Felty-Syndrom und T-LGL-Leukämie bei

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Übersichtsarbeit 157
Felty-Syndrom und T-LGL-Leukämie bei Rheumatoider
Arthritis. Wann muss man daran denken?
Felty’s Syndrome and T-LGL Leukaemia in Patients with Rheumatoid Arthritis.
When to Think About it?
Autoren
E. C. Scharbatke1, L. Junker1, O. Gadeholt1, H.-P. Tony1, M. Schmalzing2
Institute
1
Schlüsselwörter
▶LGL-Leukämie
●
▶ Rheumatoide Arthritis
●
▶Neutropenie
●
▶Felty-Syndrom
●
▶Biologikatherapie
●
Zusammenfassung
Abstract
Blutbildveränderungen sind häufige Komplika­
tionen bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis
(RA). Eine seltene, aber relevante Differenzialdiagnose vor allem anhaltender Neutropenien sind
niedrig maligne T-LGL-Leukämien. Nachfolgend
sollen Diagnose und Therapie dieser Erkrankung
sowie mögliche Zusammenhänge mit dem bereits 1924 beschriebenen Felty-Syndrom beleuchtet werden. Zur Diagnose sind neben der
Anamnese und bildgebenden Verfahren eine antikörpergestützte Durchflusszytometrie und
eventuell molekularbiologische Verfahren notwendig. Therapeutisch stehen diverse konventionelle immunsuppressive Basistherapeutika zur
Verfügung, von denen MTX in niedriger Dosis der
Goldstandard ist. Die Rolle der Biologika ist hingegen noch nicht ausreichend erforscht.
Blood count changes are common complications
in patients with rheumatoid arthritis (RA).
Low-malignant T-large granular lymphocyte leukaemia (T-LGL leukaemia) is a rare, but relevant
differential diagnosis of neutropenia, especially
persistent neutropenia, in RA patients. This article illustrates the diagnosis and treatment of LGL
leukaemia and elucidates possible connections to
Felty’s syndrome, which was first described in
1924. The diagnosis is based on the patient’s history, imaging techniques, fluorescence-activated
cell sorting and, in some cases, molecular biological techniques. Several conventional disease-modifying antirheumatic drugs are available
for treatment today, with low-dose MTX being
the gold standard. The role of biologics in this
context is not sufficiently understood to date.
Abteilung für Rheumatologie und klinische Immunologie, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
Zentrum für Innere Medizin, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg
▼
Abkürzungen
▼
ANA
ACPA
B-CLL
Bibliografie
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0035-1569281
Akt Rheumatol 2016; 41:
157–161 © Georg Thieme
Verlag KG Stuttgart · New York
ISSN 0341-051X
Korrespondenzadresse
Dr. Eva Christina ­Scharbatke
Abteilung für Rheumatologie
und klinische Immunologie
Universitätsklinikum Würzburg
Oberdürrbacherstraße 6
97080 Würzburg
Tel.: + 49/931/20140 100
Fax: + 49/931/201640 100
[email protected]
CD
CMV
CsA
CVID
DMARDs
EBV
FACS
HIV
HTLV1
MTX
OPSI
antinukleäre Antikörper
anti citrullinated protein
­antibodies
chronische B-Zell-Leukämie/B-chronic lymphatic
leukemia
cluster of differenciation
Cytomegalievirus
Ciclosporin A
common variable immuno­
deficiency
disease modifying anti-­
rheumatic drugs
Epstein-Barr-Virus
fluorescence activated cell
­sorting
Humanes Immundefizienz-Virus
humanes T-Zell-LeukämievirusI
Methotrexat
overwhelming post-splen­ec­
▼
tomy infection
polymerase chain reaction
Rheumatoide Arthritis
Systemischer Lupus
­erythematodes
T-LGL-Leukämie T-Large granular lymphocyte
Leukämie
TNF
Tumor-nekrose-Faktor
PCR
RA
SLE
Einleitung
▼
Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist eine schwere,
systemische Autoimmunerkrankung mit einer
Prävalenz von etwa 1 % in Deutschland. Sie führt
zu Gelenkzerstörung, Schmerzen, Funktionsverlust und erhöhter Mortalität und ist mit hohen
volkswirtschaftlichen Kosten verbunden.
