Geschichte des Humanexperiments und seiner forschungsethischen

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Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin
Institut für. Ethik und Geschichte der Medizin
Seminarangebote SoSe 2015
Bitte entscheiden Sie sich für die Teilnahme an einem Seminar. Tragen sich mehr als 20
Personen für ein Seminar ein, werden unter allen Angemeldeten 20 Teilnehmer ausgelost.
Bitte besorgen Sie sich ein Skript v o r dem 1. Termin in der Humboldtallee 36
Thema 1:
Geschichte des Humanexperiments und seiner
forschungsethischen Regulierung
Dr. Katharina Beier
Versuche am Menschen sind eine wesentliche Voraussetzung für neue Erkenntnisse in der Medizin.
Medizinische Techniken oder Arzneimittel werden gewöhnlich nur zugelassen, sofern sie vorab in
Form von standardisierten, kontrollierten Versuchen an menschlichen Probanden getestet wurden.
Dabei steht der Aussicht auf neue Erkenntnisse und künftigen Nutzen die mögliche Belastung oder
Gefährdung der Versuchspersonen gegenüber. Auch mit Blick auf die spannungsvolle Doppelrolle
des Arztes bzw. Forschers ergeben sich ethische Herausforderungen. Heute begegnen wir diesen
forschungsethischen Grundkonflikten mit Regularien, welche u.a. die Informiertheit und freiwillige
Zustimmung der Probanden sowie die Begutachtung durch eine Forschungsethikkommission
vorsehen. Historisch sind diese Regeln in erster Linie aus der Auseinandersetzung mit
missbräuchlichen Menschenexperimenten im 20. Jahrhundert hervorgegangen.
In diesem Seminar wollen wir uns mit der Entwicklung des Humanexperiments und seiner ethischen
Regulierung seit dem 19. Jahrhundert befassen. Anhand der Lektüre einschlägiger Quellentexte und
Forschungsliteratur sollen u.a. das Selbstverständnis medizinischer Forschung und die mit ihr
einhergehenden Kontroversen beleuchtet werden. Darin liegt ein wichtiger Schlüssel, um zu
verstehen, warum erste Regulierungsversuche unter Ärzten umstritten waren und die
menschenverachtenden Experimente mit KZ-Insassen und Internierten psychiatrischer Anstalten im
Nationalsozialismus nicht verhindern konnten. Dabei muss es auch um die Frage gehen, wie es im
Rahmen der Medizin, die doch dem Wohl des Patienten verpflichtet ist, zu derartigen Verfehlungen
kommen konnte. Die nach 1945 entstandenen forschungsethischen Regularien markieren zwar eine
wichtige moralische Zäsur, haben sich innerhalb der medizinischen Forschungspraxis aber nur
äußerst langsam durchgesetzt. So wurde z.B. die Tuskegee-Syphilis-Studie in den USA von 1932 bis
1972 ohne Rücksicht auf die Selbstbestimmung und das Wohlergehen der Versuchspersonen
durchgeführt.
Ziel des Kurses ist es, einen Einblick in die kontroverse Geschichte des Humanexperiments zu
vermitteln, historische und aktuelle Entwicklungen zu diskutieren sowie die eigene Forschungspraxis
zu reflektieren. Er gliedert sich in vier Sitzungen, die aus Diskussionen auf der Basis gemeinsamer
Textlektüre und Gruppenarbeit bestehen. In drei Sitzungen ist zudem ein Kurzreferat vonseiten der
Teilnehmer vorgesehen. Nach dem Seminar ist eine Hausarbeit zu einem vorgegebenen Thema
abzufassen. Es wird erwartet, dass die Teilnehmer den Reader vor Beginn abholen und die erste
Sitzung vorbereiten.
Die Texte werden als Reader vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin bereitgestellt. Studierende müssen sich diesen Reader dort vor der 1. Sitzung besorgen. Die im
Reader für die 1. Sitzung angegebenen Texte sind bitte bereits vor der 1. Sitzung
vorzubereiten, da sie als gemeinsame Grundlage für die Diskussion dienen.
Querschnittsfach Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin
Institut für. Ethik und Geschichte der Medizin
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Bitte entscheiden Sie sich für die Teilnahme an einem Seminar. Tragen sich mehr als 20
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Thema 2: Der Lebensbegriff in der modernen Medizin
Dr. Mark Schweda
Die moderne Medizin greift tief in unser Verständnis des Lebens ein: Die synthetische Biologie erklärt,
über den „Bauplan“ des Lebendigen zu verfügen und Lebewesen im Labor „konstruieren“ zu können.
Die Reproduktionsmedizin verändert unseren Blick auf den Beginn des menschlichen Lebens und
macht Fortpflanzung zu einem im Hinblick auf Partner, Zeitpunkt und „Ergebnisse“ planbaren
Vorgang. Die genetische Diagnostik erzeugt Informationen von oft unklarer prognostischer Tragweite,
die in die eigene Lebens- und Familienplanung einbezogen werden. Die Anti-Ageing-Medizin schickt
sich an, die vermeintlich natürliche Verlaufsstruktur und Spanne des menschlichen Lebens aufzuheben
und die zeitlichen Parameter unserer Lebensgestaltung radikal zu verschieben. In der Intensivmedizin
schließlich verwischt sich das traditionelle Bild des Strebeprozesses, was Anlass zum Nachdenken über
die Definitionen von Leben und Tod gibt.
