362 11 Sekundärstoffwechsel 11.2 Phenolische Verbindungen 11 Die Struktur zahlreicher pflanzlicher Sekundärmetaboliten lässt sich aus carbozyklischen Verbindungen ableiten. In höheren Pflanzen werden die meisten der dafür benötigten aromatischen Grundbausteine über den Shikimatweg synthetisiert. Aus Zwischenprodukten des Kohlenstoffmetabolismus entstehen so die Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan. Die Synthese der phenolischen Sekundärverbindungen geht hauptsächlich vom Phenylalanin aus. In einigen Ausnahmefällen kann jedoch auch Tyrosin das Ausgangsprodukt darstellen. Neben dem Shikimatweg existiert ein weiterer wichtiger Weg für die Synthese der Phenole: der Polyketidweg (Malonatweg). Über den Polyketidweg können auch Strukturen, die aus anderen Biosynthesewegen stammen, um weitere Molekülteile ergänzt werden. Dies ist z. B. der Fall bei der Flavonoidbiosynthese, bei der ein Molekül aus dem Phenylpropanstoffwechsel als Startermolekül dient (S. 368). 11.2.1 Synthesewege der Grundbausteine Ausgangsprodukt des Shikimatwegs sind zwei Zwischenprodukte der photosynthetischen Kohlenstofffixierung: Aus Erythrose-4-phosphat und Phosphoenolpyruvat entsteht Shikimat, welches dann über das Zwischenprodukt Chorismat in die Synthese der drei Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan eingeht (Abb. 11.1). Tiere sind im Gegensatz zu Pflanzen nicht zur Synthese dieser aromatischen Aminosäuren in der Lage und sind daher auf die Aufnahme dieser essentiellen Aminosäuren mit ihrer Nahrung angewiesen. n Das Breitbandherbizid Glyphosat, N-Phosphomethylglycin, ist eines der meistbenutzten Herbizide und Hauptbestandteil des unter dem Markennamen Round up vertriebenen Produktes. Es hemmt den letzten Schritt der Bildung von Chorismat, indem es die Struktur von PEP im Übergangszustand der Reaktion imitiert, und so einen kompetitiven Inhibitor der 3-Enolpyruvylshikimat-5-phosphat-Synthase (EPSP-Synthase) darstellt (Abb. 11.1). Dadurch kann in der behandelten Pflanze keine der aromatischen Aminosäuren Tryptophan, Phenylalanin und Tyrosin gebildet werden. Bei der Erzeugung herbizid- bzw. Glyphosat-resistenter Pflanzen wird ein Gen für eine gegen Glyphosat unempfindliche EPSP-Synthase übertragen (S. 522). m Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Das charakteristische Merkmal phenolischer Verbindungen sind die OHGruppen bzw. deren Derivate an den aromatischen Ringstrukturen. Ihre Synthese erfolgt über zwei Biosynthesewege: der Shikimatweg und der Polyketidweg. Der Shikimatweg liefert die drei aromatischen Aminosäuren, die Ausgangsstoffe für die Synthese zahlreicher phenolischer Sekundärverbindungen darstellen. Dazu gehören die Zimtsäure und ihre Derivate, aus denen sich die Flavonoide und Stilbene ableiten, und die Gerbstoffe. 363 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2 Phenolische Verbindungen 11 Abb. 11.1 Der Shikimatweg und seine Produkte, die Ausgangspunkte für die Synthese weiterer primärer und sekundärer Stoffwechselwege darstellen. Das Herbizid Glyphosat ist ein kompetitiver Inhibitor der EPSP-Synthase. