Bachelorarbeit Werte als Grundlage der Ethik eingereicht von Lisa Strozer Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science (BSC) Medizinische Universität Graz Institut für Pflegewissenschaft Unter der Anleitung von Eleonore Kemetmüller Mag.phil. Dr.phil. Graz, 09.11.2016 Eidesstattliche Erklärung „Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.“ Graz, am 09.11.16 Lisa Strozer, eh. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ................................................................................................. 1 2. Begriffserklärungen und -definitionen .................................................... 3 2.1. Moral ................................................................................................................. 3 2.2. Tugend ............................................................................................................... 5 2.3. Normen .............................................................................................................. 5 2.4. Prinzipien ........................................................................................................... 6 2.5. Werte ................................................................................................................. 7 3. Ethik ......................................................................................................... 8 3.1. Die vier Hauptbereiche der Ethik ...................................................................... 9 3.2. Ziele und Aufgaben der Ethik ......................................................................... 10 3.3. Recht und Ethik ............................................................................................... 12 4. Der Begriff „Wert“ und seine Entstehung ............................................. 12 4.1. Von der Antike bis zur Renaissance ................................................................ 17 4.2. Die Entstehung von Werten in soziologischer Hinsicht .................................. 19 5. Ausgewählte traditionelle Ethiktheorien in Hinblick auf den Begriff „Wert“ .......................................................................................................... 21 5.1. Pflichtethik ...................................................................................................... 21 5.2. Mitleidsethik .................................................................................................... 23 6. Ausgewählte gegenwärtige ethische Ansätze und Ethiktheorien .......... 24 6.1. Care-Ethik ........................................................................................................ 24 6.2. Verantwortungsethik ....................................................................................... 25 7. Pflegeethik ............................................................................................. 26 7.1. Berufskodex ..................................................................................................... 28 7.2. ICN-Ethikkodex .............................................................................................. 28 7.3. Gesundheits- und Krankenpflegegesetz .......................................................... 31 7.4. Wertekatalog der Werte im GuKG und ICN-Ethikkodex ............................... 33 8. Zusammenfassende Darstellung ............................................................ 37 9. Literaturverzeichnis ............................................................................... 38 10. Anhang ................................................................................................... 43 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Struktur ethischer Reflexion…………………………………………………6 Tabelle 2: Ziele Aufgaben und Funktion der Ethik……………………………….……11 Tabelle 3: Formulierungen des kategorischen Imperativs.…………………….……….22 Tabelle 4: Wertekatalog: Werte, im GuKG und ICN-Ethikkodex……………………...35 1. Einleitung Werte sind und waren in vielen Bereichen unseres Lebens immer präsent und sind grundlegende Voraussetzungen sozialer Ordnung. Sie spielen in aktuellen öffentlichen Diskursen, sowie im Privatleben und Beruf eine wichtige Rolle, denn jede Person, jede Gesellschaft, jede Generation in jeder Kultur stellt sich die Frage nach dem Richtigen und Guten und wie es gelebt werden kann (Krobath 2009, S. 11). Eine spezielle Bereichsethik und ein Beispiel für professionelle Werte innerhalb eines Berufsstandes, ist die Pflegeethik. Die Ethik in der Pflege befasst sich mit begründetem, geplantem und moralischen Handeln und versteht sich heute als Wissenschaft und als praktische Disziplin der Philosophie (Pieper 2007, S. 92). Die Pflege versteht sich als Unterstützung von Menschen in psychischen, physischen und sozialen Bereichen. Meist ist die Rede von einer ganzheitlichen Pflege, die den Menschen in seinem veränderten Wohlbefinden wahrnimmt und annimmt (Lauber 2012, S. 67). Sie befasst sich mit der Entstehung, Veränderung und Wirkung der Moral und somit ihrer Reflexion. Dabei sucht sie Begründungen für bestimmtes Handeln innerhalb menschlicher Wertvorstellungen und Normen im Kontext menschlicher Lebenspraxis (Hiemetzberger 2016, S. 9). Diese Arbeit gibt zuerst einen Überblick zu den wesentlichen Begriffen der Ethik und deren Definition. Dabei werden Moral, Ethik Tugenden, Prinzipien, Werte und Normen charakterisiert und inhaltlich klar voneinander abgegrenzt, denn in der Alltagssprache werden diese werden oft verwendet, ohne dass ihr richtiger Einsatz geklärt wurde. Darauf aufbauend wird die Entstehung von Werten im philosophischen Kontext beschrieben. Laut Wörterbuch der philosophischen Begriffe ist ein Wert eine Beziehung zwischen einem Gegenstand und einem Maßstab durch den wertenden Menschen (Kirchner et al. 2013, S. 727). Die Frage nach einer genauen Definition von „Wert“ führt unweigerlich zur Entstehung und zum Ursprung des Wortes. Auf die geschichtlich Veränderung und Weiterentwicklung der Bedeutung dieses Wortes eingehend, werden klassische Ethiktheorien, wie die Kantische Ethik, beleuchtet. Der philosophische Aspekt des Begriffs Wert führt schlussendlich zur Wertephilosophie, die von idealen Werten ausgeht und im 20.ten Jahrhundert entstanden ist (Kirchner et al. 2013, S. 727). 1 Eine Auswahl an gegenwärtigen Ansätzen moderner Ethiktheorien der Pflege wird erfasst und abgeklärt, wie zum Beispiel die Verantwortungsethik. Werte spielen in allen Lebensbereichen eine große Rolle, nehmen aber eine besondere Stellung in sozialen Berufen ein. Sie werden in der Pflegepraxis, sowie in der Pflegewissenschaft durch berufsethische Richtlinien und Kodizes festgelegt (Lauber, S. 250). Folgende Fragestellungen sollen bearbeitet werden: • Was ist der Ursprung des Begriffs „Wert“ und wie ist er entstanden? • Welche Werte bilden die Grundlage in der Pflegeethik? • In welchen Elementen des ICN-Ethikkodex sind soziale Werte verankert und welche sind das? • Welche Werte bilden die Grundlage des Gesundheits- und Krankenpflegegesetz? Ziel ist es, die Fragestellungen anhand von passender und möglichst aktueller Literatur zu beantworten. Außerdem die ethische und philosophische Relevanz des Themas hervorzuheben und so einen klaren Überblick zu wesentlichen ethischen Grundlagen zu geben. Die Arbeit ist eine zusammenführende Literaturarbeit, deren Quellen in Harvard Style zitiert werden. Anhand einer Literaturrecherche war es möglich die passenden Werke für diese Arbeit zu finden. Die Quellenangaben der gefundenen Medien haben zu weiterer Literatur verholfen. Es wurden folgende Suchbegriffe in unterschiedlichen Konstellationen mit Hilfe des Datenbank-Infosystems (DBIS) der Bibliothek der Karl-Franzens-Universität Graz, des Online-Katalogs der Medizinischen Universität Graz und der Stadtbibliothek Graz verwendet: Ethik, Werte, Pflege, ICN-Kodex, Ethikkodex, Pflegeethik, Entstehung von Werten, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz. 2 2. Begriffserklärungen und -definitionen Auch wenn jeder eine Vorstellung davon hat, was Werte, Ethik und Moral bedeuten, werden sie doch oft, vor allem in aktuellen öffentlichen Diskurs, im Zusammenhang mit dem Wertewandel, Werteproblem oder ähnlichem, gleichbedeutend und als Synonyme verwendet. Um sinnvoll über das Thema schreiben zu können, ist es unbedingt notwendig die grundlegenden Begriffe, die verwendet werden, genau zu definieren und voneinander abzugrenzen. In der Ethik als gegenwärtige, praktische Philosophie ist eine terminologische Trennung ersichtlich und es gilt eine klare inhaltliche Differenzierung. 2.1. Moral Moral kommt aus dem lateinischen (mos, mores) und hat dort die Bedeutung Moral, Sitte. Cicero prägte den Ausdruck „philosophia moralis“, der von da an als Übersetzung von êthikê, also Ethik verwendet wurde. Im deutschen Sprachgebrauch steht Moral laut „Wörterbuch der philosophischen Begriffe“ einerseits für, Sittlichkeit bzw. beschreibt das sittliche Verhalten und andererseits für innerlich, geistig, vernünftig. In der Bedeutung als geistig und vernünftig ist es auch in den Moralwissenschaften zu finden. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wird es auch gleichbedeutend für „ethisch“ eingesetzt (Kirchner et al. 2013, S. 429). Im griechischen wurde der Alltagsbegriff „êthos“, aus dessen Übersetzung das lateinische Wort „mos“ stammt, in zwei verschiedenen Varianten geschrieben und hatte dementsprechend auch verschiedene Bedeutungen. In der einen Schreibweise heißt êthos so viel wie Brauch, Sitte und Gewohnheit, in der anderen gilt êthos als Haltung, Tugend und Charakter, die sich durch die Einsicht in das Gute, die zur Gewohnheit geworden ist, definiert. Folglich bedeutet die zweite Version so viel wie Moralität und Sittlichkeit (Pieper 2007, S. 2627). Laut Pauer-Studer und ihrem Buch Einführung in die Ethik versteht man unter Moral „eine Menge von Normen, Prinzipien, Regeln und Tugenden, die das Verhalten von Menschen und deren Einstellungen zu anderen und zur Umwelt leiten.“ (Pauer-Studer 2010, S. 12) In den verschieden Kulturen und Zeiten wurde das Wort immer wieder neu im philosophischen Kontext beschrieben und es wurde versucht, es von anderen Begriffen wie Tugend, Prinzipien, Grundsätzen, Werte usw. abzugrenzen. Eine punktgenaue einheitliche Definition, die für alle Bereiche gilt, muss erst erfunden werden, denn in der Wissenschaft bedeutet Moral, je nach Bereich, etwas anderes. 