Diagnostik und Therapiemöglichkeiten der
Rheumatoiden Arthritis haben sich in den vergangenen 2 Jahrzehnten rasant entwickelt. Während die Erkrankung bis vor wenigen Jahren re-
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Key words
▶LGL-leukemia
●
▶ rheumatoid arthritis
●
▶neutropenia
●
▶ felty’s syndrome
●
▶biologics
●
2
Klonale T-Zellen und T-LGL-Leukämie
▼
1977 wurde erstmals ein Syndrom beschrieben, das mit einem
erhöhten Anteil peripher zirkulierender klonaler T-LGL-Zellen
(aktivierte, zytotoxische T-Zellen mit einem T-NK-Zellphänotyp)
sowie Neutropenie einhergeht [1]. Auch eine Thrombopenie
oder Anämie sowie Splenomegalie sind mögliche Folgen. Die
Zellen können sowohl klassische large granular lymphocytes der
T-Zell-Reihe (T-LGL-Zellen) sein, die CD3 positiv sind, als auch
NK-Zellen ähneln. T-LGL-Leukämien sind seltene, zumeist benigne verlaufende hämatologische Neoplasien. Die Diagnose erfolgt klassischerweise mittels Durchflusszytometrie/FACS. Der
typische Immunphänotyp einer T-LGL-Leukämie ist CD3 + ,
CD8 + , CD57 + , CD56 + (Bildtafel 1). Aber auch einige andere Varianten sind beschrieben. Gelegentlich tragen die T-Zellen den im
normalen Blut seltenen Gamma-Delta-T-Zell-Rezeptor (Bildtafel 2).
Es gibt keine bekannte Geschlechtsprädilektion. Der Inzidenzgipfel liegt um das 60. Lebensjahr, die Erkrankung kann jedoch
in jedem Lebensalter auftreten. Es gibt keine Angaben zur Häufigkeit von T-LGL-Leukämien bei Patienten mit einem unauffälligen Differenzialblutbild.
Das Krankheitsbild ist unscharf definiert, da einerseits rheumatologische und hämatologische Publikationen nicht deckungsgleich sind und da zweitens in den vergangenen Jahren
neue Nachweismethoden wie die FACS-Diagnostik von Blut und
Knochenmark, die Immunhistochemie und die PCR des
T-Zell-Rezeptors die reine lichtmikroskopische Untersuchung
des Blutes abgelöst haben und den Nachweis auch kleiner klonaler T-Zell-Populationen erlauben [2].
T-LGLs wachsen im Knochenmark klassischerweise nicht verdrängend und können daher in der lichtmikroskopischen Diagnostik übersehen werden. Zur Diagnose sind immunhistochemische Zusatzuntersuchungen oder die antikörpergestützte
Durchflusszytometrie (FACS) unerlässlich. Üblicherweise kann
die Diagnose sowohl aus dem Knochenmark als auch aus dem
Blut erfolgen; eine Knochenmarkbiopsie erlaubt jedoch auch die
Diagnose, bzw. den Ausschluss anderer hämatologischer Neoplasien oder knochenmarkinfiltrierender Prozesse, sodass häufig nicht darauf verzichtet werden kann. Anders als bei den
meisten anderen niedrig-malignen Lymphomen korreliert der
Infiltrationsgrad des Knochenmarks bei der T-LGL-Leukämie
nicht mit dem Grad der peripheren Zytopenie.
Eine der größten Kohorten mit T-LGL-Leukämie-Patienten
stammt aus einem französischen Register [3], das von 1999 bis
2007 insgesamt 229 Patienten eingeschlossen hat. Die Patienten
in diesem Register wurden in hämatologischen Abteilungen aufgrund von Symptomen wie Zytopenien, Splenomegalie, Infektneigung untersucht. Etwa die Hälfte der bis heute publizierten
Patienten leidet an rekurrierenden Infektionen. Die meisten Patienten sind neutropen. Die Neutropenie scheint multifaktoriell
bedingt zu sein. Neben direkten zytotoxischen Effekten der
LGL-Zellen spielen parakrine Mechanismen im Knochenmark,
Autoantikörper gegen Granulozyten und verstärkte Elimination
in der Milz eine Rolle.
