heizung und Warmwasser, Strom für Hilfsenergie und Haushalt). Um das Ziel Null-Emission-Gebäude zu erreichen, stehen grundsätzlich drei Mechanismen zur Verfügung: Vermeidung, Substitution 10 und Kompensation von Treibhausgas-Emissionen. 15 Voraussetzung für ein Null- Emission-Gebäude ist die weitgehende Ausschöpfung der Effizienzpotenziale, also die Vermeidung von Energiebedarf. Das Passivhaus-Konzept bietet hier eine solide Grundlage. Aber selbst wenn in allen baulichen Bereichen maximale Energieeffizienz erreicht würde, entstehen weiterhin nennenswerte Verbräuche mit Emissionen, die eine Substitution durch regenerative Energien bzw. Kompensation erforderlich machen, um die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen. 16 Abbildung 3: Mit der intelligenten Kombination erneuerbarer Energieträger und nachhaltiger Gebäudetechnik ist energie-autarkes Bauen möglich. 15 Vgl. Beitrag zu Null-Emissions- (Zero-Emission-)Häusern; Beitrag für die 13. Passivhaustagung, S. 6. 16 Vgl. ebd. S. 6 ff. 11 Das Plus-Energie-Haus Abbildung 4: Solarsiedlung am Schlierberg - mit Wohn- und Geschäftsgebäude "Sonnenschiff" in Plusenergie-Bauweise. Zu den Pionieren des Energieeffizienten Bauens in Deutschland zählt neben dem Gründer des Passivhaus Instituts und Vorreiter des Passivhausstandards Prof. Dr. Wolfgang Feist auch der Architekt Rolf Disch, der schon 1994 mit seinem Wohnhaus „Heliotrop“ bewiesen hat, dass Wohngebäude saubere Energieüberschüsse produzieren können. Mit der 1991-2006 erbauten Solar-Siedlung in Freiburg am Schlierberg, realisierte Disch ein auch städtebaulich interessantes Wohn-Kraftwerk. Ein weiteres exemplarisches Projekt ist das Plus-Energie-Haus des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für den Wettbewerb Solar Decathlon 2007. Es fand national und international ein breites Echo und gewann diverse Preise. Federführend für die technische Umsetzung waren Professor Manfred Hegger von der TU Darmstadt sowie das Entwicklerteam Gelber Pool. Mit dem Plus-Energie-Haus wirbt das BMVBS für eine zukunftsfähige Bauweise dessen Prototyp eines mobilen Ausstellungs- und Forschungsgebäudes, von 2009 bis 2011 deutschlandweit an verschiedenen Standorten ausgestellt wurde. 17 17 Alten, Petra, Hg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bauen für die Zukunft – Plus-Energie-Haus. BMVBS: Berin 2010. S. 4 f. 12 Abbildung 5: Plus-Energie-Haus des BMVBS. Das Gebäudekonzept Das Konzept eines Plus-Energie-Hauses (PEH) stellt in seiner Gesamtheit heute die Erkenntnisse aus drei Jahrzehnten energiesparenden Bauens und Forschens dar. Es vereint technische sowie organisatorische Innovation und produziert mehr Energie als es selbst verbraucht. Im wesentlichen stützt sich das PEH auf ein intelligentes Energiekonzept, das in der Summe seiner Maßnahmen den eigenen Energiebedarf deckt und darüber hinaus Überschüsse produzieren kann. Dabei nutzt das PEH die gleichen Leitsätze wie Passiv- bzw. Null-EmissionGebäude, nämlich Verbrauchs-Emissionen durch Vermeidung, Substitution und Kompensation zu begegnen. Die ganzheitliche und sinnvolle Kombination der einzelnen Systemgruppen ist dabei für ein optimiertes und innovatives Gesamtsystem sehr wichtig, so dass Bauteile und Gebäudetechnik integriert und somit Synergien genutzten werden können, die das Gesamtenergiekonzept positiv Abbildung 6: Grundlagen PEH Energiekonzept. 