3 Kant nahm eine Abgrenzung und Vertiefung des Begriffs Moral vor und beschrieb sie als die Autonomie des Gewissens jedes Einzelnen. Bei dieser Autonomie, also Selbstgesetzgebung und -bestimmung folgt man einem Gesetz, dass man sich selbst gegeben hat, weil man es für sich akzeptiert hat. Allerdings ist es wegen des Anspruchs auf Allgemeingültigkeit der Maxime konzeptionell an die Gesellschaft bzw. an die Menschheit gebunden (Pauer-Studer 2010, S. 13, 3738). Grundsätzlich kann gesagt werden, dass moralische Maßstäbe allgemein geltend und verbindlich und über Sitten, Gewohnheiten und sozialen Konventionen einzuordnen sind (Pauer-Studer 2010, S. 12). Moral und die abgeleiteten Grundsätze dieser, spielen sowohl im privaten, wie auch im öffentlichen Bereich unseres Lebens eine große Rolle. Zu unterscheiden ist zwischen der Individualmoral, oder auch „personal morality“, und der öffentlichen Moral, „public morality“ oder Sozialmoral. Selbst wenn die Individualmoral internalistisch sein muss, sich an persönliche vernunftbasierte und gut reflektierte Einsichten hält, ist sie trotzdem intersubjektiv, denn unser Handeln rechtfertigen wir anderen gegenüber (Pauer-Studer 2010, S. 1416). Die öffentliche Moral hingegen, befasst sich mit den Prinzipien und Grundsätzen, die zur Gestaltung von zum Beispiel Institutionen wichtig sind. Dabei geht es oft darum, eine ideal gerechte Gesellschaft zu definieren, indem Fragen zu Gerechtigkeit und Gleichheit in Unternehmen geklärt werden. Dabei sind Moral und Recht voneinander abzugrenzen. Ihr Unterschied liegt dabei zum Beispiel in den Sanktionen. Während die Moral sich mit informellen Sanktionen durch die Gesellschaft begnügt und dabei die Motive der NichtEinhaltung interessieren, ist es in rechtlicher Hinsicht irrelevant, aus welcher Motivation heraus gesetzliche Bestimmungen eingehalten werden (Pauer-Studer 2010, S. 1416). Verstöße moralischer Art sind vor Gericht nicht einklagbar, allerdings gibt der Ethos der Pflege ethische Normen vor, nach denen Menschen in Pflegeberufen handeln sollen. Handlungen in der Pflege müssen gerechtfertigt und gut begründet werden können. Die Motive sind verschieden und können zum Beispiel einer gefühlsmäßigen Einschätzung zugrunde liegen, oder auch einer vernünftigen und durchdachten Überlegung entsprungen sein. Pieper hat die Begründungsstrategien in 6 Klassen eingeteilt. Diese sind: Bezugnahme auf ein Faktum, Bezugnahme auf Gefühle, Bezugnahme auf mögliche Folgen, Bezugnahme auf einen Moralkodex, Bezugnahme auf moralische Kompetenz und Bezugnahme auf das Gewissen (Pieper 2007, S. 189204). Die vierte Klasse, Bezugnahme auf einen Moralkodex, gilt für Gruppen und ist insbesondere in Pflegeberufen, in Form von Berufkodizes und bei 4 medizinischen Berufsgruppen zum Beispiel in Hinsicht auf Eide, relevant. Bei einem Moralkodex handelt es sich um anerkannte Normen, die einen Regelkatalog bieten. Normen und Werte beanspruchen aber keine universale Gültigkeit, sondern müssen immer gut hinterfragt werden, insbesondere im Kontext verschiedener Kulturen oder mehreren Generationen (Pieper 2007, S. 203204). 2.2. Tugend Laut Wörterbuch der philosophischen Begriffe kommt das Wort „Tugend“ von „taugen“ und wurde im Mittelalter für sämtliche Eigenschaften eines Menschen verwendet. In der Neuzeit hingegen, wo das Wort im Alltag, in der Philosophie sowie in der Theologie verwendet wurde, beschränkt sich die Bedeutung auf sittliches Verhalten und Werte (Kirchner et al. 2013, S. 675). Ursprünglich kommt das Wort Tugend aus dem griechischen (arete) und beschreibt die Tüchtigkeit und Tauglichkeit einer Person. Es handelt sich bei Tugenden um Charaktereigenschaften, die als vorbildliche und nachahmenswerte Haltungen gelten. (Hiemetzberger 2016, S. 20) „Ein tugendhafter Mensch besitzt die Fähigkeit, sich entsprechend verinnerlichter Werte zu verhalten und zu handeln.“ (Hiemetzberger 2016, S. 21) Zusammenfassend kann Tugend als die moralische Kompetenz eines Menschen beschrieben werden. 2.3. Normen Das Wort Norm leitet sich aus dem lateinischen „norma“ ab und bedeutet laut Österreichisches Wörterbuch so viel wie Regel, Gesetz oder Richtschnur (Back 2001, S. 417). Der Duden definiert hingegen so: „Normen sind allgemein anerkannte, als verbindlich geltende Regeln für das Zusammenleben der Menschen.“ (Duden 2005, S. 711) Cicero führt den Begriff „Norm“ in die Rechtsphilosophie ein, indem er die Natur, ihre Abläufe und die Vorstellung dieser auf gesetzliche Bestimmungen überträgt. Normen sind im Kontext der Rechtswissenschaften Rechtssätze, die der Gesetzgeber zum Beispiel in Form von Geboten oder Verboten erlässt. Normen können auch, wie in den Sozialwissenschaften, als Handlungsregeln verstanden werden, die positive oder negative Sanktionen zu Folge haben. Außerdem als Verhaltenserwartungen im Sinne von Rollenentsprechen und Anstandsregeln. In der Ethik wird unter dem Begriff Norm als eine Regel verstanden, nach der sich zu orientieren ist. Normen sind konkret geäußerte Werte, 5 die von der Gesellschaft definiert wurden und dienen dem Zweck ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation hervorzurufen (Kirchner et al. 2013, S. 458459). Juristische Normen und deren Nichteinhaltung können konkrete gesetzliche Sanktionen nach sich ziehen; bei moralische Normen hingegen kann ein Fehlverhalten bzw. ein Handeln entgegen der Norm, nicht vom Gesetz oder der Staatsgewalt sanktioniert werden. Es handelt sich also um „Regeln des Sollens“, die eine soziale Ordnung herstellen und erhalten sollen. Auch im Pflegeberuf gibt es Handlungsnormen in Form von Kodizes, wie zum Beispiel dem ICN-Ethikkodex, nach dessen Werten eine respektvolle und qualitative Pflege trotz möglichem Wertekonfliktes ermöglicht werden soll (Hiemetzberger 2016, S. 26). 2.4. Prinzipien Prinzip vom lateinischen „principium“, Anfang, Ursprung und Grundlage ist allgemein verwendet eine Richtschnur des Handelns (Kirchner et al. 2013, S. 523). Theorie Prinzipien Normen, Regeln Konkrete Regeln Urteile und Einzelfallbewertungen Tabelle 1: Struktur der ethischen Reflexion (Schröder-Bäck 2014, S. 160) Bei Prinzipien handelt es sich um normative Orientierungspunkte, die wieder einmal Ausgangspunkt ethischer Reflexionen und Argumentationen sind. Durch eine Konkretisierung von Prinzipien zu Normen und Regeln können Prinzipien auch in bestimmten Situationen angewendet werden. Aus allgemein formulierten, können auch noch weitere spezifischere Regeln abgeleitet werden. Und umgekehrt können spezifische und konkrete Regeln zu allgemeinen Prinzipien führen. Weiters ist es möglich Prinzipien in Theorien zu formulieren bzw. aus Theorien Prinzipien herzuleiten. Die Abbildung 1 zeigt den Aufbau dieser Struktur grob (Schröder-Bäck 2014, S. 159160). 6 2.5. Werte Ein Wert ist eine Beziehung zwischen einem Gegenstand, einer Person, Gebilde oder Prozess und einem Maßstab, hergestellt durch den wertenden Menschen (Kirchner et al. 2013, S. 727). Werte sind ein wesentlicher Bezugspunkt für menschliches Handeln und sind bewusste oder unbewusste Entscheidungshilfen für oder gegen Etwas (Lauber 2012, S. 251). In der Antike, ist der Begriff „Wert“ gleichzustellen mit der philosophischen Tradition durch Wollen und Tun etwas Gutes zu erstreben (Kirchner et al. 2013, S. 727). Auch das heutige Werteverständnis bezieht Aspekte ein, die wesentlich sind für ein gutes und richtiges Leben, allerdings nicht auschließlich. Mögliche Werte sind unter anderem: Freiheit, Solidarität, Gemeinschaft, Menschenwürde, Frieden, Fleiß, Gerechtigkeit, Leben, Besonnenheit, Barmherzigkeit, oder Aufrichtigkeit (Lauber 2012, S. 251). Werte können als nicht-moralisch oder als moralisch unterschieden werden. Werte, die zum Beispiel beteiligt sind, wenn ein Auto gekauft wird, beruhen auf Vorlieben und Geschmack und sind nicht-moralische Werte bezüglich der Ästätik. Werte, die das menschliche Handeln, das Verhalten eines Menschen oder seinen Charakter beeinflussen, sind moralische Werte. Werte sind Orientierungsrahmen und Motive für ein Handeln und auch Nicht-handeln. Dabei ist zu beachten, dass sie nicht stetig sind, sondern sich im Verlauf des Lebens verändern und sich mit dem menschlichen Selbstverständnis mitentwicklen können. Ein typischer moralischer Wert wäre zum Beispiel die Ehrfurcht vor dem Leben. Ein Wertekonflikt könnte bei der Frage entstehen, ob aktive Sterbehilfe durchgeführt werden soll oder nicht (Lauber 2012, S. 251). Es gibt verschiedene moralische Werte, bzw. Werte sind auf verschiedenen Ebenen vorhanden. Eine Unterteilung in persönliche, kulturelle und berufliche Werte ist möglich. Zu den persönlichen Werten zählen all jene, die durch Erziehung, Kultur und Erfahrung gefördert werden. Bezugspersonen der Familie und des Umfeldes geben den Ausschlag welche Werte ein Mensch als wichtig erachtet. Die kulturellen oder gesellschatlichen Werte sind historisch entstandene, geltende Werte innerhalb einer Kultur oder Gesellschaft. Dazu gehören eventuell auch religiöse Werte, die zum Beispiel vorgeben, wie eine Beziehung zwischen Ehepartnern auszusehen hat (Lauber 2012, S. 251252). Berufliche oder professionelle Werte sind jene Werte, die innerhalb eines Berufes, durch eines Berufskodex verschriftlicht wurden (Hiemetzberger 2016, S. 24). 7 Das persönliche Wertesystem vereint alle Werte, moralische und nicht-moralische, die eine Person als wichtig ansieht. Die Werteskala wiederum nimmt eine hierarchische Zuordnung der Werte im Wertesystem vor und ordnet sie entsprechend ihrer Wichtigkeit nach Prioritäten. Deshalb unterscheiden sich Wertesysteme bzw. Werteskalen Einzelner stark voneinander und sind, wie oben schon erwähnt, nicht stetig. Der Wert „Gesund sein“ ist für einen jungen Menschen eventuell weniger wichtig gereiht, als für einen älteren Menschen, der Erfahrungen während einer Erkrankung gemacht hat (Lauber 2012, S. 251252). Es gibt noch viele Ansichten zur Wertediskussion, die in dieser Arbeit allerdings wenig bis keine Beachtung finden werden. Zum Beispiel hat Urs Sommer, ein schweizer Philosoph, einen anderen Ansatz zur Wertediskussion. Er kommt beim Erkunden was Werte sind, auf die Antwort, dass ihre Existenz überschätzt wird. Er meint, dass Menschen Situationen, Angebote und Empfindungen zwar bewerten und dass diese Bewertungen Präferenzen wiederspiegeln (Sommer 2016, S. 1314). „Leben heißt bewerten – heißt, das eine dem anderen vorzuziehen.“ (Sommer 2016, S. 13) Allerings sind seiner Meinung nach die Argumente seit dem 19. Jahrhundert, als die Philosophie den Begiff Wert aufgegriffen hat und der Sprachgebrauch des Bergirffes irreführend und missbräuchlich. Denn bewerten heißt, auf der einen Seite zwar, dass einer Sache ein Wert zusgeschrieben wird, nicht allerdings, dass es Werte braucht um eine Sache bewerten zu können (Sommer 2016, S. 1529). 