T-LGL-Leukämien sind häufig mit Immunerkrankungen assoziiert und ein Drittel der Patienten zeigt Symptome einer Rheumatoiden Arthritis oder wurde sogar mit einer solchen diagnostiziert. Diese sehr hohe Koinzidenz beider Erkrankungen legt
einen Zusammenhang nahe. Wie häufig sich klonale T-Zellen –
und insbesondere eine subklinische T-LGL-Leukämie – bei
Patienten mit Rheumatoider Arthritis nachweisen lassen, ist
­
letztlich unklar. Auch Assoziationen mit anderen Autoimmunerkrankungen und insbesondere mit dem bei der Rheumatoiden
Arthritis vorkommenden Felty-Syndrom sind beschrieben und
▶ Abbs. 1– 3)
weitgehend unverstanden ( ●
103
[Lymph] CD3-PC5.5 / CD56-PE
CD3-CD16
+CD56+ :
9,12 %
CD3+CD56 + :
26,08 %
102
CD56-PE
gelhaft zur Invalidität führte und das Leben der betroffenen Patienten erheblich verkürzte, ist sie heute in der überwiegenden
Zahl der Fälle gut zu behandeln. Den größten Anteil an dieser
Entwicklung haben Biologika (TNF-Inhibitoren, Interleukin-6-Inhibitoren, IL-1-Rezeptorantagonist, CD20-Antikörper, T-Zell-Kostimulationsinhibitor, usw.), deren Einsatz in der
Therapie immunologisch vermittelter Erkrankungen seit den
1990er Jahren stetig ansteigt. Schwerste Verläufe mit Blutbildveränderungen, hohen serologischen Entzündungswerten, mutilierendem Verlauf und Beteiligung innerer Organe sowie das
sogenannte Felty-Syndrom (definiert als Trias aus Rheumatoider
Arthritis, Leukopenie/Neutropenie und Splenomegalie) sind
hingegen selten geworden.
Das Verständnis für die Wirkmechanismen moderner Biologikatherapien auf die Rheumatoide Arthritis einerseits und auf das
blutbildende System andererseits stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich an. Es stellt sich dabei die Frage nach möglichen negativen Auswirkungen der langfristigen Zytokinhemmung. Zusätzlich gelingt durch den Einsatz moderner diagnostischer Methoden, wie der antikörpergestützten Durchflusszytometrie (fluorescence activated cell sorting – FACS) immer häufiger der Nachweis klonaler oder oligoklonaler T-Zell-Populationen
bei RA-Patienten. Die klinische Relevanz dieser Zellpopulationen
sowie der mögliche Zusammenhang mit dem breiten Einsatz von
Biologika in der RA-Therapie soll nachfolgend erläutert werden.
101
100
A3 : 21,35 %
100
A4 : 43,44 %
101
CD3-PC5.5
102
103
Abb. 1 T-Zellen (rechte Bildhälfte) und NK-Zellen (linker, oberer Quadrant). Im rechten, oberen Quadranten finden sich dargestellt in blau
klassische T-NK-Zellen, die CD3 und CD56 exprimieren. Aufgrund der
Anzahl (26 % der Lymphozyten und 38 % der T-Zellen) besteht hier bei
entsprechender Klinik der Verdacht auf eine TLGL-Leukämie, der jedoch
durch eine molekularbiologische Untersuchung des T-Zell-Rezeptors
bestätigt werden müsste.
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10
Monate vor der klinischen Erstmanifestation einer Arthritis auftreten können. Aus heutiger Sicht könnte es sich bei vielen historischen Patienten mit Felty-Syndrom um Patienten handeln, die
an einer T-LGL-Leukämie in Assoziation mit einer Rheumatoiden Arthritis litten. Etwa 30–40 % der Felty-Patienten weisen
eine Expansion von klonalen T-Zellen auf [7]. Einige Autoren gehen heute davon aus, dass es sich bei beiden Entitäten um unterschiedliche Ausprägungen desselben Krankheitsbildes handelt
[8].
[Lymph] TCRgd-FITC / CD3-PC5.5
3
CD3+TCRgd+ : 18,46 %
H1 :
59,43 %
101
Diagnostik
▼
H4 : 0,25 %
H3 :
21,84 %
100
100
101
TCRgd-FITC
102
103
Abb. 2 In beiden oberen Feldern sind CD3-positive T-Zellen. Der rechte,
obere Quadrant enthält in rot dargestellte T-Zellen, die den GammaDelta-Rezeptor exprimieren. Der Anteil dieser Zellen ist mit 18 % innerhalb
der Lymphozyten (23 % der T-Zellen) deutlich erhöht; die Zellen sind CD56
positiv (nicht gezeigt). Aufgrund dieses auffälligen Immunphänotyps kann
hier die Diagnose einer GammaDelta-T-LGL-Leukämie gestellt werden.