13 Abbildung 7: Primärenergie-Bedarfe von Gebäudekonzepten im Vergleich zum PEH. beeinflussen.18 Bauliche Maßnahmen Der Fakt eines erwirtschaftbaren Energieüberschusses macht das PEH durch die Summe bewährter und neuer Lösungen im Bereich der bauphysikalischen sowie der technischen Gebäudeausstattung so besonders und zeichnet das PEH heute als Innovation gegenüber anderen Gebäudetypologien aus. Es gibt nicht eine Maßnahme die ein PEH auszeichnet, sondern die Synergie verschiedener Methoden, Techniken und Materialien, die jeweils an Lage und funktionalen Anspruch des Gebäudes unterschiedlich kombiniert und verbaut sind. Die effiziente Ausgestaltung des Energiehaushalts (vgl. Abb. 6) ist der Kern jedes PEH-Konzepts. PEH werden nach den funktionalen Gesichtspunkten und Kriterien des Passivhaus-Standards ( PHPP) entworfen. Solare Wärmegewinne und Verschattung sind so zu jeder Jahreszeit sicher gestellt. Darüber hinaus kann thermische Speichermasse z.B. durch Latentwärmespeicher (PCM-Bauteile - phase 18 Vgl. Alten, Petra, Hg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bauen für die Zukunft – Plus-EnergieHaus. BMVBS: Berin 2010. S. 4 ff. 14 change materials) im Innenausbau oder in der Lüftung zeitversetzt reguliert werden.19 Auch im PEH ist die Verwendung von Lüftungstechnik ein integraler Bestandteil eines passiven Gebäudeprinzips und profitiert von den Erfahrungen und Entwicklungen des Passivhauses. Je nach Jahreszeit ist es möglich Gebäude mittels mechanischer Lüftungsklappen Stoß- und Quer zu lüften. Des weiteren erlaubt eine effiziente Wärmepumpe bei geschlossener Fassade die Wärmerückgewinnung, die den Innenraum so heizen oder kühlen kann. Ohne Energiezufuhr funktioniert dieses System aber nicht. Es benötigt Strom um das in der Wärmerückgewinnung genutzte Kühlmittel durch einen Kompressor zu verdichten und so das Gesamtsystem anzutreiben. Allerdings liefert eine Wärmepumpe je nach Typ und Größe der Anlage, für den Aufwand von einer Kilowattstunde an elektrischer Energie wenigstens drei bis fünf Kilowattstunden Wärmeenergie in das Heizsystem. Durch die Rückgewinnung des Energiegehalts der Abluft erreicht dieser Kreislauf eine hohe Energieeffizienz. 20 Eine weitere Möglichkeit Energieeinträge in und am Gebäuden zu gewinnen, könnte die Rückgewinnung von Bewegungsenergie sein. Etwa 100 Kilowattstunden an Wärme- und Bewegungsenergie erzeugt ein Mensch im Jahr - Energie, die bislang weitgehend ungenutzt bleibt. Druckempfindliche Platten und bewegte Elemente sollten in der Lage sein, die durch Bewohner, Nutzer oder Passanten ausgeübte Bewegungsenergie zu absorbieren und in elektrischen Strom umzuwandeln. Diese Technologie befindet sich momentan noch in der Entwicklung, verspricht aber für die Zukunft eine interessante Bereicherung nachhaltiger Gebäudekonzepte zu werden, besonders im öffentlichen und halb-öffentlichen Raum. 21 Mit zentral gesteuertem Lichteinfall und digitaler Beleuchtungstechnik, kann unter Verwendung von LED-Leuchtmitteln der Energieanteil für künstliche Beleuchtung drastisch reduziert werden. Eine weitere Bereicherung des Wohnkomforts bietet die Programmierung verschiedenster Lichtstimmungen im Innen- und Außenraum. Partielle Ausleuchtung ergänzt natürliches Licht je nach Bedarf, Ort und Zeit. Eine 19 Vgl. ebd. S. 15. 20 Vgl. ebd. S. 14. 21 Vgl. Kantara, John A. Energiespender Mensch -Das Kraftwerk in uns. In: 3Sat – hitec. 