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 11 Sekundärstoffwechsel Polyketide entstehen durch lineare Kondensation mehrerer Acetylreste (Abb. 11.6). Diese leiten sich vom Malonyl-CoA durch Decarboxylierung ab. Eine solche Reaktionssequenz findet man auch bei der Fettsäurebiosynthese ( Biochemie, Zellbiologie) und tatsächlich hängen beide Stoffwechselwege eng miteinander zusammen. Im Gegensatz zur Fettsäuresynthese bleiben bei der Polyketidsynthese aber Sauerstofffunktionen erhalten, weniger Acetylreste werden verknüpft und die resultierenden Polyketoverbindungen können dann zu aromatischen Strukturen zyklisieren. Polyketidsynthasen sind Multienzymkomplexe. Die große Strukturvielfalt der Polyketide kommt vor allem durch sekundäre Veränderungen der Sauerstoffatome zustande (Hydroxylierung, Chlorierung, Entfernung der Sauerstofffunktion). 11.2.2 11 Phenylpropanderivate Phenylpropanderivate werden vorwiegend aus Phenylalanin synthetisiert. Unter Abspaltung der Aminogruppe mit Hilfe der Phenylalanin-AmmoniumLyase (PAL) entsteht ein Benzolring mit einer C3-Seitenkette, die Zimtsäure (Abb. 11.2). Aufgrund dieser Struktur werden die auf diesem Weg entstandenen Produkte als Phenylpropanderivate zusammengefasst. Auch die Begriffe Phenolcarbonsäuren oder Zimtsäurederivate sind gebräuchlich. Die Phenylalanin-Ammonium-Lyase (PAL) ist das zentrale Schlüsselenzym bei der Regulation der Biosynthese der Phenylpropane. Die Aktivität dieses Enzyms entscheidet darüber, ob Phenylalanin in die Proteinsynthese oder in die Synthese der Phenole eingeht. In vielen Pflanzen existieren mehrere Isoen- Abb. 11.2 Die Strukturen der wichtigsten Zimtsäurederivate sowie die Umwandlung des Phenylalanins zur trans-Zimtsäure, katalysiert durch die Phenylalanin-AmmoniumLyase (PAL). Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 364 365 zyme der PAL, die zum Teil durch unterschiedliche Faktoren wie Temperatur, Licht oder Umsatz an Kohlenhydraten reguliert werden. Das charakteristische Merkmal phenolischer Verbindungen sind die OH-Gruppen bzw. deren Derivate an der aromatischen Ringstruktur. Die Hydroxylierung wird durch spezielle Enzyme katalysiert. In vielen Fällen finden noch spezifische Methylierungen der OH-Gruppen mit Hilfe von Methyltransferasen statt, sodass auf diesem Wege viele verschiedene Zimtsäurederivate entstehen (Abb. 11.2). Einige Phenylpropane sind die aromabestimmenden Komponenten einiger etherischer Öle, z. B. das Eugenol der Gewürznelke, das Anethol des Anis oder der Zimtaldehyd des Zimts. Zu den einfachen Phenolderivaten werden auch die Cumarine gezählt. Bekannt ist diese Substanzklasse durch den typischen Geruch von Waldmeister, Steinklee oder Heu beim Welken. Im intakten Gewebe wird trans-o-Cumarsäure als D-Glucosid vakuolär gespeichert. Durch Licht wird dieses in seine cis-Form isomerisiert. Kommt es durch eine Verletzung oder Trocknung zur Aufhebung der Kompartimentierung wird durch eine im Cytosol befindliche Glucosidase der Zuckerrest abgespalten. Die freiwerdende cis-o-Cumarsäure zyklisiert spontan unter Wasserabspaltung zu dem Bitterstoff Cumarin (Abb. 11.3). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2 Phenolische Verbindungen 11 Abb. 11.3 Biosynthese und Struktur von Cumarin. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 11 Sekundärstoffwechsel Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 366 11 Abb. 11.4 Lignin und seine Bausteine. a Bildung und Strukturen der Monolignole. b Ausschnitt aus der Struktur eines Ligninmoleküls. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 367 Lignine sind Bestandteile der Zellwände verschiedener pflanzlicher Zelltypen wie Sklerenchymfasern oder Tracheiden (S. 24). Durch ihre Struktur verleihen sie den Landpflanzen eine große mechanische Festigkeit und steigern die Resistenz gegenüber mikrobiellem Abbau. Bausteine für die Synthese des Lignins sind die Monolignole Sinapyl-, p-Cumaryl- und Coniferylalkohol. Dies sind Alkohole, die durch Reduktion der jeweiligen Zimtsäurederivate entstehen (Abb. 11.4a). Die Polymerisierung der Lignine erfolgt in der Zellwand mittels Peroxidasen. Diese bilden Radikale, die ungesättigte Strukturen weiterer Alkohole addieren. Die Radikalstruktur bleibt erhalten und in einer Kettenreaktion erfolgen weitere Additionen. Die entstehenden Polymere reagieren zusätzlich noch mit den Hydroxygruppen von Kohlenhydraten und bilden kovalente Bindungen zur Cellulose aus (Abb. 11.4b). Der Anteil der einzelnen Alkohole im Polymerisat ist abhängig von der jeweiligen Pflanzenart. Lignine weisen einen hohen Vernetzungsgrad auf. Eine ähnliche Verknüpfung von Monolignolen findet man bei den Suberinen und Cutinen, die beim Aufbau von hydrophoben Barrieren in Pflanzengeweben eine essentielle Rolle spielen. Zusätzlich sind hier die Makromoleküle mit langkettigen Fettsäuren verestert, wodurch ein gas- und wasserundurchlässiges Polymerisat entsteht. Der Anteil an Zimtsäurederivaten ist bei den Cutinen deutlich geringer als bei den Suberinen. Suberine sind Zellwandbestandteile, die man z. B. im Caspary-Streifen der Wurzelendodermis (S. 23) oder zwischen Mesophyll- und Bündelscheidezellen von C4-Pflanzen findet. Bei der Peridermund Borkenbildung sind sie ein wichtiger Bestandteil der Korkzellen (S. 63). Cutine sind strukturgebender Bestandteil der Cuticula und treten dort alternierend mit Wachsschichten in dünnen Lamellen auf (S. 21). Aus den Phenylpropanen können durch Verkürzen der C3-Kette um zwei Kohlenstoffeinheiten Benzoesäurederivate gebildet werden (Abb. 11.5). So entsteht z. B. Salicylsäure (o-Hydroxybenzoesäure), welche vermutlich als Signalsubstanz wirkt und beispielsweise bei Infektion an der Induktion der Biosynthese von Abwehrproteinen beteiligt ist. Salicylsäurederivate zählen zu den ältesten bekannten Schmerzmitteln. Ihren Namen verdanken sie der Entdeckung und erstmaligen Aufreinigung aus den Rinden von Weiden (Salix). Das Schmerzmittel Acetylsalicylsäure (ASS) ist ein synthetisches Derivat dieses Naturstoffs. Ein weiteres bekanntes Benzoesäurederivat ist das Vanillin, das als Geschmacks- und Aromastoff in vielfältiger Weise eingesetzt wird. Abb. 11.5 Die Benzoesäurederivate Salicylsäure und Vanillin. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2 Phenolische Verbindungen 11 11 Sekundärstoffwechsel 11.2.3 Flavonoide Diese umfangreiche Gruppe pflanzlicher Phenole enthält zahlreiche gelb gefärbte Verbindungen und hat daher ihren Namen erhalten (lat. flavus: gelb). Das Grundgerüst dieser Substanzen ist das Flavan (Abb. 11.6). Bei der Synthese der Flavonoide werden an einen Zimtsäureabkömmling auf dem Polyketidweg drei Acetatreste angelagert. Letztere entstehen unter Abspaltung von je einem CO2 aus drei Molekülen Malonyl-CoA. Das gebildete Chalcon wird anschließend zum Drei-Ringsystem des Flavanons zyklisiert. Das Phenylpropan-Startermolekül liefert den aromatischen Ring B und ist an dem Heterozyklus (C) beteiligt. Die Untergruppen der Flavonoide ergeben sich durch unterschiedliche Substitution an diesem Heterozyklus (Abb. 11.6). Die Bildung des Polyketids wird von der Chalcon-Synthase (CHS) katalysiert, dem Schlüsselenzym der Flavonoid-Biosynthese. In Pflanzen findet man zahlreiche verschiedene Isoenzyme, deren Genexpression einer vielfältigen Kontrolle