Abb. 3 LGL-Zelle im peripheren Blut (Bildmitte). Neoplastische Zellen
ähneln reaktiven LGL-Zellen (z. B. als Reaktion auf einen Virusinfekt)
morphologisch stark. Sie haben einen runden oder ovalen Nukleolus mit
relativ dichtem Chromatin. Das Zytoplasma ist schwach basophil und
enthält einzelne azurophile Granula.
Felty-Syndrom
▼
Das Felty-Syndrom wurde erstmals 1924 als Trias aus Rheuma­
toider Arthritis, Leukopenie und Splenomegalie beschrieben
[4, 5]. In aller Regel sind seropositive Patienten betroffen; auch
antinukleäre Antikörper (ANAs) lassen sich häufiger detektieren
als bei der unkomplizierten RA. HLA-DR4 × 0401 lässt sich in der
Mehrzahl der Fälle nachweisen [6]. Die Patienten scheinen überzufällig häufig an Hautulcera zu leiden; die Sterblichkeit ist erhöht. Das Felty-Syndrom betrifft weniger als 1 % der RA-Patienten und kommt häufiger nach langer Erkrankungsdauer vor,
wenngleich in Einzelfällen die Splenomegalie und Neutropenie
An ein Felty-Syndrom oder eine T-LGL-Leukämie sowie andere
hämatologische Neoplasien sollte grundsätzlich gedacht werden, wenn Patienten mit Rheumatoider Arthritis über einen längeren Zeitraum neutropen sind. Auch eine erhöhte Infektneigung sowie andere Blutbildauffälligkeiten sollten als Warnhinweise ernst genommen werden. Die Differenzialdiagnose der
Blutbildveränderungen ist breit. Im klinischen Alltag sind medikamentös-toxische Ursachen wahrscheinlich die häufigste Ursache der beschriebenen Symptome; dies ist zudem durch einen
Auslassversuch mit potentiell knochenmarktoxischen Medikamenten leicht herauszufinden. Daher sollte dies stets an erster
Stelle stehen – insbesondere, wenn die antirheumatische Basistherapie kürzlich umgestellt wurde. Um eine (Hepato-)Splenomegalie festzustellen, bzw. zur Umfelddiagnostik und zur Erfassung eventueller intraabdomineller Lymphknoten gehört eine
Sonografie des Abdomens zur Evaluation neutropener Patienten.
Auch eine Bildgebung des Thorax kann im Einzelfall indiziert
sein.
Das Felty-Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose, die nur gestellt
werden kann, wenn andere mögliche Ursachen einer Splenomegalie mit Neutropenie sicher ausgeschlossen wurden. Dazu gehören neben dem Ausschluss einer Neoplasie der B- oder
T-Zell-Reihe auch der Ausschluss einer Infektion mit HIV, EBV,
CMV, HTLV1, Hepatitis C, Tuberkulose und je nach Anamnese
weiteren Erregern. Neben serologischen Untersuchungen müssen ggf. Virus-Direktnachweise durch PCR angestrebt werden.
Bei fehlendem Nachweis von ACPA oder hochtitrigen Rheumafaktoren muss die Diagnose insgesamt in Frage gestellt werden. In diesen Fällen sollten ein Systemischer Lupus (SLE) oder
ein Still-Syndrom des Erwachsenen, ein primärer Immundefekt
(beispielsweise ein CVID) sowie andere systemische Immunerkrankungen oder eine bakterielle Endokarditis ausgeschlossen
werden. Auch eine primäre T-LGL-Leukämie mit begleitender
Arthritis ist möglich. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwie▶ Abb. 4).
rig sein ( ●
Der Verdacht auf eine T-LGL-Leukämie liegt nahe, wenn im manuellen Differenzialblutbild viele aktivierte Lymphozyten
(LGL-Zellen) auffallen. Die empfohlenen Grenzwerte schwanken
dabei stark. In solchen Fällen sollte eine FACS-Diagnostik des peripheren Blutes mit T-Zell-Markern angeschlossen werden, die
eine T-LGL-Population sicher quantifizieren und von anderen
Lymphozyten-Expansionen – beispielsweise einer B-CLL – unterscheiden kann. Sollte sich eine signifikante Vermehrung von
T-LGL-Zellen nachweisen lassen, führt eine Klonalitätsanalyse
des T-Zell-Rezeptors mittels PCR zur Diagnose T-LGL-Leukämie.
