Über die Vorberge des östlichen Hildesheimer Waldes

Werbung
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 1
Über die Vorberge des östlichen Hildesheimer Waldes
Ein Panoramaweg des Innerste-Berglands
Eine Wanderung des Hannoverschen Wander- und Gebirgsvereins (HWG), durchgeführt am
01.03.2014.
Start: Groß Düngen. Ziel: Emmerke. Streckenlänge: ca. 25 km.
Unfreundlich stellt sich der Monat März am Morgen seines ersten Tages vor: Grauer Himmel, dicke
Wolken, kalt und regnerisch. Wahrlich keine gute Aussichten für eine Wanderung. Auch die frühe
Treffzeit 07:30 Uhr lädt nur bedingt zum Wandern ein. Trotzdem, 25 Wanderfreunde haben sich
nicht davon abhalten lassen und finden sich am Wandertreffpunkt des HWG im Hannoverschen
Hauptbahnhof ein. Schließlich kann bei jedem Wetter gewandert werden; es soll ja kein schlechtes
Wetter, sondern nur schlechte Kleidung geben! – so der Volksmund. Der Hannoversche Wander- und
Gebirgsverein (HWG) bietet heute die Wanderung: „Über die Vorberge des östlichen Hildesheimer
Waldes“ an. Mit dem Zug um 07:48 Uhr geht es über Hildesheim nach Groß Düngen unserem Ausgangspunkt.
Wir verlassen Groß Düngen in Richtung Süden und werden auch gleich gefordert. Wir erklimmen eine
nicht sehr hohe, aber ausgeprägte Geländestufe (Abb. 1). Immerhin auf „traumhafte“ 140 m NN stehen wir jetzt. Die Anstrengung hat sich gelohnt, von unserer „Empore“ haben wir einen wunderschönen Blick über das Innerste-Bergland. Das Wetter spielt mit, es ist trocken geblieben. Nur die Fernsicht wird durch Dunst etwas gemindert.
Abbildung 1. Blick nach SE auf die markante Geländestufe des Obergs (ca. 140 NN).
Vor uns, in Richtung Norden, zu unseren Füßen, liegt die Ortschaft Groß Düngen. Die barocke Haube
der katholischen Kirche Cosmas & Damian, das Wahrzeichen des Ortes und markantes Orientierungsmerkmal, grüßt zu uns herauf.
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 2
Der Blick schweift über das breite Tal der Innerste und heftet sich fest an dem gegenüberliegenden,
bewaldeten Höhenzug des Knebelberges, sowie dessen westliche Fortsetzungen Spitzhut und Galgenberg. Weiter östlich folgt das Waldgebiet des Vorholzes. Drehen wir uns nach Südosten, so kommen die waldbestandenen Höhen des Turmbergs und die sich weiter südlich anschließenden Sauberge in unser Blickfeld. Letztere bilden morphologisch und geologisch die östliche Verlängerung des
Hildesheimer Waldes.
Direkt im Süden schließt sich eine weitere markante, höher gelegene Geländestufe an, der bewaldete
Steinberg (nicht zu verwechseln mit dem Steinberg bei Hildesheim).
Die „Geologische Wanderkarte Leinebergland“ verrät uns, dass die markante Geländestufe zu unseren Füßen aus hartem Rhätsandstein gebildet wird. Sie ist zudem Teil der nördlichen Flanke eines
Sattels, dessen Kern der Hildesheimer Wald bildet. Die Schichten sind in etwa nach Norden geneigt,
so dass in diese Richtung immer jüngere Gesteine folgen.
Das Landschaftsbild, welches sich so eindrucksvoll darbietet, ist das Ergebnis eines langandauernden
Zusammenspiels von Verwitterung, Gesteinsfestigkeit und Schichtlagerung: Harte Gesteine wurden
als Rippen herauspräpariert, die weichen Schichten dagegen ausgeräumt und bilden die heutigen
Täler und Verebnungsflächen. So besteht z. B. das Tal der Innerste aus weichen Jurasedimenten, die
bewaldeten Höhenzüge nördlich der Innerste dagegen aus harten Kalk- und Mergelsteinen des
Malms. Wir selber stehen auf einem Sandsteinhärtling des Oberen Keupers (Rhät), die Ursache unseres ersten Schweißausbruchs. Der sich südlich anschließende Steinberg wird aus dem noch älteren
Muschelkalk aufgebaut.
Bis Söhre folgt unser Weg im Großen und Ganzen der nordwestlich verlaufenden Rhätsandsteinstufe.
Sie tritt als Sonnenberg und - im weiteren Verlauf hinter dem Ort Söhre - als Mühlenberg geomorphologisch in Erscheinung.