3. Ethik Ethik ist die methodisch kritische Prüfung und Begründung der Moral (Fischer 2003, S. 31). Sie ist ursprünglich ein Teilgebiet der Philosophie, kann aber nicht auf die Wissenschaften oder die Philosophie beschränkt werden (Lay 2014, S. 38). Ethik als Synonym für Moralphilosophie ist eine Reflexion im philosophischen Sinne und dient dazu zu bewerten, was moralisch betrachtet, richtig oder falsch ist. Dabei geht es um moralisches Handeln, wobei die praktische Vernunft im Vordergrund steht. Der Begriff Ethik wird aber auch als Synonym für Moral verwendet und beschäftigt sich mit den Sitten und Gebräuchen, sowie den Gewohnheiten einer Gesellschaft. Der bekannteste Philosoph, der sich schon in der Antike mit Ethik beschäftigte, ist Aristoteles. Er beschäftigte sich mit den philosophischen Fragen nach dem Erkennen und Sein und mit menschlichen Handlungsweisen. Laut Aristoteles ist der Mensch ein 8 vernunftbegabtes Wesen und hat deshalb die Fähigkeit seine Handlungen zu hinterfragen. Zwar stellt sich Aristoteles die Frage, wie man ein gutes Leben führen kann und gibt in seinem Werk, Nikomachische Ethik, Hilfestellungen und Theorien, die zu einem guten Leben führen, allerdings kann man ethisches Handeln nicht als Rezept verstehen, dass in beliebigen einzelnen Situationen angewendet werden kann. Natürlich können solche Theorien zu Lösungen führen, jedoch ist zu bedenken, dass ethische Konflikte, Probleme und Dilemmata subjektiv, individuell und hochkomplex sind. Oft sind mehrere Werte im Spiel, die miteinander kollidieren. Wenn es beispielsweise um zwei gleichranginge Werte oder sogar zweimal den gleichen Wert geht, kann ein ethisches Dilemma entstehen und die Grenzen der Ethik sind erreicht. Ein Beispiel: Es geht um zwei Menschenleben, doch nur eine der zwei Personen kann gerettet werden. Wie ist es möglich, sich zu entscheiden, wenn doch jeder Mensch gleich viel wert ist? (Hiemetzberger 2016, S. 3233) 3.1. Die vier Hauptbereiche der Ethik Wie in Abbildung 2 ersichtlich, lässt sich die Ethik in philosophische Teilbereiche einteilen. Einerseits gibt es die normative Ethik, die festlegt was man soll und was verbindlich ist und die sich mit der Entwicklung von Normen und Grundsätzen beschäftigt. Dieses sogenannte Moralprinzip stellt Maßstäbe für ein moralisch richtiges Handeln. Abbildung 1: Bereiche der Ethik (Rasche Annaliesa) Die Metaethik geht auf die Definition und Analyse von Begriffen ein und sucht nach der Begründung und Gültigkeit von Theorien, um deren „Leistungskraft“ zu überprüfen. Andererseits hat die deskriptive Ethik die Aufgabe Ist-Zustände und ethische Systeme zu erfassen, wobei die Philosophie diese Aufgaben eher der Kulturanthropologie und 9 Ethnologie zuordnet und selbst eher Abstand zu den Disziplinen der deskriptiven Ethik hält (Lay 2014, S. 44; Pauer-Studer 2010, S. 1213). Die angewandte Ethik ist die Ethik vieler einzelner Bereiche, wie der Biotechnologie, der Wirtschaftsethik oder der Medizin (Pauer-Studer 2010, S. 26). Sie kann wiederum aufgeteilt werden in Bereichs- und Berufsethik (Lay 2014, S. 46). 3.2. Ziele und Aufgaben der Ethik In Abbildung 3 sehen Sie die Ziele und Aufgaben laut Lay, die angelehnt sind an die Ziele der Ethik laut Pieper (Pieper 2000, S. 92). In der Pflege ergeben sich laufend Situationen, die ethische Kompetenz erfordert und in denen folgende Aufgaben der Ethik ersichtlich werden. Das erste Ziel ist: Aufklärung, Transparenz herstellen. Damit ist gemeint, dass die Werte von Menschen obwohl sie kulturell und durch Beziehungen und Erziehung geprägt sind und meist unterbewusst und intuitiv angewendet werden, trotzdem bewusst gemacht werden können. Der Mensch ist außerdem in der Lage sie zu reflektieren, zu hinterfragen und auch zu verändern. Die Ethik hat in diesem Fall die Aufgabe aufzuklären, welche Werte Handlungen zu Grunde liegen und dies transparent zu machen (Lay 2014, S. 4041). Das zweite Ziel der Ethik bezieht sich darauf die Moral zu legitimieren, also Argumente und Begründungen für Verhalten, Handlungen und deren Regeln zu finden. Dies kann zum Beispiel in einem Krankenhaus passieren, wenn eine Vorschrift vom Ethikkomitee überprüft und als in Ordnung, also angemessen angenommen wird, wurde die Moral legitimiert (Lay 2014, S. 41). Die dritte Aufgabe zielt darauf ab, bestehende Normen zu überprüfen und zwar dahingehend, ob sie Menschen hilft und Menschlichkeit fördert, oder das Gegenteil bewirkt. Da Ethik nicht die Aufgabe hat Menschen und Gruppierungen zu belehren, sollen bestehende Normen weder beruflich noch privat unreflektiert angenommen und angewendet werden, sondern die Normen selbst sollen überprüft werden und auch ob sie für die bestimmte Situation geeignet sind (Lay 2014, S. 4142). Beim vierten Ziel, Prinzipien und Normen zur Verfügung stellen, geht es darum, grundlegende und begründete Prinzipien als Handlungsanleitung verfügbar zu machen. 10 Hierbei ist es ebenfalls wichtig, wie schon bei der dritten Aufgabe erwähnt, eine kritische Beurteilung in der konkreten Situation vorzunehmen (Lay 2014, S. 4142). 1. Aufklärung, Transparenz herstellen 2. Moral legitimieren 3. Bestehende Normen überprüfen 4. Prinzipien und Normen zur Verfügung stellen 5. Handlungen auf ihre Sittlichkeit überprüfen 6. Korrektiv für die Praxis sein 7. Zur moralischen Kompetenz anleiten Tabelle 2: Ziele Aufgaben und Funktion der Ethik (Lay 2014, S. 40) Das fünfte Ziel heißt: Handlungen auf ihre Sittlichkeit zu überprüfen. Ethik ist als ein Instrument anzusehen, dass helfen kann, Entscheidungen die das Gewissen betreffen, dahingehend zu überprüfen, ob sie richtig oder falsch sind. Dabei werden allerdings keine genauen Handlungsvorschläge oder –anweisungen gegeben. Es lässt sich damit zum Beispiel die tägliche Arbeit in der Pflege auf ihre Qualität überprüfen, indem genau hinterfragt wird, ob der Pflegealltag so wie er jetzt abläuft, eine gute Pflege bereitet (Lay 2014, S. 4142). Die fünfte Aufgabe lautet: Korrektiv für die Praxis sein. Damit ist gemeint, dass die Ethik zur Korrektur in der Praxis dienen kann. Die Aufgaben, die sich hier stellen sind einerseits die Handelnden bzw. die Pflegepersonen zu sensibilisieren damit sie moralische Probleme erkennen können. Außerdem nach Lösungen zu suchen und Vorschläge zu machen, die die moralischen Konsequenzen aufzeigen. Und zu guter Letzt soll Ethik in der Praxis helfen moralisch richtig zu handeln, da eine Entscheidung selbst und nach eigener Überlegung und guter Begründung getroffen worden ist (Lay 2014, S. 43). Ziel Nummer sieben ist, zur moralischen Kompetenz anzuleiten. Damit ist nicht gemeint, dass Lehrende, Vorgesetzte oder irgendwelche anderen Personen, der betreffenden Person Anleitungen geben sollen, wie sie moralisch zu denken und zu handeln hat. Sinnstiftend wäre aber, wenn eine Person der anderen Werkzeuge und Tipps gibt, wie man sein Handeln 11 mit ethischen Prinzipien überprüfen kann. Ein selbstständiges Urteilen und Begründen soll aber Niemandem abgenommen werden, dann erst kann moralische Kompetenz erworben werden (Lay 2014, S. 43). 3.3. Recht und Ethik Der Duden definiert Recht folgendermaßen: „Gesamtheit der staatlich festgelegten bzw. anerkannten Normen des menschlichen, besonders gesellschaftlichen Verhaltens; Gesamtheit der Gesetze und gesetzähnlichen Normen; Rechtsordnung.“ (Bibliographisches Institut GmbH) Rechtsnormen und Gesetze sind festgeschriebene Bestimmungen, die ein Staat fixiert hat und die er sanktionieren kann. Es besteht zwar ein Zusammenhang zwischen Recht, Moral und Ethik, nämlich das Ziel, Ungerechtigkeit zu vermeiden, allerdings können nur die rechtliche Verstöße vor Gericht eingeklagt werden. Es gibt keine unabhängige Instanz, bei der die Übertretung einer moralischen Norm einklagbar wäre, und auch keine mit Gewalt ausgestattete Zwangsinstanz, die das mir zugefügte moralische Unrecht ahnden könnte. Moralisches Fehlverhalten zieht eher Sanktionen wie Zurechtweisung und Ausgrenzung nach sich (Hiemetzberger 2016, S. 39). Bei einem Wertewandel, wie er oft nach Krisen oder zeitlichen Epochen vorkommt, kann auch der Ruf der Gesellschaft nach einem neuen Gesetz oder einer Gesetzesänderung folgen. Aktuelle Beispiele dafür gibt es unzählige, wie Schwangerschaftsabbrüche oder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu legalisieren (Hiemetzberger 2016, S. 39). Umgekehrt können auch Gesetzesänderungen, die der Staat vornimmt, nicht Wertekonform mit den Ansichten der Gesellschaft sein. In Polen haben die Katholische Kirche und die rechtskonservative Regierung versucht ein neues Gesetz zu erlassen, laut dem Abtreibungen nur noch legal sind, wenn eine Lebensgefahr für die Mutter besteht. Die Folge dieses Gesetzesentwurfs waren weltweite Proteste und Demonstrationen, in denen Frauen gegen das neue Gesetz auf die Straße gingen (Balogh 2016). 4. Der Begriff „Wert“ und seine Entstehung Die Entstehung der Werte hängt stark mit dem Verständnis der Unterscheidung zwischen Werten, Normen und Wünschen zusammen. Ihre Rollen in Bezug auf das menschliche Handeln können als erster Schritt damit geklärt werden, wann die Frage zur Entstehung der Werte das erste Mal gestellt wurde. Die bisherigen Untersuchungen zum geschichtlichen Weg des Begriffes Wert, gehen laut Hans Joas aus dem Wirtschaftsleben des 18. Jahrhundert 12 hervor. Die Frage nach der Entstehung von Werten wurde im Kontext der deutschen Philosophie zuerst im 19. Jahrhundert gestellt und der Begriff außerhalb ökonomischer Zusammenhänge verwendet. Von da gelangte er durch internationale Verwendung, über die Kultur- und Sozialwissenschaften, in den allgemeinen und öffentlichen Gebrauch des 20. Jahrhunderts (Joas 2013, S. 3637). Sommer schreibt treffend und knapp in seinem Werk: Werte. Warum man sie braucht, obwohl es sie nicht gibt, dass der Wertebegriff der Philosophie nicht nur etwas, das aus dem moralisch Gutem entstanden ist, sondern ein „Zwitterwesen“ aus Moral und Ökonomie sei (Sommer 2016, S. 39). In der neueren Philosophie Hermann Lotzes, dessen Werke sich unter anderem auch auf die Friedrich Nietzsches beziehen, wurde der Wertbegriff in Zusammenhang mit dem Begriff der Geltung eingeführt. Seine Lehre beruht auf einer objektiven Wertephilosophie und war wegweisend für die verschiedenen Richtungen der neukantianischen und phänomenologischen Vertreterinnen und Vertreter, wie Wilhelm Windelband und Heinrich Rickert. Diese beiden Vertreter waren der Auffassung, dass ideelle Werte nicht aus dem Handeln und