Gelegentlich erlaubt bereits die FACS-Analyse allein, anhand eines
auffälligen Phänotyps der LGL-Zellen, die Diagnose. In solchen
Fällen ist eine Analyse des Knochenmarks meist verzichtbar.
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CD3-PC5.5
102
160 Übersichtsarbeit
Abb. 4 Differenzialdiagnose Neutropenie bei RA.
RA-Patient mit
Neutropenie
Medikamentenanamnese
Abdomensonographie
Manuelles
Differentialblutbild
Virusdiagnostik
Knochenmarkdiagnostik
FACS (peripheres Blut oder
Knochenmark)
Infektiologische Ursache
Hämatologische Neoplasie,
insbesondere T-LGL
Therapie
▼
Die Therapie einer T-LGL verfolgt 3 Ziele:
▶ Normalisierung des Differenzialblutbilds und Besserung
klinischer Symptome wie Infektneigung und B-Symptome.
▶ Verringerung der Tumorlast im peripheren Blut bzw. im
Knochenmark.
▶ Remission der begleitenden Rheumatoiden Arthritis selbst.
Im Fall eines Felty-Syndroms ohne Nachweis klonaler T-Zellen
fällt die Verringerung der Tumorlast weg; ansonsten bleiben die
Therapieziele gleich. Eine Indikation zur spezifischen Therapie
besteht nur, wenn die klonale T-Zell-Erkrankung zu klinisch
fassbaren Einschränkungen führt. Am ehesten handelt es sich
dabei um eine Infektneigung oder eventuell um B-Symptome.
Auch eine schwere Neutropenie mit weniger Neutrophilen als
500/µl oder andere Blutbildveränderungen sowie eine sehr hohe
systemische Entzündungsaktivität sollten eine Therapie der
T-LGL nach sich ziehen. Der alleinige Nachweis klonaler T-Zellen
bei ansonsten unauffälligen Patienten, deren Rheumatoide Arthritis in Remission ist, stellt keine Indikation zur Eskalation der
Immunsuppression dar.
Eine Reduktion der Tumorlast von T-LGL-Leukämien ist bei Therapie mit MTX oder Cyclophosphamid zu erwarten [9]. Auch
Ciclosporin A (CsA) gilt als geeignete immunsuppressive Therapie. Alle 3 Substanzen wirken sich positiv auf die begleitende
Rheumatoide Arthritis aus, jedoch ist bei Ciclosporin A und Cyclophosphamid mit einer höheren Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu rechnen. Eine anhaltende Remission
lässt sich analog zur RA selbst häufig nur durch eine dauerhafte
Immunsuppression erreichen.
Auch für das Felty-Syndrom ist MTX der therapeutische Goldstandard; bei schlechter Verträglichkeit sollte ein Wechsel auf
CsA erwogen werden. Vor der flächendeckenden Anwendung
von MTX und Ciclosporin A in der Rheumatologie wurden Pa­
tienten mit Felty-Syndrom jedoch überwiegend splenektomiert,
was in ca. 75 % der Fälle zu einer schnellen Erholung des Blutbilds führt, allerdings mit den Risiken der Operation selbst sowie einer anschließenden Neigung zu schweren bakteriellen Infektionen (OPSI-Syndrom) verbunden ist. Heute gelten analog
zur Therapie der schweren, seropositiven RA klassische DMARDs
wie Methotrexat (MTX) und eventuell auch Biologika (insbeson-
Felty Syndrom
dere Rituximab) als Mittel der Wahl und eine Splenektomie
wird nur noch in schwersten, therapierefraktären Fällen in Erwägung gezogen.