2011 15 konsequente Ausnutzung von natürlichem Licht kann durch die meist raumhohe Verglasungen der südgerichteten Fassaden erzielt werden. 22 Durch die Integration von Photovoltaikmodulen in die Gebäudehülle, werden verschiedene Arten Photovoltaik zur Stromerzeugung in Bauteilen und Anbauteilen genutzt. Leistungsstarke monokristalline Siliziumzellen (205 Wp/Modul) erzeugen auf einem optimal ausgerichteten Flachdach den Hauptertrag an Strom. Hier kann über eine mechanische Nachführung der PV-Module eine optimale Ausschöpfung des Strahlungseintrags erreicht werden. Des weiteren können monokristalline Siliziumzellen als transparente Elemente in Zwischenverglasung verbaut werden, um zusätzlich Gebäudefläche zur Stromerzeugung zu nutzen. Auf Fenstern und Verschattungselementen in der Vertikale sind Siliziumzellen in Dünnschichtbauweise eine auch konstruktive Alternative, um den Lasteintrag bei niedrigem Sonnenstand zu erhöhen.23 Photovoltaik und Gestaltung Ebenso wie die funktionalen Anforderung hinsichtlich der bauphysikalischen Notwendigkeiten zur Ausgestaltung von energetischen Gebäudekonzepten wie dem PEH, steht ein auch konstruktives Element als prägendes Gestaltungsmerkmal im Mittelpunkt jedes Passivhaus- bzw. PEH-Entwurfs. Das Solarmodul. Von einer rein kristallinen Technologie haben sich Solarzellen durch die Fortentwicklung der Dünnschichttechnologie zu flexibel einsetzbaren Gestaltungselementen entwickelt. Sie können heute in verschiedensten Formen, Farben und Größen produziert werden, bis hin zur transluzenten Dünnschichtmodulen, die für die bauliche Integration im sichtbaren Bereich interessant sind. Dünnschichtsolarzellen unterscheiden sich von herkömmlichen, kristallinen Solarzellen vor allem durch minimale Schichtdicken. Dünnschichtsolarzellen sind im Gegensatz zu kristallinen Siliziumzellen nicht einzeln erhältlich und das äußere Erscheinungsbild des Dünnsichtmoduls ist anders als bei kristallinen Modulen nicht additiv, sondern nahezu homogen. Bei der Dünnschichttechnologie wird in drei Materialgruppen 22 Vgl. Alten, Petra, Hg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bauen für die Zukunft – Plus-EnergieHaus. BMVBS: Berin 2010. S. 15. 23 Vgl. ebd. S. 10. 16 unterschieden: • amorphes Silizium (a-Si) • Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) oder Kupfer-Indium-Diselenid (CulnSe2), oder kurz CIS genannt. • Cadmium-Tellurid (CdTe) 24 Die Materialgruppen variieren in ihrem Wirkungsgrad, der durch die Flächengröße bestimmt wird, die benötigt wird, um eine bestimmte Leistung zu erreichen. Dabei weist der Verbindungshalbleiter CIS mit derzeit bis zu 13 Prozent die besten Eigenschaften auf, die durch eine Legierung mit Gallium (CI(G)S), Schwefel oder anderen Substanzen noch gesteigert werden können. Amorphes Silizium liegt bei max. neun Prozent. Dies bedeutet, man benötigt die ca. 1,4-fache Fläche amorphes Silizium, um dieselbe installierte Leistung wie bei CIS zu erreichen. Jede dieser Materialgruppen kann entweder auf starren oder flexiblen Trägermaterialien aufgebracht werden, was die Gestaltungsmöglichkeiten von PV-Flächen enorm erhöht.25 Abbildung 8: PV-Flächen Potenziale in der Gebäudehülle. 24 Vgl. Lüling, Claudia; et. al., Hg: Lüling, Claudia: Energizing Architecture – Design and Photovoltaics. Jovis: Berlin 2009. S. 76. 