Abbildung 2. Blickrichtung Norden. Die Schichtrippe des Sonnenberges ist wie der Oberg aus
Rhätsandstein aufgebaut (Foto W. E. 01.03.2014).
Kurz vor Söhre verlassen wir die Schichtrippe auf steilem Wege hangabwärts, treffen sie aber nach
Durchquerung des Ortes erneut an und folgen ihr - jetzt entlang ihres Fußes – in nordwestliche Rich-
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 3
tung. Linker Hand fließt die Beuster. Eine Weile begleiten wir sie noch bachaufwärts, verlieren sie
dann aber aus den Augen, da sich die Beuster mehr und mehr in eine Richtung senkrecht zum Verlauf
des Hildesheimer Waldes dreht. Ein Blick auf die topografische Karte lässt vermuten, dass die Steilstufe des Mühlenbergs die Ursache für die abrupte Richtungsänderung der Beuster ist und ihr nach
Austritt aus dem Hildesheimer Wald den direkten Weg (SW-NE) zur Innersten versperrt. So fließt die
Beuster zunächst in eine südöstliche Richtung, parallel zum Mühlenberg, ehe ihr dann bei Söhre der
Durchbruch zur Innersten gelingt.
Kurz vor der Gaststätte Heidekrug verlassen wir den Mühlenberg, da er nun in eine nördliche Richtung einschwenkt und im Weiteren als Steinberg (Namenswiederholung) die westliche Begrenzung
des Talkessels von Hildesheim bildet. Wir dagegen halten unseren nordwestlichen Kurs und laufen
auf den Heidekrug und das Kloster Marienburg zu.
Gegen Mittag erreichen wir die Bockwindmühle (Abb. 3) am Jugendwanderheim Marienrode. Ein
großer freier Holzschlagplatz mit Sitzgelegenheiten lädt zur Mittagspause ein. Von dunklen Wolken
ist inzwischen nichts mehr zu sehen. Die Sonne hat Fahrt aufgenommen und heizt uns inzwischen
kräftig ein. Wir geraten auch ohne Steigungen ins Schwitzen.
Abbildung 3. Die Bockwindmühle am Jugendwanderheim Marienrode, Hildesheim (Foto W. E. 24.02.2014).
Weiter geht’s zum nahe gelegenen Kloster Marienrode. 1125 gegründet als Augustiner-Chorherrenstift wurde es 1806 säkularisiert und verschiedenen Gutsbesitzern und Gutspächtern „zum Nießnutz“
auf Lebenszeit vergeben oder verpachtet. 1985 kaufte das Bistum Hildesheim die ehemalige Klosteranlage von der Klosterkammer Hannover zurück. Es erfolgte der Rückbau zu einem Kloster, in das
1988 Benediktinerinnen aus dem Kloster der Hl. Hildegard von Bingen einzogen.
Eine kulturelle Überraschung birgt eine kleine Grabstelle außerhalb der Klosteranlage. Eine steinerne
Informationstafel, rechts am Eingang angebracht, informiert, dass dies die Ruhestätte der vier Gräfinnen von Egloffstein ist: Die Mutter, Henriette Gräfin von Egloffstein, und ihre drei Töchter aus erster Ehe, Caroline, Julie und Auguste liegen hier begraben. Alle vier Frauen, künstlerisch hochbegabte
Persönlichkeiten, pflegten enge Beziehungen zu Goethe und dem Weimarer Hof. Wer hätte dies in
Marienrode vermutet?! Weiterführende Informationen über das Kloster, die Familie von Egloffstein
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 4
deren Beziehung zu Goethe finden sich in dem lesenswerten Buch „Klosterfahrten“ von Hans Werner
Dannowski1.
Wir verlassen die Klosteranlage Marienrode über den Baccenroder Stieg in nördliche Richtung und
laufen auf den Klingenberg zu. Bis zum Waldrand geht es zunächst sanft bergauf, ehe sich die Kuppe
des Klingenbergs in einer Versteilung des Geländes bemerkbar macht. Es sind die Kalksteine der Muschelkalkformation, die jetzt schweißtreibend wirken - übrigens die gleichen Gesteine, die auch den
Steinberg bei Groß Düngen aufbauen.
Ehe uns der Wald verschluckt, bietet sich im Rückblick noch einmal ein schönes Panoramabild des
Innerste-Berglands mit dem Kloster und der Ortschaft Marienrode sowie dem Hildesheimer Wald.
Abbildung 4. . Im Rückblick der Hildesheimer Wald mit der Klosteranlage Marienrode (Foto W. E. 24.02.2014).
