Martin Bez - Land Oberösterreich

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Bez + Kock
Architekten BDA
Entwurfserläuterung
Sanierung und Erweiterung der Oberösterreichischen Landesbibliothek Linz
Leitgedanken
Die vorgesehene Sanierung und Erweiterung der Oberösterreichischen Landesbibliothek Linz
geschieht nicht nur vor dem Hintergrund einer einfachen Ausdehnung der Bestände, sondern
ermöglicht vor allem die dringend notwendige inhaltliche Wandlung von der
Magazinbibliothek mit eher archivarischem Charakter zur leser- und kundenorientierten
Freihandbibliothek
Diese inhaltliche Neuorientierung verlangt eine ihr entsprechende baulich-räumliche
Umsetzung, die vor allem im Hinblick auf den Wunsch nach großen, zusammenhängenden
und damit übersichtlichen Regalstellflächen im Altbau nicht ohne weiteres realisierbar
erscheint. Es ist deswegen das Ziel dieses Entwurfes diese Flächen vorwiegend im
Erweiterungsbau unterzubringen, dem ehrwürdigen Altbau gleichsam ein „gebautes Regal“
zur Seite zu stellen und so den Bestand nur mit den Nutzungen zu belegen, die seiner
Grundrissstruktur angemessen sind.
Formales Ziel für eine derartige Aufgabe muss nach unserer Auffassung sein, einen
Begleiter für den Altbau zu entwerfen, der zwar einerseits selbstbewusst seine Aufgabe
hinsichtlich Funktion und Städtebau wahrnimmt, aber andererseits das Primat des Bestandes
unangetastet lässt. Deswegen wird in der Formulierung des neuen Baukörpers bewusst nicht
das additive Prinzip des Altbaues wiederholt, sondern die Erscheinung eines aus einem
Stück gefertigten „Passstückes“ angestrebt. Dadurch wird eine Konkurrenzsituation zwischen
Neu und Alt vermieden, das Neue bildet einen ruhigen Hintergrund für das markante
Altgebäude, es passt wie der Schlüssel zum bereits vorhandenen Schloss.
Gebäudekonzept/Funktion
Die Form des Passstückes ergibt sich aus den Grundstücksgrenzen, den städtebaulich
erforderlichen Abstandsflächen sowie der hofseitigen Aussenkontur des Altbaues. Verbunden
werden die beiden Bauteile über eine Fuge, die den jeweiligen Situationen entsprechend als
Arbeitsplatzzone, als Bediengang, als Verglasung oder in der Mitte des Hauses als ein vom
bisherigen Innenhof abgeleiteter Luftraum über der zentralen Infotheke, der „Drehscheibe“,
ausgebildet ist.
Dabei nimmt der Altbau mit seinen Einzelräumen die Funktionen auf, die abgeschlossener
Räume bedürfen, während der Neubau praktisch ausschließlich als Regalstellfläche dient. So
kann die Grundrissstruktur des Altbaues erhalten bleiben und trotzdem dem Gesamtziel einer
neuen, offenen Bibliothek dienen.
Die wertvolle Haupttreppe des Altbaues bleibt die zentrale Treppe der neuen Bibliothek.
Das Treppenhaus wird im Luftraum des Innenhofes freigestellt. So bleibt die früher
außenräumliche Situation spürbar und das Treppenhaus mit seinen Zierverglasungen wird
selbst zum Ausstellungsstück.
Der Bücherspeicher bleibt in Funktion und Ausbau erhalten und wird dem Publikum
zugänglich gemacht. Die dort vorhandenen räumlichen Charakteristika werden damit
erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nur im Erdgeschoss werden die
Speicherregale ausgedünnt und der Nutzung durch die Shops angepasst.
Der Festsaal mit seiner barocken Ausstattung wird seiner Bedeutung gemäß als
beaufsichtigter Handschriftenlesesaal vorgesehen.