25 Vgl. ebd. S. 80 ff. 17 Abbildung 9: Gebogene, kristalline Module in Glas-Laminat-Ausführung Abbildung 10: Farbige Solarzellen durch Aufbringen unterschiedlicher Anti-Reflexschichten Abbildung 12: transperente CIS-Dünnschitmodule 18 Abbildung 11: transparente a-Si-Module Alternative Technologien wie organische Solarzellen (OPV) und Farbstoffsolarzellen gewinnen unter zunehmenden Kostendruck und der energiereichen Herstellung herkömmlicher Siliziumzellen zunehmend an Bedeutung. Diese Solarzellentechnologie erreicht heute einen maximalen Wirkungsgrad von sechs bis elf Prozent. Das ist weniger als momentan konventionelle Solarzellen leisten, dafür funktionieren beide alternativen Technologien besser bei wechselhaften und schwachen Lichtverhältnissen. Verbesserungen der Anwendbarkeit und Langlebigkeit müssen weiter entwickelt werden, doch aufgrund der geringen Fertigungskosten werden diese Alternativen zukünftig eine immer größere Rolle in der Verwendung von Solarzellen spielen. Es ist darüber hinaus möglich diese Technologie im Nanometerbereich mittels Siebdruckverfahren zu verarbeiten, was die konstruktiven Möglichkeiten zukünftiger Ausgestaltung von Plus-EenergieHäusern in völlig neue Dimension vorstoßen lassen wird. 26 Abbildung 13: organische Solarzellen (Konarka Power Plastic) 26 Vgl. Lüling, Claudia; et. al., Hg: Lüling, Claudia: Energizing Architecture – Design and Photovoltaics. Jovis: Berlin 2009. S. 94 ff. 19 Gesetzliche Rahmenbedingungen Die am 8. Juli 2010 in Kraft getretene EU-Gebäuderichtlinie sieht vor, dass ab Anfang 2021 der Energieverbrauch neuer Häuser gegen Null gehen soll und auch bereits bestehende Gebäude möglichst an die neuen Vorgaben angepasst werden. Die Mitgliedsländer der EU setzten diese Vorgaben in nationales Recht um. Gesetze zur Energieeffizient von Gebäuden Auf Grundlage des EU-Rechts regeln in Deutschland zwei maßgebliche Vorschriften den Bau und die Sanierung von Gebäuden. Energieeinsparg-Gesetz (EnEG): Es schreibt bindet vor, dass vermeidbare Energieverluste bei Neubauten unterbleiben müssen. Dieses Ziel gilt auch für Bestandsbauten, Nutzungsdauer mit mit der Einschränkung, berücksichtigt dass werden die muss, noch um den zu erwartende erforderlichen Aufwendungen die real zu erwartenden wirtschaftlichen Einsparungen gegenüber stellen zu können. Im einzelnen regelt das EnEG: • Energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden. • Energiesparender Betrieb von Anlagen. • Anforderungen an Bestandsbauten. • Energieausweise für Gebäude. • Überwachung und Busgeldvorschriften 27 Energieeinsparverordnung (EnEV): Beinhaltet die Maßnahmen zur Senkung des Energiebedarfs neu zu errichtender Gebäude und die Weiterentwicklung der energiesparrechtlichen Anforderungen an den Gebäudebestand. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Nachweises werden Anforderungen an zu errichtende Gebäude mit normalen und niedrigen Innentemparturen einschließlich ihrer Heizungs-, raumlufttechnischen und zur Warmwasserbereitung dienenden Anlagen 27 Vgl. Weglage, Andreas; et. al.; Hg.: Wegelage, Andreas: Energieausweis – Das große Kompendium . Grundlagen – Erstellung -Haftung. 