unterliegt. Eine Induktion erfolgt beispielsweise durch Elicitoren oder Lichteinwirkung. Von dem enstehenden Chalconzwischenprodukt führt der Reaktionsweg zum Flavanon und von dort zu den verschiedenen Untergruppen wie den Flavonen, Flavonolen und den Isoflavonen. Auch die Biosynthese der Anthocyane verläuft über diesen Weg. Anschließend werden die Flavonoide glykosidiert, was ihre Wasserlöslichkeit stark erhöht und eine Kompartimentierung in der Vakuole ermöglicht. Variation der Hexose und der glykosidierten OH-Gruppe (Abb. 11.8a) hat eine enorme Stoffvielfalt zur Folge. In der Pflanze erfüllen die Flavonoide zahlreiche wichtige Aufgaben. In Gymnospermen und Angiospermen dienen Flavonoide neben Hydroxyzimtsäurederivaten nach Akkumulation in den Vakuolen der Epidermiszellen der UV-BAbschirmung (S. 476). Dementsprechend wird ihre Biosynthese durch Licht und UV-Strahlung induziert. Daneben gehören einige von ihnen zu den Phytoalexinen (Abb. 11.7). Flavonoide können auch als Signalmoleküle wirken. Fabaceenwurzeln geben eine Reihe verschiedener Flavonoide ab, die jeweils substanz- und artspezifisch bei Knöllchenbakterien die Expression der für die Knöllchenbildung notwendigen Gene bewirken (S. 294). Eine große Anzahl roter, blauer oder violetter Farbschattierungen in den Blütenblättern höherer Pflanzen sorgt für ein erfolgreiches Anlocken bestäubender Insekten. Diese Vielfalt beruht zumeist auf der Akkumulation von Anthocyanen in den Vakuolen von Blütenblättern. Dabei bestimmen zum einen Anzahl und Position der Hydroxylgruppen, zum anderen der Methylierungsgrad den Farbton (Abb. 11.8a). Allein das Vorkommen verschiedener Anthocyane in einer Vakuole kann also bereits zahllose Farbschattierungen hervorbringen. Jedoch beeinflussen auch andere Faktoren die farbige Ausgestaltung der Blütenblätter. So ist die Farbe der Anthocyane in starkem Maße pH-abhängig (Abb. 11.8c). Da jedoch der pH-Wert von Vakuolen selten Werte unter 3 erreicht, wird die Farbintensität und der Farbton in vivo meistens über die sogenannte Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11 368 369 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2 Phenolische Verbindungen 11 Abb. 11.6 Bildung eines Flavanons aus Cumaryl-CoA und Malonyl-CoA sowie Strukturen von Vertretern einzelner Flavonoidgruppen. Die Namen der beispielhaft gezeigten Verbindungen sind in Klammern angegeben. In gelb ist der aus dem Polyketidweg stammende Molekülteil dargestellt, in grün das Flavan-Grundgerüst. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 370 11 Sekundärstoffwechsel Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 11.7 Flavonoide als Phytoalexine. 11 Abb. 11.8 Anthocyane. a Grundgerüst und Positionen für ihre Glykosidierung sowie Substitutionsmuster und Farbton einiger verbreiteter Anthocyanidine, der Aglyka der Anthocyane. b Blütenstände von Hortensien (Hydrangea macrophylla), deren äußerste sterile Schaublüten durch Delphinidinglykoside gefärbte Kelchblätter tragen. Durch Zugabe von Alaun (Kaliumaluminiumsulfat) ins Gießwasser wurde in den rechten Blüten ein blaugefärbter Komplex aus 3-Delphinidin-Glucosid, Aluminium und 2 phenolischen Copigmenten erzeugt. c pH-Abhängigkeit der Anthocyanfarbe in einem wässrigen Extrakt von Blutbuchenblättern, dessen pH-Wert mit Hilfe eines Citratpuffers eingestellt wurde. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 371 Copigmentierung bestimmt. Dabei lagern sich z. B. andere Flavonoidmoleküle an das Anthocyan an und schützen das Flavylium-Ion vor dem Angriff von Wasser (intermolekulare Copigmentierung). Kovalent an das Anthocyan gebundene Phenole können ebenfalls, in diesem Falle intramolekulare, Copigmentierung hervorrufen. Durch jeweils unterschiedliche Copigmente werden entweder die roten Farbtöne stabilisiert oder auch blaue hervorgerufen. Darüber hinaus können Metallionen an oft blauen Anthocyanidin-FlavonoidKomplexen beteiligt sein. Solche Strukturen wurden unter anderem an den Blütenblättern der Kornblume (Centaurea cyanus) intensiv untersucht. Neben der farbigen Ausgestaltung der Blütenblätter und roter Früchte, wo sie der Ausbreitung dienende Tiere anlocken, kommt den Anthocyanen noch eine weitere wichtige Aufgabe zu. Wirkt ein Stressfaktor wie Kälte, Trockenheit oder starkes Licht auf die Pflanze ein, so färben sich oft die Blattgewebe rot. In den Vakuolen der Epidermis oder der oberen Zellen des Palisadenparenchyms akkumulieren Anthocyane und sorgen für eine Beschattung der Chloroplasten in den darunter liegenden Zellen. Durch abiotischen Stress kommt es häufig zu einer Verminderung der Aktivität der Enzyme des Calvin-Zyklus (S. 218). Es kann dann nicht mehr in ausreichendem Maße ADP und NADP+ für den photosynthetischen Elektronentransport regeneriert werden und die in die „Lichtreaktion“ eingespeiste Quantenenergie wird nicht mehr abgeführt. Elektronenstau und Überreduktion sind die Folge (S. 206). Durch die verstärkte Produktion von Anthocyanen gelangt weniger Lichtenergie an die Photosysteme, sodass diese besser vor Photoinhibition (S. 476) geschützt sind. 11.2.4 Stilbene Die Synthese der Stilbene geht von den gleichen Substraten aus wie die Produktion der Flavonoide. Auch diese Verbindungen entstehen auf dem Polyketidweg aus einem Zimtsäurederivat und 3 Molekülen Malonyl-CoA unter Decarboxylierung. Allerdings werden bei dieser Reaktion 4 Moleküle CO2 (Flavonoidbiosynthese: 3 CO2) frei. Es entsteht ein Diphenylethylen-Grundgerüst (Abb. 11.9). Die Stilben-Synthase wird im Cytosol einiger weniger Pflanzen gefunden (z. B. Wein, Erdnuss oder Fichte). Die Stilbene wirken stark fungizid. Daher sind sie Abb. 11.9 Das Stilben Resveratrol. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2 Phenolische Verbindungen 11 372 11 Sekundärstoffwechsel insbesondere für die Gentechnologie von Bedeutung: Transformationen von Genen der Stilbensynthese führen zu Resistenzen gegenüber Pilzbefall auch bei anderen Pflanzen, z. B. ist transgener Tabak mit dem Gen für das Phytoalexin Resveratrol aus Wein resistent gegen Botrytis cinerea. 11 Tannine (Gerbstoffe) Tannine (engl. to tan: gerben) sind pflanzliche Polyphenole, deren Phenolgruppen sehr fest an Aminogruppen von Proteinen binden. Die Verknüpfung kann durch Verdauungsenzyme nicht gespalten werden. Diese Eigenschaft macht man sich bei der Herstellung von Leder aus Tierhäuten zu Nutze. Die Gerbstoffe binden dabei an das Kollagen, sodass das Leder vor dem Abbau durch Mikroorganismen geschützt ist. In einigen Pflanzen (z. B. Quercus-, Picea-, Eucalyptus-Arten) sind die bitter schmeckenden Tannine in hohen Konzentrationen in Zellwänden von Rinden und Gallen eingelagert oder sie akkumulieren in speziellen Gerbstoffzellen. Wenn die Tannine durch Verletzung freigesetzt werden, binden sie an die pflanzlichen Proteine und machen sie so als Nahrungsquelle unbrauchbar. Außerdem führt die Bindung der Tannine an Proteine der Schleimhäute und