der Erfahrung von Personen entstehen können, sondern zum „Seinmodus“ dazugehören. Folglich können Menschen Werte nicht erzeugen, sondern sie nur entdecken und verkörpern (Kirchner et al. 2013, S. 727; Joas 2013, S. 3740). Neben Hermann Lotze, waren weitere Vertreter der Wertphilosophie, die die Begriffe „Wertvorstellung“, „Werthaltung“ oder „Wertschöpfung“ verwendeten und weiterentwickelten, zum Beispiel Oskar Kraus und Max Scheler. Ihre Auffassung von ideellen Werten beschreibt die Basis und Ausrichtung demnach Denken und Handeln gelebt werden soll. Ideelle oder ideale Werte, die nicht unbedingt der materiellen Erweiterung und des Gewinns dienen, sondern die sich hingegen geistig ausgerichtet sind. Es geht dabei um eine Steigerung, Bereicherung und Reifung der Persönlichkeit durch immaterielle Werte (Joas 2013, S. 3740). Der Wertebegriff und seine Verwendung durch Friedrich Nietzsche waren für die damalige intensive öffentliche Diskussion und Philosophie im 20. Jahrhundert besonders prägend. Er war einer der Ersten, der gefragt hat: Wie kommen Werte auf? (Joas 2013, S. 38). Die Lebensphilosophie Nietzsches erklärt die Weltanschauung als Ergebnis von Wertschätzungen, die im Willen zur Macht ausgedrückt wird. Allerdings strebt dieser Wille nach Verselbstständigung. Ziel des Willens zur Macht ist es, die bestehenden Werte zu 13 zerstören und die Macht, also sich selbst an erster Stelle der Werte zu setzen. Nietzsche kommt damit zur Auflösung der herkömmlichen Moral. Auf Grund dessen fordert er unter anderem in seinem Werk Der Antichrist eine Umwertung aller Werte (Joas 2013, S. 42; Ottmann 2000, S. 345346). Die alten Werte sind für ihn Werte aus einer Sklaven-Moral, die mit Sokrates begonnen hat und die sich im Christentum, das Nietzsche besonders anprangert, fortsetzt. Dem Übermensch ist es nach der Umwertung zuzutrauen ein Leben aus den neuen Werten zu leben und so eine neue Herrenmoral zu begründen (Krobath 2009, S. 9395; Joas 2013, S. 42). Max Scheler, ein deutscher Philosoph, Anthropologe und Soziologe hat seine Theorie im ausdrücklichen Gegensatz zur Güterethik entwickelt. Er hat Nietzsches Behauptungen analysiert, kritisiert und weiterentwickelt (Joas 2013, S. 45). Für ihn sind Werte echte Qualitäten, die unabhängig von unseren Erkenntnissen sind und durch ein „Wertfühlen“ erschlossen werden. Die Werterkenntnis kommt außerdem erst durch das Bilden von Rängen und durch das Verstehen, wie diese zusammenwirken, zustanden. Werte werden bei Scheler nach fünf Kriterien in höhere und niedrigere Werte eingeteilt (Krobath 2009, S. 81): 1. Ein Wert ist umso höher, je dauerhafter er ist. 2. Ein Wert ist umso höher, je weniger teilbar er ist. 3. Ein Wert ist umso höher, je weniger er durch andere Werte fundiert ist. 4. Ein Wert ist umso höher, je tiefer die Befriedigung ist, welche sein Fühlen begleitet. 5. Ein Wert ist umso höher, je weniger er relativ ist. (Scheler 1921, S. 8891, 284) Das bedeutet also, dass der Wert Seligkeit dauerhafter ist als Freude, weil diese nur kurz andauert und somit auch einen höheren Wert hat. Liebe gehört laut Scheler zu den ewigen Werten und ist somit einer der dauerhaftesten. Die Werte des Angenehmen, oder Werte wie edel und gemein sind relativ, eine subjektive Wahrnehmung eines jeden Lebewesens und haben folglich einen niedrigeren Rang als sittliche Werte (Krobath 2009, S. 8182). Hartmann Nicolai stimmt den meisten Ansichten Schelers zu. Auch für ihn sind Werte unabhängig von menschlichen Wertschätzungen und Bewusstsein. Diese sind laut Hartmann auch durch „Wertfühlen“ zu begreifen, dadurch lässt sich aber bezweifeln dass sie objektiv sind. Wie Scheler nimmt auch Hartmann eine Reihung der Werte vor, kritisiert aber Schelers 14 Rangordnung, da er meint, dass Werte multidimensional erfasst werden sollten. Außerdem hält er es für „unmöglich, einen einzigen obersten Wert inhaltlich aufzuzeigen.“ (Hartmann 1926, S. 263) Aufgrund dessen erweitert Hartmann Schelers Rangordnung durch die Wertstärke und stellt einen Zusammenhang zwischen der Höhe und der Stärke eines Wertes her (Hartmann 1926, S. 547). „Heroismus z.B. ist ein höherer Wert als Vertrauenswürdigkeit – ein Vertrauensbruch ist aber ein schwereres Vergehen als das Fehlen des Heroismus, das vielleicht als menschliche Schwäche zu beklagen ist – umgekehrt ist die Bewunderung, das moralische Verdienst, das in einer heroischen Tat liegt, weit größer, als das Verdienst, das darin liegt, dass man jemandes Vertrauen nicht enttäuscht – Heroismus ist der höhere, aber schwächere Wert – Vertrauen der niedrigere, aber stärkere Wert.“ (Krobath 2009, S. 86) Spranger Eduard sah Werte als Lebensformen, die je nachdem welche Werterichtung bei einer Person dominieren, einem Personentyp zugeordnet werden kann (Waschulewski 2002, S. 30). Die Personentypen sind: 1. Der theoretische Mensch: Dieser Typus strebt nach Erkenntnis und Objektivität, Affektlosigkeit, Regalhaftigkeit und Überzeitlichkeit (Waschulewski 2002, S. 53). 2. Der ökonomische Mensch: Diesem Personentyp sind besonders Nützlichkeit und maximale Wirkung wichtig. Weitere Eigenschaften sind außerdem Sparsamkeit, Klugheit und praktisches Handeln (Waschulewski 2002, S. 54). 3. Der ästhetische Mensch: Kernpunkte dieses Typus sind Eindruck, Ausdruck, Form, Selbstgenuss und innere Form (Waschulewski 2002, S. 56). 4. Der soziale Mensch: Dieser Typus wendet sich fremdem Leben zu und fördert mit Hilfe von Liebe und Zuwendung seine Entfaltung. Diese Lebensform beinhaltet außerdem noch folgende Kernpunkte: Hinwendung zum Anderen, Liebe, Treue, Selbsterweiterung, Selbstentwertung, Selbstbereicherung (Waschulewski 2002, S. 59). 5. Der Machtmensch: Dieser politische Mensch strebt nach Überlegenheit über andere. Kernpunkte dieses Typus sind Selbstbejahung, Überlegenheit (über andere), Freiheit und Selbstbeherrschung (Waschulewski 2002, S. 6162). 6. Der religiöse Mensch: Die Kernaspekte dieses Typus gelten für alle drei religiösen Typen (immanenter Mystiker, transzendenter Mystiker und dualistisch religiöser Typus) und lauten: Sittlichkeit, Erlösung und Offenbarung (Waschulewski 2002, S. 64). 15 In der Kindheit ist der Typus eines Menschen noch nicht feststellbar, in der Pubertät herrschen meist die ästhetischen Einstellungen vor, doch danach entfaltet sich die innere geistige Lebensform, die dann ein Leben lang vorherrschen und den Menschen bestimmen. Nur im Alter kommt es häufiger dazu, dass von einem Typus zum religiösen Typus übergegangen wird. Manchmal, räumt Spranger allerdings auch ein, kann ein Mensch nicht einem Typus alleine zugeordnet werden und so gibt es auch Mischformen (Waschulewski 2002, S. 49). Für Spranger, der den Begriff Wert nirgends genau definiert hat, geht es nicht um die Theorie der Werte, sondern wie die Werte in den verschiedenen Typen gelebt und umgesetzt werden (Waschulewski 2002, S. 24). Dewey John, ein amerikanischer Philosoph meinte mit seiner pragmatischen Auffassung der Wertphilosophie, dass Werte Instrumente der Lösung praktische Probleme sind und „Werteurteile sind „problemlösend-hypothetisch, handlungsleitend, und – in ihren Folgen – einer empirischen Überprüfung zugänglich.“ (Krobath 2009, S. 101). Nach Nietzsche, Scheler und Dewey gab es Jahrzehnte lang eine angeregte Diskussion über die Entstehung der Werte. Mit den dreißiger Jahren allerdings wurde sie leiser und mündete schließlich bei Charles Taylor, einem kanadischen Philosophen und Politikwissenschaftler (Joas, 2013, S. 195). Taylor sieht Werte als einen wichtigen Aspekt der Identität und die Wünsche eines Menschen sind das Ausgangsmaterial (Krobath, 2009, S. 125126). Der wichtigste Aspekt in seiner Wertetheorie ist die Unterscheidung zwischen starken und schwachen Wertungen. Denn Menschen haben nicht nur Wünsche, sondern sogar Wünsche, die sich auf ihre Wünsche richten (Joas, 2013, S.195, 200). „Sie können den Wunsch haben, einen Wunsch zu haben oder nicht zu haben, und sie können den Wunsch haben, daß einer ihrer Wünsche tatsächlich so strak sei, daß er ihren Willen bewegt.“ (Joas 2013, S. 201) Jedem Wunsch liegt eine Bewertung zu Grunde, die entweder stark oder schwach sein kann. Eine schwache Bewertung bei einem Wunsch kommt bei Wünschen vor, bei denen vor allem das Ergebnis des Gewünschten zählt. Bei starke Bewertungen kommt es auf den qualitativen Wert der unterschiedlichen Wünsche an und die Wünsche selbst werden dabei bewertet (Krobath 2009, S. 125126). Laut Taylor ist kein Tier in der Lage Wünsche zweiter Stufe auszudrücken, nur der Mensch hat die Fähigkeit zur reflektierenden Selbstbewertung (Joas 2013, S. 201). 16 Die erfolgte Darstellung der Philosophen bzw. Autoren, die sich mit der Entstehung von Werten auseinander gesetzt haben ist nicht isoliert zu betrachten. Viele nehmen Bezug auf vorhergegangene Autorinnen und Autoren und setzen deren Werke und Ansichten fort (Joas 2013, S. 195). Viele weitere Persönlichkeiten, die einen großen Beitrag zur Wertediskussion beigetragen haben könnten hier noch behandelt und ihr Verständnis von Werten und wie sie entstehen und zu beachten sind, erläutert werden. 