2., aktualisierte Auflage. Vieweg+Teubner: Wiesbaden 2008. S. 5 f. 20 gestellt, genauso an bestehende Gebäude und ihre Anlagen. Die EnEV vereint in sich eine Summe geltender Normen und Vorschriften. Darunter z.B.: • Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden. • Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. • Energetische Bewertung von heiz- und raumlufttechnischen Anlagen. • Glas im Bauwesen. • Berechnungsverfahren für Bauteile.28 Die Energieeinsparverordnung löste die Wärmeschutzverordnung (WSchV) und die Heizungsanlagenverordnung (HeizAnlV) ab und fasste sie zusammen. Ihre erste Fassung trat am 1. Februar 2002 in Kraft, die zweite Fassung (EnEV 2004) 2004. Zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (2002/91/EG) wurde eine Neufassung erstellt, die seit dem 1. Oktober 2007 gültig ist. Die letzte Änderung ist am 1. Oktober 2009 in Kraft getreten. 29 Energetische Standards und Förderstufen Standard Heizwärmebedarf Qh unsaniertes Wohnhaus, Baujahr1960–1980 300 kWh/(m²·a) Durchschnitt Deutschland 2002 160 kWh/(m²·a) Primärenergiebedarf Q p Wärmeschutzverordnung ≤ 250 kWh/(m²·a) (WSVO 77) Wärmeschutzverordnung ≤ 150 kWh/(m²·a) (WSVO 82) Wärmeschutzverordnung ≤ 100 kWh/(m²·a) (WSVO 95) Niedrigenergiehaus (EnEV 2002) ≤ 70 kWh/(m²·a) KfW-60-Haus(EnEV 2004) ≤ 60 kWh/(m²·a) KfW-40-Haus(EnEV 2004) ≤ 40 kWh/(m²·a) 28 Vgl. ebd. S. 10 f. 29 Vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/Energieeinsparverordnung (28.04.2011) 21 Transmissionswärmeverluste H t Tilgungszuschuss KfW-Effizienzhaus 70 (EnEV 2007) ≤ 60 kWh/(m²·a) ≤ 70% Höchstwert EnEV 2007 KfW-Effizienzhaus 55 (EnEV 2007) ≤ 40 kWh/(m²·a) ≤ 55% Höchstwert EnEV 2007 KfW-Effizienzhaus 85 (EnEV 2009) ≤ 85% Höchstwert ≤ 100% Höchstwert EnEV 2009 (ca. 50 EnEV 2009 kWh/(m²·a)) KfW-Effizienzhaus 70 (EnEV 2009) ≤ 70% Höchstwert ≤ 85% Höchstwert EnEV 2009 EnEV 2009 KfW-Effizienzhaus 55 (EnEV 2009) ≤ 55% Höchstwert ≤ 70% Höchstwert EnEV 2009 EnEV 2009 5% KfW-Effizienzhaus 40 (EnEV 2009) ≤ 40% Höchstwert ≤ 55% Höchstwert EnEV 2009 EnEV 2009 10% Passivhaus (PHPP) ≤ 15 kWh/(m²·a) 1 ≤ 120 kWh/(m²·a) ² 5% 3 Für das Passivhaus gelten folgende Abweichungen: 1 Der Jahresheizwärmebedarf wird nach dem LEG/PHI-Verfahren auf die tatsächliche beheizte Fläche (Energiebezugsfläche) bilanziert (statt Gebäudenutzfläche). 2 Der Primärenergiebedarf wird nach dem PHI-Verfahren berechnet und enthält Heizung, Trinkwarmwasser und Haushaltsstrom. Der Primärenergiebedarf nach EnEV hingegen enthält nur die Heizung. 3 Um eine Förderung (5%) der KfW zu erhalten, muss beim Passivhaus zusätzlich zum Primärenergiebedarf nach PHPP ein nach EnEV 2009 berechneter Primärenergiebedarf ≤ 40 kWh/(m²·a) eingehalten werden. Im Rahmen des ersten Konjunkturpakets der Bundesregierung hat die KfW Förderbank ihre Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren seit Januar 2009 deutlich ausgeweitet. KfW-Effizienzhäuser nach EnEV 2009 können seit 1. Oktober 2009 beantragt werden. Der Tilgungszuschuss für KfW-Effizienzhaus 40 (EnEV 2009) beträgt für Neubauten aktuell 10% der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010). KfW-Effizienzhäuser 55 (nach EnEV 2009) können ab dem 1. Juli 2010 beantragt werden. Der Tilgungszuschuss beträgt aktuell 5% der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010). Die Förderung des KfW-Effizienzhaus-85-Standards, nach 22 EnEV 2009, wurde ab Juli 2010 für Neubauten eingestellt (gilt aber weiterhin für Sanierungen).30 31 Fazit Diese Arbeit entstand unter den bedrückenden Ereignissen der Erdbebenkatastrophe im März 2011 in Japan, wo eine verheerende Flutwelle große Teile der Infrastruktur zerstörte. Besonders sicher geglaubte Atomkraftwerke, setzen durch folgende Kernschmelzen große Landstriche sowie das Meer in der Präfektur Fukushima