Wir tauchen ein in den schattigen Wald des Lerchen-und Rottsberges. Auf breiten Forstwegen und
schmalen Pfaden durchwandern wir das Waldgebiet in Richtung Norden, vorbei an der vom Umland
aus weithin sichtbaren Wohnanlage von Neuhof und vorbei am Familien-Sportbund-Gelände Rottsberg. Erst am Gallberg öffnet sich der Wald erneut und gibt nun einen fantastischen Rundumblick auf
das nördliche Umland frei. Ein Schild (Abb. 5) informiert uns: Wir sind im Naturschutzgebiet Gallberg.
Dieser baum- und nahezu buschfreie Höhenzug gehört zum Flora-Fauna-Habitat-Gebiet „Haseder
Busch, Giesener Berge, Gallberg, Finkenberg“ und ist als artenreiches Halbtrockenrasengebiet u. a.
für seinen Orchideenbestand weithin bekannt. Allerdings wird dieser Artenreichtum nur durch einen
intensiven Einsatz von menschlichen und tierischen Landschaftspflegern (Abb. 6) aufrechterhalten.
Vor uns im Norden liegt der bewaldete Osterberg, an den sich östlich die Ortschaft Himmelsthür anschließt (Abb. 7). Wir erkennen die Grünlandfläche des ehemaligen Standortübungsplatze hinter
Himmelsthür und sehen in der Ferne die bewaldeten Giesener Berge. Der vor uns liegende Bergrücken ist praktisch die geologische Fortsetzung des Gallbergs und wie dieser aus Muschelkalk aufgebaut. Nur die Giesener Berge bestehen aus den noch älteren Gesteinen des Buntsandsteins.
1
Hans Werner Dannowski: Klosterfahrten. Zwischen Harz und Heide, Weser und Leine, Verlag Schlütersche
GmbH, ISBN 3-87706-696-8, Hannover, 2003.
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 5
Abbildung 6 Moderne Landschaftspfleger am Gallberg
(Foto: W. E. 01.03.2014)
Abbildung 5. Das Naturschutzgebiet Gallberg (Foto W. E.
24.02.2014)
Abbildung 7. Blickrichtung Norden: Osterberg, ehemaliger Standortübungsplatz und die Ortschaft
Himmelsthür (Foto W. E. 24.02.2014).
Im Osten, quasi zu unseren Füßen, schließt sich das Stadtgebiet Hildesheim an. Von unserem erhöhten Standpunkt wird auch deutlich, warum die Hildesheimer von ihrem Stadtgebiet als „Im Potte“
sprechen, bildet es doch eine Ausbuchtung der Bördelandschaft.
Imposant hebt sich die Andreaskirche aus dem Häusermeer hervor. Dagegen wirken Dom und die
Michaeliskirche unscheinbar und sind nur anhand ihrer grünen Bedachungen zu erkennen (Abb. 7).
Im Hintergrund tauchen der bewaldete Höhenzug des Galgenbergs und noch weiter hinten der Hö-
Über die Vorberge des Hildesheimer Waldes. Eine Wanderung des HWG am 01.03. 2014
Seite 6
henzug von Ottbergen auf. Richtung Nordosten verliert sich der Blick in der „öden Kultursteppe“ der
Hildesheimer Börde.
Abbildung 8. Blick nach SE auf Hildesheim. Dahinter der Galgenberg und der Höhenzug von Ottbergen
(Foto W. E. 24.02.2014).
Unmittelbar westlich vom Gallberg schließt sich der Finkenberg an. Wir erkennen Emmerke unser
ersehntes Wanderziel. Noch weiter westlich - im Hintergrund - taucht im Dunst der Höhenzug von
Nordstemmen mit der Marienburg auf. Auch der weiter entfernte Rücken des Osterwaldes ist noch
auszumachen.
Wir müssen nun weiter. Steil führt der Weg vom Gallberg hinunter nach Himmelsthür zur B 1. Gott
sei Dank gibt es nicht weit entfernt einen ampelgesicherten Übergang über diese verkehrsstarke
Straße. Ein weiterer Verkehrsstrang muss noch überquert werden: die Bahnstrecke Hannover-Hildesheim bzw. die ICE-Strecke Braunschweig-Hildesheim-Göttingen, dann können wir den Verkehr
und die Asphaltwege hinter uns lassen, und uns wieder auf naturbelassenen Wegen fortbewegen.
Auf einem Ackerrain am Rand eines Neubaugebietes von Himmelsthür, wandern wir zunächst nordwärts und biegen dann nach Osten ab in Richtung Osterberg. Auf schmalen Pfaden durchqueren wir
die Waldfläche. Eine kurze Rast gibt uns die nötige Energie auch die letzte Etappe bis Emmerke zu
überwinden. Gegen 15:00 erreichen wir schließlich die Bahnstation Emmerke, von wo uns die S-Bahn
um 15:13 pünktlich zurück nach Hannover bringt.
Hannover, den 12.03.2014
W. Erdtmann
Herunterladen