4.1.Von der Antike bis zur Renaissance Abgesehen davon, dass der Begriff Wert ein Erzeugnis der Ökonomik ist, befassten sich schon frühere Philosophen mit Denkansätzen zum guten oder richtigen Leben und Handeln (Krobath 2009, S. 21). In der griechischen Antike stellte man sich die Frage nach dem Guten des Lebens. Die Sophisten, etwa wie Protagoras lehnten eine bedingungslose Annahme von Werten und deren abgeleiteten Gesetzen und Normen ab. Sie waren davon überzeugt, dass Werte in Frage gestellt und sachlich und rational diskutiert werden können. So sollten sich die Menschen frei davon machen, welche Auffassungen und Werte ihre Vorgänger hatten und stellten die Religion und deren Götter als Welterschaffer und Bestimmer des Lebens der Menschen in Frage (Nill 1992, S. 11931195). Plato wiederum sprach von den vier Kardinaltugenden, die sich aus der Idee des Guten herleitet. Für das Gute an sich, das die höchste Idee darstellt, muss auch die menschliche Seele in innerer Harmonie sein, nur dann erfüllt man die Idee des ideellen Seins. Die vier berühmten Kardinaltugenden sind: die Einsicht oder Weisheit, die Mannhaftigkeit, die Besonnenheit und die Gerechtigkeit. Letztere stellt die höchste aller Tugenden dar (Vorländer 1964, S. 102) Aristoteles, ein Schüler Platons, bezog das Gute auf das menschliche Handeln und sah den Zweck darin, nach dem obersten Gut, nämlich der Glückseligkeit zu streben. Er unterscheidet zwischen Gütern und Tugenden die man sich aneignen sollte um ein harmonisches und vernünftiges Leben führen zu können (Vorländer 1964, S. 129). Zu den Gütern gehörten: „1. Die Entwicklung zur vollen Reife des Mannes (nicht Weibes!), 2. Gewissen äußere Güter wie Gesundheit, Wohlhabenheit, schöne Gestalt, wenigstens als Fördermittel, 3. Das Leben mit anderen im Staate“ (Vorländer 1964, S. 129). Die Tugenden 17 werden aufgeteilt in Tugenden des Denkens und Tugenden des Wollens bzw. in die dianoetische Tugenden und die ethischen Tugenden (Krobath 2009, S. 21). Laut Epikur ist ein Leben, das frei von körperlichen Schmerzen und negativer psychischer Beeinträchtigung ist ein glückseliges Leben und das Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen strebt der Mensch nach beständiger Lust, nicht nach der kurzfristigen vergänglichen, sondern nach dem obersten Wert, der bleibenden ausdrücklichen Lust des einzelnen (Vorländer 1964, S. 150; Krobath 2009, S. 22). Die Skeptiker sahen das Ziel für ein gutes Leben ähnlich wie Epikur: ein Ideal ist der Zustand der Seelenruhe der unter anderem durch emotionale Gelassenheit und das Weglassen von Urteilen über Werte und Ziele im Leben zu erreichen ist (Krobath 2009, S. 23). Die hier beschriebenen Zustände können zum Begriff Ataraxie zusammengefasst werde. Ataraxie ist, laut Wörterbuch der philosophischen Begriffe, die: „Unerschütterlichkeit, die Seelenruhe, die Leidenschafts- und Affektlosigkeit, der Gleichmut gegenüber Schicksalsschlägen“ (Kirchner et al. 2013, S. 74). Nicht nur für Epikur und die Schule der Skeptiker war Ataraxie ein Ideal der menschlichen Haltung, sondern besonders auch für die Stoiker, die den Begriff noch zur Apathie steigerten. Der Wert des Lebens liegt ihnen zufolge darin, die Gleichgültigkeit aller Dinge und Güter anzunehmen. Genauso wie frei zu sein von Leidenschaften wie Lust, Begierde, Furcht, Trauer, Mitleid. Der einzige Wert, der zählt ist die Tugend, die lehrbar ist und zur Glückseligkeit im stoischen Sinn führen kann; der einzige Unwert die Schlechtigkeit (Vorländer 1964, S. 145). Gerechtigkeit, Tapferkeit, Selbstbeherrschung, Selbstgenügsamkeit und Humanität sind Tugenden die an Plato und Aristoteles erinnern und gleichzeitig auch die Grundlage für die Entstehung der „monopolartigen“ christlichen Wertund Tugendlehre bilden. Die drei göttlichen Tugenden sind Glaube, Hoffnung und Liebe (Hillmann 2003, S. 1819). Als Reaktion auf die Werte des Mittelalters erfolgte in der Zeit der Renaissance eine Reformation, eine Neudeutung der Werte und Normen. Durch die Rückbesinnung auf die klassische Antike mit ihren Idealen kam es in Kombination mit schweren Krisen zu Entstabilisierung der moralischen und politischen Ordnung. Dadurch entstanden die für uns immer noch bekannten Tugenden und Werte: Ordentlichkeit, Sparsamkeit, Fleiß, 18 Reinlichkeit und Pünktlichkeit, die wesentlich geprägt wurden durch die damaligen religiösen Vertreter Martin Luther und Johannes Calvin (Hillmann 2003, S. 1920). Im Zuge der Aufklärung mit ihrem Appell an die Vernunft (und die Nützlichkeit und Menschlichkeit) manifestierten sich die noch bis heute gültige Werte laut Hillmann: - Humanität und Menschwürde - Eigentumssicherung - Toleranz - persönliches Glück - Individuelle Freiheit - Vervollkommnung der Menschen - Gleichheit - Fortschritt (Hillmann 2003, S. 20) Von da an, ungefähr im 19. Jahrhundert, wurde, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, der Begriff Wert in die Diskussion und damit auch in die Philosophie aufgenommen. Wie genau es dazu gekommen ist, lässt Philosophinnen und Philosophen bis heute spekulieren. Allerdings unterscheidet Krobath „drei Bereiche philosophischer Deutungsversuche“, nämlich: „das Leben bzw. die Erfahrungswirklichkeit, die Geschichte und die Ethik.“ und nennt als Vertreter Martin Heidegger und Hans Joas (Krobath 2009, S. 25). Ersterer war ein Philosoph und scharfer Kritiker der Wertphilosophie. Der zweite, Hans Joas, in dieser Arbeit schon öfters zitiert, ist ein deutscher Soziologe und Sozialphilosoph, der die Interpretation vertritt, dass der Begriff des Guten sich zum philosophischen Begriff des Wertes verändert hat (Krobath 2009, S. 28). 4.2. Die Entstehung von Werten in soziologischer Hinsicht Die Frage nach der Entstehung von Werten kann nicht nur in der geschichtlichphilosophischen, sondern auch in der psychologischen, neurobiologischen und soziologischen Perspektive betrachtet werden. Letztere untersucht die Entstehung von Werten im Rahmen der Gesellschaft und deren Bedingungen. Geschichtlich gesehen hat sich eine Entwicklung des Wertebegriffs vollzogen, indem das eine Verständnis von Werten, das andere abgelöst hat. Solche Prozesse entstehen meist durch soziokulturellen Wandel, der wiederum durch allgemeine Probleme wie wirtschaftliche Krisen oder einen Wandel der Umweltbedingungen entsteht (Krobath 2009, S. 517519). 19 Die Bedingungen unter denen sich neue Werte festigen und verbreiten sind klar: Je besser sie ihre Funktionen zur Orientierung erfüllen und zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen, umso eher werden sie akzeptiert. Allerdings ist meist Widerstand von konservativen Gruppen oder Personen zu erwarten, die mit dem Wandel der Werte vor allem befürchten, dass ihre Macht gefährdet ist und ihre partikulären Interessen unwichtig geworden sind (Krobath 2009, S. 519520). Bei, unter anderem, hoher Überzeugungskraft der neuen Werte, guter Kommunikationsstruktur und hohem Einfluss der Menschen, die die neuen Werte unterstützen setzen sich die Werte schnell in der breiten Masse um. Dann folgt die Festigung dieser mit Hilfe von Symbolen und Institutionalisierung, wobei die Werte in Normen gewandelt und auch sanktioniert werden können (Krobath 2009, S. 519520). Auf diese Weise sind Werte verschwunden, haben sich verändert und neue sind entstanden. Es ist nun ersichtlich, dass die Entstehung von Werten von vielen Faktoren in verschiedenen Kulturen beeinflusst wurde. Hillmann meint dazu, dass sich die Frage nach dem Ursprung und der Entstehung wahrscheinlich gar nicht befriedigend beantworten lässt, da es nicht möglich ist eine genaue Zeitskala aufzustellen in der die Werte mit ihren Ursprüngen, Weiterentwicklungen und Auflösungen verzeichnet sind. Unter anderem gerade weil es Werte schon so lange gibt, wie die Menschheit in Gesellschaften zusammenlebt und sich Werte zusammen mit den soziokulturellen Lebensweisen entwickelt und verändert haben. Außerdem ist es sehr schwierig „neue“ Werte an einen bestimmten Zeitpunkt festzumachen, da die meisten sich aus schon bestehenden weiterentwickelt haben und die hohe Anzahl von komplexen Faktoren, die beeinflusst und verursacht haben, zu identifizieren wäre. Wird betrachtet, wann Menschen zu ihren Werten, also Vorstellungen und Überzeugungen kommen, ist es laut Hillmann recht einfach, wenn der Blick auf das soziokulturelle Umfeld und die persönliche Lebensgeschichte einer Person gerichtet wird. Durch Eltern, Großeltern, Verwandte, Geschwister und Freunde werden Menschen sozialisiert und behalten sich, die durch die Erziehung, Erfahrungen und Einsicht beim Lernen fundierten Werte, bei. Teilweise werden Werte, Einstellungen und Anschauungen bewusst, damit sie nicht verloren gehen, von einem Teil der Gesellschaft erhalten und gepflegt. Das bedeutet also, dass eine moderne Gesellschaft immer noch einen Bezug zur geschichtlichen Entwicklung all dieser genannten Begriffe hat, die früher schon von Verwandten und Vorfahren vertreten wurden (Hillmann 2003, S. 89). 20 5. Ausgewählte traditionelle Ethiktheorien in Hinblick auf den Begriff „Wert“ Angesichts der großen Menge an Veröffentlichungen, Interpretationen und Positionen ist es schwierig einen Überblick herzustellen. Auf Grund dessen ist nur eine kleine Auswahl an Ethiktheorien und Positionen vorgenommen worden, der primär eine Beschränkung auf deutschsprachige Wertphilosophen und ihre Ansichten und Theorien vorausgegangen ist. Diese traditionellen Ethiktheorien sind auch in gegenwärtigen Ethikdiskussionen noch gültig, jedoch existieren viele unterschiedliche Ansätze, die sich neben den klassischen Theorien herausgebildet haben (Krobath 2009, S. 51, 97). 5.1. Pflichtethik Die bekannteste deontologische Ethik bzw. Pflichtethik ist die kantische Ethik. Immanuel Kant war ein bedeutender Philosoph und wirkte zur Zeit der Aufklärung. Mit seinen Werken „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“, „Kritik der praktischen Vernunft“, „Metaphysik der Sitten“ und „Kritik der Urteilskraft“ widmet sich Kant der Ethik, Religion und dem moralischen Handeln (Hiemetzberger 2016, S. 4647). Der Pflichtbegriff laut Kant ist nicht als unreflektiertes Befolgen von Normen und Gesetzen zu verstehen, sondern es geht um das Befolgen der Gesetze, die sich ein Mensch nach eigenständigem und kritischen Prüfen, selbst auferlegt hat. Für Immanuel Kant existiert nur der sittlich moralische Wert, der absolut und unbedingt ist. Dieser Wert bezieht sich auf Personen und deren Willen. Aus diesem Willen werden die Handlungen von Personen abgleitet. Kant meint, dass der moralische Gehalt einer Handlung nur durch die Absicht des guten Willens zu beurteilen ist. Entscheidend ist dabei, ob die Handlung der verpflichtenden Regel gemäß ist und ob sie aufgrund dieser Verpflichtung begangen wird. Folglich ist eine Handlung moralisch richtig (vorausgesetzt sie erfolgt unter „Aufbietung aller Mittel“), selbst wenn die Folgen der Handlung nicht zum gewünschten Ergebnis führen; allein durch die Handlung aus gutem Willen bzw. der Befolgung der Sittengesetze hat sie einen Wert an sich (Krobath 2009, S. 92; Hiemetzberger 2016, S. 4748). Einer moralischen Handlung muss das Wissen vorrausgehen, was ethisch richtig ist. Der Mensch unterscheidet sich vom Tier dahingehend, dass er die Gesetze der Natur (Triebe, Begierde, Leidenschaft) überwinden kann, da er nicht nur Natur- sondern auch Vernunftwesen ist. Dadurch ist er zu moralischem Handeln verpflichtet und kann sich selbst 21 seinen Gesetzen unterwerfen (Autonomie). Ein vernunftbegabter Mensch kann aus seinen Eigenschaften, die den Charakter ausmachen, Gutes oder Schlechtes bewirken. Wenn diese Eigenschaften von einem guten Willen gelenkt werden, so sind sie auch als gut zu betrachten. Daraus folgt für Kant, dass der vernunftbegabte Mensch, die Pflicht hat, sich immer wieder aufs Neue für das Richtige zu entscheiden (Hiemetzberger 2016, S.4648). Alle anderen Werte, abgesehen vom guten Willen, haben ein geringeres Ansehen bei Kant. Werte wie Verstand, Witz, Geist, Mut, Entschlossenheit und Beharrlichkeit können ohne guten Willen schaden und Böses hervorbringen. Auch Werten wie Wohltätigkeit und Dankbarkeit können keinen sittlichen Wert hervorbringen, wenn sie nicht aus der Pflicht heraus verwirklicht werden (Krobath 2009, S. 9293). Allerdings kann ein guter Wille sich nicht beliebigen Wünschen einer Person unterwerfen, denn ein guter Wille muss sich selbst ein nicht-fremdbestimmtes Gesetz auferlegen. Es ist Voraussetzung, dass das Gesetz formal ist und auch formale Merkmale, die universelle Form, erfüllt. Der kategorische Imperativ ist das Gebot der Sittlichkeit und gilt als oberstes moralisches Prinzip, dass in allen möglichen Situationen Gültigkeit hat. Dieses oberste Moralprinzip gilt unbedingt, uneingeschränkt und ist universal und widerspruchsfrei (Kant und Weischedel 1997, BA 52; Hiemetzberger 2016, S. 49). Formel 1, „(H)andle nur nach derjenigen Maxime, durch die du Formel des allgemeinen Gesetzes: zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Formel 1a, „Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung Formel des Naturgesetzes: durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.