erheblicher Strahlung aus. Die katastrophalen Folgen für das dicht besiedelte Land sind heute noch gar nicht absehbar. In Deutschland hat dieser atomare GAU die Diskussion über einen rascheren Ausstieg aus der Kernenergie angestoßen und die Frage über alternative Energieversorgungskonzepte weiter forciert. Durch ein Moratorium für die ältesten deutschen AKW und mittels einer Ethikkommission soll über das zukünftige Energiekonzept Deutschlands beraten werden. Die Planung über den Ausbau regenerativer Energien als Hauptenergielieferant steht dabei im Mittelpunkt. Mit der sich abzeichnenden Energiewende steht meiner Meinung nach einer der größten Umwälzungen des Gesamtsystems seit dem Beginn des Industriezeithalters an. Aus den globalen Folgen des Klimawandels ergibt sich weiterhin die ökologische Notwendigkeit einer sukzessiven Substitution fossiler Energieträger wie Erdgas, Kohle und Erdöl. Energie-neutrales Bauen gewinnt dabei weltweit an Bedeutung. Die stufenweise Reduzierung des Energiebedarfes neuerer Gebäudetypen findet immer mehr Verbreitung. Mit dem Konzept des Plus-Energie-Hauses steht ein wegweisendes Konzept zur Verfügung, den durch den Bausektor verursachten Lasteintrag in das Ökosystem zu minimieren. Dies kann ein wichtiger Baustein in der Strategie zur Neuausrichtung nachhaltiger Strukturen sein. Fragen wie Nachverdichtung von urbanen Zentren, Verringerung des Individualverkehrs, Berücksichtigung von Wind und Vegetation im Bezug auf Gebäudetemperierung sollten ebenfalls wichtige planerische Ziele sein. Weiter erhoffe ich mir nicht nur eine 30 Vgl. www.de.wikipedia.org/wiki/Energiestandard (20.04.2011) 31 Vgl. www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Energieeffizient_Bauen (20.04.2011) 23 ehrliche Diskussion über die Länge der Restlaufzeiten sogenannter Grundlastkraftwerke, sondern auch über bestehende Versorgungsstrukturen. Durch die Steuermöglichkeiten des Internets, bestünde meiner Meinung nach schon heute die Möglichkeit Wasserkraft, großflächig Windkraft, regenerative Erdwärme, Energieträger Biomasse, (Sonnenstrahlung, usw.) in autarken Versorgungsgruppen (Wohnsiedlungen, Dörfer, Gewerbeparks, Kommunen oder auch Einzelhaushalte) zusammenzuschließen und so virtuellen Kraftwerke zu erzeugen. Zu Gunsten eines diversifizierten Netzausbaus, könnte damit die zentralistische Energieversorgung durch Großkraftwerke (Kohle, Erdöl und Kernkraft) reduziert werden. Ich bin der Überzeugung das die zentralisierte Primärenergieversorgung in ihrer heutigen Struktur keine Zukunft hat. Es wird sicherlich Widerstände gegen eine dezentralisierte Energieversorgung geben. Aber grade auf kommunaler Ebene sehe ich viel Potential für solche Versorgungsstrukturen, die eine nachhaltige Wertschöpfung durch regenerative Energieträger ermöglichen, und so defizitäre kommunale Strukturen zu entlasten könnte. Also eine Umverteilung von Marktanteilen eines Milliarden-Marktes. Bauliche Lösungen wie das Plus-Energie-Haus müssten gezielt in der Fläche und im städtebaulichen Kontext umgesetzt werden. Doch um umfassend und nachhaltig fossile Energieträger zu ersetzten, bedarf es auch der Frage über die mittelfristige Gewinnung der teils heute schon knapp gewordenen Ressourcen (z.B. Seltene Erden), die zum Bau der neuen Technik benötigt werden. Hier muss auch weiter an der Fertigungseffizienz technischer Lösungen und Anlagentechnik gearbeitet werden. Die Zukunft