Im Bereich des zweigeschossigen Ostflügels an der Ederstrasse, wo entsprechend den
vorhandenen Dachdeckenstärken wohl auch der Erbauer des Bestandsgebäudes mit einer
Aufstockung gerechnet hat, wird ein massvolles, um ca. 4 m von der Bestandstraufe
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zurückversetztes, zusätzliches Bibliotheksgeschoss angeordnet. Durch den Rücksprung lässt
dieser Bauteil die Baumassenentwicklung des Bestandes unbeeinflusst und ist aus der
Fussgängerperspektive nicht zu sehen.
Im Inneren erreicht der Besucher, nachdem er den bestehenden Haupteingang passiert
hat, die neue zenital belichtete Halle, die Drehscheibe der Bibliothek. Hier, an der zentralen
Informationstheke, wird er empfangen, hier kann er sich orientieren, alle wichtigen Teile der
Bibliothek sind auf kurzem Wege erreichbar. Angelagert an die zentrale Halle sind im
Erdgeschoss Ausstellungs- und Vortragsbereich, das Cafe, die beiden Shops, sowie der
Medien und Schulungsbereich für das Publikum. Diese Bereiche sind alle ohne passieren der
Buchsicherung erreichbar, was eine grosse Flexibilität der Verwendung z. B. hinsichtlich
Öffnungszeiten ermöglicht.
Die Haupttreppe des Altbaues befindet sich innerhalb der Buchsicherungsanlage, die im
EG durchschritten wird und erschließt auf den Geschossen die um den Innenhof/Luftraum
angelagerten Rundgänge. Direkt am Antritt bzw. Austritt in den jeweiligen Geschossen
befinden sich die Entlehnbereiche mit Selbstverbuchung, an denen auch der Buchaufzug aus
den Magazinbereichen endet. Durch die Nutzung der beiden Haupträume des Bestandes als
Lesesäle, entsteht sehr selbstverständlich ein Zonierung des Gebäudes, die Mehrzahl der
Leseplätze ist von den Verkehrswegen im Haus deutlich getrennt und doch auf kurzem Weg
zum Buch gelegen. Anleseplätze in den Regalreihen, sowie einige Kurzzeitplätze neben den
grösseren Regalblöcken, sowie auf den Zwischengeschossen des Magazinspeichers
vervollständigen das Angebot. Zusätzlich wird, zwischen dem Rücksprung des neuen
Bibliotheksgeschosses und der übermannshohen Attika des Ostflügels Ederstrasse eine
Leseterrasse angeboten, die, ohne Einschränkungen im Sicherheitskonzept, das „Lesen im
Freien“ ermöglichen kann.
Der Verwaltungsbereich wird in den Obergeschossen im Neubau Rainerstrasse
angesiedelt. Er ist direkt von aussen über den Personal- und Liefereingang Rainerstrasse
erschlossen und somit von den Öffnungszeiten der Publikumsbereiche unabhängig.
Poststelle und Wareneingang befinden sich im EG auf Strassenniveau und ermöglichen so
unkompliziertes Arbeiten.
Die geschlossenen Magazinbereiche der ersten Bauetappe werden vollständig in
unterirdischen Geschossen untergebracht, die unter dem Innenhof und der Neubebauung
Rainerstrasse zu liegen kommen. Dort werden auch die neu notwendigen Technikräume
situiert. Für die Magazine der zweiten Bauetappe ist es möglich auf ein drittes UG zu
verzichten, oder falls erforderlich optional die Magazinfläche noch zu vergrössern.
Die notwendigen Stellplätze werden im überbauten Erdgeschoss, natürlich belüftet, de
facto an ihrem bisherigen Standort nachgewiesen. Direkt neben den Stellplätzen befindet sich
der Eingang für Rollstuhlfahrer.
Etappierung / Konstruktion
Der Neubau wird als selbsttragendes Bauwerk quasi neben dem Bestandsgebäude errichtet.