“ Formel 2, „Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Formel des Zwecks-an-sich-selbst: Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“ Formel 3, „Handle so, daß der (dein) Wille durch seine Formel der Autonomie: Maxime sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend betrachten könne.“ 22 Formel 3a, „Handle so, als ob du durch deine Maxime jederzeit Formel des Reichs der Zwecke: ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reich der Zwecke wärst.“ Tabelle 3: Formulierungen des kategorischen Imperativs (nach Kant GMS, BA 52, BA 67, BA 76, 77) Die oben stehenden drei Hauptformeln und zwei Unterformeln des kategorischen Imperativs (siehe Tabelle 3), sind als gleichwertige Formeln des allgemeinen Gesetzes zu betrachten. Problematisch bei der deontologischen Ethiktheorie ist, dass die Folgen einer Handlung bewusst außer Acht gelassen werden bzw. dass bei ethischen Bewertungen nur die Qualität einer Handlung, ohne Berücksichtigung der Folgen, betont wird (Lauber 2012, S. 258259). 5.2. Mitleidsethik Nach dem Wörterbuch der philosophischen Begriffe ist Mitleid „ein auf den Mitmenschen gerichtetes Gefühl, in dem die Teilnahme am Leiden anderer erlebt wird und die Bereitwilligkeit, ihm zu helfen, mitschwingt;“ (Kirchner et al. 2013, S. 416) Schon im Christentum wurde Mitleid und Mitgefühl in Zusammenhang mit den Werten Liebe und Barmherzigkeit hoch gehalten und als göttliche Gnade gesehen. Auch für Schopenhauer hat Mitleid eine große Motivationskraft und ist der Grundlegende Wert, auf dem sich ein Gewissen aufbauen lässt. Allerdings kritisiert er in seinem Werk: Preisschrift über die Grundlage der Moral, besonders die kantische Ethik und die christliche Moralvorstellung (Pauer-Studer 2010, S. 177). „Eine gute That, bloß aus Rücksicht auf das kantische Moralprincip vollbracht, würde im Grunde das Werk eines philosophischen Pedantismus seyn, oder aber auf Selbsttäuschung hinauslaufen, indem die Vernunft des Handelnden eine That, welche andere, vielleicht edlere Triebfelder hätte, als das Produkt des kategorischen Imperativs und des auf nichts gestützten Begriffs der Pflicht auslegte.“ (Schopenhauer 1977, S. 273) Es ist deutlich, dass Schopenhauers Mitleidsethik in vielen wesentlichen Punkten Kant’s entgegengesetzt ist. Nur das Mitleid und das Mitfühlen mit anderen sind für Schopenhauer die Grundlage der Moral und das zentrales Element der Ethik. Durch das Empfinden von Mitleid wird der Mensch erst zu einem moralischen Wesen (Pauer-Studer 2010, S. 99). Er formulierte den Vorsatz, die Rechte jedes Menschen (und auch Tieres) zu achten nicht in sie einzugreifen und außerdem nicht die Ursache für fremdes Leiden zu sein (Pauer-Studer 2010, S. 177). 23 Wiederum Schopenhauer entgegengesetzt, ist Nietzsches Auffassung von Mitleid als etwas Geringschätziges. Obwohl Schopenhauer ein früheres Vorbild Nietzsches war, kritisiert er die Mitleidsethik, den europäischen Buddhismus und tat Mitleid als Schwäche, Krankheit und üble Eigenschaft ab (Joas 2013, S. 4142). 6. Ausgewählte gegenwärtige ethische Ansätze und Ethiktheorien In der Pflege können, abgesehen von Theorien, auch Prinzipien als theoretisches Werkzeug fungieren. Prinzipien helfen dabei, Argumente zu finden, wieso auf diese Art gehandelt wurde und können helfen bei einem Problem zu einer guten Entscheidung zu kommen (Lauber 2012, S. 270). Prinzipien sind Regeln, nach denen Entscheidungen getroffen werden. Folgende ethische Prinzipien sind wichtig und hilfreich für die Pflegepraxis(Lauber 2012, S. 276): „Autonomie: Willens- und Handlungs- bzw. Entscheidungsfreiheit des pflegebedürftigen Menschen respektieren, Wohltätigkeit: Pflegerisches Handeln auf das Wohlergehen des pflegebedürftigen Menschen ausrichten und ihn vor Schaden bewahren, Gerechtigkeit: Gleiches muss gleich, Ungleiches ungleich behandelt werden, z.B. Pflegeleistungen an der Pflegebedürftigkeit ausrichten, Aufrichtigkeit: Nicht lügen, die Wahrheit sagen (Grundlage für den Beziehungsprozess zwischen Pflegeperson und pflegebedürftigem Menschen), Loyalität: Treu zu jemandem stehen, z.B. Vertraulicher Umgang mit Informationen, berufliche Schweigepflicht wahren.“ (Lauber 2012, S. 276) Da deontologische Theorien oft als einseitig kritisiert wurden, wenden sich neuere und aktuelle Ethiktheorien oft auch den Folgen einer Handlung zu (Lauber 2012, S. 259). 6.1. Care-Ethik Care-Ethik ist aus der feministischen Ethik entstanden und Fürsorglichkeit und Anteilnahme sind zentrale Punkte darin, wobei Gefühle und Beziehungen einen hohen Stellenwert einnehmen (Hiemetzberger, 2016, S. 65). 24 Kemetmüller und Fürstler haben in ihrer Arbeit Carol Gilligan, eine amerikanische Entwicklungspsychologin, zitiert. Sie fand mit Hilfe von Untersuchungen zur moralischen Urteilsfähigkeit heraus, dass, ihrer Meinung nach, Frauen bei Entscheidungen eine andere Moral zu Grunde liegt als Männern, nämlich die Ideale der Fürsorge (Care) und Empathie (Gilligan1984, S. 112113). Mit dieser These hat Gilligan den Diskurs zur Care-Ethik geebnet, obgleich sie keinen Lösungsvorschlag mitliefert. Care-Ethik wurde besonders im angloamerikanischen Raum weiterentwickelt und wurde in vielen Ansätzen in Beziehung mit den klassischen Ethiktheorien, aber vor allem der Tugendethik gesetzt (Hiemetzberger 2016, S. 68). 6.2.Verantwortungsethik Im Rahmen der Verantwortungsethik wird versucht, alle Aspekte, die einer Handlung anhaften bei der Bewertung einer Handlung miteinzubeziehen. Dabei spielen die Handlung selbst und die Gesinnung eine wichtige Rolle, ebenso aber auch die vorhersehbaren Folgen (Bayertz 1995, S. 40). Weil der Mensch in der Lage ist, aus mehreren Möglichkeiten das Gute und Richtige zu wählen, kann er auch für seine Taten verantwortlich gemacht werden. Das bedeutet, wenn Jemand bereit ist Verantwortung zu übernehmen, ist er bereit eine Antwort zu geben bzw. Rechenschaft abzulegen, wieso er so, wie er es getan hat, und nicht anders gehandelt hat (Lauber 2012, S. 267). „Verantwortung besteht immer von jemandem (z.B. von Pflegepersonen), für etwas (z.B. für Pflegehandlungen), vor einer Instanz (z.B. vor dem eigenen Gewissen, vor pflegebedürftigen Menschen, vor dem Gericht), nach Maßgabe bestimmter Kriterien (z.B. Fachwissen der Pflegewissenschaft).“ (Lauber 2012, S. 267) Um für das eigene Handeln verantwortlich gemacht werden zu können, muss die handelnde Person selbst die Handlung ausgeführt haben und diese Handlung muss auf eigenem Willen und Wissen basieren. Ist dies nicht der Fall, wurde die Person also gezwungen oder genötigt und hatte keine Wahl, so ist sie auch nicht voll verantwortlich, da sie keine Handlungsfreiheit besessen hat (Lauber 2012, S. 267). Außerdem sind Fachwissen und Kommunikation mit der pflegebedürftigen Person zur Entscheidungsfindung Voraussetzungen, wenn es um verantwortliches Handeln im Pflegeberuf geht (Lauber 2012, S. 269). Weitere Bedingungen um Verantwortung übernehmen zu können sind, neben Handlungsfreiheit, auch Zurechnungsfähigkeit und Wahlfreiheit. Wahlfreiheit besteht, wenn eine Person mindestens 25 zwischen zwei Optionen wählen kann oder auch wenn sie zwischen Handeln und NichtHandeln entscheiden kann (Bayertz 1995, S. 48). Die Arten der Verantwortung lassen sich, laut Lenk, in fünf Bereiche einteilen: Handlungs(folgen)verantwortung, Aufgaben- oder Rollenverantwortung, Rechtsverantwortung, Gruppen- und Mitverantwortung und moralische Verantwortung. Diese Arten der Verantwortung können nicht nur getrennt voneinander betrachtet werden, da sie sich teilweise überlappen (Lenk 1998, S. 267283). Die Bereiche der Verantwortung der verschiedenen Pflegeberufe sind im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz klar definiert. Sie schließen alle fünf oben genannten Verantwortungsbereiche mit den konkreten Handlungen ein und beschreiben diese. 7. Pflegeethik „Pflegeethik ist die Reflexion moralischer Aspekte der Pflegepraxis. Sie besteht nicht allein aus der pflegerischen Berufsethik, sondern befasst sich als Kern der Ethik in der Pflege umfassend mit moralischen Fragen beruflicher und nichtberuflicher Pflegepraxis.“ (Lay 2014, S. 107) Laut Lay ist Pflegeethik in der Praxis der wichtigste Teil dieser Bereichsethik, da Pflege eine intime Interaktion zwischen der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person erfordert. Durch den Körperkontakt, der oft hergestellt wird und hergestellt werden muss, wie beim Waschen und Ankleiden, ist die Beziehung zwischen Pflegepersonen und Patientinnen oder Patienten eine andere als zwischen Ärztinnen oder Ärzten und Patientinnen oder Patienten. Folglich kommt es häufiger als bei Ärztinnen und Ärzten, die eher mit instrumentellen und mechanischen Interventionen an Patientinnen und Patienten arbeiten, durch die körperliche und emotionale Nähe zu einer (mehr oder weniger freiwilligen) Vertrauensbeziehung oder sogar zur persönlichen Vertrautheit. Die Pflege hat die Aufgabe sich der ständigen Grenzüberschreitungen, da es sich bei der Pflege oft um ein Eindringen in die Intimsphäre handelt, bewusst zu sein. Unreflektiertes Erlernen dieser Eingriffe und das folgende routinehafte Ausüben demnach, kann zu einer nichttolerierbaren Verletzung der Menschenwürde führen (Lay 2014, S. 118120). Deshalb ist es wichtig zu bedenken, dass Ziele Bedürfnisse und Werte der Pflegepersonen und Patientinnen und Patienten jeden Interaktionsprozess beeinflussen und eine Reflexion der Werte der Pflegeperson und das 26 Abfragen der Bedürfnisse und Werte (z.B. bei der Anamnese) der pflegebedürftigen Person unabdingbar sind. Dies kann auch die Qualität der Pflege erhöhen (Lay 2014, S. 163). Die Aufgaben der Pflegeethik sind einerseits Richtlinien zur Verfügung zu stellen, nach denen pflegerisches Handeln ausgerichtet werden soll und andererseits Reflexion und Argumente zu fördern um Situationen mit moralischen Problemen wahrnehmen zu können (Hiemetzberger 2016, S. 85). In der Pflege tauchen immer wieder moralisch problematische Fälle auf, die einer systematischen Reflexion bedürfen. Im Alltag geht es darum, Situationen zu schaffen, damit sich Pflegepersonen und Patientinnen oder Patienten in einem Umfeld begegnen, indem es möglich ist, respektvoll und vertrauenswürdig miteinander umzugehen (Fahr 2000, S. 640675). Laut Jonas muss, um das Ziel, Gesundheit wiederherzustellen, zu erreichen, einige Regeln beachtet werden, die Uwe Fahr so erweitert, dass sie nicht nur Ärztinnen und Ärzte sondern auch Angehörige der Pflege ansprechen. 