des Speichels zu einem „Zusammenziehen des Mundes“ verbunden mit einem für Herbivoren unangenehmen Geschmack. Tannine werden in zwei Klassen unterteilt: hydrolysierbare und nicht hydrolysierbare (kondensierte) Tannine (Abb. 11.10). Hydrolysierbare Gerbstoffe sind glykosidierte Derivate der Gallussäure, einem Abkömmling des Shikimats. Dabei ist typischerweise ein Hexosemolekül mit zahlreichen Gallussäuremolekülen verestert (Gallotannine). Es kann zur Ausbildung sekundärer C-C Bindungen Abb. 11.10 Struktur hydrolysierbarer Tannine und ihres Monomers, der Gallussäure. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 11.2.5 11.3 Isoprenoide Verbindungen 373 Phenole: Carbozyklisch (Ringstruktur aus 6 C-Atomen, Benzol), aromatisch (ungesättigt, mit alternierenden Doppelbindungen), OH-Gruppe am Benzolring. Shikimatweg: Syntheseweg aromatischer Aminosäuren in höheren Pflanzen, Produkte sind für den tierischen Organismus essentiell. Benannt nach dem Zwischenprodukt Shikimat, das aus Erythrose-4-phosphat und Phosphoenolpyruvat entsteht. Polyketidweg: Syntheseweg für aromatische Grundbausteine in Pilzen und Flechten, Ringstrukturbildung durch lineare Kondensation von Malonyl-CoA und Decarboxylierung (Malonatweg), enger Zusammenhang mit der Fettsäuresynthese. Phenylalanin-Ammonium-Lyase (PAL): Schlüsselenzym bei der Synthese carbozyklischer Verbindungen, katalysiert nicht oxidative Desaminierung des Phenylalanins zur Zimtsäure, Isoenzyme, werden durch unterschiedliche Faktoren reguliert. Phenolcarbonsäuren: Phenylpropanderivate, Synonym zu Zimtsäurderivaten, einfachster Vertreter ist die trans-Zimtsäure. Lignine: Polymerisate aus Monolignolen, verholzen Zellwände, dienen der mechanischen Festigung. Steigern die Resistenz gegenüber mikrobiellem Abbau. Suberin: Fettsäureester mit polymerisierten Monolignolen, Korkstoff, hydrophober Zellwandbestandteil. Cutin: Fettsäureester mit polymerisierten Monolignolen, Bestandteil der Cuticula auf der Epidermis, geringerer Zimtsäureanteil als bei Suberinen. Flavonoide: Grundgerüst ist Flavan, wirken als Phytoalexine, Signalmoleküle oder Strahlungsschutz. Anthocyane: Mit Hexosen verknüpfte Flavonderivate (Anthocyanidin), im Zellsaft gelöste Farbstoffe. Farbe abhängig von verschiedenen weiteren Faktoren. Tannine: Polyphenole, deren Phenolgruppen sehr fest an Aminogruppen von Proteinen binden. – Hydrolysierbare Tannine: mit Gallussäure und deren Derivaten veresterte Zucker – Kondensierte (nicht hydrolysierbare) Tannine: Oligo- oder polymere Flavonoide, akkumulieren in Gerbstoffzellen, Rinden und Gallen, binden als Gerbstoffe an das Kollagen der Tierhäute (Herstellung von Leder). 11.3 Isoprenoide Verbindungen Isoprenoide Verbindungen haben sowohl als Pimär- als auch als Sekundärmetaboliten zahlreiche Aufgaben. Der chemische Grundbaustein ist eine C5Einheit, das Isopren. Entsprechend der Anzahl miteinander verknüpfter Isoprenreste lassen sich die isoprenoiden Verbindungen in Hemi-, Mono-, Sesqui-, Di-, Tri-, Tetra- und Polyterpene einteilen. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Munk, K.: Biologie - Botanik (ISBN 978-313-144851-4) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. benachbarter Gallussäurereste kommen; oligomere Derivate entstehen durch intermolekulare C–O–C-Bindungen. Kondensierte Tannine sind oligo- oder polymere Flavonoide. Sie werden auch als Proanthocyanidine bezeichnet, da sie in Gegenwart von Säuren in Anthocyanidine zerfallen. 11