Dadurch ist es möglich in der ersten Phase von Etappe 1 zunächst die Magazingeschosse,
die Bebauung Rainerstrasse und die Innenhofbebauung praktisch ohne Beschränkung des
bisherigen Bibliotheksbetriebes durchzuführen. Nach Fertigstellung dieser ersten Phase kann
insbesondere der grosse Staudruck aus den viel zu kleinen Magazinflächen
herausgenommen werden und in einer zweiten Phase – unter Ausnutzung der neu
hinzugewonnen Fläche - der Bestand saniert werden.
Die Gründung des Neubaues soll durch ggf. rückverankerte Bohrpfähle erfolgen, die
gleichzeitig als Aussenwand des Neubaues dienen können und eine zeit- und kostenintensive
Unterfangung des bestehenden Gebäudes überflüssig machen.
Im Bereich der Aufstockung sind die Regalstellflächen im Neubauteile bzw. auf der dafür
ohnehin ausgelegten Dachdecke des Ostflügels gelegen. Lediglich die leichte
Dachkonstruktion des neuen Geschosses wird einen Teil ihrer Last auf die bestehende
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Dachdecke abgeben. Tiefschürfende Eingriffe in das statische System des Bestandes sind
dafür nicht erforderlich.
Das Tragwerk des Neubaues ist als konventioneller Skelettbau aus Stahlbeton errichtet,
die Aussteifung geschieht über die Treppenkerne an der Rainer- bzw. Ederstrasse, die
gleichzeitig wesentliche Bestandteile des Brandschutzkonzeptes sind.
Gebäudetechnik
Oberstes Ziel für die Projektierung der technischen Anlagen für ein solches Gebäude ist die
Wirtschaftlichkeit bei Investition und Betrieb. Gleichzeitig müssen die Anlagen so flexibel sein,
dass auf unterschiedliche Nutzungsanforderungen reagiert werden kann.
Für die oberirdischen Geschosse ist natürliche Be- und Entlüftung vorgesehen, die bei Bedarf
in einzelnen Räumen ( z.B. Säle) durch eine Spitzenlastkühlung ergänzt wird. Eine freie
Nachtkühlung über elektromechanisch gesteuerte Oberlichter an den Fassadenöffnungen
des Neubauteiles und eine zentrale Absaugung über der Innenhofhalle aktiviert die
Speichermassen der Massivbauteile und ermöglicht einen wirksamen und kostengünstigen
sommerlichen Wärmeschutz
Die Magazingeschosse werden mit geringem Aussenluft- und hohem Umluftanteil
entsprechend der jeweiligen Anforderungen gelüftet bzw. klimatisiert. Dezentrale Anlagen in
diesen Bereichen ersparen Leitungswege, reduzieren die benötigten Leitungsquerschnitte
und erhöhen die Versorgungssicherheit. Die dafür notwendigen Flächen befinden sich jeweils
bei den Treppenkernen und können dadurch ohne Betreten der Magazine für technisches
Personal und Wartung erschlossen werden. Die erforderliche Wärme/Kälte wird zentral
erzeugt und verteilt.
Fassaden / Materialität
Die Fassadengestaltung folgt den gleichen Prämissen wie die Formulierung des Baukörpers.
Sie nimmt sich in die zweite Reihe zurück und entwickelt dort durch ausgewogene
Proportionierung und das verwendete Natursteinmaterial Basalt eine selbstbewusste
Präsenz. Der Detaillierungsgrad wird hier weitestmöglich reduziert, es entsteht ein eher
abstraktes Gebilde, das mit der differenzierten Fassade des Bestandes nicht in Konkurrenz
tritt, sondern diese in Ihrer Wirkung unterstützt.
Im Inneren dominieren helle Wand- und Deckenflächen, die ein lichtes und transparentes
Raumerlebnis schaffen. Der Natursteinboden der Halle aus geschliffenem „Tauerngrün –
Dolomit“ erzeugt eine warme und vornehme Atmosphäre.
Der Altbau wird nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert, unabwendbare
Eingriffe als solche kenntlich gemacht und so nach der Befreiung von der gegenwärtigen
Überbelegung als echtes Schmuckstück wiedererstehen.
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