1. „Der Patient erwartet und muss vertrauen können, dass die Behandlung ihn allein im Auge hat.“ (Jonas 1987, S. 148) 2. „Der Wert einer Person darf kein differenzierender Maßstab für seine Bemühungen um den Körper werden.“ (Jonas 1987, S. 149) Zwischen Patientin oder Patient und Ärztin oder Arzt (oder der Pflegeperson) besteht eine exklusive Beziehung, die wichtiger ist als andere Interessen und die eine Besinnung darauf, was der Patientin oder dem Patienten wichtig ist, fordert. (Fahr 2000, S. 670). In der Pflegeethik bilden Werte wie Autonomie, Fürsorge, Gerechtigkeit und Verantwortung die Grundlage für systematische Reflexion der Handlungsfelder in der Pflege. Der aktuelle Schwerpunkt pflegeethischer Diskurse liegt demnach auf der Beziehung zwischen der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person und deren Angehörigen. Moralisches Handeln ist erst seit Mitte der 80er Jahre zum Thema der Pflegeethik geworden (Lauber 2012, S. 261). Fry hat in ihrer Arbeit für den Internationalen Pflegerat (ICN) den geschichtliche Wandel der Rolle der Krankenschwester in der Pflege beschrieben. Aus der gehorsamen Helferin (oder dem Helfer) des Arztes (oder der Ärztin) hat sich ein eigenständiger Beruf bzw. eine Berufung entwickelt, die unabhängige und ethische Entscheidungen durch die gewonnene 27 Eigenständigkeit und die daraus resultierende Eigenverantwortung, verlangt (Fry 1995, S. 5253). Diese Entwicklung wurde von Berufsverbänden der Pflege gefördert und durch Berufskodizes verbreitet (Lauber 2012, S. 262). 7.1. Berufskodex Die geltenden Werte und Normen einer Gesellschaft beeinflussen zum größten Teil wie Menschen handeln. Die persönlichen Werte bzw. das persönliche Wertesystem fließen auch in den Beruf ein und ergeben die beruflichen Werte und Normen. Dabei handelt es sich um jene Orientierungsleitlinien und –standards, die die Werte wiederspiegeln, die als wichtig und maßgeblich für das Handeln in dieser Berufsgruppe erachtet werden. Zum Schutz der Werte und Normen wurden diese in einem Berufskodex festgeschrieben. Berufskodizes, die auch als Ethik-Kodizes bezeichnet werden, machen durch die Prinzipien und Regeln die enthalten sind deutlich, was das Ziel einer Berufsgruppe ist und geben eine Orientierungshilfe für berufliches Handeln (Lauber 2012, S. 262263). Das erste Dokument, ein Vorläufer des ICN-Ethikkodex, ist das Florence-NightingaleGelübde, indem das Verhalten der Pflegeperson definiert wurde (Hiemetzberger 2016, S. 8586): „Ich gelobe feierlich vor Gott und in Gegenwart dieser Versammlung, dass ich ein reines Leben führen und meinen Beruf in Treue ausüben will. Ich will mich alles Verderblichen und Bösen enthalten und will wissentlich keine schädlichen Arzneien nehmen und verabreichen. Ich will alles tun, was in meiner Macht steht, um den Stand meines Berufes hochzuhalten und zu fördern, und will über alle persönlichen Dinge, die mir anvertraut werden, Schweigen bewahren; ebenso über alle Familienangelegenheiten, von denen ich in der Ausübung meines Berufes Kenntnis hatte. In Treue will ich danach streben, dem Arzte in seiner Arbeit zu helfen, und mich ganz einsetzen für das Wohl derer, die meiner Pflege anvertraut sind.“ (Hiemetzberger 2016, S. 86). 7.2. ICN-Ethikkodex Der internationale Ethikkodex ist 1953 erstmals vom ICN (International Council of Nurses) verabschiedet worden und ist der bekannteste Berufskodex im Pflegebereich. Pflegende haben vier grundsätzliche Aufgaben: „Gesundheit zu fördern, Krankheit zu verhüten, Gesundheit wiederherzustellen, Leiden zu lindern.“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 1). 28 Dieser Kodex beinhaltet, dass Pflegende (in Österreich gehören dazu diplomierte Gesundheits- und Krankenschwestern/-pfleger, diplomierte Kinderkrankenschwestern/pfleger und diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenschwestern/-pfleger) die Menschenrechte achten müssen. Dazu gehören kulturelle Rechte, das Recht auf Leben, Entscheidungsfreiheit, Würde und das Recht auf respektvollen Umgang. Außerdem muss Pflege ohne Wertung erfolgen (Alter, Hautfarbe, Glaube, Kultur, Behinderung, Geschlecht,…). Pflegepersonen sind dazu angehalten ihren Beruf zum Wohle anderer Menschen auszuüben, egal ob Einzelperson, Familie oder Gemeinschaft. (International Council of Nurses ICN 2014, S. 1). Viele Werte, die im ICN-Ethikkodex verankert sind, sind ebenfalls in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu finden. Menschenrechte sind laut Wörterbuch der philosophischen Bergriffe: „unveräußerliche, weil mit der Würde der Person untrennbar verbundene Rechte auf Anerkennung und Achtung ihrer wesentlichen Existenzbedingungen.“ (Kirchner et al. 2013, S. 408). Dabei gelten, unter anderem, folgende Werte und Rechte, laut Bundesministerium für Europa, als die wichtigsten bürgerlichen und politischen Rechte: Recht auf Leben, Freiheit, und Sicherheit Recht auf ein faires Gerichtsverfahren Schutz des Privat- und Familienlebens Bewegungsfreiheit Meinungs- und Religionsfreiheit Versammlungs- und Vereinsfreiheit Wahlrecht (Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres) Ziel des ICN-Kodex bzw. der Gemeinschaft des Weltbundes der Krankenschwestern und Krankenpfleger ist es, hohe Qualität in der Pflege zu gewährleisten und in der Gesundheitspolitik zielführend mitzuwirken. Daher ist eine regelmäßige Reflexion und Überprüfung, so wie es der ICN ausübt, von hoher Wichtigkeit. Das Geforderte muss im Einklang mit der heutigen Zeit stehen und den gegenwärtigen Ansprüchen der Gesellschaft und Pflegeforschung entsprechen Der Kodex umfasst vier Elemente: Pflegende und ihre 29 Mitmenschen, Pflegende und die Berufsausübung, Pflegende und die Profession und Pflegende und ihre Kolleginnen (International Council of Nurses ICN 2014, S. 12). Pflegende und ihre Mitmenschen: „Die grundlegende professionelle Verantwortung der Pflegenden gilt dem pflegebedürftigen Menschen.“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 2) Die Pflege hat unter anderem die Aufgaben, Pflegebedürftige zu informieren, vertraulich mit Informationen von Personen umzugehen und im Zuge der Pflege ein Umfeld zu schaffen, indem die pflegebedürftigen Personen mit ihren Wertvorstellungen, ihrem Glauben und ihren Sitten und Gewohnheiten respektiert werden. „Die Pflegeperson zeigt in ihrem Verhalten professionelle Werte wie Respekt, Aufmerksamkeit und Eingehen auf Ansprüche und Bedürfnisse, sowie Mitgefühl, Vertrauenswürdigkeit und Integrität.“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 2) Pflegende und die Berufsausübung: Hier schließt der ICN-Kodex durch die allgemeine Formulierung viele Punkte ein, die die Pflege auch hinsichtlich ihres Handelns und Verhaltens während der Ausübung des Berufes zu beachten hat. „Die Pflegende ist persönlich verantwortlich und rechenschaftspflichtig für die Ausübung der Pflege sowie für die Wahrung ihrer fachlichen Kompetenz durch kontinuierliche Fortbildung. Die Pflegende achtet auf ihre eigene Gesundheit, um ihre Fähigkeit zur Berufsausübung nicht zu beeinträchtigen. Die Pflegende beurteilt die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden, wenn sie Verantwortung delegiert. Die Pflegende achtet in ihrem persönlichen Verhalten jederzeit darauf, ein positives Bild des Pflegeberufes zu vermitteln und das Ansehen sowie das Vertrauen der Bevölkerung in den Pflegeberuf zu stärken. Die Pflegende gewährleistet bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, dass der Einsatz von Technologie und die Anwendung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vereinbar sind mit der Sicherheit, der Würde und den Rechten der Menschen. Die Pflegende strebt danach, in der beruflichen Praxis eine Kultur ethischen Verhaltens und offenen Dialoges zu fördern und zu bewahren.“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 3) Pflegende und ihre Profession: „Die Pflegende beteiligt sich an der Entwicklung und Aufrechterhaltung von zentralen professionellen Werten.“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 3) Außerdem sollen sich Angehörige des Pflegeberufs dafür einsetzen, dass eine positive Arbeitsumgebung 30 geschaffen wird, ein ethisch verantwortliches Arbeitsumfeld und dass sichere, sozial gerechte und wirtschaftliche Arbeitsbedingungen in der Pflege herrschen. Weiters ist die Pflege unter anderem dazu angehalten, die Umwelt zu schonen und zu bewahren, weil sie sich der Bedeutung der Umwelt für die Gesundheit bewusst ist. Pflegende und ihre Kolleginnen: In diesem Absatz geht es vorwiegend um die Zusammenarbeit Angehöriger des Pflegeberufs mit ihren Kolleginnen und Kollegen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus anderen Bereichen. Diese Zusammenarbeit soll gut und respektvoll von statten gehen. Auch haben Angehörige des Pflegeberufs die Aufgabe einzugreifen, um den Schutz von Einzelnen, einer Familie oder einer sozialen Gemeinschaft zu gewährleisten (International Council of Nurses ICN 2014, S. 3). Und: „Die Pflegende ergreift geeignete Schritte, um Mitarbeitende bei der Förderung ethischen Verhaltens zu unterstützen und zu leiten“ (International Council of Nurses ICN 2014, S. 4) 7.3. Gesundheits- und Krankenpflegegesetz „Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe haben ihren Beruf ohne Unterschied der Person gewissenhaft auszuüben. Sie haben das Wohl und die Gesundheit der Patienten, Klienten und pflegebedürftigen Menschen unter Einhaltung der hierfür geltenden Vorschriften und nach Maßgabe der fachlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen zu wahren.