Zur kurzzeitigen Therapie einer schweren Neutropenie kann der
Stammzellwachstumsfaktor G-CSF eingesetzt werden; insbesondere wenn zeitgleich eine schwere, systemische Infektion
vorliegt. Ob G-CSF prophylaktisch – ohne Vorliegen eines Infekts
– bei Patienten mit weniger als 500–1 000 Neutrophilen/µl einen
klinischen Vorteil hat ist unklar. In jedem Fall ist von dieser Therapie keine Besserung der Aktivität der Rheumatoiden Arthritis
zu erwarten, sondern diese kann im Gegenteil exazerbieren. Zur
kurzfristigen Besserung bei hoher entzündlicher Aktivität bleiben Glukokortikoide Mittel der ersten Wahl.
Vollkommen unklar ist der Stellenwert von Biologika in der Therapie der T-LGL-Leukämie mit oder ohne begleitende Rheuma­
toide Arthritis sowie beim Felty-Syndrom. Es ist bekannt, dass bis
zu 18 % der RA-Patienten unter Therapie mit einem TNF-Inhibitor eine zumindest transiente Neutropenie entwickeln [10, 11],
wobei es keine signifikanten Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Präparaten gibt. Es wurden Einzelfälle von reversiblen Neutropenien unter TNF-Inhibitor-Therapie berichtet, die
in zeitlichem Zusammenhang mit der Expansion oligoklonaler
T-LGL-Zellen stehen [12]. Unsere eigenen Beobachtungen legen
ebenfalls einen Zusammenhang zwischen der Expansion von
T-LGL-Zellen im peripheren Blut und der Therapie mit TNF-Inhibitoren nahe (unpublizierte, eigene Daten).
Andererseits wurden Patienten mit gesicherter T-LGL-Leukämie
bei Rheumatoider Arthritis berichtet, die sehr gut auf eine Therapie mit dem B-Zell-depletierenden CD20-Antikörper Rituximab
reagierten [13]. Es stellt sich daher die Frage, ob die bei vielen
RA-Patienten nachweisbare T-LGL-Leukämie als Epiphänomen
der entzündlichen Aktivität bei langjähriger, bzw. schwerer Rheumatoider Arthritis angesprochen werden muss. Entsprechend
sollte die Therapie vor allem eine suffiziente Kontrolle der entzündlichen Aktivität zum Ziel haben und erst in zweiter Linie eine
Reduktion der zirkulierenden Tumorzellen anstreben. Warum
TNF-Inhibitoren offenbar eine Ausnahme von dieser Regel darstellen und welchen Stellenwert Interleukin-6-Inhibitoren in diesem Zusammenhang haben, ist Gegenstand aktueller Forschung.
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Medikamentöse Ursache
Übersichtsarbeit 161
▼
T-LGL-Leukämien sind eine seltene aber wichtige Differenzialdiagnose bei Blutbildveränderungen im Rahmen einer Rheuma­
toiden Arthritis. Diese niedrig-malignen T-Zell-Leukämien verlaufen meist über viele Jahre unerkannt und können durch immunsuppressive Therapien, die auch zur Therapie der RA eingesetzt werden, positiv beeinflusst werden. Sie finden sich bei ca.
30 % der Patienten mit Felty-Syndrom, sodass diese beiden Erkrankungen als unterschiedliche Manifestationen derselben
Störung des Immunsystems angesprochen werden können. Insbesondere anhaltende Neutropenien bei Patienten, die mit
TNF-Inhibitoren therapiert werden, sollten an ein Felty-Syndrom mit oder ohne Vermehrung von T-LGL-Zellen denken lassen. Zur Diagnose sind FACS-Analyse und häufig auch molekularbiologische Untersuchungen des Bluts oder Knochenmarks
unerlässlich.
Die Kontrolle der entzündlichen Aktivität der Rheumatoiden Arthritis steht therapeutisch im Vordergrund. Mittel der ersten
Wahl ist dafür MTX in einer Dosis von 10–25 mg/Woche mit
nachfolgender Folsäuregabe. Eine langfristige Remission ist nur
bei dauerhafter immunsuppressiver Basistherapie zu erwarten.
Bei fehlendem Ansprechen auf DMARDs kann die Gabe von Rituximab erwogen werden. Die Rolle der TNF-Inhibition ist noch
kaum erforscht, sodass auf diese Medikamentenklasse bei Verdacht auf ein niedrig-malignes T-Zell-Lymphom verzichtet werden sollte.
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Literatur
Schlussfolgerung und klinische Relevanz
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