des Bauens hat sicherlich erst begonnen. Energiebewusstes Bauen ist keine Ideologie, sondern ein Gebot der Vernunft. Individuelle ökonomische Bedürfnisse und der globale Wunsch nach einem umweltverträglichen Leben sind nicht länger Gegensätzlich - sie bedingen sich heute und in Zukunft unausweichlich. Der Systemwechsel hin zu regenerativer Energieversorgung wird kommen und sie wird mittelfristig Wirklichkeit werden. Es ist an unserer Generation, als Architekten , Ingenieure und Planer diese Wirklichkeit gewissenhaft zu gestalten. 32 32 Vgl. Fechner, Carl-A. Die 4. Revolution – Energy Autonomy. FechnerMEDIA: 2010. 24 Bibliographie Alten, Petra, Hg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bauen für die Zukunft – Plus-Energie-Haus. BMVBS: Berin 2010. Brück, Jürgen, Hg. DIN Deutsches Institut für Normung e.V. : Neue Energiekonzepte – für Haus- und Wohnungsbesitzer. Beuth: Berlin, Wien, Zürich 2008. Feist, Wolfgang: Das Niedrigenergiehaus. 4. Auflage. C.F. Müller: Karlsruhe 1997. Friedl, Werner: Greenpassivhaus – das nachhaltige Passivhaus. In: Passivhaus Kompendium 2011, S. 40-41. Laible: Allensbach 2011. Guzowski, Mary: torwards zero energy architecture – new solar design. Laurence King: London 2010. Krapmeier, Helmut ; Drössler, Eckart: CEPHEUS – Wohnkompfort ohne Heizung. Springer: Wien, NewYork 2001. Linhardt, Achim: Energieeinsparverordnung für jedermann – Wie Hauseigentümer die Anforderungen konstengünstig erfüllen. DVA: München 2005. Lüling, Claudia; et. al., Hg: Lüling, Claudia: Energizing Architecture – Design and Photovoltaics. Jovis: Berlin 2009. Scharping, Heike ; Heitmann, Gudrun ; Michael, Klaus: Niedrigenergiehäuser in der Praxis. TÜV Rheinland: Köln 1997. Weglage, Andreas; Gramlich, Thomas; Pauls, Bernd; Pauls, Stefan; Schmelich, Ralf; Pwaliczek, Iris; Hg.: Wegelage, Andreas: Energieausweis – Das große Kompendium . Grundlagen – Erstellung -Haftung. 2., aktualisierte Auflage. Vieweg+Teubner: Wiesbaden 2008. Weitere Quellen Beitrag zu Null-Emissions- (Zero-Emission-)Häusern; Beitrag für die 13. Passivhaustagung. EU-Palament: 22.04.2009. 1. Lesung: Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden EN 832 Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden - Berechnung des Heizenergiebedarfs - Wohngebäude. dt. DIN EN 832:2003-06 (Vorversion 1998-12). www.de.wikipedia.org/wiki/Energiestandard (20.04.2011) 25 www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Energieeffizient_Bauen (20.04.2011) Film: Fechner, Carl-A. Die 4. Revolution – Energy Autonomy. FechnerMEDIA: 2010. Film: Kantara, John A. Energiespender Mensch - Das Kraftwerk in uns . In: 3Sat – hitec. 2011 Darstellungsnachweis Abbildung 1: www.wohnenregional.de (10.04.2011) Abbildung 2: www.architektur-friedl.de (10.04.2011) Abbildung 3: Guzowski, Mary: torwards zero energy architecture – new solar design. Laurence King: London 2010. S 41. Abbildung 4: www.akbw.de (30.03.2011) Abbildung 5: www.baunetz.de (20.04.2011) Abbildung 6: Alten, Petra, Hg. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Bauen für die Zukunft – Plus-Energie-Haus. BMVBS: Berin 2010. S. 12. Abbildung 7: ebd. S. 13. Abbildung 8: Lüling, Claudia; et. al., Hg: Lüling, Claudia: Energizing Architecture – Design and Photovoltaics. Jovis: Berlin 2009. S. 107. Abbildung 9: ebd. S. 73. Abbildung 10: ebd. S. 71. Abbildung 11: ebd. S. 86. Abbildung 12: ebd. S. 87. Abbildung 13: ebd. S 99. 26