Diese Entwicklungen werfen eine Reihe grundsätzlicher Fragen auf: Was ist überhaupt Leben? Wo
fängt es an, wo hört es auf? Was bestimmt unseren Umgang mit dem Leben, sowohl im Blick auf
Lebendiges im Allgemeinen als auch auf die eigene Lebensführung? Und welche Bedeutung kommt
dabei der Biomedizin zu? Das Seminar soll diesen Fragen auf der Grundlage medizinhistorischer
und medizintheoretischer Fachtexte nachgehen. Es gliedert sich in vier Sitzungen, die aus
Diskussionen auf der Basis gemeinsamer Textlektüre und Gruppenarbeit bestehen. Diskutiert
werden vor allem der Anfang des menschlichen Lebens im Kontext der Embryonenforschung und
Reproduktionsmedizin, die zeitliche Erstreckung und Verlaufsstruktur des Lebens im Hinblick auf
Anti-Aging-Medizin und radikale Lebensverlängerung und schließlich das Ende menschlichen
Lebens im Horizont der Hirntoddebatte in der Transplantationsmedizin. In drei Sitzungen ist
zudem ein Kurzreferat vonseiten der Teilnehmer vorgesehen. Nach Abschluss des Seminares ist
eine Hausarbeit zu einem vorgegebenen Thema abzufassen. Es wird erwartet, dass die Teilnehmer
den Reader vor Beginn der ersten Veranstaltung abholen und die erste Sitzung vorbereiten.
Die Texte werden als Reader vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin bereitgestellt. Studierende müssen sich diesen Reader dort vor der 1. Sitzung besorgen. Die im
Reader für die 1. Sitzung angegebenen Texte sind bitte bereits vor der 1. Sitzung
vorzubereiten, da sie als gemeinsame Grundlage für die Diskussion dienen.
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Thema 3:
Medizin im Nationalsozialismus:
Historische Perspektiven und ethische Reflexion
Dr. Matthis Krischel
In der „Nürnberger Erklärung“ des Bundesärztetags von 2012 bat die Bundesärztekammer
erstmals im Namen der gesamten Ärzteschaft die Opfer der Medizinverbrechen des
Nationalsozialismus um Verzeihung. Damit verbunden war das öffentliche Eingeständnis, dass es
sich dabei nicht nur um das moralische Versagen einzelner Ärzte, sondern um Vergehen einer
ganzen Berufsgruppe, ihrer Repräsentanten und ihrer Fachgesellschaften gehandelt hatte.
Das Ausmaß der Verbrechen ist seit den 1940er Jahren bekannt. Es schließt die Vertreibung
jüdischer und „politisch missliebiger“ Kolleginnen und Kollegen, die Zwangssterilisation von mehr
als 360.000 Personen im Rahmen des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, Morde
an mehr als 200.000 v.a. psychiatrischen Patienten und grausame Humanexperimente ohne die
Einwilligung der Forschungssubjekte ein. Trotzdem dauerte es bis in die 1980er Jahre, bis die
medizinhistorische Forschung dieses dunkle Kapitel detailliert bearbeitete. Grund hierfür war nicht
zuletzt ein Generationenwechsel in der Ärzteschaft selbst.
In diesem Seminar sollen ausgewählte Aspekte der Medizin im Nationalsozialismus aus historischer
Perspektive betrachtet und nach dem Potential ihrer ethischen Reflexion für die Medizin heute
gefragt werden. Das Seminar gliedert sich in vier Sitzungen zu je 90 Minuten, die aus
Dozentenvorträgen, Kurzreferaten und Diskussionen auf der Basis gemeinsamer Lektüre bestehen.
Es sind folgende Themen vorgesehen:
1. (Selbst-)Gleichschaltung der organisierten Ärzteschaft; Diskriminierung und Vertreibung
jüdischer und „politisch missliebiger“ Ärztinnen und Ärzte
2. Eugenik in Deutschland und in internationaler Perspektive; Zwangssterilisation
3. Patientenmorde im Rahmen der „Euthanasie“; Medizinische Praxis und Humanexperimente in
den Konzentrationslagern
4. Medizinethik im Nationalsozialismus; der Nürnberger Ärzteprozess und seine Folgen;
Aufarbeitung der Medizinverbrechen in Nachkriegsdeutschland
Zu verschiedenen Teilaspekten sind studentische Kurzreferate vorgesehen. Das Seminar schließt
mit einer Hausarbeit zu einem der Themen ab. Es wird erwartet, dass die Teilnehmer den Reader
vor der ersten Sitzung abholen und die erste Sitzung vorbereiten.
Die Texte werden als Reader vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin bereitgestellt. Studierende müssen sich diesen Reader dort vor der 1. Sitzung besorgen. Die im
Reader für die 1. Sitzung angegebenen Texte sind bitte bereits vor der 1. Sitzung
vorzubereiten, da sie als gemeinsame Grundlage für die Diskussion dienen.
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