“ (Weiss, Lust 2014, S. 5758) Dabei spielen ethische, rechtliche, interkulturelle, psychosoziale und systemische Faktoren eine wichtige Rolle. Schwerpunkte des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes sind unter anderem Berufsrechte Verschwiegenheitspflicht, Fortbildungspflicht und und Berufspflichten, Anzeige- und Aufklärungspflicht in die Regelungen Meldepflicht, (Weiss, Lust 2014, fallen wie: Auskunftspflicht, S. 4.). Die Verschwiegenheitspflicht hat eine hohe Bedeutung hinsichtlich des Datenschutzes und ist notwendig um ein Vertrauensverhältnis zur Patientin oder zum Patienten aufzubauen. Dieses Vertrauensverhältnis ist grundlegend für die Ausübung des Berufes (Weiss, Lust 2014, S. 66). Außerdem unterscheidet das Gesetz bei den Tätigkeitsbereichen zwischen: eigenverantwortlichem, mitverantwortlichem und erweiterten Tätigkeitsbereich, sowie 31 lebensrettende Sofortmaßnahmen (Weiss, Lust 2014, S. 5). Der eigenverantwortliche Tätigkeitsbereich umfasst unter anderem die Erhebung der Pflegebedürfnisse und Beurteilung der zu Verfügung stehenden Ressourcen, die Pflegeplanung und –durchführung, die Pflegeevaluation und die Anleitung und Überwachung des Hilfspersonals. Außerdem ist die Pflege dazu angehalten Informationen bezüglich gesundheitsfördernden Maßnahmen an die Patientin oder den Patienten zur Krankheitsvorbeugung weiterzugeben (Weiss, Lust 2014, S. 8586). Eigenverantwortliches Handeln bedeutet, dass die Pflegeperson nicht nur die fachliche Weisungsfreiheit besitzt, sondern auch, dass sie für Schaden durch nicht fachgerechtes Handeln zur Rechenschaft gezogen wird. Dafür ist es wichtig die eigenen Grenzen der fachlichen Kompetenz zu kennen und zu wissen, wann sie aufgrund eines fehlenden Könnens, oder durch physische oder psychische Faktoren, Tätigkeiten abzulehnen hat (Weiss, Lust 2014, S. 8687). In ihrem Buch: Ethik denkenMaßstäbe zum Handeln in der Pflege, beschreibt Arndt das Prinzip der Verantwortung im ethischen Sinne. Jeder und Jede hat die Freiheit persönlich zu entscheiden, allerdings muss dabei auch Jede oder Jeder die Verantwortung für sein oder ihr Handeln übernehmen. Das Handeln wird von den Entscheidungen für moralische Werte geleitet (Arndt 2007,S. 68). Außerdem sind die Prinzipien einer Ethik der Verantwortung laut Arndt: „Werte des Lebens/Achtung vor dem Leben“, „das Gute/das Richtige“, „Wahrheit/Ehrlichkeit“ und „individuelle Freiheit/persönliche Selbstbestimmung“. (Arndt 2007, S. 66). „Was in der Ethik als Autonomie oder Selbstbestimmung bezeichnet wird, deckt sich weitgehend mit dem rechtlichen Begriff der Urteilsfähigkeit.“ (Bachmann 2013, S.14). Selbstbestimmung ist laut Wörterbuch der philosophischen Begriffe: „eine innere Willenshaltung, aus der heraus Triebe und Affekte unter die Herrschaft des Willens gestellt werden.“ (Kirchner et al. 2013, S. 596) „Das Prinzip der Autonomie muss verstanden werden als Prinzip des Respektes vor der Personenwürde einzelner Menschen. Das heißt auch in Krisensituationen können wir Patienten das Recht und die Fähigkeit zur mündigen Entscheidung nicht vorenthalten; das heißt auch manchmal ihnen dieses Recht als Pflicht aufzubürden.“ (Arndt 2007, S. 54). Bei der Betrachtung von solchen Prinzipien, wie dem der Verantwortung, der Autonomie oder dem Prinzip der Wahrheit und Ehrlichkeit ist es wichtig, sich auch immer die 32 Grundwerte vor Augen zu führen. Zum Beispiel der Wert des Lebens, Lernen und Wissen und die Entscheidungsfreiheit (Arndt 2007, S. 66). Denn in der Pflege kommt es immer wieder zu Situationen, in denen unterschiedliche Werte miteinander verglichen und gegeneinander abgewogen werden müssen, um folglich eine gute Entscheidung treffen zu können. Bei diesem Prozess werden auch Gesetze, Vorschriften und Regeln auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Erst Verantwortung über Entscheidungen zu übernehmen und das Überprüfen der eigenen ethischen Gesetze schaffen autonome Menschen (Arndt 2007, S. 34). „Diese Autonomie macht eine freiheitliche Würde unseres Menschseins aus.“ (Arndt 2007, S. 34) Die Freiheit ist in der Ethik ein wichtiges und oft diskutiertes Thema und Freiheitsbeschränkung in der praktischen Pflege ein ebenso hitzig diskutiertes. Geregelt ist die Anordnung der Freiheitsbeschränkung im Heimaufenthaltsgesetz. „Gemäß § 3 HeimAufG liegt eine Freiheitsbeschränkung vor, wenn eine Ortsveränderung einer betreuten oder gepflegten Person gegen oder ohne ihren Willen mit physischen Mitteln, insbesondere durch mechanische, elektronische oder medikamentöse Maßnahmen oder durch deren Androhung unterbunden wird.“ (Weiss, Lust 2014, S. 104). Eine Anordnung zur Freiheitsbeschränkung kann nur durch eine befugte Person durchgeführt werden. Wenn die Freiheitsbeschränkung länger als 48 Stunden dauert oder in diesem Zeitraum immer wieder notwendig war, muss der oder die Leiterin der Einrichtung ein ärztliches Zeugnis beantragen lassen, dass die geistige Behinderung oder psychische Krankheit der eingeschränkten Person bezeugt. Und nur wenn im Zusammenhang mit dieser Behinderung oder Krankheit eine Gefährdung des Lebens oder Gesundheit der Patientin oder des Patienten, oder einer anderen Person vorliegt, darf eine Freiheitsbeschränkung durchgeführt werden. Vorher sollten aber alle anderen Maßnahmen erschöpft sein; außerdem ist auf die bestmöglichste Schonung der Patientin oder des Patienten zu achten (Weiss, Lust 2014, S. 104105). 7.4. Wertekatalog der Werte im GuKG und ICN-Ethikkodex Es folgt eine tabellarische Auflistung der Werte (Tabelle 4), die entweder im Gesundheitsund Krankenpflegegesetz oder im ICN-Ethikkodex, oder in beiden, verankert sind. Die Tabelle ist ein Auszug der Werte, vorgenommen von der Autorin dieser Arbeit, aus „Der Hillmann’sche Wertekatalog“ und beinhaltet nur (positive) Werte, die in der Pflege eine Bedeutung haben. Im Anhang ist zum Vergleich der originale und vollständige Katalog laut Hillmann hinzugefügt. 33 Grundwerte: Menschenwürde, Freiheit, Toleranz, Gleichheit, Gerechtigkeit, Gemeinwohl Ehrlichkeit: Aufrichtigkeit, Offenheit Hilfsbereitschaft: Fürsorge, soziales Engagement, Kooperationsfähigkeit Rücksichtnahme: Achtung vor Mitmenschen, Respekt, Einfühlungsvermögen, Verständnis Solidarität: Nächstenliebe Gemeinsinn: Gemeinwohl, Gemeinschaftssinn, Zusammengehörigkeitsgefühl Liebe: Mitgefühl, 34 Mitleid, Anpassungsfähigkeit und –bereitschaft, Friedfertigkeit Verantwortung: Verantwortungsbewusstsein Anstands- und Höflichkeitswerte: Umgangsformen, gutes Benehmen, Höflichkeit, Respekt vor Älteren, Unbestechlichkeit, Korrektheit Konservative Werteorientierung: Unterordnung unter Lehrer, Hörigkeit Idealistisch- nichtmaterialistische Vernünftigkeit, Wertorientierung: Rationalität, „kein materielles Denken“ Individualistische Wertorientierung: Gesundheit, Wohlergehen, Autonomie, Emanzipation, 35 Eigenständigkeit, Selbstständigkeit, Eigeninitiative, Gefühlsbejahung, Kritikfähigkeit, Aufgeschlossenheit, Zivilcourage, Sensibilität, gesellschaftliche Anerkennung, soziales Ansehen Ökologische Wertorientierung: Ehrfurcht vor dem Leben, Achtung des Lebens, Achtung vor Mensch, Tier und Natur, Lebensqualität, Ressourcenschonung Tabelle 4: Wertekatalog: Werte im GuKG und ICN-Kodex (unvollständig) (nach Hillmann 2003, S. 188279) 36 8. Zusammenfassende Darstellung Auf die Frage nach dem Ursprung und der Entstehung von Werten, kann gesagt werden, dass der Begriff „Wert“ aus der Wirtschaft des 18. Jahrhundert stammt, im Kontext der Philosophie und außerhalb der Ökonomik wurde er im 19. Jahrhundert verwendet und von da an gelangte er in die internationale Verwendung und folglich in den öffentlichen und allgemeinen Gebrauch des 20. Jahrhunderts. Hauptsächlich orientiert an den Werken von Hans Joas und Hermann T. Krobath, sind Autorinnen und Autoren, wie Lotze, Scheler, Nietzsche, Hartmann, Spranger und Dewey, ausgewählt worden, die sich mit dem Wertebegriff, der Wertetheorie, der Entstehung von Werten und deren Interpretation beschäftigt haben. Abgesehen von der Verwendung des Begriffs Wert, befassen sich schon frühere Philosophen, von Protagoras, Plato und Aristoteles über die Schule der Epikur bis hin zum Mittelalter und seinen Vertretern Luther und Calvin, mit Denkansätzen zum guten oder richtigen Leben und Handeln. Die traditionellen (Ethik-)Theorien wie Mitleidsethik und Pflichtethik, finden auch heute noch Gebrauch in Diskussionen über richtiges und ethisches Handeln. Außer den klassischen Theorien, gibt es auch noch die gegenwärtigen ethischen Ansätze zur Care-Ethik und Verantwortungsethik. In der Pflegeethik bilden Werte wie Autonomie, Fürsorge, Gerechtigkeit und Verantwortung die Grundlage für systematische Reflexion der Handlungsfelder in der Pflege. Grundlegende Richtlinien, wie Berufs- und Ethikkodizes werden in der Pflegeethik angewendet und Konflikte, Probleme und Werte reflektiert um fundierte Argumente zu erarbeiten und des Handelns zu begründen. Der ICN-Ethikkodex mit all seinen einzelnen Elementen (Pflegende und ihre Mitmenschen, Pflegende und die Berufsausübung, Pflegende und die Profession und Pflegende und ihre Kolleginnen) hat eine Vielzahl sozialer Werte verankert, auf denen der Kodex aufbaut. Verantwortung, Vertrauenswürdigkeit, Respekt, Aufmerksamkeit und Eingehen auf Ansprüche und Bedürfnisse, sowie Mitgefühl, Integrität, Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein sind ein paar der Werte, die dazu gehören. Auch dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz liegen Werte zu Grunde, wie Verschwiegenheit, Verantwortung, Autonomie, Selbstbestimmung, Entscheidungsfreiheit und Freiheit, die, eingebettet in Gesetzesnormen, einzuhalten sind. 37 9. Literaturverzeichnis Arndt, Maria B. (2007): Ethik denken - Maßstäbe zum Handeln in der Pflege: Thieme. Bachmann, Andreas (2013): Freiheitsbeschränkende Maßnahmen aus ethischer und rechtlicher Sicht. Ethik im Diskurs, 06.11.2013. Online verfügbar unter https://www.upd.gef.be.ch/upd_gef/de/index/ueber-die-upd/ueber-die-upd/downloadspublikationen/unterlagen_zu_veranstaltungen.assetref/dam/documents/GEF/UPD/de/Publi kationen/Freiheitsbeschr%C3%A4nkende%20Massnahmen%20aus%20ethischer%20und %20rechtlicher%20Sicht.pdf., zuletzt geprüft am 22.10.2016. 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In: Krobath, Hermann T. (2009): Werte. Ein Streifzug durch Philosophie und Wissenschaft. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 549–551. Abbildungen Abbildung 1: Bereiche der Ethik (veröffentlicht von Rasche Annaliesa) http://slideplayer.org/slide/897864/, zuletzt geprüft am 23.10.2016. 42 10. Anhang 43 44 45